DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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einmal abgesehen von den Erläuterungen zu den empirischen Postulaten<br />
und insbesondere im Beweis der Widerlegung des Idealismus 93 — sowohl<br />
seine Äußerungen schon in der Dialektik der ersten Kritik wie auch in der<br />
Prolegomena, diesen Verdacht für die Kritik hintanzuhalten. Obwohl der<br />
Übergang von den Metaphysischen Anfangsgründen der<br />
Naturwissenschaft zu einer alle Naturwissenschaften umfassenden<br />
Transzendentalphilosophie im Opus postumum gerade gegen diese<br />
Auffassung spricht, möchte ich zweierlei zu bedenken geben: Erstens<br />
bleibt noch dieser Übergang zur wirklichen Transzendentalphilosophie ein<br />
erst in der Zukunft zu vervollständigendes Programm, und zweitens hat<br />
Michael Benedikt gezeigt, daß die Argumentation Kants gerade nicht<br />
darauf hinausläuft, die Intelligibilität des transzendentalen Subjektes in<br />
eine wissenschaftliche Naturphilosophie aufzulösen; das geschieht<br />
vielmehr mit der rationalen Physiologie, die in einem doppelten System<br />
von »beweglichen Kräften« als Gehirnphysiologie und Metaphysik der<br />
Erscheinungen als Naturwissenschaft der Dinge die Ganzheit der Natur<br />
auszumachen hat. 94 Freilich bleibt offen, inwieweit Kant seine<br />
Archtitektonik der Metaphysik gegen Ende gegenüber der mit den<br />
Kritiken zu umschreibenden Horizont nicht schon verschoben hat, oder<br />
doch nur wieder dem Leser überlassen hat, das fehlende Seitenstück einer<br />
Metaphysik der Intelligibilität des Subjekts als Willens- und<br />
Gesellschaftsphilosophie zu ergänzen.<br />
Stuhlmann-Laeisz bemerkt anläßlich der verhandelten Stelle in § 19 zu<br />
dem Verdacht, Kant wollte dem Erkenntnis von Naturgesetzen selbst<br />
unbedingt notwendige Geltung (Apodiktizität — also gewissermaßen<br />
transitiv Apriorität) zumessen, nicht ohne Scharfsinn: »Kants<br />
Formulierung weist hier die gleiche Eigenart auf wie in der Einleitung zur<br />
transzendentalen Logik: Wenn er das Urteil durch die Forderung nach<br />
objektiver Gültigkeit erklärt, dann möchte man annehmen, daß es gar<br />
keine objektiv falschen Urteile gäbe«. 95 Seine Argumentation erweist sich<br />
aber schon ohne Vorgriff auf eine Gesamtbetrachtung des Kantschen<br />
93 Nach der Widerlegung des Idealismus zum dritten empirischen Postulat: »Alles, was<br />
geschieht, ist hypothetisch notwendig. «(B 280/A 228)<br />
94 Michael Benedikt, Philosophischer Empirismus,. Theorie. Herder, Wien 1977;<br />
Abschnitt VIII.: Der Ansatz zu einem dritten Deduktionsverfahren und das Problem<br />
der Kategorialdeduktion praktischer Vernunft bei Kant; p. 369 ff. Insbesondere 1.B.,<br />
Das Problem zweifacher Affinität im System beweglicher Kräfte (p. 375); und: Kants<br />
Deduktionsversuche nach dem distributiven Prinzip der Vollständigkeit, p. 382. ff..<br />
95 Stuhlmann-Laeisz, Kants Logik, Berlin/New York 1976, p. 58