DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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Daß ein empirisches Urteil assertorisch gilt, ist nun nicht von der weiteren<br />
Eigenschaft eines bestimmten Merkmals allein abhängig, das im<br />
Satzsubjekt oder im Prädikat Existenz behauptet: Die bloße<br />
Existenzbehauptung von irgendetwas, das mit einem einzelnen Merkmal<br />
auch immer behauptet werden kann, ist entgegen Herbart aus logischen<br />
Gründen allein nicht zwingend als eine eigene Urteilsklasse zu<br />
betrachten, 90 die etwa erst assertorisch zur problematischen Form der<br />
inhaltlichen Verknüpfung von Prädikat einerseits und Subjektbegriff als<br />
intuitive Teilvorstellung des ganzen Gegenstandes andererseits<br />
hinzutreten muß, um ein apodiktisches und kategorisches Urteil zu<br />
ergeben. 91 Dazu wäre das Grundurteil, das nur ein Merkmal besitzt, gar<br />
nicht mehr geeignet, denn nicht nur die einzelne Anschauung<br />
(conceptus singularis ) geht von mehreren Merkmalen aus sondern auch das<br />
einzelne Urteil (in § 9: judicium singulare ). Ein Urteil, welches aber einen<br />
Gegenstand A behauptet, bevor das Urteil der Verbindung von A mit<br />
einem Prädikat B behauptet werden kann, ist aber selbst schon ein<br />
kategorisches Urteil. — Daß ein kategorisches Urteil assertorisch ist, hängt<br />
also davon ab, daß alle für ein Konzept eines Objekts der Erscheinung (also<br />
dem Begriff vom einzelnen Gegenstand) entscheidenden Merkmale<br />
sinnlich gegeben werden können, und nicht davon, daß allein mit der<br />
‚Ich‘ mit dem dadurch gegebenen Wechsel der Orientierung.«; in: Edmund Husserl,<br />
Ding und Raum. Vorlesungen 1907., Hrsg. Karl-Heinz Hahnengress und Smail<br />
Rapic, Text nach Husserliana XVI, Hamburg: Meiner 1991, p. 154 ff..<br />
90 Vgl. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt, 2. Bd.: Von der<br />
Klassifikation der psychischen Phänomene, (Hrsg. Oskar Kraus, Hamburg 1959,<br />
Nachdruck von 1925, p. 54 ff.). Herbart unterscheidet wie auch Kant die<br />
Existentialsätze als besondere Urteilsart von den kategorischen Urteilen, führt<br />
letztere aber auf das hypothetische Urteil zurück, indem er die Existenz des<br />
Subjektes als vom kategorischen Urteil getrennt zu behauptende Bedingung auffaßt,<br />
die erst hinzukommen muß. Hingegen hält Brentano die Existenzbehauptung des<br />
Subjekts in der Geltungsbehauptung der Aussage schon immer für<br />
eingeschlossen.Vgl. dazu aber auch: Ursprung der sittlichen Erkenntnis, 1889, p. 57<br />
und p. 120.) Vermutlich hat Herbart die Unterscheidung eines Merkmals als Prädikat<br />
eines Dinges in der qualitativen Einheit des Begriffs vom Objekte und als Teilbegriff<br />
im Sinne des Merkmals als Erkenntnisgrund einer ganzen Anschauung nicht mehr<br />
machen können. Vgl. hingegen die Stellung des Grundurteil über ein einzelnes<br />
Merkmal einer Erscheinung im Rahmen der transzendentalen Ästhetik, wobei die<br />
dem Urteil zugrundeliegende Erscheinung aber aus nichts als aus eben der<br />
Vorstellung dieses Merkmals besteht. Hier insbesondere im ersten Abschnitt,<br />
Anhang a.<br />
91 Insofern also bereits mit den transzendentallogischen Bedingungen der Beziehung<br />
der Vorstellungen auf ein Objekt in Übereinstimmung stehend und nicht mehr bloß<br />
logisch möglich — vgl. das zweite und das dritte empirisches Postulat.