DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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immer nur die Idee irgend eines Dinges. 85 Daß damit allein keineswegs<br />
gesichert werden kann, daß ein Begriff des Gegenstandes der Vorstellung<br />
auch der Begriff dieses Dinges ist, versteht sich von selbst. — Auch<br />
behandelt weder die erste metaphysische Erörterung des Raumes den<br />
Raum als Anschauungsform, noch ist die Regel der Beharrlichkeit im<br />
Rahmen der formalen Anschauung allein schon Grund genug, von<br />
Anschauung oder von einem einzelnen Gegenstand zu sprechen. Allerding<br />
enthält die Anschauung den Begriff irgendeines Objektes oder eines<br />
Systems von Objekten: etwas.<br />
Kant vermeint in § 19 sich diesen Schwierigkeiten überheben zu können,<br />
indem er das Wörtchen »ist« als logisches Merkmal eines kategorischen<br />
Urteils anführt: Dessen Existenzbehauptung bezieht sich aber zuerst nicht<br />
auf die Geltung des logischen Verhältnisses der Verbindung eines<br />
Prädikatsbegriffes mit dem Merkmal des Begriffes vom Satzsubjekt, 86<br />
sondern entweder problematisch, assertorisch oder apodiktisch auf die<br />
reale Möglichkeit der Geltung des Subjektbegriffes samt allen zugehörigen<br />
qualitativen Merkmalen; d. i. allen möglichen notwendigen Wahrheiten<br />
bzw. Aussagen über das Objekt dieses Begriffes — Kant untersucht hier<br />
am Urteil zuerst nicht die logische Form einer einzelnen Ausage (Satz),<br />
sondern die Form der inhaltlichen Verknüpfung im Begriff als System von<br />
möglichen Aussagen. In der transzendentalen Logik bedeutet dies nichts<br />
als die Untersuchung der Verstandeshandlung. 87 Zu dieser Argumentation<br />
kommt das Problem der Kontingenz der Erfahrung hinzu. Folgendes Zitat<br />
verbindet beide Argumentationswege miteinander: Ich behaupte nun, die<br />
85 Vgl. Franz Brentanos Argumentation gegen den Substanzbegriff: Beharrlichkeit<br />
benötigt keine einfache Substanz (es reicht ein kollektives Aggregat), in:<br />
Kategorienlehre p. 139. Brentano versucht schließlich den Ort als Zentrum des<br />
Substanzbegriffes wie des Raumbegriffes zu situieren.<br />
86 Refl. 3049: »Urtheil ist ist die Vorstellung des Verhältnisses der Begriffe<br />
untereinander.« (AA XVI, p. 632, nach 1776).<br />
87 Ich teile hier die Auffassung von Stuhlmann-Laeisz (Kants Logik, Berlin/New York<br />
1976, p. 59), daß der § 19 von der transzendentalen Logik handelt, die er dort<br />
entgegen H. J. Paton vertritt (Formal and transcendental Logic, in: Kant-Studien, Bd.<br />
49, 1957/58, p. 245-263). Vgl. auch: »Das Wort: Realität, welches im Begriffe des<br />
Dinges anders klingt, als Existenz im Begriffe des Prädikats, macht es nicht aus.<br />
Denn, wenn ihr auch alles Setzen (unbestimmt was ihr setzt) Realität nennt, so habt<br />
ihr das Ding schon mit allen seinen Prädikaten im Begriffe des Subjekts gesetzt und<br />
als wirklich angenommen, und im Prädikate wiederholt ihr es nur. Gesteht ihr<br />
dagegen, wie es billigermaßen jeder Vernünftige gestehen muß, daß ein jeder<br />
Existenzialsatz synthetisch sei, wie wollet ihr denn behaupten, daß das Prädikat der<br />
Existenz sich ohne Widerspruch nicht aufheben lasse? Da dieser Vorzug nur den<br />
analytischen, als deren Charakter eben darauf beruht, eigentümlich zukommt.«<br />
(B 625 f./A 597 f.)