analytik und die dialektik der substanz

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21.07.2013 Aufrufe

-— 112 — competunt. 2. sucessio earundem. Die Möglichkeit der Mutation ist nicht aus der bloßen Contingenz zu erkennen. Denn weil es möglich ist, daß anstatt eines Prädikats ein anderes sei, so ist daraus noch nicht zu erkennen, daß das Subjekt die opposita nach einander habe.« 49 Diese Reflexion ist zunächst deshalb von Interesse, weil hier der Begriff der Entgegensetzung (»Gegenteil«) einmal in der Definition des Zufalls und einmal in der Definition der Veränderung auf eine Weise gebraucht wird, daß diese Definitionen zunächst beide ohne Zeitbedingung auf die Unterscheidung in bloße Prädikatsverhältnisse und in Verhältnisse von Subjekt-und Prädikatsbegriffe bezogen bleiben. Der Satz: »Zufällig ist, dessen Gegenteil an seiner Stelle möglich ist« behauptet keinerlei Zeitbedingungen sondern nur, daß es kein Mittleres gibt: entweder dies ist oder sein Gegenteil. Derart wird gerade nicht die Bedingung des Zugleichseins eingefordert, wohl aber die Angabe eines bestimmten Zeitpunktes oder einer bestimmten Dauer ohne Veränderung. Vor allem ist hier die Verknüpfung mit dem Gegenteil ausgeschlossen, sondern nur eine Ersetzung möglich. Dieser Satz ist indifferent gegenüber der Alternative, daß das, was zufällig ist, entweder ein Ding oder ein Prädikat dieses Dinges ist. So kann unter diesem Satz unmittelbar zu verstehen sein, daß an der Stelle eines bestimmten Dinges auch nichts möglich ist, daß also das Nichtsein des Dinges möglich sei. Das Existenzprädikat bezieht sich dann nicht transzendental auf andere Prädikate sondern ontologisch auf das Dasein des im Satzsubjekt gedachten Gegenstandes der Erscheinung. Der zweite Satz: »Veränderlich (ist), das in Verknüpfung mit seinem Gegenteil möglich ist« sagt für sich keine Zeitbedingung aus, impliziert aber eine solche durch das Satzsubjekt. — Der zweite Satz kann nur so zu verstehen sein, daß das, was das Veränderliche genannt wird, die Zustände eines Dinges sind und derart bereits Veränderung als Wechsel von Zuständen eines Dinges aufzufassen ist. 50 Das Ding wird nur mittelbar vorausgesetzt, sodaß der Ausdruck veränderlich immer schon eine Eigenschaft bestimmter Prädikate dieses Dinges bedeuten muß, da auch nicht alle Prädikate wechseln. Die Verknüpfung in der Veränderung 49 Refl. 4041 50 Vgl. aber K. r. V., B 230 f.: »Da dieser Wechsel also nur die Bestimmungen trifft, die aufhören oder auch anheben können, so können wir, in einem etwas paradoxen Ausdruck, sagen: nur das Beharrliche (die Substanz) wird verändert, das Wandelbare erleidet keine Veränderung, sondern einen Wechsel, da einige Bestimmungen aufhören, und andere vergehen.«

-— 113 — geschieht also zwischen Prädikate des selben Dinges, aber nicht durch die Verknüpfung aller möglichen Prädikate oder der notwendigen Verknüpfung von Prädikaten und dem Subjektbegriff. Zusätzlich wäre noch zu bestimmen, daß die Behauptung aller möglichen Prädikate überhaupt unmöglich ist. 51 Nun behauptet Kant, daß aus der Contingenz nicht die Mutation erkannt werden kann; die Definition des Zufälligen aus dem Gegensatz nicht aus der Definition des Veränderlichen aus dem Gegensatz gefolgert werden kann. Der Satz: »Zufällig ist, dessen Gegenteil an seiner Stelle möglich ist« sagt nämlich mehr aus als die Definition des Zufälligen aus der Anmerkung zur Antithesis der vierten Antinomie: »Zufällig, im reinen Sinne der Kategorie, ist das, dessen kontradiktorischer Gegensatz möglich ist« 52 . Nach dieser Definition könnte auch die Definition des Veränderlichen die Definition des Zufälligen erfüllen, da dann auch die Verknüpfung mit einem kontradiktorischen Gegensatz möglich ist. 53 Beide Definitionen sagen mehr aus als die Definition des logisch Möglichen: logische Möglichkeit muß nur dem principium contradictionis genüge tun. Logische Zufälligkeit hingegen reflektiert die logische Möglichkeit: das (kontradiktorische) Gegenteil ist an und für sich logisch möglich. Aber erst mit der Gegenüberstellung von Ersetzen und Verknüpfen wird dem eigenen Grund der Bestimmung der Veränderlichkeit eine systematische Stelle gegeben, die von der bloß logischen Zufälligkeit unterscheidbar ist — und zwar noch vor der Kantschen Selbstkritik an der Definition des Zufalls anhand der Ersetzung aus der Antinomie der kosmologischen Idee. Diese Kritik ersetzt das Kompossibilitätsprinzip in der Kantschen Definition des Zufalls, das bei Kant auf das Zugleichsein eingeschränkt ist, mit dem Kriterium der Indifferenz der Ersetzung in Hinblick auf die Folgen. Dann erfolgt die Ableitung offenbar aus dem transzendentalen Kausalitätsprinzip, während hier zuvor mit dem »vorkritischen« Kant noch aus dem Leibnizianischen Kompossibilitätsprinzip abgeleitet wurde. Zwar impliziert die Definition des Veränderlichen im Gegensatz zum Wechsel eine kontinuierliche Zeitbedingung (das Beharrliche) relativ unabhängig von der Kontinuität der Sinnlichkeit, während die Definition des Zufalls anhand der Ersetzung weder den Wechsel von der Idee zur Realmöglichkeit noch die Regel der Veränderung — auch nicht 51 K. r. V., A 573 f./B 601 f.: »(...) so finden wir doch bei näherer Untersuchung, daß diese Idee, als Urbegriff, eine Menge von Prädikaten ausstoße, (...)« 52 A 456/B 486 f. 53 „das in Verknüpfung mit seinen Gegenteil möglich ist“, Refl. 4041

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competunt. 2. sucessio ear<strong>und</strong>em. Die Möglichkeit <strong>der</strong> Mutation ist nicht<br />

aus <strong>der</strong> bloßen Contingenz zu erkennen. Denn weil es möglich ist, daß<br />

anstatt eines Prädikats ein an<strong>der</strong>es sei, so ist daraus noch nicht zu<br />

erkennen, daß das Subjekt <strong>die</strong> opposita nach einan<strong>der</strong> habe.« 49 Diese<br />

Reflexion ist zunächst deshalb von Interesse, weil hier <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

Entgegensetzung (»Gegenteil«) einmal in <strong>der</strong> Definition des Zufalls <strong>und</strong><br />

einmal in <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung auf eine Weise gebraucht wird,<br />

daß <strong>die</strong>se Definitionen zunächst beide ohne Zeitbedingung auf <strong>die</strong><br />

Unterscheidung in bloße Prädikatsverhältnisse <strong>und</strong> in Verhältnisse von<br />

Subjekt-<strong>und</strong> Prädikatsbegriffe bezogen bleiben.<br />

Der Satz: »Zufällig ist, dessen Gegenteil an seiner Stelle möglich ist«<br />

behauptet keinerlei Zeitbedingungen son<strong>der</strong>n nur, daß es kein Mittleres<br />

gibt: entwe<strong>der</strong> <strong>die</strong>s ist o<strong>der</strong> sein Gegenteil. Derart wird gerade nicht <strong>die</strong><br />

Bedingung des Zugleichseins eingefor<strong>der</strong>t, wohl aber <strong>die</strong> Angabe eines<br />

bestimmten Zeitpunktes o<strong>der</strong> einer bestimmten Dauer ohne Verän<strong>der</strong>ung.<br />

Vor allem ist hier <strong>die</strong> Verknüpfung mit dem Gegenteil ausgeschlossen,<br />

son<strong>der</strong>n nur eine Ersetzung möglich. Dieser Satz ist indifferent gegenüber<br />

<strong>der</strong> Alternative, daß das, was zufällig ist, entwe<strong>der</strong> ein Ding o<strong>der</strong> ein<br />

Prädikat <strong>die</strong>ses Dinges ist. So kann unter <strong>die</strong>sem Satz unmittelbar zu<br />

verstehen sein, daß an <strong>der</strong> Stelle eines bestimmten Dinges auch nichts<br />

möglich ist, daß also das Nichtsein des Dinges möglich sei. Das<br />

Existenzprädikat bezieht sich dann nicht transzendental auf an<strong>der</strong>e<br />

Prädikate son<strong>der</strong>n ontologisch auf das Dasein des im Satzsubjekt<br />

gedachten Gegenstandes <strong>der</strong> Erscheinung.<br />

Der zweite Satz: »Verän<strong>der</strong>lich (ist), das in Verknüpfung mit seinem<br />

Gegenteil möglich ist« sagt für sich keine Zeitbedingung aus, impliziert<br />

aber eine solche durch das Satzsubjekt. — Der zweite Satz kann nur so zu<br />

verstehen sein, daß das, was das Verän<strong>der</strong>liche genannt wird, <strong>die</strong><br />

Zustände eines Dinges sind <strong>und</strong> <strong>der</strong>art bereits Verän<strong>der</strong>ung als Wechsel<br />

von Zuständen eines Dinges aufzufassen ist. 50 Das Ding wird nur mittelbar<br />

vorausgesetzt, sodaß <strong>der</strong> Ausdruck verän<strong>der</strong>lich immer schon eine<br />

Eigenschaft bestimmter Prädikate <strong>die</strong>ses Dinges bedeuten muß, da auch<br />

nicht alle Prädikate wechseln. Die Verknüpfung in <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />

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50 Vgl. aber K. r. V., B 230 f.: »Da <strong>die</strong>ser Wechsel also nur <strong>die</strong> Bestimmungen trifft, <strong>die</strong><br />

aufhören o<strong>der</strong> auch anheben können, so können wir, in einem etwas paradoxen<br />

Ausdruck, sagen: nur das Beharrliche (<strong>die</strong> Substanz) wird verän<strong>der</strong>t, das<br />

Wandelbare erleidet keine Verän<strong>der</strong>ung, son<strong>der</strong>n einen Wechsel, da einige<br />

Bestimmungen aufhören, <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e vergehen.«

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