analytik und die dialektik der substanz

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21.07.2013 Aufrufe

-— 94 — existiturire der Möglichkeiten im Rahmen einer möglichen series rerum sind also darauf hin zu untersuchen, ob der Umfang der deutlichen Möglichkeiten immer größer sein muß, als die Möglichkeiten an der Wirklichkeit. Für Gott schon, lautet die Antwort; wir schwanken zwischen zwei anderen Extreme: Entweder ist der Umfang der Denkmöglichkeit(en) viel zu gering, um die Möglichkeit(en) an der Wirklichkeit innerhalb einer möglichen Welt im Wesen zu erfassen, oder die Bedingungen möglicher Welten widerstehen den Prinzipien bloßer Vernunftmöglichkeit. Ersteres beschränkt die Freiheit des Willens gegenüber dem Seienden, zweiteres beschränkt den Willen im Verstande. Zwischen diesen Extreme soll das Maximum der Fülle an Realität zustande kommen und dabei den Gottesbegriff womöglich so weit entwickeln, daß nicht die Gutheit des bloßen Seins gegenüber dem Nichtsein die Vollkommenheit ausmacht. Allerdings kann die Nachgiebigkeit des göttlichen Verstandes gegenüber dem Drängen der Möglichkeiten auch als Güte verstanden werden, die sich darin ausdrückt, auch das Unregelmäßige zuzulassen. Leibniz versucht aus dem Prinzip der Vielfältigung der Formen der Materie aus dem elften Satz ab dem vierzehnten Satz das Prinzip abzuleiten, daß die Vervielfältigungstendenz der Materie die Möglichkeit zur Harmonie, und so insgesamt auch das Regelmäßige befördere. — Letztlich bleibt von da aus offen, ob Leibniz die entscheidende Qualifizierung des göttlichen Verstandes zur Apperzeption anhand der Wahl des Bestmöglichen in der Theozidee hier als mit eingeschlossen vorstellen will, oder doch über die Identifikation von bonum und pulchrum im transzendentalen Ideal nicht hinausgeht. ❆ Kant behandelt nun ebenfalls eine Verknüpfung des principiums contradictionis mit einer Zeitbedingung, allerdings nicht ontotheologisch wie Leibniz in der behandelten Überlegung, sondern bereits unter der Voraussetzung des erkennenden Subjekts mit dem Vermögen logisch zu urteilen, also im Stand der transzendentalen Freiheit.

-— 95 — 3) Die wesenslogische Erörterung: Die Zeitbedingung im Obersten Grundsatz aller analytischen Urteile ist synthetisch a) Die Charakteristik des analytischen und des synthetischen Urteils im Obersten Grundsatz aller analytischen Urteile Kant behauptet im Obersten Grundsatz aller analytischen Urteile, daß der Satz vom Widerspruch keinerlei Zeitbedingung voraussetzt. Um ein analytisches Urteil handele es sich genau dann, wenn das Prädikat ein notwendiges Merkmal des Subjekts ist, nicht aber, wenn man ein Prädikat eines Dinges zuerst vom Begriff desselben absondert und dann sein Gegenteil mit diesem Prädikat verknüpft, denn dann gibt es keinen Widerspruch zwischen Subjekt und Prädikat sondern nur mit dem Prädikat und seinem synthetisch hinzugefügten Gegenteil, was die Bedingung des Zugleichseins sehr wohl erforderlich mache. 14 »Sage ich, ein Mensch, der ungelehrt ist, ist nicht gelehrt, so muß die Bedingung: zugleich, dabei stehen; denn der so zu einer Zeit ungelehrt ist, kann zu einer anderen gar wohl gelehrt sein. Sage ich aber, kein ungelehrter Mensch ist gelehrt, so ist der Satz analytisch, weil das Merkmal (der Ungelahrtheit) nunmehr den Begriff des Subjekts mit ausmacht, und alsdenn erhellet der verneinende Satz unmittelbar aus dem Satze des Widerspruchs, ohne daß die Bedingung: zugleich, hinzu kommen darf.« 15 Die Absonderung eines Prädikates vom Begriff eines Dinges kann so nur mehr noch grammatikalisch mit dem Satzteil der ungelehrt ist im Satz: »Ein Mensch, der ungelehrt ist, ist nicht gelehrt« identifiziert werden. Im Satz: »Kein ungelehrter Mensch ist gelehrt« ist das Attribut ungelehrt das Merkmal, was nunmehr den Begriff des Subjekts mit ausmacht. Es bleibt die Beobachtung, daß Kant in der Demonstration des Satzes vom Widerspruch seine Beispiele von Sätzen, die nur mit der Bedingung des Zugleichseins gelten, und von Sätzen, die ohne diesselbe gelten, nur durch die Stellung der Merkmalsbegriffe im Satz unterscheidet. Während im ersten Beispiel das Merkmal der Ungelehrtheit nicht mit analytischer Notwendigkeit dem Satzsubjekt zugeschrieben werden kann, wird der 14 K.r.V., B 192. Dazu muß noch bemerkt werden, daß das synthetisch hinzugefügte Gegenteil eines Prädikates auch als Nachweis verstanden werden kann, daß das Gegenteil des Prädikates nicht notwendig nicht gilt. Vielmehr ist es dann möglich, daß entweder ein Prädikat gilt oder sein Gegenteil. 15 l.c.

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existiturire <strong>der</strong> Möglichkeiten im Rahmen einer möglichen series rerum sind<br />

also darauf hin zu untersuchen, ob <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> deutlichen<br />

Möglichkeiten immer größer sein muß, als <strong>die</strong> Möglichkeiten an <strong>der</strong><br />

Wirklichkeit. Für Gott schon, lautet <strong>die</strong> Antwort; wir schwanken zwischen<br />

zwei an<strong>der</strong>en Extreme: Entwe<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Denkmöglichkeit(en)<br />

viel zu gering, um <strong>die</strong> Möglichkeit(en) an <strong>der</strong> Wirklichkeit innerhalb einer<br />

möglichen Welt im Wesen zu erfassen, o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Bedingungen möglicher<br />

Welten wi<strong>der</strong>stehen den Prinzipien bloßer Vernunftmöglichkeit. Ersteres<br />

beschränkt <strong>die</strong> Freiheit des Willens gegenüber dem Seienden, zweiteres<br />

beschränkt den Willen im Verstande.<br />

Zwischen <strong>die</strong>sen Extreme soll das Maximum <strong>der</strong> Fülle an Realität zustande<br />

kommen <strong>und</strong> dabei den Gottesbegriff womöglich so weit entwickeln, daß<br />

nicht <strong>die</strong> Gutheit des bloßen Seins gegenüber dem Nichtsein <strong>die</strong><br />

Vollkommenheit ausmacht. Allerdings kann <strong>die</strong> Nachgiebigkeit des<br />

göttlichen Verstandes gegenüber dem Drängen <strong>der</strong> Möglichkeiten auch als<br />

Güte verstanden werden, <strong>die</strong> sich darin ausdrückt, auch das<br />

Unregelmäßige zuzulassen. Leibniz versucht aus dem Prinzip <strong>der</strong><br />

Vielfältigung <strong>der</strong> Formen <strong>der</strong> Materie aus dem elften Satz ab dem<br />

vierzehnten Satz das Prinzip abzuleiten, daß <strong>die</strong> Vervielfältigungstendenz<br />

<strong>der</strong> Materie <strong>die</strong> Möglichkeit zur Harmonie, <strong>und</strong> so insgesamt auch das<br />

Regelmäßige beför<strong>der</strong>e. — Letztlich bleibt von da aus offen, ob Leibniz <strong>die</strong><br />

entscheidende Qualifizierung des göttlichen Verstandes zur Apperzeption<br />

anhand <strong>der</strong> Wahl des Bestmöglichen in <strong>der</strong> Theozidee hier als mit<br />

eingeschlossen vorstellen will, o<strong>der</strong> doch über <strong>die</strong> Identifikation von<br />

bonum <strong>und</strong> pulchrum im transzendentalen Ideal nicht hinausgeht.<br />

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Kant behandelt nun ebenfalls eine Verknüpfung des principiums<br />

contradictionis mit einer Zeitbedingung, allerdings nicht ontotheologisch<br />

wie Leibniz in <strong>der</strong> behandelten Überlegung, son<strong>der</strong>n bereits unter <strong>der</strong><br />

Voraussetzung des erkennenden Subjekts mit dem Vermögen logisch zu<br />

urteilen, also im Stand <strong>der</strong> transzendentalen Freiheit.

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