analytik und die dialektik der substanz

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-— 236 — als intentionale Verfaßtheit des Bewußtseins ontologisch wieder als Gerichtetheit des Seins in Stellung bringt. Die Einsicht, daß das Bewußtsein nicht nur durch ein Geflecht aktuell orientierter Intentionalitäten charakterisiert ist, und auf die Weise der wechselseitigen Verfremdung des Daseins ins Sein und des Seins ins Dasein in die Diskussion der Struktur des Bewußtseins einzubringen, ist zweifellos ein Verdienst Heideggers, doch bleibt der Verlust des individuellen Subjekts in der Fundamentalontologie Heideggers noch eigens für die Wahrheitsfrage zu überlegen. Da zeigt sich nämlich, daß mit der Auffassung Heideggers von der hermeneutischen Methode der Wahrheitsfrage schließlich jede Basis entzogen wird, indem letztlich dem klassischen Adequationsprinzip des ens tamquam verum wiederum das Prinzip der Identität von Dasein und Seiendheit (und eben nicht von Dasein und Sein, wie es für Heideggers Konzeption konsequent wäre) schon vor jedem eigentlichen Urteilsakt voraussetzungsvoll zu Grunde gelegt worden ist. Erkennbarkeit wird vorausgesetzt, nur Irrtum ist individuell möglich. Das Kompossibilitätsproblem wie die Diskussion um den formalen und auch qualitativen Charakter der Bedingungen der Durchbestimmbarkeit des disjunktiven Urteils bleiben so weitgehend ausgeblendet. 235 a) Heideggers Kritik an Husserls Intentionalitätsanalyse Der hermeneutische Ansatzpunkt ist von Kant zweifellos in der Erörterung der Übergänge des Substanzbegriffes zwischen Subjekt und Objekt weder in der Analytik der ersten Kritik (hier anhand den metaphysischen Abschnitten des synthetischen Grundsatzes der Substanzkategorie) noch in den Paralogismen (hier anhand der ersten Fassung A behandelt) entsprechend berücksichtigt worden, obwohl das »ich denke« im Denken eine wie auch immer hermeneutisch faßbare Funktion besitzen muß. 236 Zwar wären einige Ansatzpunkte nicht nur in der ersten Kritik zu finden: so das »wie ich bin« in der Reihe von »daß ich bin«, »wie ich bin« und 235 Das disjunktive Urteil als nicht auschließendes „oder“ (p, oder q, oder r ... oder n) ist die logische Form der Totalität alles Existierenden; im Kompossibilitätsproblem werden die Bedingungen des gleichzeitigen Zusammenseins von Verschiedenem untersucht und führt im Falle der Negation der Kompossibilität (Zusammensetzbarkeit) zum ausschließenden „oder“ (entweder p, oder q, oder r ... oder n) und zum Satz vom Widerspruch 236 Wie in der Gegenüberstellung von compositio und nexus einerseits und Intuition und Diskursivität andererseits abzulesen ist (K.r.V., B 201/A 161). Vgl hier im dritten Abschnitt das dritte Kapitel, § 16

-— 237 — »wie ich mir erscheine« im § 25 der transzendentalen Deduktion; auch die Unterscheidung in Beschreiben und Darstellen oder aber auch die sprachphilosophisch relevanten Partien der Kritik der Urteilskraft, wo Kant sich mit der metaphorischen Funktion der Sprache beschäftigt, bieten Ausblicke auf eine sprachphilosophische Position Kantens. 237 Betreffs des intentionalen Charakters des Bewußtseins zeigt wiederum der Umstand, daß im Rahmen der Psychologie des transzendentalen Subjekts (also zwischen rationaler Psychologie des »ich denke« und der rationalen Physiologie des inneren Sinnes) die Spontaneität schon gegenüber dem inneren Sinn mit Einbildungskraft begabt ist, und insofern eine Basis zu einer intentionalen Interpretation von Vorstellungsinhalt, intentionale Gegenständlichkeit im Urteil und davon zu unterscheidendes Ding liefert, sodaß die Intentionalität selbst eben nicht als ein von Kant vernachlässigter Ansatz zur Behandlung der Frage nach der Beschaffenheit des Bewußtseins abgetan werden kann. Daß in der Stellung der Antizipationskategorie durchaus die scholastische Spannung, wie sie zwischen Thomas und Duns Scotus gemäß der Gewichtung der aristotelischen und augustinischen Traditionen hinsichtlich der Grundlagen der intentionalen Verfaßtheit des Bewußtseins zum Ausdruck kommt, kann wohl nicht bestritten werden; zumal, wenn man Kants Unterscheidung in theoretische und praktische Vernunft vor diesem scholastischen Hintergrund ernst nimmt. 238 — So halte ich die Analyse der Intentionalität, so wie sie Heidegger von Brentano und Husserl sowohl übernommen, aber auch abgewandelt hat, für eine ausgezeichnete Gelegenheit, die im Rahmen der Sprachphilosophie überhaupt weitgehend 237 K.d.U., vor allem § 59: »Unsere Sprache ist voll von dergleichen und indirekten Darstellungen, nach einer Analogie, wodurch der Ausdruck nicht das eigentliche Schema für den Begriff, sondern bloß ein Symbol für die Reflexion enthält.« 238 Dieter Henrich, Der Begriff der sittlichen Einsicht und Kants Lehre vom Faktum der Vernunft, in: Kant. Zur Deutung seiner Theorie von Erkennen und Handeln, Hrsg. Gerold Prauss, Neue Wissenschaftliche Bibliothek: Philosophie, Kiepenheuer und Witsch, Köln 1973, p. 223 ff.. H. zeigt, daß Kant sich der Schwierigkeit bewußt war, daß der Wille nicht selbst aus den Erkenntnisvermögen entspringen kann, und versucht hat, zwischen zwischen Positionen der rationalen Ethik (Clarke, Wollaston, Wolff) und der Philosophie des „moral sense« (Shaftesbury, Hutchenson, Butler) (p. 233) zu vermitteln. Historisch betrachtet, übernimmt Kant von Crusius die Kritik am Wolffschen Rationalismus (Der Wille ist nicht aus dem Erkenntnisvermögen abzuleiten) und fügt hier die genauere Formulierung des Problems von Hutchenson hinzu. Als Ergebnis dieser Operation ist folgendes Verhältnis zu denken: die theoretische Vernunft läßt zwar die Richtigkeit einer Handlung einleuchten, ist aber nicht die Quelle der Billigung und des Antriebes zur Handlung. Das Gute selbst wird nicht erkannt, sondern gebilligt. Allerdings ist unsere Billigung nicht der Grund des Guten, gut zu sein.

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als intentionale Verfaßtheit des Bewußtseins ontologisch wie<strong>der</strong> als<br />

Gerichtetheit des Seins in Stellung bringt. Die Einsicht, daß das<br />

Bewußtsein nicht nur durch ein Geflecht aktuell orientierter<br />

Intentionalitäten charakterisiert ist, <strong>und</strong> auf <strong>die</strong> Weise <strong>der</strong> wechselseitigen<br />

Verfremdung des Daseins ins Sein <strong>und</strong> des Seins ins Dasein in <strong>die</strong><br />

Diskussion <strong>der</strong> Struktur des Bewußtseins einzubringen, ist zweifellos ein<br />

Ver<strong>die</strong>nst Heideggers, doch bleibt <strong>der</strong> Verlust des individuellen Subjekts<br />

in <strong>der</strong> F<strong>und</strong>amentalontologie Heideggers noch eigens für <strong>die</strong><br />

Wahrheitsfrage zu überlegen. Da zeigt sich nämlich, daß mit <strong>der</strong><br />

Auffassung Heideggers von <strong>der</strong> hermeneutischen Methode <strong>der</strong><br />

Wahrheitsfrage schließlich jede Basis entzogen wird, indem letztlich dem<br />

klassischen Adequationsprinzip des ens tamquam verum wie<strong>der</strong>um das<br />

Prinzip <strong>der</strong> Identität von Dasein <strong>und</strong> Seiendheit (<strong>und</strong> eben nicht von<br />

Dasein <strong>und</strong> Sein, wie es für Heideggers Konzeption konsequent wäre)<br />

schon vor jedem eigentlichen Urteilsakt voraussetzungsvoll zu Gr<strong>und</strong>e<br />

gelegt worden ist. Erkennbarkeit wird vorausgesetzt, nur Irrtum ist<br />

individuell möglich. Das Kompossibilitätsproblem wie <strong>die</strong> Diskussion um<br />

den formalen <strong>und</strong> auch qualitativen Charakter <strong>der</strong> Bedingungen <strong>der</strong><br />

Durchbestimmbarkeit des disjunktiven Urteils bleiben so weitgehend<br />

ausgeblendet. 235<br />

a) Heideggers Kritik an Husserls Intentionalitätsanalyse<br />

Der hermeneutische Ansatzpunkt ist von Kant zweifellos in <strong>der</strong> Erörterung<br />

<strong>der</strong> Übergänge des Substanzbegriffes zwischen Subjekt <strong>und</strong> Objekt we<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Analytik <strong>der</strong> ersten Kritik (hier anhand den metaphysischen<br />

Abschnitten des synthetischen Gr<strong>und</strong>satzes <strong>der</strong> Substanzkategorie) noch<br />

in den Paralogismen (hier anhand <strong>der</strong> ersten Fassung A behandelt)<br />

entsprechend berücksichtigt worden, obwohl das »ich denke« im Denken<br />

eine wie auch immer hermeneutisch faßbare Funktion besitzen muß. 236<br />

Zwar wären einige Ansatzpunkte nicht nur in <strong>der</strong> ersten Kritik zu finden:<br />

so das »wie ich bin« in <strong>der</strong> Reihe von »daß ich bin«, »wie ich bin« <strong>und</strong><br />

235 Das disjunktive Urteil als nicht auschließendes „o<strong>der</strong>“ (p, o<strong>der</strong> q, o<strong>der</strong> r ... o<strong>der</strong> n) ist<br />

<strong>die</strong> logische Form <strong>der</strong> Totalität alles Existierenden; im Kompossibilitätsproblem<br />

werden <strong>die</strong> Bedingungen des gleichzeitigen Zusammenseins von Verschiedenem<br />

untersucht <strong>und</strong> führt im Falle <strong>der</strong> Negation <strong>der</strong> Kompossibilität<br />

(Zusammensetzbarkeit) zum ausschließenden „o<strong>der</strong>“ (entwe<strong>der</strong> p, o<strong>der</strong> q, o<strong>der</strong> r ...<br />

o<strong>der</strong> n) <strong>und</strong> zum Satz vom Wi<strong>der</strong>spruch<br />

236 Wie in <strong>der</strong> Gegenüberstellung von compositio <strong>und</strong> nexus einerseits <strong>und</strong> Intuition<br />

<strong>und</strong> Diskursivität an<strong>der</strong>erseits abzulesen ist (K.r.V., B 201/A 161). Vgl hier im dritten<br />

Abschnitt das dritte Kapitel, § 16

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