analytik und die dialektik der substanz
analytik und die dialektik der substanz analytik und die dialektik der substanz
-— 210 — gestellt. Wenn Heidegger allerdings fortfährt, Kant und die Scholastik einfach darin zu identifizieren, als daß sie die Existenz allein aus der Seinsweise der Naturdinge bestimmt hätten, so hat hier schon eine verkürzende Vereinfachung den Blick auf die wesentlichen Zusammenhänge der scholastischen Aristoteles-Rezeption verstellt, die Heidegger bekannt gewesen sein müssen. — Trotzdem vermag mit Heidegger gelten, daß »nicht alles Seiende ein Vorhandenes, aber auch nicht alles Nichtvorhandene [...] auch schon Nichtseiendes [bedeute], sondern kann existieren oder, wie wir noch sehen werden, bestehen oder von anderer Seinsart sein.« (p. 37) Wie allerdings daraus Heidegger schlußfolgern zu können glaubt, die Frage nach dem Dasein Gottes würde von Kant mit ontologischer Relevanz nach dem Modus des innerweltlich Vorhandenen behandelt, wird wohl sein Geheimnis bleiben. b) Der ontologische Gottesbeweis Heidegger behandelt die Widerlegungen des ontologischen Gottesbeweises durch Thomas von Aquin (p. 40 f.) (Kommentar zu den Sentenzen des Lombardus, Summa theologica, Summa contra gentiles, De veritate). Der ontologische Gottesbeweis scheitere daran, daß wir die Quidditas (Washeit, Wesen) Gottes nicht mit seinem Begriff kennen. — Einwand: Könnte nicht der Nachweis eines höchsten Wesens, gleich welcher Natur oder ratio, gelingen? Thomas bestreitet nämlich nicht die Notwendigkeit, daß das Seinsprädikat im vollkommenen Subjektbegriff enthalten sein muß, er bestreitet nur wegen der unvollkommenen qualitativen Bestimmung unseres Begriffes, daß dieses wesentliche Prädikat (oder die göttlichen Attribute) aus dem Subjektbegriff heraushebbar und für uns (ohne Offenbarung) erkennbar ist. Der vollkommene Begriff ist uns eben noch nicht damit selbst bekannt, auch wenn wir glauben sollten, seine modallogische Bestimmung aus der abstrakten logischen Totalität ableiten zu können. Hingegen Kant: Dergleichen wie Dasein und Existenz gehören überhaupt nicht zur Bestimmtheit eines Begriffes. (p. 42) Wenn nun Kant sagen kann, Sein ist bloß die Position eines Dinges oder gewisser Bestimmungen an sich selbst, und so, wie Heidegger bemerkt, zwischen Sein überhaupt und Dasein zunächst nicht unterschieden wird (p. 43), so ist das doch eher ein Indiz für meine Auffassung über das Seinsprädikat, welches gerade nicht ausschließlich von der Vorhandenheit ausgeht, sondern nur einen Vorrang der primären Intentionalität als ursprünglich ersteres (früheres) im Gang
-— 211 — der Analyse hergibt. Daß Kant den Ausdruck »objektive Realität« mit dem Begriff vom »Dasein« ident setze (p. 45), ist ein bezeichnendes Beispiel für Heideggers Verkürzungen, die mit Destruktion als phänomenologische Methode nichts zu tun haben: Richtig ist vielmehr, daß Kant den Begriff von der objektiven Realität unbedingt als mit dem Begriff des Daseins wie auch mit dem Begriff dessen, was Heidegger das Vorhandene nennt, vereinbar denkt; daß hat mit logischer Identität (hier als Identität des Begriffsinhalts) nichts zu tun, sondern ist durch Äquipollenz zweier verschiedener Begriffe (gleicher Umfang möglicher Gegenstände bei inhaltlicher Verschiedenheit der bestimmenden Merkmale) formal zu beschreiben. Kant hat gar keinen allgemein der Washeit nach bestimmbaren Daseinsbegriff, der auf ein bestimmtes Konzept von vorneherein festgelegt wäre, sondern gebraucht diesen Begriff sowohl für die Existenz von Naturgegenstände wie für das Dasein des urteilenden Subjekts. Existenz wird offensichtlich wie der Begriff der Realität überhaupt gebraucht, bevor ersterer mit letzterer zur objektiven Realität bestimmt werden soll. c) prototypon transcendentale Omnitudo realitatis als Möglichkeit der Sachbestimmtheit (gemäß der Realität als Sachbestimmtheit der res als ontologisch verstandenes Prinzip der durchgängigen Bestimmung) scheint nur ein der Sache nach möglicher Gedankengang zu sein (p. 45); vielmehr gibt es einige Hinweise, daß Kant damit die Kompossibilität überhaupt in ihrer formalen Totalität der Möglichkeiten nach verstanden hat. Jedoch stellt Kant in seinem Kapitel zum prototypon transcendentale die omnitudo realitatis zuerst als Allheit (eingeschränkte Vielheit) und letztendlich auch in der Definition des transzendentalen Ideals als entschränkte Allheit der Prädikate vor, die aber da wie dort zur durchgängigen Bestimmung eines Dinges (eines Wesens) erst einzuschränken ist. Gleichviel: Heideggers Gedankengang würde eher auf die Exponation der transzendentalen Materie oder der Vielheit aller möglicher Prädikate überhaupt ohne Selektionsregel (als ein Prinzip der durchgängigen Bestimmbarkeit) passen, denn letztenendens führt erst die Einschränkung der Vielheit zur Allheit. 217 Ens realissimum bedeutet nach Heidegger nicht Wirklichkeit vom höchsten Grade der Wirklichkeit (vgl. etwa den Einwand Kierkegaards in 217 Vgl. hier § 9 im 2. Kapitel des dritten Abschnittes
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gestellt. Wenn Heidegger allerdings fortfährt, Kant <strong>und</strong> <strong>die</strong> Scholastik<br />
einfach darin zu identifizieren, als daß sie <strong>die</strong> Existenz allein aus <strong>der</strong><br />
Seinsweise <strong>der</strong> Naturdinge bestimmt hätten, so hat hier schon eine<br />
verkürzende Vereinfachung den Blick auf <strong>die</strong> wesentlichen<br />
Zusammenhänge <strong>der</strong> scholastischen Aristoteles-Rezeption verstellt, <strong>die</strong><br />
Heidegger bekannt gewesen sein müssen. — Trotzdem vermag mit<br />
Heidegger gelten, daß »nicht alles Seiende ein Vorhandenes, aber auch<br />
nicht alles Nichtvorhandene [...] auch schon Nichtseiendes [bedeute],<br />
son<strong>der</strong>n kann existieren o<strong>der</strong>, wie wir noch sehen werden, bestehen o<strong>der</strong><br />
von an<strong>der</strong>er Seinsart sein.« (p. 37) Wie allerdings daraus Heidegger<br />
schlußfolgern zu können glaubt, <strong>die</strong> Frage nach dem Dasein Gottes würde<br />
von Kant mit ontologischer Relevanz nach dem Modus des innerweltlich<br />
Vorhandenen behandelt, wird wohl sein Geheimnis bleiben.<br />
b) Der ontologische Gottesbeweis<br />
Heidegger behandelt <strong>die</strong> Wi<strong>der</strong>legungen des ontologischen<br />
Gottesbeweises durch Thomas von Aquin (p. 40 f.) (Kommentar zu den<br />
Sentenzen des Lombardus, Summa theologica, Summa contra gentiles, De<br />
veritate). Der ontologische Gottesbeweis scheitere daran, daß wir <strong>die</strong><br />
Quidditas (Washeit, Wesen) Gottes nicht mit seinem Begriff kennen. —<br />
Einwand: Könnte nicht <strong>der</strong> Nachweis eines höchsten Wesens, gleich<br />
welcher Natur o<strong>der</strong> ratio, gelingen? Thomas bestreitet nämlich nicht <strong>die</strong><br />
Notwendigkeit, daß das Seinsprädikat im vollkommenen Subjektbegriff<br />
enthalten sein muß, er bestreitet nur wegen <strong>der</strong> unvollkommenen<br />
qualitativen Bestimmung unseres Begriffes, daß <strong>die</strong>ses wesentliche<br />
Prädikat (o<strong>der</strong> <strong>die</strong> göttlichen Attribute) aus dem Subjektbegriff<br />
heraushebbar <strong>und</strong> für uns (ohne Offenbarung) erkennbar ist. Der<br />
vollkommene Begriff ist uns eben noch nicht damit selbst bekannt, auch<br />
wenn wir glauben sollten, seine modallogische Bestimmung aus <strong>der</strong><br />
abstrakten logischen Totalität ableiten zu können.<br />
Hingegen Kant: Dergleichen wie Dasein <strong>und</strong> Existenz gehören überhaupt<br />
nicht zur Bestimmtheit eines Begriffes. (p. 42) Wenn nun Kant sagen kann,<br />
Sein ist bloß <strong>die</strong> Position eines Dinges o<strong>der</strong> gewisser Bestimmungen an<br />
sich selbst, <strong>und</strong> so, wie Heidegger bemerkt, zwischen Sein überhaupt <strong>und</strong><br />
Dasein zunächst nicht unterschieden wird (p. 43), so ist das doch eher ein<br />
Indiz für meine Auffassung über das Seinsprädikat, welches gerade nicht<br />
ausschließlich von <strong>der</strong> Vorhandenheit ausgeht, son<strong>der</strong>n nur einen Vorrang<br />
<strong>der</strong> primären Intentionalität als ursprünglich ersteres (früheres) im Gang