analytik und die dialektik der substanz
analytik und die dialektik der substanz analytik und die dialektik der substanz
-— 184 — der anderen Vorstellungen, samt deren Bewußtsein einflößete, so wird sich eine ganze Reihe derselben denken lassen, deren die erste ihren Zustand, samt dessen Bewußtsein, der zweiten, diese ihren eigenen Zustand, samt dem der vorigen Substanz, der dritten und diese eben so die Zustände aller vorigen, samt ihren eigenen und deren Bewußtsein, mitteilete. Die letzte Substanz würde also aller Zustände der vor ihr veränderten Substanzen sich als ihrer eigenen bewußt sein, weil jene zusamt dem Bewußtsein in sie übertragen worden, und dem unerachtet, würde sie doch nicht eben dieselbe Person in diesen Zuständen gewesen sein.« 177 Offensichtlich werden zwei verschiedene Formen des Bewußtseins angesprochen: Das erste Zitat drückt nicht nur die Idee des Regelbewußtseins absolut als reine Totalität aus, sondern weist auch darauf hin, daß es jederzeit möglich ist, auf diese Idee zurückzukommen. Damit wird den Bewußtseinsinhalten kollektiv ein zeitlicher Horizont verliehen, der nicht entlang einer bestimmten gegebenen kontinuierlichen Zeitachse geordnet ist, entlang der man sich in der Zeit zu bewegen und zu verändern scheint: eine Mehrzahl verschieden wirksam werdender Motive und Bedingungen können zu einer konkreten Regelbildung zusammenwirken, die nicht aus einer gemeinsamen Epoche entstammen und so auch nicht in der Zusammenfügung selbst ein dynamisches Gefüge außerhalb der subjektiven Vorstellung aufweisen müssen. Entscheidend bleibt die Angleichung an das Urbild der Regel im »ich denke«, was eben nichts anders als die ursprüngliche Evidenz in der tätigen Verknüpfung von Vorstellungen im Bewußtsein evoziert (ursprünglich-synthetische Einheit der transzendentalen Apperzeption, § 16). — Das zweite Zitat stellt nun die These vor, daß, betrachtet man das Bewußtsein reproduktiv entlang der Zeitachse nach einem mechanischen Modell, dies das Bewußtsein in Form eines Gedächtnisses, das nichts vergessen kann, zur Folge haben muß. Die Identität der Substanz bzw. Person wäre dabei nicht gefordert. Damit wird das Bewußtsein vom individuellen Subjekt als Person abgehoben, ohne inhaltlich streng neutral und abstrakt bleiben zu müssen (oder gleich zur Totalität verpflichtet zu werden) wie das Substrat des universalen Regelbewußtseins aus der rationalen Psychologie. Diese zwei Formen des Bewußtseins sind als die »termini« (Grenzbegriffe) des Begriffs vom Bewußtsein aufzufassen. Während nun mit dem Ich als Urbild aller Regeln der Anspruch zu erheben ist, daß die Regelhaftigkeit 177 K.r.V., Anmk. zu A 363
-— 185 — auch für andere theoretisch wie praktisch demonstriert werden kann, gilt ein Gleiches für das mechanische Modell eines allwissenden Bewußtseins nicht von vorneherein: Die Einheit der verschiedenen Zustände im Bewußtsein bleibt subjektiv und kann nicht objektiv für einen äußeren Beobachter (»Standpunkt eines Fremden«) dargetan werden, weil wir an der Seele keine beharrliche Erscheinung antreffen. Kant beansprucht in der zweiten Fassung des dritten Paralogismus aber nicht mehr, den Paralogismus der Person, sondern nur mehr den der objektiven Einheit der Form des Subjekts des Bewußtseins zu widerlegen. Der Begriff der Substanz vom Phaenomenon bleibt also trotz der objektiven Zeitordnung aus dem Vergleich der Reproduktion der Erscheinungsreihe zu der nach einer Verstandesregel produzierten Reihe von Vorstellungen in seinem Ursprung zwischen subjektiver und objektiver Realität indifferent. — Nun trifft Kant im synthetischen Grundsatz eine Entscheidung, um diese Indifferenz zu überwinden: »Es ist aber das Substrat alles Realen, d.i. zur Existenz der Dinge Gehörigen, die Substanz, an welcher alles, was zum Dasein gehört, nur als Bestimmung kann gedacht werden.« 178 Es ist bemerkenswert, daß Kant diese Subreption (also die Vertauschung der Stellung der Elemente, die zuerst als Elemente des Daseins bekannt werden, zu Bestimmungen des Dinges) inmitten des transzendentalen Grundsatzes von der Beharrlichkeit der Substanz in Verbindung mit dem Begriff der Existenz vollführt. D. h., Kant behauptet das Ding als Grundlage der Erscheinungen, weil er schon mit einem analytischen Begriff von Existenz operiert, den er aber nach dem Gang der Überlegungen anhand der Trennung von Innen und Außen noch gar nicht seinen Grenzen gemäß objektiv in Stellung bringen kann. Nach der hier im ersten Teil des Dritten Abschnitt durchgeführten Untersuchung scheint es, als müßte Kant dazu auf das transzendentale Produkt der Einbildungskraft, welches in der Einheit der Regel von (reinen) Begriffen überhaupt vorgestellt wird, zurückgreifen. Da nun der Inhalt der reinen Stammbegriffe nur exponiert werden kann, und ohne Schematismus nicht demonstriert, hat der weitere Fortgang der Untersuchung des Schemas (der allgemeinen Bedingung) eines Begriffes von der Substanz, nämlich der Beharrlichkeit, bereits auf die Verhältnisse der Objekte selbst und nicht nur auf bloße Erscheinungsverhältnisse in der Anschauung Acht zu geben. So liegt bekanntlich der objektiv reale Grund der Beharrlichkeit von Erscheinungen in der dynamischen Raumerfüllung durch die Materie, die 178 K.r.V., B 225
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eine ganze Reihe <strong>der</strong>selben denken lassen, <strong>der</strong>en <strong>die</strong> erste ihren Zustand,<br />
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dem <strong>der</strong> vorigen Substanz, <strong>der</strong> dritten <strong>und</strong> <strong>die</strong>se eben so <strong>die</strong> Zustände<br />
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letzte Substanz würde also aller Zustände <strong>der</strong> vor ihr verän<strong>der</strong>ten<br />
Substanzen sich als ihrer eigenen bewußt sein, weil jene zusamt dem<br />
Bewußtsein in sie übertragen worden, <strong>und</strong> dem unerachtet, würde sie<br />
doch nicht eben <strong>die</strong>selbe Person in <strong>die</strong>sen Zuständen gewesen sein.« 177<br />
Offensichtlich werden zwei verschiedene Formen des Bewußtseins<br />
angesprochen: Das erste Zitat drückt nicht nur <strong>die</strong> Idee des<br />
Regelbewußtseins absolut als reine Totalität aus, son<strong>der</strong>n weist auch<br />
darauf hin, daß es je<strong>der</strong>zeit möglich ist, auf <strong>die</strong>se Idee zurückzukommen.<br />
Damit wird den Bewußtseinsinhalten kollektiv ein zeitlicher Horizont<br />
verliehen, <strong>der</strong> nicht entlang einer bestimmten gegebenen kontinuierlichen<br />
Zeitachse geordnet ist, entlang <strong>der</strong> man sich in <strong>der</strong> Zeit zu bewegen <strong>und</strong><br />
zu verän<strong>der</strong>n scheint: eine Mehrzahl verschieden wirksam werden<strong>der</strong><br />
Motive <strong>und</strong> Bedingungen können zu einer konkreten Regelbildung<br />
zusammenwirken, <strong>die</strong> nicht aus einer gemeinsamen Epoche entstammen<br />
<strong>und</strong> so auch nicht in <strong>der</strong> Zusammenfügung selbst ein dynamisches Gefüge<br />
außerhalb <strong>der</strong> subjektiven Vorstellung aufweisen müssen. Entscheidend<br />
bleibt <strong>die</strong> Angleichung an das Urbild <strong>der</strong> Regel im »ich denke«, was eben<br />
nichts an<strong>der</strong>s als <strong>die</strong> ursprüngliche Evidenz in <strong>der</strong> tätigen Verknüpfung<br />
von Vorstellungen im Bewußtsein evoziert (ursprünglich-synthetische<br />
Einheit <strong>der</strong> transzendentalen Apperzeption, § 16). — Das zweite Zitat stellt<br />
nun <strong>die</strong> These vor, daß, betrachtet man das Bewußtsein reproduktiv<br />
entlang <strong>der</strong> Zeitachse nach einem mechanischen Modell, <strong>die</strong>s das<br />
Bewußtsein in Form eines Gedächtnisses, das nichts vergessen kann, zur<br />
Folge haben muß. Die Identität <strong>der</strong> Substanz bzw. Person wäre dabei nicht<br />
gefor<strong>der</strong>t. Damit wird das Bewußtsein vom individuellen Subjekt als<br />
Person abgehoben, ohne inhaltlich streng neutral <strong>und</strong> abstrakt bleiben zu<br />
müssen (o<strong>der</strong> gleich zur Totalität verpflichtet zu werden) wie das Substrat<br />
des universalen Regelbewußtseins aus <strong>der</strong> rationalen Psychologie. Diese<br />
zwei Formen des Bewußtseins sind als <strong>die</strong> »termini« (Grenzbegriffe) des<br />
Begriffs vom Bewußtsein aufzufassen. Während nun mit dem Ich als<br />
Urbild aller Regeln <strong>der</strong> Anspruch zu erheben ist, daß <strong>die</strong> Regelhaftigkeit<br />
177 K.r.V., Anmk. zu A 363