Marcus Ehning CHIO Aachen-Magazine No. 28, 2/2009

Marcus Ehning
CHIO Aachen-Magazine No. 28, 2/2009
Portrait nach dem CHIO Aachen 2009
Portrait after CHIO Aachen 2009

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CHIO AACHEN MAGAZIN 28 MARCUS EHNING IM INTERVIEW
kein blick
zurück im zorn
Große Siege und extreme Niederlagen:
Springreiter Marcus Ehning im Gespräch
No Looking Back in Anger
Huge wins and devastating defeats:
A talk with jumping rider Marcus Ehning
Sonntag, 5. Juli, früher Abend, ROLEX
Grand Prix in Aachen. Marcus Ehning reitet
den letzten Sprung an. Er ist schnell und
fehlerfrei – bislang. Dann ein Aufschrei der 40.000
im Stadion: Fehler am letzten Sprung, Marcus
Ehning und Nolte`s Küchengirl werden letztlich
Dritte. Der Publikumsliebling bleibt dennoch
gelassen, er ist zufrieden mit den Tagen in der
Aachener Soers 2009. Vor allem aber ist er gereift.
Dass dies an großen Siegen, vielleicht aber noch
mehr an den Niederlagen der Vergangenheit liegt,
erzählt Ehning im Gespräch mit Niels Knippertz. >>
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CHIO AACHEN MAGAZIN 28 MARCUS EHNING IM INTERVIEW CHIO AACHEN MAGAZIN 28 MARCUS EHNING IM INTERVIEW
Hut ab vor diesem Publikum. Marcus Ehning beim
ROLEX Grand Prix 2009.
Hats off to this audience. Marcus Ehning at the
ROLEX Grand Prix 2009.
Frage: Beschreiben Sie einmal die letzten Sekunden
beim ROLEX Grand Prix 2009.
Marcus Ehning: Ich selber war sehr ruhig und gelassen.
Ich kann mir nicht viel vorwerfen. Vielleicht hätte
ich am letzten Sprung ein bisschen mehr Druck machen
können, aber letztlich ist es dann auch einfach Glück
oder Pech, ob Du rüberkommst oder nicht.
Frage: Haben Sie mitbekommen, was in diesen
Sekunden im Stadion los war?
Ehning: Nein, da reitet man wie durch einen Tunnel.
Aber ich habe die Unruhe mitbekommen, als „Küche“
kurz zuvor ein Eisen verloren hat. Da hab ich mich gefragt
„was ist denn jetzt los?“, aber in der nächsten Kurve
habe ich es dann schon gemerkt. Die Stimmung im
Stadion habe ich dann nach dem Fehler erlebt: Die Leute
haben mich gefeiert wie einen Sieger, unglaublich,
nicht zu beschreiben. Ich habe spontan meine Kappe
abgenommen, um so meinen Respekt und meine Dankbarkeit
zu zeigen.
Frage: Hätte ein Sieg die Woche in Aachen perfekt
gemacht?
Ehning: Klar, wenn ich antrete, will ich gewinnen.
Aber vielleicht wäre es des Guten auch zuviel gewesen.
Nach der Doppelnull im Nationenpreis und dem Sieg
im Preis der AachenMünchener wären die Erwartungen
wieder ins Unermessliche gestiegen. Mit dem dritten
Platz kann ich sehr gut leben. >>
S
unday July 5th, early evening, ROLEX Grand Prix of
Aachen. Marcus Ehning approaches the last jump. He
is fast and fault free – to that point. Then a cry goes
up among the 40,000 in the stadium: Fault on last obstacle.
Marcus Ehning and Nolte’s Küchengirl end up third. The
public’s favourite remains composed; he is content with the days
in the Aachen Soers 2009. Above all he has matured. This is a
result of great wins, and perhaps even more from past defeats,
explains Ehning in a conversation with Niels Knippertz.
Question: Describe the last seconds of the ROLEX
Grand Prix 2009.
Ehning: I was calm and relaxed. I can not blame myself. Perhaps
I could have driven a bit more to the last jump, but in the
end whether you jump clean or not still depends on luck.
Question: Were you aware of what was happening in
the stadium during those few seconds?
Ehning: No, one rides as if one is in a tunnel, although, I felt
the commotion, when moments before “Küche” lost a shoe. I
thought to myself, “What’s wrong now?” but I felt it in the next
curve. I was aware of the excitement in the stadium after the
fault. It was unbelievable, indescribable. The spectators still
cheered for me as if I had won. I spontaneously removed my cap
to show my respect and gratitude. >>
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Frage: Sie haben großartige Siege errungen, sind
Olympia- und Weltcupsieger, haben den Großen Preis
von Aachen und unzählige weitere Große Preise und
Nationenpreise gewonnen. Und doch scheinen es denkwürdige
Niederlagen zu sein, die Sie persönlich haben
reifen lassen.
Ehning: Ja, es waren aber auch sehr extreme Niederlagen –
bei der WM in Aachen 2006 und ein Jahr später bei der Europameisterschaft
in Mannheim. Aber dadurch kann ich vieles
besser einordnen. Ich habe gelernt, mit solch extremen Niederlagen
umzugehen und nach einem Tiefpunkt direkt wiederzukommen.
Und ich habe gesehen, wie sehr das Publikum
– gerade in Aachen – zu mir stand. Als ich beim Großen Preis
im Vorjahr über das Briefmarken-Hindernis rüber war (dieses
Hindernis wurde Ehning bei der WM 06 zum Verhängnis,
d.Red.), habe ich Szenenapplaus bekommen. Die Leute haben
gejubelt vor Freude.
Question: Would a win have made for a perfect week
in Aachen?
Ehning: Sure, when I compete, I want to win. But then, maybe
it would have been too much. After the double clear in the Nations´
Cup and the win in the Aachen Münchener Prize, the
expectations were sky high. I am quite happy with third place.
Question: You have achieved brilliant wins, are Olympic
and World Cup winner, have won the Grand Prix
of Aachen as well as countless other Grand Prix and
Nations´ Cups, but it seems to be the memorable defeats
that have helped you to personally mature.
Ehning: Yes, they were such extreme defeats – such as at the
World Equestrian Games in Aachen 2006 and one year later
at the European Championships in Mannheim. As a result, I
am much better able to bring things in line. I have learned to
accept these extreme defeats and after hitting bottom to im-
Marcus Ehning gilt weltweit als einer der stilistisch besten Reiter.
Marcus Ehning is considered to be one of those riders with the best style worldwide.
Frage: Manch einer hat Sie nach Mannheim sportlich
abgeschrieben. Empfinden Sie heute Genugtuung?
Ehning: Überhaupt nicht. Ich bin lange genug dabei und habe
gelernt, dass man in Deutschland schnell hochgejubelt, aber
eben auch schnell niedergeschrieben wird. Wie heißt es? „Bad
news is good news.“ Damit müssen wir Sportler leben. Ich
habe aber kein Problem damit, weil ich immer wusste, dass
ich nicht weg vom Fenster bin. Aber ganz klar: Als es nicht so
gut lief, habe ich auch erlebt, wer zu mir stand und wer nicht.
Ich hatte aber nie das Gefühl, mir oder sonstwem irgendetwas
beweisen zu müssen, dazu lief es auch nach Aachen 06 und
Mannheim 07 viel zu gut. Auch wenn die öffentliche Wahrnehmung
vielleicht eine andere war, weil die alten Geschichten
immer wieder hervorgekramt wurden.
Frage: Trotz aller „bad news“. Die Journalisten mögen
Sie. Sie sind kein Lautsprecher, gelten als ehrlich und
bodenständig, eben westfälisch.
Ehning: Ich glaube, dass mir hoch angerechnet wird, dass
ich mich sowohl nach Aachen als auch nach Mannheim der
Presse gestellt habe. Ich habe mich nicht verkrochen, obwohl
ich bekanntermaßen nicht der Typ bin, der die Öffentlichkeit
sucht. Ich glaube, um ehrlich anerkannt zu werden, ist das fast
wichtiger, als viele Siege zu erringen.
Frage: Sie sind fast jedes Wochenende unterwegs, geht
Ihnen das manchmal auf die Nerven?
Ehning: Man darf nie vergessen, dass ich mein Hobby zum
Beruf gemacht habe. Wer hat denn dieses Glück schon? Aber
gerade jetzt werde ich versuchen, noch mehr zuhause zu sein.
Frage: Als junger Vater…
Ehning: Genau. Das geht absolut vor, das ist doch klar. Ein
Riesenvorteil ist, dass ich ein tolles familiäres Umfeld habe,
mit meinen Eltern, Geschwistern und natürlich meiner Frau
Nadia und unserer Tochter Yula. Das ist mein Ruhepol, da
macht das viele Unterwegssein überhaupt nicht aus.
Marcus Ehning, Michael Westkamp (Vorstandsvorsitzender
der AachenMünchener) und Hans Kauhsen
(Mitglied des ALRV-Aufsichtsrats).
Marcus Ehning, Michael Westkamp (Chairmam
AachenMünchener) and Hans Kauhsen
(member of the ALRV-advisory board).
mediately recover. I have also come to recognize how much the
spectators, especially in Aachen, support me. Last year during
the Grand Prix when I cleared the Postage Stamp Obstacle (the
jump that was a disaster for Ehning at the WM 06, p. editor),
I received a spontaneous ovation. The spectators were ecstatic.
Question: After Mannheim, some people wrote you off
in the sport. Do you now feel gratified?
Ehning: Not at all. I have been in the sport long enough to
learn that in Germany you are quickly cheered, but just as
quickly written off. What is the saying? Bad news is good
news.” We athletes must accept it. I have no problem with it,
because I have always known that I am not yet out of the game.
But, of course, as it wasn’t going so well, I learned who supported
me and who not. I never had the feeling that I had to
prove something to myself or to anyone else. >>
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CHIO AACHEN MAGAZIN 28 MARCUS EHNING IM INTERVIEW
Following Aachen 06 and Mannheim 07,
things went very well, even if the public
perception was based on the old
warmed over defeats.
Question: In spite of all the “bad
news,” the journalists still like
you. You are not a loud mouth,
but are considered to be honest and
down-to-earth, a true Westphalian.
Ehning: I think it was appreciated
that after Aachen and after Mannheim
I was there for the journalists. I didn’t
try to hide, even though I am recognized
as not a type that seeks publicity.
I believe that it is almost more important
to receive honest recognition than
to achieve many wins.
Question: You are competing almost
every weekend. Does that not
sometimes get on your nerves?
Ehning: One must never forget that
my hobby has become my occupation.
How many are that lucky? Although,
now I will try to be at home more.
Question: As a young father…
Ehning: Exactly. That takes absolute
priority of course. Having such a great
family around me, my parents, my siblings,
and of course my wife Nadia and
our daughter Yula, is a huge advantage.
They form my refuge. I then don’t mind
the constant travelling.
Pferd und Reiter mit konzentriertem Blick:
Marcus Ehning und Nolte`s Küchengirl.
Both horse and ricer are highly concentrated:
Marcus Ehning and Nolte’s Küchengirl.