Grundlagen der Statistik - Lehrstuhl für Statistik - Universität Mannheim
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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Statistik</strong><br />
<strong>Universität</strong> <strong>Mannheim</strong><br />
<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Statistik</strong><br />
Ingo Steinke, Toni Stocker<br />
FSS 2008
Organisatorisches<br />
Termine und Zeiten<br />
Materialien und Literatur<br />
Prüfungsmodalitäten<br />
Überblick<br />
Organisatorisches 2
Übersicht über die Vorlesungen im FS08<br />
Termine und Zeiten<br />
Studiengang Vorlesung Klausur<br />
Bachelor<br />
(kein VWL)<br />
„<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Statistik</strong>“ 180 min<br />
Diplom (BWL etc.) „Deskriptive <strong>Statistik</strong>“ o<strong>der</strong><br />
„Deskriptive <strong>Statistik</strong>“ und „<strong>Grundlagen</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Statistik</strong>“<br />
60 min o<strong>der</strong><br />
240 min<br />
Bachelor (VWL) „<strong>Statistik</strong> I“ 180 min<br />
60<br />
„Deskriptive <strong>Statistik</strong>“<br />
180<br />
„<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Statistik</strong>“<br />
I.Steinke, T.Stocker Organisatorisches 3
Bachelor-BWL, 2. Fachsemester<br />
Tag Zeit LV Raum Dozent<br />
Montag 10:15-11:45 Übung A3 001 Ingo Steinke<br />
Dienstag 10:15-11:45 Vorlesung A3 001 Ingo Steinke<br />
Mittwoch 15:30-17:00 Vorlesung A3 001 Ingo Steinke<br />
Bachelor-BWL, 4. Fachsemester<br />
Tag Zeit LV Raum Dozent<br />
Montag 13:45-15:15 Übung A3 001 Ingo Steinke<br />
Dienstag 15:30-17:00 Vorlesung A3 001 Ingo Steinke<br />
Mittwoch 08:30-10:00 Vorlesung A3 001 Ingo Steinke<br />
Bachelor an<strong>der</strong>er Studienrichtungen, Diplom<br />
Tag Zeit LV Raum Dozent<br />
Mittwoch 17:15-18:45 Übung S108 Toni Stocker<br />
Freitag 08:30-10:00 Vorlesung S108 Toni Stocker<br />
Freitag 10:15-11:45 Vorlesung S108 Toni Stocker<br />
Termine und Zeiten<br />
Organisatorisches 4
Kontakt: Ingo Steinke<br />
Sprechstunde: Mi, 13:00-14:00 Uhr und n.V.<br />
Raum: L7, 3-5, Zi. 141<br />
Telefon: 0621-181-1785<br />
Email: isteinke@rumms.uni-mannheim.de<br />
Kontakt: Toni Stocker<br />
Sprechstunde: Do, 11:30-13:00 Uhr und n.V.<br />
Raum: L7, 3-5, Zi. 145<br />
Telefon: 0621-181-3963<br />
Email: stocker@rumms.uni-mannheim.de<br />
Termine und Zeiten<br />
I.Steinke, T.Stocker Organisatorisches 5
Lehrmaterialien<br />
Folien zu Vorlesungen und Übungen werden bereit gestellt.<br />
Teilweise zusätzliche Lehr- und Übungsmaterialien.<br />
Folien i.d.R. wochenweise vor <strong>der</strong> Vorlesung am Mittwoch abrufbar.<br />
Informationen und Materialien sind zu finden unter:<br />
⇒http://mammen.vwl.uni-mannheim.de<br />
⇒ Veranstaltungen FS 08<br />
⇒ <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Statistik</strong><br />
bzw.<br />
⇒ http://dotlrn.uni-mannheim.de<br />
⇒ <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>Statistik</strong><br />
⇒ <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Statistik</strong>.<br />
Lehrmaterialien und Literatur<br />
I.Steinke, T.Stocker Organisatorisches 6
Literaturempfehlungen<br />
Lehrmaterialien und Literatur<br />
Fahrmeir, Künstler, Pigeot, Tutz: <strong>Statistik</strong> – Der Weg zur Datenanalyse.<br />
6. Auflage; Berlin, Heidelberg: Springer, 2007.<br />
Weiter(führend)e Literatur<br />
Schira: Statistische Methoden <strong>der</strong> VWL und BWL. Theorie und Praxis.<br />
2. Auflage; München: Pearson Studium, 2005.<br />
Fahrmeir, u.a. : Arbeitsbuch <strong>Statistik</strong>.<br />
4. Auflage; Berlin, Heidelberg: Springer, 2005.<br />
Bamberg, Baur: <strong>Statistik</strong>.<br />
14. Auflage; München, Wien: Oldenbourg, 2007.<br />
Bamberg, Baur: <strong>Statistik</strong> – Arbeitsbuch.<br />
7. Auflage; München, Wien: Oldenbourg, 2005.<br />
Hartung, Elpelt, Klösener: <strong>Statistik</strong>. Lehr- und Handbuch <strong>der</strong> angewandten<br />
<strong>Statistik</strong>. 14. Auflage; München, Wien: Oldenbourg, 2005.<br />
I.Steinke, T.Stocker Organisatorisches 7
Übungen<br />
Aufgaben werden am Mittwoch via dotlrn bereit gestellt.<br />
Die Lösungen <strong>der</strong> Aufgaben<br />
• werden nicht eingesammelt o<strong>der</strong> bepunktet.<br />
• werden nicht auf die Klausur bzw. Gesamtnote angerechnet.<br />
• dienen Ihrer Klausurvorbereitung !<br />
Prüfungsmodalitäten<br />
Klausur<br />
• Dauer: 3 Stunden,<br />
• Hilfsmittel:<br />
• Standardschultaschenrechner,<br />
• Formelsammlung zur Vorlesung.<br />
• Multiple Choice – Aufgaben. Details in <strong>der</strong> Übung.<br />
• 1 Nachklausur.<br />
Prüfungsmodalitäten<br />
I.Steinke, T.Stocker Organisatorisches 8
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Statistik</strong><br />
Kapitelübersicht<br />
1. <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
2. Eindimensionale Zufallsvariablen<br />
3. Spezielle Verteilungen<br />
4. Mehrdimensionale Zufallsvariablen und Grenzwertsätze<br />
5. Parameterschätzung<br />
6. Testen von Hypothesen<br />
7. Spezielle Testprobleme<br />
8. Regressionsanalyse<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
Überblick<br />
9
Kapitel 1: <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong><br />
Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
Übersicht<br />
Was versteht man unter <strong>Statistik</strong>?<br />
Einführung in den Wahrscheinlichkeitsbegriff<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Kombinatorik<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
Axiomatik und Rechenregeln <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit<br />
Bedingte Wahrscheinlichkeit<br />
Unabhängigkeit<br />
Totale Wahrscheinlichkeit<br />
Satz von Bayes<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
Überblick<br />
10
Beispiel : Telefonumfrage.<br />
Was versteht man unter <strong>Statistik</strong>?<br />
Ein Marktforschungsinstitut möchte mittels Telefonumfrage (Zufallsauswahl/<br />
Stichprobe) untersuchen, wie viel Prozent aller Deutschen mindestens ein Handy<br />
besitzen. Einer ein Jahr alten Untersuchung zufolge soll <strong>der</strong> Anteil bei etwa 67%<br />
liegen. Es interessiert nun auch die Frage, ob <strong>der</strong> Anteil gestiegen ist.<br />
Schritt 1: Datenerhebung<br />
Fragen/Probleme:<br />
• Wie viele Leute sollen befragt werden?<br />
• Aus welcher Menge und wie soll die Zufallsauswahl erfolgen? Wie werden die<br />
Leute erreicht? Z.B. per Telefon.<br />
• Welche Frage(n) sollen gestellt werden? Z.B. „Wie viele Handys besitzen Sie?“<br />
• Was macht man mit nicht beantworteten Fragen?<br />
• Erreicht man wirklich eine „repräsentative“ Stichprobe?<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
11
Schritt 2: Aufbereitung und Darstellung <strong>der</strong> Daten<br />
Fragen/Probleme:<br />
• Entscheidung <strong>für</strong> eine o<strong>der</strong> mehrere geeignete Darstellungsformen.<br />
• Wie werden fehlende o<strong>der</strong> unpräzise Antworten erfasst?<br />
Beispiel (fortgesetzt)<br />
Was versteht man unter <strong>Statistik</strong>?<br />
Auszählung <strong>der</strong> Anzahl von „Besitzern“ und „Nichtbesitzern“ von Handys. Die<br />
Auszählung ergab, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Handybesitzer unter 500 befragten Personen<br />
69% beträgt.<br />
Handy kein Handy<br />
Handy<br />
kein Handy<br />
Aufbereitungsmethode<br />
hängt von Datenmaterial<br />
und Untersuchungsziel ab.<br />
„Deskriptive<br />
<strong>Statistik</strong>“<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 12
Schritt 3: Analyse und Interpretation<br />
Fragen/Probleme:<br />
• Inwieweit sind die Beobachtungswerte repräsentativ?<br />
Was versteht man unter <strong>Statistik</strong>?<br />
• Sind beobachtete Zusammenhänge o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen wirklich aussagekräftig<br />
bzw. zuverlässig o<strong>der</strong> könnten sie durch „Zufall“ zustande gekommen sein?<br />
Beispiel (fortgesetzt)<br />
• Angenommen, die wahre Handyquote liege unverän<strong>der</strong>t bei 67%.<br />
• Wie groß ist die „Wahrscheinlichkeit“, dass die Quote in <strong>der</strong> Stichprobe<br />
zufällig 69% o<strong>der</strong> höher ausfällt?<br />
• Ist die Handyquote nun gestiegen o<strong>der</strong> nicht?<br />
Technischer Apparat <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung erfor<strong>der</strong>lich, „um den<br />
Zufall in den Griff zu bekommen“.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 13
Betrachtung des Gesamtprozesses<br />
Erhebung<br />
Stichprobentheorie<br />
(Erhebungstechniken)<br />
Anwendungsgebiete:<br />
• Ökonometrie,<br />
• Biometrie,<br />
• Psychometrie,<br />
• Technometrie,<br />
• Agrarwissenschaften, ...<br />
Aufbereitung<br />
und<br />
Darstellung<br />
Beschreibende<br />
<strong>Statistik</strong><br />
(Deskriptive <strong>Statistik</strong>)<br />
„Deskriptive<br />
<strong>Statistik</strong>“<br />
Was versteht man unter <strong>Statistik</strong>?<br />
Analyse und<br />
Interpretation<br />
Schließende<br />
<strong>Statistik</strong><br />
(Induktive <strong>Statistik</strong>)<br />
Wahrscheinlichkeits<br />
-rechnung<br />
„<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Statistik</strong>“<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 14
<strong>Statistik</strong> als Wissenschaft<br />
<strong>Statistik</strong><br />
Was versteht man unter <strong>Statistik</strong>?<br />
Deskriptive (Beschreibende) <strong>Statistik</strong> Induktive (Schließende) <strong>Statistik</strong><br />
• Tabellen,<br />
• Grafiken,<br />
• Komprimierung,<br />
• Maßzahlen etc.<br />
Explorative Datenanalyse<br />
(Data Mining)<br />
gelegentlich als eigenständiges Gebiet<br />
Schätzen<br />
Testen<br />
• unter speziellen Verteilungsannahmen,<br />
• in Regressionsmodellen,<br />
• in Zeitreihenmodellen etc.<br />
Wichtiges <strong>Grundlagen</strong>fach:<br />
Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
(Wahrscheinlichkeitstheorie, Stochastik)<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 15
Einführung in den Wahrscheinlichkeitsbegriff<br />
Der Wahrscheinlichkeitsbegriff findet gelegentlich im Alltag Verwendung.<br />
Beispiele<br />
„Die Wahrscheinlichkeit eine Sechs zu würfeln beträgt 1/6.“<br />
„Die Chance <strong>für</strong> sechs Richtige im Lotto 6 aus 49 beträgt genau 1: 13 983 816.“<br />
„Die Kreditausfallwahrscheinlichkeit <strong>für</strong> diese Kundenklasse beträgt weniger als<br />
1%.“<br />
„Morgen wird es höchstwahrscheinlich regnen.“<br />
„Dieser Patient wird nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 40% überleben.“<br />
„Ich bin mir zu 95% sicher, dass ...“<br />
„Eine Studie ergab, dass die Bevölkerung im Jahr 2050 mit einer<br />
Wahrscheinlichkeit von 90% zwischen 40 und 50 Millionen liegen wird.“<br />
„Die Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> eine Mädchengeburt liegt in Deutschland bei 48.7%.“<br />
„Mit einer Wahrscheinlichkeit von 94% erhält die Partei einen Stimmenanteil<br />
zwischen 29.8 % und 31.4%.“<br />
„Deutschland wird nicht Weltmeister. Da würde ich 500 Euro darauf wetten.“<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 16
Voraussetzung wahrscheinlichkeitstheoretischer Überlegungen sind Vorgänge mit<br />
nicht vorhersagbaren Ergebnissen.<br />
Einführung<br />
Ein Zufallsvorgang ist ein Vorgang mit mindestens zwei möglichen, sich<br />
gegenseitig ausschließenden Ergebnissen (Ausgängen), wobei im Voraus nicht<br />
eindeutig bestimmbar ist, welches Ergebnis eintreten wird.<br />
Oft interessiert <strong>der</strong> Zufallsvorgang nicht selbst, son<strong>der</strong>n nur die Häufigkeit, mit <strong>der</strong><br />
seine Ergebnisse zu erwarten sind.<br />
Zufallsvorgang Ergebnis<br />
Würfeln mit einem Würfel Augenzahl, die oben liegt.<br />
Lotto „6 aus 49“ Die 6 gezogenen Zahlen.<br />
Wetter Regenmenge in mm/m 2<br />
Qualitätskontrolle Anzahl/Anteil <strong>der</strong> defekten Teile<br />
Glücksspiel zwischen Peter und Paul Sieger<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 17
Ein Ereignis ist eine Zusammenfassung von möglichen Ergebnissen (Versuchs-<br />
ausgängen) eines Zufallsvorgangs.<br />
Beispiel: Würfeln mit einem Würfel.<br />
Einführung<br />
Die Zahlen 1,2,…,6 sind die Ergebnisse des Zufallsvorganges. „Eine Zahl größer<br />
als 4 würfeln“ ist das Ereignis, das die beiden Ergebnisse 5 und 6 umfasst.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung sollen den Ereignissen solcher<br />
Zufallsvorgänge „Chancen“ <strong>für</strong> ihr Eintreten zugewiesen werden. Die „Chance“ p<br />
ist dabei so zu verstehen, dass bei n gleichartigen Zufallsvorgängen etwa<br />
p·n<br />
mal das entsprechende Ereignis auftritt. p·n interpretieren wir auch als erwartete<br />
Anzahl des Ereignisses bei n Versuchen.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 18
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Einführung<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Klassischen Wahrscheinlichkeit werden diese Chancen durch<br />
Analyse des Problems und „vernünftige“ Überlegungen hergeleitet. Wir erhalten<br />
einen begründeten und exakten Wert <strong>für</strong> die „Chance“.<br />
Beispiele: Glücksspiele, z.B.<br />
• Münzwurf: „Wappen“ und „Zahl“ jeweils mit „Wahrscheinlichkeit“ 0,5.<br />
• Würfeln: „6“ wird mit „Wahrscheinlichkeit“ 1/6 geworfen.<br />
• Lotto 6 aus 49: Mit welcher „Wahrscheinlichkeit“ hat man „6 Richtige“?<br />
• Poker: Mit welcher „Wahrscheinlichkeit“ hat man „Full House“?<br />
• Qualitätskontrolle. Mit welcher „Wahrscheinlichkeit“ findet man defekte Teile?<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
Details später!<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 19
Statistische Wahrscheinlichkeit<br />
Einführung<br />
Einen Zufallsvorgang, <strong>der</strong> unter kontrollierten Bedingungen abläuft und unter<br />
gleichen Bedingungen wie<strong>der</strong>holbar ist, bezeichnet man auch als Zufallsexperiment.<br />
Wir interessieren uns bei einem Zufallsexperiment <strong>für</strong> einen bestimmten Versuchs-<br />
ausgang bzw. ein Ereignis A. Wenn dieses eintritt, sagen wir das Experiment bzw. A<br />
war erfolgreich. Wir wie<strong>der</strong>holen das Experiment n mal und bezeichnen mit h n(A)<br />
die Anzahl <strong>der</strong> Erfolge von A und f n(A),<br />
hn<br />
( A)<br />
f n ( A)<br />
= ,<br />
n<br />
die relative Häufigkeit von A. Dann ist fn(A) eine sinnvolle „Chancenzuweisung“<br />
<strong>für</strong> das Eintreten von A.<br />
n ⋅<br />
p ≈ hn<br />
( A)<br />
= n ⋅ f n ( A).<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 20
Beispiel: Würfeln.<br />
Das statistische Experiment „Würfeln“ werde n mal wie<strong>der</strong>holt und das Ereignis<br />
„6“ beobachtet.<br />
n h n(„6“) f n(„6“)<br />
10 3 0,300<br />
100 27 0,270<br />
1000 197 0,197<br />
0,35<br />
0,15<br />
0,05<br />
10000 1722 0,1722 0<br />
0,3<br />
0,25<br />
0,2<br />
0,1<br />
Relative Häufigkeit<br />
10 100 1000 10000<br />
f_n p<br />
Einführung<br />
Man kann in dem Beispiel beobachten, dass sich die relative Häufigkeit <strong>für</strong> große<br />
Wie<strong>der</strong>holungszahlen um den theoretischen Wert <strong>der</strong> klassischen Wahrscheinlich-<br />
keit stabilisiert! Dieses Verhalten kann man auch bei an<strong>der</strong>en Zufallsexperimenten<br />
beobachten.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 21
A sei ein Ereignis eines Zufallsexperiments. Den Grenzwert (Limes) <strong>der</strong> relativen<br />
Häufigkeit bei wachsen<strong>der</strong> Anzahl von Versuchswie<strong>der</strong>holungen, i.Z. (in Zeichen)<br />
lim ( A),<br />
n→∞ bezeichnet man als statistische Wahrscheinlichkeit.<br />
Beispiel: Qualitätskontrolle.<br />
f n<br />
Einführung<br />
Uns interessiert die „Chance“, p, dass ein beliebiges aus einer Warenlieferung<br />
entnommenes Teil den Qualitätsstandards nicht genügt. Bezogen auf die gesamte<br />
Warenlieferung ist p dann <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> defekten Teile.<br />
Der Warenlieferung werden n=100 Teile entnommen. Es mögen h n=3 Teile durch<br />
die Qualitätsprüfung fallen. Dann ist 3/100 eine „Schätzung“ <strong>für</strong> p.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 22
Einführung<br />
Wichtig: Die Kenntnis über die Größe von „Chancen“ gewinnen wir bei <strong>der</strong><br />
statistischen Wahrscheinlichkeit durch Beobachtungen. Die exakten Werte lassen<br />
sich nicht bestimmen, son<strong>der</strong>n nur annähern, im statistischen Terminus „schätzen“.<br />
Subjektive Wahrscheinlichkeit<br />
Zufallsvorgängen, die selten vorkommen, einmalig sind o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Begleitum-<br />
stände sich stark än<strong>der</strong>n, kann man auf statistischem Weg sehr schlecht „Chancen“<br />
zuweisen. Einzelne Beobachter mögen es infolge persönlicher Erfahrung o<strong>der</strong><br />
Präferenzen trotzdem machen. In diesem Zusammenhang spricht man von<br />
subjektiven Wahrscheinlichkeiten.<br />
Um wenigstens eine subjektive Bewertung einer Risikosituation zu<br />
erhalten, betrachte man folgende alternative Risikosituationen:<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 23
Risikosituation A:<br />
Ein Ereignis trete mit „Chance“ p ein. Wenn es eintritt, erhält man 1000€, sonst<br />
verliert man 500€.<br />
Risikosituation B:<br />
Einführung<br />
Man erhält 1000€, wenn <strong>der</strong> DAX innerhalb <strong>der</strong> nächsten 3 Monate um mindestens<br />
100 Punkte steigt. Wenn nicht, verliert man 500€.<br />
„Man variiere p nun so lange, bis das Individuum gegenüber diesen beiden<br />
Risikosituationen indifferent ist. Dann gibt die Zahl p seine subjektive<br />
Wahrscheinlichkeit da<strong>für</strong> an, dass <strong>der</strong> DAX in den nächsten drei Monaten um<br />
mindestens 100 Punkte steigt.“ (Schira)<br />
Verschiedene Personen werden solche Situationen unterschiedlich bewerten. Das<br />
macht den subjektiven Charakter dieser Wahrscheinlichkeiten aus.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 24
Zusammenfassung<br />
Zufallsvorgänge haben mehr als einen Ausgang; <strong>der</strong> Ausgang ist nicht<br />
vorhersagbar. Die Ausgänge von Zufallsvorgängen werden Ergebnisse genannt;<br />
die Zusammenfassungen solcher Ergebnisse heißen Ereignisse.<br />
Einführung<br />
Mittels des Wahrscheinlichkeitsbegriffs ordnet man den Versuchsausgängen von<br />
Zufallsvorgängen „Chancen“ ihres Eintretens zu. Aus unterschiedlichen<br />
Bewertungsmöglichkeiten dieser Chancen ergeben sich unterschiedliche<br />
Interpretationen.<br />
• klassische Wahrscheinlichkeit („objektiv a priori“ bzw. Laplace-<br />
Wahrscheinlichkeit),<br />
• statistische Wahrscheinlichkeit (objektiv a posteriori),<br />
• subjektive Wahrscheinlichkeit.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 25
Beispiel: Werfen eines Würfel.<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Als Ergebnis notieren wir uns die oben erscheinende Augenzahl, also 1,2,3,4,5 o<strong>der</strong><br />
6. Welche „Chance“ besteht <strong>für</strong> das Werfen einer „6“?<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Bei einem gleichförmigen Würfel erwartet man, dass alle 6 Ergebnisse die gleiche<br />
„Chance“, p , besitzen.<br />
Wesentliche Merkmale: Ein Zufallsvorgang hat endliche viele Versuchsausgänge<br />
und alle haben die gleiche „Chance“.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 26
Die Ergebnisse eines Zufallsexperimentes bezeichnet man als gleichwahrschein-<br />
lich, wenn gemäß Entstehungsprozess <strong>der</strong> Ergebnisse alle als gleichberechtigt<br />
anzusehen sind.<br />
Beispiele<br />
• Ziehung von Zahlen beim Lotto, z.B. 6 aus 49.<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
• Verteilung von Karten beim Kartenspiel, z.B. 5 Karten aus 52 ziehen.<br />
• Auswahl von Teilen bei <strong>der</strong> Qualitätskontrolle.<br />
Die Wahrscheinlichkeit da<strong>für</strong>, dass ein beliebiges Ergebnis (Versuchsausgang)<br />
eintritt, wird dann in Analogie zu obiger Herleitung definiert als<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
Anzahl aller möglichen Ergebnisse<br />
1<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 27
Beispiel: Werfen eines Würfels.<br />
Wie groß ist die „Chance“, „eine 5 o<strong>der</strong> eine 6“ zu würfeln?<br />
Wir zerlegen das Ereignis in zwei Teile.<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Ereignis „5“ „6“ „5 o<strong>der</strong> 6“<br />
„Erwartete Anzahl“ bei 600 Würfen 100 100 100+100=200<br />
o<strong>der</strong><br />
Diese Überlegungen lassen sich auf an<strong>der</strong>e Experimente übertragen.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 28<br />
=
Die Ergebnisse, die in einem Ereignis A zusammengefasst werden, werden <strong>für</strong><br />
A als „günstig“ bezeichnet.<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Ein Zufallsexperiment, das nur endlich viele Ergebnisse annehmen kann und<br />
<strong>für</strong> das alle Ergebnisse „gleichwahrscheinlich“ sind, nennt man ein Laplace-<br />
Experiment. In einem Laplace-Experiment ist die Laplace-Wahrscheinlichkeit<br />
o<strong>der</strong> klassische Wahrscheinlichkeit P(A) <strong>für</strong> ein Ereignis A definiert durch<br />
Sei N die Anzahl <strong>der</strong> Ergebnisse des Experiments. Ein Ergebnis ω tritt dann<br />
1<br />
mit Wahrscheinlichkeit 1/N ein, i.Z. (in Zeichen) P ({ ω})<br />
= .<br />
N<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 29
Beispiel: Dreimaliger Münzwurf.<br />
Eine „faire“ Münze wird dreimal „unabhängig“ voneinan<strong>der</strong> geworfen und es wird<br />
notiert, ob die Münze Wappen, kurz W, o<strong>der</strong> Zahl, kurz Z, anzeigt. Es gibt dann 8<br />
gleichberechtigte Ergebnisse<br />
(W,W,W), (W,W,Z), (W,Z,W), (Z,W,W),<br />
(W,Z,Z), (Z,W,Z), (Z,Z,W), (Z,Z,Z).<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Das Ereignis A = „es wurde genau einmal Zahl geworfen“ tritt in folgenden Fällen<br />
ein<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
(Z,W,W), (W,Z,W), (W,W,Z).<br />
Die Wahrscheinlichkeit, dass A eintritt, ist somit<br />
P<br />
3<br />
8<br />
( A)<br />
= .<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 30
Problem:<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> Ergebnisse von Laplace-Experimenten ist bisweilen schwierig<br />
festzustellen.<br />
Beispiel: Lotto 6 aus 49.<br />
Klassische Wahrscheinlichkeit<br />
Aus 49 Kugeln werden 6 Kugeln zufällig gezogen (Ziehen ohne Zurücklegen).<br />
Der Hauptgewinn kann eingelöst werden, falls alle 6 Kugeln richtig getippt wurden,<br />
wobei die Reihenfolge ihres Erscheinens beim Ziehen keine Rolle spielt.<br />
Frage: Wie viele Möglichkeiten gibt es, 6 aus 49 Kugeln zu ziehen, wobei nicht<br />
zurückgelegt wird und die Reihenfolge nicht berücksichtigt wird?<br />
Das „Auf- bzw. Abzählen“ aller Versuchsausgänge ist hier nicht mehr möglich!<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
Kombinatorische <strong>Grundlagen</strong> hilfreich!<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 31
Kombinatorik<br />
Die Kombinatorik beschäftigt sich mit <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> Anzahl aller möglichen<br />
Zusammenstellungen von Objekten (o<strong>der</strong> Sachverhalten) aus einer endlichen Aus-<br />
gangsmenge von Objekten (o<strong>der</strong> Sachverhalten). Diese Zusammenstellungen<br />
müssen dabei bestimmten Bedingungen genügen.<br />
Ein Objekt (o<strong>der</strong> Sachverhalt) möge sich aus zwei Komponenten zusammensetzen.<br />
Es gebe n 1 Auswahlmöglichkeiten <strong>für</strong> die erste Komponente und n 2 <strong>für</strong> die zweite;<br />
dann kann man insgesamt n 1· n 2 solcher Objekte bilden.<br />
Beispiel<br />
Aus 3 Kandidaten <strong>für</strong> den Innenminister und 4 Kandidaten <strong>für</strong> den Finanzminister<br />
lassen sich 3 · 4 = 12 Besetzungsmöglichkeiten <strong>für</strong> die Ministerposten bilden.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 32
Beispiel: Skatkarten.<br />
Spielkarten sollen mit je einer von 4 „Farben“ (Karo, Herz, Pik, Kreuz) und einem<br />
von 8 „Werten“ (7,8,9,10,B,D,K,A) versehen werden, dann lassen sich 4 · 8 = 32<br />
Karten zusammenstellen.<br />
4 x = 32<br />
8<br />
Abb. aus Wikipedia<br />
Kombinatorik<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 33
Multiplikationssatz <strong>der</strong> Kombinatorik<br />
Kombinatorik<br />
Ein Objekt (o<strong>der</strong> Sachverhalt) möge sich aus k Komponenten zusammensetzen<br />
(bzw. k Sachverhalte erfüllen). Es gebe n 1 Auswahlmöglichkeiten <strong>für</strong> die erste<br />
Komponente, <strong>für</strong> jede Wahl <strong>der</strong> ersten Komponente n 2 Auswahlmöglichkeiten <strong>für</strong><br />
die zweite, …, <strong>für</strong> jede Auswahlmöglichkeit <strong>der</strong> ersten k-1 Komponenten n k<br />
Auswahlmöglichkeiten <strong>für</strong> die k-te Komponente. Dann kann man insgesamt<br />
solcher Objekte bilden.<br />
Beispiel: Autokennzeichen.<br />
n 1· n 2·…. · n k<br />
Wie viele verschiedene KFZ-Kennzeichen lassen sich bilden, wenn ein Kenn-<br />
zeichen aus einem o<strong>der</strong> zwei Buchstaben und einer ein- bis dreistelligen Zahl<br />
bestehen sollen? Lösung: 26·27·10·10·10 = 702 000.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 34
Additionssatz <strong>der</strong> Kombinatorik<br />
Lässt sich eine Menge von Objekten in k Gruppen aufteilen, so dass die Gruppen<br />
keine gemeinsame Objekte besitzen und die Gruppierungen jeweils M 1 , M 2, …, M k<br />
Objekte enthalten, dann ist die Gesamtzahl <strong>der</strong> Objekte gleich<br />
Beispiel: Skatkarten.<br />
M 1+ M 2 +…. + M k.<br />
Kombinatorik<br />
Wie viele Möglichkeiten gibt es, aus den 32 Spielkarten zwei Karten (z.B. „Skat“)<br />
so zusammenzustellen, dass mindestens eine <strong>der</strong> Karten ein Bube ist?<br />
“mind. ein<br />
Bube“<br />
„genau ein<br />
Bube“<br />
„genau zwei<br />
Buben“<br />
4·28=112 (Multiplikationssatz)<br />
Gesamt: 112+6= 118<br />
6 (Auszählen)<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 35
Divisionssatz <strong>der</strong> Kombinatorik<br />
Kombinatorik<br />
Werden bei einer Zusammenstellung von M Ojekten jeweils k als gleichwertig<br />
M<br />
angesehen, dann erhält man die Anzahl <strong>der</strong> zu unterscheidenen Objekte als .<br />
k<br />
Beispiel: Skatkarten.<br />
Wie viele Möglichkeiten gibt es, aus den 32 Spielkarten zwei auszuwählen?<br />
Lösung: Nach dem Multiplikationsprinzip gibt es M=32·31 Möglichkeiten eine<br />
erste und eine zweite Karte auszuwählen. Da es auf die Reihenfolge nicht ankommt,<br />
werden alle Paare doppelt gezählt, z.B.<br />
Gesuchte Anzahl:<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
Karo 7, Herz Bube = Herz Bube, Karo 7.<br />
M<br />
k<br />
32⋅<br />
31<br />
= =<br />
2<br />
496.<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 36
Wichtige mathematische Schreibweisen:<br />
Die Fakultät einer natürlichen Zahl k ist definiert als 0 ! = 1,<br />
1!<br />
= 1 und<br />
k!<br />
= k ⋅ k −1<br />
⋅ k − 2 ⋅K⋅<br />
2⋅1<br />
<strong>für</strong> k>1.<br />
Beispiel: 4 ! = 4 ⋅ 3 ⋅ 2 ⋅ 1 = 24.<br />
( ) ( ) .<br />
Kombinatorik<br />
Für zwei natürliche Zahlen n und N, <strong>für</strong> die n ≤ N ist, bezeichnet ⎜ ⎟ den<br />
Binomialkoeffizient, <strong>der</strong> folgen<strong>der</strong>maßen definiert ist<br />
⎛ N ⎞ N !<br />
⎜ ⎟ = .<br />
⎝ n ⎠ ( N − n)<br />
! ⋅ n!<br />
Aus <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Fakultät ergeben sich u.a. folgende Beziehungen<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
N<br />
0<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
= 1,<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
N<br />
1<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
= N,<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
N<br />
2<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
=<br />
N ⋅(<br />
N −1)<br />
,<br />
2<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 37<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
N<br />
N<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
= 1.<br />
⎛ N ⎞<br />
⎝ n ⎠
Urnenmodell<br />
In einer Urne befinden sich N gleichgroße Kugeln, die man z.B. durch Nummern<br />
voneinan<strong>der</strong> unterscheiden kann. Es werden aus <strong>der</strong> Urne n Kugeln gezogen. Für<br />
den Ziehvorgang gibt es nun verschiedene Varianten.<br />
Viele Laplace-Experimente können auf ein Urnenmodell übertragen werden.<br />
1<br />
7<br />
9<br />
6 8<br />
2<br />
10<br />
5<br />
4<br />
3<br />
mit Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge<br />
mit Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge<br />
Ziehen ohne Zurücklegen<br />
Ziehen mit Zurücklegen<br />
Kombinatorik<br />
ohne Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge<br />
ohne Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 38
Beispiel:<br />
• Lotto 6 aus 49,<br />
• Qualitätssicherung ,<br />
• Marktforschung.<br />
Wichtig: Stichprobe muss gesamte Grundgesamtheit repräsentieren!<br />
Besitzt jede Stichprobe vom Umfang n aus einer Grundgesamtheit vom<br />
Umfang N dieselbe Wahrscheinlichkeit gezogen zu werden, so liegt eine<br />
einfache Zufallsstichprobe vor.<br />
Zur Berechnung <strong>der</strong> Laplace-Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen ist die<br />
Kenntnis <strong>der</strong> Anzahl aller möglichen Stichproben erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Beispiel: 5-maliges Werfen eines Würfels.<br />
Kombinatorik<br />
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem fairen Würfel bei fünf Würfen<br />
erst im fünften Wurf eine 6 zu werfen? „Urnenmodell mit Zurücklegen“<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 39
Modell mit Zurücklegen und mit Berücksichtigung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
(„Variationen mit Wie<strong>der</strong>holung“)<br />
Bei einer Ziehung mit Zurücklegen und mit Berücksichtigung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
Kombinatorik<br />
aus einer Grundgesamtheit vom Umfang N ist die Anzahl <strong>der</strong> möglichen Stich-<br />
proben vom Umfang n gegeben als<br />
V =<br />
n<br />
N , w<br />
Beweis: Anwendung des Multiplikationssatzes <strong>der</strong> Kombinatorik.<br />
Beispiel (fortgesetzt): 5-maliges Werfen eines Würfels.<br />
Es gibt 6 7776 verschiedene Wurfergebnisse. „Günstig“ sind die, bei denen<br />
4-mal keine „6“ und dann eine „6“ fällt. Gesuchte Wahrscheinlichkeit<br />
5 5<br />
V6<br />
, w = =<br />
4-mal keine „6“ und dann eine „6“ fällt. Gesuchte Wahrscheinlichkeit<br />
V<br />
4<br />
5,<br />
w<br />
5<br />
6,<br />
w<br />
V<br />
⋅1<br />
5<br />
=<br />
6<br />
4<br />
5<br />
=<br />
625<br />
7776<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 40<br />
N<br />
=<br />
n<br />
.<br />
0.<br />
08.
Modell ohne Zurücklegen und mit Berücksichtigung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
(„Variationen ohne Wie<strong>der</strong>holung“)<br />
Kombinatorik<br />
Bei einer Ziehung ohne Zurücklegen und mit Berücksichtigung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
aus einer Grundgesamtheit vom Umfang N ist die Anzahl <strong>der</strong> möglichen Stich-<br />
proben vom Umfang n gegeben als<br />
V n<br />
N<br />
= N ⋅(<br />
N −1)<br />
⋅...<br />
⋅(<br />
N −n<br />
+ 1)<br />
=<br />
n Faktoren<br />
N<br />
N<br />
( ) .<br />
−n<br />
!<br />
Beweis: Anwendung des Multiplikationssatzes <strong>der</strong> Kombinatorik.<br />
Welche Variationen lassen sich bei <strong>der</strong> Auswahl von 2 Elementen aus den Buchstaben<br />
a, b, c, d bilden:<br />
ab, ba, ac, ca, ad, da, bc, cb, bd, db, cd, dc.<br />
Anzahl ist gleich 12 = 4·3 <strong>für</strong> N=4 und n=2.<br />
Beispiel: Wie viele 4-stellige Geheimzahlen lassen sich aus den Ziffern 0, …,9<br />
bilden, wenn keine Ziffer zweimal auftreten darf?<br />
4 Lösung: V<br />
= 10⋅9⋅8⋅<br />
7 = 5040.<br />
10<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 41<br />
!
Die Anzahl von Möglichkeiten, N unterscheidbare Objekte <strong>der</strong> Reihe nach anzu-<br />
ordnen beträgt<br />
P N<br />
= N!<br />
= N ⋅(<br />
N −1)<br />
⋅...<br />
⋅2⋅1.<br />
Diese Anordnungsmöglichkeiten werden Permutationen genannt.<br />
Beweis: Anwendung des Multiplikationssatzes <strong>der</strong> Kombinatorik.<br />
Kombinatorik<br />
Permutationen Anzahl<br />
a, b ab, ba 2<br />
a, b, c abc, acb, bac, bca, cab, cba 6<br />
a, b, c, d abcd, abdc, acbd, acdb, adbc, adcb, bacd, …, dcab, dcba 24<br />
Beispiel: Scrabble.<br />
Wie viele verschiedene Worte lassen sich aus den Buchstaben a, b, c, d, e<br />
bilden, wenn je<strong>der</strong> Buchstabe genau einmal benutzt werden soll.<br />
Lösung: P 5=5! = 120.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 42
Modell ohne Zurücklegen und ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
(„Kombinationen ohne Wie<strong>der</strong>holung“)<br />
Kombinatorik<br />
Bei einer Ziehung ohne Zurücklegen aus einer Grundgesamtheit vom Umfang N<br />
ist die Anzahl <strong>der</strong> möglichen Stichproben vom Umfang n, wenn zwischen den<br />
Anordnungen <strong>der</strong> Objekte in <strong>der</strong> Stichprobe nicht unterschieden wird, gegeben als<br />
C<br />
n<br />
N<br />
=<br />
V<br />
P<br />
n<br />
N<br />
n<br />
N!<br />
1 ⎛ N<br />
= ⋅ = ⎜<br />
( N − n)!<br />
n!<br />
⎝ n<br />
Beweis: Modell mit Zurücklegen und Divisionssatz <strong>der</strong> Kombinatorik.<br />
C<br />
n<br />
N<br />
ist die Anzahl, n Objekte (Kugeln, Zahlen, Buchstaben, etc.) aus einer<br />
Grundgesamtheit von N Objekten auszuwählen, wobei die Reihenfolge <strong>der</strong> Auswahl<br />
keine Rolle spielt. Anwendungen:<br />
• Lotto, Kartenspiel,<br />
• Qualitätskontrolle.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 43<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
.
Kombinatorik<br />
Beispiel: Scrabble.<br />
Wie viele Möglichkeiten gibt es, 3 Buchstaben aus den Buchstaben a,b,c,d und e<br />
(ungeordnet) auszuwählen, wenn je<strong>der</strong> Buchstabe maximal einmal ausgewählt<br />
werden darf.<br />
Lösung 1: Anwendung <strong>der</strong> Formel<br />
⎛5⎞<br />
5⋅<br />
4⋅<br />
3<br />
⎜ ⎟ = = 10 .<br />
⎝3⎠<br />
1 ⋅ ⋅2<br />
⋅ ⋅3<br />
Lösung 2: Aufzählung<br />
abc, abd, abe, acd, ace, ade, bcd, bce, bde, dce.<br />
Anzahl=10.<br />
Anmerkung: Hier ist abc = cab etc.<br />
Beispiel: Lotto 6 aus 49.<br />
Anzahl <strong>der</strong> Tippmöglichkeiten bei <strong>der</strong> Lotterie 6 aus 49?<br />
⎛49<br />
⎞<br />
⎜ ⎟ = 13<br />
⎝ 6 ⎠<br />
983816<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 44
Beispiel: Qualitätskontrolle.<br />
Kombinatorik<br />
Im Rahmen einer Qualitätskontrolle wird nicht jedes, son<strong>der</strong>n nur jedes zweite von<br />
insgesamt 20 Teilen kontrolliert. Wenn es einen Ausschussanteil von 10% gibt, wie<br />
groß ist die Wahrscheinlichkeit, in <strong>der</strong> Stichprobe mindestens ein defektes Teil zu<br />
finden.<br />
Lösung: Unter den 20 Teilen soll es 18 „gute“ und 2 „defekte“ Teile geben. Insgesamt<br />
sind 10 Teile aus den 20 (zufällig) auszuwählen. Anzuwenden sind<br />
• <strong>der</strong> Additionssatz <strong>der</strong> Kombinatorik,<br />
• <strong>der</strong> Multiplikationssatz <strong>der</strong> Kombinatorik,<br />
• die Berechnungsformel <strong>für</strong> Kombinationen (ungeordnete Auswahl von Elementen),<br />
• die Berechnungsformel <strong>für</strong> die klassische Wahrscheinlichkeit.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 45
Betrachten folgende Ereignisse<br />
A = „mindestens ein defektes Teil in Stichprobe“,<br />
A 1= „genau ein defektes Teil in Stichprobe“,<br />
A 2 = „genau zwei defekte Teile in Stichprobe“.<br />
M, M 1 und M 2 seien die Anzahl <strong>der</strong> zugehörigen „günstigen“ Ergebnisse und<br />
Kombinatorik<br />
N sei die Anzahl aller Auswahlmöglichkeiten von 10 aus den 20 Teilen. Dann ist<br />
⎛20<br />
⎞<br />
N = ⎜ ⎟ = 184 756<br />
⎝10<br />
⎠<br />
und<br />
⎛18⎞<br />
⎛2⎞<br />
M1<br />
= ⎜ ⎟ ⋅⎜<br />
⎟ = 48 620⋅<br />
2 = 97 240<br />
⎝ 9 ⎠ ⎝1<br />
⎠<br />
und M<br />
⎛18⎞<br />
⎛2<br />
⎞<br />
= ⎜ ⎟ ⋅⎜<br />
⎟ = 43 758⋅1.<br />
⎝ 8 ⎠ ⎝2<br />
⎠<br />
Da sich M 1 und M 2 gegenseitig ausschließen gilt nach dem Additionsatz <strong>der</strong><br />
Kombinatorik M= M 1+ M 2 und damit<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
P(<br />
A)<br />
=<br />
M<br />
N<br />
=<br />
M<br />
+ M<br />
N<br />
97 240 + 43 758<br />
184 756<br />
1 2 =<br />
=<br />
2<br />
0.<br />
7632.<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 46
Modell mit Zurücklegen und ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> Reihenfolge<br />
(„Kombinationen mit Wie<strong>der</strong>holung“)<br />
Kombinatorik<br />
Bei einer Ziehung mit Zurücklegen aus einer Grundgesamtheit vom Umfang N ist<br />
die Anzahl <strong>der</strong> möglichen Stichproben vom Umfang n, wenn zwischen den An-<br />
ordnungen <strong>der</strong> Objekte in <strong>der</strong> Stichprobe nicht unterschieden wird, gegeben als<br />
C ,<br />
n<br />
N w<br />
⎛ N + n −1⎞<br />
= ⎜ ⎟ .<br />
⎝ n ⎠<br />
Beispiel: Wie viele verschiedene Würfelergebnisse gibt es beim Wurf von 2 nicht<br />
unterscheidbaren Würfeln? Sind alle Ergebnisse gleichwahrscheinlich?<br />
Lösung 1: Aufzählung.<br />
(1,1), (1,2), (1,3), (1,4), (1,5), (1,6), (2,2), (2,3), (2,4), (2,5), (2,6), (3,3), (3,4), (3,5),<br />
(3,6), (4,4), (4,5), (4,6), (5,5), (5,6), (6,6). Anzahl: 21<br />
Lösung 2: Anwendung <strong>der</strong> Formel.<br />
⎛6 +<br />
2 −1⎞<br />
⎛7<br />
⎞ 7⋅<br />
6<br />
⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ = =<br />
⎝ 2 ⎠ ⎝2<br />
⎠ 1⋅<br />
2<br />
Anmerkung: Die Ergebnisse sind nicht gleichwahrscheinlich.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 47<br />
21.
Zusammenfassung<br />
• Berechnung <strong>der</strong> klassischen/Laplace-Wahrscheinlichkeit, falls alle Ergebnisse<br />
des Zufallsexperiments gleichwahrscheinlich sind:<br />
P<br />
( A ) =<br />
Anzahl <strong>der</strong> <strong>für</strong> A günstigen Ergebnisse<br />
Anzahl aller möglichen Ergebnisse<br />
• Multiplikationssatz, Additionssatz, Divisionssatz <strong>der</strong> Kombinatorik.<br />
Zusammenfassung <strong>der</strong> kombinatorischen Resultate<br />
Stichprobenanzahl ohne Zurücklegen mit Zurücklegen<br />
mit Berücksichtigung N !<br />
n<br />
N<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge ( N − n)<br />
)!<br />
ohne Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Reihenfolge<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
N<br />
n<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎛ N + n −1⎞<br />
⎜<br />
⎝ n<br />
⎟<br />
⎠<br />
Kombinatorik<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 48
Mengen und Mengenoperationen<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
Die Mengenschreibweise erlaubt es, Verknüpfungen von bzw. Zusammenhänge<br />
zwischen Ereignissen kurz und prägnant darzustellen.<br />
Beispiel: Zuverlässigkeit von Systemen.<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
Ein Gerät besteht aus den drei Bauteilen B 1, B 2 und B 3. Es sei A k das Ereignis<br />
A k = „Bauteil B k fällt innerhalb <strong>der</strong> nächsten 6 Monate aus“.<br />
B B1 B 2<br />
B 3<br />
Das Gesamtsystem fällt dann<br />
aus, vgl. Diagramm, wenn B3 o<strong>der</strong><br />
beide Bauteile B1 und B2 ausfallen.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 49
Rechnen mit Ereignissen<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Analyse eines Zufallsvorganges ist es oft hilfreich, zunächst alle<br />
möglichen Ergebnisse anzugeben. Dazu benutzt man die Mengenschreibweise.<br />
Eine Menge ist eine Zusammenfassung verschiedener Objekte zu einem Ganzen.<br />
Die einzelnen Objekte in <strong>der</strong> Menge werden Elemente genannt. Wenn x in <strong>der</strong><br />
Menge A liegt schreibt man auch x ∈ A , an<strong>der</strong>nfalls x ∉ A .<br />
Mengen können angegeben werden, indem alle Elemente, durch Komma<br />
getrennt, in geschweiften Klammern aufgelistet werden. Sie werden oft mit großen<br />
(lateinischen o<strong>der</strong> griechischen) Buchstaben bezeichnet.<br />
Mengenschreibweise <strong>für</strong> Menge, die<br />
A = {2,3,4} 2, 3 und 4 enthält.<br />
B = {Zahl,Wappen} „Zahl“ und „Wappen“, die Ergebnisse <strong>der</strong><br />
Münzwurfexperiments, enthält.<br />
C = { 1,2,…,10 } die natürlichen Zahlen von 1 bis 10 enthält.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 50
Spezielle Mengen<br />
• Menge aller natürlichen Zahlen (ohne „0“):<br />
• Menge aller natürlichen Zahlen inkl. „0“:<br />
• Menge aller reellen Zahlen:<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
Intervalle umfassen alle reellen Zahlen x, die die folgenden Bedingungen erfüllen:<br />
und x ist kleiner als b x ist kleiner o<strong>der</strong> gleich b<br />
x ist größer als a (a,b) (a,b]<br />
x ist größer o<strong>der</strong> gleich a [a,b) [a,b]<br />
Auf die Reihenfolge, in <strong>der</strong> die Elemente einer Menge aufgelistet werden, kommt es<br />
nicht an, also { 2, 3, 4 } = { 3, 4, 2 } = { 4, 3, 2 },<br />
son<strong>der</strong>n nur auf die Elemente { 2, 3, 4 } ≠ { 3, 2, 5} ≠ { 2, 3 }.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 51
Rechnen mit Ereignissen<br />
Man beachte: Jedes Element einer Menge wird nur einmal aufgezählt. Die<br />
Reihenfolge, in <strong>der</strong> die Mengenelemente angegeben werden, ist nicht relevant.<br />
A und B seien Mengen. A heißt Teilmenge von B, wenn jedes Element von A auch in<br />
A ⊂ B<br />
B enthalten ist, in Zeichen (i.Z.) .<br />
{ 2,<br />
4}<br />
⊂ { 1,<br />
2,<br />
3,<br />
4,<br />
5,<br />
6}<br />
{ 2,<br />
7}<br />
⊄ { 1,<br />
2,<br />
3,<br />
4,<br />
5,<br />
6}<br />
Beispiel: , aber .<br />
In Venn-Diagrammen werden Mengen durch ebene geometrische Figuren, oft<br />
Ellipsen o<strong>der</strong> Rechtecke, repräsentiert. Sie eignen sich dazu, Beziehungen<br />
zwischen Mengen grafisch zu veranschaulichen.<br />
A ⊂<br />
B<br />
B<br />
A<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 52<br />
Ω
Rechnen mit Ereignissen<br />
Die Mächtigkeit einer Menge A gibt an, wie viele Elemente in A enthalten sind;<br />
{ } .<br />
i.Z. | A | = # x : x∈<br />
A # steht hierbei <strong>für</strong> „Anzahl <strong>der</strong> Elemente“.<br />
Beispiele: |{ 1,2,3,4,5,6}| = 6; |{2,7}|=2; |{Kopf, Wappen}| = 2.<br />
Die Schnittmenge zweier Mengen A und B ist die Menge aller Elemente, die sowohl<br />
in A als auch in B enthalten sind; i.Z.<br />
A∩ B = { x : x∈<br />
A und x∈<br />
B }.<br />
Man spricht auch vom Durchschnitt von A und B.<br />
A<br />
A ∩B<br />
B<br />
Ω<br />
Beispiel:<br />
{Peter, Paul, Mary} {Paul, Sven, Peter} =<br />
{Peter, Paul}<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 53
Rechnen mit Ereignissen<br />
Die Menge, die kein Element enthält, ist die sogenannte leere Menge. Sie wird mit<br />
∅ { }<br />
bezeichnet, d.h. ∅ = .<br />
Zwei Mengen A und B, die kein gemeinsames Element besitzen, heißen<br />
durchschnittsfremd o<strong>der</strong> disjunkt. Es gilt A ∩ B = { }= }= ∅ .<br />
Die Vereinigungsmenge zweier Mengen A und B ist die Menge aller Elemente, die in<br />
A o<strong>der</strong> B, d.h. mindestens einer <strong>der</strong> Mengen, enthalten sind; i.Z.<br />
A∪ B = { x : x ∈ A o<strong>der</strong> x∈<br />
B }.<br />
A B<br />
A ∪B<br />
Ω<br />
Beispiel:<br />
{Peter, Paul, Mary} {Paul, Sven, Peter} =<br />
{Peter, Paul, Mary, Sven}<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 54
Rechnen mit Ereignissen<br />
Die Differenzmenge <strong>der</strong> Mengen A und B ist die Menge aller Elemente, die in<br />
A, aber nicht in B enthalten sind; i.Z. A \ B = { x : x∈<br />
A und x ∉ B }.<br />
A<br />
Beispiel:<br />
A \ B<br />
B<br />
{Peter, Paul, Mary}\{Paul, Sven, Peter} =<br />
{Mary}<br />
Ω<br />
Für A ⊂ Ω ist die Komplementärmenge von A bzgl. Ω die Menge aller Elemente<br />
von Ω, die nicht in A enthalten sind; i.Z. A = Ω \ A.<br />
A<br />
A<br />
Ω<br />
Beispiel: Sei A={Peter, Paul, Mary} und<br />
Ω={Paul, Sven, Peter, Mary, Thomas},<br />
dann ist<br />
A =<br />
Ω \ A = { Sven, Thomas }.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 55
Aus den Definitionen von Schnittmenge, Differenzmenge und<br />
Komplementärmenge folgt auch<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
{ x : x∈<br />
A und x∉<br />
B } = { x : x∈<br />
A und x∈<br />
B } = A .<br />
A \ B =<br />
∩ B<br />
Die Potenzmenge einer Menge A ist die Menge aller Teilmengen von A; i.Z.<br />
℘ A = M : M ⊂ A<br />
( ) { }.<br />
Beispiel: Gegeben sei die Menge A = {1, 2, 3}. Dann lautet die Potenzmenge<br />
von A<br />
℘( A)<br />
= { ∅,<br />
{ 1}<br />
, { 2}<br />
, { 3}<br />
, { 1,<br />
2}<br />
, { 2,<br />
3}<br />
, { 1,<br />
3}<br />
, { 1,<br />
2,<br />
3}<br />
}.<br />
Bemerkungen:<br />
• Die Menge selbst und die leere Menge sind immer in <strong>der</strong> Potenzmenge enthalten.<br />
• Falls |A| < ∞, dann gilt:<br />
2 A<br />
℘<br />
A =<br />
( ) .<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 56
Rechenregeln <strong>für</strong> Mengen<br />
1. Kommutativgesetze:<br />
A∩ B = B ∩ A,<br />
A∪<br />
B = B ∪ A,<br />
A B C A B ∩C<br />
2. Assoziativgesetze: ( ∩ ) ∩ = ∩ ( ),<br />
( A ∪ B ) ∪ C = A ∪ ( B ∪ C C),<br />
),<br />
3. Distributivgesetze: ( A∪ B)<br />
∩C<br />
= ( A∩<br />
C)<br />
∪(<br />
B ∩C<br />
),<br />
( A∩ B)<br />
∪C<br />
= ( A∪<br />
C)<br />
∩(<br />
B ∪C<br />
).<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
Für den Durchschnitt und die Vereinigung von Mengen gelten ähnliche<br />
Rechengesetze wie <strong>für</strong> die Addition und Multiplikation reeller Zahlen. Man<br />
beachte aber z.B., dass A \ B ≠ B \ A.<br />
4. De Morgansche Regeln: A∪ B = A ∩ B,<br />
5. Mengendifferenz:<br />
A∩ B = A ∪<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 57<br />
B.<br />
A \ B =<br />
( A∪<br />
B)<br />
\ B = A \ ( A∩<br />
B).
Beispiel: De Morgansche Regel<br />
A∪ B = A ∩<br />
B<br />
A∪ B<br />
A∪ B<br />
A<br />
B.<br />
B<br />
A∪ B<br />
A ∪ B =<br />
A = o<strong>der</strong><br />
A ∪ B<br />
=<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 58<br />
B<br />
A∪<br />
B<br />
=<br />
=<br />
A<br />
A<br />
o<strong>der</strong><br />
B
Die De Morganschen Regeln gelten auch <strong>für</strong> mehr als zwei Mengen, z.B.<br />
Zusammenfassung<br />
A∪ B ∪C<br />
= A ∩ B ∩C<br />
.<br />
Rechnen mit Ereignissen<br />
• Mengen sind Zusammenfassungen von Objekten; diese Objekte heißen<br />
Elemente. Mengen, die sich ausschließlich aus Elementen einer an<strong>der</strong>en Menge<br />
zusammensetzen sind Teilmengen dieser Menge.<br />
• Mit den Operationen Komplement, Durchschnitt, Vereinigung und Differenz<br />
lassen sich aus Mengen neue Mengen bilden.<br />
• Für die Operationen gelten Rechenregeln, z.B. die De Morganschen Regeln.<br />
• Zusammenhänge zwischen Mengen und die Rechenregeln lassen sich durch<br />
Venn-Diagramme veranschaulichen.<br />
• Mengen dienen <strong>der</strong> Angabe aller Ergebnisse eines Zufallsvorgangs und zur<br />
Beschreibung von Ereignissen.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 59
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Axiomatik und Rechenregeln <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit<br />
Grundbegriffe<br />
Der Ergebnisraum (auch Ereignisraum, Grundraum o<strong>der</strong> Stichprobenraum) ist<br />
die Menge aller möglichen Ergebnisse eines Zufallsvorgangs.<br />
Der Ergebnisraum wird üblicherweise mit Ω bezeichnet.<br />
Besteht Ω aus höchstens abzählbar vielen Elementen - d.h. man kann sie<br />
durchnummerieren, ω ω , ω , K - so sprechen wir von einem diskreten<br />
Ergebnisraum.<br />
Beispiele<br />
1,<br />
2 3<br />
• Münzwurf: Ω = { Zahl, Wappen },<br />
• Klausurpunktezahl: z.B. Ω = { 0, 1, 2, ..., 100 },<br />
• Einschätzung des Sachverständigenrates zur Konjunkturentwicklung:<br />
z.B. Ω = { „positive Entwicklung“, „unverän<strong>der</strong>t“, „negative Entwicklung“ }<br />
• Lebensdauer einer CD: Ω = [ 0, ∞).<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 60
Beispiel: Zweimaliges Werfen eines Würfels.<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Ein Ereignis ist eine Teilmenge des Ergebnisraumes, d.h. ein Ereignis ist eine<br />
Zusammenfassung von möglichen Versuchsausgängen eines Zufallsvorgangs.<br />
Ergebnisse dieses Experiments schreibt man gewöhnlich als geordnetes Paar (x,y),<br />
wobei x und y <strong>für</strong> die Augenzahl des ersten bzw. zweiten Wurfes stehen. Der<br />
Ergebnisraum ist dann<br />
Ω = {(1,1), (1,2), (1,3), (1,4), (1,5), (1,6), (2,1), (2,2),…,(6,4), (6,5), (6,6)}.<br />
Ereignisse kann man dann sowohl sprachlich als auch mengenmäßig ausdrücken:<br />
A = { mindestens eine gewürfelte Augenzahl ist gleich 6 }<br />
= { (6,1), (6,2), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6), (1,6), (2,6), (3,6), (4,6), (5,6)}.<br />
B = { Summe <strong>der</strong> beiden gewürfelten Augenzahlen ist gleich 7 }<br />
= { (1,6), (2,5), (3,4), (4,3), (5,2), (6,1) }.<br />
I.Steinke, T.Stocker<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 61
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Man beachte, dass bei geordneten Paaren die Reihenfolge <strong>der</strong> Elemente im<br />
Gegensatz zu Mengen eine Rolle spielt: (2,3) ≠(3,2), aber {2,3} = {3,2}.<br />
Ob (a,b) <strong>für</strong> ein geordnetes Paar o<strong>der</strong> ein Intervall steht, erschießt sich i.A. aus dem<br />
Kontext. Ein geordnetes Tripel bezeichnet man mit (x,y,z) und ein (geordnetes)<br />
k-Tupel mit (x (x1, 1, x x2,…, 2,…, x xk). k).<br />
Die einelementigen Ereignisse von Ω heißen Elementarereignisse.<br />
Das Ereignis Ω heißt sicheres Ereignis, das zugehörige Komplementärereignis<br />
Ω = ∅ unmögliches Ereignis.<br />
Sind A und B sich gegenseitig ausschließende Ereignisse heißen sie disjunkt,<br />
d.h. es gilt: A∩<br />
B = ∅.<br />
Beispiel (fortgesetzt): Zweimaliges Werfen eines Würfels.<br />
{(4,3)} ist ein Elementarereignis. Das gleichzeitige Eintreten von zwei Ereignissen<br />
entspricht dem Durchschnitt <strong>der</strong> sie repräsentierenden Mengen, z.B.<br />
A∩<br />
B = {( 6,<br />
1),<br />
( 1,<br />
6)}.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 62
Laplace-Wahrscheinlichkeiten in Mengenschreibweise<br />
{ }<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
In einem Laplace-Experiment mit ω ω , , ω wurde die Wahrschein-<br />
K = Ω<br />
1,<br />
2<br />
lichkeit eines Ereignisses A folgen<strong>der</strong>maßen eingeführt:<br />
P(<br />
A)<br />
=<br />
Damit ist P(A)≥0 und P(Ω)=1.<br />
Anzahl <strong>der</strong> <strong>für</strong> A günstigen Ergebnisse<br />
Anzahl aller möglichen Ergebnisse<br />
Wenn A und B disjunkte Ereignisse sind, dann gilt nach dem Additionssatz <strong>der</strong><br />
Kombinatorik<br />
{ x : x ∈ A o<strong>der</strong> x ∈ B } = A .<br />
| A ∪ B | =<br />
+ B<br />
Damit gilt<br />
P ( A∪<br />
B)<br />
=<br />
A∪<br />
B<br />
=<br />
Ω<br />
A + B A B<br />
= + = P(<br />
A)<br />
+ P(<br />
B).<br />
Ω Ω Ω<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 63<br />
N<br />
=<br />
A<br />
Ω<br />
.
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Es bezeichne Ω eine endliche Ereignismenge. Die Teilmengen von Ω sind<br />
dann Ereignisse.<br />
Ω sei eine endliche Menge. Eine Funktion P, die den Teilmengen von Ω<br />
reelle Zahlen zuordnet und die Eigenschaften<br />
(K1)<br />
(K2)<br />
(K3)<br />
P<br />
( A)<br />
≥ 0,<br />
( ) ,<br />
P Ω = 1<br />
(Normierungsaxiom)<br />
<strong>für</strong> beliebige disjunkte Mengen A, B ⊂ Ω gilt<br />
( A∪<br />
B)<br />
= P(<br />
A)<br />
P(<br />
B),<br />
P +<br />
(Additionsaxiom)<br />
erfüllt, heißt Wahrscheinlichkeitsmaß auf <strong>der</strong> Potenzmenge von Ω und die<br />
Funktionswerte von P heißen Wahrscheinlichkeiten.<br />
Die aufgeführten Regeln entsprechen den Axiomen von Kolmogoroff.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 64
Ω P(A)<br />
A<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
„Ein Wahrscheinlichkeitsmaß ist eine Funktion,<br />
die den Teilmengen einer Menge unter Einhal-<br />
tung <strong>der</strong> Kolmogoroffschen Axiomatik Zahlen<br />
zwischen 0 und 1 zuordnet, die als Wahrscheinlichkeiten<br />
bezeichnet werden.“<br />
Aus den Axiomen leiten sich weitere Eigenschaften <strong>für</strong> die Wahrscheinlichkeiten ab,<br />
z.B. dass sie stets zwischen 0 und 1 liegen müssen.<br />
Herleitung dieser Aussage:<br />
Aus (K1) folgt sowohl P(<br />
A)<br />
≥ 0 als auch P(<br />
A)<br />
≥ 0 und P(<br />
A)<br />
≤1<br />
folgt aus (K2),<br />
(K3) und<br />
1 = P Ω = P(<br />
A)<br />
+ P(<br />
A)<br />
≥ P(<br />
A)<br />
( ) .<br />
Auf analoge Weise lassen sich weitere Rechenregeln <strong>für</strong> P nachweisen:<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 65
Rechenregeln <strong>für</strong> Wahrscheinlichkeiten<br />
Sei Ω ein Ereignisraum, dann gilt:<br />
( ) 1<br />
1. 0 ≤ P A ≤ <strong>für</strong> A ⊂ Ω ,<br />
2. P(<br />
∅)<br />
= 0,<br />
( ) ( ) ,<br />
3. P A ≤ P B falls A ⊂ B und A,<br />
B ⊂ Ω,<br />
( ) ( )<br />
4. P A =1 − P A mit A = Ω \ A,<br />
( ) ( ) ( ) ( ),<br />
5. P A ∪ A ∪K∪<br />
A = P A + P A + K+<br />
P A falls<br />
1 2<br />
k<br />
1 2<br />
k<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
A 1 , A A2<br />
, K , A Ak<br />
paarweise disjunkt sind, d.h. A Ai ∩ A Aj<br />
= ∅ <strong>für</strong> i ≠ j<br />
und ⊂ Ω , i,<br />
j = 1,<br />
K,<br />
k,<br />
A i<br />
6. P( A∪<br />
B)<br />
= P(<br />
A)<br />
+ P(<br />
B)<br />
− P(<br />
A∩<br />
B).<br />
Beweis folgt aus <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Axiome von Kolmogoroff.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 66
Beispiele <strong>für</strong> die Anwendungen <strong>der</strong> Rechenregeln.<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 67
Axiomatik und Rechenregeln<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 68
Unendlicher Ergebnisraum<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Oft ist <strong>der</strong> Ergebnisraum eines Zufallsvorgangs nicht endlich. Bei durch Messung<br />
erhobenen Werten werden die Einschränkungen durch die Messgenauigkeit<br />
gewöhnlich ignoriert.<br />
Beispiele<br />
• Die Lebensdauer eines Bauteils kann eine beliebige positive reelle Zahl sein.<br />
• Renditen von Aktien und Temperaturmesswerte können innerhalb bestimmter<br />
Intervallgrenzen alle Werte annehmen.<br />
• „Unendlicher Münzwurf“: Eine Münze werde so oft geworfen, bis das erste<br />
Mal „Zahl“ erscheint. Das Versuchsergebnis, die Anzahl <strong>der</strong> notwendigen<br />
Würfe, kann dann eine beliebige positive ganze Zahl sein.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 69
Wenn ein unendlicher Ereignisraum Ω vorliegt, dann muss bei den<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Kolmogoroffschen Axiomen zur Definition des Wahrscheinlichkeitsmaßes (K3)<br />
durch ersetzt werden:<br />
stellt ein Verallgemeinerung von (K3) dar; daher behalten alle angeführten<br />
Rechenregeln ihre Gültigkeit.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 70
Beispiel (fortgesetzt): Unendlicher Münzwurf.<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das erste Mal „Zahl“ mit einem geraden<br />
Wurf geworfen wird?<br />
Lösung: Der Ergebnisraum ist Ω={ 1, 2, 3, 4, …}. Mit Mitteln <strong>der</strong> klassischen<br />
Wahrscheinlichkeit kann man zeigen, dass<br />
1<br />
P ({ k})<br />
= k<br />
2<br />
also P({1})=1/2, P({2})=1/4, P({3})=1/8, etc. Dann gilt <strong>für</strong><br />
A = { „Zahl“ mit geraden Wurf geworfen } = {2, 4, 6, 8, 10, …},<br />
P<br />
( A ) = P ({ 2 , 4 , 6 , 8 ,...}) = P ({ 2 }) + P ({ 4 }) + P ({ 6 }) + P ({ 8 }) + ...<br />
=<br />
1<br />
4<br />
+<br />
1<br />
16<br />
+<br />
1<br />
64<br />
+<br />
1<br />
256<br />
+ ... =<br />
1<br />
.<br />
3<br />
,<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 71
Überabzählbarer Ergebnisraum<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
• Eine Menge heißt überabzählbar, wenn sie eine größere Mächtigkeit besitzt als<br />
die Menge <strong>der</strong> natürlichen Zahlen; die Elemente dieser Menge können nicht mehr<br />
mit natürlichen Zahlen durchnummeriert werden. Intervalle sind z.B. überab-<br />
zählbar.<br />
• Für Zufallsexperimente mit überabzählbarem Ergebnisraum Ω ist es i.A. nicht<br />
möglich, eine Funktion P mit den Eigenschaften (K1), (K2) und zu finden, die<br />
auf allen Teilmengen von Ω definiert ist.<br />
• Die Definition von P muss dann auf ein System von Teilmengen von Ω<br />
eingeschränkt werden, das in <strong>der</strong> Literatur als Ereignisfeld o<strong>der</strong> Sigma-Algebra<br />
bezeichnet wird.<br />
• Für die meisten praktischen Anwendungen ist diese Einschränkung nicht von<br />
Bedeutung.<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 72
Zusammenfassung:<br />
Axiomatik und Rechenregeln<br />
• Ein Wahrscheinlichkeitsmaß weist den Ereignissen (Teilmengen) des<br />
Ereignisraumes Werte zwischen 0 und 1 zu, die die „Chance“ <strong>für</strong> das Eintreten<br />
dieser Ereignisse beschreiben. Diese Werte bezeichnen wir dann als<br />
Wahrscheinlichkeiten.<br />
• Für diese Zuweisung müssen dabei die Axiome von Kolmogoroff (K1)- (K3)<br />
bzw. gelten.<br />
• Aus den Axiomen leiten sich Rechenregeln ab, z.B.<br />
( A)<br />
P(<br />
B)<br />
<strong>für</strong><br />
P ≤ , A ⊂ B,<br />
( A ) =1 P ( A ) mit<br />
P =1 − A = Ω \ A,<br />
( A∪<br />
B)<br />
= P(<br />
A)<br />
+ P(<br />
B)<br />
− P(<br />
A B).<br />
P ∩<br />
I.Steinke, T.Stocker <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsrechnung 73