13_LB178.pdf - Lübeckische Blätter
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Leserbrief<br />
Betr. Leserbrief Tribess, LBll, Heft 12, 15.<br />
Juni <strong>13</strong>, S. 202<br />
Der Leserbrief von Dr. Tribess zu dem<br />
sehr objektiven und vor allem kritischen<br />
Bericht von Hagen Scheffler über das Dialogforum<br />
in Sachen fester Fehmarnbeltquerung<br />
in den <strong>Lübeckische</strong>n <strong>Blätter</strong>n verlangt<br />
wegen der zahlreichen Ungereimtheiten<br />
eine sachlich fundierte Antwort. Vorweg:<br />
Ich war bei den meisten Demonstrationen<br />
persönlich anwesend. Es waren immer weit<br />
über hundert Demonstranten anwesend. Soweit<br />
zur Objektivität und Sachlichkeit des<br />
Briefinhaltes. Wie betroffen die Bevölkerung<br />
Ostholsteins wirklich auf die Querung<br />
und vor allem auf die Hinterlandanbindung<br />
reagiert, beweisen vor allem die über<br />
8.300 Einwendungen im Raumordnungsverfahren<br />
des Landes. Damit dürfte die im<br />
Raume schwebende Unterstellung von wenigen<br />
ewigen Bedenkenträgern wohl vom<br />
Tisch sein. Zu den weiteren aufgeführten<br />
Thesen folgende belegbare Fakten.<br />
In den letzten 20 Jahren hat sich die<br />
wirtschaftliche Entwicklung Dänemarks<br />
von dem einstigen Zentrum um Kopenhagen<br />
auf Seeland zum ehemaligen reinen<br />
Agrarland und Armenhaus Jütland verlagert.<br />
So ist aus amtlichen dänischen Quellen<br />
zu entnehmen, dass heutzutage 75 Prozent<br />
der dänischen Exporte nach Deutschland<br />
aus Jütland stammen. Kopenhagen hat<br />
diese einstige Vormachtstellung trotz der<br />
Brückenverbindung nach Jütland schon<br />
lange verloren. Wenn man nun einer EU-<br />
Forderung nachzukommen verpflichtet<br />
ist und bis 2015 eine Vorzugstrasse für den<br />
europäischen Güterverkehr in Schleswig-<br />
Holstein vorweisen muss, ist das fast eigentlich<br />
überflüssig, denn diese besteht bereits<br />
real von Jütland über Flensburg nach<br />
Hamburg.<br />
Wenn aber die Politik die zu bauende<br />
neue Fehmarnbeltquerung dafür privilegiert<br />
und diese Vorzugstrasse dann für alle<br />
skandinavischen Züge gelten sollte, würde<br />
sich der Weg für die Güterzüge aus Jütland<br />
um 160 km verlängern und nicht wie<br />
erwartet verkürzen. Fazit, die Speditionen<br />
Jütlands verladen dann nicht mehr auf die<br />
Schiene. Einräumen könnte man allenfalls,<br />
dass Schweden Vorteile durch eine Bahnstrecke<br />
über Fehmarn hätte. Wieso aber<br />
Finnland von einer Fehmarnbeltbahn profitieren<br />
könnte, ist geographisch nicht nachvollziehbar.<br />
Norwegen und Finnland können<br />
Ihre Seestraßen viel profitabler nutzen<br />
und erhalten damit eher die für Lübeck viel<br />
wichtigere Hafenwirtschaft als eine Transitstrecke<br />
für die Güterzugsachse Stockholm-<br />
Palermo. Es sind letztendlich nur Wachstumsträume.Wo<br />
bleibt da der Stier mit den<br />
Hörnern, den es angeblich zu packen gilt?<br />
Das Dialogforum ist eine inszenierte Politshow,<br />
um die protestierenden Bürger ruhigzustellen.<br />
Eine echte Diskussion um Fakten<br />
wird dabei systematisch unterbunden.<br />
Professor Breitzmann und Prof. Lüsch<br />
vom Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr<br />
und Tourismus der Uni Rostock beurteilen<br />
in einer kritischen Bestandsaufnahme die<br />
gesamtwirtschaftliche Bewertung des Projektes.<br />
Hier die wörtliche<br />
Gesamtaussage<br />
der 47-seitigen Arbeit<br />
der beiden Fachleute:<br />
„Gesamtaussage:<br />
Eine feste Querung<br />
des Fehmarnbelts<br />
würde unter den für<br />
die nächsten 20-30<br />
Jahre absehbaren<br />
Bedingungen einer<br />
relativ geringen Verkehrsnachfrage<br />
und<br />
den Möglichkeiten,<br />
das effiziente Fährsystem<br />
weiter zu<br />
verbessern, keinen<br />
volkswirtschaftlichen<br />
Nutzen hervorbringen,<br />
sondern zu gesamtwirtschaftlichen<br />
Wohlfahrtsverlusten<br />
führen.<br />
Wohlfahrtsverluste<br />
würden dadurch<br />
entstehen, dass andere<br />
Verkehrsprojekte<br />
mit hohen Nutzen/<br />
Kosten-Verhältnissen<br />
nicht realisiert werden<br />
können, während<br />
Mo. - Fr. 7:00 bis 20:00 · Sa. 7:00 bis <strong>13</strong>:00<br />
ganzjährig geöffnet<br />
St. Hubertus 4 · 23627 Groß Grönau<br />
Tel. 04509 / 1558 · www.dr-weckwerth.de<br />
Leserbrief<br />
(Foto: Andreas Sprank)<br />
gleichzeitig die Verkehrsüberlastungen im<br />
Hamburger Raum weiter zunehmen und die<br />
mit hohen gesamtwirtschaftlichen Investitionen<br />
an anderen Ostseestandorten errichteten<br />
Hafen und Verkehrswegekapazitäten<br />
teilweise entwertet würden.“ Nach den<br />
sehr vorsichtigen Abschätzungen dieser<br />
Kurzstudie dürfte das realistische Kosten-<br />
Nutzen-Verhältnis einer festen Beltquerung<br />
nicht bei 1,29:1, sondern bei höchstens<br />
0,65:1 liegen.<br />
Dr. Jörn Funck, Sereetz<br />
Dr. WeckWerth & Partner<br />
<strong>Lübeckische</strong> <strong>Blätter</strong> 20<strong>13</strong>/<strong>13</strong> 227