11__LB173.pdf - luebeckische-blaetter.info
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im Ensemble, gehörte sie zu einer höchst<br />
engagierten Gruppe junger Darsteller,<br />
ebenso wie der in vielfältiger Funktion<br />
tätige Philipp Romann. Beide verlassen<br />
jetzt das Ensemble; Romann nimmt nach<br />
vier Jahren Abschied mit der Doppelrolle<br />
des Antonio und des Kapitäns.<br />
Auch der vielseitig eingesetzte, seit<br />
sechs Jahren dem Ensemble angehörende<br />
Martin Schwartengräber, der nicht zuletzt<br />
mit Soloabenden wie Platons „Gastmahl“<br />
auf sich aufmerksam machte, scheidet aus<br />
und wechselt nach Pforzheim. Kaum zu<br />
glauben, dass der alerte Endvierziger dort<br />
das älteste Ensemblemitglied sein wird!<br />
In der aktuellen „Was ihr wollt“-Inszenierung<br />
gibt er den ständig betrunkenen,<br />
gleichwohl geriebenen Sir Toby Rülps.<br />
Ein Höhepunkt der Inszenierung ist, wie<br />
er unter Vorspiegelung falscher Voraussetzungen,<br />
den kampfuntauglichen Cesario<br />
und den feigen Sir Andrew Bleichenwang<br />
durch den Zuschauerraum zum „Duell“<br />
hetzt. Wohltuend, dass Feste, der eigentliche<br />
Narr, verkörpert von Renato Grünig,<br />
ein wirklich Weiser ist, der die leiseren<br />
Töne bevorzugt und das närrische Treiben<br />
der anderen von verschiedenen Ecken aus<br />
beobachtet.<br />
Wer sich hingegen recht eigentlich zum<br />
Narren machen lässt, das ist der Haushofmeister<br />
Malvolio, eine Gestalt, die – je<br />
nach Betrachtungsweise – Schadenfreude<br />
oder Mitleid hervorruft und dadurch<br />
dem Juden Shylock im „Kaufmann von<br />
Venedig“ verwandt ist. Sven Simon wird<br />
beiden Polen von Malvolios Charakter<br />
gerecht. Sein Stolzieren und Grimassieren<br />
prägt sich ebenso ein wie die knallgelbe,<br />
hautenge Hose dieses Außenseiters inmitten<br />
ansonsten cremefarbig gewandeten<br />
Mitspielern (Kostüme: Regina Lorenz).<br />
Von diesem Styling weicht sonst nur noch<br />
das Beinkleid von Will Workman leicht<br />
ab, der einen Außenseiter im anderen Sinne<br />
des Wortes darstellt: Violas Zwillingsbruder<br />
Sebastian, der erst, quasi als Deus<br />
ex Machina, am Ende in das Geschehen<br />
eintritt.<br />
Noch einmal zu Sven Simon: Er ist der<br />
einzige Darsteller, der auch an der Inszenierung<br />
von 1997 beteiligt war; damals<br />
spielte er den Herzog Orsino. Dieser wird<br />
jetzt verkörpert von dem dienstjüngsten<br />
Ensemblemitglied, von Till Bauer. Er ist<br />
alles andere als staatsmännisch, sondern<br />
ein Playboy, mehr selbstverliebt als verliebt,<br />
haltlos und verführbar, bis er bei der<br />
Lübeckische Blätter 2008/<strong>11</strong> 189<br />
Musik<br />
gefühlsklugen Viola Halt und Erfüllung<br />
findet.<br />
Esther Hattenbachs Inszenierung liegt<br />
die praktikable Übersetzung von Thomas<br />
Brasch zugrunde. Die Musik von Matthias<br />
Flake gehört zu den schwächeren Ingredienzien<br />
der Aufführung: So singt beispielsweise<br />
Sina Kießling im Udo-Lindenberg-<br />
Ton, natürlich über Mikrofon, dem auch<br />
reine Textpartien anvertraut sind. Nachdem<br />
die Videophase im Theater weitgehend<br />
überwunden ist, sollte man auch den<br />
Einsatz dieses Mittels überdenken – und<br />
bei Shakespeare einmal auf die Musik<br />
von dessen Zeitgenossen John Dowland<br />
zurückgreifen?<br />
Dies sind indes nur kleine Abstriche an<br />
einer bei allem – scheinbaren – Chaos sehr<br />
sorgfältig durchgefeilten Inszenierung, die<br />
auf ähnlicher Höhe steht wie Elias Perrigs<br />
Produktion von „Wie es euch gefällt“ vor<br />
neun Jahren. Verständlich übrigens, dass<br />
Pit Holzwarth die beiden Stücktitel für einen<br />
Moment verwechselte, als er zusammen<br />
mit Chefdramaturg Michael Birkner<br />
die oben genannten Darsteller verabschiedete<br />
und somit den lebhaften Schlussbeifall<br />
des Premierenpublikums für ein paar<br />
Minuten unterbrach.<br />
LITERATUR · THEATER · MUSIK · AUSSTELLUNGEN · VERANSTALTUNGEN<br />
Musik<br />
Pfingstkonzert in St. Petri<br />
Im Rahmen der Feierlichkeiten zur<br />
zwanzigjährigen Städtepartnerschaft<br />
zwischen La Rochelle und Lübeck kam<br />
in St. Petri das Requiem von Brahms<br />
zur Aufführung. Aus Frankreich war der<br />
„Chor 17“ angereist, der sich hier mit der<br />
St.-Lorenz-Kantorei Travemünde und<br />
den Lübecker Philharmonikern zu einem<br />
stattlichen Ensemble verband. Die Leitung<br />
lag in den Händen von Jean-Yves<br />
Gaudin, dem es erstaunlich gut gelang,<br />
die Mitwirkenden zu einem homogenen<br />
Ganzen werden zu lassen. Deutlich zeigte<br />
er seine Vorstellungen an, die geprägt<br />
waren von dem Wunsch nach Durchsichtigkeit<br />
der Strukturen und dem Verzicht<br />
auf allzu opulenten Klang. Natürlich gab<br />
es ergreifende dynamische Höhepunkte,<br />
die Gaudin auch e<strong>info</strong>rderte. Auf Dauer<br />
hätte allzu kräftiger Klang die Hörer<br />
aber ermüdet. So kamen auch die vielen<br />
instrumentalen Details von Harfen und<br />
verschiedenen Bläsern, wie immer auf<br />
hohem Niveau von dem in diesen Tagen<br />
besonders geforderten Orchester gespielt,<br />
sehr schön heraus. Der große Chor<br />
folgte Gaudin in all seinen Wünschen.<br />
Hervorzuheben ist der schöne Klang der<br />
Altstimmen des Chores. Gerard Quinn,<br />
routinierter Bariton unseres Theaters, bot<br />
eine solide Leistung, der es etwas an feiner<br />
sprachlicher Diktion fehlte. Nathalie<br />
de Montmollin wusste ihr Sopransolo mit<br />
ihrer geraden und runden Stimme ergreifend<br />
zu gestalten.<br />
Ein schönes Zeichen des Zusammenwirkens<br />
von Franzosen und Deutschen,<br />
die mit Hilfe der Musik zu einer gemeinsamen<br />
Sprache fanden.<br />
Arndt Schnoor<br />
6. Lübecker Klarinettennacht<br />
Auch die 6. Lübecker Klarinettennacht<br />
am 9.5.08 im Großen Saal der Musikhochschule<br />
Lübeck wies wieder alle positiven<br />
Elemente der Veranstaltungen vergangener<br />
Jahre auf: hervorragende Künstler, ein<br />
Publikum, welches sich begeisterte und<br />
nebenbei den Saal ausverkaufte, sowie ein<br />
wirklich herrliches Wetter.<br />
Ohne sie einzeln aufzuzählen, erlebte<br />
man die Studenten der Klarinettenklasse<br />
Sabine Meyer/Rainer Wehle schon in<br />
dieser ihrer Ausbildungszeit als vollwertige<br />
Künstler, die in ihren Interpretationen<br />
kaum Wünsche offen ließen. Natürlich<br />
staunte man ganz besonders über die fantastische<br />
Präsenz und technische Sicherheit<br />
des erst 20-jährigen Nikita Vaganov<br />
bei den Variationen für Klarinette und<br />
Klavier von J. Francaix und erlebte genussvoll<br />
die musikalisch tiefgründige Gestaltung<br />
der Premier-Rhapsodie für Klarinette<br />
und Klavier von Cl. Debussy durch<br />
Vincenzo Paci, einem Musiker, der es<br />
sogar schafft, sein Studium neben seiner<br />
Hauptbeschäftigung als Soloklarinettist in<br />
Venedig durchzuführen …<br />
Als Programm gelang wieder die Mischung<br />
verschiedenster Besetzungen: von<br />
Duos bis hin zum Septett, teilweise reine<br />
Klarinettenbesetzungen, teilweise klangvoll<br />
bunt gemischt. Allein in den ersten<br />
beiden Konzerten wurden auf hohem Niveau<br />
fünf Duos (meist Sonaten) sowie zwei<br />
Quartette, ein Quintett, ein Sextett und ein<br />
Septett vorgetragen und dann überraschte