pik - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...
pik - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...
pik - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
p a t i e n t e n o r i e n t i e r t e i n t e g r i e r t e k r a n k e n b e t r e u u n g i n w i e n 1 4 . – 1 7 .<br />
Die neue Patientenbeteiligung<br />
in Deutschland<br />
Gastbeiträge<br />
Gesetzes (vielleicht sind es auch Widerstände gegen<br />
eine unbequeme Neuerung) werden sich jedoch<br />
hoffentlich im Laufe dieses Jahres gelegt haben.<br />
Gefahren<br />
Als Vertreter von Patienteninteressen habe ich<br />
mich seit Jahren <strong>für</strong> Patientenbeteiligung eingesetzt<br />
(z.B. Kranich/Böcken 1997). Daher mag es<br />
erstaunen, dass ich jetzt vor deren Gefahren warne.<br />
Vielleicht sollte ich lieber von notwendigen Voraussetzungen<br />
sprechen, die <strong>für</strong> eine funktionierende<br />
Patientenbeteiligung unabdingbar sind.<br />
Das Wichtigste: Wir brauchen Ressourcen!<br />
Damit meine ich nicht nur Geld (davon war weiter<br />
oben schon die Rede), sondern vor allem auch Unterstützung<br />
in Form von Schulung, Vorbereitung<br />
<strong>und</strong> f<strong>und</strong>ierter Meinungsbildung. Wenn ich irgendwo<br />
die Position der Patienten vertreten <strong>und</strong> gegenüber<br />
Leistungserbringern <strong>und</strong> Kostenträgern zur<br />
Geltung bringen soll, muss ich etwas von der Sache<br />
verstehen, muss argumentieren können, muss die<br />
Meinung der Patienten genau kennen. Damit haben<br />
es ganz besonders die selbst Betroffenen schwer,<br />
die das Verständnis <strong>für</strong> die Bedürfnisse von Menschen,<br />
die an anderen Krankheiten leiden als sie<br />
selbst, naturgemäß nicht immer mitbringen.<br />
Beteiligte Patientenvertreter brauchen einen<br />
umfangreichen Strauß von Kompetenzen, die in<br />
der Regel nur durch Schulung erworben werden<br />
können – niemand ist auf allen Gebieten ausgebildet<br />
oder gar Naturtalent. Das Wissen <strong>und</strong> die<br />
Fähigkeiten, die zur Beteiligung an ges<strong>und</strong>heitspolitischen<br />
Entscheidungen erforderlich sind,<br />
stellen die höchste Stufe der Patientenkompetenz<br />
dar (Kranich 2004).<br />
<strong>pik</strong><br />
newsletter 08<br />
juli 2004<br />
SEITE 26<br />
Und natürlich brauchen Patientenvertreter auch<br />
ein funktionierendes System der Meinungsbildung<br />
sowie der Rückkopplung an ihre „Basis“. Angesichts<br />
der Verschwiegenheitspflichten, die den Mitgliedern<br />
von B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesausschüssen auferlegt<br />
werden, ist das nicht nur eine Frage von Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> Ressourcen, sondern auch eine des<br />
Datenschutzes <strong>und</strong> der gewünschten (In-)Transparenz.<br />
Warum sollen Patienten kein Recht haben, zu<br />
erfahren, wie diese Gremien arbeiten, wie deren<br />
Entscheidungen zustande kommen, wer welche<br />
Position vertreten hat? Das mag bei Ausschüssen<br />
zur Landesverteidigung nachvollziehbar sein, aber<br />
hier geht es nur um die ges<strong>und</strong>heitliche Versorgung<br />
der Bevölkerung.<br />
Wirksame, nicht nur symbolische Patientenbeteiligung<br />
kostet leider Geld. Solange sich die Regierenden<br />
mit Patientenbeteiligung schmücken,<br />
ohne sie auch zu ermöglichen – nämlich durch infrastrukturelle<br />
Förderung, Schulung <strong>und</strong> Selbstorganisation<br />
–, hat diese Beteiligung in meinen<br />
Augen mehr Gefahren als Nutzen. Patientenbeteiligung<br />
wird schon heute von den Regierenden<br />
genutzt, um ihre unbequemen Entscheidungen<br />
gegenüber verärgerten <strong>und</strong> aufgebrachten Bürgern<br />
zu legitimieren – obwohl die beteiligten Patienten<br />
ja gerade nicht als legitimiert angesehen werden<br />
<strong>und</strong> genau deswegen nicht stimmberechtigt sind!<br />
Dieser Missbrauch ist bereits in der Begründung zu<br />
§ 140 f des Ges<strong>und</strong>heitsreformgesetzes formuliert:<br />
„Die Versicherten 1 sollen künftig stärker in die Entscheidungsprozesse<br />
der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV), die die Versorgung betreffen,<br />
eingeb<strong>und</strong>en werden. Sie müssen von Betroffenen<br />
zu Beteiligten werden. Nur dann ist ihnen mehr<br />
1 Sollte wohl eigentlich heißen Die Patienten, denn die Versicherten sind ja<br />
bereits durch die Sozialwahlen in den Verwaltungsräten der Krankenkassen<br />
vertreten <strong>und</strong> hier soll ja gerade die oftmals andere Interessenlage der<br />
Patienten Berücksichtigung finden.