pik - Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und ...
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p a t i e n t e n o r i e n t i e r t e i n t e g r i e r t e k r a n k e n b e t r e u u n g i n w i e n 1 4 . – 1 7 .<br />
Die Bedeutung der Selbsthilfegruppen<br />
<strong>für</strong> das Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
Gastbeiträge<br />
<strong>Medizin</strong>ische Selbsthilfegruppen sind Zusammenschlüsse<br />
von Betroffenen mit einem spezifischen<br />
Krankheitsbild, wie z.B. Brustkrebs, Morbus<br />
Bechterew, Diabetes mellitus, Migräne oder<br />
Menschen mit künstlichem Darmausgang, Halsatmer<br />
<strong>und</strong> viele andere mehr. Gelegentlich handelt<br />
es sich um Krankheitsbilder, die so schwerwiegend<br />
sind oder so früh auftreten, dass nicht die Betroffenen<br />
selbst eine Gruppe bilden können,<br />
sondern die Angehörigen die Initiative ergreifen:<br />
bei kindlichen Erkrankungen, wie zum Beispiel<br />
angeborenen Stoffwechselstörungen oder<br />
schweren angeborenen Herzerkrankungen, sind<br />
es die Eltern, bei Erkrankungen, die das gesamte<br />
soziale Gefüge innerhalb von Familien oder Partnerschaften<br />
massiv beeinflussen, sind es auch die<br />
Angehörigen, man denke an die Angehörigen von<br />
Alzheimererkrankten, von Alkoholkranken oder<br />
von Schlaganfallpatienten.<br />
Immer handelt es sich um definierte Krankheitsbilder,<br />
die <strong>für</strong> den Betroffenen eine lange<br />
andauernde Beeinträchtigung durch chronische<br />
Krankheit oder Behinderung bedeuten, eine Beeinträchtigung<br />
allerdings, die medizinisch-therapeutisch<br />
nicht ausgeheilt werden kann <strong>und</strong> <strong>für</strong> den<br />
Patienten eine Änderung seiner Lebensplanung,<br />
seiner Zukunft, seines persönlichen Schicksals<br />
bedeutet. Diese veränderte Situation bedeutet <strong>für</strong><br />
den Betroffenen aber auch, dass sein Alltag anders<br />
abläuft als jener von Nichtbetroffenen, dass er in<br />
vielerlei Hinsicht Nachteile erlebt, eingeschränkt<br />
ist <strong>und</strong> besondere Bedürfnisse entwickelt, dass er<br />
<strong>für</strong> die Umgebung „anders“ ist.<br />
Dieses Anderssein kann unterschiedlich ausgelebt<br />
werden: Manche Patienten ziehen sich<br />
<strong>pik</strong><br />
newsletter 08<br />
juli 2004<br />
SEITE 20<br />
zurück <strong>und</strong> leben sehr einsam <strong>und</strong> zurückgezogen,<br />
mit geringer Lebensqualität, sozialer Isolation <strong>und</strong><br />
passivem Erleben ihrer Krankheit. Manche werden<br />
durch ihre Erkrankung <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Erlebnisse ungeheuer stark <strong>und</strong> sagen der neuen<br />
Lebenssituation den Kampf an. Sie gründen eine<br />
Selbsthilfegruppe oder arbeiten aktiv darin mit.<br />
Eine dritte Gruppe wiederum versucht, zu Gleichbetroffenen<br />
Kontakte zu knüpfen, um zu sehen,<br />
wie andere mit der Erkrankung oder Behinderung<br />
umgehen <strong>und</strong> möglichst unauffällig <strong>und</strong> mit<br />
einigermaßen akzeptabler Lebensqualität leben.<br />
Primäres Ziel einer Selbsthilfegruppe ist es,<br />
Kontakte von Betroffenen mit Gleichbetroffenen<br />
zu fördern. Der Umgang mit Menschen, die gleiche<br />
Schicksale haben, vor denselben Problemen stehen<br />
<strong>und</strong> dieselben Gefühle empfinden, schafft große<br />
Verb<strong>und</strong>enheit, Vertrautheit, Verständnis <strong>und</strong><br />
erleichtert die Kommunikation ungemein. In der<br />
aktiven Auseinandersetzung um die Information<br />
über die Erkrankung, die Therapie, die Heilbehelfe<br />
oder die sozialen Probleme <strong>und</strong> Strukturen, die es<br />
gibt, wird der Wissensstand angehoben. Nicht<br />
umsonst heißt es, dass das Wissen des Einzelnen<br />
dem Wissen der gesamten Gruppe entspricht.<br />
Gerade bei seltenen Erkrankungen übertrifft das<br />
Wissen der Selbsthilfegruppe jenes der behandelnden<br />
<strong>Medizin</strong>er, Therapeuten <strong>und</strong> Pflegepersonen,<br />
weshalb man vom Patienten spricht, der zum „Experten<br />
<strong>für</strong> die eigene Erkrankung“ wird. Dieses<br />
Wissen wird durch die Gruppe erarbeitet <strong>und</strong><br />
weitergegeben, denn medizinische Selbsthilfegruppe<br />
pflegen enge nationale <strong>und</strong> internationale<br />
Kontakte zu Ärzten, Therapeuten, Pflegepersonen<br />
<strong>und</strong> Forschern, die sich eingehend mit dem spezi-