Wie lernen Jugendliche rauchen V1 - Ludwig Boltzmann Institut für ...
Wie lernen Jugendliche rauchen V1 - Ludwig Boltzmann Institut für ... Wie lernen Jugendliche rauchen V1 - Ludwig Boltzmann Institut für ...
Raucherkarrieren. Wie sich Jugendliche zu Raucher/innen entwickeln Brennpunkt Tabak. Tagung der ARGE Suchtprävention 28.10.2003, Keutschach Mag. Dr. Wolfgang Dür / LBIMGS Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und Gesundheitssoziologie Institut für Soziologie Universität Wien
- Seite 2 und 3: Zielsetzung • Mentale Modelle üb
- Seite 4 und 5: Motivation und Prävention • Mang
- Seite 6 und 7: Wie erfolgreich waren schulische Ta
- Seite 8 und 9: Gender and Tobacco Study (GAT) •
- Seite 10 und 11: Kritik am Theorem des Gruppendrucks
- Seite 12 und 13: Gruppendruck in der GAT-Studie M3:
- Seite 14 und 15: Es gibt keinen normativen Zwang zum
- Seite 16 und 17: Gruppendruck und Legitimation • T
- Seite 18 und 19: Das Modell: wie lernen Jugendliche
- Seite 20 und 21: Erwachsene beobachten B1: Sonst gib
- Seite 22 und 23: Die Rolle des TV: Product Placement
- Seite 24 und 25: Mit (sehr) guten Freunden M1: Auf j
- Seite 26 und 27: Schlechtes Gewissen M5: Ich habe ei
- Seite 28 und 29: Schmerzen und Ekel M3: Also der ers
- Seite 30 und 31: Stufe vier: Problemrauchen Erst im
- Seite 32 und 33: ... negativen Gefühlen M1: Und wen
- Seite 34 und 35: Umgang mit dem anderen Geschlecht M
- Seite 36 und 37: Schulstress I: Wann ist es so beson
- Seite 38 und 39: Sich und sein Erwachsen-werden geni
- Seite 40 und 41: Stufe sechs: Gewahrwerden der Sucht
- Seite 42 und 43: Aufhören M1: Also eigentlich alle,
- Seite 44 und 45: Zusammenfassung • Jugendliche ent
Raucherkarrieren.<br />
<strong>Wie</strong> sich <strong>Jugendliche</strong> zu<br />
Raucher/innen entwickeln<br />
Brennpunkt Tabak.<br />
Tagung der ARGE Suchtprävention<br />
28.10.2003, Keutschach<br />
Mag. Dr. Wolfgang Dür / LBIMGS<br />
<strong>Ludwig</strong><br />
<strong>Boltzmann</strong><br />
<strong>Institut</strong><br />
<strong>für</strong> Medizin- und Gesundheitssoziologie<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />
Soziologie<br />
Universität <strong>Wie</strong>n
Zielsetzung<br />
• Mentale Modelle über jugendliches Rauchen<br />
verändern<br />
• <strong>Jugendliche</strong> zu Wort kommen lassen<br />
• Begreifbar machen, wie und warum sie in<br />
Raucherkarrieren eintreten<br />
• Mögliche Konsequenzen <strong>für</strong> Präventionsarbeit<br />
andenken<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 2
Bekannte Konzepte <strong>für</strong> die Motive der<br />
Aufnahme des Rauchens bei <strong>Jugendliche</strong>n<br />
• Mangelnde Selbstsicherheit (Identitätsentwicklung)<br />
– „Rauchen gibt ein Gefühl von Erwachsenheit und Sicherheit“<br />
• Mediale Verführung, Werbung<br />
– „Rauchen sieht einfach cool aus und gehört dazu“<br />
• Gruppendruck<br />
– „Rauchen ist Teil einer (rebellischen) Jugendkultur und stiftet<br />
Gruppenidentität; wer dazugehören will, muss <strong>rauchen</strong>“<br />
• Problembewältigung<br />
– „Die psychoaktiven Wirkungen des Nikotins helfen, Stress<br />
abzubauen“<br />
• Schönheitsideal Schlankheit (abnehmen, Diät)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 3
Motivation und Prävention<br />
• Mangelndes<br />
Selbstbewusstsein<br />
• Werbung<br />
• Gruppendruck<br />
• Problembewältigung<br />
• Schönheitsideale<br />
• „Kinder stark machen“<br />
• „Ich brauch´s nicht...“<br />
• Werbeverbote,<br />
Gegenwerbung<br />
• Interventionen in Peer<br />
Groups, Nein-sagen<br />
• Empowerment<br />
• Reflexion, Bewegung,<br />
gesunde Ernährung<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 4
Entwicklung des Anteils täglicher Raucher-<br />
Innen unter den 15-Jährigen in Österreich<br />
Quelle: WHO-HBSC-Survey 1986, 1990,1994, 1998, 2002<br />
30%<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
1986 1990 1994 1998 2002<br />
Knaben<br />
Mädchen<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 5
<strong>Wie</strong> erfolgreich waren schulische<br />
Tabakpolitiken?<br />
• Vorhandensein von Tabak-Regeln und deren Durchsetzung in<br />
Schulen reduziert die Raucher-Prävalenz bei <strong>Jugendliche</strong>n (Pentz et<br />
al. 1989)<br />
• Allenfalls ist ein Verzögerungseffekt nachweisbar (Reid et al. 1992)<br />
• Andere Studien finden keinerlei Effekt (Clarke et al. 1994; Charlton<br />
& While, 1994)<br />
• Die Effekte sind nicht eindeutig (Hartland et al. 1998)<br />
• Effekte nur gegeben, wenn streng kontrolliert (Currie, Wold 2001)<br />
• Insbesondere das Hutchinson Smoking Prevention Project<br />
(Peterson et al. 2000): 15 Jahre Kohorten-Studie fand keine<br />
Langzeit-Effekte von speziellen Raucherpräventionsprogrammen in<br />
Schulen<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 6
Hutchinson Smoking Prevention<br />
Programme<br />
• Fred Hutchinson Cancer Research Center (Seattle) National<br />
Cancer <strong>Institut</strong>e (Bethesda)<br />
• 15 Jahre Interventionsprogramm (Random Control Trial)<br />
• ca. 9.000 Schüler ab der 3. Schulstufe + Kontrollgruppe<br />
• Ziel: <strong>Jugendliche</strong> sollten <strong>lernen</strong>, den Verführungen zu<br />
widerstehen (nein sagen); Reduktion der Prävalenz<br />
• Maßnahmen: Stärkung des Selbstbewusstseins, Training in<br />
social skills, Aufklärung über Rauchen, klare smoking policy<br />
in der Schule bezogen auf Schüler/innen<br />
• Ergebnis: Raucher-Prävalenz unter 18- und 20-Jährigen<br />
waren in Interventions- und Kontrollgruppe exakt gleich hoch<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 7
Gender and Tobacco Study (GAT)<br />
• EU-geförderte Studie in 5 Ländern<br />
– Flemish <strong>Institut</strong>e for Health Promotion, Bussels, Belgium; mitwirkende Länder außer Österreich und Belgien waren<br />
noch Schweden, Schottland und Portugal<br />
• Ko-finanziert von FGÖ und Krebshilfe<br />
• Durchführung am LBIMGS www.univie.ac.at/lbimgs/projekte...<br />
• Problemstellung:<br />
– <strong>Wie</strong> kann der Anstieg in der Raucher-Prävalenz aus den<br />
Lebenszusammenhängen der <strong>Jugendliche</strong>n erklärt werden?<br />
– Welche Rolle spielt das Geschlecht? Haben Mädchen andere Motive als<br />
Knaben? Hat das Rauchen eine andere soziale Bedeutung?<br />
– Welche Konsequenzen sind <strong>für</strong> die Präventionsarbeit zu ziehen?<br />
• Fokusgruppen-Interviews<br />
– 6 Mädchen- und 6 Burschen-Gruppen á 4 – 6 Teilnehmer/innen<br />
– Inhaltsanalysen, hermeneutische Interpretation, fallvergleichende<br />
Idealtypenbildung<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 8
Das Theorem des Gruppendrucks<br />
• „When people your own age try to influence how you<br />
act, it's called peer pressure” (D'Arcy Lyness 2001).<br />
• Unterstellung:<br />
– starke normative Gruppenkultur, in der Zigarette<br />
Ausdruck einer Welt/Lebenshaltung ist<br />
– hoher Konformitätsdruck: WIR sind Raucher<br />
– relevante Sanktionsmöglichkeiten<br />
– schwache, verführ- und formbare <strong>Jugendliche</strong> mit<br />
geringem Selbstwert, Selbstbewusstsein<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 9
Kritik am Theorem des Gruppendrucks<br />
• starke normative Gruppenkultur<br />
• hoher Konformitätsdruck<br />
• relevante<br />
Sanktionsmöglichkeiten<br />
• schwache, verführ- und formbare<br />
<strong>Jugendliche</strong> mit geringem<br />
Selbstwert<br />
• liberale Gruppen, anomische<br />
Gruppen<br />
• gilt nur in Außenseiter-Gruppen<br />
(„Gangs“)<br />
• alternative soziale Angebote<br />
entschärfen Ausschluss<br />
• Umstellungen in der Erziehungsarbeit<br />
und der Lage der Jugend<br />
erhöhen Autonomie-Bestrebungen<br />
und fordern eigene<br />
Entwicklungsentscheidungen<br />
• Siehe Harry Potter!<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 10
"Results show that the concept of peer pressure did<br />
not take account of student´s individual autonomy<br />
and self-determination, wrongly portrayed them as<br />
victims, and did not effectively account for the<br />
flexibility and multiplicity of peer groups. Findings<br />
suggest that peer group pressure concepts need to<br />
be reconsidered“ (Denscombe-Martyn 2001).<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 11
Gruppendruck in der GAT-Studie<br />
M3: Seitdem rauche ich halt... Es ist wegen dem Gruppenzwang,<br />
so ein Scheiß. (<strong>Wie</strong>nerberg W 68/82)<br />
M2: Dieses Geschehen ist clubartig, irgendwie, dieser<br />
Gruppenzwang zum Rauchen. Der raucht, das ist cool, na,<br />
muss man es auch ausprobieren. Das ist meistens fangen sie<br />
wegen dem an, die meisten. (Matadora 135/138)<br />
M2: Nein, es wäre nicht so gewesen, daß ich nicht hätte nein<br />
sagen können, aber es war auch nicht so das innere<br />
Bedürfnis zum Nein sagen da. (Simon M 185/209)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 12
Eher wird um Zigaretten gebeten, als<br />
dass man gezwungen wird.<br />
I: Wer Lust kriegt, der nimmt halt sein Packerl raus und dann<br />
<strong>rauchen</strong> auch alle anderen?<br />
M2: Ja.<br />
M3: Oder es fragt meistens eigentlich immer jemand. Es nimmt<br />
eine die [Zigaretten] raus und dann fangen alle an, kannst Du<br />
mir eine Zigarette geben oder hast Du noch eine Zigarette<br />
und dann <strong>rauchen</strong> eh eigentlich alle. (Trummelhof<br />
1187/1217)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 13
Es gibt keinen normativen Zwang zum<br />
Rauchen<br />
"I: Ist es <strong>für</strong> Dich wichtig, dass Dein Freund raucht?<br />
M1: Nein, nein wichtig, nein, das ist mir wurscht, es wäre mir<br />
egal.<br />
I: Und was bewirkt es, daß er raucht?<br />
M1: Für mich?<br />
I: Ja, bei Dir.<br />
M1: Ich weiß nicht, das ist mir eigentlich egal ob er raucht oder<br />
ob er nicht raucht. Ich suche mir ja nicht meine Freunde nach<br />
dem Rauchen aus." (Trummelhof 1351/1367)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 14
Rauchen ist bei der Partnerwahl sogar<br />
eher unerwünscht.<br />
"B5: Nein, ich weiß nicht, es wirkt irgendwie fast bei Mädchen,<br />
finde ich,seriöser wenn sie nicht <strong>rauchen</strong>.<br />
I: Seriöser?<br />
B1: Für mich sind Frauen, die nicht <strong>rauchen</strong>, glaube ich,<br />
irgendwie attraktiver als Frauen, die <strong>rauchen</strong>.<br />
B5: Ja, sicher, weil wir können einem Mädchen nicht übel<br />
nehmen, wenn es raucht, weil wir <strong>rauchen</strong> ja selber. Das ist<br />
eigentlich eine Frage, die unnötig ist. Weil ein Raucher wird<br />
nicht Raucher hassen." (Mattheus 1604/1631)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 15
Gruppendruck und Legitimation<br />
• These<br />
Manche <strong>Jugendliche</strong> benutzen heute das Theorem des<br />
Gruppendrucks dazu, ihr Rauchverhalten, das bei ihnen ein<br />
schlechtes Gewissen auslöst und das von anderen<br />
<strong>Jugendliche</strong>n insbesondere bei Partner/innen nicht goutiert<br />
wird, zu legitimieren. Sie weisen damit die Schuld von sich<br />
und verweigern die Verantwortung <strong>für</strong> ihr Tun.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 16
Rauchen als Karriere<br />
• Unterstellungen des Modells<br />
– aktive – nicht reaktive – <strong>Jugendliche</strong><br />
– das Rauchen ist ein situativ gebundenes Verhalten –<br />
kein Charaktermerkmal, keine Weltanschauung<br />
– Zum Rauchen muss man sich entscheiden<br />
– Rauchen ist nicht Protesthaltung, sondern im Gegenteil<br />
Anpassung an Lebensstile der Erwachsenen, die darin<br />
Vorbild sind<br />
– Rauchen muss erlernt werden<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 17
Das Modell: wie <strong>lernen</strong> <strong>Jugendliche</strong> das<br />
Rauchen zu genießen?<br />
1 Wirkungen beobachten<br />
2 Probieren<br />
3 <strong>Wie</strong>der Probieren<br />
4 Problem<strong>rauchen</strong><br />
5 Genuss<strong>rauchen</strong><br />
6 Gewahrwerden der Abhängigkeit<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 18
Stufe eins: Wirkungen Beobachten<br />
Junge Menschen wachsen in einer Gesellschaft auf, in der<br />
vielerorts und in vielen sozialen Kontexten geraucht wird. Sie<br />
beobachten Raucher und Raucherinnen in Bezug auf die<br />
Wirkungen, die das Rauchen auf die Raucher/innen selbst<br />
ausübt.<br />
Sie beobachten nicht die Raucher/innen als Personen: jeder<br />
Raucher kann daher zum Vorbild werden, unabhängig von<br />
der Bewertung, die er seitens der <strong>Jugendliche</strong>n als Person<br />
erfährt.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 19
Erwachsene beobachten<br />
B1: Sonst gibt es ja keinen Grund anzufangen. Jeder sieht die Erwachsenen,<br />
wie sie <strong>rauchen</strong> im Wirtshaus oder zu Hause, in einer netten Runde,<br />
natürlich, unbewußt ist das einfach.<br />
I: Du glaubst, so von den Vorbildern. So, das Erwachsensein ist mit Zigarette<br />
verbunden?<br />
B1: Ja, extrem.<br />
I: Ja?<br />
B1: Ja, glaube ich voll.<br />
(Simon M 462/496)<br />
M2: Man will einfach wissen, wie es schmeckt und warum wollen das alle<br />
Erwachsenen, und dann probiert man es halt aus.<br />
(Simon W 1117/1120)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 20
Die Wirkung bei Erwachsenen scheint<br />
Entspannung zu sein<br />
B2: Das ist Neugierde, da willst Du nicht cool sein, aber es<br />
interessiert Dich.<br />
B4: Ja, weil wenn man dann irgendwo durch die Stadt geht und<br />
sieht dort eine Tschik und der raucht und der ist relaxed und<br />
so und da denkst Du Dir, shit, ich will jetzt auch eine.<br />
(Mattheus 1332/1351)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 21
Die Rolle des TV: Product Placement<br />
M3: Kennst Du Sex in the City, schon oder?<br />
I: Die Serie?<br />
M3: Die <strong>rauchen</strong> sich alle 5 Minuten eine an.<br />
(Trummelhof 761/804)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 22
Stufe zwei: Erstes Probieren<br />
<strong>Jugendliche</strong> probieren Zigaretten, um die von ihnen<br />
beobachteten Wirkungen bei sich selbst zu erzeugen. Das<br />
erste Probieren erfolgt zumeist gemeinsam mit (sehr) guten<br />
Freunden bzw. Freundinnen in einer heimlichen Situation. Die<br />
erwarteten Wirkungen treten am Beginn jedoch nicht ein.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 23
Mit (sehr) guten Freunden<br />
M1: Auf jeden Fall, die Sandra, eine Freundin von mir<br />
eine gute, die hat schon länger geraucht und<br />
irgendwie haben wir es immer probiert, aber es hat<br />
uns nicht geschmeckt. Dann irgendwann im<br />
Sommer hab ich selber auch angefangen dann mit<br />
ihr, aber nicht zu mehreren, nur mit der Sandra<br />
eigentlich. (Trummelhof 57/62)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 24
Heimlich <strong>rauchen</strong><br />
M2: Weil ich hab doch, ich rauche nicht richtig auf offener Straße, außer halt<br />
am Abend, wo man weiß, dass jetzt wirklich keiner da sein kann, aber ich<br />
habe am Nachmittag doch recht Angst vor irgendwelchen Leuten.<br />
(Simon W 314/329)<br />
M1: Ja, weil wir sind immer dort, wo wir in der Nähe wohnen und dann tue ich<br />
immer nur, ich weiß nicht, nur im Kaffeehaus und nicht auf der Straße.<br />
M3: Es könnte meine Mutter kommen oder mein Vater.<br />
M1: Ja, das stimmt.<br />
(Trummelhof 1015/1034)<br />
M4: und wir haben uns auch irrsinnige Sorgen gemacht, dass das die Oma<br />
riecht oder so, mit dem Zuckerl im Mund.<br />
(Simon W 148/151)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 25
Schlechtes Gewissen<br />
M5: Ich habe eigentlich meiner Mutti versprochen, dass ich nie zu <strong>rauchen</strong><br />
beginnen werde. Irgendwie habe ich, jedes Mal wenn ich rauche ein<br />
schlechtes Gewissen.<br />
(Trummelhof 951/958)<br />
M2: Ich war auch dabei, wie meine Mutter meinen Bruder erwischt hat. Mein<br />
Bruder ist älter als ich. <strong>Wie</strong> sie ihn das erste Mal <strong>rauchen</strong> gesehen hat,<br />
und ich hab es erlebt, wie deprimiert sie war und ich habe ihr da auch<br />
versprochen, dass ich das nie machen werde. Ich habe auch immer<br />
Angst, wenn sie mich sieht, dass sie auch so reagieren würde. Deshalb<br />
will ich nicht, dass sie mich sieht, ich weiß nicht.<br />
(Trummelhof 1007/1017)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 26
Heimlich <strong>rauchen</strong> und die Rolle der<br />
Automaten<br />
B1: Also, eben nachdem ich mit diesem Freund in Kärnten war<br />
und wir dort unsere erste geraucht haben oder unsere ersten<br />
zwei oder so, sind wir einmal, wie wir wieder in <strong>Wie</strong>n waren<br />
natürlich, zum Automaten gegangen und haben uns<br />
gemeinsam eines [ein Packerl] gekauft, so ganz schnell: ist<br />
niemand da? habens ganz schnell eingesteckt und sind dann<br />
weggerannt. (Simon M 403/417)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 27
Schmerzen und Ekel<br />
M3: Also der erste Zug ist wirklich grauslich, ich weiß nicht, das<br />
ist so ein komischer Geschmack, das kann ich gar nicht<br />
beschreiben. Die meisten husten. Es ist ein komisches<br />
Gefühl, muss ich sagen eigentlich, aber nach einiger Zeit,<br />
gewöhnst Dich dann dran. (Matadora 66/70)<br />
M2: Ich habe einfach einen irrsinnig festen Zug genommen und<br />
das hat mir richtig weh getan in der Lunge und deswegen<br />
fand ich es irrsinnig grauslich. (Simon W 1032/1035)<br />
M1: In den ersten zwei Monaten, wo ich dann richtig geraucht<br />
habe, da habe ich dann wirklich schon manchmal<br />
Magenkrämpfe gehabt, da war mir manchmal schon wirklich<br />
schlecht bevor ich heimgegangen bin, weil ich eben zu viel<br />
geraucht habe, auch <strong>für</strong> den Anfang. (Lido 277/281)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 28
Stufe 3: <strong>Wie</strong>derholtes Probieren in<br />
subkulturellen Kontexten<br />
Die <strong>Jugendliche</strong>n erkennen, dass die erwartete<br />
Wirkung nur dann einsetzt, wenn man „richtig<br />
raucht“, dass man also <strong>lernen</strong> muss zu <strong>rauchen</strong>. Sie<br />
suchen die Nähe von Rauchern und Raucherinnen.<br />
Damit veröffentlichen sie zugleich ihr<br />
Rauchinteresse und ihr Rauchverhalten.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 29
Stufe vier: Problem<strong>rauchen</strong><br />
Erst im Kontext von Problemen und bei depressiver<br />
Gemütslage oder aufgestauten Aggressionen <strong>lernen</strong><br />
die <strong>Jugendliche</strong>n die Wirkung der psychoaktiven<br />
Substanzen zu erkennen.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 30
Umgang mit Stress und ...<br />
M2: Ja, man kann auch die Probleme oder den Stress mit<br />
anderen Sachen lösen, aber wenn Du jetzt müde bist und du<br />
willst voll nicht Fußball oder Volleyball spielen, dann nimmst<br />
Du Dir eine Zigarette.<br />
M1: Oder mit einem anderen reden darüber. Denkst Dir, nein,<br />
habe heut keine Lust, nehme ich mir halt eine Zigarette.<br />
Zigarette ist irgendwie, wie ein Psychologe.“<br />
(<strong>Wie</strong>nerberg W (470/476)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 31
... negativen Gefühlen<br />
M1: Und wenn es mir wirklich ur-scheiße geht und ich ur-deprimiert bin, dann<br />
rauche ich halt auch selber und setze mich irgendwo hin, höre Musik und<br />
rauche eine. (Trummelhof 1288/1292)<br />
B2: Wenn man depressiv ist.<br />
B5: traurig ist oder so einen Scheiß oder bei Liebeskummer ...<br />
B2: ... und so. Ja, es beruhigt einen wirklich, weil man kommt von den<br />
ärgsten Gedanken davon. Es beruhigt einen und man denkt dann an<br />
etwas ganz anderes. Was auch schön ist. (<strong>Wie</strong>nerberg M 614/638)<br />
M1: Oder wenn man ziemlich aufgeregt ist ...zur Beruhigung eine Zigarette.<br />
Ich meine, es hilft vielleicht nicht wirklich, vielleicht bildet man sich das nur<br />
ein, aber –<br />
M4. Es ist angenehmer. (Trummelhof 635/640)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 32
Die Zigarette als Problemlöser<br />
„I: Was bewirkt die Zigarette?<br />
M1: Inneren Frieden“ (Trummelhof 622/624)<br />
„I: Und was bewirkt dann die Zigarette bei dir?<br />
M6: Ich weiß nicht, da ist mir dann alles egal und das ist<br />
irgendwie so, da kann man nachdenken und - ich weiß nicht<br />
was es bewirkt.“ (Trummelhof 1296/1301)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 33
Umgang mit dem anderen Geschlecht<br />
M1: Na zum Beispiel, Du bist in einen ur-verschossen und Du<br />
traust Dich ihn nicht anzusprechen, dann fragst Du ihn<br />
einfach, ob er eine Zigarette hätte. Wenn er sagt, nein, ich<br />
bin Nichtraucher, ja schön und gut, dann quatscht halt ein<br />
bissel mit ihm... ja, danke, wie heißt Du und bla, bla, bla und<br />
dann traust Du Dich eher mehr zu sprechen.“ (<strong>Wie</strong>nerberg W<br />
921/926)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 34
Die Zigarette als Tröstung<br />
B3: Zigarette braucht man auch, finde ich, deswegen, weil wenn jetzt das<br />
Mädchen sagt, ich brauch die net, wos wüst von mia, dann ist man,<br />
glaube ich, irgendwie enttäuscht und dann hat man gleich die Zigarette<br />
als Tröstung.<br />
(<strong>Wie</strong>nerberg M 877/888)<br />
B1: Da geb ich ihm voll recht, weil dieses Problem habe ich auch. Wenn ich<br />
zum Beispiel mit meiner Freundin streite und so etwas, Freundinnen, sie<br />
macht Schluß, dann sage ich, ich muß schnellstmöglich zur nächsten<br />
Trafik, Tschik kaufen und gleich eine an<strong>rauchen</strong>, damit ich sie vergesse,<br />
so schnell wie möglich. In Wirklichkeit bringt sie [die Zigarette] schon<br />
etwas, aber was soll ich sagen, es bringt sicher schon etwas, aber...<br />
B2: Ja, das stimmt.<br />
B1: ... sonst eigentlich nichts.<br />
B2: Es bringt Dich von den schlechtesten Gedanken weg.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 35
Schulstress<br />
I: Wann ist es so besonders wichtig, würdet Ihr sagen, <strong>für</strong> Euch, dass Ihr<br />
eine raucht?<br />
M1: Nach der Schule, weil da ist alles stressig.<br />
M2: Vor der Schule und nach der Schule.<br />
M3: Ja, das muss sein. Vor der Schule, dass wir da irgendwo eine <strong>rauchen</strong>,<br />
dass Du einmal überhaupt die Lehrer derpackst, weil die-<br />
M1: Wirklich, die sind so stressig.<br />
M2: Die stressen so die Lehren, die fucken Dich nur an, wirklich.<br />
Entschuldigung, dass ich das sage.<br />
M1: Und nach der Schule, weil so viel Stress und viele Hausübungen,<br />
Freiarbeiten, alles mögliche. Ich denke mir, scheiß drauf, nehme mir eine<br />
Zigarette und dann geht es schon. (<strong>Wie</strong>nerberg W 455/469)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 36
Stufe fünf: Genuss<strong>rauchen</strong><br />
Die <strong>Jugendliche</strong>n <strong>lernen</strong>, die Wirkungen der<br />
Zigarette auch ohne psychische Belastungen zu<br />
empfinden. Sie <strong>rauchen</strong> nun auch ohne<br />
unmittelbar Probleme zu haben und verbinden das<br />
Rauchen mit einem bestimmten Lebensgefühl.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 37
Sich und sein Erwachsen-werden<br />
genießen<br />
M2: Ja, ich hab mir schon, das war meistens mit einer anderen, sehr guten<br />
Freundin von mir. Und das war immer wenn wir, wir waren recht oft bei<br />
ihr zuhause und ihre Mutter war nicht da, - und - dann haben wir uns<br />
also einfach schon so aus Gewohnheit haben wir uns halt dann einfach<br />
eine Packung gekauft, uns ans Fenster gesetzt und angefangen zu<br />
reden und das war <strong>für</strong> mich dann immer, es war immer irrsinnig toll,<br />
also, es war nicht unbedingt die Zigarette, die so toll geschmeckt hat<br />
oder so, - also es hat mir schon geschmeckt, aber einfach dieses<br />
Gefühl, vielleicht doch ein bisschen älter zu sein und dann am Fenster<br />
zu sitzen und einfach über alles zu reden. Das war so, wie wenn man<br />
halt, keine Ahnung, halt daneben was isst, irgendwie so etwas wie ein<br />
Kaffeekranzerl oder so etwas, wir hatten es halt mit Zigaretten.<br />
(Simon W 104/129)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 38
Typische Rauchen Genuss-Situationen<br />
I: Wenn Ihr zurückdenkt, was ist denn so die beste Zigarette am<br />
Tag überhaupt?<br />
M2: Nach dem Mittagessen.<br />
M1: Nein, nach dem Sex.<br />
M3: Stimmt, nach dem Sex.<br />
M2: Nein, da schlafe ich ein.<br />
M1: Nach dem Sex.<br />
M4: Eine <strong>rauchen</strong>, dann was trinken und dann schlafen gehen.<br />
(Lido 589/599)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 39
Stufe sechs: Gewahrwerden der Sucht<br />
Vielen <strong>Jugendliche</strong>n fällt schon nach kurzem<br />
Raucherdasein auf, dass sie von der Zigarette<br />
abhängig geworden sind. Sie empfinden erste<br />
Entzugserscheinungen, wenn sie keine Zigaretten<br />
verfügbar haben. Einige beginnen jetzt mit häufig<br />
vergeblichen Versuchen aufzuhören.<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 40
Entzugserscheinungen<br />
M2: Also eine sehr, sehr lange Zeit war ich immer davon überzeugt, dass ich es nicht<br />
brauche und hab dann aber doch irgendwie im Urlaub dann in Notsituationen<br />
welche von meiner Mutter genommen oder so, und dann irgendwie in der Nacht<br />
um 12.00 auf den Balkon und schnell eine <strong>rauchen</strong>. Dass also man dann einfach<br />
merkt, man will unbedingt eine. Also nicht einfach, weil, keine Ahnung, weil jetzt<br />
irgendeine Freundin grad eine anbietet und weil das jetzt irgendwie toll ist,<br />
sondern weil Du wirklich alleine zum Beispiel zu Hause bist und Dir denkst, jetzt<br />
hätte ich einfach irrsinnig gerne eine.<br />
M4: Ja, ich habe es am viel alleine Rauchen gemerkt.<br />
M2: Ja, genau. Einfach, dass man auch alleine sich dann eben auch wirklich selber<br />
immer Packerl kauft und dann noch selber alleine zu Hause raucht oder am<br />
Schulweg oder irgend so was, also nicht nur in Gruppen.<br />
M1: Dass man dran denkt einfach, so prinzipiell immer dran denkt.<br />
M2: Oder wenn man im Sommer extra wegfährt mit dem Fahrrad, um sich Tschik zu<br />
kaufen, ganz alleine.<br />
M4: Ja, mir fällt es auch auf, dass ich meiner Mutter fast jeden Tag mindestens 3<br />
Tschik klaue. (Simon W 727/766)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 41
Aufhören<br />
M1: Also eigentlich alle, die meisten von uns wollen eigentlich<br />
aufhören.<br />
I: Ja, warum?<br />
M1: Weil es ungesund ist, ganz einfach. Ich weiß nicht, die<br />
meisten wollen schon aufhören.<br />
I: Und warum hören sie nicht auf?<br />
M1: Weil sie nicht können.<br />
(Simon M 1283/1320)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 42
Rauchen und Identität<br />
I: Würdest Du dann ihm zuliebe aufhören, wenn er sagen würde,<br />
ich hab Dich so lieb, aber noch lieber wäre es mir, wenn Du<br />
nicht <strong>rauchen</strong> würdest, oder muss er das einfach<br />
akzeptieren?<br />
S2: Der muss es akzeptieren. Also, bevor ich nicht sag, ich will<br />
aufhören, darf mich niemand drauf ansprechen.<br />
S3: Ich meine, du kannst auch einen Kompromiss schließen und<br />
sagen, ja, okay, ich rauche weniger. Ich würde mich auch<br />
nicht ändern, wenn jetzt irgendwer zu mir zu sagt, ja, mich<br />
stört das an Dir. Würde ich sagen, Dein Pech. Ich ändere<br />
mich nur wegen mir, aber nicht wegen jemandem anderen.<br />
(Matadora 1117/1128)<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 43
Zusammenfassung<br />
• <strong>Jugendliche</strong> entscheiden sich da<strong>für</strong>, Wirkungen zu erfahren,<br />
die sie an Erwachsenen beobachtet haben<br />
• Bei den ersten Versuchen bleiben diese Wirkungen jedoch<br />
aus<br />
• Erst im Kontext von Problemen und gedrückter<br />
Stimmungslagen spüren sie die entspannende Wirkung des<br />
Nikotins<br />
• Schließlich <strong>lernen</strong> sie auch in entspannten Situationen die<br />
Stimmung noch anzuheben. Sie genießen das Rauchen<br />
• Viele entdecken kurz darauf, dass sie abhängig geworden<br />
sind<br />
• Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind marginal<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 44
Schlussfolgerungen<br />
• Verbannung der Beobachtbarkeit von Nikotin-<br />
Wirkungen (Werbeverbote, Smoke Free Schools)<br />
• Empowerment im Umgang mit Stress-Situationen<br />
und mit negativen Gefühlen, vor allem in der Schule<br />
• Vermittlung von Skills und alternativen Angeboten,<br />
die Entspannung und Souveränität herbeiführen<br />
können.<br />
• Angebote <strong>für</strong> möglichst frühen Ausstieg<br />
W. Dür (2003): Raucherkarrieren. <strong>Wie</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu Raucher/innen werden, Keutschach, 28.10.2003 / 45