Noir 27 lesen - Jugendpresse BW
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In den Tiefen<br />
der Seele<br />
Wissen<br />
Oxytocin:<br />
Überschätzes<br />
Kuschelhormon?<br />
intervieW<br />
Unter Beschuss:<br />
Ein Kriegsreporter<br />
berichtet<br />
Ausgabe <strong>27</strong> (August 2012)<br />
thema<br />
www.noirmag.de<br />
Im Dunkeln:<br />
Benjamin hat<br />
Depressionen
Kundenberatung 07251 / 9785-28 Grafik 07251 / 9785-82<br />
e.kammerer@horn-verlag.de m.baier@horn-verlag.de<br />
<br />
<br />
<br />
Stegwiesenstraße 6–10<br />
76646 Bruchsal<br />
❆❆❆❆
Psychologie ist eine empirische Wissenschaft. Sie beschreibt und erklärt das Erleben und Verhalten<br />
des Menschen – nichts mit Traumdeuterei oder Gedanken<strong>lesen</strong>. Intelligenz ist das, was<br />
der Intelligenztest misst – nach diesem sachlichen Motto funktioniert Psychologie. Trotzdem,<br />
wenn sich jemand als Psychologiestudent offenbart, fängt sein Gegenüber an, unruhig auf<br />
dem Stuhl zu wackeln. Er fürchtet den Röntgenblick, der all die tief versteckten Gedanken,<br />
die sorgsam gewahrten Ängste und Unsicherheiten mit einem Mal nackt macht. Dabei lernt<br />
das keiner im Studium. Hier geht es um Piaget und sein Entwicklungsstufenmodell, um feuernde<br />
Neuronen und die Standardnormalverteilung. Mit diesen Waffen kann man keinen Kopf<br />
aufklappen und reinspicken. Das kann nur jeder zehnte Psychologiestudent, der mit einer<br />
speziellen Gabe, der Gedanken-Hypersensibilität, geboren ist. Bei circa 3.000 freien Psychologie-Studienplätzen<br />
kommen also jedes Wintersemester 300 neue Gedanken<strong>lesen</strong>de hinzu. Die<br />
Wahrscheinlichkeit, einem zu begegnen und einen unfreiwilligen Gedanken-Striptease hinzulegen,<br />
wächst. Anika Pfisterer, Chefredakteurin<br />
auS dEM rEdaKtionSlEBEn …<br />
Gar nicht so leicht, einen Kriegsberichterstatter<br />
zu interviewen: Bei<br />
Franziska Schwarzmanns erstem<br />
Versuch war ARD-Korrespondent<br />
Christian Thiels in Chicago, beim<br />
zweiten stand er kurz vor seiner Abreise<br />
nach Afghanistan und beim<br />
dritten Anlauf schließlich klappte<br />
es. Das Interview lest ihr ab Seite 14.<br />
in KöpfE KucKEn<br />
Theresa Rath hat schlechte Kindheitserinnerungen<br />
an Joghurtbecher.<br />
Stand ihr leerer Becher noch auf<br />
der Theke, sagten ihre Eltern nicht:<br />
»Räum das weg!« – als Psychologen<br />
sahen sie tiefer und beklagten sich<br />
über die der Handlung zugrundeliegende<br />
Abschätzigkeit. Die ganze Geschichte<br />
lest ihr auf Seite 22/23.<br />
Auch Samuel Rieth entstammt einer<br />
Psychologen-Familie: Sein Vater ist<br />
Psychotherapeut, und der Opa war<br />
es auch. Er selbst geht andere Wege.<br />
Für seinen ersten NOIR-Artikel recherchierte<br />
er trotzdem – angeregt<br />
durch die heimischen Küchentisch-<br />
Gespräche über Freud und Co. – über<br />
die Welt der Psychologie: Seite 4-6.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
Editorial<br />
1
inhalt<br />
2<br />
01 Editorial.<br />
rEdaKtionSGESchichtEn<br />
03 WiSSEn.<br />
Zu nahE trEtEn<br />
05 titElthEMa.<br />
SiEGESZuG dEr SEElEnlEhrE<br />
07 titElthEMa.<br />
WEr EinMal lüGt …<br />
08 titElthEMa.<br />
GEfühlSnarKoSE<br />
10 titElthEMa.<br />
trauMdEutunG<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
18 rEportaGE<br />
11 KoMMEntar.<br />
KritiK in WattE<br />
12 MEinunG.<br />
lEBEn Mit autiSMuS<br />
inhaltSüBErSicht<br />
13 WiSSEn.<br />
EtholoGiE<br />
20 WiSSEn<br />
13 WiSSEn.<br />
WaS Macht Ein pSychiatEr<br />
14 rEportaGE.<br />
BErichtE voM KriSEnhErd<br />
16 WiSSEn.<br />
MythoS oxytocin<br />
18 rEportaGE.<br />
WildtiErfarM in naMiBia<br />
20 WiSSEn.<br />
SuBtilE WErBunG<br />
21 titElthEMa.<br />
dEr SEliGE naZi<br />
10 titEl<br />
11 KoMMEntar<br />
22 KoluMnE.<br />
Kind von pSycholoGEn<br />
24 quErBEEt.<br />
hauptfach pSycholoGiE<br />
24 iMprESSuM.<br />
WEr StEcKt hintEr noir
Eng aneinander gepresst steht man zu<br />
viert im Fahrstuhl, in den eigentlich<br />
sechs Personen passen sollen, schweigt<br />
sich an und starrt auf den Boden. Eine unangenehme<br />
Situation – nicht nur für Klaustrophobiker.<br />
Jeder Mensch ist von unsichtbaren<br />
Grenzen umgeben; je näher eine<br />
Person steht, desto vertrauter<br />
muss sie sein. Werden diese<br />
Grenzen von Fremden<br />
durchbrochen – wie<br />
im Fahrstuhl, in<br />
Kassenschlangen<br />
oder in Bus und<br />
Bahn – ist uns<br />
das unangenehm.<br />
Der WissenschaftlerEdward<br />
Twitchell<br />
Hall hat sich in<br />
den 60 er-Jahren<br />
mit diesem<br />
Phänomen beschäftigt,<br />
das er<br />
Proxemik nennt.<br />
Eines seiner Ergebnisse:<br />
Nordeuropäer<br />
halten mehr Abstand<br />
als Südeuropäer oder<br />
Südamerikaner. Die Distanz<br />
ist von der jeweiligen Kultur<br />
abhängig. Edward Hall unterscheidet<br />
unterschiedliche Distanzzonen, die<br />
sich wie Kreise um einen Menschen ziehen. Menschen,<br />
die weiter als 3,60 Meter von einer Person<br />
entfernt sind, stehen in der öffentlichen Zone und<br />
haben kaum Einfluss aufeinander. Erst in der sozialen<br />
Zone, die bis 1,60 Meter an den Menschen<br />
(Zu) nahE trEtEn<br />
Betretenes Schweigen im Fahrstuhl, keiner schaut den<br />
anderen an. Verantwortlich sind unsichtbare Grenzen.<br />
text: Sanja döttling | layout & illustration: luca leicht<br />
0,6 m<br />
1,6 m<br />
3,6 m<br />
heranreicht, findet Interaktion mit anderen Menschen<br />
statt – zum Beispiel in einem Gespräch. In<br />
diesem Bereich stehen Fremde wie Verkäufer oder<br />
Beamte. In der persönlichen Distanzzone, die bis<br />
60 Zentimeter Abstand reicht, dürfen sich Freunde<br />
und Bekannte aufhalten. Die intime Zone<br />
ist für Familienmitglieder, engste<br />
Freunde und Partner reserviert.<br />
Sie beginnt 60 Zentimeter<br />
vom Körper entfernt.<br />
Neuere Studien befassen<br />
sich damit,<br />
wie sehr die Proxemik<br />
von digitalen<br />
Kommunikationswegenbeeinflusst<br />
ist. Funktioniert<br />
die<br />
Zusammenarbeit<br />
per Telefon<br />
und Computer,<br />
auch wenn man<br />
sich körperlich<br />
nicht nahe ist?<br />
A n s c h e i n e n d<br />
schon, denn nicht<br />
nur die körperliche<br />
Distanz beeinflusst<br />
die gefühlte Nähe zu<br />
einer Person; je häufiger<br />
Zeit man mit jemandem verbringt<br />
– egal ob virtuell oder<br />
im realen Leben – desto näher fühlt<br />
man sich ihm. Das heißt, dass auch virtuell<br />
eine Beziehung aufgebaut werden kann ohne<br />
nonverbale Kommunikation. Trotzdem ist es unangenehm,<br />
wenn Fremde in die intimste Distanzzone<br />
eindringen – vielleicht sollte man öfter mal<br />
die Treppe nehmen.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
WiSSEn<br />
3
titElthEMa<br />
4 NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)
dEr SiEGESZuG dEr SEElEnlEhrE<br />
Von Aristoteles zur Werbepsychologie: Das eigene Erleben verstehen zu<br />
wollen, scheint uns im Blut zu liegen. Heute gibt es kaum einen gesellschaftlichen<br />
Bereich, in dem die Psychologie nicht vertreten ist.<br />
Fitnessstudio und Biofood – Körperlich waren<br />
die Deutschen noch nie so gesund, dafür<br />
ist die Seele kranker als je zuvor. Ein Drittel<br />
der Erwachsenen litt innerhalb der letzten zwölf<br />
Monate an einer psychischen Störung, Burnout ist<br />
längst zur Volkskrankheit erklärt worden.<br />
Das Heilen kranker Seelen: Daran denkt der<br />
Laie für gewöhnlich, wenn von Psychologie die<br />
Rede ist. Doch sie ist schon immer mehr als das gewesen<br />
– und heute mehr denn je. Von rund 61.000<br />
Psychologen in Deutschland sind, nach Angaben<br />
des Bundesverbands Deutscher Psychologinnen<br />
und Psychologen, nur 31.000 Psychotherapeuten.<br />
Mitgeprägt hat dieses falsche Bild vor allem<br />
einer: Sigmund Freud, wohl bis heute der berühmteste<br />
aller Seelenkundler. Seine Bekanntheit<br />
ist dabei viel größer als die Rolle, die ihm in der<br />
heutigen Psychologie zukommt. Viele seiner Ideen<br />
sind überholt, manche erscheinen gar absurd:<br />
Selbst begeisterter Konsument, empfahl er, Depressionen<br />
mit Kokain zu behandeln. Der Revolutionär,<br />
der die Psychonanalyse aus dem Nichts<br />
erfand, war er auch nicht.<br />
Zwar gilt Freud als der »Entdecker des Unbewussten«,<br />
doch war der französische Psychiater<br />
Pierre Janet bei der Hypnose schon Jahre vor ihm<br />
auf das »subconscient« gestoßen. Aber erst als Teil<br />
von Freuds Psychoanalyse, der »Sprechtherapie«<br />
auf der berühmten Couch, wurde die Idee auf der<br />
ganzen Welt bekannt. Heute stellt kaum jemand<br />
text: Samuel rieth | layout: tobias fischer<br />
mehr in Frage, dass das Bewusstsein nur die Spitze<br />
des Eisbergs der menschlichen Psyche ist. Auch<br />
erkannte Freud als einer der Ersten, wie wichtig<br />
die frühe Kindheit für die spätere seelische Gesundheit<br />
ist.<br />
»Freud war der Urvater der Tiefenpsychologie,<br />
aber seine Nachfolger haben seine Lehren beständig<br />
weiterentwickelt«, sagt Prof. Dr. Annette<br />
Kämmerer, die Akademische Direktorin der Arbeitseinheit<br />
Klinische Psychologie und Psychotherapie<br />
am Psychologischen Institut der Universität<br />
Heidelberg ist. »Es ist viel passiert in den letzten<br />
hundert Jahren.«<br />
Dass Freuds Ideen noch lange nicht tot sind,<br />
liegt auch daran, dass die Psychoanalyse längst in<br />
andere Fächer geschwappt ist. Historiker spekulieren,<br />
ob Hitler sechs Millionen Juden ermorden<br />
ließ, weil sein Vater ihn schlug, und Literaturwissenschaftler<br />
suchen in Klassikern nach Phallus-<br />
Symbolen und Ödipus-Komplexen.<br />
Das Forschungsgebiet der Psychologie ist aber<br />
viel mehr als nur die kranke Seele, sondern das<br />
ganze Erleben und Verhalten des Menschen. Wie<br />
wir fühlen und denken, warum wir tun, was wir<br />
tun, das will sie herausfinden; kurz gesagt: wie der<br />
Mensch tickt. Und weil sie eine Wissenschaft ist,<br />
baut sie dabei nicht auf Traumdeutung und Assoziation,<br />
sondern auf empirische Experimente.<br />
Die Psychologie an sich ist dabei so alt wie<br />
die Menschheit selbst. Schon im vierten ▶<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
titElthEMa<br />
5
titElthEMa<br />
6<br />
Jahrhundert vor Christus schrieb Aristoteles<br />
»Über die Seele«. Auch jeder gute Schriftsteller<br />
ist immer auch ein guter Psychologe. Die eigene<br />
Umwelt ist seine Empirie, statt Diplom hat er Menschenkenntnis,<br />
sonst gäbe es keinen Hamlet und<br />
keinen Steppenwolf. Der Linguist Noam Chomsky<br />
schrieb, »dass wir stets aus Romanen mehr<br />
über das menschliche Leben und die menschliche<br />
Persönlichkeit lernen werden als von der wissenschaftlichen<br />
Psychologie«. Zur Wissenschaft wurde<br />
die Psychologie erst im 19. Jahrhundert.<br />
Auch psychische Krankheiten sind kein Phänomen<br />
der Neuzeit: Schon die Bibel erzählt von<br />
einem Mann, der von Dämonen besessen ist und<br />
allein in einer Höhle lebt. Später wurden psychisch<br />
Kranke mit Bettlern, Behinderten und anderen<br />
Außenseitern der Gesellschaft weggesperrt,<br />
erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die<br />
ersten »Irrenhäuser« eingerichtet. Dass der »Irre«<br />
ein Kranker ist, der Hilfe braucht, ist eine relativ<br />
neue Idee.<br />
Bei der Behandlung ist die Freud‘sche Tiefenpsychologie<br />
auf dem Rückzug: Weltweit hat die<br />
Verhaltenstherapie heute eine viel größere Bedeutung.<br />
Statt in der Vergangenheit zu graben, setzt<br />
sie direkt bei den Symptomen an. Der Patient muss<br />
seine Probleme nicht in Gänze verstehen, sondern<br />
damit umgehen lernen, der Therapeut vor allem<br />
Hilfe zur Selbsthilfe leisten.<br />
Doch heute stehen dem Psychologen auch jenseits<br />
der Behandlung Kranker mehr Türen offen als<br />
je zuvor, nicht selten mit großer Verantwortung.<br />
Vor Gericht bestimmt das psychologische Gutachten<br />
mit, ob der Angeklagte Milde verdient oder<br />
vielleicht überhaupt nicht straffähig ist. Muss ein<br />
Autofahrer seinen Führerschein abgeben und zum<br />
»Idiotentest« antreten, sitzt ihm auch ein Psycho-<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
loge gegenüber. Auch<br />
die Wirtschaft hat den<br />
Nutzen der Psychologie<br />
längst erkannt. In<br />
Personalabteilungen<br />
entscheiden Psychologen<br />
mit, wer einen Job<br />
bekommt und wer leer<br />
ausgeht. Unternehmen<br />
geben Millionen Euro<br />
für Werbung aus – wie<br />
die am besten wirkt,<br />
erforschen Werbepsychologen.<br />
Dennoch ist die Epidemie psychischer Erkrankungen<br />
heute die größte Herausforderung für die<br />
Psychologie. Warum steigt ihre Zahl so rasant?<br />
Darauf gibt es mehr als eine Antwort. »Die Diagnosen<br />
haben sich im Vergleich zu früher verbessert«,<br />
meint Annette Kämmerer. »Aber auch die<br />
Bereitschaft der Menschen ist gewachsen, sich in<br />
eine therapeutische Behandlung zu begeben.«<br />
Aber nicht nur die Psychologie hat sich verändert,<br />
sondern auch wir und die Welt, in der wir<br />
leben. Leistungsdruck und Anonymisierung verunsichern,<br />
sind sich die meisten Experten einig.<br />
Gleichzeitig bricht immer mehr weg, was früher<br />
Halt gab, wie Religion oder enge Familienbande.<br />
Aber sind mit dem steigenden Lebensstandard<br />
nicht auch unsere Ansprüche gewachsen? »Entsolidarisierung<br />
und Intoleranz gegenüber Frustration<br />
zeichnet gerade die jüngere Generation aus«,<br />
stellt Kämmerer fest und kritisiert »eine stark<br />
egozentrische, manchmal fast schon autistische<br />
Haltung«.<br />
»Glücksüchtig« hat Bundespräsident Joachim<br />
Gauck unsere Gesellschaft unlängst genannt. Für<br />
Millionen Menschen in der Dritten Welt hingegen<br />
ist der Sinn des Lebens, bis zum Abend nicht zu<br />
verhungern. Für Selbstfindung bleibt da keine Zeit.<br />
1930, nach Jahrzehnten der Psychoanalyse, schrieb<br />
Freud: »Die Absicht, dass der Mensch glücklich<br />
sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten.«
WEr EinMal lüGt …<br />
Gar nicht so einfach, immer die Wahrheit zu<br />
sagen. Die Gründe fürs Lügen sind vielfältig.<br />
text: Silke Brüggemann | layout & illustration: luca leicht<br />
Frisch Verliebte, die das Herz ihres Schwarms<br />
erobern wollen, Bewerber im Vorstellungsgespräch<br />
und Schwerverbrecher vor Gericht<br />
– sie alle haben eines gemeinsam: Sie lügen.<br />
In jedem dritten Kontakt mit anderen Menschen<br />
lügen wir. »Und davon sind die typischen ›Wie<br />
geht es Ihnen, gut‹-Gespräche ausgenommen«,<br />
sagt Marc-André Reinhard von der Universität<br />
Mannheim.<br />
Lügen sind in jeder zwischenmenschlichen Beziehung<br />
verpönt – denn niemand lässt sich gerne<br />
täuschen: »Wer würde ein Auto bei einem Verkäufer<br />
kaufen, von dem man weiß, dass er Mängel am<br />
Auto verschweigt?«, fragt Reinhard. Aus dieser<br />
Sicht ist es besser, immer aufrichtig zu sein. »Aber<br />
ehrlich sein ist manchmal schwierig. Ehrlichkeit<br />
kann nämlich auch verletzen«. Zum Beispiel,<br />
wenn man der besten Freundin sagt, dass ihr die<br />
neue Frisur so gar nicht steht. Das ist eine altruistische<br />
Lüge. »Bei diesen Lügen versucht man, eine<br />
andere Person zu schützen«, erläutert Reinhard.<br />
Eine andere Form der Lüge ist die egoistische<br />
Lüge. Bei dieser Art zu lügen erwartet der Lügner<br />
einen Vorteil für sich selbst. Dieser kann kleiner<br />
oder größer sein: von anderen Menschen gemocht<br />
werden, den Traumjob bekommen, oder nicht ins<br />
Gefängnis kommen.<br />
Wichtig ist, beim Lügen nicht erwischt zu werden.<br />
Doch das ist gar nicht so einfach. »Lügen ist<br />
kognitiv schwierig«, sagt der Mannheimer Sozialforscher:<br />
Man müsse sich eine geeignete Geschichte<br />
merken, sie mit Details ausschmücken und sie<br />
einleuchtend und plausibel erzählen können. Gute<br />
Lügner sind also auch gute Geschichtenerzähler.<br />
Doch nicht jeder Lügner kann sich die perfekte<br />
Ausrede einfallen lassen. Diese Schwierigkeiten<br />
nutzen Gutachter bei Gerichtsverhandlungen. In<br />
einer Inhaltsanalyse suchen sie nach Widersprüchen<br />
und Hinweisen, die darauf hindeuten, dass<br />
die Geschichte ausgedacht sein könnte. »Diese<br />
Methode ist bei Kindesmissbrauchsprozessen entstanden:<br />
»Dort wurden die Aussagen der Opfer<br />
untersucht und gefragt: kann sich ein Kind solche<br />
Details ausdenken? Ähnlich gehen die Gutachter<br />
auch bei anderen Gerichtsverhandlungen vor«, erklärt<br />
Marc-André Reinhard.<br />
Warum gibt es aber Menschen, die als Lügner<br />
abgestempelt werden, obwohl sie die Wahrheit<br />
sagen? Wissenschaftler sagen, die Annahme, dass<br />
ein Mensch lügt, wenn er unsicher wirkt, stimme<br />
nicht immer. Jemand, der bei einer Polizeikontrolle<br />
nervös ist, muss nicht unbedingt ein schlechtes<br />
Gewissen haben und ein Verbrecher sein. Vielleicht<br />
ist er mit der Situation nur überfordert, weil<br />
er als ehrlicher Mensch selten mit der Polizei zu<br />
tun hat. Abgebrühte Lügner und Verbrecher haben<br />
dagegen gelernt, sich ruhig zu verhalten, wenn sie<br />
lügen.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
titElthEMa<br />
7
titElthEMa<br />
8<br />
untEr GEfühlSnarKoSE<br />
»Denn jetzt sind so viele Gespenster hier, Schatten über Schatten, jetzt sind<br />
so viele Piraten hier und sie entern deine Seele.« In den Texten von Gisbert zu<br />
Knyp hausen erkennt sich Benjamin wieder. Sich und seine Depression.<br />
text: anika pfisterer | layout: tobias fischer<br />
* Name wurde von der<br />
Redaktion geändert.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
Benjamin* war ein normaler<br />
Junge, wenn es das gibt:<br />
Feiern, Skaten und ein bisschen<br />
Schule. Dann zu Abizeiten bekam<br />
er Bauchschmerzen. Sie kamen<br />
und gingen, kein Arzt wusste warum.<br />
Damals galten seine Sorgen den<br />
Schmerzen, erst im Rückblick sieht<br />
er, dass vieles aus dem Lot war: »Ich<br />
spürte keine Nähe mehr zu anderen,<br />
die Musik löste nicht mehr die<br />
gleichen Gefühle aus, es gab nichts<br />
mehr, in dem ich aufblühte – jemand<br />
hatte die Welt in den Keller verlegt.«<br />
Nach seinem Abi ging er nach Hamburg für den<br />
Zivildienst. Er war mehr krank als gesund, fehlte<br />
jeden zweiten Tag. Schließlich die Diagnose: Depression.<br />
In dem Film »Helen« von Regisseurin Sandra<br />
Nettelbeck sagt ein Psychiater zu dem Mann der<br />
depressiven Hauptfigur: »Ihre Frau ist nicht unglücklich,<br />
Mr. Lennert, ihre Frau ist krank.« Solange<br />
man Gefühle hat – auch traurige oder wütende<br />
– ist man lebendig. »Depressionen fühlen sich<br />
leer an. Betroffene empfinden nicht viel – das ist<br />
die eigentliche Qual«, erklärt Psychotherapeutin<br />
Gabriele Härtel. Vom pompösen Schein zu nüchternen<br />
Scherben: Depression lässt die Luft aus<br />
den alltäglichen Dingen, setzt ihnen ihre Krone<br />
ab und wischt den Goldglanz weg. Das Leben hat<br />
ohne Gefühle keine Dimensionen mehr, wird zum<br />
stumpfen Brei. Viele Betroffene löffeln ihn weiter,<br />
ohne zu wissen, dass sie Hilfe brauchen.<br />
Benjamin erinnert sich: »Mein<br />
Tag wurde von einer grünen Wiese<br />
zu einem Stoppelfeld, über das ich<br />
hechtete. Ich fiel und fiel und das<br />
viele Fallen machte mich reizbar. Ein<br />
ignoriertes ›Hallo‹, ein verpasster<br />
Zug – alles zu viel.« Der Stressspiegel<br />
entgleist bei Depressionen, Kortisol-Hormone<br />
schießen wie ziel- und<br />
zahllose Billardkugeln durch das<br />
Blut, stiften permanente Unruhe. Ein<br />
Referat, eine Prüfung wird erst recht<br />
zum Horror. Benjamin prallte gegen<br />
Blockaden, versank in Versagensängsten,<br />
anstatt arbeiten zu können.<br />
Von außen sah das keiner, da schüttelte<br />
man den Kopf über »so viel<br />
Empfindlichkeit«. Der Alltag war ein<br />
einziges Scheitern, aus dem sich Benjamin<br />
zurückzog. Selbst unter Leuten<br />
spürte er eine Distanz wie eine<br />
Glaswand: »Man wirkt nicht auf die<br />
Außenwelt und die Außenwelt wirkt<br />
nicht auf einen, so fühlt es sich an.«<br />
Ein präsenzloses Chamäleon beim<br />
Mittagessen. In der Uni, im Bus, im<br />
Bett – überall jagten Benjamin Gedanken<br />
wie Gespenster. Grübeln<br />
über die ewig gleichen Probleme, die<br />
Zukunft, seine Krankheit. Anstatt<br />
Lösungen zu finden, produzierte der
Kopf Worst-Case Szenarien. Wo andere auflegen,<br />
fehlte ihm der rote Hörer.<br />
Depression kriecht auch in den Körper: Verdauungsstörungen,<br />
Bauch-, Rücken- oder Kopfschmerzen.<br />
Das sind die psychosomatischen Leiden, die<br />
in der Regel beim Arzt zur Sprache kommen, nicht<br />
die seelischen. Die Schlafqualität nimmt ab, auch<br />
nach langen Nächten ist der Körper nicht erholt.<br />
Manche können erst gar nicht einschlafen oder<br />
wachen zu früh auf. Eine bleierne Müdigkeit<br />
lastet auf allem, was man tut. Typisch auch Gewichtsveränderungen:<br />
Manchen schlägt es auf<br />
den Magen, andere betäuben die innere Leere mit<br />
Döner und Schokolade,<br />
die kurzfristig den<br />
Hormonspiegel in die<br />
Höhe treiben. Selbst<br />
auf die Blase drückt<br />
die Krankheit. Der australische<br />
Schriftsteller<br />
Les Murray wurde auf<br />
einer Lesung gefragt,<br />
ob nicht die Depression<br />
hinter seinen großen<br />
Werken steckt? Er<br />
winkte ab: Depression<br />
mache dumm. Tatsächlich<br />
leidet die Konzentrations-<br />
und Merkfähigkeit.<br />
Was wollte ich<br />
eigentlich in diesem<br />
Raum, wie heißt der Nebensitzer nochmal, mein<br />
Dozent? Wenn Freunde fragen, wie der Tag war,<br />
wird man kaum etwas zu erzählen haben – auch<br />
weil die Erinnerung an spezifische Details fehlt.<br />
Das Warum einer Depression ist erst ansatzweise<br />
klar. »Früher unterschied man endogene,<br />
exogene und neurotische Depressionen: Also genetisch<br />
bedingte Depressionen ›aus dem Nichts‹,<br />
aufgrund (hirn-)organischer Erkrankung oder als<br />
Folge psychosozialer Belastung. Heute weiß man,<br />
Depressionen sind immer ein Zusammenspiel<br />
zwischen Körper, Geist, Umwelt und Veranlagung.<br />
Manchmal ist es sehr müßig, Henne oder Ei<br />
zu definieren«, so Mediziner und Psychotherapeut<br />
Gunther Gauly. Was genau im Gehirn bei Depressionen<br />
passiert, ist weitgehend erforscht und hilft<br />
bei der Behandlung der Krankheit. »Psychotherapie<br />
und Medikation ergänzen sich häufig und<br />
sind keine Gegenspieler im Sinne eines Entweder-<br />
Oder«, meint Gauly. Die Nervenzellen im depressiven<br />
Gehirn können nicht richtig kommunizieren,<br />
weil die Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und<br />
Dopamin nicht ausreichen; Gefühle werden nicht<br />
richtig reguliert. Anti-Depressiva versuchen, das<br />
alte Gleichgewicht wieder herzustellen. Sie verändern<br />
weder die Persönlichkeit, noch sind sie<br />
abhängig machende Glückspillen. »Nimmt ein<br />
psychisch Gesunder die Medikamente, leidet er<br />
nur an den Nebenwirkungen«, so Gauly. Bei der<br />
Verhaltenstherapie lernt der Patient Strategien gegen<br />
die dunklen Löcher. Gabriele Härtel erklärt:<br />
»Wir reden über die Ursprungsfamilie, das aktuelle<br />
soziale Umfeld und die Lebensinhalte. Danach<br />
finden wir für die Lücken neue Ressourcen: Was<br />
kann der Patient gut, was gibt ihm Kraft?« Manche<br />
Leute erleben nur eine Depression in ihrem Leben,<br />
andere werden öfter heimgesucht. »Die Schlüsselfrage<br />
ist: Wie gehe ich damit um?« Das A und O<br />
ist eine feste Alltagsstruktur. Benjamin ist jetzt<br />
23, er hat für sich gelernt, einen Weg<br />
zu finden, wo keiner ist – wie er es<br />
ausdrückt. Er hofft, die Krankheit<br />
bald noch kleiner zu kriegen. Ein offenerer<br />
Umgang mit der Krankheit<br />
würde ihm dabei helfen, aber unsere<br />
Gesellschaft macht es ihm schwer.<br />
In Amerika seien Sätze wie »I have<br />
a depression« weniger Tabu, meint<br />
Härtel, die zeitweise in den USA studiert<br />
hat. »In den letzten Jahren hat<br />
sich auch hier viel getan, man liest<br />
auch fernab von Fachmagazinen<br />
über Depression.« Aber es ist erst die<br />
Spitze des Tabus, die tropft. Depression<br />
gilt immer noch als Krankheit der<br />
Schwachen oder Verrückten. Wenn<br />
Leute zusammenbrechen, dann unter<br />
dem Deckmantel Burn-Out – das haben auch<br />
arbeitswütige Manager. Jeden Fünften sucht im<br />
Leben eine Depression heim. Zirka vier Millionen<br />
Deutsche sind aktuell depressiv. Manche stehen<br />
uns näher, als wir glauben, doch trauen sich nicht<br />
zu sprechen. Wolken aus Schwermut werden parfümiert<br />
mit Fröhlichkeit: Gesichtszüge kontrollieren,<br />
Verhalten anpassen, jetzt lachen – es strengt<br />
an. Zwischen innerer Gefühlstaubheit und äußerer<br />
Rolle scheint die eigene Identität zu zerrinnen.<br />
Hermann Hesse, Marilyn Monroe, Prinzessin<br />
Diana, Robbie Williams: Fernsehberichte über<br />
Depressionen beginnen mit berühmten Kranken,<br />
um »Normalität« zu schaffen. Benjamin würde ein<br />
körperliches Leiden vorziehen, eines ohne Stigma.<br />
Wir haben viel über seine Probleme geredet, das<br />
merkt auch sein Bauch. Beide brauchen eine Pause.<br />
Benjamin weiß, dass es auch diesmal vorbeigehen<br />
wird, der aufgeblähte Bauch und der dunkle Kopf.<br />
Dass er bald wieder lacht, über Scrubs oder so. Ich<br />
stelle eine letzte Frage: Was ihm hilft, wenn ihn<br />
eine dunkle Welle überrollt? Er meint, offen über<br />
seine Gefühle zu sprechen. Vielleicht steht vor mir<br />
kein jauchzender Mensch – aber ein ehrlicher, reflektierter<br />
junger Mann.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
titElthEMa<br />
9
titElthEMa<br />
10<br />
auSGEträuMt Mit frEud<br />
Sigmund Freud gilt als der Wegbereiter der Traumdeutung, doch heute halten<br />
nur noch wenige Traumforscher an seiner Theorie fest. Nach einer endgültigen<br />
Erklärung des Phänomens Traum sucht man immer noch vergeblich. Eins<br />
scheint jedoch unumstößlich: Jeder Traum beinhaltet eine Botschaft.<br />
Man wacht morgens auf und erinnert sich<br />
an bizarre Traumfetzen, die einem absolut<br />
unverständlich bleiben. Wer sich<br />
auf die Suche nach der Bedeutung seiner Träume<br />
begibt, wird früher oder später auf Sigmund Freud<br />
stoßen. Freud besaß in Wien eine Privatpraxis und<br />
wurde mit den Träumen seiner Patienten konfrontiert,<br />
die er systematisch zu untersuchen begann.<br />
1899 veröffentlichte er die »Traumdeutung«, die<br />
als radikaler Wendepunkt in der Psychologie gilt.<br />
Freud nahm an, dass der Mensch während der<br />
Nacht viele »Wünsche aus dem Unbewussten«<br />
habe, die seinen Schlaf unterbrechen würden,<br />
wenn er nicht im Traum die Erfüllung dieser Wünsche<br />
erlebte. Sie würden aber vom Bewusstsein<br />
abgelehnt, weshalb sie in einem Prozess namens<br />
»Traumarbeit« entstellt und in eine Geschichte<br />
verwandelt würden. Diese sei dann harmlos genug,<br />
um den Träumenden nicht aufzuwecken. Der<br />
Traum sei also der Hüter des Schlafs.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
text: nicklas Zehner | layout: luca leicht<br />
Schon zu Freuds Zeiten waren seine Thesen<br />
umstritten. Was ist zum Beispiel mit Angstträumen<br />
oder mit traumatischen Situationen, die sich<br />
ständig im Traum wiederholen? Wo soll dort die<br />
Wunsch erfüllung stattfinden? Hier versagt Freuds<br />
Theorie und über 100 Jahre später stimmt man<br />
Freud zwar zu, dass vereinzelte Träume – vor<br />
allem die von Kindern – Wunscherfüllungen<br />
darstellen, dann aber stößt man mit Freud an<br />
Grenzen. »Freuds Thesen finden in der heutigen<br />
Traumforschung aber keine Anwendung mehr«,<br />
sagt der Mannheimer Traumforscher Prof. Dr.<br />
Michael Schredl vom Zentralinstitut für seelische<br />
Gesundheit. Trotz seiner Irrtümer bleibt Freuds<br />
Verdienst, dass er den Traum zu einem seriösen<br />
Gegenstand der Forschung gemacht hat.<br />
So weit, so gut, aber was sind Träume denn jetzt<br />
genau? Auch wenn Freuds Thesen mittlerweile widerlegt<br />
sind, bis heute streiten sich die Traumforscher<br />
über diese Frage. Das Hauptproblem, dabei<br />
ist, dass der Traum nicht beobachtbar ist, nur über<br />
das Aufwecken und Befragen der Person kann<br />
man ihm näherkommen. Zumindest sind sich inzwischen<br />
die meisten Traumforscher einig, dass<br />
der Traum der Weiterverarbeitung der tagsüber<br />
aufgenommenen Informationen dient.<br />
Haben Träume nun eine Botschaft und kann<br />
man diese entschlüsseln? »Ja«, sagt Prof. Dr.<br />
Michael Schredl, »Träume isoliert zu betrachten<br />
macht jedoch keinen Sinn. Bei der heutigen<br />
Traumdeutung erzählt die Person, welche Gefühle<br />
sie im Traum erlebt hat, dann werden diese mit<br />
dem aktuellen Wachleben in Verbindung gebracht.<br />
Träume spiegeln generell die Stärken, Schwächen,<br />
Probleme und Wünsche eines Menschen wider.«<br />
»Die Traumdeutung ist (der Königsweg) zur<br />
Kenntnis des Unbewusstem im Seelenleben«, hat<br />
Freud einmal gesagt – und zumindest damit hat<br />
er Recht gehabt.
Pro: ich-BotSchaftEn<br />
Sind WEniGEr aGGrESSiv!<br />
Mit SaMthandSchuhEn<br />
Direkt mit dem Finger zeigen oder Rücksicht nehmen<br />
auf zarte Seelen – wie darf man Kritik äußern?<br />
layout: tobias fischer und luca leicht<br />
text: harriet hanekamp text: Susan djahangard<br />
Macht es<br />
wirklich einenUnterschied,<br />
ob ein Lehrer<br />
schimpft »Mach deinen<br />
Mund beim Gähnen zu,<br />
das ist ekelig!« oder ob<br />
er sagt »Es stört mich,<br />
wenn du dir beim Gähnen<br />
nicht die Hand vor<br />
den Mund hältst!«?<br />
Ja, macht es! Denn<br />
das eine ist einfach nur beleidigend<br />
– das andere kann man mit etwas<br />
Nachsicht noch verstehen. Sogenannte<br />
Ich-Botschaften sind weniger<br />
aggressiv, verallgemeinern nicht und<br />
drücken keine Bewertung oder Beschuldigung<br />
aus – sondern lediglich<br />
die persönliche Betroffenheit.<br />
Mit ihrer Hilfe kann man Kritik äußern,<br />
die ankommt und nicht verletzend<br />
wirkt.<br />
Dadurch kann verhindert werden,<br />
dass ein Schüler trotzig und feindselig<br />
wird oder eine Mauer um sich<br />
baut. Außerdem lernt er, wie sein<br />
Verhalten auf andere wirkt und kann<br />
es selbst bewerten und entsprechende<br />
Konsequenzen daraus ziehen.<br />
Tatsächlich führen negative Ich-<br />
Botschaften häufig zu Verhaltensänderungen.<br />
Denn mal ehrlich: Wer<br />
hört schon gerne von seinem Lehrer,<br />
dass es ihn anwidere, in den gähnenden<br />
Schlund eines Schülers sehen zu<br />
müssen?<br />
Contra: ich MöchtE<br />
KlarE KritiK!<br />
Wenn ich etwas<br />
mache<br />
und dafür<br />
ein Feedback bekomme,<br />
dann möchte ich<br />
auch das, was das Wort<br />
verspricht: Eine Rückmeldung,<br />
was gut war<br />
und vor allem, eine<br />
Rückmeldung, was ich<br />
hätte besser machen<br />
können. Damit ich das<br />
dann auch verbessern kann, brauche<br />
ich eine klare Ansage.<br />
Wenn man mir erzählt, was aus der<br />
ganz individuellen Perspektive unter<br />
Umständen vielleicht, aber natürlich<br />
auch nur nach dem jeweiligen subjektiven<br />
Eindruck hätte besser sein<br />
können, dann bin ich einfach nur<br />
verwirrt. Beim nächsten Mal werde<br />
ich kaum etwas Besseres abliefern<br />
können. Und kann im schlimmsten<br />
Fall gar nicht herausfinden, was ich<br />
wohl gut kann, und was eben weniger<br />
gut.<br />
Natürlich kann Kritik verletzend und<br />
beleidigend sein, aber Kritik ist da,<br />
um zu kritisieren. Auch ohne hundert<br />
Regeln, die das Feedbacken nur<br />
verwischen und verkomplizieren,<br />
kann man freundlich, aber bestimmt<br />
loswerden, was man eigentlich sagen<br />
möchte. Das zumindest finde ich, natürlich<br />
nur rein subjektiv und aus<br />
meiner ganz eigenen Perspektive.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
KoMMEntar<br />
11
MEinunG<br />
12<br />
KEinE SchuBladE für autiSMuS<br />
Autisten können Telefonbücher auswendig lernen,<br />
aber keine Beziehungen eingehen. Ein Gerücht.<br />
text: ruth hebsaker | layout: luca leicht<br />
Der typische Autist? Manch<br />
einem kommt da der Film<br />
»Rainman« in den Sinn, bei<br />
dem der autistische Hauptcharakter<br />
zwar sprachliche Probleme und<br />
mangelnde soziale Interaktionsfähigkeit<br />
zeigt, dafür aber zu außergewöhnlichen<br />
kognitiven Leistungen<br />
fähig ist. Sogenannte »Savants«,<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
die mit herausragenden kognitiven<br />
Fähigkeiten auffallen, sind unter<br />
Autisten recht selten. Grundlegend<br />
für das Störungsbild Autismus sind<br />
sprachliche und soziale Auffälligkeiten,<br />
genauso wie sehr spezifische<br />
Interessen. Den prototypischen Autisten<br />
gibt es aber nicht. Schon die<br />
englische Bezeichnung für mit Autismus<br />
assoziierte Störungen, »Autism<br />
Spectrum Disorders«, deutet<br />
darauf hin, dass sich jeder als autistisch<br />
diagnostizierter Mensch nur an<br />
einer Stelle auf einem breiten »autistischen<br />
Spektrum« befindet und sich<br />
Den prototypischen Autisten<br />
gibt es aber nicht.<br />
sehr stark von anderen Autisten unterscheiden<br />
kann.<br />
So finden sich in diesem Spektrum<br />
Menschen, die im Alltag auf fremde<br />
Hilfe angewiesen sind, genauso wie<br />
solche, die eigenständig leben und<br />
erfolgreich eine akademische Laufbahn<br />
bewältigen. Außerdem können<br />
Menschen Teil dieser Gruppe sein,<br />
die ein scheinbar normales Verhältnis<br />
zu sozialer und körperlicher Zuneigung<br />
haben, während andere von<br />
ihnen jegliche Berührungen oder<br />
Blickkontakte als sehr unangenehm<br />
empfinden. Für den einen Menschen<br />
mit Autismus kann es das Schönste<br />
sein, tagein und -aus von seinem<br />
Lieblingsthema, den elektrischen<br />
Schranken, zu erzählen, während<br />
ein anderer sein Leben lang kein<br />
Wort sagt. Ihnen ist gemein, dass sie<br />
Sinnesreize anders verarbeiten und<br />
dadurch ein anderer Blick auf die<br />
Welt entsteht. Dieser macht es ihnen<br />
meist sehr schwer, gesellschaftliches<br />
Geschehen und das Verhalten nicht<br />
autistischer Menschen nachvollziehen<br />
zu können. Autismus darf deswegen<br />
nicht als Krankheit betrachtet<br />
werden, sondern muss als eine Wesensart<br />
angesehen werden, die eine<br />
besondere Art von Erleben, Denken<br />
und Handeln mit sich bringt. Das<br />
heißt auch, dass das Ziel im Umgang<br />
mit autistischen Menschen<br />
nie die Heilung oder Beseitigung<br />
ihrer Andersartigkeit sein sollte. Es<br />
geht da rum, betroffenen Menschen<br />
zu helfen, in einer Gesellschaft, die<br />
nicht auf ihre Andersartigkeit ausgerichtet<br />
ist, ein gutes Leben zu ermöglichen.<br />
Obwohl sich autistische<br />
Autismus darf nicht als<br />
Krankheit, sondern muss als<br />
eine Wesensart angesehen<br />
werden.<br />
Menschen durch ihre Wesensart mit<br />
vielen Problemen konfrontiert sehen,<br />
würden die meisten ein Leben<br />
ohne Autismus nicht bevorzugen.<br />
Autismus ist ein Teil ihrer Identität<br />
und macht sie zu dem, der sie sind.
vErhaltEnSforSchunG<br />
in nadElStrEifEn<br />
text: henrike W. ledig | Seitenlayout: tobias fischer<br />
Zebras sind merkwürdige Tiere. Obwohl sie<br />
zur Gattung der Pferde gehören, kann man<br />
sie nicht reiten: Sie gelten als zu wild für<br />
die Domestikation und an ihrem 16. Rückenwirbel<br />
fehlt der Dornfortsatz. Nicht weiter tragisch? Irrtum!<br />
Denn dieser Fortsatz müsste horizontal stehen,<br />
um der Wirbelsäule zur sogenannten »Brückenkonstruktion«<br />
zu verhelfen und so dem Zebra<br />
eine Tragfähigkeit zu geben.<br />
Nur für eine Reihe Menschen stellen Zebras<br />
deshalb eine ausreichende Arbeitsgrundlage dar:<br />
Ethologen. Die studieren nämlich das Verhalten<br />
der Tiere. Erforscht werden unter anderem Jagd-<br />
und Kampftechniken, mit deren Hilfe Raubtiere<br />
wie Katzen, Reptilien und Insekten über ihr Revier<br />
herrschen und überleben, indem sie andere<br />
vernichten. Aber auch die Kunstfertigkeiten<br />
der Tarnung, die darauf abzielt, den potenziellen<br />
Fressfeind zu verwirren. Hier hat das Zebra schon<br />
dem einen oder anderen Forscher die Rente gesi-<br />
Ein KlEMpnEr, viElE naMEn<br />
text: franziska Stotz<br />
Der Begriff des »Seelenklempners«<br />
wird oft abwertend<br />
für den Beruf des<br />
Psychiaters verwendet. Oder für den<br />
des Psychologen? Halt mal, wer ist<br />
eigentlich wer?<br />
Ein Psychiater ist ein Arzt. Er<br />
hat Medizin studiert und eine Facharztausbildung<br />
absolviert. Er kümmert<br />
sich um die Behandlung von<br />
Menschen, die an einer seelischen<br />
Erkrankung leiden. Die Patienten<br />
werden in erster Linie medikamen-<br />
chert. Von einigen Zebrarassen<br />
sind nämlich<br />
die am weitesten verbreitet,<br />
die am ganzen<br />
Körper durchgehend gestreift<br />
sind. Die anderen<br />
mussten aussterben, da<br />
ihre Fellzeichnung nicht<br />
ausreichte, um einen Stroboskop-Effekt zu erzielen,<br />
wenn sie durch hohes Savannengras liefen.<br />
Im Ethologen-Deutsch heißt diese Art der Überlebenskunst<br />
»Somatolyse«. Sie schützt das Zebra<br />
nicht nur vor Fressfeinden, das Streifenmuster<br />
schützt auch vor blutsaugenden Insekten wie der<br />
Tse-Tse-Fliege, die allgemein als Krankheitsüberträger<br />
bekannt ist.<br />
Was können wir alle nun von den Pferden Afrikas<br />
lernen? Bei Streifen immer konsequent sein.<br />
tös behandelt, oft begleitet von einer<br />
Gesprächstherapie.<br />
Der Psychotherapeut – fälschlich<br />
oft mit einem Psychologen gleichgesetzt<br />
– kann von seiner Ausbildung<br />
sowohl Arzt als auch Psychologe<br />
sein. Dazu benötigt er aber zusätzlich<br />
zu seinem Studium eine drei- bis<br />
fünfjährige Therapieausbildung. Er<br />
versucht, den Patienten vor allem im<br />
therapeutischen Gespräch zu helfen.<br />
Der Patient soll seine Lebenssituation,<br />
seine seelischen und körperli-<br />
chen Beschwerden besser in ihren<br />
Ursprüngen verstehen und darauf<br />
aufbauen können. Je nach Therapierichtung<br />
sprechen Patient und<br />
Therapeut deshalb über triebhafte<br />
Strebungen und frühere Lebenserfahrungen<br />
oder über neue Verhaltensstrategien.<br />
Mit dem »Inneren des<br />
Menschen« beschäftigen sich also<br />
sowohl Psychotherapeuten als auch<br />
Psychiater – nur auf unterschiedlichen<br />
Wegen.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
WiSSEn<br />
13
EportaGE<br />
voM KriEG BErichtEn<br />
Ob aus dem Kosovo, Irak oder Afghanistan – Bilder und Geschichten aus Kriegsgebieten<br />
gehen täglich um die Welt. Sie stammen von Journalisten, die von dort<br />
berichten, wo keiner Urlaub machen will. Der Kriegsberichterstatter – ein Abenteurer,<br />
ein Militärnarr oder ein Journalist, dem authentische Nachrichten alles<br />
bedeuten? NOIR-Autorin Franziska Schwarzmann sprach mit Christian Thiels<br />
darüber, was ihn als ARD-Krisenkorrespondenten antreibt.<br />
text: franziska Schwarzmann | foto: thiels | layout: tobias fischer<br />
Ihre Tätigkeit führt Sie oft ins Ausland, auch<br />
in Krisen- und Kriegsgebiete. Wo waren Sie<br />
denn schon überall?<br />
Unter anderem war ich im Irak, da habe ich<br />
über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt<br />
fünf Monate verbracht. Mehr als ein Dutzend Mal<br />
war ich in Afghanistan, außerdem im Kongo, am<br />
Horn von Afrika, Libanon und natürlich auf dem<br />
Balkan.<br />
Wie gefährlich wurde Ihr Job bisher für Sie?<br />
Im Irak habe ich mehrfach lebensgefährliche Situationen<br />
erlebt – bei einer Live-Schaltung in die<br />
Tagesschau kamen wir unter Mörserbeschuss und<br />
vor dem Kongresszentrum in Bagdad standen wir<br />
in gefährlicher Nähe zu einem Raketeneinschlag.<br />
Auch in Afghanistan hat man nicht immer ein gutes<br />
Gefühl, wenn man unterwegs ist. Aber im großen<br />
Ganzen halte ich die Risiken in meinem Beruf<br />
für akzeptabel. Natürlich ist es in Kriegsgebieten<br />
gefährlicher als in der deutschen Provinz, aber<br />
selbst dort kann man vom Bus überfahren werden.<br />
Wenn man die Augen offen hält und keine unnötigen<br />
Risiken eingeht, dann hat man schon mal sehr<br />
viel richtig gemacht.<br />
Was war Ihr schönstes Erlebnis im Ausland?<br />
Ein einzelnes Ereignis kann ich gar nicht nennen.<br />
Es sind so viele wundervolle Begegnungen<br />
mit den Menschen in diesen Ländern. Viele haben<br />
jeden Tag existenzielle Sorgen und doch sind sie<br />
14 NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
unglaublich gastfreundlich und zugänglich. Da<br />
fühlt man sich als jemand aus dem Westen mit<br />
seinen vergleichsweise unbedeutenden Alltagssorgen<br />
ungeheuer klein. Solche Begegnungen erden<br />
mich und sie relativieren die Probleme, um die<br />
wir hier häufig so viel Aufhebens machen.<br />
Könnten Sie überhaupt noch »nur« in Berlin arbeiten<br />
und ausschließlich zum Beispiel über die<br />
Hauptstadtpolitik berichten?<br />
Natürlich ginge das. Sonst wäre ich womöglich<br />
ein Adrenalin-Junkie, der die Gefahr zum Glücklichsein<br />
braucht. Aber ich genieße es, dass meine<br />
Aufgaben mich auch immer wieder in andere Länder<br />
führen. Das empfinde ich als Privileg, auch<br />
weil ich dann etwa in Afghanistan sehr unmittelbar<br />
erlebe, welche Auswirkungen die politischen<br />
Entscheidungen in Berlin haben.<br />
christian thiels in afghanistan
Im Krimkrieg und im ersten Weltkrieg berichteten<br />
Journalisten direkt vom Schlachtfeld. Diese<br />
ersten Kriegsreporter wurden von der Krieg führenden<br />
Nation mitgenommen, sie waren also im<br />
wahrsten Sinne »embedded«. Wenn Sie ins Ausland<br />
gehen, gehen Sie dann als Schutzbefohlener<br />
der Bundeswehr?<br />
Das kommt sehr auf die Reise an. Wenn ich<br />
etwa einen Minister oder die Kanzlerin begleite,<br />
dann bin ich Teil der Delegation und stehe quasi<br />
automatisch unter dem Schutz der Bundeswehr.<br />
Bei anderen Reisen, wie etwa im Irak, waren wir<br />
auf eigene Faust im Land unterwegs und haben<br />
uns bewusst von den US-Truppen ferngehalten.<br />
Einerseits bieten Soldaten einen gewissen Schutz,<br />
andererseits sind sie immer auch ein ziemlich auffälliges<br />
Ziel für die Gegner.<br />
Können Sie noch frei berichten, wenn Sie wissen,<br />
dass Sie auf die Soldaten der Bundeswehr angewiesen<br />
sind?<br />
Es wäre schlimm, wenn wir nicht mehr frei<br />
berichten könnten. Ich persönlich habe niemals<br />
erlebt, dass man ernsthaft versucht hat, uns zu<br />
zensieren, um einen bestimmten publizistischen<br />
Effekt zu erzielen oder zu vermeiden. Auch in solchen<br />
Situationen muss der journalistische Grundsatz<br />
gelten, dass man sich seine Kritikfähigkeit<br />
nicht durch falsch verstandene Kameradschaft,<br />
durch Sympathie oder Antipathie trüben lässt.<br />
Das Posttraumatische Belastungssyndrom<br />
(PTBS), ein Trauma, das viele Menschen nach einer<br />
schrecklichen Situation oder einem schweren<br />
Schicksalsschlag begleitet, ist in der gesellschaftlichen<br />
Diskussion gegenwärtig. Hat man Sie in<br />
Ihrer Rolle als Krisenberichterstatter schon mal<br />
darauf angesprochen?<br />
Natürlich steht PTBS als Thema der Berichterstattung<br />
für uns ständig auf der Tagesordnung.<br />
Ganz persönlich möchte ich nur sagen, dass die<br />
Erlebnisse in Kriegs- und Krisengebieten nicht<br />
spurlos an einem vorüber gehen.<br />
Manche Agenturfotografen dürfen sich nur eine<br />
bestimmte Zeit im Ausland aufhalten und müssen<br />
dann für zwei Monate zurück nach Deutschland.<br />
Gibt es bei den Öffentlich-Rechtlichen ähnliche<br />
Regeln?<br />
Die ARD hat ihren Mitarbeitern in Kriegs- und<br />
Krisengebieten gegenüber natürlich eine besondere<br />
Verantwortung. Deshalb wird auch bei uns<br />
darauf geachtet, dass die »Stehzeit« in solchen<br />
Regionen immer begrenzt ist. Ich persönlich war<br />
nie mehr als sechs Wochen am Stück dort und bin<br />
intensiv auf solche Einsätze vorbereitet worden.<br />
Wahrscheinlich frage ich Sie nicht zum ersten<br />
Mal: Warum tun Sie sich das an? Haben Sie den<br />
Eindruck, mit Ihrer Berichterstattung etwas zu<br />
verändern?<br />
Meine Hauptmotivation ist meine journalistische<br />
Neugier. Unmittelbar Zeuge an einem Ort zu<br />
sein, an dem existenzielle Entwicklungen für ein<br />
Land, eine Region oder gar die ganze Welt geschehen,<br />
ist etwas ganz Besonderes. Die Möglichkeit,<br />
sich selbst vor Ort ein Bild zu machen und mit den<br />
betroffenen Menschen zu sprechen, ist ungeheuer<br />
reizvoll. Als Missionar oder Weltverbesserer<br />
verstehe ich mich allerdings nicht. Ich sehe meine<br />
Aufgabe in der Vermittlung von Fakten und<br />
unterschiedlichen Meinungen, und muss versuchen,<br />
möglichst viele unterschiedliche Facetten<br />
zu beleuchten. Am Ende soll sich mein Zuschauer<br />
daraus seine ganz eigene Meinung bilden. Wenn<br />
durch meine Berichterstattung Menschen auf<br />
Missstände aufmerksam werden und diese Missstände<br />
beseitigt werden, freut mich das natürlich.<br />
Krisen- und Kriegsregionen sind uns »normalen«<br />
Menschen kaum zugänglich, umso mehr<br />
hängt unsere Meinung von der anderer ab. Wie<br />
neutral ist das Bild, das uns die Medien von Kriegen<br />
und Konflikten vermitteln?<br />
Der mediale Eindruck von Kriegen und Konflikten<br />
ist leider fast zwangsläufig weniger differenziert<br />
als der, den man in friedlichen Regionen<br />
mit Demokratie und freier Presse erreichen kann.<br />
Die Einschränkungen, denen sich Journalisten<br />
in Kriegs- und Krisengebieten gegenüber sehen,<br />
haben Auswirkungen auf die Berichterstattung.<br />
Deshalb ist es so wichtig, immer wieder darauf<br />
hinzuweisen, dass viele Informationen nicht nachprüfbar<br />
sind, dass man oft nur eine Seite eines<br />
Konfliktes adäquat darstellen kann. Jeder Krieg ist<br />
auch ein Krieg um die Informationshoheit.<br />
Vielen Dank für das Interview.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
rEportaGE<br />
15
WiSSEn<br />
16<br />
Bei dem körpereigenen Neuropeptid Oxytocin<br />
handelt es sich laut Lehrbuch um<br />
ein sehr weibliches Hormon, das die Entstehung<br />
und das Ende einer Schwangerschaft beeinflusst.<br />
Ersteres durch Begünstigung der Spermienaszension<br />
und zweiteres durch Auslösen der<br />
Wehen. Auch nach der Geburt wird Oxytocin<br />
zum Stillen benötigt, da es durch Kontraktion der<br />
Milchdrüsen die Milchsekretion bewirkt. Beim<br />
Mann soll Oxytocin die Kontraktion des Samenleiters<br />
bei der Ejakulation fördern.<br />
Soweit also die physiologische und unumstrittene<br />
Wirkung, die zum Teil schon vor rund 100<br />
Jahren beschrieben werden konnte. Zu den neueren<br />
Entdeckungen zählt die Schlüsselfunktion<br />
des Hormons in komplexem menschlichem und<br />
tierischem Sozialverhalten wie der Mutter-Kind-<br />
Bindung.<br />
Oxytocin scheint laut seinen vielen Beinamen<br />
regelrechte Wunder zu bewirken. Eine Substanz<br />
also, die nur Empathie und prosoziales Verhalten<br />
fördern soll? Nach Einschätzungen von Prof. Dr.<br />
Heinrichs, am Lehrstuhl für Biologische und Differentielle<br />
Psychologie der Uni Freiburg, kommt<br />
auf 200 Publikationen zum Themengebiet Oxyto-<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
MythoS oxytocin<br />
»Wunderstoff«, »Botenstoff der Liebe«, »Treuehormon«, »Kuschelhormon«, »Anti-Angst-<br />
Hormon« – unter vielen Namen kursiert das Hormon Oxytocin seit einiger Zeit nicht mehr<br />
nur in unserem Blutkreislauf sondern auch durch die Medien. Manchmal entsteht dabei<br />
eher der Eindruck von einer fast magischen Substanz als von belegter Wissenschaft.<br />
Oxytocin – eine Substanz, die nur Empathie<br />
und prosoziales Verhalten fördert?<br />
text & illustration: diana Moll | layout: tobias fischer<br />
cin und seine sozialen Wirkungen eine mit der<br />
Aussage »das könnte auch mal negative Effekte<br />
haben«.<br />
Als eine Skurrilität bezeichnet der Pionier der<br />
Oxytocinforschung am Menschen, dass einige<br />
Wissenschaftler das »Kuschelhormon« in der Vergangenheit<br />
nicht nur mit einer Verstärkung des<br />
Gruppenzusammenhalts in Verbindung brachten,<br />
sondern auch mit der Förderung von Aggressionen<br />
gegenüber anderen Gruppen. Diese Aggressionen<br />
sind evolutionär gesehen aber als defensiver<br />
Schutz der eigenen Gruppe zu betrachten. Oxyto-<br />
Kann man Vertrauen »einatmen«,<br />
so wie es die Medien suggerieren?<br />
cin fördert also keine Aggressionen, sondern die<br />
Bereitschaft, vertraute Menschen zu schützen.<br />
Nur ca. 0,2 Prozent von intravenös verabreichtem<br />
Oxytocin können die Blut-Hirn-Schranke<br />
überwinden und somit im Gehirn soziales Verhalten<br />
steuern. Deshalb wurde Oxytocin in Studien<br />
stets über Nasensprays verabreicht. Kann man<br />
Vertrauen also wörtlich »einatmen«, so wie es<br />
manchmal die Medien suggerieren?<br />
»Es gibt bisher keinen Beweis dafür, dass Oxytocin<br />
auf diesem einfachen Weg ins Gehirn gelangt«,<br />
entgegnet Valery Grinevich. Dennoch möchte er<br />
nicht ausschließen, dass sehr hohe Konzentratio
nen bis ins Hirn vordringen können. Er selbst ist<br />
Leiter einer Forschungsgruppe, die den Transport<br />
von Oxytocin an seine Wirkorte untersucht.<br />
Oxytocin würde sehr schnell abgebaut werden,<br />
auch durch Enzyme im Gehirn. Wie dringt<br />
es also in die betreffenden Hirnregionen vor, um<br />
dort das Verhalten zu regulieren? »In unserer Studie<br />
konnten wir zeigen, dass Oxytocin sehr gezielt<br />
über Nervenbahnen an seine Wirkorte im Gehirn<br />
gelangt und nicht durch zufällige Verteilung, wie<br />
sie beim Einatmen stattfindet. Unsere Beobachtung<br />
spricht in gewisser Weise gegen die Effizienz<br />
der nasalen Applikation.« Sind also alle bisher gemachten<br />
Studien zu sozialen Auswirkungen von<br />
Oxytocin via Nasenspray hinfällig?<br />
»Wenn man Peptide ins Gehirn bringen möchte,<br />
dann geht das nach unserem jetzigen Wissensstand<br />
ausschließlich über die Nase – dies<br />
Ob es wirklich so wirkt, wie vermutet,<br />
wird sich erst noch zeigen.<br />
wurde bei Tier und Mensch wiederholt gezeigt«,<br />
widerspricht Heinrichs. Und so steht Aussage gegen<br />
Aussage. »Soweit ich weiß, versuchen zurzeit<br />
mehrere Forschungsgruppen, dieses Problem zu<br />
lösen. Daher denke ich, dass wir innerhalb eines<br />
Jahres eine klare Antwort bekommen sollten«,<br />
beschwichtigt Grinevich. Dass das Nasenspray<br />
wirkt, scheint bewiesen zu sein. Ob es wirklich so<br />
wirkt, wie vermutet, wird sich zeigen.<br />
»Oxytocin bewirkt eine Steigerung von Vertrauen,<br />
von Blickkontakt, von effizienter Angst-<br />
und Stresskontrolle. Eine verbesserte Emotionserkennung<br />
ist dabei das Verblüffendste«, beschreibt<br />
Heinrichs die Substanz, an der er seit vielen Jahren<br />
forscht.<br />
»In der Oxytocin-Forschung schauen wir gezielt<br />
auf die am schwersten oder gar nicht zu therapierenden<br />
Störungen. Beispielsweise Autismus, der<br />
bis heute nicht heilbar oder nicht wirklich therapierbar<br />
ist – leider.« Doch kann Oxytocin diese<br />
Notwendige Verhaltensänderung sind nur<br />
in einer Psychotherapie zu erlernen.<br />
Lücke in den Behandlungsmöglichkeiten wirklich<br />
füllen? Heinrichs meint, dass die dringend notwendige<br />
Verhaltensänderung bei einer solchen<br />
Erkrankung letztlich nur in einer Psychotherapie<br />
zu erlernen ist: »Das Oxytocin, so erkläre ich es<br />
Ärzten und Therapeuten, könnte dabei den entscheidenden<br />
Rückenwind geben.« Eine Kombinationstherapie<br />
sei der richtige Ansatz: »Ein Peptid alleine<br />
geben: Das würde wahrscheinlich gar nichts<br />
bringen.« Oxytocin hilft nur, die Schwelle für soziale<br />
Interaktionen zu überschreiten. »Wir wollen<br />
ein biologisches System, das offensichtlich brach<br />
liegt, oder nicht optimal funktioniert, regelrecht<br />
anstoßen.« Das Ziel ist also nie eine Langzeitmedikation<br />
mit Oxytocin, wie es oft bei Psychopharmaka<br />
der Fall ist.<br />
Obwohl Autismus sehr früh diagnostiziert werden<br />
kann, kann bislang nicht wirklich geholfen<br />
werden. Die Schwierigkeit liegt in der Vielseitigkeit<br />
des Krankheitsbildes. Heinrichs glaubt, dass<br />
Oxytocin zwar nicht allen aber zumindest gewissen<br />
Subgruppen des Autismus Hoffnung geben<br />
kann.<br />
»Man muss allerdings aufpassen, dass man<br />
eine Substanz, die im Moment für sehr viel Furore<br />
sorgt, nicht überschätzt und gegen alles gibt«,<br />
entzaubert er ein wenig den schönen Mythos des<br />
Oxytocin.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
WiSSEn<br />
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EportaGE<br />
18<br />
ZWiSchEn BratWurSt,<br />
EiSBEin und GEpardEn<br />
Wie sieht eine ehemalige deutsche Kolonie in Afrika heute aus?<br />
NOIR-Autorin Henrike W. Ledig stolperte bei ihrer Arbeit als<br />
Volontärin auf einer Wildfarm über Spuren der Geschichte.<br />
text & foto: henrike W. ledig | layout: tobias fischer<br />
»<br />
Als meine Tochter kurz vor Weihnachten<br />
anrief, wusste ich, sie kommt nicht mehr<br />
zurück«, erzählt mir meine Sitznachbarin<br />
im Flugzeug, eine ältere Belgierin mit braunem<br />
Lockenkopf. Die Tochter arbeitete als Tierärztin in<br />
England, bis sie sich spontan entschloss, Urlaub in<br />
Namibia zu machen. Mittlerweile ist sie glücklich<br />
verheiratet und ihre Mutter besucht sie zwei Mal<br />
im Jahr. Namibia, so erzählt mir meine Sitznachbarin,<br />
habe auf manche Menschen eine stark einnehmende<br />
Wirkung. Viele verlieben sich binnen<br />
weniger Tage in dieses Land, manche wollen gar<br />
nicht mehr gehen. Welche Wirkung Namibia auf<br />
mich hat, das will ich in den nächsten Tagen herausfinden.<br />
Nach elf Stunden Flug landen wir in der Hauptstadt<br />
Windhoek. Hier verabschiedet sich die aufgeschlossene<br />
Belgierin von mir und wünscht<br />
mir die schönste Zeit meines Lebens. Mit diesem<br />
warmen Gruß laufe ich über das kalte Rollfeld<br />
zum Flughafengebäude. Es ist kurz nach fünf Uhr<br />
morgens, die Temperatur liegt bei frischen sieben<br />
Grad Celsius. Namibia liegt auf der Südhalbkugel.<br />
Während in Deutschland alle schwitzen, ist es in<br />
Namibia Winter und somit Trockenzeit.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
11.100 Kilometer bis berlin<br />
Das Gepäck in der gebuchten Lodge abgegeben,<br />
schlendere ich nur ein paar Stunden später durch<br />
die Straßen der Stadt mit dem niederländischen<br />
Namen. Für jeden Besucher, der Deutsch spricht,<br />
hat Windhoek die ein oder andere<br />
Überraschung parat: Im »Hotel zum<br />
Sperrgebiet« gibt es Wiener Schnitzel,<br />
Bratwurst und Eisbein auf der<br />
Speisekarte. Die Stephans Kirche<br />
befindet sich nur ein paar Meter<br />
entfernt von der »Deutschen Höheren<br />
Privatschule«. Vor deren Tor<br />
steht ein großes Schild mit der Aufschrift<br />
»Berlin – 11.100 Kilometer«<br />
und darunter prangt ein aufrecht<br />
stehendes Bärenkind. »Natürlich ist<br />
das ein bisschen seltsam für jeden<br />
Besucher«, erzählt mir Selma, die<br />
Rezeptionistin der Chameleon Backpackers<br />
Lodge, »aber seit der Zeit gehört<br />
Bratwurst nun mal auch zu unserer<br />
Kultur.« Mit der Zeit meint sie<br />
die Jahre von 1884 bis 1915, in denen<br />
Namibia eine deutsche Kolonie war.<br />
Erst als die Deutschen den ersten<br />
Weltkrieg verloren, wurde Namibia<br />
unabhängig. Aber bis dahin hatten<br />
die Namibier eine Menge Zeit, die<br />
Bräuche der Kolonialherren zu übernehmen.<br />
Viele Deutschstämmige leben<br />
immer noch hier, etwa die Hälfte<br />
der Bevölkerung ist der deutschen<br />
Sprache mächtig.<br />
Auch wenn Windhoek mit breiten<br />
Straßen und den vielen Autos, die
keinen Verkehrsregeln zu folgen scheinen, sehr<br />
überfüllt wirkt, hat Namibia mit insgesamt 2,3<br />
Millionen vergleichsweise wenig Einwohner. Die<br />
meisten bevölkern die wenigen großen Städte wie<br />
Swakopmund, der Rest lebt auf Farmen auf dem<br />
Land.<br />
naChbarn erst in über 10 Km entfernung<br />
»Wenn dein Nachbar näher als zehn Kilometer<br />
an dir dran wohnt, fühlt man sich hier gleich bedrängt«,<br />
erzählt John, der mit seinen Eltern eine<br />
Gästefarm betreibt, auf der den Besuchern das<br />
Westernreiten und das Zusammentreiben von<br />
großen Rinderherden beigebracht wird. Als wir<br />
einen Berg erklommen haben, deutet John, dessen<br />
Großeltern ursprünglich aus Deutschland hierher<br />
kamen, in die Ferne: »Seht ihr die Berge dort hinten?<br />
Bis dahin reicht unser Grundstück.«<br />
300 Kilometer nordöstlich von Windhoek liegt<br />
die Harnas Wildlife Foundation. Harnas ist die älteste<br />
Farm in Namibia, die zur Arbeit mit verletzten<br />
oder verwaisten Wildtieren Volontäre aus aller<br />
Welt sucht. Die Farm erreicht man gut – in dem<br />
vergleichsweise reichen Namibia sind alle Straßen<br />
gut geteert. Den Wohlstand verdankt Namibia besonders<br />
einer Einreisebestimmung: Namibia ist<br />
das einzige Land in Mittel- und Südafrika, in dem<br />
die Wildjagd durch Touristen erlaubt ist und in<br />
Volontäre bei der Arbeit:<br />
Auf der ältesten<br />
Farm Namibias werden<br />
verletzte oder verwaiste<br />
Wildtiere aufgepäppelt.<br />
das man Waffen problemlos einführen darf. Viele<br />
Lodges lassen sich die Jagdausflüge auf Springböcke,<br />
Gnus und ähnliches Wild gut bezahlen – ein<br />
Teil des Geldes geht direkt an den Staat.<br />
Harnas ist für Farmer aus ganz Namibia und<br />
für Zoos aus umliegenden Ländern die einzige<br />
Anlaufstelle, wenn es um Wildtiere geht. Über<br />
die Jahre hat sich eine gewaltige Anzahl Tiere angesammelt,<br />
die von Volontären versorgt werden.<br />
Während der ersten Tage haben die Volontäre oft<br />
großes Heimweh oder Probleme mit dem Klima.<br />
Deswegen suchen sie sich ein Tier, mit dem sie für<br />
die nächsten Wochen eine besondere Bindung eingehen,<br />
mit ihm im Käfig sitzen, ihm kleine Extra-<br />
Portionen geben oder einfach nur mit ihm sprechen.<br />
Harnas hat für jeden ein Erlebnis parat: Ob man<br />
sich mit den wilden Pavianen einlässt, mit den Geparden<br />
unter freiem Himmel schläft oder dem Papagei<br />
»Neko« ein neues Wort beibringt. Nur allgemein<br />
zimperliche Gemüter haben es schwer: Das<br />
Auseinandernehmen von frischgeschlachteten<br />
Eseln und die Gemeinschaftstoiletten im Busch<br />
gehören leider ebenso zum Farmleben wie das Flaschenfüttern<br />
der verwaisten Tierbabies.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
rEportaGE<br />
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WiSSEn<br />
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NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
untErSchWElliG vErKauft<br />
Wer von uns glaubt nicht, gegen Werbespots immun zu sein? Aber<br />
Werbespots, Jingles und Plakate sind immer ein ganzes Stück subtiler,<br />
als wir glauben – und ziehen uns das Geld aus der Tasche.<br />
Einerseits wissen<br />
wir heute<br />
besser über<br />
unsere Gefühle und<br />
unser Handeln Bescheid<br />
als je zuvor, andererseits<br />
wird genau<br />
das Wissen genutzt,<br />
um Menschen an der<br />
Nase herumzuführen.<br />
Die gesamte Werbeindustrie<br />
basiert auf Psychologie – Farben, Formen,<br />
Musik und Zahlen werden eingesetzt, damit wir<br />
kaufen, was wir kaufen. Jede gute Werbung spricht<br />
unsere Gefühle an, nicht unseren Verstand. »Werbung<br />
ist die Kunst, die Intelligenz eines Menschen<br />
so lange gefangen zu nehmen, wie man braucht,<br />
um Geld aus ihm herauszuleiern!«, meinte der kanadische<br />
Politikwissenschaftler Stephen Leacock<br />
einst.<br />
Werbung folgt der Formel AIDAS: Attention, Interest,<br />
Desire, Action, Satisfaction. Zuerst braucht<br />
man die Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden.<br />
Bei TV-Werbung funktioniert das dadurch,<br />
dass man die Werbung mit höherer Lautstärke<br />
aus dem Fernsehgerät schallen lässt, als der eigentliche<br />
Spielfilm. Dann wird unser Interesse<br />
geweckt – die Leute in dem Clip scheinen Spaß zu<br />
haben! Wer sich denkt »Das will ich auch!«, ist auf<br />
dem besten Weg zur Kasse. Der Kunde muss mit<br />
dem Kauf aber auch zufrieden sein, um die Handlung<br />
bald zu wiederholen. Dieses Bemühen offenbart<br />
sich in jeder Kaufhaus-Rechnung: »Vielen<br />
Dank, dass Sie sich für ein Produkt aus unserem<br />
Hause entschieden haben!«<br />
text: leonie Müller | layout: tobias fischer<br />
Hast du dich schon mal gefragt, warum alles<br />
um uns 19,95 Euro kostet und nicht glatte 20 Euro?<br />
Natürlich erscheint uns 19 niedriger als 20, aber<br />
das Geheimnis liegt noch tiefer im menschlichen<br />
Gehirn vergraben. Wann immer wir etwas kaufen,<br />
wissen wir, dass jemand – unabhängig von<br />
den wahren Produktionskosten – daran verdient.<br />
Unbewusst überlegen wir, wie groß wohl die Differenz<br />
zwischen Wert und Preis des Produkts ist.<br />
Bei geraden und runden Summen halten wir diese<br />
Differenz für größer (»20 Euro? Das ist bestimmt<br />
nur 15 Euro wert …«), bei ungeraden Summen hingegen<br />
für niedriger (»Wenn das 19,95 Euro kostet,<br />
hat das vielleicht einen wahren Wert von 17,95<br />
Euro …«).<br />
Gerade beim Konsumverhalten zeigt sich, dass<br />
wir als Einzelpersonen in einer Gesellschaft leben<br />
und seit jeher das Bedürfnis haben, zu dieser<br />
Gruppe zu gehören. Die Werbepsychologie macht<br />
sich das zu Nutzen. Sie spricht vom Social Proof:<br />
der sozialen Bestätigung. Du willst etwas auf eBay<br />
verkaufen? Fang mit einem niedrigen Preis an. Je<br />
niedriger der Anfangspreis, desto mehr Menschen<br />
bieten mit, desto erstrebenswerter erscheint ihnen<br />
das Produkt, desto höher wird das letzte Gebot liegen.<br />
Den gleichen Effekt hat der Promi, der dir die<br />
neueste Zahnpasta oder Spielkonsole andrehen<br />
will: Der hat‘s schließlich an die Spitze geschafft!<br />
Und der benutzt dieses Produkt? Das kann ja nur<br />
gut sein.
dEr SEliGE naZi<br />
Er lässt ihn nicht los. Immer wieder schlägt der Mann in den schwarzen<br />
Springerstiefeln auf seinen türkischen Nachbarn ein. Er schlägt ihn, weil er<br />
anders ist. Anders aussieht, anders riecht, anders geht, anders lacht. Er<br />
passt nicht in seine Welt. Verschiedenheit irritiert ihn, ist ihm fremd. Diese<br />
schwarzen Augen sind ihm fremd. Kann man Fremdenfeindlichkeit erklären?<br />
text: lisa Kreuzmann | layout: tobias fischer<br />
Wenn wir uns selig fühlen, meinen<br />
wir damit ein Hochgefühl. Wir sind<br />
ausgeglichen, wir sind zufrieden. Ein<br />
gutes Gefühl; ein schönes Wort. Bestimmt nicht<br />
die erste Wahl, um einen Rechtsradikalen zu beschreiben.<br />
Doch auch er ist selig. Er ist feindselig.<br />
Wie kann das passen? Warum sind wir selig,<br />
wenn wir Feinde haben? Der Psychoanalytiker<br />
Thomas Auchter hat sich vor über zwanzig Jahren<br />
mit genau dieser noch immer aktuellen Frage beschäftigt<br />
und versucht, Fremdenhass psychoanalytisch<br />
zu erklären.<br />
Nach Auchter liegt der Ursprung von Fremdenangst<br />
in der sogenannten analen Phase – eine der<br />
Entwicklungsstufen in der Psychoanalyse nach<br />
Sigmund Freud. Im Alter von zwei bis drei Jahren<br />
beginnt das Kind, eine Beziehung zu sich selbst<br />
aufzubauen. Dabei steht es vor der Aufgabe, neben<br />
der neu entdeckten Selbstbeziehung auch diejenige<br />
zu seiner Umwelt aufrecht zu erhalten – ein<br />
Balanceakt. Das Kleinkind kann die Abhängigkeit<br />
von den Eltern einerseits nicht länger ertragen<br />
und muss doch lernen, dass es nie vollkommen<br />
unabhängig von Anderen sein wird.<br />
Gelingt dieser Balanceakt nicht,<br />
wird der ausgewachsene Mensch intolerant<br />
und versucht verbissen, an<br />
Vertrautem festzuhalten. Sich auf<br />
Kompromisse einzulassen, schafft<br />
er nicht. Andere spielen in seiner<br />
Welt keine Rolle, der pathologische<br />
Narzist, wie Auchter ihn nennt, lebt<br />
in vollständiger Ich-Bezogenheit,<br />
neigt zur Selbst-Idealisierung und<br />
Omnipotenzvorstellungen. Seine<br />
Welt ist eine fertige Welt. Entwick-<br />
lung und Fortschritt gibt es nicht; Veränderung<br />
will er nicht. Was der pathologische Narzist nicht<br />
kennt, frisst er nicht; wen er nicht kennt, mag er<br />
nicht. Laut Auchter hat der Mann in den Springerstiefeln<br />
ein gestörtes Selbstbewusstsein: den<br />
Spagat zwischen der Beziehung zu sich und zu den<br />
Anderen hat er nicht geschafft.<br />
Fremd sind aber nicht nur die Anderen, auch der<br />
eigene Charakter und die eigenen Macken können<br />
fremd werden. Der Mann in den Springerstiefeln<br />
kann damit nicht umgehen. Das »fremde eigene<br />
Böse«, wie Auchter es nennt, macht ihm Angst. Er<br />
will es nicht, er begreift es nicht. Er schlägt weiter<br />
zu. Er schlägt, um gegen das Böse und Unbekannte<br />
in ihm anzukämpfen. Der fremde Mann in<br />
seiner Gewalt wird Sinnbild für all das Fremde,<br />
das er nicht versteht und vertreiben muss. Verstehen?<br />
Nur schwer. Erklären? Auchter macht das so:<br />
Der Fremde ist Ventil für den »Seelenmüll«, den<br />
der Rechte nicht erträgt. Der Mann in den Stiefeln<br />
ist feindselig, um seine Welt glatt zu halten. Eine<br />
Welt, in der ihn Neues und Unbekanntes nicht länger<br />
ängstigen muss.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
rEportaGE<br />
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KoluMnE<br />
22<br />
KEin hEiMvortEil –<br />
Ein pSycholoGEnKind iM WahnSinn<br />
text & fotos: theresa rath | layout: tobias fischer<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
Ich wurde als Kind zweier Diplompsychologen<br />
geboren. Man könnte annehmen, dass ich die<br />
beste Erziehung genossen habe. Schließlich<br />
haben meine Eltern fünf Jahre Bücher gewälzt und<br />
ihr Innerstes nach Außen gekehrt. Aber, Aber! Es<br />
gibt einen Unterschied zwischen dem adäquaten<br />
Umgang mit den Klienten und dem eigenen Kind.<br />
Psychologie funktioniert subtil. Und mit den<br />
Patienten ist ein subtiler Umgang ratsam, wenn<br />
man nicht ständig eine Klage wegen Beleidigung<br />
am Hals haben will. In der Beziehung zum eigenen<br />
Kind jedoch können Doppelmoral und zusammenhanglose<br />
Bestrafungen seltsame Verhaltensweisen<br />
auslösen.<br />
Und so ging es mir als Kind dieser überpsychologisierten<br />
Eltern: Ich wurde seltsam und kam mir<br />
auch so vor. Aber dann fand ich bei meiner Mutter<br />
ein Buch: Anna Freud – Psychoanalyse für Pädagogen.<br />
Dieses Buch wurde zu meiner Bibel. Das Gefühl<br />
des Seltsamseins löste sich auf und an seine Stelle<br />
trat ein umfassendes Verstehen und eine Erleichterung<br />
über mein Freisein von aller Schuld. Ich<br />
erfuhr, wie ich Entwicklungsstufe um Entwicklungsstufe<br />
gegen die Wand gefahren wurde. Als<br />
erstes in der oralen Phase, in der das Urvertrauen<br />
des Kindes entwickelt werden soll. Meins nicht.<br />
Nach dem Abitur tat ich mich schwer mit der Berufswahl:<br />
Medizin, Jura, Mathematik, Biologie,<br />
Geschichte … Alles schien mir zu gering, kurz und<br />
gut: zu klein. Aber woher mochte das rühren? Die<br />
Antwort auf diese Frage fand ich in meiner oralen<br />
Phase.<br />
Meine Mutter hatte schon immer eine recht kleine<br />
Oberweite. Die ersten neun Monate meines Lebens<br />
säugte sie mich aus diesen kleinen Brüsten.<br />
Da aber ein Baby seine Umgebung nur mit dem<br />
Mund erforscht und wenig anderes tut als schlafen<br />
und saugen, kam mir die A-Körbchen Welt, in der<br />
ich mich bewegte, entsetzlich klein vor. Ich suchte<br />
nach einem Halt, aber da war nichts. Mein oralkaptatives<br />
Antriebserleben verfing sich in Brustbeinen<br />
und Schulterblättern. Seitdem ist in mir der<br />
Wunsch nach etwas Größerem. Es zieht mich in<br />
Weltstädte und zu riesigen Themenbereichen. Die<br />
Welt ist nicht genug für mich. Auch mein Jurastudium<br />
befriedigt mich nicht. Daher erwäge ich nun,<br />
Astronomie zu studieren – um an unserem Universum<br />
einmal wahre Größe zu erfahren.
Meiner kleinen Welt wurde ein plötzliches Ende<br />
gesetzt. Mit neun Monaten erkrankte ich an Lungenentzündung.<br />
Ich musste ins Krankenhaus und<br />
die kleinen Brüste meiner Mutter stellten schwupp<br />
di wupp ihre Milchproduktion ein. Als ich zurückkehrte,<br />
war nichts mehr wie zuvor. Man hatte meine<br />
kleine Welt durch NUK-Fläschchen mit Elastiksaugern<br />
ersetzt. Das Trauma setzte sich fest.<br />
Vierzehn Jahre nach meiner Erkrankung stellte<br />
ich das Essen ein, wohl mit dem Hintergedanken,<br />
an den Tropf zurückzukehren.<br />
Auch in der analen Phase lief es trotz des Fachwissens<br />
meiner Eltern nicht besser. In dieser Phase<br />
lernen Kinder, aufs Klo zu gehen. Es geht um Autonomie,<br />
darum, wann sie den Besitz ihres Körpers<br />
abgeben und wann sie ihn behalten. Kinder,<br />
die streng zur Reinlichkeit erzogen werden, können<br />
grobe Schäden davontragen.<br />
Ich brauchte mit gerade zwei Jahren nicht mehr<br />
gewickelt zu werden. Das Thema Kot war ein<br />
peinliches und ich sollte mich nicht damit auseinandersetzen.<br />
So entwickelte ich mich schon früh<br />
zur Zwangsneurotikerin. Ich ziehe noch heute<br />
zwanghaft Stecker und behandle den Dreck dieser<br />
Gesellschaft mit neurotischer Arroganz, um<br />
ihn mit meinem zwanghaften Ordnungswahn zu<br />
eliminieren. Böse Kommentare oder abwertende<br />
Blicke entschlüpfen mir unkontrolliert. Seit ich<br />
den Grund dafür kenne, backe ich öfter Kuchen.<br />
Das soll Kindern anstelle von Kot dazu dienen, ihr<br />
intentionales Antriebserleben auszuleben.<br />
Da meine Psychologen … äh … Eltern nach dem<br />
Motto »Wenn schon, denn schon« handelten, nun<br />
meine phallische Phase:<br />
Die Entwicklung von Kindern vollzieht sich in<br />
Stufen. Jede Phase baut auf der vorherigen auf.<br />
Beim Eintritt in die phallische Phase war ich mit<br />
Fixierungen aus der oralen und der analen Phase<br />
gespickt.<br />
Man glaubt gar nicht, was man bei Kindern alles<br />
falsch machen kann! Eigentlich denkt man ja,<br />
es sei nur recht und billig, wenn das eigene Kind<br />
nicht in die Toilette greift und mit seinem Kot<br />
spielt, aber mich hatte das zur Zwangsneurotike-<br />
rin gemacht. Derartig prädisponiert sollte ich die<br />
sexuellen Beziehungen erforschen. Mir boten sich<br />
keine besonders guten Aussichten. Wenige Monate<br />
zuvor hatten meine Eltern sich getrennt und<br />
mein Vater war hinter der Fassade seiner Minibar<br />
verschwunden. Während andere Mädchen ihre<br />
Väter unter der Dusche beobachteten, konnte ich<br />
nichts Derartiges tun.<br />
In der phallischen Phase wollen Kinder das<br />
andersgeschlechtliche Elternteil ganz für sich<br />
gewinnen. Gleichzeitig versuchen sie, das gleichgeschlechtliche<br />
Elternteil zu ersetzen. Diese Möglichkeit<br />
war mir durch das Fehlen eines Vaters genommen.<br />
Ich entwickelte eine blühende Fantasie,<br />
um das Fehlen meines Vaters zu kompensieren.<br />
Man sah mich häufig wild gestikulierend umhergehen,<br />
mit Gegenständen sprechen und nicht vorhandenen<br />
Personen zuwinken. Auch heute noch<br />
habe ich Probleme mit meiner sexuellen Identität<br />
und fühle mich aufgrund der langen Zeit, die ich<br />
allein verbracht habe, mir selbst am nächsten. Ich<br />
finde meinen eigenen Körper unheimlich attraktiv.<br />
Mir ist noch niemand begegnet, der mit mir<br />
mithalten konnte.<br />
Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie sehr mir<br />
Anna Freuds Buch geholfen hat. Ich verstehe nun,<br />
wie das Verhalten meiner Eltern mich geprägt hat:<br />
der Alkoholismus meines Vaters, die Kleinbusigkeit<br />
meiner Mutter, meine frühe Erziehung zur<br />
Reinlichkeit. Ich erwarte von meinen Eltern nicht<br />
mehr, dass sie ihr Verhalten reflektieren. Ich bin<br />
bereit, alles zu vergeben, insbesondere meine eigenen<br />
Fehler. Denn der freie Wille ist eine Illusion.<br />
Und selbst ausgebildete Psychologen können sich<br />
ihren eigenen frühkindlichen Phasen nicht entziehen.<br />
Selbst Psychologen sind am Ende nur Menschen.<br />
NOIR-Autorin Theresa Rath,<br />
21 Jahre, studiert in Berlin<br />
Jura und veröffentlicht<br />
im September ihren ersten<br />
Kurzgeschichtenband.<br />
NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
KoluMnE<br />
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quErBEEt<br />
hauptfach: pädaGoGiK und pSycholoGiE<br />
text & foto: Bettina Schneider | layout: tobias fischer<br />
Warum haben wir Ängste? Wie entsteht<br />
eigentlich das Gewissen? Und<br />
was hat dieser Sigmund Freud so<br />
gemacht? Antworten auf diese und viele weitere<br />
Fragen erhält man man im 6-stündigen Profilfach<br />
»Pädagogik und Psychologie«, das an Sozialwissenschaftlichen<br />
Gymnasien (SG) unterrichtet<br />
wird. Grundwissen für spätere Studienfächer<br />
wie Soziale Arbeit, Erziehungswissenschaften<br />
und natürlich Psychologie werden hier vermittelt.<br />
Man muss sich bei diesen beruflichen Gymnasien<br />
allerdings auch auf haufenweise Textarbeit, unzählige<br />
Diskussionen und viel Auswendiglernen<br />
vor den Klausuren einstellen. Nach der Mittleren<br />
Reife also doch lieber auf ein Technik- oder Wirtschaftsgymnasium<br />
wechseln? Auf keinen Fall,<br />
war für einen Schüler klar, der dieses Jahr sein<br />
Abitur an einem SG gemacht hat: »Mal ehrlich:<br />
Pädagogik und Psychologie können spannender<br />
iMprESSuM<br />
noir ist das junge Magazin<br />
der <strong>Jugendpresse</strong> Baden-<br />
Württemberg e.v.<br />
ausgabe <strong>27</strong> – august 2012<br />
Herausgeber<br />
<strong>Jugendpresse</strong> Baden-Württemberg e.v.<br />
fuchseckstraße 7<br />
70188 Stuttgart<br />
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Chefredaktion<br />
Susan djahangard susan.djahangard@noirmag.de<br />
(v.i.S.d.p., anschrift wie herausgeber)<br />
anika pfisterer anika.pfisterer@noirmag.de<br />
Sabine Kurz sabine.kurz@noirmag.de<br />
Bettina Schneider bettina.schneider@noirmag.de<br />
Chef vom Dienst<br />
alexander Schmitz alexander.schmitz@noirmag.de<br />
Lektorat<br />
dominik Einsele dominik.einsele@noirmag.de<br />
24 NOIR Nr. <strong>27</strong> (August 2012)<br />
als ein ›Tatort‹ sein!« Das finden viele Schüler, und<br />
darum ist es auch nicht einfach, einen der begehrten<br />
Plätze am 3-jährigen SG zu ergattern. Vor drei<br />
Jahren meldeten sich zum Beispiel 250 Schüler auf<br />
die 50 Plätze des SGs des Kolping-Bildungs-Werks<br />
in Stuttgart – und das trotz privaten Trägers und<br />
Schulgebühr. Zwar stieg in den letzten Jahren die<br />
Anzahl der staatlichen SGs, doch ich finde: Hier<br />
herrscht noch Verbesserungsbedarf.<br />
Redaktion<br />
Silke Brüggemann (sbr), Susan djahangard (sd),<br />
Sanja döttling (sdo), harriet hanekamp (hha), ruth<br />
hebsaker (rh), lisa Kreuzmann (lkr), henry W. ledig<br />
(hl), diana Moll (dm), leonie Müller (lm), anika<br />
pfisterer (apf), theresa rath (tr), Samuel rieth<br />
(sr), Bettina Schneider (bs), franziska Schwarzmann<br />
(fs), franziska Stotz (fst), niklas Zehner (nz)<br />
redaktion@noirmag.de<br />
Layout & Art Director<br />
tobias fischer tobias.fischer@noirmag.de<br />
Layout-Team<br />
tobias fischer, luca leicht layout@noirmag.de<br />
Anzeigen, Finanzen, Koordination<br />
Miriam Kumpf miriam.kumpf@noirmag.de<br />
Druck<br />
horn druck & verlag Gmbh & co. KG, Bruchsal<br />
www.horn-druck.de<br />
Titelbilder<br />
titel: Juliane Schwabenbauer / jugendfotos.de;<br />
teaser-fotos (v.l.n.r): Gerti G. / photocase.com,<br />
christian thiels, prokop / photocase.com<br />
Bildnachweise (sofern nicht auf der entspr. Seite vermerkt)<br />
S. 1 (oben): thomas K. / photocase.com; S. 1 (unten):<br />
privat (3x); S. 2 »tiere«: Jannis König / jugendfotos.de;<br />
»Zähneputzen«: Manü! / photocase.com;<br />
»frau«: Juliane Schwabenbauer / jugendfotos.de;<br />
»Zeigefinger«: Maria vaorin / photocase.com; S. 4:<br />
una.knipsolina / photocase.com; S. 6: nicolasberlin<br />
/ photocase.com; S. 8 / 9: flo-flash / photocase.<br />
com; S. 10: Saimen. / photocase.com; S. 11: privat<br />
(2x); S. 12: Jonas Müller / jugendfotos.de; S. 13: Julia<br />
vogt / jugendfotos.de; S. 14: christian thiels; S. 20:<br />
Gestaltbar / photocase.com; S. 21: Jenzig71 / photocase.com<br />
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vorauszahlung, abo jederzeit kündbar).<br />
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