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06 Altstadtschutz UNESCO-Weltkulturerbe.pdf - lamp.tugraz.at

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AK STÄDTEBAU 1 – WS 2012/13<br />

ROSMANN <strong>06</strong><br />

ALTSTADTSCHUTZ – <strong>UNESCO</strong>-WELTKULTURERBE<br />

Historisch bedeutsame Stadtkerne wirken identitätsstiftend und stellen ein wichtiges<br />

kulturpolitisches Potential dar, das nicht zuletzt für das Selbstwertgefühl der Bewohner<br />

mitbestimmend ist und für den Städtetourismus die Basis bildet.<br />

Das Verhältnis zu historischen städtebaulichen Strukturen erfuhr im Lauf der Zeit einen<br />

mehrfachen Wertewandel. Während sich Anfang der neunzehnhundertssiebziger<br />

Jahre das Hauptaugenmerk noch auf die denkmalgeschützten Objekte konzentrierte<br />

und die dazwischenliegende „Füllmenge“ bestenfalls für oberflächliche Aktionen, wie<br />

Färbelungspläne Beachtung fand, führten Investorenprojekte in einigen Stadtzentren<br />

zu heftigen Reaktionen aus der Bevölkerung und den lokalen Medien, die einen allgemeinen<br />

Umdenkprozess einleiteten.<br />

So waren in Graz beispielhaft drei größere Projekte dafür maßgeblich, dass sich<br />

nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Politik und bei Fachleuten eine radikale<br />

Meinungsänderung vollzog:<br />

Um die parkenden Fahrzeuge von Politik und Verwaltung aus dem Innenhof des<br />

Landhauses zu entfernen, war ein Tiefgaragenprojekt mit einer Zufahrt von der<br />

Schmiedgasse knapp vor einer Realisierung.<br />

Zwei Objekte in der Jungfrauengasse – Frauengasse und drei Objekte in der<br />

Schmiedgasse sollten abgebrochen und durch einen sechs- bis achtgeschossigen<br />

Bürohauskomplex für eine Versicherungsgesellschaft mit Tiefgarage und Zufahrt<br />

von der Schmiedgasse, ersetzt werden.<br />

Der einer Versicherungsgesellschaft gehörende Bereich zwischen der Stempfergasse,<br />

Passage und Mehlpl<strong>at</strong>z sollte ebenfalls abgetragen und neu bebaut werden.<br />

Die Stadt Salzburg h<strong>at</strong>te ähnliche Probleme mit Investoren, die nicht sanierte Altobjekte<br />

im Innenstadtbereich zu günstigen Preisen erwarben und die Grundstücke<br />

„optimal“ bebauen wollten und reagierte mit einem Entwurf für ein Altstadterhaltungsgesetz.<br />

Auf forciertes Betreiben des Kommitees „Rettet die Grazer Altstadt“, das von der<br />

Kleinen Zeitung medial unterstützt wurde, wurde das Grazer Altstadterhaltungsgesetz<br />

1974 – eine Abwandlung des Salzburger Gesetzes – vom Steiermärkischen<br />

Landtag beschlossen und nach einigen Jahren Erfahrung 1980 umfassend überarbeitet<br />

neu verlautbart (GAEG 1980) und mehrfach novelliert.<br />

2008 erfolgte nach einer längeren Diskussion eine Neufassung des Gesetzes mit einer<br />

stärkeren Verankerung von Rechten der Altstadt-Sachverständigenkommission –<br />

Einführung eines Altstadtanwaltes – gegenüber der Bau- und Anlagenbehörde.<br />

Die Präambel des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 2008 lautet:<br />

„Die Ziele dieses Gesetzes sind die Erhaltung der Altstadt von Graz in ihrem Erscheinungsbild,<br />

ihrer Baustruktur und Bausubstanz sowie die Aktivierung ihrer vielfältigen<br />

urbanen Funktion. Diesen Zielen kommt ein vorrangiges öffentliches Interesse


zu. Dieses Gesetz soll überdies einen Beitrag zur Erhaltung der Altstadt von Graz als<br />

<strong>UNESCO</strong>-<strong>Weltkulturerbe</strong> leisten.“<br />

In die Bundeskompetenz des Denkmalschutzes wird damit nicht eingegriffen.<br />

Für die Objekte in Schutzgebieten besteht Erhaltungspflicht:<br />

In den Schutzgebieten haben die Liegenschaftseigentümer die Gebäude, die in ihrer<br />

baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung sind, in ihrem Erscheinungsbild<br />

nach Maßgabe der Schutzwürdigkeit ganz oder teilweise zu erhalten. Zum<br />

Erscheinungsbild gehören alle gestaltwirksamen Merkmale des Gebäudes, wie z. B.<br />

die Gebäudehöhe, Geschoßhöhe, die Dachform, Dachneigung und Dachdeckung,<br />

die Fassaden einschließlich Gliederung, die Portale, Tore, Fenster, Fensterumrahmungen<br />

und Fensterteilungen, Gesimse, Balkone und Erker sowie die Durchgänge,<br />

Höfe und Einfriedungen.<br />

Auch öffentliche Flächen sind in ihrer landschaftlichen und baulichen Charakteristik<br />

– mit Brunnen, Beleuchtungskörper, etc. – zu erhalten.<br />

In Schutzgebieten ist beim Wiederaufbau abgebrochener Bauten sowie bei der<br />

Verbauung von Baulücken und sonst unverbauter Grundstücke - Neu-, Zu- und<br />

Umbauten – den Bauten eine solche äußere Gestalt zu geben, dass diese sich<br />

dem Erscheinungsbild des betreffenden Stadtteiles einfügen.<br />

Bescheide des Steiermärkischen Baugesetzes für Objekte in Schutzgebieten dürfen<br />

erst nach Einholung eines Gutachtens der Sachverständigenkommission (ASVK), die<br />

beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung ihren Sitz h<strong>at</strong>, erlassen werden.<br />

Zur Förderung von Baumaßnahmen, die der Erhaltung der Grazer Altstadt dienen,<br />

wurde ein Fond, der gleichermaßen von Stadt und Land gespeist wird, eingerichtet.<br />

Ursprünglich wurden zwei Schutzzonen bestimmt, die Schutzzone 1 – in etwa die<br />

historische Stadt innerhalb der Renaissance-Stadtbefestigung mit der Murvorstadt –<br />

und die Schutzzone 2 – der gesamte Bereich Schlossberg und Stadtpark, einschließlich<br />

Glacis, Radetzkystraße und die erweiterte Murvorstadt.<br />

Für die Schutzzone 1 gelten erhöhte Schutzbestimmungen (nicht nur das äußere Erscheinungsbild!).<br />

Im Laufe der Zeit wurden weitere Schutzzonen beschlossen:<br />

Schutzzone 3: Im Wesentlichen die gründerzeitlichen Baugebiete.<br />

Schutzzone 4: Die dörflichen Strukturen der Vorstädte – Mari<strong>at</strong>rost, Wenisbuch,<br />

Strassgang, St. Peter, St. Veit, etc.<br />

Schutzzone 5: Kalvarienberg.<br />

<strong>UNESCO</strong>-WELTKULTURERBE:<br />

Die Altstadt von Graz gehört seit 1999 zu den von der <strong>UNESCO</strong> ausgezeichneten<br />

„Welterbestätten“. In der Erklärung der <strong>UNESCO</strong> wurde folgendes festgehalten:<br />

„Das <strong>Weltkulturerbe</strong> definiert sich aus der Abfolge von Stilepochen, die jede für sich<br />

mit einem herausragenden Meisterwerk der Baukunst versehen ist. Von der gotischen<br />

Doppelwendeltreppe, über das Renaissance-Landhaus, die Barock-Paläste<br />

bis zu den Gründerzeitbauten und den Beispielen der modernen Architektur inner-


halb des 1. Bezirkes. Dazu sind die Füllbauten aus jeder Epoche größtenteils im Sinne<br />

von Authentizität und Integrität erhalten.“<br />

Die <strong>Weltkulturerbe</strong>zone „Historische Altstadt Graz“ umfasst die Kernzone – identisch<br />

mit der Schutzzone 1 – und eine Pufferzone – entspricht der Schutzzone 2 gemäß<br />

GAEG 2008.<br />

Seit 1. August 2010 ist auch das Schloss Eggenberg mit einer Pufferzone in die Liste<br />

der <strong>UNESCO</strong> - <strong>Weltkulturerbe</strong>stätten aufgenommen.<br />

Durch zwei öffentlich sehr heftig diskutierte Bauvorhaben wurde die <strong>UNESCO</strong> auf die<br />

Handhabung der <strong>Weltkulturerbe</strong>-Interessen in Österreich aufmerksam:<br />

Das Hochhausprojekt „Wien-Mitte“ mit vier gegen 100 m hohen Objekten, die in<br />

der Pufferzone um die geschützte Wiener Innenstadt befindlich waren und daher<br />

den Blick auf diese beeinträchtigten. Nach kontroversiellen Diskussionen wurde<br />

das Projekt doch noch geändert.<br />

Das fragwürdige Projekt der Erweiterung der Thalia in Graz, ebenfalls in der Pufferzone<br />

gelegen.<br />

Ein weiteres Projekt – der Dachaufbau Kastner & Öhler – sorgte ebenfalls für Turbulenzen,<br />

obwohl versucht wurde, den Vertreter Österreichs in der <strong>UNESCO</strong> rechtzeitig<br />

in die Planungen einzubeziehen. Es bestand die unmittelbare Sorge, dass die Grazer<br />

Altstadt aus der Liste der <strong>Weltkulturerbe</strong>stätten gestrichen werden könnte.<br />

Aus diesen Problemfällen wurde eine Konsequenz gezogen und ein Managementplan<br />

für das „<strong>Weltkulturerbe</strong> Historische Altstadt Graz“ entwickelt:<br />

In der Stadtbaudirektion wurde eine Koordin<strong>at</strong>ionsstelle eingerichtet, die als Schnittstelle<br />

aller Inform<strong>at</strong>ionen und für die Medi<strong>at</strong>ion sowie zur Lösungsfindung von problem<strong>at</strong>isch-kritischen<br />

Fällen dienen soll.<br />

Es ist Aufgabe der Koordin<strong>at</strong>ionsstelle die Projekte herauszufiltern, die entsprechend<br />

den Kriterien – allgemeine, städtebauliche und architektonische – den <strong>Weltkulturerbe</strong>-Interessen<br />

widersprechen.<br />

Weiters sind in einem Kartenwerk die beabsichtigten Maßnahmen für die Kern- und<br />

Pufferzone anschaulich dargestellt.<br />

http://www.graz.<strong>at</strong>/cms/beitrag/10035862/622581/

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