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HEraEus 2008<br />
konzErnlaGEBErichT<br />
konzErnaBSchlUSS<br />
familienunternehmen: substanz und Verantwortung<br />
Auf Familienunternehmen wurde eine Zeit lang mit<br />
dem Finger gezeigt. Nicht, dass wir uns ins Abseits<br />
gedrängt fühlten. Aber die Auffassung war weit verbreitet,<br />
dass diese spezifische Form des Unternehmertums<br />
keine Zu kunftschancen mehr besäße. Talentierte<br />
Führungskräfte, so hieß es, seien nicht daran<br />
interessiert, sich in Familienunternehmen zu engagieren.<br />
Die traditionell sta rke Verankerung in einer<br />
Region vertrage sich nicht mit der Globalisierung der<br />
Märkte. Und das Geld wer de den Familienbetrieben<br />
auch ausgehen im Zeitalter von Shareholder Value<br />
und Hedge-Fonds-Aktivismus – so die landläufige<br />
Meinung.<br />
Heute, im Angesicht der dramatischen Finanz- und<br />
Wirt schaftskrise, richten sich viele Blicke wieder auf<br />
die Familienunternehmer, die als „ehrbare Kaufleute“,<br />
Hüter der ökonomischen Vernunft und Bollwerk<br />
gegen Exzesse gelten. Angestellte Manager, insbesondere<br />
solche in Banken, werden hingegen der<br />
Gier, der Verantwortungslosigkeit, teilweise auch der<br />
Unfähigkeit bezichtigt.<br />
Übertreibungen sind immer schädlich. Aus zahllosen<br />
Begegnungen, Gesprächen und Aufgabenstellungen<br />
weiß ich: Es gibt sehr gute Familienunternehmer,<br />
aber auch weniger gute. Es gibt sehr gute Manager<br />
und eben weniger gute. Weiter als der Vergleich<br />
der Personen führt der Vergleich der Modelle: Es gibt<br />
eben einen Unterschied zwischen „Familienkapitalismus“<br />
und Finanzkapitalismus. Familienunternehmen<br />
sind auf Lang fristigkeit ausgelegt. Über die Vertragsdauer<br />
einzelner Geschäftsführer hinaus wird buchstäblich<br />
in Gene ratio nen gedacht. Eine angemessene<br />
Kapitalverzinsung ist wichtig, aber kein Ziel an sich.<br />
Wir fragen immer wieder: Was hat unser Unternehmen<br />
in 20, 50 oder 80 Jahren davon?<br />
Ganz anders im freien, globalen Kapitalmarkt: Dort<br />
sind Gelder, etwa aus Pensionsfonds, von Stiftungen<br />
und Privaten, auf der permanenten Suche nach einer<br />
hohen Verzinsung. Eine langfristige Anlage steht<br />
dem oft entgegen. Um die Kapitalgeber für sich zu<br />
gewinnen, müssen die Vorstände börsennotierter<br />
Gesellschaf ten immer höhere Renditen in immer<br />
kürzeren Zyklen bieten. Dies zwingt sie förmlich<br />
dazu, höhere Risiken einzugehen – mit den bekannten<br />
Folgen. Heute ist die Marktkapitalisierung<br />
vieler Gesellschaften dezimiert. Das Geld der Anleger<br />
sucht sich andere, vermeintlich sicherere Wege.<br />
Familienunternehmen kommen insgesamt besser<br />
durch die Finanzkrise als die von externer Kapitalzufuhr<br />
abhängigen Gesellschaften. Fünf Jahre guter<br />
Konjunktur mit soliden, teils sogar steigenden Gewinnen<br />
schufen genügend Spielraum, die Eigenkapitalquote<br />
zu erhö hen. Viele Unternehmen konnten<br />
Schulden abbauen und – dem Eichhörnchen gleich –<br />
Vorrat für einen kalten Winter anlegen. Wer nicht<br />
mit Gewalt die Verschuldung hochgetrieben (geleveraged)<br />
hat, z. B. mit Aktienrückkaufprogrammen,<br />
wer auch in guten Jahren Wachs tum mit Augenmaß<br />
betrieben und genügend diversifiziert hat, dem<br />
drohen derzeit kaum oder gar keine Kredit- oder<br />
Liquiditätsprobleme.<br />
Das gilt zumindest für die großen Familienunternehmen.<br />
Die kleineren unter ihnen haben es naturgemäß<br />
schwerer, da ihnen häufig die Möglichkeit der Diversifikation<br />
fehlt und sie fast zwangsläufig in nur einer<br />
Branche tätig sind. Wenn sie dann noch, wie im<br />
Automobilzulieferbereich, nur wenige große Kunden<br />
haben, deren Aufträge wegbrechen, dann ereilt auch<br />
sie die Krise.