Enzymkatalysierte Reaktionen in Membranreaktoren
Enzymkatalysierte Reaktionen in Membranreaktoren
Enzymkatalysierte Reaktionen in Membranreaktoren
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Praktikum<br />
Bioverfahrenstechnik<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Theoretische Grundlagen – Versuche- Aufgabenstellungen-Fragenkatalog-Literatur<br />
2011<br />
Prof. Dr.-Ing. Peter Czermak<br />
Dipl.-Ing. MSc. Mehrdad Ebrahimi
Inhalt<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
1 E<strong>in</strong>leitung und Ziel des Versuchs .................................................................................................... 2<br />
2 <strong>Enzymkatalysierte</strong> Reaktion <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong> am Beispiel der kont<strong>in</strong>uierlichen<br />
Laktosehydrolyse mit ß-Galactosidase .......................................................................................... 2<br />
2.1 Allgeme<strong>in</strong>es zur Laktosehydrolyse .......................................................................................... 2<br />
2.1.1 Enzymatische Laktosehydrolyse ...................................................................................... 2<br />
2.1.2 Reaktoren zur Laktosehydrolyse ...................................................................................... 3<br />
2.1.3 Beta-Galactosidase .......................................................................................................... 4<br />
2.1.4 Enzymk<strong>in</strong>etik .................................................................................................................... 5<br />
2.1.5 Immobilisierungsmethoden für ß-Galactosidase............................................................. 7<br />
2.2 Membranen ............................................................................................................................. 8<br />
2.2.1 Klassifizierung von Membranen ...................................................................................... 8<br />
2.2.2 Stofftransport durch symmetrische, homogene Dialysemembranen .............................. 9<br />
2.2.3 Klassifizierung von Enzym-<strong>Membranreaktoren</strong> ............................................................. 12<br />
2.3 Laktosehydrolyse <strong>in</strong> Enzym-Membran-Reaktoren (EMR) ..................................................... 13<br />
2.4 Dialyse-Membran-Reaktoren ................................................................................................ 14<br />
2.5 Vorausberechnung des Umsatzes bei der Laktosehydrolyse im Dialyse- Membranreaktor 14<br />
2.6 Technischer E<strong>in</strong>satz von <strong>Membranreaktoren</strong> <strong>in</strong> der Enzym- und Biotechnik ....................... 16<br />
3 Aufgabenstellung und Versuchsbeschreibung ............................................................................ 17<br />
3.1 Aufgabenstellung ................................................................................................................... 17<br />
3.2 Versuchsvorbereitung ........................................................................................................... 17<br />
3.2.1 Versuchslösung .............................................................................................................. 17<br />
3.2.2 Analytik .......................................................................................................................... 18<br />
3.2.3 Versuchsaufbau ............................................................................................................. 18<br />
4 Versuchsdurchführung ................................................................................................................. 18<br />
4.1 Auswertung der Versuchsergebnissen und Vergleich berechneter mit gemessenen<br />
Umsätzen ........................................................................................................................................... 18<br />
5 Formelzeichen ............................................................................................................................... 20<br />
6 Literatur ........................................................................................................................................ 21<br />
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1 E<strong>in</strong>leitung und Ziel des Versuchs<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Inhalt des Versuches ist die Anwendung e<strong>in</strong>es Membranseparationsprozesses zur<br />
Durchführung e<strong>in</strong>er biochemischen Reaktion. Als Beispiel dient die enzymatische Hydrolyse<br />
von Laktose <strong>in</strong> wässriger Lösung mittels ß-Galactosidase zu Glukose und Galaktose.<br />
Die Umsetzung f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Enzym-Membranreaktor (Dialyse-Membranreaktor) statt.<br />
Hierbei trennt die semipermeable Dialysemembran das hochmolekulare Enzymprote<strong>in</strong> vom<br />
Edukt (Laktose) und von den Produkten (Glukose und Galaktose). Edukt und Produkte<br />
werden re<strong>in</strong> diffusiv durch die Membran transportiert, während das Enzymprote<strong>in</strong> nicht<br />
transportiert wird. Auf diese Weise wird das Enzym im Außenraum des Membranreaktors<br />
e<strong>in</strong>geschlossen („physikalisch immobilisiert“) und kann längere Zeit verwendet werden. Der<br />
Hydrolyseprozess verläuft vollkont<strong>in</strong>uierlich.<br />
Lernziele:<br />
- Kennenlernen e<strong>in</strong>es Membrantrennprozesses<br />
- Kennenlernen e<strong>in</strong>es Enzym-Membranreaktors<br />
- Durchführen e<strong>in</strong>er biochemischen Reaktion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Membranreaktor<br />
- Beschreiben des Prozesses durch e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen mathematischen Zusammenhang<br />
2 kont<strong>in</strong>uierlichen Laktosehydrolyse mit ß-Galactosidase<br />
2.1 Allgeme<strong>in</strong>es zur Laktosehydrolyse<br />
2.1.1 Enzymatische Laktosehydrolyse<br />
Laktose ist e<strong>in</strong> Disaccharid (4-ß-d-Galactosido-d-Glucose) und besteht aus den Monomeren<br />
Galaktose (d-Galactopyranose) und Glukose (d-Glucopyranose). Beide Zucker s<strong>in</strong>d ßglykosidisch<br />
über e<strong>in</strong>e 1,4-B<strong>in</strong>dung mite<strong>in</strong>ander verknüpft und können hydrolytisch<br />
vone<strong>in</strong>ander getrennt werden. Laktose kann entweder auf chemischem oder<br />
biochemischem Wege <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Monosaccharide gespalten werden. Die Hydrolyse ist e<strong>in</strong>e<br />
exotherme Reaktion (Hr = -39,1 kJ/mol) und erfolgt unter Addition e<strong>in</strong>es Moleküls<br />
Wasser (Abb. 1).<br />
Abbildung 1: Laktosehydrolyse<br />
Laktose Galaktose Glukose<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Im e<strong>in</strong>fachsten Fall erfolgt die Laktosehydrolyse auf chemischem Wege mit Hilfe starker<br />
Säuren, z. B. Schwefelsäure oder Salzsäure. Allerd<strong>in</strong>gs steht man dann vor dem Problem, die<br />
Säuren und weitere Nebenprodukte aus dem Hydrolat entfernen zu müssen. E<strong>in</strong> weiterer<br />
gravierender Nachteil der Säurehydrolyse ist ihre Unspezifität, d. h. es werden sogenannte<br />
Reversionszucker gebildet, bed<strong>in</strong>gt dadurch, dass Protonen nicht nur die Hydrolyse von<br />
Acetalb<strong>in</strong>dungen katalysieren, sondern auch deren Bildung. Reversionszucker entstehen <strong>in</strong><br />
umso größerem Ausmaße, je konzentrierter gearbeitet wird.<br />
Zur Hydrolyse der Laktose zu Glukose und Galaktose kann auf das Enzym ß-Galactosidase (EC<br />
3.2.1.23) aus der Familie der Hydrolasen als Katalysator zurückgegriffen werden, das z. B. im<br />
menschlichen Darm oder als Bestandteil der Mikroflora der Milch die Laktose spaltet. Der<br />
Vorteil der enzymatischen Hydrolyse ist, dass sie sehr spezifisch ist, d. h. es treten wenig<br />
Nebenprodukte auf. Weitere Vorteile der enzymatisch katalysierten Hydrolyse s<strong>in</strong>d die<br />
milden Reaktionsbed<strong>in</strong>gungen. Die Temperaturen liegen je nach Herkunft des Enzyms<br />
zwischen 30°C und 50°C und der pH-Wert zwischen 3,5 und 5 bzw. 6 und 7,2.<br />
Seit e<strong>in</strong>igen Jahren s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e ganze Reihe preisgünstiger technischer ß-Galactosidasen<br />
verfügbar, was die enzymatische Hydrolyse zur attraktivsten und deshalb gut untersuchten<br />
Alternative macht.<br />
2.1.2 Reaktoren zur Laktosehydrolyse<br />
Die Auswahl des Reaktors ist e<strong>in</strong>er der wichtigsten Punkte bei der Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />
technischen Prozesses zur enzymatischen Laktosehdrolyse <strong>in</strong> Modell- und realen Substraten,<br />
wie z. B. Milch, Molke oder Laktosesyrupen.<br />
a) Batch Reaktor<br />
d) Konti. Rührkessel<br />
Abbildung 2: Reaktoren zur enzymatischen Laktosehydrolyse<br />
b) Festbettreaktor c) Wirbelschichtreaktor<br />
e) Hohlfaser-Membranreaktor<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Die Reaktorauswahl wird im Wesentlichen von der Reaktionsk<strong>in</strong>etik, den<br />
Betriebsbed<strong>in</strong>gungen (z. B. Temperatur, pH-Wert, batch oder kont<strong>in</strong>uierlicher Prozess,<br />
Integration der Laktosehydrolyse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesamtprozess, Sterilisationsmöglichkeit), der<br />
Häufigkeit oder Enzymerneuerung oder Regeneration und den Reaktorkosten bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Zudem hängt die Wahl des Reaktors davon ab, ob das Enzym <strong>in</strong> nativer gelöster Form<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden soll oder ob das Enzym <strong>in</strong> immobilisierter Form vorliegt.<br />
Zur Laktosehydrolyse wurden die verschiedensten Reaktoren entwickelt und e<strong>in</strong>e große<br />
Anzahl von Betriebsmodi vorgeschlagen (Abb. 2), wobei der Trend zu kont<strong>in</strong>uierlichen<br />
Prozessen mit immobilisierten Lactasen geht, um unter möglichst def<strong>in</strong>ierten Bed<strong>in</strong>gungen<br />
mit ger<strong>in</strong>gem Katalysatorverbrauch kont<strong>in</strong>uierlich hohe Umsätze zu erzielen.<br />
Von den verschiedenen Typen der kont<strong>in</strong>uierlich betriebenen Reaktoren ist der<br />
Festbettreaktor (Abb. 2b) der am häufigsten verwendete Reaktor, der mit verschiedenen<br />
Trägermaterialien zur Lactaseimmobilisierung auch im Pilot- und halb<strong>in</strong>dustriellen Maßstab<br />
e<strong>in</strong>gesetzt wird. Probleme bereiten beim Festbettreaktor neben den hohen Druckverlusten<br />
vor allem die große Verstopfungsgefahr, welche mit abnehmender Partikelgröße steigt, und<br />
die Kontam<strong>in</strong>ationsgefahr.<br />
Wirbelschichtreaktoren (Abb. 2c) haben den Vorteil kle<strong>in</strong>erer Druckverluste, Verstopfungsfreiheit<br />
und der E<strong>in</strong>satzmöglichkeit höher viskoser Substrate.<br />
Dem E<strong>in</strong>satz kont<strong>in</strong>uierlicher Rührreaktoren (Abb. 2d) s<strong>in</strong>d wegen der begrenzten<br />
mechanischen Stabilität des Enzymträgers enge Grenzen gesetzt.<br />
Vor allem mit dem Ziel e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung der Enzymkosten und e<strong>in</strong>es verbesserten<br />
Stofftransportes wurde e<strong>in</strong>e Vielzahl von Spezialreaktoren entwickelt, auf die an dieser Stelle<br />
nicht e<strong>in</strong>gegangen werden soll.<br />
All diese Reaktoren haben jedoch e<strong>in</strong> Problem geme<strong>in</strong>sam, das immobilisierte Enzym kann<br />
durch mikrobielle Kontam<strong>in</strong>ation sehr schnell zerstört werden. Aus diesem Grunde wird <strong>in</strong><br />
Temperaturbereichen gearbeitet, bei denen das mikrobielle Wachstum verr<strong>in</strong>gert ist, das<br />
bedeutet aber bei niedrigen Temperaturen (z. B. 5°C) e<strong>in</strong>e verr<strong>in</strong>gerte Enzymaktivität und<br />
wegen der ger<strong>in</strong>geren Diffusionsgeschw<strong>in</strong>digkeit e<strong>in</strong>en verschlechterten Stofftransport und<br />
bei Temperaturen oberhalb von 60°C e<strong>in</strong>e starke thermische Deaktivierung der Enzyme.<br />
Preisgünstige thermostabile Lactasen, die auch für den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Lebensmitteltechnologie<br />
zugelassen s<strong>in</strong>d, existieren noch nicht. E<strong>in</strong>en Ausweg kann der E<strong>in</strong>satz von<br />
dampfsterilisierbaren <strong>Membranreaktoren</strong> (Abb. 2e) br<strong>in</strong>gen, bei denen das Enzym durch die<br />
Membran steril vom Substrat getrennt ist.<br />
2.1.3 Beta-Galactosidase<br />
Für die Hydrolyse der Laktose <strong>in</strong> Milch, Molke und Permeaten kommen wegen der<br />
Zugänglichkeit und der Preise nur mikrobielle Enzyme für die technologische Nutzung <strong>in</strong><br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Frage. Pr<strong>in</strong>zipiell kann ß-Galactosidase auch aus Pflanzen und tierischen Organen gewonnen<br />
werden. In Tabelle 1 s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige kommerziell erhältliche Lactasepräparationen dargestellt.<br />
Tabelle 1: E<strong>in</strong>ige kommerziell erhältliche ß-Galactosidasen, die zur Laktosehydrolyse geeignet s<strong>in</strong>d.<br />
Hersteller Enzymname Herkunftsorganismus<br />
Gist-Brocades<br />
Gist-Brocades<br />
Maxilact<br />
LX5000<br />
Maxilact<br />
L2000<br />
pH-<br />
Opt.<br />
T-Opt.<br />
[°C]<br />
Aktivität<br />
[U/g]<br />
Kluyveromyces lactis 7,0-7,5 35-40 5000<br />
Kluyveromyces lactis 6,8-7,0 35-40 2000<br />
Quest Biolactase L Kluyveromyces lactis 6,0 40-45 48000<br />
Gamma Chemie<br />
Gammalactase<br />
A50P<br />
Aspergillus oryzae 4,5 50 50000<br />
Amano Lactase F Aspergillus oryzae 5,0 55 10100<br />
Daiwa Kasei K.K. Biolacta Bacillus circulans 6,0 65 5500<br />
Die Enzyme unterscheiden sich <strong>in</strong> ihren PH- und Temperaturoptima, so dass für jedes<br />
Substrat e<strong>in</strong> optimal angepasstes Enzym verwendet werden kann. Beispielsweise können die<br />
ß-Galactosidasen aus den Aspergillus-Arten vorteilhaft <strong>in</strong> Sauermolke e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />
während für die Laktosehydrolyse <strong>in</strong> Milch und Süßmolke eher die Enzyme aus<br />
Kluyveromyces marxianus geeignet s<strong>in</strong>d.<br />
Bei den hier durchgeführten Versuchen wird mit der technischen ß-Galactosidase-<br />
Präparation aus Kluyveromyces Lactis (Maxilact LX 5000, Gist Brocades) gearbeitet.<br />
Der Hersteller gibt für das zu verwendende Enzym folgende Daten:<br />
• 7,0-7,5 (30°C)<br />
• 35-40°C<br />
• K + , Mg 2+ , Mn 2+<br />
• Na + , Ca 2+ , Schwermetalle<br />
• 5000 IU/ml (30°C, pH 6,5)<br />
• 5,75 g/100 ml (0,92 % gesamt N)<br />
2.1.4 Enzymk<strong>in</strong>etik<br />
Die durch die ß-Galactosidase katalysierte K<strong>in</strong>etik der Laktosehydrolyse lässt sich stark<br />
vere<strong>in</strong>facht durch die Michaelis-Menten K<strong>in</strong>etik mit kompetitiver Produkt<strong>in</strong>hibierung<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
beschreiben. Galaktose als Inhibitor konkurriert mit der Laktose um die aktiven Stellen des<br />
Enzyms und verh<strong>in</strong>dert die weitere Bildung Enzym-Laktose-Komplexes.<br />
K1 K2<br />
E + L ⟺ E - L ==⇒ E + Glu + Gal<br />
k-1<br />
K3<br />
E + Gal ⟺ E - Gal<br />
k-3<br />
Mit den Annahmen für die Michaelis-Menten Beziehung unter Steady-State Bed<strong>in</strong>gungen:<br />
- die Bildung des Enzym-Laktose- und des Enzym-Galaktose-Komplexes ist reversibel,<br />
- der Umsatz zu Glukose und Galaktose erfolgt irreversibel,<br />
- der B<strong>in</strong>dungsschritt läuft schnell ab, gegenüber der biochemischen Umsetzung →<br />
k1 ≈ k-1 ≈ k3 k2,<br />
- die Konzentration des Enzym-Laktose- und des Enzym-Galaktose-Komplexes und des<br />
freien Enzyms bleiben praktisch unverändert,<br />
d [E − L]<br />
dt<br />
= d [E]<br />
dt<br />
d [E − Gal]<br />
dt<br />
= 0<br />
lässt sich folgende Gleichung ableiten:
2.1.5 Immobilisierungsmethoden für ß-Galactosidase<br />
ungelöstes Enzym<br />
chemisch gebunden<br />
durch:<br />
- Cross-l<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g*<br />
oder<br />
- Copolymerisation<br />
oder<br />
- Kovalent gebunden an:<br />
Hydroxygruppen,<br />
Zellulose und -derivate,<br />
Nylon, Acryl-copolymere,<br />
anorganische Materialien<br />
Immobilisierte Enzyme<br />
Abbildung 3: Klassifizierung der immobilisierten Enzymsysteme<br />
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„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
gelöstes Enzym<br />
Zurückgehalten durch Membranen<br />
physikalisch gebunden<br />
durch:<br />
- Adsorption*<br />
oder<br />
- E<strong>in</strong>schluß <strong>in</strong>:<br />
Gele,<br />
Fasern,<br />
Mikrokapseln,<br />
Membranen<br />
* Die Komb<strong>in</strong>ation von Adsorption und Cross-L<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g ergibt e<strong>in</strong>e neue Methode, die häufiger benutzt<br />
wird, als e<strong>in</strong>e der beiden Methoden alle<strong>in</strong>e.<br />
Die enzymatische Laktosehydrolyse kann entweder mit freien Enzymen, üblicherweise <strong>in</strong><br />
Batch-Prozessen, oder mit immobilisierten Enzymen oder sogar mit immobilisierten ganzen<br />
Zellen, die das Enzym ß-Galactosidase enthalten, ausgeführt werden. Immobilisierte Enzyme<br />
werden auch als unlösliche oder trägergebundene Enzyme bezeichnet.<br />
Dies hat jedoch für e<strong>in</strong>ige Verwirrung gesorgt, so wurde z. B. e<strong>in</strong> Enzym, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Membranreaktor durch e<strong>in</strong>e semipermeable Membran zurückgehalten wird, als<br />
immobilisiertes Enzym und auch als nicht immobilisiertes Enzym bezeichnet. Inzwischen<br />
werden alle Biokatalysatoren so auch Enzyme als immobilisierte Biokatalysatoren bzw.<br />
Enzyme bezeichnet, wenn sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand bef<strong>in</strong>den, der ihre Wiederverwendung<br />
ermöglicht (Abb. 3).<br />
Die Immobilisierung von ß-Galactosidase zur Laktosehydrolyse <strong>in</strong> Milch und Milchprodukten<br />
wurde mit allen <strong>in</strong> Abb. 3 bezeigten Immobilisierungsmethoden <strong>in</strong> den unterschiedlichsten<br />
Modifikationen durchgeführt und es existiert e<strong>in</strong>e Vielzahl an Veröffentlichungen zu diesem<br />
Thema. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d nur wenige Systeme <strong>in</strong> kommerziell verfügbare Technologie<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
<strong>in</strong>dustriellen oder halb<strong>in</strong>dustriellen Maßstabes umgesetzt worden. In letzter Zeit wurden zur<br />
Immobilisierung von ß-Galactosidase vermehrt Hohlfaser-<strong>Membranreaktoren</strong> bis zum<br />
Pilotmaßstab e<strong>in</strong>gesetzt. Dabei werden die Enzyme entweder zwischen semipermeablen<br />
Membranen e<strong>in</strong>geschlossen oder an bzw. <strong>in</strong> der Membran fixiert.<br />
2.2 Membranen<br />
2.2.1 Klassifizierung von Membranen<br />
Unter dem Begriff Membran werden e<strong>in</strong>e Vielzahl sehr unterschiedlicher Strukturen<br />
zusammengefasst, die alle e<strong>in</strong>e Eigenschaft geme<strong>in</strong>sam haben, die dar<strong>in</strong> besteht, dass sie<br />
dem Durchtritt verschiedener Stoffe unterschiedlichen Widerstand entgegensetzen, d. h. sie<br />
besitzen die Fähigkeit, die e<strong>in</strong>zelnen Komponenten e<strong>in</strong>es Gemisches vone<strong>in</strong>ander zu<br />
trennen. Wobei die wesentliche Funktion der Membran dar<strong>in</strong> besteht, den Stoffaustausch<br />
zwischen den getrennten Kompartimenten zu regeln, der als Folge unterschiedlicher<br />
treibender Kräfte abläuft.<br />
Membranen können fest oder flüssig se<strong>in</strong>, homogen oder heterogen, symmetrisch oder<br />
asymmetrisch aufgebaut se<strong>in</strong> und aus organischen sowie anorganischen Materialien<br />
bestehen und werden als Flach-, Schlauch- und Kapillar- bzw. Hohlfasermembranen<br />
hergestellt. E<strong>in</strong>e Klassifizierung kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen: Nach<br />
der Membranart bzw. dem Membranmaterial, der Struktur der Anwendung sowie dem<br />
Separationsmechanismus der Membran. Für den technischen Gebrauch von Membranen<br />
erfolgt die Klassifizierung üblicherweise nach dem Membrantrennprozess (Tab. 2).<br />
Tabelle 2: Zusammenstellung von heute <strong>in</strong>dustriell genutzten Membranprozessen<br />
Membranprozess<br />
Mikrofiltration<br />
Ultrafiltration<br />
Umkehrosmose<br />
Treibende Kraft für den<br />
Stofftransport<br />
Hydrostatische Druckdifferenz,<br />
50-500 kPa<br />
Hydrostatische Druckdifferenz,<br />
100-1000 kPa<br />
Hydrostatische Druckdifferenz,<br />
1000-10000 kPa<br />
Dialyse Konzentrationsdifferenz<br />
Membrantyp<br />
Symmetrische Porenmembran;<br />
0,1-20 µm<br />
Asymmetrische Porenmembran;<br />
1-10nm<br />
Asymmetrische<br />
Löslichkeitsmembran aus homog.<br />
Polymer<br />
Asymmetrische und symmetrische<br />
Porenmembran<br />
Elektrodialyse Elektrische Potenzialdifferenz Ionenaustauschermembran<br />
Die Transporteigenschaften e<strong>in</strong>er Membran und damit auch ihre Selektivität werden<br />
hauptsächlich durch ihre Struktur bestimmt. Handelsübliche Dialysemembranen bestehen<br />
aus nur e<strong>in</strong>em Polymer und s<strong>in</strong>d als homogene Schicht oder als mikroporöse Struktur mit<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
def<strong>in</strong>ierten Porengrößen aufgebaut. Dabei kann der Aufbau der Membran symmetrisch se<strong>in</strong>,<br />
d. h. gleichmäßig über den gesamten Membranquerschnitt, oder asymmetrisch, d. h. die<br />
Struktur ändert sich mit dem Membranquerschnitt.<br />
2.2.2 Stofftransport durch symmetrische, homogene Dialysemembranen<br />
Als treibende Kräfte für den Stofftransport durch Membranen treten auf:<br />
• Druckgradienten,<br />
• Konzentrationsgradienten<br />
• Und Gradienten des elektrischen Potentials.<br />
Fluss<br />
Treibende<br />
Kraft<br />
Lösungsmittel<br />
Arbeitsdruckdifferenz Konzentrationsdifferenz<br />
Erzwungene<br />
Konvektion<br />
Elektrische<br />
Spannung<br />
Osmose Elektroosmose<br />
Gelöster Stoff Ultrafiltration Diffusion Elektrophorese<br />
Abbildung 4: Stofftransportmechanismen durch Membranen<br />
Dadurch können sich die <strong>in</strong> Abb. 4 aufgeführten Transportmechanismen ausbilden, wobei <strong>in</strong><br />
der Realität e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Auftreten der verschiedenen treibenden Kräfte und damit<br />
beliebige Mischformen der Transportmechanismen möglich s<strong>in</strong>d.<br />
Für die Permeation e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Stoffes <strong>in</strong> wässriger Lösung führt die Beschreibung des<br />
Stofftransportes durch Membranen mittels der Thermodynamik irreversibler Prozesse zu<br />
folgenden l<strong>in</strong>earen Gleichungen.<br />
Die Volumenstromdichte der Lösung durch die Membran ergibt sich zu:<br />
J v = L p . (∆p − σ . ∆π) (2)<br />
mit Jv: Volumendichte der Lösung (m 3 ∙ m -2 ∙ s -1 )<br />
Lp: Hydraulische Permeabilität der Membran (m 3 ∙ m -2 ∙ s -1 ∙ Pa -1 )<br />
Δp: (Arbeits-) Druckdifferenz über der Membran (Pa)<br />
∆π: Differenz des osmotischen Druckes über der Membran (Pa)<br />
σ: Staverman’scher Reflexionskoeffizient<br />
Glg. (2) beschreibt den konvektiven Transport der Lösung durch die Membran, hervorgerufen<br />
durch e<strong>in</strong>e transmembrane Druckdifferenz (∆p) und reduziert durch entgegen<br />
gerichtete osmotische Kräfte.<br />
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Für die Massenstromdichte des gelösten Stoffes gilt:<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
J s = k m . ∆c + J v . (1 − σ). c m (3)<br />
außer den bereits genannten Größen bedeuten:<br />
Js: Massenstromdichte des gelösten Stoffes (kg ∙ m -2 ∙ s -1 )<br />
km: Stofftransportkoeffizient der Membran (m ∙ s -1 )<br />
∆c: Differenz der Massenkonzentration über der Membran (kg gelöster Stoff / m 3 Lösung)<br />
cm: mittlere Massenkonzentration über der Membran (kg gelöster Stoff / m 3 Lösung)<br />
Der erste Teil der Glg. (3) beschreibt den diffusiven Transport des gelösten Stoffes durch die<br />
Membran, hervorgerufen durch e<strong>in</strong>e transmembrane Konzentrationsdifferenz, während der<br />
zweite Teil den kovektiven Transport des gelösten Stoffes durch die Membran darstellt.<br />
Beim konvektiven Transport kle<strong>in</strong>er Moleküle (Molmasse des gelösten Stoffes wesentlich<br />
kle<strong>in</strong>er als der cut-off der Membran) kann der Reflexionskoeffizient σ näherungsweise zu<br />
Null gesetzt werden, da die Moleküle die Membran fast ungeh<strong>in</strong>dert passieren können.<br />
Große Moleküle werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nichtl<strong>in</strong>earen Rate an der Membran reflektiert, abhängig<br />
von σ und Jv.<br />
Bei kle<strong>in</strong>en Molekülen wird der Gültigkeitsbereich der Glg. (2) und (3) noch durch die<br />
Bed<strong>in</strong>gung (1 – σ) ∙ Jv / km < 0.1 e<strong>in</strong>geschränkt.<br />
Bei zellulosischen Dialysemembranen ist der entscheidende Transportmechanismus für<br />
gelöste Stoffe mit e<strong>in</strong>em Molekulargewicht bis etwa 1000 Dalton die Diffusion.<br />
Im Falle der Diffusion e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> wässriger Lösung vorliegenden Stoffes durch e<strong>in</strong>e Membran<br />
wirkt als treibende Kraft e<strong>in</strong> Konzentrationsgradient über der Membran, woraus e<strong>in</strong><br />
Massenstrom des gelösten Stoffes durch die Membran resultiert.<br />
Unter Diffusion versteht man e<strong>in</strong>en molekularen Bewegungsvorgang, bei dem sich die<br />
Moleküle aufgrund von Konzentrations- bzw. Partialdruckunterschieden fortbewegen. Bei<br />
der Diffusion haben die Moleküle das Bestreben, sich über den gesamten verfügbaren Raum<br />
auszubreiten. Wie die Wärmeleitung, gehört die Diffusion zu den Ausgleichsvorgängen. Für<br />
die Diffusion gilt das Fick’sche Gesetz, es gibt den Diffusionsstrom an, d. h. die Stoffmenge,<br />
die pro Zeite<strong>in</strong>heit durch die Fläche A <strong>in</strong> Richtung der Flächennormalen X wandert:<br />
J s = −D . (dc/dx ) . A (4)<br />
Außer den bereits genannten Größen bedeuten:<br />
Js: Diffusionsstrom (Massenstrom) (kg ∙ s -1 )<br />
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D: Diffunsionskoeffizient (m 2 ∙ s -1 )<br />
c: Massenkonzentration (kg ∙ m -3 )<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Das negative Vorzeichen drückt aus, dass der Diffusionsstrom sich <strong>in</strong> Richtung abnehmender<br />
Konzentration bewegt.<br />
Vernachlässigt man <strong>in</strong> Glg. (3) den Anteil des konvektiven Transports, diese Bed<strong>in</strong>gung kann<br />
zusätzlich durch E<strong>in</strong>stellen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> etwa gleichen hydrostatischen Arbeitsdruckes auf beiden<br />
Membranseiten annähernd erreicht werden, ergibt sich für Js:<br />
J s = K m . ∆c (5)<br />
Mit dem Fick‘schen Gesetz <strong>in</strong> der Form Js = – Dm ∙ (dc / dr) für die Diffusion e<strong>in</strong>es gelösten<br />
Stoffes durch die Membran bei e<strong>in</strong>er zugrunde gelegten l<strong>in</strong>earen Abnahme der<br />
Konzentration des Stoffes über der Membran ergibt sich:<br />
J s = D m . (∆c/s ) (6)<br />
mit s: Membrandicke (m)<br />
Dm: Diffusionskoeffizient <strong>in</strong> der Membran (m 2 ∙ s -1 )<br />
Die l<strong>in</strong>eare Abnahme der Konzentration kann aufgrund der Homogenität der verwendeten<br />
Membran vorausgesetzt werden.<br />
Durch Gleichsetzen der Glg. (5) und (6) erhält man<br />
K m = D m/s (7)<br />
Bei Dm handelt es sich dann nur um den wahren Diffusionskoeffizienten <strong>in</strong> der Membran,<br />
wenn der Verteilungskoeffizient der Moleküle <strong>in</strong> der die Membran umgebenden Flüssigkeit<br />
und <strong>in</strong> der flüssigkeitsgefüllten gequollenen Membran gleich 1 ist. Diese Beziehung ist für<br />
gelöste Stoffe bis zu e<strong>in</strong>em Molekülradius von 1.6 nm (MG ≈ 4000 g/mol) für die im<br />
Praktikum verwendete Membran erfüllt.<br />
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2.2.3 Klassifizierung von Enzym-<strong>Membranreaktoren</strong><br />
Abbildung 5: Klassifizierung von Enzym-<strong>Membranreaktoren</strong><br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Enzym-Membran-Reaktoren können nach folgenden Gesichtspunkten klassifiziert werden<br />
(Abb. 5):<br />
- Verteilung der Enzyme im Reaktor<br />
- Welche treibende Kraft veranlasst die Reaktanden die Membran zu passieren.<br />
- die Art der Reaktionsführung (Abb. 6):<br />
o Rohrreaktor (plug flow)<br />
o Kont<strong>in</strong>uierlicher Rührkessel (CSTR)<br />
Dient die Membran nicht nur als Trenne<strong>in</strong>heit, sondern auch als Träger des Enzyms, d. h. das<br />
Enzym ist chemisch oder physikalisch an die Membran gebunden, so nennt man dies<br />
heterogene Katalyse. In diesen Fällen s<strong>in</strong>d die Eigenschaften der Enzyme ähnlich denen<br />
trägerfixierter Enzyme.<br />
Bei der homogenen Katalyse wird das Enzym <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er natürlichen gelösten Form durch die<br />
Membran zurückgehalten und Substrat und/oder Produkt werden durch e<strong>in</strong>e treibende Kraft<br />
veranlasst, die Membran zu passieren. Diese treibende Kraft kann e<strong>in</strong> Konzentrationsgradient<br />
(z. B. bei e<strong>in</strong>er Dialysemembran) oder e<strong>in</strong> Druckgradient (z. B. bei e<strong>in</strong>er Ultrafiltrationsmembran)<br />
oder e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von beiden se<strong>in</strong>. Ist die treibende Kraft des<br />
Stofftransportes der Konzentrationsgradient, so diffundiert das Substrat zum Enzym, wird<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
umgesetzt und das Produkt diffundiert zurück. Bei der Konvektion bef<strong>in</strong>den sich Substrat<br />
und Produkt <strong>in</strong> der Strömung, die über die Membran führt.<br />
Umsatz im Rohrreaktor Umsatz im kont<strong>in</strong>uierlichen<br />
(plug flow) Rührkessel (CSTR)<br />
Abbildung 6: Art der Reaktionsführung im Enzym-Membranreaktor<br />
Die Art der Reaktionsführung ist für die Reaktionsgeschw<strong>in</strong>digkeit von Bedeutung, die <strong>in</strong> der<br />
Regel konzentrationsabhängig ist. Im kont<strong>in</strong>uierlichen Rührkessel herrscht die Ausgangskonzentration,<br />
während im Rohrreaktor die Substratkonzentration zum Ende h<strong>in</strong> abnimmt,<br />
so dass im Mittel e<strong>in</strong>e höhere Substratkonzentration vorliegt. Dies bedeutet jedoch, da die<br />
meisten biochemischen <strong>Reaktionen</strong> e<strong>in</strong>e positive Reaktionsordnung bezüglich der<br />
Substratkonzentration haben, dass e<strong>in</strong> Reaktor der kolbenförmig durchströmt wird, höhere<br />
Reaktionsgeschw<strong>in</strong>digkeiten realisieren kann, als e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlich betriebener Rührkessel.<br />
2.3 Laktosehydrolyse <strong>in</strong> Enzym-Membran-Reaktoren (EMR)<br />
Die Laktosehydrolyse <strong>in</strong> Enzym-Membran-Reaktoren mit gelösten freien Enzymen bietet e<strong>in</strong>e<br />
Vielzahl von Vorteilen von denen vor allem folgende e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielen:<br />
- Die sehr e<strong>in</strong>fache Handhabung des Reaktors,<br />
- es ist ke<strong>in</strong> teurer Immobilisierungsschritt notwendig,<br />
- die leichte Re<strong>in</strong>ig- und Sterilisierbarkeit des Reaktors ohne Enzymverlust.<br />
Dem gegenüber bieten Enzym-<strong>Membranreaktoren</strong> mit an oder <strong>in</strong> der Membran<br />
immobilisierten Enzymen <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e etwas höhere Lebensdauer der Enzyme.<br />
Bei der kont<strong>in</strong>uierlichen Laktosehydrolyse s<strong>in</strong>d Enzym-<strong>Membranreaktoren</strong> mit diffusivem<br />
Stofftransport aus zwei weiteren wichtigen Gründen <strong>Membranreaktoren</strong> mit konvektivem<br />
Stofftransport überlegen:<br />
- ke<strong>in</strong>e Enzymverluste durch Auswascheffekte,<br />
- ke<strong>in</strong>e Oligosaccharide im Produktstrom.<br />
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2.4 Dialyse-Membran-Reaktoren<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Abb. 7a zeigt e<strong>in</strong>e Skizze und Abb. 7b e<strong>in</strong> Foto des Membranreaktors. Die Hohlfasern werden<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Polycarbonatgehäuse so e<strong>in</strong>gebracht, dass die Hohlfaser<strong>in</strong>nenseite (ICV; Intra-<br />
Kapillaranschluss; tube side) getrennt von der Hohlfaseraußenseite (ECV; Extra-<br />
Kapillaranschluss; shell side) angeströmt werden kann (vergleiche Rohrbündelwärmetauscher).<br />
a)<br />
b)<br />
Abbildung 7a+7b: Dialyse-Membranreaktor<br />
2.5 Vorausberechnung des Umsatzes bei der Laktosehydrolyse im Dialyse-<br />
Membranreaktor<br />
Mit Hilfe weniger Annahmen kann für die Laktosehydrolyse im Dialyse-Membranreaktor e<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>faches mathematisches Modell formuliert werden.<br />
Annahmen:<br />
• stationärer, isothermer Zustand,<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
• die Laktoselösung <strong>in</strong> den Hohlfasern strömt als lam<strong>in</strong>are Rohrströmung unter Ausbildung<br />
e<strong>in</strong>er lam<strong>in</strong>aren Grenzschicht<br />
• der Reaktor ist diffusionskontrolliert, d. h. die Umsetzung der Laktose auf der gut<br />
durchmischten Enzymseite erfolgt so schnell, dass der geschw<strong>in</strong>digkeitsbestimmende<br />
Schritt die Diffusion der Laktose durch die hydrodynamischen Grenzschichten an der<br />
Membran und durch die Membran ist und deshalb die Reaktionsk<strong>in</strong>etik zunächst<br />
vernachlässigt werden kann.<br />
Laktoselösung<br />
V̇ ICV ; c 0<br />
Abbildung 8: Erläuterungen zur Massenbilanz um den Dialyse-Membranreaktor<br />
Mit diesen Annahmen folgt aus e<strong>in</strong>er Massenbilanz (s. Abb. 8) für Laktose im Reaktor:<br />
V̇ ICV . dc A/d z = −k 0 . π . d . N . (c A − c E) (8)<br />
daraus wird:<br />
dc A/(c A − c E) = −k 0 . π . d . N . dz/V̇ ICV ) (9)<br />
<strong>in</strong>tegriert und folgende Randbed<strong>in</strong>gungen und Annahmen e<strong>in</strong>gesetzt:<br />
z = 0 : CA = C0<br />
z = L : CA = C1<br />
ergibt:<br />
CE = C3 = 0<br />
V̇ ECV ; c 2<br />
Enzymlösung<br />
c 1/c 0 = exp (−k 0 . π . d. L. N /V̇ ICV ) (10)<br />
c 1<br />
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Führt man den Umsatz mit X = (co – c1)/co e<strong>in</strong>, erhält man:<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
X = 1 − exp (−k 0 . π . d . L . N /V̇ ICV ) (11)<br />
Für den Stofftransportkoeffizienten ko gilt (s. Praktikumsskript – Verfahrenstechnische<br />
Grundlagenversuche: Stofftransport <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>):<br />
1<br />
k o<br />
= 1<br />
+<br />
km 1<br />
ki + 1<br />
k a<br />
E<strong>in</strong>e erste theoretische Abschätzung des Umsatzes <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Substratfluss (VICV)<br />
bei der Laktosehydrolyse kann auf dieser Basis mit folgenden zusammenhängen für ki, km<br />
und ka erfolgen.
3 Aufgabenstellung und Versuchsbeschreibung<br />
3.1 Aufgabenstellung<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Es soll e<strong>in</strong>e enzymatische katalysierte Reaktion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Enzym-Membranreaktor<br />
durchgeführt werden. Als Modellreaktion dient die Hydrolyse der Laktose zu Glukose und<br />
Galaktose mit Hilfe des Enzyms ß-Galactosidase und als Reaktor wird e<strong>in</strong> Hohlfaser-Dialyse-<br />
Membranreaktor verwendet.<br />
3.2 Versuchsvorbereitung<br />
Der Versuch wird mit e<strong>in</strong>em handelsüblichen Dialyse-Membranmodul (F4, Low-Flux<br />
Fresenius Polysulfone®) durchgeführt.<br />
Membrandaten:<br />
Tabelle 3: Fresenius Dialysatoren mit ihren Eigenschaften<br />
Das vom Praktikumsbetreuer ausgegebene Membranmodul (F4) wird sofort zu Beg<strong>in</strong>n des<br />
Versuches für m<strong>in</strong>destens 30 m<strong>in</strong>. mit destilliertem Wasser im s<strong>in</strong>gle pass gespült. Während<br />
der Spülzeit werden alle anderen Versuchsvorbereitungen durchgeführt.<br />
3.2.1 Versuchslösung<br />
Es werden 12,5/20 l e<strong>in</strong>er Laktose/Phosphatpufferlösung (die Laktosekonzentration wird zu<br />
Beg<strong>in</strong>n des Versuches Bekannt gegeben) mit e<strong>in</strong>em pH-Wert von 7,0 angesetzt (5 mM<br />
Kalium-Phosphatpuffer dem noch 5 mM MgSO4 zugesetzt wird).<br />
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3.2.2 Analytik<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
Die Bestimmung der Glukosekonzentration erfolgt mit e<strong>in</strong>em Glucoseanalyzer (Biosensor).<br />
3.2.3 Versuchsaufbau<br />
Abb. 9 zeigt das Fließbild des Versuchsaufbaus zur Laktosehydrolyse im Dialyse-<br />
Membranreaktor. Anhand dieses Fließbildes erfolgt der Aufbau der Versuchsapparatur bzw.<br />
der E<strong>in</strong>bau des Moduls <strong>in</strong> die Apparatur.<br />
Abbildung 9: Fließbild der Versuchsanlage zur kont<strong>in</strong>uierlichen enzymatischen Laktosehydrolyse im Dialyse-<br />
Membranreaktor<br />
4 Versuchsdurchführung<br />
Zunächst wird der Enzymkreislauf mit 150 ml der zuvor angesetzten<br />
Laktose/Phosphatpufferlösung und 10 ml ß-Galactosidase gefüllt. Während des gesamten<br />
Versuches wird nun der Enzymkreislauf mit ca. VECV ≈ 100 ml/M<strong>in</strong> rezirkuliert.<br />
Die Laktose/Phosphatpufferlösung wird kont<strong>in</strong>uierlich im S<strong>in</strong>gle-Pass durch das Lumen (ICV)<br />
der Hohlfasern gepumpt. Der Durchfluss wird mittels e<strong>in</strong>es Messzyl<strong>in</strong>ders bestimmt. Nach 20<br />
m<strong>in</strong>. wird am Modulausgang e<strong>in</strong>e Probe genommen und die Glukosekonzentration<br />
bestimmt. Nach weiteren 10 m<strong>in</strong>. wird nochmals e<strong>in</strong>e Probe genommen, um zu überprüfen,<br />
ob sich e<strong>in</strong> stationärer Zustand e<strong>in</strong>gestellt und wiederum nach 20 und 30 m<strong>in</strong>. Proben<br />
gezogen. Insgesamt werden 3 verschiedene Durchflüsse e<strong>in</strong>gestellt. Mit Hilfe der<br />
Druckmessung und des Drosselventils (s. Fließbild, Abb. 9) wird e<strong>in</strong> Druckausgleich zwischen<br />
ICV und ECV hergestellt, um die Ultrafiltration möglichst ger<strong>in</strong>g zu halten.<br />
4.1 Auswertung der Versuchsergebnissen und Vergleich berechneter mit gemessenen<br />
Umsätzen<br />
Die Auswertung der Messungen im Versuchsprotokoll soll folgendes be<strong>in</strong>halten:<br />
- Versuchsprotokoll <strong>in</strong> tabellarischer Form,<br />
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FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
- graphische Darstellung der Versuchsergebnisse – X aufgetragen über VICV<br />
- tabellarische Darstellung der Berechnung des Umsatzes<br />
- graphische Darstellung der berechneten Ergebnisse für den Umsatz im Vergleich mit<br />
den experimentell ermittelten Umsätzen,<br />
- Diskussion der Ergebnisse.<br />
Die theoretische Berechnung des Umsatzes bei der Laktosehydrolyse im Dialyse-<br />
Membranreaktor erfolgt mit den Gleichungen (11 – 16) und folgenden Daten:<br />
Dm = 2,4 * 10 -7 cm 2 /s für Laktose <strong>in</strong> der Membran bei 25°C<br />
D = 5,2 * 10 -6 cm 2 /s für Laktose <strong>in</strong> Wasser bei 25°C<br />
Die für verschiedene Durchsätze berechneten Umsätze werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Diagramm den<br />
experimentell ermittelten Umsätzen gegenüber gestellt. Abweichungen zwischen der<br />
errechneten Kurve und den experimentellen Ergebnissen sollen abschließend diskutiert<br />
werden.<br />
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5 Formelzeichen<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
A m² Membranfläche<br />
C kg.m -3<br />
Stoffkonzentration<br />
D m Reaktorgehäusedurchmesser<br />
D m.s -2 Diffusionskonstante<br />
d m Hohlfaserdurchmesser<br />
Jv m.s -1<br />
Js kg.s<br />
konvektiver Volumenstrom<br />
-1<br />
KM kmol.m<br />
diffusiver und konvektiver Stoffstrom<br />
-3 Michaelis-Menten-Konstante<br />
K1<br />
K0 m.s<br />
Inhibitionskonstante<br />
-1<br />
K m.s<br />
Stofftransportkoeffizient gesamt<br />
-1<br />
Stofftransportkoeffizient<br />
L m Hohlfaserlänge<br />
Leff m effektive Membranaustauschlänge<br />
Lp m 3 . m -2 . s -1 . bar -1<br />
hydraulische Permeabilität<br />
S m Membrandicke<br />
N Hohlfaseranzahl<br />
P bar Druck<br />
R kmol.m -3 .s -1 Reaktionsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
T K Temperatur<br />
T s Zeit<br />
UFR m 3 . m -2 .s -1 . bar -1 Ultrafiltrationsrate<br />
V̇ m 3 .s -1 Vmax kmol-m<br />
Volumenstrom<br />
-3 .s -1 V m.s<br />
max. Reaktionsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
-1 Strömungsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
X Umsatz<br />
Griechische Buchstaben:
6 Literatur<br />
FB:KMUB, Praktikum Bioverfahrenstechnik:<br />
„<strong>Enzymkatalysierte</strong> <strong>Reaktionen</strong> <strong>in</strong> <strong>Membranreaktoren</strong>“<br />
• Cussler E.J.: Diffusion; mass transfer <strong>in</strong> fluid systems, Cambridge University Press, New<br />
York 1984<br />
• Czermak P., Ebrahimi M., Grau, K., Netz, S., Sawatzki G., Pfromm, P.H.: Membraneassisted<br />
enzymatic production of galactosyl-oligosaccharides from lactose <strong>in</strong> a<br />
cont<strong>in</strong>uous process, Journal of Membrane science 232 (2004), pp. 85-91<br />
• Czermak, P.: Entwicklung und verfahrenstechnische Optimierung e<strong>in</strong>es Enzym-Membran-<br />
Reaktors für die Hydrolyse von Laktose, VDI-Fortschritt- Berichte, Reihe 17, Nr. 64, VDI-<br />
Verlag Düsseldorf 1990<br />
• Czermak P., Eberhard G., König A., Tretzel J., Reimerdes E.H., Bauer W.: Dialyse-<br />
<strong>Membranreaktoren</strong> für enzymatische Umsetzungen bei biotechnischen Verfahren:<br />
Funktionspr<strong>in</strong>zipien und Anwendungsbeispiele, <strong>in</strong> Dechema "Biotechnology<br />
Conferences" Band 2, S. 133-145, Frankfurt 1988<br />
• Ebrahimi M., P.H. Pfromm, P. Czermak: Membrane chromatography reactor for the<br />
synthesis of oligosaccharides, The International Journal of Artificial Organs 28 (2005) 5, p.<br />
542<br />
• Ebrahimi M, L. Placido, L. Engel, K. Shams Ashaghi, P. Czermak: A Novel Ceramic<br />
Membrane Reactor System for the Cont<strong>in</strong>uous Enzymatic Synthesis of Oligosaccharides,<br />
Desal<strong>in</strong>ation 250 (2010) p. 1105-1108<br />
• Gist Brocades nv, Maxilact R LX 5000 technical data sheet Mil-O2-01 und Mil-03/80<br />
03.En.03, Delft-Holland, 1983<br />
• Giorno L, Drioli E.: Biocatalytic membrane reactors: applications and perspectives, Trends<br />
Biotechnol, 18 (2000)<br />
Seite | 21