Vorklärungen
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Sicht ökonomischer Prozesse als sich selbst erhaltender Kreisläufe zwischen<br />
Produktion und Konsum. Am wichtigsten ist, „dass vollständige Reversibilität<br />
als allgemeine Regel angenommen wird, genau wie in der Mechanik“. 45<br />
• Wir sind dazu gebracht worden zu glauben, dass Rohstoffe mehr Produkte<br />
menschlichen Erfindungsgeistes als Produkte der Natur seien. Nach der neoklassischen<br />
Theorie führen steigende Marktpreise für knappe Güter einerseits<br />
zu deren Schonung, andererseits zur Suche nach technischen Ersatzstoffen.<br />
Selbstverständlich enthält die ökonomische Theorie ein Modell von Natur.<br />
Aber dieses Modell beschreibt ein ökonomisches System, das, weil es von der<br />
physischen Realität unabhängig ist, unendliches Wachstumspotential hat.<br />
Im Gegensatz zum üblichen Verständnis fließen die ökologisch bedeutsamen<br />
Ströme nicht kreisförmig durch die materielle Ökonomie, sondern nur in einer<br />
Richtung. Das Entropiegesetz sagt, dass in jeder Umwandlung von Materie die<br />
verwendete Energie und die Materie unablässig und unwiderruflich herabgestuft<br />
werden zu einem Zustand, in dem sie weniger und schließlich gar nicht<br />
mehr zu verwenden sind. Wirtschaftliche Aktivität verlangt sowohl Energie<br />
als auch Materie und trägt deshalb zum beständigen Anwachsen der globalen<br />
Netto-Entropie bei durch die unaufhörliche Emission von Abwärme und Abfällen<br />
in die Ökosphäre. Ohne Bezug auf diesen entropischen Durchsatz „ist es<br />
unmöglich, Ökonomie und Umwelt miteinander in Beziehung zu bringen – und<br />
dennoch fehlt das Konzept [der Entropie, B.H.] nahezu vollständig in der aktuellen<br />
Ökonomie“. 46 Da unsere Ökonomien wachsen, die Ökosysteme, in die sie<br />
eingebettet sind, aber nicht, hat der Verbrauch von Ressourcen überall begonnen,<br />
die Raten nachhaltiger biologischer Produktion zu übersteigen. In diesem<br />
Licht gesehen ist ein großer Teil des heutigen „Reichtums“ schlichte Illusion<br />
(→ Kap. 2.2). Nachhaltige Entwicklung ist ein Weg, der den Zuwachs an globaler<br />
Entropie zu minimieren sucht.<br />
Die Erschöpfung von Ressourcen ist ein grundsätzliches Problem. Auch wenn<br />
es möglich wäre, nicht-erneuerbare Ressourcen wie Kupfer oder Erdöl zu ersetzen,<br />
ist das doch keine angemessene Lösung. Überhaupt sagen Märkte nichts<br />
über den Zustand vieler ökologisch kritischer Materialien oder Vorgänge. Der<br />
Knappheitsindikator der neo-klassischen Theorie versagt kläglich, wenn die<br />
Bedingungen seines Funktionierens nicht gegeben sind (→ Kap. 7.1). Konsum<br />
und Verschmutzung zerstören ökologisch wichtige Ressourcen, ohne dass ein<br />
Signal des Marktes darauf hinwiese, dass die Grundlagen des Überlebens zerstört<br />
werden. Wenn also kritische Dimensionen der globalen ökologischen Krise<br />
außerhalb des Bezugsrahmens des ökonomischen Modells liegen, dann hat die<br />
konventionelle Analyse nichts zur Nachhaltigen Entwicklung beizutragen.<br />
Glücklicherweise hat die Ökosphäre die Möglichkeit, sich von Missbrauch<br />
zu erholen. Ihre Materie wird fortlaufend umgeformt, weil sie – im Gegensatz<br />
zu ökonomischen Systemen – Zugang zu einer externen Quelle freier Energie<br />
hat: der Sonne. Photosynthese ist der wichtigste produktive Prozess auf der Erde<br />
45 – Georgescu-Roegen, 1975, 348<br />
46 – Daly, 1989, 1<br />
46<br />
glob_prob.indb 46 22.02.2006 16:39:49 Uhr