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Mutter-Tochter-Richtlinie

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Universitätslehrgang für Europäisches Steuerrecht an der<br />

Johannes Kepler Universität Linz<br />

Georg Kofler<br />

<strong>Mutter</strong>-<strong>Tochter</strong>-<strong>Richtlinie</strong>


<strong>Mutter</strong>-<strong>Tochter</strong>-RL<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Materialien<br />

<strong>Richtlinie</strong> des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der <strong>Mutter</strong>- und<br />

<strong>Tochter</strong>gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (90/435/EWG) idgF<br />

Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen<br />

<br />

Eidgenossenschaft über Regelungen, die den in der <strong>Richtlinie</strong> 2003/48/EG des Rates im Bereich<br />

der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind<br />

Textauszüge zum nationalen Recht (§ 10 KStG und § 94a EStG)<br />

Ausgewählte Beiträge zur <strong>Mutter</strong>-<strong>Tochter</strong>-<strong>Richtlinie</strong><br />

Terra, B. J. M./Wattel, P. J., European Tax Law, 5th edition (2008) 475 ff.<br />

Tenore, M., The Parent-Subsidiary Directive, in: Lang, M./Pistone, P./Schuch, J./Staringer, C.<br />

(Hrsg), Introduction to European Tax Law on Direct Taxation (2008) 95.<br />

Kofler, G./Kofler, H., Betriebsstätten in der <strong>Mutter</strong>-<strong>Tochter</strong>-<strong>Richtlinie</strong>, in: P. Quantschnigg/W.<br />

Wiesner/G. Mayr (Hrsg), Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz (2008)<br />

53.


Dieses Dokument ist lediglich eine Dokumentationsquelle, für deren Richtigkeit die Organe der Gemeinschaften keine<br />

Gewähr übernehmen<br />

►B RICHTLINIE DES RATES<br />

vom 23. Juli 1990<br />

über das gemeinsame Steuersystem der <strong>Mutter</strong>- und <strong>Tochter</strong>gesellschaften verschiedener<br />

Mitgliedstaaten<br />

(90/435/EWG)<br />

(ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 6)<br />

Geändert durch:<br />

Amtsblatt<br />

Nr. Seite Datum<br />

►M1 <strong>Richtlinie</strong> 2003/123/EG des Rates vom 22. Dezember 2003 L 7 41 13.1.2004<br />

►M2 <strong>Richtlinie</strong> 2006/98/EG des Rates vom 20. November 2006 L 363 129 20.12.2006<br />

Geändert durch:<br />

►A1 Beitrittsakte Österreichs, Finnlands und Schwedens C 241 21 29.8.1994<br />

(angepaßt durch den Beschluß 95/1/EG, Euratom, EGKS des Rates) L 1 1 1.1.1995<br />

►A2 Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik,<br />

der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der<br />

Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik<br />

Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik<br />

und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge<br />

L 236 33 23.9.2003<br />

Berichtigt durch:<br />

►C1 Berichtigung, ABl. L 266 vom 28.9.1990, S. 20 (90/435)<br />

►C2 Berichtigung, ABl. L 16 vom 18.1.1997, S. 98 (90/435)<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 1


▼B<br />

RICHTLINIE DES RATES<br />

vom 23. Juli 1990<br />

über das gemeinsame Steuersystem der <strong>Mutter</strong>- und<br />

<strong>Tochter</strong>gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten<br />

(90/435/EWG)<br />

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —<br />

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,<br />

insbesondere auf Artikel 100,<br />

auf Vorschlag der Kommission ( 1 ),<br />

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ( 2 ),<br />

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ( 3 ),<br />

in Erwägung nachstehender Gründe:<br />

Zusammenschlüsse von Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten<br />

können notwendig sein, um binnenmarktähnliche Verhältnisse in der<br />

Gemeinschaft zu schaffen und damit die Errichtung und das Funktionieren<br />

des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten. Sie dürfen nicht<br />

durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen<br />

aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert<br />

werden. Demzufolge müssen wettbewerbsneutrale steuerliche Regelungen<br />

für diese Zusammenschlüsse geschaffen werden, um die Anpassung<br />

von Unternehmen an die Erfordernisse des Gemeinsamen<br />

Marktes, eine Erhöhung ihrer Produktivität und eine Stärkung ihrer<br />

Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene zu ermöglichen.<br />

Derartige Zusammenschlüsse können zur Schaffung von aus <strong>Mutter</strong>und<br />

<strong>Tochter</strong>gesellschaften bestehenden Unternehmensgruppen führen.<br />

Die für die Beziehungen zwischen <strong>Mutter</strong>- und <strong>Tochter</strong>gesellschaften<br />

verschiedener Mitgliedstaaten geltenden Steuerbestimmungen weisen<br />

von einem Staat zum anderen erhebliche Unterschiede auf und sind<br />

im allgemeinen weniger günstig als die auf die Beziehung zwischen<br />

<strong>Mutter</strong>- und <strong>Tochter</strong>gesellschaften desselben Mitgliedstaats anwendbaren<br />

Bestimmungen. Die Zusammenarbeit von Gesellschaften verschiedener<br />

Mitgliedstaaten wird auf diese Weise gegenüber der Zusammenarbeit<br />

zwischen Gesellschaften desselben Mitgliedstaats benachteiligt.<br />

Diese Benachteiligung ist durch Schaffung eines gemeinsamen Steuersystems<br />

zu beseitigen, wodurch Zusammenschlüsse von Gesellschaften<br />

auf Gemeinschaftsebene erleichtert werden.<br />

Bezieht eine <strong>Mutter</strong>gesellschaft als Teilhaberin ihrer <strong>Tochter</strong>gesellschaft<br />

Gewinnausschüttungen, so<br />

— besteuert der Staat der <strong>Mutter</strong>gesellschaft diese entweder nicht oder<br />

— läßt er im Fall einer Besteuerung zu, daß die Gesellschaft den<br />

Steuerteilbetrag, den die<strong>Tochter</strong>gesellschaft für die von ihr ausgeschütteten<br />

Gewinne entrichtet, auf die Steuer anrechnen kann.<br />

Im übrigen sollten zur Sicherung der steuerlichen Neutralität von der<br />

<strong>Tochter</strong>gesellschaft an die <strong>Mutter</strong>gesellschaft ausgeschüttete Gewinne<br />

vom Quellensteuerabzug befreit werden. Jedoch ist es erforderlich, der<br />

( 1 ) ABl. Nr. C 39 vom 22. 3. 1969, S. 7, und am 5. Juli 1985 übermittelte<br />

Änderung.<br />

( 2 ) ABl. Nr. C 51 vom 29. 4. 1970, S. 6.<br />

( 3 ) ABl. Nr. C 100 vom 1. 8. 1969, S. 7.<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 2


▼B<br />

▼M1<br />

▼B<br />

Bundesrepublik Deutschland und der Republik Griechenland aufgrund<br />

der Besonderheit ihres Körperschaftsteuersystems und der Republik Portugal<br />

aus budgetären Gründen zu gestatten, zeitweise eine Quellensteuer<br />

beizubehalten —<br />

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:<br />

Artikel 1<br />

(1) Jeder Mitgliedstaat wendet diese <strong>Richtlinie</strong> an<br />

— auf Gewinnausschüttungen, die Gesellschaften dieses Staates von<br />

<strong>Tochter</strong>gesellschaften eines anderen Mitgliedstaats zufließen;<br />

— auf Gewinnausschüttungen von <strong>Tochter</strong>gesellschaften dieses Staates<br />

an Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten;<br />

— auf Gewinnausschüttungen, die in diesem Staat gelegenen Betriebstätten<br />

von Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten von ihren <strong>Tochter</strong>gesellschaften<br />

eines anderen Mitgliedstaates als dem der Betriebstätte<br />

zufließen;<br />

— auf Gewinnausschüttungen von Gesellschaften dieses Staates an in<br />

einem anderen Mitgliedstaat gelegene Betriebstätten von Gesellschaften<br />

dieses Mitgliedstaates, deren <strong>Tochter</strong>gesellschaften sie sind.<br />

(2) Die vorliegende <strong>Richtlinie</strong> steht der Anwendung einzelstaatlicher<br />

oder vertraglicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen<br />

und Mißbräuchen nicht entgegen.<br />

Artikel 2<br />

►M1 (1) ◄ Im Sinne dieser <strong>Richtlinie</strong> ist „Gesellschaft eines Mitgliedstaats“<br />

jede Gesellschaft,<br />

a) die eine der im Anhang aufgeführten Formen aufweist;<br />

b) die nach dem Steuerrecht eines Mitgliedstaats in bezug auf den<br />

steuerlichen Wohnsitz als in diesem Staat ansässig und aufgrund<br />

eines mit einem dritten Staat geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens<br />

in bezug auf den steuerlichen Wohnsitz nicht als außerhalb<br />

der Gemeinschaft ansässig betrachtet wird;<br />

c) die ferner ohne Wahlmöglichkeit einer der nachstehenden Steuern<br />

— vennootschapsbelasting/impôt des sociétés in Belgien,<br />

— selskabsskat in Dänemark,<br />

— Körperschaftsteuer in Deutschland,<br />

— φόρος εισοδήματος νομικών προσώπων κερδοσκοπικού<br />

χαρακτήρα in Griechenland,<br />

— impuesto sobre sociedades in Spanien,<br />

— impôt sur les sociétés in Frankreich,<br />

— corporation tax in Irland,<br />

— imposta sul reddito delle persone giuridiche in Italien,<br />

— impôt sur le revenu des collectivités in Luxemburg,<br />

— vennootschapsbelasting in den Niederlanden,<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 3


▼B<br />

▼A1<br />

▼A2<br />

▼M2<br />

▼B<br />

▼M1<br />

▼B<br />

— imposto sobre o rendimento das pessoas colectivas in Portugal,<br />

— corporation tax im Vereinigten Königreich,<br />

— Körperschaftsteuer in Österreich,<br />

— yhteisöjen tulovero/inkomstskatten för samfund in Finnland,<br />

— statlig inkomstskatt in Schweden,<br />

— Daň zpříjmů právnických in der Tschechischen Republik,<br />

— Tulumaks in Estland,<br />

— Φόρος Εισοδήματος in Zypern,<br />

— uzņēmumu ienākuma nodoklis in Lettland,<br />

— Pelno mokestis in Litauen,<br />

— Társasági adó, osztalékadó in Ungarn,<br />

— Taxxa fuq l-income in Malta,<br />

— Podatek dochodowy od osób prawnych in Polen,<br />

— Davek od dobička pravnih oseb in Slowenien,<br />

— daň z príjmov právnických osôb in der Slowakei,<br />

— корпоративен данък in Bulgarien,<br />

— impozit pe profit in Rumänien,<br />

oder irgendeiner Steuer, die eine dieser Steuern ersetzt, unterliegt,<br />

ohne davon befreit zu sein.<br />

(2) Im Sinne dieser <strong>Richtlinie</strong> ist „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung<br />

in einem Mitgliedstaat, durch die die Tätigkeit einer Gesellschaft<br />

eines anderen Mitgliedstaats ganz oder teilweise ausgeübt wird,<br />

sofern die Gewinne dieser Geschäftseinrichtung in dem Mitgliedstaat, in<br />

dem sie gelegen ist, nach dem jeweils geltenden bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen<br />

oder — in Ermangelung eines solchen Abkommens<br />

— nach innerstaatlichem Recht steuerpflichtig sind.<br />

Artikel 3<br />

(1) ►M1 Im Sinne dieser <strong>Richtlinie</strong> gilt als:<br />

a) „<strong>Mutter</strong>gesellschaft“ wenigstens jede Gesellschaft eines Mitgliedstaats,<br />

die die Bedingungen des Artikels 2 erfüllt und die einen Anteil<br />

von wenigstens 20 % am Kapital einer Gesellschaft eines anderen<br />

Mitgliedstaats hält, die die gleichen Bedingungen erfüllt.<br />

Unter denselben Bedingungen gilt als <strong>Mutter</strong>gesellschaft ebenfalls<br />

eine Gesellschaft eines Mitgliedstaats, die einen Anteil von wenigstens<br />

20 % am Kapital einer Gesellschaft desselben Mitgliedstaats<br />

hält, der ganz oder teilweise von einer in einem anderen Mitgliedstaat<br />

gelegenen Betriebstätte der erstgenannten Gesellschaft gehalten<br />

wird.<br />

Ab 1. Januar 2007 beträgt der Mindestanteil 15 %.<br />

Ab 1. Januar 2009 beträgt der Mindestanteil 10 %.<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 4


▼B<br />

▼M1<br />

▼B<br />

b) „<strong>Tochter</strong>gesellschaft“ die Gesellschaft, an deren Kapital eine andere<br />

Gesellschaft den unter Buchstabe a) genannten Anteil hält. ◄<br />

(2) Abweichend von Absatz 1 haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit,<br />

— durch bilaterale Vereinbarung als Kriterium die Stimmrechte statt<br />

des Kapitalanteils vorzusehen;<br />

— von dieser <strong>Richtlinie</strong> ihre Gesellschaften auszunehmen, die nicht<br />

während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei<br />

Jahren im Besitz einer Beteiligung bleiben, aufgrund deren sie als<br />

<strong>Mutter</strong>gesellschaften gelten, oder an denen eine Gesellschaft eines<br />

anderen Mitgliedstaats nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums<br />

von mindestens zwei Jahren eine solche Beteiligung hält.<br />

Artikel 4<br />

(1) Fließen einer <strong>Mutter</strong>gesellschaft oder ihrer Betriebstätte aufgrund<br />

ihrer Beteiligung an der <strong>Tochter</strong>gesellschaft Gewinne zu, die nicht anlässlich<br />

der Liquidation der <strong>Tochter</strong>gesellschaft ausgeschüttet werden, so<br />

— besteuern der Staat der <strong>Mutter</strong>gesellschaft und der Staat der Betriebstätte<br />

diese Gewinne entweder nicht oder<br />

— lassen im Falle einer Besteuerung zu, dass die <strong>Mutter</strong>gesellschaft<br />

und die Betriebstätte auf die geschuldete Steuer den Steuerteilbetrag,<br />

den die <strong>Tochter</strong>gesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für diesen<br />

Gewinn entrichtet, bis zur Höhe der entsprechenden Steuerschuld<br />

anrechnen können, vorausgesetzt, dass die Gesellschaft und die ihr<br />

nachgeordnete Gesellschaft auf jeder Stufe die Bedingungen gemäß<br />

Artikel 2 und Artikel 3 erfüllen.<br />

(1a) Diese <strong>Richtlinie</strong> hindert den Staat der <strong>Mutter</strong>gesellschaft nicht<br />

daran, eine <strong>Tochter</strong>gesellschaft aufgrund seiner Bewertung der rechtlichen<br />

Merkmale dieser <strong>Tochter</strong>gesellschaft, die sich aus dem Recht, nach<br />

dem sie gegründet wurde, ergeben, als steuerlich transparent zu betrachten<br />

und daher die <strong>Mutter</strong>gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung in<br />

Höhe des auf die <strong>Mutter</strong>gesellschaft entfallenden Anteils am Gewinn<br />

der <strong>Tochter</strong>gesellschaft zu besteuern. In diesem Fall besteuert der Staat<br />

der <strong>Mutter</strong>gesellschaft die von der <strong>Tochter</strong>gesellschaft ausgeschütteten<br />

Gewinne nicht.<br />

Wenn der Staat der <strong>Mutter</strong>gesellschaft deren Anteil an den ihr zuzurechnenden<br />

Gewinnen ihrer <strong>Tochter</strong>gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung<br />

bestimmt, gewährt er entweder eine Steuerbefreiung dieser Gewinne<br />

oder gestattet, dass die <strong>Mutter</strong>gesellschaft auf die geschuldete<br />

Steuer den Teilbetrag der Körperschaftsteuer, der sich auf den Gewinnanteil<br />

der <strong>Mutter</strong>gesellschaft bezieht und den ihre <strong>Tochter</strong>gesellschaft<br />

und jede Enkelgesellschaft für diese Gewinne entrichten, bis zur Höhe<br />

der entsprechenden Steuerschuld anrechnen kann, vorausgesetzt, dass<br />

die Gesellschaft und die ihr nachgeordnete Gesellschaft auf jeder Stufe<br />

die Bedingungen der Artikel 2 und 3 erfüllen.<br />

(2) Jeder Mitgliedstaat kann bestimmen, daß Kosten der Beteiligung<br />

an der <strong>Tochter</strong>gesellschaft und Minderwerte, die sich aufgrund der Ausschüttung<br />

ihrer Gewinne ergeben, nicht vom steuerpflichtigen Gewinn<br />

der <strong>Mutter</strong>gesellschaft abgesetzt werden können. Wenn in diesem Fall<br />

die mit der Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten pauschal<br />

festgesetzt werden, darf der Pauschalbetrag 5 % der von der<br />

<strong>Tochter</strong>gesellschaft ausgeschütteten Gewinne nicht übersteigen.<br />

(3) ►M1 Die Absätze 1 und 1a gelten bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen<br />

Anwendung eines gemeinsamen Körperschaftsteuersystems.<br />

◄<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 5


▼B<br />

Der Rat erläßt rechtzeitig die nach diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen.<br />

Artikel 5<br />

(1) ►M1 Die von einer <strong>Tochter</strong>gesellschaft an ihre <strong>Mutter</strong>gesellschaft<br />

ausgeschütteten Gewinne sind vom Steuerabzug an der Quelle<br />

befreit. ◄<br />

▼M1 __________<br />

▼B<br />

Artikel 6<br />

Der Mitgliedstaat der <strong>Mutter</strong>gesellschaft ►C1 kann keinen Steuerabzug<br />

◄ an der Quelle auf Gewinne vornehmen, die diese Gesellschaft<br />

von ihrer <strong>Tochter</strong>gesellschaft bezieht.<br />

Artikel 7<br />

(1) Der in dieser <strong>Richtlinie</strong> verwendete Ausdruck „Steuerabzug an<br />

der Quelle“ umfaßt nicht die in Verbindung mit der Ausschüttung von<br />

Gewinnen an die <strong>Mutter</strong>gesellschaft erfolgende Vorauszahlung der Körperschaftsteuer<br />

an den Sitzmitgliedstaat der <strong>Tochter</strong>gesellschaft.<br />

(2) Diese <strong>Richtlinie</strong> berührt nicht die Anwendung einzelstaatlicher<br />

oder vertraglicher Bestimmungen, die die Beseitigung oder Minderung<br />

der Doppelbesteuerung der Dividenden bezwecken, und insbesondere<br />

nicht die Bestimmungen, die die Auszahlung von Steuerkrediten an<br />

die Dividendenempfänger betreffen.<br />

Artikel 8<br />

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften,<br />

um dieser <strong>Richtlinie</strong> vor dem 1. Januar 1992<br />

nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission unverzüglich hiervon.<br />

(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß der Kommission der<br />

Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Vorschriften mitgeteilt wird,<br />

die sie auf dem unter diese <strong>Richtlinie</strong> fallenden Gebiet erlassen.<br />

Artikel 9<br />

Diese <strong>Richtlinie</strong> ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 6


▼M2<br />

a)<br />

ANHANG<br />

Liste der unter Artikel 2 Buchstabe a) fallenden Gesellschaften<br />

Die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober<br />

2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) und der <strong>Richtlinie</strong><br />

2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts<br />

der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer<br />

gegründeten Gesellschaften sowie die gemäß der Verordnung<br />

(EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der<br />

Europäischen Genossenschaft (SCE) und gemäß der <strong>Richtlinie</strong> 2003/72/EG<br />

des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen<br />

Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer gegründeten<br />

Genossenschaften;<br />

b) Gesellschaften belgischen Rechts mit der Bezeichnung „société anonyme“/<br />

„naamloze vennootschap“,„société en commandite par actions“/„commanditaire<br />

vennootschap op aandelen“, „société privée à responsabilité limitée“/<br />

„besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid“, „société coopérative<br />

à responsabilité limitée“/„coöperatieve vennootschap met beperkte aansprakelijkheid“,<br />

„société coopérative à responsabilité illimitée“/„coöperatieve<br />

vennootschap met onbeperkte aansprakelijkheid“, „société en nom collectif“/<br />

„vennootschap onder firma“, „société en commandite simple“/„gewone commanditaire<br />

vennootschap“, öffentliche Unternehmen, die eine der genannten<br />

Rechtsformen angenommen haben, und andere nach belgischem Recht gegründete<br />

Gesellschaften, die der belgischen Körperschaftsteuer unterliegen;<br />

c) Gesellschaften bulgarischen Rechts mit der Bezeichnung „събирателното<br />

дружество“, „командитното дружество“, „дружеството с ограничена отговорност“,<br />

„акционерното дружество“, „командитното дружество с<br />

акции“, „неперсонифицирано дружество“, „кооперации“, „кооперативни<br />

съюзи“„държавни предприятия“, die nach bulgarischem Recht gegründet<br />

wurden und gewerbliche Tätigkeiten ausüben;<br />

d) Gesellschaften tschechischen Rechts mit der Bezeichnung „akciová společnost“,<br />

„společnost s ručením omezeným“;<br />

e) Gesellschaften dänischen Rechts mit der Bezeichnung „aktieselskab“ oder<br />

„anpartsselskab“. Weitere nach dem Körperschaftsteuergesetz steuerpflichtige<br />

Gesellschaften, soweit ihr steuerbarer Gewinn nach den allgemeinen<br />

steuerrechtlichen Bestimmungen für die „aktieselskaber“ ermittelt und besteuert<br />

wird;<br />

f) Gesellschaften deutschen Rechts mit der Bezeichnung „Aktiengesellschaft“,<br />

„Kommanditgesellschaft auf Aktien“, „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“,<br />

„Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit“, „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft“,<br />

„Betrieb gewerblicher Art von juristischen Personen<br />

des öffentlichen Rechts“, und andere nach deutschem Recht gegründete Gesellschaften,<br />

die der deutschen Körperschaftsteuer unterliegen;<br />

g) Gesellschaften estnischen Rechts mit der Bezeichnung „täisühing“, „usaldusühing“,<br />

„osaühing“, „aktsiaselts“, „tulundusühistu“;<br />

h) Gesellschaften griechischen Rechts mit der Bezeichnung „ανώνυμη εταιρεία“,<br />

„εταιρεία περιορισμένης ευθύνης (Ε.Π.Ε.)“ und andere nach griechischem<br />

Recht gegründete Gesellschaften, die der griechischem Körperschaftsteuer<br />

unterliegen;<br />

i) Gesellschaften spanischen Rechts mit der Bezeichnung „sociedad anónima“,<br />

„sociedad comanditaria por acciones“, „sociedad de responsabilidad limitada“,<br />

die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, deren Tätigkeit unter das<br />

Privatrecht fällt. Andere nach spanischem Recht gegründete Körperschaften,<br />

die der spanischen Körperschaftsteuer („impuesto sobre sociedades“) unterliegen;<br />

j) Gesellschaften französischen Rechts mit der Bezeichnung „société anonyme“,<br />

„société en commandite par actions“, „société à responsabilité limitée“,<br />

„sociétés par actions simplifiées“, „sociétés d'assurances mutuelles“,<br />

„caisses d'épargne et de prévoyance“, „sociétés civiles“, die automatisch<br />

der Körperschaftsteuer unterliegen, „coopératives“, „unions de coopératives“,<br />

die öffentlichen Industrie- und Handelsbetriebe und -unternehmen und andere<br />

nach französischem Recht gegründete Gesellschaften, die der französischen<br />

Körperschaftsteuer unterliegen;<br />

k) nach irischem Recht gegründete oder eingetragene Gesellschaften, gemäß<br />

dem Industrial and Provident Societies Act eingetragene Körperschaften,<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 7


▼M2<br />

gemäß dem Building Societies Act gegründete „building societies“ und<br />

„trustee savings banks“ im Sinne des Trustee Savings Banks Act von 1989;<br />

l) Gesellschaften italienischen Rechts mit der Bezeichnung „società per<br />

m)<br />

azioni“, „società in accomandita per azioni“, „società a responsibilità limitata“,<br />

„società cooperative“, „società di mutua assicurazione“ sowie öffentliche<br />

und private Körperschaften, deren Tätigkeit ganz oder überwiegend<br />

handelsgewerblicher Art ist;<br />

Gesellschaften zyprischen Rechts mit der Bezeichnung „εταιρείες“ im Sinne<br />

der Einkommensteuergesetze;<br />

n) Gesellschaften lettischen Rechts mit der Bezeichnung „akciju sabiedrība“,<br />

„sabiedrība ar ierobežotu atbildību“;<br />

o) Gesellschaften litauischen Rechts;<br />

p) Gesellschaften luxemburgischen Rechts mit der Bezeichnung „société anonyme“,<br />

„société en commandite par actions“, „société à responsabilité limitée“,<br />

„société coopérative“, „société coopérative organisée comme une société<br />

anonyme“, „association d'assurances mutuelles“, „association d'épargne-pension“,<br />

„entreprise de nature commerciale, industrielle ou minière<br />

de l'Etat, des communes, des syndicats de communes, des établissements<br />

publics et des autres personnes morales de droit public“ sowie andere nach<br />

luxemburgischem Recht gegründete Gesellschaften, die der luxemburgischen<br />

Körperschaftsteuer unterliegen;<br />

q) Gesellschaften ungarischen Rechts mit der Bezeichnung „közkereseti társaság“,<br />

„betéti társaság“, „közös vállalat“, „korlátolt felelősségű társaság“,<br />

„részvénytársaság“, „egyesülés“, „szövetkezet“;<br />

r) Gesellschaften maltesischen Rechts mit der Bezeichnung „Kumpaniji ta'<br />

Responsabilita' Limitata“, „Soċjetajiet en commandite li l-kapital tagħhom<br />

maqsum f'azzjonijiet“;<br />

s) Gesellschaften niederländischen Rechts mit der Bezeichnung „naamloze<br />

vennnootschap“, „besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid“,<br />

„Open commanditaire vennootschap“, „Coöperatie“, „onderlinge waarborgmaatschappij“,<br />

„Fonds voor gemene rekening“, „vereniging op coöperatieve<br />

grondslag“, „vereniging welke op onderlinge grondslag als verzekeraar of<br />

kredietinstelling optreedt“ und andere nach niederländischem Recht gegründete<br />

Gesellschaften, die der niederländischen Körperschaftsteuer unterliegen;<br />

t) Gesellschaften österreichischen Rechts mit der Bezeichnung „Aktiengesellschaft“,<br />

„Gesellschaft mit beschränkter Haftung“, „Versicherungsvereine auf<br />

Gegenseitigkeit“, „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“, „Betriebe<br />

gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts“, „Sparkassen“<br />

und andere nach österreichischem Recht gegründete Gesellschaften, die der<br />

österreichischem Körperschaftsteuer unterliegen;<br />

u) Gesellschaften polnischen Rechts mit der Bezeichnung: „spółka akcyjna“,<br />

„spółka z ograniczoną odpowiedzialnością“;<br />

v) die nach portugiesischem Recht gegründeten Handelsgesellschaften oder zivilrechtlichen<br />

Handelsgesellschaften, Genossenschaften und öffentlichen Unternehmen;<br />

w) Gesellschaften rumänischen Rechts mit der Bezeichnung „societăți pe acțiuni“,<br />

„societăți în comandită pe acțiuni“, „societăți curăspundere limitată“;<br />

x) Gesellschaften slowenischen Rechts mit der Bezeichnung „delniška družba“,<br />

„komanditna družba“, „družba z omejeno odgovornostjo“;<br />

y) Gesellschaften slowakischen Rechts mit der Bezeichnung „akciová spoločnosť“,<br />

„spoločnosť sručením obmedzeným“, „komanditná spoločnosť“;<br />

z) Gesellschaften finnischen Rechts mit der Bezeichnung „osakeyhtiö“/„aktiebolag“,<br />

„osuuskunta“/„andelslag“, „säästöpankki“/„sparbank“ and „vakuutusyhtiö“/„försäkringsbolag“;<br />

aa) Gesellschaften schwedischen Rechts mit der Bezeichnung „aktiebolag“, „försäkringsaktiebolag“,<br />

„ekonomiska föreningar“, „sparbanker“, „ömsesidiga<br />

försäkringsbolag“;<br />

ab) nach dem Recht des Vereinigten Königreichs gegründete Gesellschaften.<br />

1990L0435 — DE — 01.01.2007 — 004.001 — 8


DE<br />

L 385/30 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

ABKOMMEN<br />

zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über<br />

Regelungen, die den in der <strong>Richtlinie</strong> 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von<br />

Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind<br />

DIE EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT, im Folgenden „Gemeinschaft“ genannt,<br />

und<br />

DIE SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT, im Folgenden „Schweiz“ genannt,<br />

oder als „Vertragsparteien“ bezeichnet,<br />

SIND ÜBEREINGEKOMMEN, FOLGENDES ABKOMMEN ZU SCHLIESSEN:<br />

Artikel 1<br />

Steuerrückbehalt durch schweizerische Zahlstellen<br />

(1) Von Zinszahlungen an in einem Mitgliedstaat der Europäischen<br />

Union (im Folgenden „Mitgliedstaat“ genannt) ansässige<br />

Nutzungsberechtigte im Sinne von Artikel 4 durch im Gebiet<br />

der Schweiz niedergelassene Zahlstellen wird vorbehaltlich des<br />

Absatzes 2 und des Artikels 2 ein Betrag von den Zinszahlungen<br />

einbehalten. Der Satz des Steuerrückbehalts beträgt in den<br />

ersten drei Jahren der Anwendung dieses Abkommens 15 %, in<br />

den darauf folgenden drei Jahren 20 % und danach 35 %.<br />

(2) Zinszahlungen auf Forderungen, die von in der Schweiz<br />

ansässigen Schuldnern begeben wurden oder sich auf Betriebsstätten<br />

in der Schweiz nicht ansässiger Personen beziehen, sind<br />

vom Steuerrückbehalt ausgeschlossen. Für die Zwecke dieses<br />

Abkommens hat der Begriff „Betriebsstätte“ dieselbe Bedeutung<br />

wie in dem jeweiligen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung<br />

zwischen der Schweiz und dem Ansässigkeitsstaat<br />

des Schuldners. Besteht kein solches Abkommen, so bedeutet<br />

der Begriff „Betriebsstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung, durch<br />

die die Geschäftstätigkeit eines Schuldners ganz oder teilweise<br />

ausgeübt wird.<br />

(3) Senkt jedoch die Schweiz den Satz ihrer Verrechnungssteuer<br />

auf Zinszahlungen aus schweizerischen Quellen an in den<br />

Mitgliedstaaten ansässige natürliche Personen unter 35 %, so<br />

behält sie einen Steuerrückbehalt auf diese Zinszahlungen ein.<br />

Der Satz des Steuerrückbehalts entspricht in diesem Fall der<br />

Differenz zwischen dem Satz des Steuerrückbehalts gemäß Absatz<br />

1 und dem neuen Satz der Verrechnungssteuer. Er übersteigt<br />

jedoch nicht den Satz gemäß Absatz 1.<br />

Beschränkt die Schweiz den Anwendungsbereich ihres Verrechnungssteuergesetzes<br />

auf Zinszahlungen, die an in Mitgliedstaaten<br />

ansässige natürliche Personen geleistet werden, ist jede Zinszahlung,<br />

die vom Anwendungsbereich der Verrechnungssteuer<br />

ausgeschlossen wurde, Gegenstand des Steuerrückbehalts zu den<br />

in Absatz 1 vorgesehenen Sätzen.<br />

(4) Absatz 2 gilt nicht für Zinszahlungen schweizerischer<br />

Anlagefonds, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens<br />

oder zu einem späteren Zeitpunkt für ihre Zahlungen<br />

an in einem Mitgliedstaat ansässige natürliche Personen von der<br />

schweizerischen Verrechnungssteuer befreit sind.<br />

(5) Die Schweiz trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen,<br />

dass die für die Durchführung dieses Abkommens<br />

notwendigen Aufgaben durch Zahlstellen im Gebiet der Schweiz<br />

wahrgenommen werden, und erlässt insbesondere Verfahrensund<br />

Strafvorschriften.<br />

Artikel 2<br />

Freiwillige Offenlegung<br />

(1) Die Schweiz sieht ein Verfahren vor, das es dem Nutzungsberechtigten<br />

im Sinne von Artikel 4 ermöglicht, den<br />

Steuerrückbehalt gemäß Artikel 1 zu vermeiden, indem er seine<br />

Zahlstelle in der Schweiz ausdrücklich ermächtigt, die Zinszahlungen<br />

an die zuständige Behörde dieses Staates zu melden. Eine<br />

solche Ermächtigung gilt für alle Zinszahlungen dieser Zahlstelle<br />

an den Nutzungsberechtigten.<br />

(2) Die Zahlstelle übermittelt im Falle der ausdrücklichen<br />

Ermächtigung durch den Nutzungsberechtigten mindestens die<br />

folgenden Angaben:<br />

a) Identität und Wohnsitz des Nutzungsberechtigten entsprechend<br />

den Feststellungen nach Artikel 5,<br />

b) Name und Anschrift der Zahlstelle,<br />

c) Kontonummer des Nutzungsberechtigten oder, in Ermangelung<br />

einer solchen, Bezeichnung der Forderung, aus der die<br />

Zinsen stammen, und


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29.12.2004 Amtsblatt der Europäischen Union L 385/31<br />

d) die gemäß Artikel 3 berechnete Höhe der Zinszahlung.<br />

(3) Die zuständige Behörde der Schweiz übermittelt die Informationen<br />

gemäß Absatz 2 der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats,<br />

in dem der Nutzungsberechtigte ansässig ist. Die<br />

Informationen über sämtliche während eines Steuerjahres erfolgten<br />

Zinszahlungen werden mindestens einmal jährlich automatisch<br />

übermittelt, und zwar binnen sechs Monaten nach dem<br />

Ende des Steuerjahres der Schweiz.<br />

(4) Optiert der Nutzungsberechtigte für dieses Verfahren der<br />

freiwilligen Offenlegung oder meldet er seine Zinserträge von<br />

einer schweizerischen Zahlstelle auf andere Weise den Steuerbehörden<br />

des Mitgliedstaats, in dem er ansässig ist, werden die<br />

betreffenden Zinserträge in diesem Mitgliedstaat zu demselben<br />

Satz besteuert wie vergleichbare Erträge, die aus diesem Mitgliedstaat<br />

stammen.<br />

Artikel 3<br />

Bemessungsgrundlage des Steuerrückbehalts<br />

(1) Die Zahlstelle erhebt den Steuerrückbehalt gemäß Artikel<br />

1 Absatz 1 wie folgt:<br />

a) im Falle einer Zinszahlung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1<br />

Buchstabe a): auf den Bruttobetrag der gezahlten oder gutgeschriebenen<br />

Zinsen;<br />

b) im Falle einer Zinszahlung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1<br />

Buchstabe b) oder d): auf den Betrag der dort bezeichneten<br />

Zinsen oder Erträge;<br />

c) im Falle einer Zinszahlung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1<br />

Buchstabe c): auf den Betrag der dort bezeichneten Zinsen.<br />

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 wird der Steuerrückbehalt<br />

für den Zeitraum, während dessen der Nutzungsberechtigte die<br />

Forderung innehat, anteilig erhoben. Kann die Zahlstelle diesen<br />

Zeitraum nicht anhand der ihr vorliegenden Informationen feststellen,<br />

so behandelt sie den Nutzungsberechtigten, als ob er die<br />

Forderung während der gesamten Zeit ihres Bestehens innegehabt<br />

hätte, es sei denn, er weist nach, zu welchem Zeitpunkt er<br />

sie erworben hat.<br />

(3) Andere Steuern und Rückbehalte als der in diesem Abkommen<br />

vorgesehene Steuerrückbehalt auf dieselbe Zinszahlung<br />

werden mit dem Betrag des gemäß diesem Artikel berechneten<br />

Steuerrückbehalts verrechnet.<br />

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 gelten unbeschadet des Artikels 1<br />

Absatz 2.<br />

Artikel 4<br />

Definition des Nutzungsberechtigten<br />

(1) Für die Zwecke dieses Abkommens gilt als „Nutzungsberechtigter“<br />

jede natürliche Person, die eine Zinszahlung vereinnahmt<br />

oder zu deren Gunsten eine Zinszahlung erfolgt, es<br />

sei denn, sie weist nach, dass sie die Zahlung nicht für sich<br />

selbst vereinnahmt hat oder diese nicht zu ihren Gunsten erfolgt<br />

ist. Eine natürliche Person gilt nicht als Nutzungsberechtigter<br />

einer Zahlung, wenn sie<br />

a) als Zahlstelle im Sinne von Artikel 6 handelt oder<br />

b) im Auftrag einer juristischen Person, eines Investmentfonds<br />

oder einer vergleichbaren oder gleichwertigen Einrichtung für<br />

gemeinsame Anlagen in Wertpapieren handelt oder<br />

c) im Auftrag einer anderen natürlichen Person handelt, welche<br />

der Nutzungsberechtigte ist und Identität und Wohnsitzstaat<br />

der Zahlstelle mitteilt.<br />

(2) Liegen einer Zahlstelle Informationen vor, die den Schluss<br />

nahe legen, dass die natürliche Person, die eine Zinszahlung<br />

vereinnahmt oder zu deren Gunsten eine Zinszahlung erfolgt,<br />

nicht der Nutzungsberechtigte ist, unternimmt sie angemessene<br />

Schritte zur Feststellung der Identität des Nutzungsberechtigten.<br />

Kann die Zahlstelle den Nutzungsberechtigten nicht feststellen,<br />

so behandelt diese Zahlstelle die fragliche natürliche Person als<br />

den Nutzungsberechtigten.<br />

Artikel 5<br />

Identität und Wohnsitz des Nutzungsberechtigten<br />

Um Identität und Wohnsitz des Nutzungsberechtigten im Sinne<br />

des Artikels 4 zu ermitteln, registriert die Zahlstelle gemäß den<br />

schweizerischen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei<br />

Namen, Vornamen, Anschrift und Angaben zum<br />

Wohnsitz. Für vertragliche Beziehungen oder für Transaktionen<br />

bei Fehlen einer vertraglichen Beziehung, die am oder nach dem<br />

1. Januar 2004 eingegangen oder durchgeführt wurden, wird<br />

der Wohnsitz für natürliche Personen mit einem von einem<br />

Mitgliedstaat ausgestellten Reisepass oder Personalausweis, die<br />

geltend machen, in einem anderen Staat als in einem Mitgliedstaat<br />

oder der Schweiz ansässig zu sein, aufgrund einer Wohnsitzbescheinigung<br />

der zuständigen Steuerverwaltung des Staates,<br />

als dessen Ansässiger sich die natürliche Person ausweist, bestimmt.<br />

Bei Fehlen einer solchen Bescheinigung gilt jener Mitgliedstaat,<br />

der den Reisepass oder den Personalausweis ausgestellt<br />

hat, als Ansässigkeitsstaat.


DE<br />

L 385/32 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

Artikel 6<br />

Definition der Zahlstelle<br />

Für die Zwecke dieses Abkommens gelten als „Zahlstelle“ in der<br />

Schweiz Banken nach dem schweizerischen Bankengesetz, Wertpapierhändler<br />

nach dem Bundesgesetz über die Börsen und den<br />

Effektenhandel, in der Schweiz ansässige bzw. errichtete natürliche<br />

und juristische Personen, Personengesellschaften und Betriebsstätten<br />

ausländischer Gesellschaften, die im Rahmen ihrer<br />

Geschäftstätigkeit regelmäßig oder gelegentlich Vermögenswerte<br />

von Dritten entgegennehmen, halten, anlegen oder übertragen<br />

oder lediglich Zinsen zahlen oder die Zinszahlungen absichern.<br />

Artikel 7<br />

Definition der Zinszahlung<br />

(1) Für die Zwecke dieses Abkommens gelten als „Zinszahlung“<br />

a) auf ein Konto eingezahlte oder einem Konto gutgeschriebene<br />

Zinsen, die mit Forderungen jeglicher Art zusammenhängen,<br />

einschließlich Zinsen, die von schweizerischen Zahlstellen<br />

zugunsten des Nutzungsberechtigten im Sinne des Artikels<br />

4 auf Treuhandkonten gezahlt werden, unabhängig davon,<br />

ob sie hypothekarisch gesichert sind oder nicht und ob sie<br />

ein Recht auf Beteiligung am Gewinn des Schuldners beinhalten<br />

oder nicht, insbesondere Erträge aus Staatspapieren,<br />

Anleihen und Schuldverschreibungen einschließlich der mit<br />

diesen Papieren, Anleihen oder Schuldverschreibungen verbundenen<br />

Prämien und Gewinne, nicht aber Zinsen für Darlehen<br />

zwischen natürlichen Personen, die nicht im Rahmen<br />

ihrer Geschäftstätigkeit handeln. Zuschläge für verspätete<br />

Zahlungen gelten nicht als Zinszahlung;<br />

b) bei Verkauf, Rückzahlung oder Einlösung von Forderungen<br />

im Sinne von Buchstabe a) aufgelaufene oder kapitalisierte<br />

Zinsen;<br />

c) direkte oder über eine Einrichtung im Sinne von Artikel 4<br />

Absatz 2 der <strong>Richtlinie</strong> 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni<br />

2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (im Folgenden<br />

„<strong>Richtlinie</strong>“ genannt) laufende Zinserträge, die ausgeschüttet<br />

werden von<br />

i) in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Organismen für<br />

gemeinsame Anlagen,<br />

ii) in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Einrichtungen,<br />

die von der Wahlmöglichkeit des Artikels 4 Absatz 3<br />

der <strong>Richtlinie</strong> Gebrauch gemacht haben und die Zahlstelle<br />

hiervon unterrichten,<br />

iii) außerhalb des Gebiets der Vertragsparteien errichteten<br />

Organismen für gemeinsame Anlagen,<br />

iv) schweizerischen Anlagefonds, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />

dieses Abkommens oder zu einem späteren<br />

Zeitpunkt von der schweizerischen Verrechnungssteuer<br />

auf ihre Zahlungen an in einem Mitgliedstaat ansässige<br />

natürliche Personen befreit sind;<br />

d) Erträge, die bei Verkauf, Rückzahlung oder Einlösung von<br />

Anteilen an den nachstehend aufgeführten Organismen und<br />

Einrichtungen realisiert werden, sofern diese mehr als 40 %<br />

ihres Vermögens direkt oder indirekt über andere, nachstehend<br />

aufgeführte, Organismen und Einrichtungen in Forderungen<br />

im Sinne des Buchstabens a) anlegen:<br />

i) in einem Mitgliedstaat niedergelassene Organismen für<br />

gemeinsame Anlagen,<br />

ii) in einem Mitgliedstaat niedergelassene Einrichtungen, die<br />

von der Wahlmöglichkeit des Artikels 4 Absatz 3 der<br />

<strong>Richtlinie</strong> Gebrauch gemacht haben und die Zahlstelle<br />

hiervon unterrichten,<br />

iii) außerhalb des Gebiets der Vertragsparteien errichtete Organismen<br />

für gemeinsame Anlagen,<br />

iv) schweizerische Anlagefonds, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />

dieses Abkommens oder zu einem späteren<br />

Zeitpunkt von der Schweizerischen Verrechnungssteuer<br />

auf ihre Zahlungen an in einem Mitgliedstaat ansässige<br />

natürliche Personen befreit sind.<br />

(2) Liegen einer Zahlstelle keine Informationen über den Anteil<br />

der Zinszahlungen an den Erträgen vor, so gilt im Falle des<br />

Absatzes 1 Buchstabe c) der Gesamtbetrag der betreffenden Erträge<br />

als Zinszahlung.<br />

(3) Liegen einer Zahlstelle keine Informationen über den Prozentanteil<br />

des in Forderungen oder in Anteilen gemäß der Definition<br />

in diesem Unterabsatz angelegten Vermögens vor, so<br />

gilt im Falle des Absatzes 1 Buchstabe d) dieser Prozentanteil<br />

als über 40 % liegend. Kann die Zahlstelle die Erträge des Nutzungsberechtigten<br />

nicht ermitteln, gelten die Erlöse aus dem<br />

Verkauf, der Rückzahlung oder der Einlösung der Anteile als<br />

Höhe der Erträge.<br />

(4) Erträge, die von Organismen oder Einrichtungen stammen,<br />

die höchstens 15 % ihres Vermögens in Forderungen im<br />

Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) angelegt haben, gelten nicht<br />

als Zinszahlung im Sinne von Absatz 1 Buchstaben c) und d).<br />

(5) Der in Absatz 1 Buchstabe d) und Absatz 3 genannte<br />

Prozentanteil beträgt ab 1. Januar 2011 25 %.<br />

(6) Maßgebend für die Prozentanteile gemäß Absatz 1 Buchstabe<br />

d) und Absatz 4 ist die im Fondsprospekt oder in der<br />

Gründungsurkunde der betreffenden Organismen oder Einrichtungen<br />

dargelegte Anlagepolitik oder, in Ermangelung solcher<br />

Angaben, die tatsächliche Zusammensetzung des Vermögens der<br />

betreffenden Organismen oder Einrichtungen.


DE<br />

29.12.2004 Amtsblatt der Europäischen Union L 385/33<br />

Artikel 8<br />

Aufteilung der Einnahmen<br />

(1) Die Schweiz behält 25 % der Einnahmen aus dem Steuerrückbehalt<br />

gemäß diesem Abkommen und leitet 75 % der Einnahmen<br />

an den Mitgliedstaat weiter, in dem der Nutzungsberechtigte<br />

ansässig ist.<br />

(2) Diese Weiterleitung erfolgt für jedes Jahr in einer Zahlung<br />

pro Mitgliedstaat spätestens sechs Monate nach dem Ende des<br />

Steuerjahrs der Schweiz.<br />

Artikel 9<br />

Vermeidung der Doppelbesteuerung<br />

(1) Waren die von einem Nutzungsberechtigten vereinnahmten<br />

Zinsen Gegenstand eines Steuerrückbehalts durch eine Zahlstelle<br />

in der Schweiz, so gewährt der Mitgliedstaat, in dem der<br />

Nutzungsberechtigte seinen steuerlichen Wohnsitz hat, diesem<br />

eine Steuergutschrift in Höhe des einbehaltenen Betrags. Übersteigt<br />

dieser Betrag den Steuerbetrag, der nach den inländischen<br />

Vorschriften auf den Gesamtbetrag der dem Steuerrückbehalt<br />

unterliegenden Zinsen geschuldet wird, so erstattet der Mitgliedstaat<br />

des steuerlichen Wohnsitzes dem Nutzungsberechtigten<br />

den Betrag der zu viel einbehaltenen Steuer.<br />

(2) Waren die von einem Nutzungsberechtigten vereinnahmten<br />

Zinsen über den in diesem Abkommen vorgesehenen<br />

Steuerrückbehalt hinaus Gegenstand anderer Steuern und Rückbehalte<br />

und gewährt der Mitgliedstaat des steuerlichen Wohnsitzes<br />

gemäß seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder<br />

Doppelbesteuerungsabkommen dafür eine Steuergutschrift, so<br />

werden diese Steuern und Rückbehalte vor der Durchführung<br />

des Verfahrens gemäß Absatz 1 gutgeschrieben. Der Mitgliedstaat<br />

des steuerlichen Wohnsitzes akzeptiert Bescheinigungen<br />

schweizerischer Zahlstellen als ordnungsgemäße Nachweise für<br />

die Steuer oder den Steuerrückbehalt; die zuständige Behörde<br />

des Mitgliedstaats des steuerlichen Wohnsitzes kann die Angaben<br />

in den Bescheinigungen der schweizerischen Zahlstellen<br />

durch die zuständige Behörde der Schweiz nachprüfen lassen.<br />

(3) Der Mitgliedstaat, in dem der Nutzungsberechtigte seinen<br />

steuerlichen Wohnsitz hat, kann das in den Absätzen 1 und 2<br />

beschriebene Anrechnungssystem durch ein System zur Erstattung<br />

des in Artikel 1 vorgesehenen Steuerrückbehalts ersetzen.<br />

Artikel 10<br />

Informationsaustausch<br />

(1) Die zuständigen Behörden der Schweiz und die einzelnen<br />

Mitgliedstaaten tauschen für die unter dieses Abkommen fallenden<br />

Erträge Informationen über Handlungen aus, die nach den<br />

Rechtsvorschriften des ersuchten Staates als Steuerbetrug gelten<br />

oder ein ähnliches Delikt darstellen. Als „ähnlich“ gelten ausschließlich<br />

Delikte, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten<br />

Staates denselben Unrechtsgehalt wie Steuerbetrug aufweisen.<br />

Auf ein ordnungsgemäß begründetes Ersuchen hin übermittelt<br />

der ersuchte Staat Informationen über Angelegenheiten,<br />

die der ersuchende Staat in einem Verwaltungs-, Zivil- oder in<br />

einem Strafverfahren ermittelt oder verfolgt bzw. ermitteln und<br />

verfolgen kann. Im Rahmen des in diesem Absatz definierten<br />

Umfangs erfolgt der Informationsaustausch gemäß den in den<br />

Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den<br />

Mitgliedstaaten festgelegten Verfahren und wird nach den darin<br />

enthaltenen Bestimmungen vertraulich behandelt.<br />

(2) Bei der Entscheidung, ob in Beantwortung eines Ersuchens<br />

Informationen übermittelt werden können, stützt sich<br />

der ersuchte Staat auf die nach dem Recht des ersuchenden<br />

Staates geltenden Verjährungsfristen und nicht auf die Verjährungsfristen<br />

des ersuchten Staates.<br />

(3) Der ersuchte Staat übermittelt Informationen, wenn der<br />

ersuchende Staat einen begründeten Verdacht hat, dass eine<br />

Handlung einen Steuerbetrug oder ein ähnliches Delikt darstellt.<br />

Der Verdacht des ersuchenden Staates, dass Steuerbetrug oder<br />

ein ähnliches Delikt vorliegt, kann sich stützen auf<br />

a) beglaubigte oder nicht beglaubigte Dokumente, darunter unter<br />

anderem Geschäftsunterlagen, Buchführungsunterlagen<br />

oder Informationen über Bankkonten,<br />

b) Aussagen des Steuerpflichtigen,<br />

c) Angaben von Informanten oder anderen Dritten, die von<br />

unabhängiger Seite bestätigt wurden oder aus anderen Gründen<br />

als glaubwürdig erscheinen, oder<br />

d) Indizienbeweise.<br />

(4) Die Schweiz nimmt bilaterale Verhandlungen mit jedem<br />

Mitgliedstaat auf, um Kategorien von Fällen zu definieren, die<br />

gemäß den Veranlagungsverfahren in diesen Staaten als „ähnliche“<br />

Delikte anzusehen sind.<br />

Artikel 11<br />

Zuständige Behörden<br />

Für die Zwecke dieses Abkommens gelten die in Anhang I<br />

aufgeführten Behörden als zuständige Behörden.<br />

Artikel 12<br />

Konsultationen<br />

Bestehen zwischen der zuständigen Behörde der Schweiz und<br />

einer oder mehreren anderen zuständigen Behörden im Sinne<br />

von Artikel 11 Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung<br />

oder Anwendung dieses Abkommens, bemühen sich die betreffenden<br />

zuständigen Behörden um Verständigung. Sie unterrichten<br />

unverzüglich die Kommission der Europäischen Gemeinschaften<br />

und die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten<br />

vom Ergebnis ihrer Konsultationen. Auf Ersuchen einer<br />

der zuständigen Behörden kann die Kommission an Konsultationen<br />

zu Auslegungsfragen teilnehmen.


DE<br />

L 385/34 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

Artikel 13<br />

Überprüfung<br />

(1) Die Vertragsparteien konsultieren sich mindestens alle<br />

drei Jahre oder auf Antrag einer der Vertragsparteien, um das<br />

technische Funktionieren dieses Abkommens zu prüfen und —<br />

falls die Vertragsparteien dies als notwendig erachten — zu<br />

verbessern und um die internationalen Entwicklungen zu beurteilen.<br />

Die Konsultationen werden innerhalb eines Monats nach<br />

Antragstellung oder in dringenden Fällen so schnell wie möglich<br />

durchgeführt.<br />

(2) Auf der Grundlage einer solchen Beurteilung können sich<br />

die Vertragsparteien konsultieren, um zu prüfen, ob in Anbetracht<br />

der internationalen Entwicklungen eine Änderung dieses<br />

Abkommens notwendig ist.<br />

(3) Sobald ausreichende Erfahrungen mit der vollständigen<br />

Anwendung von Artikel 1 Absatz 1 vorliegen, konsultieren<br />

sich die Vertragsparteien, um zu prüfen, ob in Anbetracht der<br />

internationalen Entwicklungen eine Änderung dieses Abkommens<br />

notwendig ist.<br />

(4) Für die Zwecke der in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten<br />

Konsultationen unterrichtet jede Vertragspartei die andere<br />

Vertragspartei über mögliche Entwicklungen, die das ordnungsgemäße<br />

Funktionieren dieses Abkommens beeinträchtigen<br />

könnten. Hierzu gehören auch einschlägige Abkommen zwischen<br />

einer Vertragspartei und einem Drittstaat.<br />

Artikel 14<br />

Beziehung zu bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen<br />

Die Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen zwischen<br />

der Schweiz und den Mitgliedstaaten stehen dem in diesem<br />

Abkommen vorgesehenen Steuerrückbehalt nicht im Wege.<br />

Artikel 15<br />

Zahlungen von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren<br />

zwischen Unternehmen<br />

(1) Unbeschadet der Anwendung der innerstaatlichen oder<br />

auf Abkommen beruhenden Vorschriften in der Schweiz und<br />

in den Mitgliedstaaten zur Verhütung von Betrug und Missbrauch<br />

werden Dividendenzahlungen von <strong>Tochter</strong>gesellschaften<br />

an <strong>Mutter</strong>gesellschaften im Quellenstaat nicht besteuert, wenn<br />

— die <strong>Mutter</strong>gesellschaft mindestens zwei Jahre lang eine direkte<br />

Beteiligung von mindestens 25 % am Gesellschaftskapital<br />

der <strong>Tochter</strong>gesellschaft hält und<br />

— die eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen<br />

Gemeinschaft und die andere Gesellschaft in der Schweiz<br />

steuerlich ansässig ist und<br />

— nach den Doppelbesteuerungsabkommen mit Drittstaaten<br />

keine der beiden Gesellschaften in diesem Drittstaat steuerlich<br />

ansässig ist und<br />

— beide Gesellschaften ohne Befreiung der Körperschaftsteuer<br />

unterliegen und beide die Form einer Kapitalgesellschaft<br />

( 1 )aufweisen.<br />

Estland darf jedoch, solange es Einkommensteuer auf ausgeschüttete<br />

Gewinne erhebt, ohne nicht ausgeschüttete Gewinne<br />

zu besteuern, bis spätestens 31. Dezember 2008 diese Steuer<br />

auf die von estnischen <strong>Tochter</strong>gesellschaften an ihre in der<br />

Schweiz ansässigen <strong>Mutter</strong>gesellschaften ausgeschütteten Gewinne<br />

weiter erheben.<br />

(2) Unbeschadet der Anwendung der innerstaatlichen und<br />

auf Abkommen beruhenden Vorschriften in der Schweiz und<br />

in den Mitgliedstaaten zur Verhütung von Betrug und Missbrauch<br />

werden Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen<br />

verbundenen Gesellschaften oder ihren Betriebsstätten im<br />

Quellenstaat nicht besteuert, wenn<br />

— diese Gesellschaften mindestens zwei Jahre lang durch eine<br />

Beteiligung von mindestens 25 % miteinander verbunden<br />

sind oder sich beide im Besitz einer dritten Gesellschaft befinden,<br />

die mindestens zwei Jahre lang eine direkte Beteiligung<br />

von mindestens 25 % am Gesellschaftskapital der ersten<br />

und der zweiten Gesellschaft hält, und<br />

— die eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat steuerlich ansässig<br />

ist oder dort eine Betriebsstätte unterhält und die andere<br />

Gesellschaft in der Schweiz steuerlich ansässig ist oder dort<br />

eine Betriebsstätte unterhält und<br />

— nach den Doppelbesteuerungsabkommen mit Drittstaaten<br />

keine der Gesellschaften in diesem Drittstaat steuerlich ansässig<br />

ist und keine der Betriebsstätten in diesem Drittstaat<br />

gelegen ist und<br />

— alle Gesellschaften im Besonderen auf Zinsen und Lizenzgebühren<br />

unbeschränkt der Körperschaftssteuer unterliegen<br />

und jede die Form einer Kapitalgesellschaft ( 1 ) aufweist.<br />

Sieht jedoch die <strong>Richtlinie</strong> 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni<br />

2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von<br />

Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen<br />

verschiedener Mitgliedstaaten für einen Mitgliedstaat eine<br />

Übergangszeit vor, so wendet dieser Mitgliedstaat die oben beschriebene<br />

Regelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren<br />

erst nach Ablauf dieser Übergangszeit an.<br />

( 1 ) Für die Schweiz beinhaltet der Ausdruck „Kapitalgesellschaft“:<br />

— Aktiengesellschaft/société anonyme/società anonima;<br />

— Gesellschaft mit beschränkter Haftung/société à responsabilité<br />

limitée/società a responsabilità limitata und<br />

— Kommanditaktiengesellschaft/société en commandite par<br />

actions/società in accomandita per azioni.


DE<br />

29.12.2004 Amtsblatt der Europäischen Union L 385/35<br />

(3) Bestehende Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der<br />

Schweiz und den Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />

dieses Abkommens eine günstigere steuerliche Behandlung<br />

von Zahlungen von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren<br />

vorsehen, bleiben unberührt.<br />

Artikel 16<br />

Übergangsbestimmungen für umlauffähige Schuldtitel ( 1 )<br />

(1) Ab dem Tag der Anwendung dieses Abkommens und<br />

solange mindestens ein Mitgliedstaat vergleichbare Bestimmungen<br />

anwendet, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2010,<br />

gelten in- und ausländische Anleihen sowie andere umlauffähige<br />

Schuldtitel, die erstmals vor dem 1. März 2001 begeben wurden<br />

oder bei denen die ursprünglichen Emissionsprospekte vor diesem<br />

Datum durch die zuständigen Behörden des Emissionsstaats<br />

genehmigt wurden, nicht als Forderungen im Sinne von Artikel<br />

7 Absatz 1 Buchstabe a), wenn am oder nach dem 1. März<br />

2002 keine Folgeemissionen dieser umlauffähigen Schuldtitel<br />

mehr getätigt werden.<br />

Solange mindestens ein Mitgliedstaat ebenfalls vergleichbare Bestimmungen<br />

anwendet, gelten jedoch die Bestimmungen dieses<br />

Artikels über den 31. Dezember 2010 hinaus für diese umlauffähigen<br />

Schuldtitel,<br />

— für die Bruttozinsklauseln und die Möglichkeit der vorzeitigen<br />

Rückzahlung bestehen und<br />

— bei denen die Zahlstelle im Sinne von Artikel 6 in der<br />

Schweiz niedergelassen ist und<br />

— bei denen diese Zahlstelle die Zinsen dem in einem Mitgliedstaat<br />

ansässigen Nutzungsberechtigten direkt auszahlt oder<br />

zu dessen unmittelbaren Gunsten vereinnahmt.<br />

Wenn kein Mitgliedstaat mehr eine solche Regelung anwendet,<br />

gelten die Bestimmungen dieses Artikels nur noch für jene umlauffähigen<br />

Schuldtitel,<br />

— für die Bruttozinsklauseln und die Möglichkeit der vorzeitigen<br />

Rückzahlung bestehen und<br />

— bei denen die Zahlstelle des Emittenten in der Schweiz niedergelassen<br />

ist und<br />

— bei denen diese Zahlstelle die Zinsen dem in einem Mitgliedstaat<br />

ansässigen Nutzungsberechtigten direkt auszahlt oder<br />

zu dessen unmittelbaren Gunsten vereinnahmt.<br />

( 1 ) Wie in der <strong>Richtlinie</strong> gelten diese Übergangsbestimmungen auch für<br />

von Anlagefonds gehaltene umlauffähige Schuldtitel.<br />

Tätigt eine Regierung oder eine damit verbundene Einrichtung,<br />

die mit öffentlichen Aufgaben betraut oder durch ein internationales<br />

Abkommen anerkannt ist (eine Aufzählung dieser Einrichtungen<br />

enthält Anhang II) am oder nach dem 1. März 2002<br />

eine Folgeemission eines der vorstehend genannten umlauffähigen<br />

Schuldtitel, so gilt die gesamte Emission, d. h. die erste und<br />

alle Folgeemissionen, als Forderung im Sinne von Artikel 7<br />

Absatz 1 Buchstabe a).<br />

Tätigt eine von Unterabsatz 4 nicht erfasste Einrichtung am<br />

oder nach dem 1. März 2002 eine Folgeemission eines der<br />

vorstehend genannten umlauffähigen Schuldtitel, so gilt diese<br />

Folgeemission als Forderung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1<br />

Buchstabe a).<br />

(2) Dieser Artikel hindert die Schweiz und die Mitgliedstaaten<br />

nicht daran, Erträge aus den in Absatz 1 genannten umlauffähigen<br />

Schuldtiteln weiterhin nach ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften<br />

zu besteuern.<br />

Artikel 17<br />

Unterzeichnung, Inkrafttreten und Geltungsdauer<br />

(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation bzw. Genehmigung<br />

durch die Vertragsparteien gemäß ihren eigenen Verfahren.<br />

Die Vertragsparteien notifizieren sich gegenseitig über<br />

den Abschluss dieser Verfahren. Das Abkommen tritt am ersten<br />

Tag des zweiten Monats nach der letzten Notifikation in Kraft.<br />

(2) Nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Bestimmungen<br />

der Schweiz und der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in<br />

Bezug auf den Abschluss internationaler Abkommen und unbeschadet<br />

des Artikels 18 wird jede Vertragspartei dieses Abkommen<br />

ab dem 1. Januar 2005 umsetzen bzw. anwenden und dies<br />

der anderen Partei notifizieren.<br />

(3) Dieses Abkommen bleibt in Kraft, bis es von einer Vertragspartei<br />

gekündigt wird.<br />

(4) Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen durch Notifikation<br />

an die andere Vertragspartei kündigen. In diesem Fall tritt<br />

das Abkommen zwölf Monate nach Zustellung der Notifikation<br />

außer Kraft.<br />

Artikel 18<br />

Anwendung und Aussetzung der Anwendung<br />

(1) Die Anwendung dieses Abkommens erfolgt unter dem<br />

Vorbehalt, dass die im Bericht des Rates (Wirtschaft und Finanzen)<br />

an den Europäischen Rat von Santa Maria da Feira vom<br />

19./20. Juni 2000 genannten abhängigen oder assoziierten Gebiete<br />

der Mitgliedstaaten sowie die Vereinigten Staaten von<br />

Amerika, Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino Regelungen<br />

erlassen und durchführen, die den in der <strong>Richtlinie</strong><br />

oder in diesem Abkommen vorgesehenen Regelungen mit Ausnahme<br />

von Artikel 15 dieses Abkommens entsprechen oder<br />

ihnen gleichwertig sind, und diese zum selben Zeitpunkt anwenden.


DE<br />

L 385/36 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

(2) Die Vertragsparteien entscheiden einvernehmlich mindestens<br />

sechs Monate vor dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten<br />

Zeitpunkt, ob die in Absatz 1 genannte Bedingung für das Inkrafttreten<br />

der relevanten Regelungen in den betroffenen Drittstaaten<br />

und den betroffenen abhängigen oder assoziierten Gebieten<br />

erfüllt sind. Stellen die Vertragsparteien fest, dass die<br />

Anforderungen nicht erfüllt sind, legen sie für die Zwecke<br />

von Artikel 17 Absatz 2 einvernehmlich ein neues Datum fest.<br />

(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels<br />

wird Artikel 15 in Bezug auf Spanien mit dem Inkrafttreten<br />

einer bilateralen Vereinbarung zwischen Spanien und der<br />

Schweiz anwendbar, welche den Informationsaustausch auf Ersuchen<br />

in verwaltungs-, zivil- oder strafrechtlichen Fällen von<br />

Steuerbetrug im Sinne der Rechtsvorschriften des ersuchten<br />

Staates oder für ähnliche Delikte vorsieht, und welche Einkommensbestandteile<br />

betrifft, die nicht durch dieses Abkommen,<br />

aber durch ein Abkommen zwischen Spanien und der Schweiz<br />

über die Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Einkommen<br />

und dem Vermögen abgedeckt sind.<br />

(4) Sollte die <strong>Richtlinie</strong> oder ein Teil der <strong>Richtlinie</strong> gemäß<br />

den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vorübergehend oder<br />

dauerhaft nicht mehr anwendbar sein oder ein Mitgliedstaat die<br />

Anwendung seiner Durchführungsvorschriften aussetzen, kann<br />

jede Vertragspartei die Anwendung dieses Abkommens oder<br />

von Teilen dieses Abkommens durch Notifikation der anderen<br />

Vertragspartei mit sofortiger Wirkung aussetzen.<br />

(5) Jede Vertragspartei kann die Anwendung dieses Abkommens<br />

durch Notifikation an die andere Vertragspartei aussetzen,<br />

sollte einer der in Absatz 1 genannten Drittstaaten oder eines<br />

der dort genannten Gebiete zu einem späteren Zeitpunkt die in<br />

jenem Absatz genannten Regelungen nicht mehr anwenden. Die<br />

Aussetzung der Anwendung kann frühestens 2 Monate nach der<br />

Notifikation erfolgen. Die Anwendung dieses Abkommens wird<br />

wieder aufgenommen, sobald die Regelungen wieder in Kraft<br />

sind.<br />

Artikel 19<br />

Ansprüche und Schlussabrechnung<br />

(1) Im Falle einer Kündigung oder einer Aussetzung der Anwendung<br />

dieses Abkommens oder von Teilen davon bleiben die<br />

Ansprüche natürlicher Personen gemäß Artikel 9 unberührt.<br />

(2) In diesem Fall erstellt die Schweiz bei Ende der Anwendbarkeit<br />

dieses Abkommens eine Schlussabrechnung und tätigt<br />

eine abschließende Zahlung an die Mitgliedstaaten.<br />

Artikel 20<br />

Räumlicher Geltungsbereich<br />

Dieses Abkommen gilt für die Gebiete, in denen der Vertrag zur<br />

Gründung der Europäischen Gemeinschaft angewendet wird,<br />

und nach Maßgabe jenes Vertrags einerseits sowie für das Gebiet<br />

der Schweiz andererseits.<br />

Artikel 21<br />

Anhänge<br />

(1) Die Anhänge sind Teil dieses Abkommens.<br />

(2) Die Liste der zuständigen Behörden in Anhang I kann<br />

durch einfache Mitteilung an die andere Vertragspartei geändert<br />

werden; dies gilt für die Schweiz in Bezug auf die unter Buchstabe<br />

a) jenes Anhangs genannte Behörde und für die Gemeinschaft<br />

in Bezug auf die übrigen Behörden.<br />

Die Liste der verbundenen Einrichtungen in Anhang II kann in<br />

gegenseitigem Einvernehmen geändert werden.<br />

Artikel 22<br />

Sprachen<br />

(1) Dieses Abkommen ist in zwei Urschriften in dänischer,<br />

deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer,<br />

italienischer, lettischer, litauischer, niederländischer,<br />

polnischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer,<br />

spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst,<br />

wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.<br />

(2) Die maltesische Sprachfassung dieses Abkommens wird<br />

auf der Grundlage eines Briefwechsels durch die Vertragsparteien<br />

beglaubigt. Sie ist gleichermaßen verbindlich wie die in Absatz 1<br />

genannten Sprachfassungen.


DE<br />

29.12.2004 Amtsblatt der Europäischen Union L 385/37<br />

EN FE DE LO CUAL, los plenipotenciarios abajo firmantes suscriben el presente Acuerdo.<br />

NA DŮKAZ ČEHOŽ připojili níže podepsaní zplnomocnění zástupci k této smlouvě své podpisy.<br />

TIL BEKRÆFTELSE HERAF har undertegnede befuldmægtigede underskrevet denne aftale.<br />

ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschriften unter dieses Abkommen gesetzt.<br />

SELLE KINNITUSEKS on täievolilised esindajad käesolevale lepingule alla kirjutanud.<br />

ΣΕ ΠΙΣΤΩΣΗ ΤΩΝ ΑΝΩΤΕΡΩ, οι υπογράφοντες πληρεξούσιοι έθεσαν την υπογραφή τους κάτω από την παρούσα συμφωνία.<br />

IN WITNESS WHEREOF, the undersigned Plenipotentiaries have hereunto set their hands.<br />

EN FOI DE QUOI, les plénipotentiaires soussignés ont apposé leurs signatures au bas du présent accord.<br />

IN FEDE DI CHE, i plenipotenziari sottoscritti hanno apposto la propria firma in calce al presente accordo.<br />

TO APLIECINOT, attiecīgi pilnvarotas personas ir parakstījušas šo nolīgumu.<br />

TAI PALIUDYDAMI, šį Susitarimą pasirašė toliau nurodyti įgaliotieji atstovai.<br />

FENTIEK HITELÉÜL e megállapodást az alulírott meghatalmazottak alább kézjegyükkel látták el.<br />

B'XIEHDA TA' DAN, il-Plenipotenzjari hawn taħt iffirmati ffirmaw dan il-Ftehim.<br />

TEN BLIJKE WAARVAN de ondergetekende gevolmachtigden hun handtekening onder deze overeenkomst hebben geplaatst.<br />

W DOWÓD CZEGO, niżej podpisani pełnomocnicy złożyli swoje podpisy.<br />

EM FÉ DO QUE, os plenipotenciários abaixo assinados apuserem as suas assinaturas no final do presente Acordo.<br />

NA DÔKAZ ČOHO dolupodpísaní splnomocnení zástupcovia podpísali túto dohodu.<br />

V POTRDITEV TEGA so spodaj podpisani pooblaščenci podpisali ta sporazum.<br />

TÄMÄN VAKUUDEKSI allamainitut täysivaltaiset edustajat ovat allekirjoittaneet tämän sopimuksen.<br />

TILL BEVIS HÄRPÅ har undertecknade befullmäktigade undertecknat detta avtal.<br />

Hecho en Luxemburgo, el veintiseis de octubre del dos mil cuatro.<br />

V Lucemburku dne dvacátého šestého října dva tisíce čtyři.<br />

Udfærdiget i Luxembourg den seksogtyvende oktober to tusind og fire.<br />

Geschehen zu Luxemburg am sechsundzwanzigsten Oktober zweitausendundvier.<br />

Kahe tuhande neljanda aasta oktoobrikuu kahekümme kuuendal päeval Luxembourgis.<br />

Έγινε στο Λουξεμβούργο, στις είκοσι έξι Οκτωβρίου δύο χιλιάδες τέσσερα.<br />

Done at Luxembourg on the twenty-sixth day of October in the year two thousand and four.<br />

Fait à Luxembourg, le vingt-six octobre deux mille quatre.<br />

Fatto a Lussembourgo, addì ventisei ottobre duemilaquattro.<br />

Luksemburgā, divi tūkstoši ceturtā gada divdesmit sestajā oktobrī.<br />

Priimta du tūkstančiai ketvirtų metų spalio dvidešimt šeštą dieną Liuksemburge.<br />

Kelt Luxembourgban, a kettőezer negyedik év október huszonhatodik napján.<br />

Magħmula fil-Lussemburgu fis-sitta u għoxrin jum ta' Ottubru tas-sena elfejn u erbgħa.<br />

Gedaan te Luxemburg, de zesentwintigste oktober tweeduizendvier.<br />

Sporządzono w Luksemburgu w dniu dwudziestym szóstym października roku dwutysięcznego czwartego.<br />

Feito em Luxemburgo, em vinte e seis de Outubro de dois mil e quatro.<br />

V Luxemburgu dvadsiateho šiesteho októbra dvetisícštyri.<br />

V Luxembourgu, dne šestindvajsetega oktobra leta dva tisoč štiri.<br />

Tehty Luxemburgissa kahdentenakymmenentenäkuudentena päivänä lokakuuta vuonna kaksituhattaneljä.<br />

Som skedde i Luxemburg den tjugosjätte oktober tjugohundrafyra.


DE<br />

L 385/38 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

Por la Comunidad Europea<br />

Za Evropské společenství<br />

For Det Europæiske Fællesskab<br />

Für die Europäische Gemeinschaft<br />

Euroopa Ühenduse nimel<br />

Για την Ευρωπαϊκή Κοινότητα<br />

For the European Community<br />

Pour la Communauté européenne<br />

Per la Comunità europea<br />

Eiropas Kopienas vārdā<br />

Europos bendrijos vardu<br />

az Európai Közösség részéről<br />

Għall-Komunità Ewropea<br />

Voor de Europese Gemeenschap<br />

W imieniu Wspólnoty Europejskiej<br />

Pela Comunidade Europeia<br />

Za Európske spoločenstvo<br />

za Evropsko skupnost<br />

Euroopan yhteisön puolesta<br />

På Europeiska gemenskapens vägnar<br />

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft<br />

Pour la Confédération suisse<br />

Per la Confederazione svizzera


DE<br />

29.12.2004 Amtsblatt der Europäischen Union L 385/39<br />

ANHANG I<br />

LISTE DER ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN<br />

Für die Zwecke dieses Abkommens gelten als „zuständige Behörden“<br />

a) in der Schweiz: Le Directeur de l'Administration fédérale des contributions/der Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung/il<br />

direttore dell'Amministrazione federale delle contribuzioni oder sein Vertreter oder Beauftragter,<br />

b) im Königreich Belgien: De Minister van Financiën/Le Ministre des Finances oder ein Beauftragter,<br />

c) in der Tschechischen Republik: Ministr financí oder ein Beauftragter,<br />

d) im Königreich Dänemark: Skatteministeren oder ein Beauftragter,<br />

e) in der Bundesrepublik Deutschland: Der Bundesminister der Finanzen oder ein Beauftragter,<br />

f) in Estland: Rahandusminister oder ein Beauftragter,<br />

g) in der Griechischen Republik: Ο Υπουργός των Οικονομικών oder ein Beauftragter,<br />

h) im Königreich Spanien: El Ministro de Economía y Hacienda oder ein Beauftragter,<br />

i) in der Französischen Republik: Le Ministre chargé du budget oder ein Beauftragter,<br />

j) in Irland: The Revenue Commissioners oder ihre Beauftragten,<br />

k) in der Italienischen Republik: Il Capo del Dipartimento per le Politiche Fiscali oder ein Beauftragter,<br />

l) in Zypern: Υπουργός Οικονομικών oder ein Beauftragter,<br />

m) in Lettland: Finanšu ministrs oder ein Beauftragter,<br />

n) in Litauen: Finansų ministras oder ein Beauftragter,<br />

o) im Großherzogtum Luxemburg: Le Ministre des Finances oder ein Beauftragter; jedoch für die Zwecke von Artikel 10<br />

gilt als zuständige Behörde le Procureur Général d'État luxembourgeois,<br />

p) in Ungarn: A pénzügyminiszter oder ein Beauftragter,<br />

q) in Malta: Il-Ministru responsabbli għall-Finanzi oder ein Beauftragter,<br />

r) im Königreich der Niederlande: De Minister van Financiën oder ein Beauftragter,<br />

s) in der Republik Österreich: Der Bundesminister für Finanzen oder ein Beauftragter,<br />

t) in Polen: Minister Finansów oder ein Beauftragter,<br />

u) in der Portugiesischen Republik: O Ministro das Finanças oder ein Beauftragter,<br />

v) in Slowenien: Minister za financií oder ein Beauftragter,<br />

w) in der Slowakei: Minister financií oder ein Beauftragter,<br />

x) in der Republik Finnland: Valtiovarainministeriö/Finansministeriet oder ein Beauftragter,<br />

y) im Königreich Schweden: Chefen för Finansdepartementet oder ein Beauftragter,<br />

z) im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und den europäischen Hoheitsgebieten, für deren Außenbeziehungen<br />

das Vereinigte Königreich verantwortlich ist: die Commissioners of Inland Revenue oder ihre ermächtigten<br />

Vertreter und die zuständige Behörde in Gibraltar, welche das Vereinigte Königreich benennen wird, gemäß dem<br />

am 19. April 2000 den Mitgliedstaaten und den Organen der Europäischen Union mitgeteilten Abkommen bezüglich<br />

der Behörden von Gibraltar in Hinsicht der EU- und EG-Instrumente und damit in Beziehung stehende Verträge, von<br />

dem der Schweiz eine Kopie durch das Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union notifiziert wird und<br />

welches auf das vorliegende Abkommen Anwendung findet.


DE<br />

L 385/40 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

ANHANG II<br />

LISTE DER VERBUNDENEN EINRICHTUNGEN<br />

Für die Zwecke von Artikel 16 dieses Abkommens gelten die folgenden Einrichtungen als „verbundene Einrichtung oder<br />

eine Einrichtung, deren Rolle durch ein internationales Abkommen anerkannt ist“:<br />

EINRICHTUNGEN INNERHALB DER EUROPÄISCHEN UNION:<br />

Belgien<br />

Région flamande (Vlaams Gewest) (Flämische Region)<br />

Région wallonne (Wallonische Region)<br />

Région de Bruxelles Capitale/Brussels Hoofdstedelijk Gewest (Region Brüssel-Hauptstadt)<br />

Communauté française (Französische Gemeinschaft)<br />

Communauté flamande (Vlaamse Gemeenschap) (Flämische Gemeinschaft)<br />

Communauté germanophone (Deutschsprachige Gemeinschaft)<br />

Spanien<br />

Xunta de Galicia (Regierung der autonomen Gemeinschaft Galicien)<br />

Junta de Andalucía (Regierung der autonomen Gemeinschaft Andalusien)<br />

Junta de Extremadura (Regierung der autonomen Gemeinschaft Extremadura)<br />

Junta de Castilla-La Mancha (Regierung der autonomen Gemeinschaft Kastilien-La Mancha)<br />

Junta de Castilla y León (Regierung der autonomen Gemeinschaft Kastilien und León)<br />

Gobierno Foral de Navarra (Regierung der autonomen Gemeinschaft Navarra)<br />

Govern de les Illes Balears (Regierung der autonomen Gemeinschaft Balearen)<br />

Generalitat de Catalunya (Regierung der autonomen Gemeinschaft Katalonien)<br />

Generalitat de Valencia (Regierung der autonomen Gemeinschaft Valencia)<br />

Diputación General de Aragón (Regierung der autonomen Gemeinschaft Aragón)<br />

Gobierno de las Islas Canarias (Regierung der autonomen Gemeinschaft Kanarische Inseln)<br />

Gobierno de Murcia (Regierung der autonomen Gemeinschaft Murcia)<br />

Gobierno de Madrid (Regierung der autonomen Gemeinschaft Madrid)<br />

Gobierno de la Comunidad Autónoma del País Vasco/Euzkadi (Regierung der autonomen Gemeinschaft Baskenland)<br />

Diputación Foral de Guipúzcoa (Provinzrat von Guipúzcoa)<br />

Diputación Foral de Vizcaya/Bizkaia (Provinzrat von Biskaya)<br />

Diputación Foral de Alava (Provinzrat von Alava)<br />

Ayuntamiento de Madrid (Stadt Madrid)<br />

Ayuntamiento de Barcelona (Stadt Barcelona)<br />

Cabildo Insular de Gran Canaria (Inselrat Gran Canaria)<br />

Cabildo Insular de Tenerife (Inselrat Teneriffa)<br />

Instituto de Crédito Oficial (Amtliches Kreditinstitut)<br />

Instituto Catalán de Finanzas (Katalanisches Finanzinstitut)<br />

Instituto Valenciano de Finanzas (Valencianisches Finanzinstitut)<br />

Griechenland<br />

Griechische Telekommunikationsanstalt<br />

Griechisches Eisenbahnnetz<br />

Staatliche Elektrizitätswerke


DE<br />

29.12.2004 Amtsblatt der Europäischen Union L 385/41<br />

Frankreich<br />

La Caisse d'amortissement de la dette sociale (CADES) (Schuldenfinanzierungskasse der Sozialversicherung)<br />

L'Agence française de développement (AFD) (Französische Agentur für Entwicklung)<br />

Réseau Ferré de France (RFF) (Eigentums- und Verwaltungsgesellschaft des französischen Eisenbahnnetzes)<br />

Caisse Nationale des Autoroutes (CNA) (Staatliche Finanzierungskasse der Autobahnen)<br />

Assistance publique Hôpitaux de Paris (APHP) (Verbund der öffentlichen Krankenhäuser des Großraums Paris)<br />

Charbonnages de France (CDF) (Zentralverwaltung der staatlichen französischen Steinkohleförderunternehmen)<br />

Entreprise minière et chimique (EMC) (Staatliche Bergbau- und Chemieholdinggesellschaft)<br />

Italien<br />

Regionen<br />

Provinzen<br />

Städte und Gemeinden<br />

Cassa Depositi e Prestiti (Spar- und Kreditkasse)<br />

Lettland<br />

Pašvaldības (Selbstverwaltungsbehörden)<br />

Polen<br />

gminy (Gemeinden)<br />

powiaty (Distrikte)<br />

województwa (Provinzen)<br />

związki gmin (Gemeindeverbände)<br />

powiatów (Distriktsverbände)<br />

województw (Provinzverbände)<br />

miasto stołeczne Warszawa (Hauptstadt Warschau)<br />

Agencja Restrukturyzacji i Modernizacji Rolnictwa (Agentur für die Restrukturierung und Modernisierung der Landwirtschaft)<br />

Agencja Nieruchomości Rolnych (Agentur für Landwirtschaftliches Eigentum)<br />

Portugal<br />

Região autónoma da Madeira (Autonome Region Madeira)<br />

Região autónoma dos Açores (Autonome Region Azoren)<br />

Städte und Gemeinden<br />

Slowakei<br />

mestá a obce (Städte und Gemeinden)<br />

Železnice Slovenskej republiky (Slowakische Eisenbahngesellschaft)<br />

Štátny fond cestného hospodárstva (Staatlicher Straßenverwaltungsfonds)<br />

Slovenské elektrárne (Slowakische Kraftwerke)<br />

Vodohospodárska výstavba (Wasserwirtschaftliche Baugesellschaft)<br />

INTERNATIONALE EINRICHTUNGEN:<br />

Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung<br />

Europäische Investitionsbank


DE<br />

L 385/42 Amtsblatt der Europäischen Union 29.12.2004<br />

Asiatische Entwicklungsbank<br />

Afrikanische Entwicklungsbank<br />

Weltbank/IBRD/IWF<br />

Internationale Finanzkorporation<br />

Interamerikanische Entwicklungsbank<br />

Sozialentwicklungsfonds des Europarats<br />

Euratom<br />

Europäische Gemeinschaft<br />

Corporación Andina de Fomento (CAF) (Anden-Entwicklungsgesellschaft)<br />

Eurofima<br />

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl<br />

Nordische Investitionsbank<br />

Karibische Entwicklungsbank<br />

Die Bestimmungen des Artikels 16 gelten unbeschadet der etwaigen internationalen Verpflichtungen der Vertragsparteien<br />

gegenüber den oben genannten internationalen Einrichtungen.<br />

EINRICHTUNGEN IN DRITTSTAATEN:<br />

Einrichtungen, die die folgenden Kriterien erfüllen:<br />

1. Die Einrichtung ist nach innerstaatlichen Kriterien eindeutig eine öffentliche Einrichtung.<br />

2. Eine solche öffentliche Einrichtung ist ein Nichtmarktproduzent, der eine Reihe von Tätigkeiten verwaltet und finanziert,<br />

in erster Linie für das Gemeinwohl bestimmte Nichtmarktgüter und -dienstleistungen bereitstellt und tatsächlich<br />

vom Staat kontrolliert wird.<br />

3. Eine solche öffentliche Einrichtung vergibt regelmäßig in großem Umfang Schuldtitel.<br />

4. Der jeweilige Staat kann garantieren, dass eine solche öffentliche Einrichtung im Falle von Bruttozinsklauseln auf eine<br />

vorzeitige Einlösung verzichtet.


Kurztitel<br />

Körperschaftsteuergesetz 1988<br />

Kundmachungsorgan<br />

BGBl.Nr. 401/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2009<br />

§/Artikel/Anlage<br />

§ 10<br />

Inkrafttretensdatum<br />

18.06.2009<br />

Beachte<br />

Bezugszeitraum: Ist auf alle offenen Veranlagungen anzuwenden (vgl. § 26c Z 16 lit.b)<br />

Text<br />

Befreiung für Beteiligungserträge und internationale Schachtelbeteiligungen<br />

Bundesrecht<br />

§ 10. (1) Von der Körperschaftsteuer sind Beteiligungserträge befreit. Beteiligungserträge sind:<br />

1. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und<br />

Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen.<br />

2. Rückvergütungen von inländischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nach § 8 Abs. 3 Z 2 und<br />

Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Personengemeinschaften (Agrargemeinschaften)<br />

im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes.<br />

3. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Körperschaften in Form von<br />

Genussrechten (§ 8 Abs. 3 Z 1).<br />

4. Gewinnanteile jeder Art auf Grund von Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes und des<br />

Versicherungsaufsichtsgesetzes.<br />

5. Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 aus einer Beteiligung an einer ausländischen Körperschaft, die die<br />

in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz 1988 vorgesehenen Voraussetzungen des Art. 2 der<br />

<strong>Richtlinie</strong> Nr. 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABl. EG Nr. L 255 S. 6) erfüllt und die nicht<br />

unter Z 7 fällt.<br />

6. Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 aus einer Beteiligung an einer Körperschaft eines Staates des<br />

Europäischen Wirtschaftsraumes, die mit inländischen unter § 7 Abs. 3 fallenden Körperschaften<br />

vergleichbar ist und mit deren Ansässigkeitsstaat eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe<br />

besteht, wenn sie nicht unter Z 7 fällt.<br />

7. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer internationalen Schachtelbeteiligung im Sinne des Abs. 2.<br />

(2) Eine internationale Schachtelbeteiligung liegt vor, wenn unter § 7 Abs. 3 fallende Steuerpflichtige oder<br />

sonstige unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften, die einem inländischen unter § 7 Abs. 3<br />

fallenden Steuerpflichtigen vergleichbar sind, nachweislich in Form von Kapitalanteilen während eines<br />

ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens einem Jahr mindestens zu einem Zehntel<br />

1. an ausländischen Körperschaften, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind,<br />

2. an anderen ausländischen Körperschaften, die die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz 1988<br />

vorgesehenen Voraussetzungen des Artikels 2 der <strong>Richtlinie</strong> Nr. 90/435/EWG des Rates vom<br />

23. Juli 1990 (ABl. EG Nr. L 255 S. 6), in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,<br />

beteiligt sind. Die genannte Frist von einem Jahr gilt nicht für Anteile, die auf Grund einer Kapitalerhöhung<br />

erworben wurden, soweit sich das Beteiligungsausmaß dadurch nicht erhöht hat.<br />

(3) Bei der Ermittlung der Einkünfte bleiben Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste und sonstige<br />

Wertänderungen aus internationalen Schachtelbeteiligungen im Sinne des Abs. 2 außer Ansatz. Dies gilt auch für<br />

den Untergang (Liquidation oder Insolvenz) der ausländischen Körperschaft, sofern nicht tatsächliche und<br />

endgültige Vermögensverluste vorliegen. Diese Verluste sind um steuerfreie Gewinnanteile jeder Art, die<br />

innerhalb der letzten fünf Wirtschaftsjahre vor dem Wirtschaftsjahr der Liquidationseröffnung oder des Eintrittes<br />

www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2


Bundesrecht<br />

der Insolvenz anfallen, zu kürzen. Die Steuerneutralität der Beteiligung gilt nach Maßgabe der folgenden<br />

Bestimmungen nicht:<br />

1. Der Steuerpflichtige erklärt bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr der Anschaffung<br />

einer internationalen Schachtelbeteiligung oder des Entstehens einer internationalen<br />

Schachtelbeteiligung durch die zusätzliche Anschaffung von Anteilen, dass Gewinne, Verluste und<br />

sonstige Wertänderungen für diese steuerwirksam sein sollen (Option zugunsten der Steuerwirksamkeit<br />

der Beteiligung).<br />

2. Die getroffene Option erstreckt sich auch auf die Erweiterung einer bestehenden internationalen<br />

Schachtelbeteiligung durch zusätzliche Anschaffungen.<br />

3. Die Option kann nicht widerrufen werden.<br />

4. Im Falle der Veräußerung oder der Übertragung einer bestehenden internationalen Schachtelbeteiligung<br />

im Rahmen einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes an eine unmittelbar oder<br />

mittelbar konzernzugehörige Körperschaft ist auch die erwerbende Körperschaft an die Option im Sinne<br />

der Z 1 gebunden. Dies gilt auch für den Fall, dass die erwerbende Konzernkörperschaft eine<br />

internationale Schachtelbeteiligung an derselben ausländischen Körperschaft besitzt, für die keine<br />

Option ausgeübt worden ist.<br />

5. Entsteht eine internationale Schachtelbeteiligung durch die Sitzverlegung der Körperschaft, an der die<br />

Beteiligung besteht, in das Ausland, erstreckt sich die Steuerneutralität nicht auf den Unterschiedsbetrag<br />

zwischen dem Buchwert und dem höheren Teilwert im Zeitpunkt der Sitzverlegung. Geht eine<br />

internationale Schachtelbeteiligung, soweit für sie keine Option zugunsten der Steuerwirksamkeit erklärt<br />

worden ist, durch die Sitzverlegung der Körperschaft, an der die Beteiligung besteht, in das Inland unter,<br />

gilt der höhere Teilwert im Zeitpunkt der Sitzverlegung als Buchwert.<br />

(4) Abweichend von Abs. 1 Z 7 sind Gewinnanteile sowie Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste<br />

und sonstige Wertänderungen aus internationalen Schachtelbeteiligungen im Sinne des Abs. 2 nach Maßgabe der<br />

folgenden Bestimmungen nicht von der Körperschaftsteuer befreit, wenn Gründe vorliegen, wegen derer der<br />

Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen (§ 22 der<br />

Bundesabgabenordnung) durch Verordnung anordnet. Das Vorliegen derartiger Gründe kann insbesondere dann<br />

angenommen werden, wenn<br />

1. der Unternehmensschwerpunkt der ausländischen Körperschaft unmittelbar oder mittelbar darin besteht,<br />

Einnahmen aus Zinsen, aus der Überlassung beweglicher körperlicher oder unkörperlicher<br />

Wirtschaftsgüter und aus der Veräußerung von Beteiligungen zu erzielen, und<br />

2. das Einkommen der ausländischen Körperschaft hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage<br />

bzw. hinsichtlich der Steuersätze keiner der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren<br />

ausländischen Steuer unterliegt.<br />

(5) Abweichend von Abs. 1 Z 5 und 6 sind Gewinnanteile nicht von der Körperschaftsteuer befreit, wenn<br />

eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:<br />

1. Die ausländische Körperschaft unterliegt im Ausland tatsächlich direkt oder indirekt keiner der<br />

österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuer.<br />

2. Die Gewinne der ausländischen Körperschaft unterliegen im Ausland einer der österreichischen<br />

Körperschaftsteuer vergleichbaren Steuer, deren anzuwendender Steuersatz um mehr als 10<br />

Prozentpunkte niedriger als die österreichische Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 1 ist.<br />

3. Die ausländische Körperschaft ist im Ausland Gegenstand einer umfassenden persönlichen oder<br />

sachlichen Befreiung. Eine Befreiung im Sinne der Abs. 1 und 3 bleibt unbeachtlich.<br />

(6) In den Fällen der Abs. 4 und 5 ist hinsichtlich von Gewinnanteilen die Entlastung von einer der<br />

Körperschaftsteuer entsprechenden ausländischen Steuer folgendermaßen herbeizuführen: Die als Vorbelastung<br />

der Ausschüttung anzusehende ausländische Steuer wird auf Antrag auf jene inländische Körperschaftsteuer<br />

angerechnet, die auf die aus der internationalen Schachtelbeteiligung bezogenen Gewinnanteile jeder Art entfällt.<br />

Die anrechenbare ausländische Steuer ist bei Ermittlung der Einkünfte den Gewinnanteilen jeder Art aus der<br />

internationalen Schachtelbeteiligung hinzuzurechnen.<br />

www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 2


Kurztitel<br />

Einkommensteuergesetz 1988<br />

Kundmachungsorgan<br />

BGBl.Nr. 400/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2009<br />

§/Artikel/Anlage<br />

§ 94a<br />

Inkrafttretensdatum<br />

18.06.2009<br />

Beachte<br />

Bezugszeitraum: ab 1.1.2004<br />

Text<br />

§ 124b Z 84 idF BGBl. I Nr. 71/2003<br />

Bundesrecht<br />

§ 94a. (1) Der zum Abzug Verpflichtete (§ 95 Abs. 3) hat insoweit keine Kapitalertragsteuer abzuziehen,<br />

als folgende Voraussetzungen vorliegen:<br />

1. Der zum Abzug Verpflichtete ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft oder eine<br />

Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft (<strong>Tochter</strong>gesellschaft), an deren Grund-, Stamm- oder<br />

Genossenschaftskapital eine unter die Z 3 fallende <strong>Mutter</strong>gesellschaft nachweislich in Form von<br />

Gesellschaftsanteilen unmittelbar zu mindestens einem Zehntel beteiligt ist.<br />

2. Bei den Kapitalerträgen handelt es sich um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge<br />

aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Erwerbs- und<br />

Wirtschaftsgenossenschaften.<br />

3. Die <strong>Mutter</strong>gesellschaft ist eine ausländische Gesellschaft, die die in der Anlage 2 zu diesem<br />

Bundesgesetz vorgesehenen Voraussetzungen des Artikels 2 der <strong>Richtlinie</strong> Nr. 90/435/EWG des Rates<br />

vom 23. Juli 1990 (ABl. EG Nr. L 225 S. 6) in der jeweils geltenden Fassung erfüllt.<br />

4. Die in Z 1 genannte Beteiligung muß während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens<br />

einem Jahr bestehen.<br />

(2) Abweichend von Abs. 1 hat der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalertragsteuer in folgenden Fällen<br />

einzubehalten:<br />

1. Im Zeitpunkt der Gewinnausschüttung ist die Frist von einem Jahr (Abs. 1 Z 4) noch nicht abgelaufen.<br />

2. Es liegen Gründe vor, wegen derer der Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von<br />

Steuerhinterziehungen und Mißbräuchen (§ 22 der Bundesabgabenordnung) sowie in den Fällen<br />

verdeckter Ausschüttungen (§ 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 durch Verordnung<br />

anordnet.<br />

In diesen Fällen ist eine der <strong>Richtlinie</strong> (Abs. 1 Z 3) entsprechende Entlastung von der Kapitalertragsteuer auf<br />

Antrag der <strong>Mutter</strong>gesellschaft durch ein Steuerrückerstattungsverfahren herbeizuführen.<br />

www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 1


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

von<br />

Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Glie de rung<br />

I. Ein lei tung und Pro blem stel lung<br />

II. Die mys te riöse Stel lung von Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

III. Drei ecks si tua tio nen in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie und im ös ter rei chi schen<br />

Steuer recht<br />

IV. Re sü mee<br />

I. Ein lei tung und Pro blem stel lung<br />

Die Frage nach der In te gra tion der Be steue rung der aus schüt ten den Kör per schaft und<br />

je ner der An teils eig ner war seit je her Gegen stand um fang rei cher theo re ti scher und steuerpo<br />

li ti scher Dis kus sio nen. 1 Die Be steue rung von Aus schüt tun gen ist näm lich ty pi scherweise<br />

da durch cha rak te ri siert, dass das zu be steu ernde Ein kom men aus Ge win nen stammt,<br />

die be reits auf Ebene der aus schüt ten den Ge sell schaft be steuert wur den, und da her die<br />

Be steue rung der Aus schüt tung auf Ge sell schaf ter ebene zu ei ner wirt schaft li chen Dop pelbe<br />

las tung führt. Die Fra ge, ob und wie eine sol che Dop pel be las tung ver mie den wer den<br />

soll, ist frei lich eine Kern frage für je des Steuer sys tem, de ren Lö sung sich im Span nungsfeld<br />

zwi schen Tren nungs prin zip und Durch lauf kon zept be wegt und Über le gun gen wie<br />

Rechts form-, Ge winn ver wen dungs- und Fi nan zie rungs neu tra li tät, Steuer neu trali tät auf<br />

Ebene des In ves tors, Ein fach heit, zwi schen staat li che Ver tei lungs ge rech tig keit, Bud getim<br />

pli ka tio nen und his to risch ge wach sene Prä fe ren zen be in hal tet. 2 Ab ge se hen von die ser<br />

wirt schaft li chen Dop pel be las tung, die glei cher ma ßen im na tio na len wie auch im inter natio<br />

na len Kon text auf tre ten kann, unter lie gen grenz über schrei tende Aus schüt tun gen zu dem<br />

re gel mä ßig ei ner – allenfalls durch DBA beseitigten – ju ris ti schen Dop pel be steue rung<br />

durch die Quel len be steue rung im Staat der Toch ter ge sell schaft im Rah men der dor ti gen<br />

be schränk ten Steuer pfl icht des An teils eig ners ei ner seits und der Er fas sung des Welt einkom<br />

mens im An säs sig keits staat an de rer seits.<br />

Auf grund der durch Mehr fach be las tun gen ent ste hen den Ver zer run gen und der oft mals<br />

unter schied li chen Be hand lung na tio na ler und grenz über schrei ten der Aus schüt tun gen im<br />

Hin blick auf na tio nale Ent las tungs me cha nis men steht die Be steue rung grenz über schrei tender<br />

Di vi den den ein künfte im Bin nen markt schon lange im Brenn punkt ge mein schafts rechtli<br />

cher Über le gun gen. Sie war nicht nur Gegen stand der Be richte von Neu mark, 3 Segré, 4<br />

1 Siehe ausführlich Ault, 47 Tax L. Rev. 565 ff (1991–1992); siehe für die Dis kus sion in den<br />

USA auch den um fas sen den Report of the De part ment of the Trea sury on Integration of The<br />

Individual and the Corporate Tax Systems – Taxing Business Income Once (1992); zu den Entwick<br />

lun gen in Eu ropa siehe zB Il hi/Mal mer/Schone wil le/Tuo mi nen in IFA (Hrsg), Trends in<br />

com pany/share holder tax a tion: sin gle or double tax a tion? CDFI LXXXVIIIa (2003) 71 (74 ff),<br />

so wie G. Kofl er, Dop pel be steue rungs ab kom men und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007)<br />

934 ff.<br />

2 Siehe etwa die Ana lyse der ver schie de nen Kör per schaft steuer sys teme in BTDrs 13/4138.<br />

3 The EEC Reports on Tax Harmonization – Report of the Fiscal and Financial Com mit tee (Book<br />

II and III) (1962) 93 ff.<br />

4 The Development of a Eu ro pean Capital Market – Report of a Group of Experts ap pointed by<br />

the EEC Commission (1966) 301.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 53


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

van den Tem pel 5 und Ru ding, 6 son dern hat auch zu meh re ren – ge schei ter ten – Har mo nisie<br />

rungs vor stö ßen der Kom mis sion ge führt. 7 Erst die Ver ab schie dung der Mut ter-<strong>Tochter</strong>-Richt<br />

li nie 8 im Jahr 1990 hat eine ge wisse Har mo ni sie rung der Rechtslage für kon zerninter<br />

ne Ge winn aus schüt tun gen ge bracht, wäh rend die nicht von die ser Richt li nie er fass ten<br />

grenz über schrei ten den Ge winn aus schüt tun gen im Lichte der Grund frei hei ten nicht nur<br />

detaillierten Ana ly sen durch die Kom mis sion unter zo gen wur den, 9 son dern in viel fäl ti gen<br />

Va rian ten auch be reits auf dem Prüf stand des EuGH stan den. 10<br />

Die Mut ter-Toch ter-RL hat ihre Wur zeln in ei nem 1969 er stat te ten Vor schlag der Kommis<br />

sion, 11 der al ler dings – in stark mo di fi zier ter Form – erst 1990 zur Ver ab schie dung<br />

ei ner Richt li nie führte. 12 Ba sie rend auf der Er kennt nis, dass Quel len steuern auf grenz überschrei<br />

tende Di vi den den zah lun gen zwi schen ver bun de nen Unter neh men die Haupt ursa che<br />

für die Be hin de rung in- und aus län di scher Di rekt in ves ti tio nen bil den, 13 hat die Mut ter-<br />

Toch ter-RL die Pro ble ma tik der ju ris ti schen und wirt schaft li chen Dop pel be steue rung von<br />

Aus schüt tun gen zwi schen Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staaten<br />

durch ein Ver bot der Quel len be steue rung im Staat der Toch ter ge sell schaft bei gleichzei<br />

ti ger An rech nungs- oder Frei stel lungs ver pfl ich tung im Staat der Mut ter ge sell schaft<br />

ge löst. Die Mut ter-Toch ter-RL setzt al ler dings vor aus, dass die Mut ter ge sell schaft eine<br />

ge wisse Min dest be tei li gung am Ka pi tal der Toch ter ge sell schaft hält, wo bei die Mit gliedstaa<br />

ten hier zu sätz lich eine bis zu zwei jäh rige Min dest hal te dauer vor se hen kön nen; über-<br />

5 Van den Tem pel, Kör per schaft steuer und Ein kom men steuer in den Eu ro päi schen Ge mein schaften<br />

(1971).<br />

6 Commission of the Eu ro pean Com mu ni ties (Hrsg), Report of the Com mit tee of Independent<br />

Experts on Com pany Taxation (1992) 207 f.<br />

7 Siehe den Vor schlag ei ner Richt li nie des Ra tes zur Har mo ni sie rung der Kör per schaft steuersys<br />

teme und der Re ge lun gen der Quel len steuer auf Di vi den den (KOM(75)392 endg), ABl<br />

C 253/2 ff (5. 11. 1975), zu rück ge zo gen am 18. 4. 1990 (siehe zur Zu rück zie hung auch die<br />

Mit tei lung der Kom mis sion zu „Leit li nien zur Unter neh mens be steue rung“, SEK(90)601 endg<br />

– Tz 30), so wie den Vor schlag ei ner Richt li nie des Ra tes über die An wen dung der Richt li nie<br />

des Ra tes zur Har mo ni sie rung der Kör per schaft steuer sys teme und der Re ge lun gen der Quel lensteuer<br />

auf Di vi den den auf In vest ment ein rich tun gen, ABl C 184/8 (2. 8. 1978), zu rück ge zo gen<br />

am 8. 4. 1993 (ABl C 228/13 f [24. 8. 1993]).<br />

8 Richt li nie des Ra tes vom 23. Juli 1990 über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und<br />

Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten (90/435/EWG), ABl L 225/6 ff (20. 8.<br />

1990).<br />

9 Siehe zB die Stu die „Unter neh mens be steue rung im Bin nen markt“, SEK(2001)1681, und die<br />

Mit tei lung der Kom mis sion zur „Be steue rung von Di vi den den na tür li cher Per so nen im Bin nenmarkt“,<br />

KOM(2003)810 endg.<br />

10 Siehe insb EuGH 15. 7. 2004, C-315/02, Slg 2004, I-7063, Lenz (Sche du len sys tem aus der Sicht<br />

des An säs sig keits staa tes des An teils eig ners); EuGH 7. 9. 2004, C-319/02, Slg 2004, I-7477,<br />

Man ni nen, EuGH 6. 3. 2007, C-292/04, Mei li cke, und EuGH 12. 12. 2006, C-446/04, Slg 2006,<br />

I-11753, FII Group Li ti ga tion (An rech nungs sys teme aus der Sicht des An säs sig keits staa tes<br />

des An teils eig ners); EuGH 14. 11. 2006, C-513/04, Slg 2006, I-10967, Kerck ha ert und Mor res<br />

(Ab zugs sys tem aus der Sicht des An säs sig keits staa tes des An teils eig ners); EuGH 12. 12. 2006,<br />

C-374/04, Slg 2006, I-11673, ACT Group Li ti ga tion (An rech nungs sys tem aus der Sicht des<br />

Quel len staa tes); EuGH 14. 12. 2006, C-170/05, Slg 2006, I-11949, Denk avit In ter na tio naal BV,<br />

und EuGH 8. 11. 2007, C-379/05, Amurta (Frei stel lungs sys tem aus der Sicht des Quel len staates);<br />

dazu aus dem Schrift tum etwa G. Kofl er, Dop pel be steue rungs ab kom men und Eu ro päi sches<br />

Ge mein schafts recht (2007) 934 ff.<br />

11 Vor schlag ei ner Richt li nie des Ra tes über das ge mein same Steuer sys tem für Mut ter- und <strong>Tochter</strong><br />

ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(69)6 endg, ABl C 39/7 ff (22. 3. 1969).<br />

12 Richt li nie des Ra tes vom 23. Juli 1990 über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und<br />

Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten (90/435/EWG), ABl L 225/6 ff (20. 8.<br />

1990), be rich tigt in ABl L 266/20 (28. 9. 1990).<br />

13 Siehe auch BTDrs 13/4138.<br />

54 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

dies müs sen so wohl Mut ter- wie auch Toch ter ge sell schaft eine der im An hang zur Richt linie<br />

ge lis tete Rechts form an neh men, in der Ge mein schaft steuer an säs sig sein und nicht auf<br />

Grund ei nes Dop pel be steue rungs ab kom mens in ei nem Dritt staat als an säs sig gel ten so wie<br />

der Kör per schaft steuer ohne Op tions mög lich keit unter lie gen. Frei lich wies die Stamm fassung<br />

der Richt li nie zahl rei che Schwä chen auf. Ein ers ter Vor schlag der Kom mis sion im<br />

Jahr 1993 zur Aus deh nung der Richt li nie auf wei tere Ge sell schafts for men und zur Ver besse<br />

rung des An rech nungs me cha nis mus bei tie fer struk tu rier ten Kon zer nen blieb je doch erfolg<br />

los, 14 wenn gleich die Kom mis sion ihre Ak ti vi tät in die sem Be reich auch nach fol gend<br />

auf recht er hal ten hat. 15<br />

Ab ge se hen von An pas sun gen auf grund des Bei trit tes wei te rer Mit glied staa ten 16 führte<br />

allerdings erst ein im Jahr 2003 er stat te ter Vor schlag 17 zur An pas sung der Stamm fassung<br />

der Richt li nie, 18 die im We sent li chen aus vier Än de rungs kom ple xen be stand: Ei ner<br />

Er wei te rung der Liste von er fass ten Ge sell schafts for men, 19 ei ner Ab sen kung des Be teili<br />

gungs schwel len werts, 20 der Ver mei dung der Dop pel be steue rung im Falle von mehrstu<br />

fi gen Kon zer nen 21 und schließ lich ei ner Aus deh nung des An wen dungs be rei ches der<br />

Mut ter-Toch ter-RL auf ge wisse Be triebs stät ten si tua tio nen. 22 Diese Än de run gen wa ren<br />

14 Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG vom 23. Juli<br />

1990 über des ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie dener<br />

Mit glied staa ten, KOM(93)293 endg, ABl C 225/5 ff (26. 7. 1993), letzt lich zu rück ge zo gen<br />

durch KOM(2004)542 endg, ABl C 75/10 (24. 3. 2005).<br />

15 Siehe all ge mein die Mit tei lung der Kom mis sion „Steuer po li tik in der Eu ro päi schen Union –<br />

Prio ri tä ten für die nächs ten Jahre“, KOM(2001)260 endg, ABl C 284/6 ff (10. 10. 2001), so wie<br />

mit spe zi fi schem Fo kus auf die Mut ter-Toch ter-RL die Mit tei lung der Kom mis sion „Ein Binnen<br />

markt ohne steuer li che Hin der nisse – Stra te gie zur Schaf fung ei ner kon so li dier ten Kör perschaft<br />

steuer-Be mes sungs grund lage für die grenz über schrei tende Unter neh mens tä tig keit in der<br />

EU“, KOM(2001)582 endg, 11, wel che auf dem Arbeits pa pier der Dienst stel len der Kom mis sion<br />

„Unter neh mens be steue rung im Bin nen markt“, SEK(2001)1681 endg, 259 f, ba siert. Siehe nachfol<br />

gend auch noch die Mit tei lung der Kom mis sion „Ein Bin nen markt ohne unter neh mens steuerli<br />

che Hin der nisse – Er geb nis se, In itia ti ven, Her aus for de run gen“, KOM(2003)726 endg, 9.<br />

16 Siehe die Akte über die Bei tritts be din gun gen und die An pas sun gen der Ver träge – Bei tritt der<br />

Re pu blik Ös ter reich, der Re pu blik Finn land und des Kö nig reichs Schwe den, ABl C 241/197<br />

(29. 8. 1994), die Akte be tref fend den Bei tritt der Tsche chi schen Re pu blik, der Re pu blik Estland,<br />

der Re pu blik Zy pern, der Re pu blik Lett land, der Re pu blik Li tau en, der Re pu blik Un garn,<br />

der Re pu blik Mal ta, der Re pu blik Po len, der Re pu blik Slo we nien und der Slo wa ki schen Re publik<br />

zur Eu ro päi schen Union – An hang II: Liste nach Artikel 20 der Bei tritts ak te, 9. Steuer wesen,<br />

ABl L 236/555 ff (23. 9. 2003), so wie die Richt li nie 2006/98/EG des Ra tes vom 20. No vember<br />

2006 zur An pas sung be stimm ter Richt li nien im Be reich Steuer we sen an läss lich des Bei tritts<br />

Bul ga riens und Ru mä niens, ABl L 363/129 ff (20. 12. 2006).<br />

17 Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über das gemein<br />

same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten,<br />

KOM(2003)462 endg; siehe dazu siehe dazu Il hi/Mal mer/Scho ne wil le/Tuo mi nen in IFA (Hrsg),<br />

Trends in com pa ny/share hol der ta xa tion: single or dou ble ta xa tion? CDFI LXXXVIIIa (2003)<br />

71 (81); Grimm, 10 Co lum. J. Eur. L. 153 ff (Fall, 2003); Jaun/Stäh lin, Schweizer Treu hän der<br />

12/2003, 1135 ff; Nijs/Thöm mes, Inter tax 2003, 558 f; Bro ke lind, ET 2003, 451 ff.<br />

18 Richt li nie 2003/123/EG des Ra tes vom 22. De zem ber 2003 zur Än de rung der Richt li nie 90/435/<br />

EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner<br />

Mit glied staa ten, ABl L 7/41 ff (13. 1. 2004); Ana ly sen der Än de rungsRL fi n den sich bei Bendlin<br />

ger, SWI 2004, 277 ff; Bul lin ger, IStR 2004, 406 ff; Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 ff; Tis sot,<br />

GeS 2004, 244 ff; Daut zen berg, StuB 2005, 254 ff; Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 ff.<br />

19 Er gän zung der Liste der unter Art 2 Abs 1 lit a der Richt li nie fal len den Ge sell schaf ten, auch unter<br />

Ein be zie hung hy bri der Ge sell schaf ten und de ren steuer li cher Be hand lung in Art 4 Abs 1a.<br />

20 Än de rung des Art 3 Abs 1 der Richt li nie (15% ab 1. 1. 2007 und 10% ab 1. 1. 2009).<br />

21 Er wei te rung des Art 4 Abs 1 TS 2 der Richt li nie.<br />

22 Er wei te rung des An wen dungs be rei ches durch An fü gung von zwei Teil stri chen in Art 1 Abs 1<br />

der Richtline, An fü gung ei ner Be triebs stät ten de fi ni tion in Art 2 Abs 2, Er gän zung der De fi n tion<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 55


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

für Aus schüt tun gen ab dem 1. 1. 2005 23 von den Mit glied staa ten in na tio na les Recht umzu<br />

set zen, un ab hän gig da von, wann die zu grunde lie gen den Ge winne ent stan den sind. 24<br />

Der fol gende Bei trag fo kus siert die letzt ge nannte Er wei te rung der Mut ter-Toch ter-RL<br />

auf ge wisse Be triebs stät ten si tua tio nen so wie die dar aus re sul tie ren den Pro blem be rei che<br />

bei der Aus le gung der Richt li nie selbst und ihrer Inter ak tion mit na tio na lem Steuer recht,<br />

Dop pel be steue rungs ab kom men und den Grund frei hei ten. Wir hof fen, dass unsere Analy<br />

sen und Vor schläge auf das In ter esse von Sek tions chef Nolz sto ßen wer den, der wie<br />

kein an de rer die steuer po li ti sche Po si tion Ös ter reichs in der Eu ro päi schen Ge mein schaft<br />

ge prägt hat.<br />

II. Die mys te riöse Stel lung von Be triebs stät ten in der<br />

Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

1. Aus gangs lage und Kom mis sions vor schlag<br />

Das Sys tem der Mut ter-Toch ter-RL folgt ei nem eher tech ni schen An satz: Ihr Art 1<br />

steckt den mit glied staats be zo ge nen An wen dungs be reich – also die An wen dung der Richtli<br />

nie auf die ak tive Aus schüt tung oder den pas si ven Emp fang – ab, wäh rend Art 4 und 5<br />

die ent spre chen den Rechts fol gen – Ent las tung von der wirt schaft li chen Dop pel be las tung<br />

ei ner seits und Quel len steuer frei heit an de rer seits – nor mie ren; diese Be stim mun gen greifen<br />

ih rer seits auf die in Art 2 und 3 ent hal te nen De fi ni tio nen zu rück, die im We sent li chen<br />

eine aus rei chend große ge sell schafts recht li che Ver bin dung zwi schen zwei Ge sell schaf ten<br />

ver schie de ner Mit glied staa ten zur An wen dungs vor aus set zung der Richt li nie ma chen. Die<br />

Stamm fas sung der Richt li nie nahm da bei auf Be triebs stät ten kei nen Be zug, son dern normierte<br />

in Art 1 Abs 1 le dig lich, dass der Staat der Mut ter ge sell schaft die Richt li nie auf<br />

Ge winn aus schüt tun gen an wen det, die „den Ge sell schaf ten die ses Staa tes von Toch ter gesell<br />

schaf ten ei nes an de ren Mit glied staats zu fl ie ßen“ (TS 1), und ver pfl ich tete um ge kehrt<br />

den Staat der Toch ter ge sell schaft zur An wen dung der Richt li nie „auf Ge winn aus schüt tungen<br />

von Toch ter ge sell schaf ten die ses Staa tes an Ge sell schaf ten an de rer Mit glied staa ten“<br />

(TS 2). Aus schüt tun gen im An wen dungs be reich der Richt li nie ver pfl ich ten so dann den<br />

Staat der Toch ter ge sell schaft zum Ver zicht auf eine Quel len be steue rung nach Art 5 und<br />

den Staat der Mut ter ge sell schaft wahl weise zur Frei stel lung der Aus schüt tung oder zur<br />

in di rek ten Steuer an rech nung nach Art 4.<br />

Der Wort laut der Stamm fas sung ließ so mit jene Si tua tio nen, in denen die Be tei li gung an<br />

der Toch ter ge sell schaft ei ner Be triebs stätte der Mut ter ge sell schaft zu ge ord net ist, völ lig<br />

un er wähnt. Dem ent spre chend gin gen die An sich ten über die An wen dung der Richt li nie<br />

in Be triebs stät ten si tua tio nen oft aus ein an der, und die Mit glied staa ten ver folg ten unterschied<br />

li che An sätze. 25 Im We sent li chen be stan den aber nur zwei Aus le gungs pro ble me:<br />

Ei ner seits wurde die Frage nach der An wen dung der Quel len steuer be freiung nach Art 5<br />

bei der Zu ord nung der Aus schüt tung der Toch ter ge sell schaft zu ei ner Be triebs stätte und<br />

der all fäl li gen Ent las tung auf Ebene der Mut ter ge sell schaft nach Art 4 in ei ner sol chen<br />

Si tua tion auf ge wor fen; an de rer seits jene nach der Be hand lung der Be triebs stätte im Be-<br />

der Mut ter ge sell schaf ten in Art 3 Abs 1 lit a so wie Er wei te rung der Ent las tungs ver pfl ich tung in<br />

Art 4 Abs 1 TS 1 und 2.<br />

23 Art 2 Abs 1 der Än de rungsRL.<br />

24 Gegen eine tem po rale „com part men ta li za tion“ auch Ter ra/Wat tel, Eu ro pean Tax Law 4 (2005)<br />

524 f.<br />

25 Siehe das Arbeits pa pier „Unter neh mens be steue rung im Bin nen markt“, SEK(2001)1681 endg,<br />

259.<br />

56 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

triebs stät ten staat. Die hA ging hier da von aus, dass die Ver pfl ich tun gen nach Art 4 und 5<br />

der Richt li nie auch in sol chen Si tua tio nen be ste hen, zu mal die Be triebs stätte als un selbstän<br />

di ger Be stand teil der Mut ter ge sell schaft nicht die von der Richt li nie ge for derte Ausschüt<br />

tungs be zie hung zwi schen Toch ter- und Mut ter ge sell schaft unter bre che; le dig lich für<br />

den Fall ei ner in ei nem Dritt staat be leg enen Be triebs stätte wurde diese An sicht teil weise<br />

be zwei felt. 26 Die Be hand lung im Be triebs stät ten staat, so fern die ser ein Mit glied staat ist,<br />

war hin gegen höchst um strit ten: Teile des Schrift tums spra chen sich ba sie rend auf ei ner<br />

wei ten Aus le gung des Be griffs der Mut ter ge sell schaft für eine di rekte An wen dung des<br />

Art 4 der Richt li nie durch den Be triebs stät ten staat aus, wäh rend an dere Teile eine sol che<br />

Aus le gung ab lehn ten; weit ge hende Ei nig keit be stand aber da hin ge hend, dass eine in der<br />

Ge mein schaft be le gene Be triebs stätte auf Ba sis der Nie der las sungs frei heit, wie sie der<br />

EuGH in Avoir Fi scal 27 und Saint-Go bain 28 ope ra tio na li siert hat, nicht gegen über an sässi<br />

gen Ge sell schaf ten be nach tei ligt wer den dürfe und es sol cher art zu ei ner in di rek ten Anwen<br />

dung der Mut ter-Toch ter-RL auch im Be triebs stät ten staat komme. 29<br />

Die sen Ge dan ken der Nicht dis kri mi nie rung in der Recht spre chung des EuGH griff auch<br />

die Kom mis sion in ihrem im Jahr 2003 er stat te ten Vor schlag auf: Sie kon sta tierte zu nächst,<br />

dass sich die Mut ter-Toch ter-RL „nicht aus drück lich mit dem Fall [be fasst], dass aus geschüt<br />

tete Ge winne ei ner Be triebs stätte zu fl ie ßen, der die An teile zu ge ord net sind“, und<br />

hielt so dann fest, dass die vor ge schla ge nen Än de run gen dar auf ab zie len, auch diese Fälle<br />

zu er fas sen, zu mal der „Recht spre chung des Ge richts hofs zu folge [. . .] Be triebs stät ten<br />

nicht gegen über Toch ter ge sell schaf ten be nach tei ligt wer den [dür fen], wenn beide ei ner<br />

gleich ar ti gen steuer li chen Re ge lung unter lie gen“. 30 Dem ent spre chend sollte der Wort laut<br />

der Richt li nie in die ser Hin sicht kla rer ge fasst wer den und „klar stel len, dass der Mit gliedstaat,<br />

in dem eine Be triebs stätte be le gen ist, die ser auch die Ver güns ti gun gen der Richtli<br />

nie ein räu men muss, wenn sie aus ge schüt tete Ge winne ver ein nahmt“. 31 Über dies zielte<br />

der Kom mis sions vor schlag dar auf ab, zu ge währ leis ten, „dass die Richt li nie auch den Fall<br />

ab deckt, dass Mut ter- und Toch ter ge sell schaft ihren steuer li chen Sitz in ein und dem sel ben<br />

Mit glied staat ha ben und die Di vi den den zah lung von ei ner in ei nem an de ren Mit glied staat<br />

be leg enen Be triebs stätte der Mut ter ge sell schaft ver ein nahmt wird“. 32<br />

Die Kom mis sion schlug dem ent spre chend vor, den An wen dungs be reich in Art 1 Abs 1<br />

der Richt li nie um ei nen drit ten Teil strich zu er gän zen, wo nach die Richt li nie auch „auf<br />

Ge winn aus schüt tun gen, die in die sem Staat be le gene Be triebs stät ten von Ge sell schaf ten<br />

an de rer Mit glied staa ten von ihren Toch ter ge sell schaf ten ei nes an de ren Mit glied staats<br />

zu fl ie ßen“, an zu wen den sei. Da mit kor re spon dierte eine Er wei te rung der Ent las tungsver<br />

pfl ich tung des Art 4, wo nach auch der Be triebs stät ten staat er hal tene Aus schüt tun gen<br />

ent we der frei zu stel len oder die von Toch ter- und En kel ge sell schaf ten ent rich tete Steuer<br />

an zu rech nen ha be. Dem gegen über er ach tete die Kom mis sion eine An pas sung des Art 5<br />

of fen bar für nicht er for der lich, son dern ging – in Über ein stim mung mit der hA – of fenbar<br />

von der be reits bis her ge ge be nen An wend bar keit der Quel len steuer be freiung auch in<br />

26 Dazu un ten III.1.2.<br />

27 EuGH 28. 1. 1986, 270/83, Slg 1986, 273, Kom mis sion/Frank reich („Avoir fi scal“).<br />

28 EuGH 21. 9. 1999, C-307/97, Slg 1999, I-6161, Saint-Go bain.<br />

29 Dazu un ten III.1.1.<br />

30 Pkt 19 der Be grün dungs er wä gun gen zum Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung<br />

der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sellschaf<br />

ten ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462 endg.<br />

31 Er läu te run gen zu Art 1 Abs 1 des Vor schla ges für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der<br />

Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaften<br />

ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462 endg.<br />

32 Id.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 57


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Be triebs stät ten si tua tio nen aus. 33 Auch der Fall, bei dem die Be triebs stätte im Staat der<br />

Mut ter ge sell schaft be le gen ist, wurde von der Kommission offenbar nicht als re ge lungs bedürf<br />

tig angesehen, zu mal steuer recht lich be trach tet oh ne hin ein un mit tel ba rer Be zug der<br />

Di vi den den durch die Mut ter ge sell schaft ge ge ben ist. 34<br />

2. Die Arbei ten des Ra tes<br />

Die Er ör te run gen der Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung) des Ra tes wa ren<br />

von den Be den ken der ein zel nen Mit glied staa ten im Zu sam men hang mit Drei ecks si tuatio<br />

nen und mög li chen Miss bräu chen ge prägt, aber auch mit Pro ble men, die das Feh len<br />

ei ner Be griffs be stim mung für „Be triebs stätte“ bei der Um set zung der Neu fas sung mit sich<br />

brin gen könnte. 35 Hin sicht lich der durch den Kom mis sions vor schlag er fass ten Drei eckssi<br />

tua tio nen wa ren die Über le gun gen der Mit glied staa ten ins be son dere auf fol gende drei<br />

Kon stel la tio nen fo kus siert:<br />

2.1. Be triebs stätte und Toch ter ge sell schaft im sel ben Mit glied staat<br />

Die Kom mis sion, der Wirt schafts- und So zial aus schuss 36 und sämt li che Mit glied staaten<br />

37 gin gen zu nächst da von aus, dass die von der Kommission vor ge schla ge nen Än de rungen<br />

jene Si tua tion er fas sen wür de, in der Mut ter- und Toch ter ge sell schaft ihren Sitz in verschie<br />

de nen Mit glied staa ten ha ben und die di vi den den emp fan gende Be triebs stätte im gleichen<br />

Mit glied staat wie die Toch ter ge sell schaft be le gen ist; um strit ten war je doch, ob diese<br />

Si tua tion be reits von der Stamm fas sung er fasst war. 38 Al ler dings wurde eine An wen dung<br />

der Richt li nie auf diese Kon stel la tion von der Mehr zahl der Mit glied staa ten ab ge lehnt,<br />

„da ihrer Auf fas sung nach le dig lich grenz über grei fende Di vi den den aus schüt tun gen von<br />

der Richt li nie er fasst wer den soll ten“. 39 Ein Kom pro miss vor schlag sah dem ent spre chend<br />

eine Um for mu lie rung des drit ten Teil stri ches da hin ge hend vor, dass die Richt li nie „auf<br />

Ge winn aus schüt tun gen die in die sem Staat ge le ge nen Be triebs stät ten von Ge sell schaf ten<br />

an de rer Mit glied staa ten von ihren Toch ter ge sell schaf ten ei nes Mit glied staa tes, der nicht<br />

der je nige der Be triebs stätte ist, zu fl ie ßen“, an wend bar sein soll te; diese For mu lie rung erlegt<br />

zwar dem Be triebs stät ten mit glied staat grund sätz lich die Ver pfl ich tung zur An wendung<br />

der Richt li nie auf, be hält aber zu gleich den Fall der Belegenheit der Be triebs stätte<br />

im Staat der Toch ter ge sell schaft der na tio na len Ge setz ge bung vor. 40<br />

33 Ebenso wohl auch Pkt 3.1.4. der Stel lung nahme des Eu ro päi schen Wirt schafts- und So zial ausschus<br />

ses zu dem „Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/<br />

EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner<br />

Mit glied staa ten“, ABl C 32/118 ff (5. 2. 2004).<br />

34 Vgl Jesse, IStR 2005, 151 (157).<br />

35 Siehe dazu unten 3.3.<br />

36 Pkt 3.1.4.1. der Stel lung nahme des Eu ro päi schen Wirt schafts- und So zial aus schus ses, ABl<br />

C 32/118 ff (5. 2. 2004).<br />

37 Siehe den Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03<br />

(22. 9. 2003), 13.<br />

38 Insbesondere die Kom mis sion ver trat diese An sicht, wäh rend sie von ei ner Viel zahl von Mitglied<br />

staa ten in Zwei fel ge zo gen wur de; siehe den Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuerfra<br />

gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9. 2003), 13.<br />

39 Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9.<br />

2003), 13.<br />

40 So aus drück lich der Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steuerung),<br />

13510/03 (13. 10. 2003), 2 f.<br />

58 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

Auch das Eu ro päi sche Par la ment hegte Be den ken gegen den wei ten Wort laut des Kommis<br />

sions vor schla ges und schlug dem ent spre chend vor, den drit ten Teil strich des Art 1<br />

Abs 1 der art um zu for mu lie ren, dass eine An wen dung der Richt li nie nur dann ge ge ben sein<br />

soll, wenn die Be triebs stätte nicht im Staat der Toch ter ge sell schaft be le gen ist. 41 Be gründet<br />

wurde dies da mit, dass es sich bei „Zah lun gen, die eine Toch ter ge sell schaft an eine<br />

Be triebs stätte (ihrer Mut ter ge sell schaft) leis tet, die im glei chen Staat be le gen ist wie die<br />

Toch ter ge sell schaft, [. . .] es sich nicht wirk lich um eine grenz über schrei tende Trans ak tion<br />

[han delt], son dern um Zah lun gen, die al lein dem in ner staat li chen Recht unter lie gen“, und<br />

da her keine Re ge lung durch die Richt li nie er fol gen soll te. Der Aus schluss die ser Si tuation<br />

wurde schließ lich in die end gül tige Fas sung des drit ten Teil stri ches des Art 1 Abs 1<br />

der Mut ter-Toch ter-RL über nom men, wenn gleich meh rere Mit glied staa ten auf die of fene<br />

Frage der Über ein stim mung mit der Nie der las sungs frei heit hin ge wie sen ha ben. 42<br />

2.2. Mut ter- und Toch ter ge sell schaft im sel ben Mit glied staat mit ei ner<br />

„zwi schen ge schal te ten“ Be triebs stätte in ei nem an de ren Mit glied staat<br />

Demgegenüber be stand of fen bar eine er heb li che Dis so nanz zwi schen der Kom mis sion<br />

und den Mit glied staa ten im Hin blick auf die Si tua tion, dass Mut ter- und Toch ter ge sellschaft<br />

ihren steuer li chen Sitz in ein und dem sel ben Mit glied staat ha ben und die Di viden<br />

den zah lung von ei ner in ei nem an de ren Mit glied staat be leg enen Be triebs stätte der<br />

Mut ter ge sell schaft ver ein nahmt wird. Wäh rend die Kom mis sion diese Si tua tion von ihrem<br />

Vor schlag als er fasst an sah, 43 wa ren die Mit glied staa ten ein hel lig der An sicht, dass<br />

der vor ge schla gene Wort laut we gen des Er for der nis ses der An säs sig keit von Mut ter- und<br />

Toch ter ge sell schaft in ver schie de nen Mit glied staa ten nach Art 3 Abs 1 der Richt li nie diesen<br />

Fall zwar nicht ab de cken könne, 44 aber auf Ba sis des Grund sat zes der Nicht dis kri minie<br />

rung nichts des to we ni ger ab ge deckt wer den sollte. 45 Wenn gleich sich uE wohl aus der<br />

Recht spre chung des EuGH nur eine Ver pfl ich tung des Be triebs stät ten staa tes, je doch keine<br />

Ver pfl ich tung des Quel len staa tes ab lei ten lässt, 46 ge lang ten die De le ga tio nen den noch zu<br />

ei ner For mu lie rung ei nes vier ten Teil stri ches des Art 1 Abs 1 und ei ner kor re spon die renden<br />

Er gän zung des Art 3 Abs 1 lit a, die auch dem Staat der Toch ter ge sell schaft für die sen<br />

Fall aus drück lich die Ver pfl ich tung zur An wen dung der Richt li nie auf er le gen soll te; demnach<br />

sollte die Richt li nie auf „Ge winn aus schüt tun gen von Ge sell schaf ten die ses Staa tes“<br />

an zu wen den sein, „die in ei nem an de ren Mit glied staat ge le ge nen Be triebs stät ten von Ge-<br />

41 Be richt über den Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/<br />

EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner<br />

Mit glied staa ten – Aus schuss für Wirt schaft und Wäh rung, A5–0472/2003 (5. 12. 2003), und<br />

ebenso die Le gis la tive Ent schlie ßung des Eu ro päi schen Par la ments zu dem Vor schlag für eine<br />

Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer system<br />

der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, P5_TA(2003)0567<br />

(16. 12. 2003).<br />

42 Siehe Note from the Presidency to the Working Party on Tax Questions – Direct Taxation,<br />

13793/03 (21. 10. 2003), 6 m FN 1, und dazu un ten 3.1.<br />

43 Er läu te run gen zu Art 1 Abs 1 des Vor schla ges für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der<br />

Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaften<br />

ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462 endg.<br />

44 Siehe auch Pkt 3.1.6. der Stel lung nahme des Eu ro päi schen Wirt schafts- und So zial aus schus ses,<br />

ABl C 32/118 ff (5. 2. 2004).<br />

45 Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9.<br />

2003), 14.<br />

46 Anders wohl Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (165); Bul lin ger, IStR 2004, 406 (608); für eine<br />

aus führ li che Ana lyse die ser Fra ge stel lung siehe G. Kofl er, Dop pel be steue rungs ab kom men und<br />

Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007) 451 ff, insb 474 ff.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 59


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

sell schaf ten des sel ben Mit glied staa tes, de ren Toch ter ge sell schaf ten sie sind, zu fl ie ßen“. 47<br />

Mit leich ten sprach li chen Mo di fi ka tio nen fand diese Über le gung auch Ein gang in die verab<br />

schie dete Fas sung des Art 1 Abs 1 TS 4 der Mut ter-Toch ter-RL.<br />

2.3. Mut ter- und Toch ter ge sell schaft in ver schie de nen Mit glied staa ten mit ei ner<br />

„zwi schen ge schal te ten“ Be triebs stätte in ei nem Nicht-Mit glied staat<br />

Eine dritte von den De le ga tio nen der Mit glied staa ten er ör terte Kon stel la tion be traf<br />

Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten in ver schie de nen Mit glied staa ten mit ei ner in ei nem<br />

Dritt staat be leg enen Be triebs stät te. Die Kom mis sion war hier der An sicht, dass diese Situa<br />

tion – so weit es um die Toch ter- und die Mut ter ge sell schaft geht 48 – be reits von der<br />

Stamm fas sung der Richt li nie er fasst und daher nicht vom Än de rungs vor schlag be trof fen<br />

sei. 49 Diese Aus le gung wurde al ler dings in Zwei fel ge zo gen; vor al lem die deut sche Dele<br />

ga tion hat sich wie der holt gegen eine An wen dung der Richt li nie in Dritt staats kon stel latio<br />

nen aus ge spro chen, 50 was von der Kom mis sion aber als in ak zep tab ler Schritt rück wärts<br />

an ge se hen wurde. 51 We der der Prä am bel noch dem end gül ti gen Text der Richt li nie lässt<br />

sich al ler dings eine klare Lö sung die ser Frage ent neh men. 52<br />

3. Er wei te run gen in der Än de rungs richt li nie<br />

3.1. Über blick<br />

Die Än de rungs richt li nie 53 in kor po rierte im Be triebs stät ten be reich im We sent li chen<br />

den Kom mis sions vor schlag und die daran ge übte Kri tik: In zwei neuen Teil stri chen in<br />

Art 1 wurde der An wen dungs be reich er wei tert, eine De fi ni tion der Be triebs stätte wurde<br />

in Art 2 Abs 2 ein ge fügt, die Be triebs stätte in Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz für ge wisse<br />

Si tua tio nen als Mut ter ge sell schaft fi n giert und die Ent las tungs ver pfl ich tung des Art 4 – inhalt<br />

lich über ein stim mend mit dem Kom mis sions vor schlag – auf den Be triebs stät ten staat<br />

47 Siehe den Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 13510/03<br />

(13. 10. 2003), 2 f.<br />

48 Selbstverständlich unter liegt der Dritt staat, in dem die Be triebs stätte be le gen ist, nicht dem Gemein<br />

schafts recht und kann da her durch die Vor schrif ten der Mut ter-Toch ter-RL nicht ver pfl ichtet<br />

wer den; siehe dazu auch un ten III.1.2.<br />

49 Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9.<br />

2003), 15 f.<br />

50 Siehe zB Note from the Presidency to The Com mit tee of Permanent Rep re sen ta tives, 14237/03<br />

(31. 10. 2003), 2; Note of the Presidency to The Com mit tee of Permanent Rep re sen ta tives,<br />

14411/03 (6. 11. 2003).<br />

51 Note from the Presidency to The Com mit tee of Permanent Rep re sen ta tives, 14237/03 (31. 10.<br />

2003), 2: „At this stage the D del e ga tion can not ac cept re nounc ing to the right of ap pl ying a<br />

with hold ing tax to profi ts that a sub sid iary dis trib utes to its par ent through a per ma nent es tablish<br />

ment that is not sit u ated in a Member State. Un der the in ter pre ta tion of the Commission the<br />

ob li ga tion to ex empt from the with hold ing tax the dis tri bu tions of profi ts made by a sub sid iary<br />

to its par ent com pany as pro vided for in the ex ist ing Directive does cov er the case of profi ts<br />

dis trib uted through a per ma nent es tab lish ment re gard less of wheth er it is sit u ated or not in a<br />

Member State. In the light of this in ter pre ta tion the Commission con siders that the re quest of the<br />

D del e ga tion is an un ac cep ta ble step back wards with re spect to the ex ist ing Directive.“<br />

52 Siehe dazu un ten III.1.2.<br />

53 Basierend auf den Er wä gun gen des Aus schus ses wurde schließ lich eine mo di fi zierte Fas sung<br />

er arbei tet (Do ku ment 15621/03 [17. 12. 2003]) und dem Rat zur An nahme über mit telt (siehe<br />

den I/A-Punkt-Ver merk des Ge ne ral se kre ta riats des Ra tes für den AStV/Rat, 15637/03 [16. 12.<br />

2003]); sie wurde schließ lich vom Rat am 22. 12. 2003 for mell als Richt li nie 2003/123/EG ange<br />

nom men (siehe PRES/03/376 [22. 12. 2003]).<br />

60 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

aus ge dehnt. 54 Aus weis lich ihrer Prä am bel soll dem nach die „Aus schüt tung von Ge winnen<br />

an eine Betriebstätte ei ner Mut ter ge sell schaft und der Zu fl uss die ser Ge winne an die<br />

Betriebstätte [. . .] ebenso be han delt wer den wie bei der Be zie hung zwi schen Toch ter-<br />

und Mut ter ge sell schaft. Dies sollte auch für den Fall gel ten, dass eine Mut ter ge sell schaft<br />

und ihre Toch ter ge sell schaft in dem sel ben Mit glied staat an säs sig sind, wäh rend sich die<br />

Betriebstätte in ei nem an de ren Mit glied staat be fi n det. Hin gegen könn ten Fäl le, in denen<br />

Betriebstätte und Toch ter ge sell schaft sich in dem sel ben Mit glied staat be fi n den, von dem<br />

be tref fen den Mit glied staat – un be scha det der An wen dung der Ver trags grund sätze – nach<br />

Maß gabe sei nes in ner staat li chen Rechts be han delt wer den“. 55<br />

3.2. Die Er wei te rung auf ge wisse Be triebs stät ten si tua tio nen<br />

Technisch er folgte die Ein be zie hung des Be triebs stät ten staa tes durch die Ein fü gung eines<br />

drit ten Teil stri ches in Art 1 Abs 1, wo nach nun mehr die Richt li nie – im Ein klang mit<br />

der Recht spre chung des EuGH – auch auf Ge winn aus schüt tun gen An wen dung fi n det, „die<br />

in die sem Staat ge le ge nen Betriebstätten von Ge sell schaf ten an de rer Mit glied staa ten von<br />

ihren Toch ter ge sell schaf ten ei nes an de ren Mit glied staa tes als dem der Betriebstätte zu fl ießen“;<br />

die Ent las tungs ver pfl ich tung des Be triebs stät ten staa tes folgt so dann aus dem mo difi<br />

zier ten Art 4, der nun mehr auch den Be triebs stät ten staat er fasst. Der Wort laut des drit ten<br />

Teil stri ches des Art 1 Abs 1 spricht auch aus drück lich jene Si tua tion an, in der sich <strong>Tochter</strong><br />

ge sell schaft und Be triebs stätte im sel ben Mit glied staat be fi n den, und schließt sie aus<br />

der Per spek tive die ses Staa tes vom An wen dungs be reich der Richt li nie aus. 56 Jene Kon stella<br />

tion, in der sich Mut ter- und Toch ter ge sell schaft im sel ben Mit glied staat be fi n den und<br />

eine Be triebs stätte in ei nem an de ren Mit glied staat „zwi schen ge schal tet“ ist, wird von der<br />

Richt li nie aus der Per spek tive der Toch ter ge sell schaft im vier ten Teil strich des Art 1 Abs 1<br />

an ge spro chen, der den Staat der Toch ter ge sell schaft zur An wen dung der Richt li nie „auf<br />

Ge winn aus schüt tun gen [. . .] an in ei nem an de ren Mit glied staat ge le gene Betriebstätten<br />

von Ge sell schaf ten die ses Mit glied staa tes [Anm: des Staa tes der Toch ter ge sell schaft], deren<br />

Toch ter ge sell schaf ten sie sind“, ver pfl ich tet. Eine kor re spon die rende Er wei te rung der<br />

De fi n tion der Mut ter ge sell schaft wurde in Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz be reit ge stellt. 57<br />

54 Zu den Än de run gen im Be triebs stät ten be reich siehe insb Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 ff; Zanotti,<br />

ET 2004, 493 ff und 535 ff; Ter ra/Wat tel, Eu ro pean Tax Law 4 (2005) 498 ff; wei ters auch<br />

Tis sot, GeS 2004, 244 ff; Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 ff.<br />

55 Pkt 8 der Prä am bel der Richt li nie 2003/123/EG des Ra tes vom 22. De zem ber 2003 zur Än derung<br />

der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter gesell<br />

schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, ABl L 7/41 ff (13. 1. 2004); nach Pkt 9 der Prä am bel<br />

müs sen die Mit glied staa ten bei „der Be hand lung von Betriebstätten [. . .] mög li cher weise die<br />

ein schlä gi gen Vor aus set zun gen und Rechts in stru mente fest le gen, um im Ein klang mit den Vertrags<br />

grund sät zen und unter Be rück sich ti gung inter na tio nal an er kann ter steuer li cher Re ge lungen<br />

das na tio nale Steuer auf kom men zu schüt zen und eine Um ge hung in ner staat li cher Rechtsvor<br />

schrif ten zu ver hin dern“. Da mit soll of fen bar den Mit glied staa ten eine Mög lich keit er öff net<br />

wer den, unter Be ach tung der Grund frei hei ten und des Ab kom mens rechts eine miss bräuch li che<br />

Nut zung der Er wei te rung auf ge wisse Be triebs stät ten si tua tio nen ent gegen zu tre ten; siehe auch<br />

Jesse, IStR 2005, 151 (154).<br />

56 Dazu und zur Be hand lung bei Toch ter- und Mut ter ge sell schaft siehe un ten III.3.1.<br />

57 Demnach gilt unter den Vor aus set zun gen des Art 2 und der Min dest be tei li gung „als Mut ter gesell<br />

schaft eben falls eine Ge sell schaft ei nes Mit glied staats, die ei nen An teil von we nigs tens 20%<br />

am Ka pi tal ei ner Ge sell schaft des sel ben Mit glied staats hält, der ganz oder teil weise von ei ner<br />

in ei nem an de ren Mit glied staat ge le ge nen Betriebstätte der erst ge nann ten Ge sell schaft ge hal ten<br />

wird“; siehe dazu aus führ lich un ten III.2.1.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 61


3.3. Die Be triebs stät ten de fi ni tion<br />

Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Während der Arbei ten an der Än de rungsRL hat ten ei nige De le ga tio nen dar auf hin gewie<br />

sen, dass das Feh len ei ner Be griffs be stim mung der „Be triebs stätte“ zu Pro ble men bei<br />

der Um set zung der Neu fas sung von Art 1 Abs 1 füh ren kön nte. Vor die sem Hin ter grund<br />

wurde zu nächst eine an Art 3 lit c der Zin sen-Li zenz ge büh ren-RL58 orien tierte De fi ni tion<br />

vor ge schla gen. 59 Da nach sollte „der Aus druck ,Be triebs stät te‘ eine feste Ge schäfts ein richtung<br />

in ei nem Mit glied staat [be deu ten], durch die die Tä tig keit ei ner Ge sell schaft ei nes<br />

an de ren Mit glied staats ganz oder teil weise aus ge übt wird“. Diese De fi ni tion wurde al lerdings<br />

von Deutsch land als un zu rei chend an ge se hen60 und vor ge schla gen, die De fi ni tion<br />

aus Art 5 Abs 2 bis 4 OECD-MA zu über neh men. 61 Im Zuge der Ver hand lun gen wurde die<br />

Be griffs be stim mung aber le dig lich um eine Sub ject-to-Tax-Klau sel er wei tert62 und fand<br />

sol cher art – mit einer leichten sprachlichen Modifi kation – auch Eingang in Art 2 Abs 2<br />

der endgültigen Fassung der <strong>Richtlinie</strong>:<br />

„Im Sinne die ser Richt li nie ist ,Betriebstätte‘ eine feste Ge schäfts ein rich tung in ei nem<br />

Mit glied staat, durch die die Tä tig keit ei ner Ge sell schaft ei nes an de ren Mit glied staats ganz<br />

oder teil weise aus ge übt wird, so fern die Ge winne die ser Ge schäfts ein rich tung in dem Mitglied<br />

staat, in dem sie ge le gen ist, nach dem je weils gel ten den bi la te ra len Dop pel be steuerungs<br />

ab kom men oder – in Er man ge lung ei nes sol chen Ab kom mens – nach in ner staat lichem<br />

Recht steuer pfl ich tig sind“.<br />

Aufgrund der kla ren sprach li chen Orien tie rung an Art 5 Abs 1 OECD-MA und an Art 3<br />

lit c der Zin sen-Li zenz ge büh ren-RL kön nen diese Be stim mun gen und der Kom men tar<br />

zum OECD-MA so wie die dazu er gan gene Recht spre chung zwei fels frei auch für Zwe cke<br />

der Aus le gung des ers ten Satz tei les des Art 2 Abs 2 der Mut ter-Toch ter-RL her an ge zo gen<br />

wer den. 63 We gen der aus schließ li chen Be zug nahme auf das Er for der nis ei ner fes ten Geschäfts<br />

ein rich tung kom men da mit al ler dings we der die Aus schluss tat be stände nach Art 5<br />

Abs 3 und 4 noch die Ver tre ter be triebs stät ten re ge lung des Art 5 Abs 5 OECD-MA zum<br />

Tra gen. 64<br />

Die Sub ject-to-Tax-Klau sel des zwei ten Satz tei les des Art 2 Abs 2 ist hin gegen in mehrfa<br />

cher Hin sicht un scharf. So werden zu nächst Be triebs stättengewinne auf grund der ty pischen<br />

Schran ken wir kung nicht „nach dem je weils gel ten den bi la te ra len Dop pel be steuerungs<br />

ab kom men“ steuer pfl ich tig sein, son dern le dig lich nach dem je wei li gen na tio na len<br />

58 Art 3 lit c der Richt li nie 2003/49/EG des Ra tes vom 3. Juni 2003 über eine ge mein same Steuerre<br />

ge lung für Zah lun gen von Zin sen und Li zenz ge büh ren zwi schen ver bun de nen Unter neh men<br />

ver schie de ner Mit glied staa ten, ABl L 157/49 ff (26. 6. 2003) idF ABl L 363/129 ff (20. 12.<br />

2006).<br />

59 Zur ex pli zi ten Orien tie rung an der Zin sen-Li zenz ge büh ren-RL siehe den Ver merk des Vor sit zes<br />

für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9. 2003).<br />

60 Siehe Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 13187/03 (2.<br />

10. 2003), 4 m FN 1; Note from the Presidency to the Working Party on Tax Questions – Direct<br />

Taxation, 13793/03 (21. 10. 2003), 6 m FN 2.<br />

61 Siehe Note from the Presidency to the Working Party on Tax Questions – Direct Taxation,<br />

14134/03 (30. 10. 2003), 6 m FN 1.<br />

62 Siehe den A-Punkt-Ver merk des AStV für den Rat, 14814/03 (14. 11. 2003), sow ie vorge hend<br />

zB Note from the Presidency to The Com mit tee of Permanent Rep re sen ta tives, 14237/03 (31.<br />

10. 2003).<br />

63 Ebenso Bend lin ger, SWI 2004, 277 (280); Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f); Za notti, ET 2004,<br />

493 (495); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (491); siehe auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164<br />

(169 f).<br />

64 Jesse, IStR 2005, 151 (155); an ders wo mög lich Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f); zu pri mär rechtli<br />

chen Be den ken im Hin blick auf die Nicht er fas sung von Ver tre ter be triebs stät ten siehe Za notti,<br />

ET 2004, 493 (495).<br />

62 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

Recht je ner Ju ris dik tion, der ab kom mens recht lich das Be steue rungs recht belassen ist. 65<br />

Die Mut ter-Toch ter-RL for dert da mit aber of fen bar, dass nach dem Ab kom men zwi schen<br />

dem Staat der Mut ter ge sell schaft und dem Be triebs stät ten staat Letz te rem das Be steuerungs<br />

recht zu ge wie sen ist, 66 un ab hän gig da von, ob die ses Ab kom men letzt lich die Anrech<br />

nungs- und Be freiungs me thode zur Ent las tung im Staat des Stamm hau ses vor sieht. 67<br />

Diese Vor aus set zung ist so mit bei am OECD-MA orien tier ten Ab kom men we gen Art 7<br />

Abs 1 zwei ter Satz OECD-MA re gel mä ßig er füllt. For dern wird man über dies kön nen,<br />

dass die Be tei li gung tat säch lich zum Be triebs ver mö gen der Be triebs stätte ge hört, 68 wo bei<br />

aber uE vor dem Hin ter grund der Recht spre chung des EuGH in Avoir Fi scal69 und Saint-<br />

Go bain70 , auf der die Än de rungsRL in so fern auf baut, 71 keine stren ge ren An for de run gen als<br />

für die Zu ord nung ei ner Be tei li gung zu ei ner Toch ter ge sell schaft ge stellt wer den dür fen.<br />

Er kenn ba res Ziel der Sub ject-to-Tax-Klau sel ist die Ver mei dung der An wen dung des<br />

na tio na len Steuer rechts durch miss bräuch li che Zwi schen schal tung von Be triebs stät ten in<br />

Sand wich struk tu ren. 72 Den noch mu tet sie im Sys tem der Mut ter-Toch ter-RL eigen ar tig<br />

an. Weit ge hen der Kon sens be steht näm lich zu nächst da hin ge hend, dass eine tat säch li che<br />

Be steue rung der Be triebs stät ten ein künfte nicht er for der lich ist. 73 Ein der ar ti ges Er for dernis<br />

wäre im Kon text der Richt li nie auch kaum zu recht fer ti gen: Würde es sich – wie der<br />

65 Kritisch auch Bend lin ger, SWI 2004, 277 (280).<br />

66 Ebenso Jesse, IStR 2005, 151 (155); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (491).<br />

67 Die Ent las tungs me thode muss uE schon des halb ir re le vant sein, weil es Art 2 Abs 2 sicht lich<br />

dar auf an kommt, dass der Be triebs stät ten staat die ihm zu ge ord ne ten Di vi den den auch er fas sen<br />

kann und sol cher art die Mög lich keit der steuer freien Um ge hung der na tio na len Vor schrif ten<br />

für Mut ter-Toch ter-Ver hält nisse in Sand wich struk tu ren aus ge schal tet wird (siehe auch un ten<br />

III.2.1); ohne Be grün dung wo mög lich an ders Dett mei er/Dörr, BB 2004, 2382 (2383).<br />

68 Wie hier auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (170); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (491).<br />

Gegen ein sol ches Er for der nis der Zu ord nung spricht uE auch nicht, dass Art 3 Abs 1 lit a zweiter<br />

Satz le dig lich vom „Hal ten“ ei ner Be tei li gung spricht (aA Jesse, IStR 2005, 151 [156]), setzt<br />

doch diese Re ge lung be reits das Vor lie gen ei ner Be triebs stätte iSd Art 2 Abs 2 und die Zu ordnung<br />

der Be tei li gung vor aus. Der Kom mis sions vor schlag hat ein sol ches Er for der nis zu min dest<br />

da durch an ge deu tet, dass die Richt li nie Si tua tio nen er fas sen soll te, in denen die An teile ei ner<br />

Be triebs stätte „zu ge ord net sind“; siehe die Begründungserwägung 19 des Vor schla ges für eine<br />

Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuersys<br />

tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462<br />

endg. Für eine Dis kus sion der Zu ord nung von Be tei li gun gen im ös ter rei chi schen und deut schen<br />

Steuer recht siehe No wotny, Be triebs stät ten ge winn er mitt lung (2004) 143 ff, so wie für die analoge<br />

Frage im Hin blick auf Art 10 Abs 4 OECD-MA zB Vo gel in Vo gel/Leh ner, DBA 4 (2003) Vor<br />

Art. 10–12 Tz 39 ff.<br />

69 EuGH 28. 1. 1986, 270/83, Slg 1986, 273, Kom mis sion/Frank reich („Avoir fi scal“).<br />

70 EuGH 21. 9. 1999, C-307/97, Slg 1999, I-6161, Saint-Go bain.<br />

71 Siehe oben II.1.<br />

72 Zu die sen un ten III.2.<br />

73 Siehe Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (170); Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f); Bul lin ger, IStR 2004,<br />

406 (408); Jesse, IStR 2005, 151 (155); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (491). Diese Aus le gung<br />

wird auch durch den – bis her nicht an ge nom me nen – Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur<br />

Än de rung der Richt li nie 2003/49/EG über eine ge mein same Steuer re ge lung für Zah lun gen von<br />

Zin sen und Li zenz ge büh ren zwi schen ver bun de nen Unter neh men ver schie de ner Mit glied staaten,<br />

KOM(2003)841 endg, DFI 2004, 56 ff, unter stützt, wo die Kom mis sion eine An pas sung<br />

da hin ge hend vor schlägt, dass die in ei nem an de ren Mit glied staat be le gene Be triebs stätte „effek<br />

tiv ei ner Be steue rung auf diese Ein künfte in die sem an de ren Mit glied staat unter liegt“. Der<br />

Wirt schafts- und So zial aus schuss hat zu die sem Vor schlag deut lich ge macht, dass da durch „eine<br />

Be din gung auf ge nom men [würde], die zu vor nicht be stand“; siehe Pkt 2.1. der Stel lung nahme<br />

des Eu ro päi schen Wirt schafts- und So zial aus schus ses zu dem Vor schlag für eine Richt li nie des<br />

Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 2003/49/EG über eine ge mein same Steuer re ge lung für Zahlun<br />

gen von Zin sen und Li zenz ge büh ren zwi schen ver bun de nen Unter neh men ver schie de ner<br />

Mit glied staa ten, ABl C112/113 f (30. 4. 2004). Zu den viel fäl ti gen Fa cet ten des Ter mi nus „sub-<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 63


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Wort laut des Art 2 Abs 2 nahezulegen scheint – auf sämt li che Be triebs stät ten ein künfte<br />

be zie hen, so hinge die An wen dung der Mut ter-Toch ter-RL re gel mä ßig vom völ lig in adäqua<br />

ten Kri te rium des kon kre ten Ein kom mens mi xes der Be triebs stätte ab. Würde es sich<br />

aber bloß auf die – für die Mut ter-Toch ter-RL eigent lich re le van ten – Di vi den den ein künfte<br />

be zie hen, so wäre dies schon per se wi der sprüch lich: Ein sol ches Er for der nis hätte nämlich<br />

zur Kon se quenz, dass zwar Art 4 vom Be triebs stät ten staat eine Ent las tung for dert,<br />

wenn eine Be triebs stätte nach Art 2 Abs 2 vor liegt, eine sol che aber dann nicht vor lie gen<br />

wür de, wenn zB der Be triebs stät ten staat tat säch lich eine Ent las tung in Form der Be freiung<br />

vor sä he, wes halb so dann man gels Be triebs stätte iSd Art 2 Abs 2 kon se quen ter weise auch<br />

keine Ent las tungs pfl icht des Be triebs stät ten staa tes nach Art 4 be stünde usw. Ein der ar ti ger<br />

End los zir kel als Aus le gungs er geb nis kann der Richt li nie frei lich nicht unter stellt wer den.<br />

Die Sub ject-to-Tax-Klau sel des Art 2 Abs 2 kann da her im Grunde keine an dere Be deu tung<br />

ha ben, als dass dem Be triebs stät ten staat ab kom mens recht lich ein Be steue rungs recht zusteht<br />

und die ser die Di vi den den ein künfte grund sätz lich der Be triebs stätte zu ord net. Durch<br />

das Ab stel len auf das Be steue rungs recht nach dem „je weils gel ten den bi la te ra len Doppel<br />

be steue rungs ab kom men“ er öff net die Richt li nie al ler dings die wei tere Fra ge, wie ein<br />

all fäl li ger Kon fl ikt zwi schen den be tei lig ten Staa ten im Hin blick auf die Zu ord nung der<br />

Be tei li gung auf zu lö sen sein soll. Der Wort laut der Richt li nie gibt uE kei nen kla ren Anhalts<br />

punkt für die Prio ri tät der Zu ord nungs ent schei dung des ei nen oder des an de ren Mitglied<br />

staa tes. Wenn gleich ein sol cher Kon fl ikt wohl al len falls bei „Sand wich struk tu ren“<br />

zu ei ner Ver sa gung der Richt li nien vor teile füh ren könnte, 74 bie tet ge rade auch in die sen<br />

Fällen das Ab kom mens recht re gel mä ßig keine Lö sung. 75<br />

Schließ lich sieht die Richt li nie auch keine Re ge lung für den Fall der Über tra gung ei ner<br />

Be tei li gung an eine aus län di sche Be triebs stätte vor. So fern Mit glied staa ten dies als Reali<br />

sie rungs tat be stand an sehen, wird in so fern auch die Recht spre chung des EuGH in X und<br />

Y, 76 Hughes de Lasteyrie du Saillant 77 und N 78 zur ge mein schafts rechts kon for men Ausge<br />

stal tung der Weg zugs be steue rung zu be ach ten sein. 79 Aus dem Blick win kel der <strong>Mutter</strong>-Toch<br />

ter-RL könnte so dann al len falls pro ble ma tisch sein, ob in der Be triebs stätte die<br />

al len falls vor ge se hene Be hal te frist des Art 3 Abs 2 TS 2 von Neuem zu lau fen be ginnt;<br />

hier sollte aber der Fo kus auf der zi vil recht li chen Un selb stän dig keit der Be triebs stätte<br />

lie gen und da her aus schließ lich auf die Be hal te dauer der Mut ter ge sell schaft ab ge stellt<br />

wer den. 80<br />

ject to tax“ im Ab kom mens recht siehe zB Lang, Ge ne ral Re port, in IFA (Hrsg), Dou ble Non Taxa<br />

tion, CDFI LXXXIXa 89a (2004) 73 (111).<br />

74 ZB wenn der Staat der Mut ter- und zu gleich der Toch ter ge sell schaft keine Zu ord nung der Betei<br />

li gung zur Be triebs stätte in ei nem an de ren Mit glied staat an nimmt, der Be triebs stät ten staat<br />

hin gegen schon; dies falls würde der Staat der Toch ter- und Mut ter ge sell schaft keine grenz überschrei<br />

tende Aus schüt tung er bli cken und das na tio nale Steuer recht (zB Quel len steuer ab zug mit<br />

nach fol gen der An rech nung) an wen den, was zu Li qui di täts nach tei len im Ver gleich zur Quel lensteuer<br />

frei heit füh ren könn te; siehe zu „Sand wich struk tu ren“ all ge mein un ten III.2.<br />

75 Siehe Art 23 Tz 32.5 OECD-MK.<br />

76 EuGH 21. 11. 2002, C-436/00, Slg 2002, I-10829, X und Y.<br />

77 EuGH 11. 3. 2004, C-9/02, Slg 2004, I-2409, Hughes de Las tey rie du Sail lant.<br />

78 EuGH 7. 9. 2006, C-470/04, 2006, I-7409, N.<br />

79 Siehe dazu zB G. Kofl<br />

er, Dop pel be steue rungs ab kom men und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht<br />

(2007) 731 ff mwN.<br />

80 Ebenso Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (170 f).<br />

64 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

III. Drei ecks si tua tio nen in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie und im<br />

ös ter rei chi schen Steuer recht<br />

1. Die Drei-Län der-Si tua tion: Mut ter- und Toch ter ge sell schaft und<br />

Be triebs stätte in drei ver schie de nen Staa ten<br />

1.1. Ge mein schafts in terne Drei-Län der-Si tua tion<br />

Die klas si sche Drei ecks si tua tion im Rah men der Mut ter-Toch ter-RL re sul tiert aus der<br />

„Zwi schen schal tung“ ei ner Be triebs stätte in ei nem Mit glied staat zwi schen die Mut terund<br />

Toch ter ge sell schaft, die ih rer seits in zwei ver schie de nen Mit glied staa ten an säs sig<br />

sind (Abbildung 1). Blen det man das Richt li nien recht und all fäl lige uni- oder bi la te rale<br />

Ent las tungs me cha nis men zu nächst aus, würde in ei ner sol chen Si tua tion so wohl eine<br />

wirt schaft li che als auch eine ju ris ti sche Mehr fach be steue rung dro hen: Die wirt schaft li che<br />

Mehr fach be steue rung würde aus ei ner Be steue rung der Unter neh mens ge winne so wohl<br />

auf Ebene der Toch ter ge sell schaft als auch als Di vi den den ei ner seits durch den Be triebsstät<br />

ten staat und an de rer seits durch den Staat der Mut ter ge sell schaft re sul tie ren; die ju risti<br />

sche aus der drei fa chen Be steue rung der Di vi den den bei der Mut ter ge sell schaft in Form<br />

der Quel len be steue rung, der Be triebs stät ten be steue rung und schließ lich der Welt ein kommens<br />

be steue rung im An säs sig keits staat.<br />

Abbildung 1<br />

Aus dem Blick win kel der Mut ter-Toch ter-RL stel len sich da her die Fra gen, ob der Staat<br />

der Toch ter ge sell schaft eine Quel len steuer be freiung zu ge wäh ren hat, ob eine Ent las tung<br />

im Be triebs stät ten staat zu er fol gen hat und schließ lich, ob und in wie weit der Staat der<br />

Mut ter ge sell schaft zur Ent las tung ver pfl ich tet ist. Die Be hand lung im Staat der Toch ter gesell<br />

schaft und je nem der Mut ter ge sell schaft war in sol chen Kon stel la tio nen be reits bis her<br />

na hezu un strit tig: Die hA 81 ging schon zur Stamm fas sung der Richt li nie da von aus, dass<br />

81 Saß, DB 1990, 2340 (2346); Saß, 18 Tax Plan ning Int’l Rev. 3 (7) (May 1991); Thöm mes, Intertax<br />

1992, 65 (65); Va nis ten dael, 5 Tax No tes Int’l 599 (607) (Sept. 21, 1992); Tum pel, Har moni<br />

sie rung der di rek ten Unter neh mens be steue rung in der EU (1994) 263; García Prats, ET 1995,<br />

179 (182 f); Martín Ji mé nez/Gar cía Prats/Cal de rón Car rero, BIFD 2001, 241 (253); Maisto,<br />

EC Tax Rev. 2004, 164 (167 f); Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f); Za notti, ET 2004, 493 (502 f)<br />

und ET 2004, 535 (541); Bell, DFI 2005, 18 (22); Bend lin ger/Kofl er, ÖStZ 2005/791, 332 (334);<br />

Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (492 f); Thöm mes/Nak hai, in Thöm mes/Fuks (Hrsg), EC Cor-<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 65


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

die Ver pfl ich tun gen nach Art 4 und 5 der Richt li nie auch in ei ner sol chen Si tua tion be stehen,<br />

zu mal die Be triebs stätte als un selb stän di ger Be stand teil der Mut ter ge sell schaft nicht<br />

die von der Richt li nie ge for derte Aus schüt tungs be zie hung zwi schen Toch ter- und Mut terge<br />

sell schaft unter bre che; auch eine be lie bige Kom bi na tion der von der Be triebs stätte und<br />

der Mut ter ge sell schaft di rekt ge hal te nen An teile sei mög lich, so fern nur ins ge samt die<br />

von Art 3 ge for derte Min dest be tei li gung er reicht werde. 82 Diese seit je her auch von der<br />

Kom mis sion 83 ver tre tene An sicht er gibt sich be reits aus den ers ten bei den Teil stri chen des<br />

Art 1 Abs 1, woran auch die Ein fü gung des vier ten Teil stri ches nichts ge än dert hat, 84 sollte<br />

doch diese Än de rung aus drück lich eine Er wei te rung der Richt li nie auf den Son der fall bewir<br />

ken, in dem sich Mut ter- und Toch ter ge sell schaft im sel ben Mit glied staat be fi n den; 85<br />

ebenso we nig steht Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz der An wen dung der Art 4 und 5 auf diese<br />

Si tua tion ent gegen, 86 da die dort vor ge se hene Er wei te rung nur zur Er fas sung der Fälle<br />

ei ner An säs sig keit von Mut ter- und Toch ter ge sell schaft im sel ben Mit glied staat not wendig<br />

war, 87 aber selbst ver ständ lich nichts daran zu än dern ver mag, dass bei ei ner ge meinschafts<br />

in ter nen Drei-Län der-Si tua tion die Mut ter ge sell schaft be reits nach Art 3 Abs 1 lit a<br />

ers ter Satz als sol che qua li fi ziert und sol cher art der von der Richt li nie ge for derte grenzüber<br />

schrei tende As pekt von vorn her ein er füllt ist. Diese Aus le gung der Stamm fas sung der<br />

Richt li nie wird auch rück bli ckend durch die Än de rungsRL be stä tigt. 88<br />

Auch der Be triebs stät ten mit glied staat ist nun mehr durch den drit ten Teil strich des Art 1<br />

Abs 1 iVm Art 4 aus drück lich zur Ent las tung von der wirt schaft li chen Dop pel be steue rung<br />

im Wege der Be freiung oder der in di rek ten An rech nung ver pfl ich tet, so fern eine Be triebsstätte<br />

iSd Art 2 Abs 2 ge ge ben und ihr die Be tei li gung zu zu rech nen ist. 89 In Tei len des<br />

Schrift tums war be reits zur Stamm fas sung der Richt li nie die An sicht ver tre ten wor den, der<br />

Be triebs stät ten staat sei auf grund der dort be ste hen den Steuer pfl icht der Mut ter ge sell schaft<br />

eben falls als Staat der Ge sell schaft iSd Art 3 an zu se hen und da her ent las tungs ver pfl ich-<br />

porate Tax Law, Chapter 6 Art 1 Tz 32; ebenso auch Pkt 3.1.5. der Stel lung nahme des Eu ro päischen<br />

Wirt schafts- und So zial aus schus ses, ABl C 32/118 ff (5. 2. 2004).<br />

82 Siehe auch Jesse, IStR 2005, 151 (153 und 158).<br />

83 Siehe zB Note from the Presidency to The Com mit tee of Permanent Rep re sen ta tives, 14237/03<br />

(31. 10. 2003), 2: „Un der the in ter pre ta tion of the Commission the ob li ga tion to ex empt from the<br />

with hold ing tax the dis tri bu tions of profi ts made by a sub sid iary to its par ent com pany as provided<br />

for in the ex ist ing Directive does cov er the case of profi ts dis trib uted through a per ma nent<br />

es tab lish ment re gard less of wheth er it is sit u ated or not in a Member State“.<br />

84 Ebenso aus führ lich Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (492 f), und Za notti, ET 2004, 493 (503).<br />

85 So aus drück lich der Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steuerung),<br />

13510/03 (13. 10. 2003), 2 f; siehe auch Bell, DFI 2005, 18 (22).<br />

86 Anders Bul lin ger, IStR 2004, 406 (608), und Jesse, IStR 2005, 151 (154 und 156), wo bei Bullin<br />

ger sich je doch für eine Quel len steuer frei heit auf Ba sis des Dis kri mi nie rungs ver bots des EG-<br />

Ver tra ges aus spricht.<br />

87 Siehe un ten III.2.1.<br />

88 Der vierte Teil strich des Art 1 Abs 1 und die kor re spon die rende Er fas sung (nur) der „Sand wichsi<br />

tua tion“ in Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz (dazu 2.1.) ma chen deut lich, dass der an den Be triebsstät<br />

ten staat ge rich tete dritte Teil strich des Art 1 Abs 1 nicht nur die „Sand wich si tua tion“ er fasst,<br />

son dern viel mehr jede Be triebs stät ten si tua tion, in der die Be triebs stätte in ei nem Mit glied staat<br />

be le gen ist, der nicht zu gleich der Staat der Toch ter ge sell schaft ist (siehe auch Za notti, ET 2004,<br />

493 [503 f]). Für diese vom drit ten Teil strich des Art 1 Abs 1 er fass ten, über die Sand wich si tuation<br />

hin aus ge hen den Be triebs stät ten kon stel la tio nen (also die hier dis ku tierte Drei-Län der-Si tuation)<br />

hält die Richt li nie in Art 1 Abs 1 aber keine be son de ren Re ge lun gen be reit, was wie derum<br />

im pli ziert, dass sol che Si tua tio nen aus der Sicht der Toch ter- und der Mut ter ge sell schaft be reits<br />

vom Re ge lungs sys tem der Stamm fas sung – also den ers ten bei den Teil stri chen des Art 1 Abs 1<br />

– er fasst wa ren.<br />

89 Dazu oben II.3.3.<br />

66 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

tet. 90 Das Ge samt sys tem der Richt li nie zeigt frei lich, dass eine Ge sell schaft wohl nur dann<br />

ei nem Staat zu ge rech net wer den kann, wenn sie dort steuer lich an säs sig ist. 91 Nichts desto<br />

we ni ger wurde be reits bis her eine Ent las tungs ver pfl ich tung des Be triebs stät ten staa tes<br />

auch ohne Rück griff auf die Richt li nie in di rekt er reicht. 92 Der EuGH hat näm lich in Avoir<br />

Fi scal 93 und nach fol gend in Saint-Go bain 94 deut lich ge macht, dass im Falle ver gleich ba rer<br />

Si tua tio nen die Gleich be hand lung der als Zweig nie der las sung iSd Art 43 Abs 2 zwei ter<br />

Satz EG an zu se hen den Be triebs stätte ei nes Ge biets frem den mit ei nem Ge biets an säs si gen<br />

ge mein schafts recht lich ge bo ten ist. 95 Eine sol che Ver gleich bar keit ist da bei trotz der be stehen<br />

den zi vil- und steuer recht li chen Unter schiede zwi schen Toch ter ge sell schaf ten und Betriebs<br />

stät ten dann ge ge ben, wenn im Rah men der Be triebs stät ten be steue rung das Be steuerungs<br />

recht über die frag li chen Ein kom mens teile be an sprucht wird. 96 Die Mit glied staa ten<br />

müs sen da her im Falle der Ein be zie hung von Di vi den den in die Be mes sungs grund lage<br />

ihre im na tio na len Steuer recht vor ge se he nen Be güns ti gun gen für an säs sige Toch ter gesell<br />

schaf ten – wie bei spiels weise die in di rekte An rech nung aus län di scher Steu ern oder<br />

die An wen dung ei nes Schach tel pri vi legs – auf Be triebs stät ten von ge biets frem den EU-<br />

Ge sell schaf ten aus deh nen. 97, 98 Auf fäl lig ist al ler dings, dass die Mut ter-Toch ter-RL selbst<br />

nach den Er wei te run gen keine Re ge lung für eine all fäl lige „Re pa tri ie rungs be las tung“ im<br />

Be triebs stät ten staat, etwa in Form ei ner Branch Pro fi ts Tax, vor sieht. Wenn gleich diese<br />

Pro ble ma tik an ge sichts der der zei ti gen Aus ge stal tung der mit glied staat li chen Steuer systeme<br />

und der Dop pel be steue rungs ab kom men zwi schen den Mit glied staa ten 99 eher theo-<br />

90 Scho ne wille, Inter tax 1992, 13 (15); Thöm mes, Inter tax 1992, 65 (65); Va nis ten dael, 5 Tax No tes<br />

Int’l 599 (603) (Sept. 21, 1992); Tum pel in Gass ner/Lech ner (Hrsg), Ös ter rei chi sches Steuer recht<br />

und eu ro päi sche In te gra tion (1992) 163 (170); Tum pel, Har mo ni sie rung der di rek ten Unter nehmens<br />

be steue rung in der EU (1994) 264; García Prats, ET 1995, 179 (185 ff). In diese Rich tung<br />

könnte auch der Kom mis sions vor schlag deu ten, der hier von ei ner Klar stel lung spricht; siehe die<br />

Er läu te run gen zu Art 1 Abs 1 so wie Pkt 8 der Prä am bel des Vor schla ges für eine Richt li nie des<br />

Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut terund<br />

Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462 endg; die Aus füh rungen<br />

des Wirt schafts- und So zial aus schus ses sind in so fern we nig er gie big, wird doch ein mal von<br />

„klar stel len“, ein an de res Mal von „Aus deh nung“ ge spro chen; siehe Pkt 3.1.1. und Pkt 3.1.3.<br />

der Stel lung nahme des Eu ro päi schen Wirt schafts- und So zial aus schus ses, ABl C 32/118 ff (5. 2.<br />

2004).<br />

91 Far mer/Lyal, EC Tax Law (1994) 266; Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (166).<br />

92 Ebenso deut lich Martín Ji mé nez/Gar cía Prats/Cal de rón Car rero, BIFD 2001, 241 (253); Maisto,<br />

EC Tax Rev. 2004, 164 (165 und 166 f); siehe auch aus führ lich G. Kofl er, Dop pel be steue rungsab<br />

kom men und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007) 451 ff.<br />

93 EuGH 28. 1. 1986, 270/83, Slg 1986, 273, Kom mis sion/Frank reich („Avoir fi scal“).<br />

94 EuGH 21. 9. 1999, C-307/97, Slg 1999, I-6161, Saint-Go bain.<br />

95 So be reits in die sem Kon text Tum pel, Har mo ni sie rung der di rek ten Unter neh mens be steue rung<br />

in der EU (1994) 264, und Far mer/Lyal, EC Tax Law (1994) 266 f; siehe auch Thöm mes, Intertax<br />

1992, 65 (65 f).<br />

96 Dazu zB EuGH 28. 1. 1986, 270/83, Slg 1986, 273, Kom mis sion/Frank reich („Avoir fi scal“)<br />

– Tz 19 f; siehe auch EuGH 29. 4. 1999, C-311/97, Slg 1999, I-2651, Royal Bank of Scot land –<br />

Tz 29 ff; EuGH 21. 9. 1999, C-307/97, Slg 1999, I-6161, Saint-Go bain – Tz 48 f.<br />

97 Siehe nur Martín Ji mé nez/Gar cía Prats/Cal de rón Car rero, BIFD 2001, 241 (243 f).<br />

98 Obwohl der OECD-MK die Aus deh nung ei nes na tio na len An rech nungs me cha nis mus für auslän<br />

di sche Kör per schaft steuer (Art 24 Tz 42 f OECD-MK) bzw die Ge wäh rung ei nes na tio na len<br />

Schach tel pri vi legs (Art 24 Tz 29 ff OECD-MK) ten den ziell be für wor tend dis ku tiert, wird diese<br />

Be ur tei lung letzt lich den Mit glied staa ten über las sen. Ös ter reich folgt hier aber der im OECD-<br />

MK an ge dach ten pro gres si ven Sicht wei se; siehe etwa EAS 2404 = SWI 2004, 244.<br />

99 Ein Ver bot der ar ti ger „Re pa tri ie rungs steuern“ er gibt sich nicht nur aus Art 10 Abs 5 OECD-MA<br />

(dazu Tisch bi rek in Vo gel/Leh ner, DBA4 [2003] Art. 10 Tz 243 ff, insb Tz 244 und Tz 270), sondern<br />

auch aus dem Be triebs stät ten dis kri mi nie rungs ver bot des Art 24 Abs 3 OECD-MA (dazu<br />

Rust in Vo gel/Leh ner, DBA4 [2003] Art. 24 Tz 107).<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 67


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

re tisch an mu tet und eine sol che Re pa tri ie rungs steuer auf aus Di vi den den be ste hende Gewinn<br />

be stand teile teleo lo gisch so wohl dem Quel len steuer ver bot des Art 5 zu wi der liefe100 als auch per se dem pri mä ren Ge mein schafts recht wi der sprä che, 101 wäre eine Klar stel lung<br />

in der Richt li nie den noch – wenn auch nur aus sys te ma ti schen Grün den – wün schens wert<br />

ge we sen.<br />

Die nor male Kör per schaft be steue rung im Staat der Toch ter ge sell schaft in Ver bin dung<br />

mit der Ent las tung im Be triebs stät ten staat ge bie tet es al ler dings, noch mals ei nen Blick<br />

auf den Staat der Mut ter ge sell schaft zu wer fen, der – wie be reits dar ge legt – eben falls<br />

Art 4 an zu wen den hat; denn an ders als in der Zin sen-Li zenz ge büh ren-RL, bei der ein Ausschließ<br />

lich keits ver hält nis von Stamm haus und Be triebs stätte fi n giert wird, 102 „fl ie ßen“ in<br />

der Mut ter-Toch ter-RL die Aus schüt tun gen so wohl der Mut ter ge sell schaft als auch der<br />

Be triebs stätte „zu“. 103 Nach Art 4 hat da her nicht nur der Staat der Be triebs stät te, son dern<br />

auch der Staat der Mut ter ge sell schaft ent we der eine Be freiung vor zu se hen oder die von<br />

der Toch ter ge sell schaft und jeg li cher qua li fi zier ten En kel ge sell schaft ent rich tete Steuer<br />

im Rah men der mehr stu fi gen An rech nung nach Art 4 Abs 1 TS 2 bis zum An rech nungshöchst<br />

be trag104 an zu rech nen. 105 Wie die An wen dung des Art 4 im Staat der Mut ter ge sellschaft<br />

tech nisch zu er fol gen hat, ist al ler dings nicht un mit tel bar ge re gelt. Dem Sys tem<br />

der Richt li nie liegt hier of fen bar der Ge danke zu Grun de, dass den Aus schüt tun gen die ser<br />

Cha rak ter für Zwe cke der Ent las tung auch dann an haf tet, wenn sie aus der Sicht der <strong>Mutter</strong><br />

ge sell schaft in inter na tio nal-steuer recht li cher Sicht in Be triebs stät ten ge winne „transfor<br />

miert“ wur den. 106 Tech nisch lie gen in ei ner sol chen Drei-Län der-Si tua tion also eine –<br />

vom zwei ten Teil strich des Art 1 Abs 1 er fasste – „Aus schüt tung“ und zwei „Zu fl üsse“ vor;<br />

der Zu fl uss an die Be triebs stätte ist durch den drit ten Teil strich des Art 1 Abs 1 ab ge deckt,<br />

je ner an die Mut ter ge sell schaft durch den ers ten Teil strich des Art 1 Abs 1. 107<br />

Nur durch die An wen dung der Richt li nie so wohl im Be triebs stät ten staat als auch im<br />

Staat der Mut ter ge sell schaft lässt sich idea ler weise eine voll stän dige Ent las tung von der<br />

100 Siehe auch Thöm mes, Inter tax 1992, 65 (65), der aus der Richt li nie ein Ver bot ei ner sol chen Repa<br />

tri ie rungs be steue rung ab lei ten möchte.<br />

101 Ebenso Za notti, ET 2004, 535 (535); Thöm mes/Nak hai in Thöm mes/Fuks (Hrsg), EC Corporate<br />

Tax Law, Chapter 6 Art 5 Tz 163, und ebenso Ei cker in Burg ers/Cot tani (Hrsg), Permanent Esta<br />

blish ments, Chapter 1.2. und 5.2. Der Ver stoß gegen die Nie der las sungs frei heit er gibt sich hier<br />

dar aus, dass im Falle ei ner grenz über schrei ten den Aus schüt tung an eine 100%ige EU-Mut ter gesell<br />

schaft we gen Art 5 der Mut ter-Toch ter-RL keine Quel len steuer er ho ben wer den dürfte und<br />

die Be triebs stätte auch unter die sem Ge sichts punkt gleich ei ner Ge sell schaft zu be han deln ist; so<br />

deut lich EuGH 23. 2. 2006, C-253/03, Slg 2006, I-1831, CLT-UFA – Tz 33, be tref fend eine im<br />

Streit jahr von Deutsch land auf grund ei ner Aus nah me vor schrift in Art 5 der Mut ter-Toch ter-RL<br />

noch er ho bene Quel len steuer.<br />

102 Nach Art 1 Abs 6 der Zin sen-Li zenz ge büh ren-Richt li nie (Richt li nie 2003/49/EG des Ra tes vom<br />

3. Juni 2003 über eine ge mein same Steuer re ge lung für Zah lun gen von Zin sen und Li zenz ge bühren<br />

zwi schen ver bun de nen Unter neh men ver schie de ner Mit glied staa ten, ABl L 157/49 ff [26. 6.<br />

2003], idF ABl L 363/129 ff [20. 12. 2006]) wird, so fern eine Be triebs stätte ei nes Unter nehmens<br />

ei nes Mit glied staats Zah ler oder Nut zungs be rech tig ter von Zin sen oder Li zenz ge büh ren<br />

ist, „kein an de rer Teil des Unter neh mens als Zah ler oder Nut zungs be rech tig ter die ser Zin sen<br />

oder Li zenz ge büh ren [. . .] be han delt“.<br />

103 Die sen Ter mi nus ver wen den so wohl der erste wie auch der dritte Teil strich des Art 1 Abs 1 der<br />

Mut ter-Toch ter-RL.<br />

104 Zur An wen dung des An rech nungs höchst be tra ges in der Mut ter-Toch ter-RL – auch im Lichte der<br />

Grund frei hei ten – siehe G. Kofl er, Dop pel be steue rungs ab kom men und Eu ro päi sches Ge meinschafts<br />

recht (2007) 619 ff.<br />

105 Siehe zu die ser mehr stu fi gen An rech nung etwa Thöm mes/Nak hai in Thöm mes/Fuks (Hrsg), EC<br />

Corporate Tax Law, Chapter 6 Art 4 Tz 124 ff.<br />

106 Ebenso García Prats, ET 1995, 179 (182).<br />

107 Siehe auch Za notti, ET 2004, 493 (504 m FN 105).<br />

68 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

wirt schaft li chen Dop pel be steue rung er rei chen. 108 Al ler dings kann selbst diese zwei stu fi ge<br />

Ent las tung – im Be triebs stät ten staat und im Staat der Mut ter ge sell schaft – un zu rei chend<br />

sein, gibt doch die Mut ter-Toch ter-RL nicht vor, wie sich der Staat der Mut ter ge sell schaft<br />

im Ver hält nis zum Be triebs stät ten staat zu ver hal ten hat. 109 Das Feh len ei ner Re ge lung dieses<br />

Ver hält nis ses er scheint ins be son dere dann pro blem be haf tet, wenn der Staat der <strong>Mutter</strong><br />

ge sell schaft zwar grund sätz lich die An rech nungs me thode nach Art 4 Abs 1 TS 2 für die<br />

aus ge schüt te ten Ge winne der Toch ter ge sell schaft vor sieht, im Ver hält nis zum Be triebsstät<br />

ten staat je doch keine Ent las tung von der ju ris ti schen Dop pel be steue rung der – aus<br />

Di vi den den be ste hen den – Be triebs stät ten ge winne ge währt. 110 Hier würde nur eine Ausdeh<br />

nung der An rech nung im Staat der Mut ter ge sell schaft auch auf die Steuer im Be triebsstät<br />

ten staat eine Ent las tung von der Dop pel be las tung si cher stel len. 111 Ty pi scher weise wird<br />

je doch der Staat der Mut ter ge sell schaft die Be triebs stät ten ge winne – und die darin enthal<br />

te nen Di vi den den – oh ne hin nach na tio na lem Recht oder Ab kom mens recht be freien<br />

oder die vom Be triebs stät ten staat er ho bene Steuer an rech nen und sol cher art die Dop pelbe<br />

steue rung der Be triebs stät ten ge winne ver mei den. 112 Dies könnte auch der Grund dafür<br />

sein, dass we der der Kom mis sions vor schlag noch die De bat ten im Rat sich die ser<br />

Pro blem stel lung ex pli zit an ge nom men ha ben, ob wohl sie durch aus ana log zum Pro blem<br />

des nun mehr im zwei ten Teil strich des Art 4 Abs 1 aus drück lich ge re gel ten Pro blem der<br />

An rech nung im mehr stu fi gen Kon zern liegt. 113<br />

108 Thöm mes, Inter tax 1992, 65 (65); García Prats, ET 1995, 179 (183); wei ters Scho ne wille, Intertax<br />

1992, 13 (15).<br />

109 Art 4 spricht le dig lich von der An rech nung des Steuer teil be tra ges, „den die Toch ter ge sell schaft<br />

und jeg li che En kel ge sell schaft für die sen Ge winn ent rich tet“, er wähnt je doch nicht die Ent lastung<br />

von ei ner all fäl li gen Steuer des Be triebs stät ten staa tes.<br />

110 In ei ner sol chen Si tua tion be schränkt Art 4 Abs 1 TS 2 die An rech nung ex pli zit auf die von<br />

der Toch ter ge sell schaft und qua li fi zier ten En kel ge sell schaf ten ent rich tete Steuer, for dert je doch<br />

keine Ent las tung von der Steuer des Be triebs stät ten staa tes auf die Di vi den den, wo durch es selbst<br />

bei voll stän di ger An wen dung der Richt li nie zu ei ner Mehr fach be steue rung der aus ge schüt te ten<br />

Ge winne kom men kann, so fern die Steuer be las tung im Staat der Toch ter ge sell schaft nied ri ger<br />

ist als jene im Be triebs stät ten staat. Fol gen des Bei spiel soll dies ver deut li chen: Die Toch ter gesell<br />

schaft unter liegt mit ihrem Ein kom men iHv € 10.000 der 20%i gen Kör per schaft be steue rung<br />

und „schüt tet“ – nach Art 5 quel len steuer frei – die ver blei ben den € 8.000 an die Be triebs stätte<br />

aus. Der Be triebs stät ten staat (Steuer satz von 30%) wen det die An rech nungs me thode nach Art 4<br />

Abs 1 TS 2 an; das Di vi den den ein kom men nach dem gross up be trägt € 10.000, die Steuer belas<br />

tung im Be triebs stät ten staat da her € 1.000 (30% von € 10.000 ab züg lich der Steuer gut schrift<br />

von € 2.000). Wenn der Staat der Mut ter ge sell schaft (Steuer satz von 40%) nun im Ver hält nis<br />

zum Be triebs stät ten staat we der eine An rech nung noch eine Be freiung vor sieht, son dern beispiels<br />

weise ei nen Ab zug der aus län di schen Steuer von der Be mes sungs grund la ge, kommt es<br />

na tur ge mäß zu ei ner un ent las te ten Dop pel be steue rung: Die aus Di vi den den be ste hen den Betriebs<br />

stät ten ge winne von € 7.000 wür den für Zwe cke der An rech nung der Kör per schaft steuer<br />

der Toch ter ge sell schaft auf € 9.000 hoch ge rech net und mit ei ner 40%i gen Steuer be las tet (ie,<br />

€ 3.600), auf die dann eine An rech nung von € 2.000 er folgt; die re si duale Be las tung im Staat<br />

der Mut ter ge sell schaft be trägt so mit € 1.600. Ins ge samt wä ren da mit die Unter neh mens ge winne<br />

ei ner Be steue rung von € 4.600 aus ge setzt – € 2.000 im Staat der Toch ter ge sell schaft, € 1.000 im<br />

Be triebs stät ten staat und € 1.600 im Staat der Mut ter ge sell schaft.<br />

111 Für eine dem ent spre chende Aus le gung des Art 4 spricht sich auch Za notti, ET 2004, 535 (536),<br />

aus.<br />

112 Die wirt schaft li che Dop pel be las tung würde dann jeden falls in so weit unter bun den, als die aus geschüt<br />

te ten Ge winne dann ins ge samt ma xi mal der höchs ten der in den drei Staa ten vor herr schenden<br />

Be steue rung unter lie gen. Siehe auch die Be rech nun gen bei García Prats, ET 1995, 179<br />

(186), der aber of fen bar eine An rech nung auch der Steuer des Be triebs stät ten staa tes im Staat der<br />

Mut ter ge sell schaft unter stellt.<br />

113 Siehe dazu etwa Thöm mes/Nak hai in Thöm mes/Fuks (Hrsg), EC Corporate Tax Law, Chapter 6<br />

Art 4 Tz 124 ff.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 69


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

1.2. „Zwi schen ge schal tete“ Be triebs stätte in ei nem Dritt staat<br />

Eine Va ria tion des Drei-Län der-The mas und der dro hen den wirt schaft li chen und ju risti<br />

schen Mehr fach be steue rung ist die in ei nem Dritt staat be le gene Be triebs stätte (Abbildung<br />

2). Zu mal der Be triebs stät ten staat nicht an das Ge mein schafts recht ge bun den ist und<br />

da her al len falls uni la te ral oder auf Ba sis ei nes ab kom mens recht li chen Dis kri mi nie rungsver<br />

bo tes eine Ent las tung ge wäh ren wird, 114 liegt der ge mein schafts recht li che Fo kus auf<br />

der Frage der Quel len steuer frei heit und der Ent las tungs ver pfl ich tung auf Ebene der <strong>Mutter</strong><br />

ge sell schaft. Weite Teile des Schrift tums115 fo kus sie ren hier hin sicht lich der An wendbar<br />

keit von Art 4 und 5 den Um stand, dass die ersten bei den Teil stri che des Art 1 Abs 1<br />

iVm der De fi ni tion des Art 2 nur for dern, dass die Mut ter- und die Toch ter ge sell schaft in<br />

ver schie de nen Mit glied staa ten an säs sig sind; da her komme dem Um stand der „Zwi schenschal<br />

tung“ ei ner Dritt staats be triebs stätte ebenso we nig Be deu tung zu, wie je ner ei ner EU-<br />

Be triebs stät te. Auch die Kom mis sion116 und der Wirt schafts- und So zial aus schuss117 vertre<br />

ten die ses Er geb nis.<br />

Abbildung 2<br />

Den noch ist diese Fol ge rung nicht un um strit ten und wurde im Zuge der Arbei ten an der<br />

Än de rungsRL – wenn auch ohne ver öf fent lichte Be grün dung – in Zwei fel ge zo gen. 118 Auch<br />

Teile des Schrift tums spre chen sich gegen die Er fas sung die ser Kon stel la tion durch die<br />

114 Obwohl der OECD-MK die Aus deh nung ei nes na tio na len An rech nungs me cha nis mus für auslän<br />

di sche Kör per schaft steuer (Art 24 Tz 42 f OECD-MK) bzw die Ge wäh rung ei nes na tio na len<br />

Schach tel pri vi legs (Art 24 Tz 29 ff OECD-MK) ten den ziell be für wor tend dis ku tiert, wird diese<br />

Be ur tei lung letzt lich den Mit glied staa ten über las sen.<br />

115 So zB García Prats, ET 1995, 179 (180); Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (168 f); Za notti, ET<br />

2004, 493 (502 f) und ET 2004, 535 (536, 541 f und 543 f); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488<br />

(492 ff); ten den ziell wohl ebenso Bro ke lind, ET 2003, 451 (452).<br />

116 Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9.<br />

2003), 15 f, sow ie de ut lich Note from the Presidency to The Com mit tee of Permanent Rep re senta<br />

tives, 14237/03 (31. 10. 2003), 2.<br />

117 Siehe Pkt 3.1.5. der Stel lung nahme des Eu ro päi schen Wirt schafts- und So zial aus schus ses, ABl<br />

C 32/118 ff (5. 2. 2004).<br />

118 Siehe be reits ob en II.2.3. sow ie zB Note of the Presidency to The Com mit tee of Permanent<br />

Rep re sen ta tives, 14411/03 (6. 11. 2003); wei ters Note from the Presidency to The Com mit tee of<br />

Permanent Rep re sen ta tives, 14237/03 (31. 10. 2003), 2: „At this stage the D del e ga tion can not<br />

ac cept re nounc ing to the right of ap pl ying a with hold ing tax to profi ts that a sub sid iary dis trib-<br />

70 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

Mut ter-Toch ter-RL aus. 119 Diese Zwei fel kön nen sich uE aber nicht auf eine ver meint li che<br />

Ex tra ter ri to riali tät die ser Kon stel la tion stüt zen, zu mal es bei der An wen dung von Art 4 und<br />

5 um eine An wen dung der Richt li nie auf eine grenz über schrei tende Aus schüt tung im Gemein<br />

schafts ge biet geht. 120 Es ist zwar rich tig, dass die Be triebs stät ten de fi ni tion des Art 2<br />

Abs 2 nur „eine feste Ge schäfts ein rich tung in ei nem Mit glied staat“ er fasst, doch hat diese<br />

De fi ni tion nur im Zu sam men hang mit der Ent las tungs ver pfl ich tung des Be triebs stät ten staates<br />

nach dem drit ten Teil strich des Art 1 Abs 1 iVm Art 4 und der Quel len steuer be freiung<br />

nach dem vier ten Teil strich des Art 1 Abs 1 iVm Art 5 für den Fall der An säs sig keit von <strong>Mutter</strong>-<br />

und Toch ter ge sell schaf ten im sel ben Mit glied staat Be deu tung. 121 Dem gegen über ist für<br />

die grund sätz li che Quel len steuer frei heit nach dem zwei ten Teil strich des Art 1 Abs 1 für<br />

„Ge winn aus schüt tun gen von Toch ter ge sell schaf ten die ses Staa tes an Ge sell schaf ten an derer<br />

Mit glied staa ten“ die Exis tenz ei ner „zwi schen ge schal te ten“ Be triebs stätte schlechthin<br />

ir re le vant, was für die Stamm fas sung der Richt li nie auch na hezu un be strit ten war. 122<br />

Denk bar wäre es al len falls, den durch die Än de rungs richt li nie ein ge füg ten vier ten Teilstrich<br />

des Art 1 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz als ein schrän kende Re ge lung<br />

auf zu fas sen, die die Exis tenz ei ner Be triebs stätte für ge ne rell re le vant er klärt und die<br />

Quel len steuer frei heit in Be triebs stät ten si tua tio nen auf den dort ge nann ten Fall der An sässig<br />

keit von Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten im sel ben Mit glied staat ein schränkt. Eine<br />

sol che Aus le gung ist frei lich kon tra in di ziert. Gegen sie spricht nicht nur die Ei nig keit im<br />

Hin blick auf die Quel len steuer frei heit im Fall der Zwi schen schal tung ei ner EU-Be triebsstät<br />

te, son dern auch die er klärte Ziel set zung die ses Teil stri ches, den An wen dungs be reich<br />

der Richt li nie zu er wei tern und nicht ein zu schrän ken. 123 Eine sol che Ein schrän kung kann<br />

dem Ge mein schafts ge setz ge ber auch nicht unter stellt wer den, ist doch die Ziel set zung<br />

der Mut ter-Toch ter-RL schlech ter dings die Ver mei dung der ju ris ti schen und wirt schaftli<br />

chen Dop pel be steue rung grenz über schrei ten der Aus schüt tun gen zwi schen Mut ter- und<br />

Toch ter ge sell schaft in der Ge mein schaft; 124 diese Ziel set zung würde al ler dings ge ra dezu<br />

ins Gegen teil ver kehrt, wenn die Richt li nie – un ge ach tet all fäl li ger bi- oder uni la te ra ler<br />

Ent las tungs me cha nis men – eine er neute Be steue rung der be reits auf Ebene der Toch ter gesell<br />

schaft be steuer ten Unter neh mens ge winne in Form der be schränk ten Steuer pfl icht der<br />

Mut ter ge sell schaft im Staat der Toch ter ge sell schaft und eine un ent las tete Er fas sung bei<br />

der Mut ter ge sell schaft in de ren An säs sig keits staat ge stat ten würde, 125 selbst wenn dies den<br />

utes to its par ent through a per ma nent es tab lish ment that is not sit u ated in a Member State“.<br />

Die deut sche Um set zung schließt sol che Dritt staa ten si tua tio nen nun mehr auch aus drück lich von<br />

der Quel len steuer frei heit aus; siehe § 43b Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2a dEStG idF EUR LUmsG und<br />

dazu zB Wied in Blü mich, EStG 95 (2007) § 43b Rz 31 f.<br />

119 So zB Tum pel, Har mo ni sie rung der di rek ten Unter neh mens be steue rung in der EU (1994) 263 f;<br />

Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f); Bul lin ger, IStR 2004, 406 (408); Ei cker in Burg ers/Cot tani<br />

(Hrsg), Permanent Es ta blish ments, Chapter 5.2.; Thöm mes/Nak hai in Thöm mes/Fuks (Hrsg),<br />

EC Corporate Tax Law, Chapter 6 Art 1 Tz 36.<br />

120 García Prats, ET 1995, 179 (180); Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (168).<br />

121 Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (493); siehe auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (168 f).<br />

122 Siehe für den Fall ei ner „zwi schen ge schal te ten“ EU-Be triebs stätte noch mals oben III.1.1. mwN.<br />

123 So deut lich auch Pkt 8 der Prä am bel der Richt li nie 2003/123/EG des Ra tes vom 22. De zem ber<br />

2003 zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter-<br />

und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, ABl L 7/41 ff (13. 1. 2004).<br />

124 Hinzuweisen ist frei lich dar auf, dass es bei ei ner sol chen Drei-Län der-Si tua tion mit Dritt staatsbe<br />

triebs stätte zu ei ner un ent las te ten Dop pel be steue rung der Unter neh mens ge winne durch die<br />

Be steue rung im – nicht durch das Ge mein schafts recht ge bun de nen – Be triebs stät ten staat kommen<br />

kann, so fern nicht der Staat der Mut ter ge sell schaft im na tio na len Recht oder im Ab kommens<br />

recht eine Ent las tung vor sieht. Für ei nen Ver such, die ses Re ge lungs va kuum der Richt li nie<br />

durch die Ka pi tal ver kehrs frei heit „auf zu fül len“, siehe Za notti, ET 2004, 535 (536 ff und 544).<br />

125 Ebenso Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (168 f).<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 71


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Preis mit sich bräch te, dass die Quel len steuer be freiung – je nach Ab kom mens rechts lage<br />

– letzt lich den Be triebs stät ten staat be güns ti gen würde. 126 Be stä tigt wird diese Aus le gung<br />

teleo lo gisch auch durch Art 1 Abs 8 der Zin sen-Li zenz ge büh ren-RL, der Zah lun gen an<br />

Dritt staats be triebs stät ten aus ihrem An wen dungs be reich aus nimmt; dies ist bei Zinsen und<br />

Lizenzgebühren schon des halb ver ständ lich, weil ein Ver zicht auf eine Quel len be steuerung<br />

in die sem Fall dazu füh ren wür de, dass die Zah lun gen re gel mä ßig nicht nur in der Gemein<br />

schaft ab zugs fä hig wä ren, son dern – zB bei ab kom mens recht li cher Be freiung der Betriebs<br />

stät ten ge winne – auch nicht beim Emp fän ger in der Ge mein schaft be steuert wür den.<br />

Eine sol che Ge fahr be steht frei lich bei Aus schüt tun gen nicht, wur den doch die zu grunde<br />

lie gen den Unter neh mens ge winne be reits auf Ebene der Toch ter ge sell schaft be steuert. 127<br />

1.3. Be hand lung im ös ter rei chi schen Steuer recht<br />

Der nun mehr durch die Er gän zung des drit ten Teil stri ches des Art 1 Abs 1 ge for der ten<br />

Gleich stel lung von in der Ge mein schaft ge le ge nen Be triebs stät ten mit EU-Mut ter ge sellschaf<br />

ten im Be triebs stät ten staat ist Ös ter reich be reits 1994 durch das EU-An pas sungsG128 zu vor ge kom men. Denn ob wohl nach § 21 Abs 1 Z 1 KStG die Be tei li gungs er trags befreiung<br />

des § 10 KStG für beschränkt steuerpfl ichtige Körperschaften grundsätzlich nicht<br />

anzuwenden ist, wurde den Anregungen des Schrifttums129 folgend durch § 21 Abs 1 Z 2a<br />

KStG die Anwendung des nationalen und internationalen Schachtelprivilegs des § 10<br />

KStG „sinngemäß“ auf Situationen ausgedehnt, in denen die Beteiligung einer österreichischen<br />

Betriebsstätte einer EU-Ge sell schaft zuzurechnen ist. 130 Die Begründungen für die<br />

damals vorgenommene Einbeziehung von Betriebsstätten variieren allerdings: Während<br />

hierfür überwiegend die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit in Avoir<br />

Fi scal genannt wurde, 131 be grün de ten die Ma te ria lien dies hin gegen mit den Vor ga ben der<br />

Mut ter-Toch ter-RL, 132 de ren An wen dung auf Be triebs stät ten nach da ma li gem Stand al lerdings<br />

höchst um strit ten war. 133<br />

Nicht ex pli zit an ge spro chen sind im ös ter rei chi schen Steuer recht je doch der ar tige Drei-<br />

Län der-Si tua tio nen aus dem Blick win kel der Mut ter- oder Toch ter ge sell schaft. § 94a EStG<br />

sieht eine Ka pi tal ertrag steuer be freiung für Aus schüt tun gen dann vor, wenn an der ös terrei<br />

chi schen Toch ter ge sell schaft eine EU-Mut ter ge sell schaft „nach weis lich in Form von<br />

Ge sell schafts an tei len un mit tel bar zu min des tens ei nem Zehn tel be tei ligt ist“. Ge ne rel ler<br />

Kon sens ist hier, dass auch eine Be tei li gung, die über eine in ei nem an de ren Mit glied staat<br />

ge le gene Be triebs stätte ei ner EU-Mut ter ge sell schaft ge hal ten wird, als „un mit tel bare“ Be-<br />

126 Die sen As pekt be tont Tum pel, Har mo ni sie rung der di rek ten Unter neh mens be steue rung in der<br />

EU (1994) 264; siehe auch Sass, 18 Tax Plan ning Int’l Rev. 3 (7) (May 1991).<br />

127 Siehe dazu auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (170); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (493 f<br />

m FN 38).<br />

128 BGBl 681/1994.<br />

129 Tum pel, Har mo ni sie rung der di rek ten Unter neh mens be steue rung in der EU (1994) 392 f.<br />

130 Siehe dazu und zu Zu rech nungs fra gen Rz 1462 KStR 2001; wei ters zB Quant schnigg, ÖStZ<br />

1994, 249 (250); Zöch ling/Kirch mayr, ÖStZ 1994, 366 (370); Tum pel, IStR 1995, 113 (114);<br />

Deutsch, ÖStZ 1995, 458 (461); Wid halm in Gass ner/Lang/Lech ner (Hrsg), Ös ter reich – Der<br />

steuer recht li che EU-Nach bar (1996) 89 (105). Dies bedeutet freilich, dass von § 21 Abs 1 Z 2a<br />

richtlinienkonform alle von der <strong>Mutter</strong>-<strong>Tochter</strong>-RL erfassten Gesellschaften angesprochen<br />

sind, und nicht bloß jene, die einer österreichischen Gesellschaft vergleichbar sind; aA Bauer/<br />

Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 10 Tz 42.3.<br />

131 So Rz 1462 KStR 2001; Bau er/Quant schnigg/Schell mann/We rilly, KStG (1998) § 21 Tz 16;<br />

siehe auch Zöch ling/Kirch mayr, ÖStZ 1994, 366 (370).<br />

132 ErlRV 1701 BlgNR XVIII. GP, 7.<br />

133 Dazu oben III.1.1.<br />

72 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

tei li gung an zu se hen ist und da her die Quel len steuer be freiung des § 94a EStG auch auf<br />

die ge mein schafts in terne Drei-Län der-Si tua tion An wen dung fi n det. 134 Denn ei ner seits ist<br />

eine sol che Be tei li gung in den Bü chern des Stamm hau ses aus zu wei sen und die sem da mit<br />

di rekt zu zu rech nen, 135 an de rer seits ge hen auch an dere Be stim mun gen des ös ter rei chi schen<br />

Steuer rechts deut lich von die ser Sicht weise aus. 136 In so fern ent spricht § 94a EStG auch<br />

den Vor ga ben der Mut ter-Toch ter-RL. 137 Vice versa fi n det für den Fall, dass eine ös terrei<br />

chi sche Mut ter ge sell schaft Aus schüt tun gen über eine EU-Be triebs stätte be zieht, § 10<br />

Abs 2 KStG An wen dung. 138 So fern frei lich die Be triebs stät ten ge winne oh ne hin ab kommens<br />

recht lich be freit sind, wird es des Schach tel pri vi legs ty pi scher weise nicht be dür fen.<br />

Frag lich ist al ler dings, ob § 94a EStG bzw § 10 Abs 2 KStG auch dann An wen dung fi nden<br />

kön nen, wenn die Be triebs stätte in ei nem Dritt staat be le gen ist. Geht man da von aus,<br />

dass die Be tei li gung über eine Be triebs stätte oh ne hin eine „un mit tel bare“ ist, dürfte an<br />

der An wen dung der Ent las tungs be stim mun gen wohl kein Zwei fel be ste hen. Denn an ders<br />

als der deut sche Ge setz ge ber 139 hat der ös ter rei chi sche Ge setz ge ber kei ner lei Ein schränkung<br />

für die Quel len steuer frei heit in § 94a EStG vor ge se hen und in § 10 Abs 2 dar über<br />

hin aus so gar das Un mit tel bar keits er for der nis auf ge ge ben und da mit so gar Be tei li gun gen<br />

über Per so nen ge sell schaf ten in sei nen An wen dungs be reich ein be zo gen. 140 Auch eine Ausle<br />

gung der Mut ter-Toch ter-RL spricht für das Er for der nis ei ner Quel len steuer frei heit in<br />

Drei-Län der-Si tua tio nen mit Dritt staats be triebs stätte. 141 Es ent spricht da her uE den Vor gaben<br />

der Mut ter-Toch ter-RL, wenn die An wend bar keit des § 94a EStG auf sol che Si tua tionen<br />

so wohl vom BMF 142 als auch im Schrift tum 143 be jaht wird.<br />

134 Siehe insb Pkt 1 des Pro to kol les Au ßen steuer recht und Inter na tio na les Steuer recht 2006, BMF-<br />

010221/0626-IV/4/2006 (1. 12. 2006); ebenso Kirch mayr in Do ralt, EStG8 (2004) § 94a Tz 17;<br />

Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f); all ge mein zum Kri te rium der Un mit tel bar keit Bla sina, SWI 2002,<br />

171 (171 f mwN). Siehe zur An wen dung des § 94a EStG bei Be tei li gun gen über Per so nen ge sellschaf<br />

ten vor al lem EAS 2530 = SWI 2005, 458, und nach fol gend auch noch EAS 2807 = SWI<br />

2007, 102, Rz 728 KStR 2001 so wie Pkt 1 des Pro to kol les Au ßen steuer recht und Inter na tio na les<br />

Steuer recht 2006, BMF-010221/0626-IV/4/2006 (1. 12. 2006); dazu aus führ lich auch Bend linger/G.<br />

Kofl er, ÖStZ 2005/791, 332 ff, und ÖStZ 2005/897, 412 f.<br />

135 Tum pel, Har mo ni sie rung der di rek ten Unter neh mens be steue rung in der EU (1994) 263; Hirschler,<br />

Rechts form pla nung im Kon zern (2000) 55; Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f).<br />

136 Siehe zB § 9 Abs 4 TS 1 KStG.<br />

137 Zu den mög li chen pri mär recht li chen Be den ken gegen Min dest be tei li gungs höhe und -dauer<br />

siehe zB W. Lou kota, SWI 2004, 504 (504 ff), und auf die An rech nung im An säs sig keits staat<br />

ab stel lend H. Lou kota, SWI 2006, 13 (13 ff); aus führ lich zur Frage der ge mein schafts recht li chen<br />

Kon se quen zen ei ner An rech nungs ver pfl ich tung siehe G. Kofl er, Dop pel be steue rungs ab kom men<br />

und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007) 564 ff.<br />

138 Dies wird auch da durch deut lich, dass diese Be stim mung so gar bei Zwi schen schal tung ei ner<br />

Mit unter neh mer schaft an wend bar wä re; siehe Rz 557 KStR 2001.<br />

139 95<br />

§ 43b Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2a dEStG id F EUR LUmsG; dazu zB Wied in Blü mich, EStG<br />

(2007) § 43b Rz 31 f.<br />

140 Dazu Rz 557 KStR 2001.<br />

141 Soeben oben III.1.2.<br />

142 Pkt 1 des Pro to kol les Au ßen steuer recht und Inter na tio na les Steuer recht 2006, BMF-<br />

143<br />

010221/0626-IV/4/2006 (1. 12. 2006): „Nach dem Wort laut des § 94a EStG 1988 wird eine<br />

un mit tel bare Be tei li gung der EU-Ge sell schaf ten an den ös ter rei chi schen Toch ter ge sell schaf ten<br />

ver langt. Diese Un mit tel bar keit ist [. . .] ge ge ben, wenn [die Be tei li gung] über eine zwi schenge<br />

schal tete Betriebstätte ge hal ten wird (in wel chem Staat sich diese Betriebstätte auch im mer<br />

be fi n den mag!)“. In kon se quent er scheint es je doch, bei Per so nen ge sell schafts be triebs stät ten<br />

dar auf ab zu stel len, dass die Be tei li gungs hal tung über eine im EU-Raum ge le gene Personengesellschaftsbetriebstätte<br />

er folgt; so aber EAS 2530 = SWI 2005, 458, und nach fol gend auch Pkt 1<br />

des Pro to kol les Au ßen steuer recht und Inter na tio na les Steuer recht 2006, BMF-010221/0626-<br />

IV/4/2006 (1. 12. 2006).<br />

8 Kirch mayr in Do ralt, EStG (2004) § 94a Tz 18; aA Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f m FN 10).<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 73


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

2. Die Sand wich si tua tion: Mut ter- und Toch ter ge sell schaft im<br />

sel ben Mit glied staat mit zwi schen ge schal te ter ex tra ter ri to ria ler<br />

Be triebs stätte<br />

2.1. Sand wich struk tu ren mit ei ner Be triebs stätte in ei nem Mit glied staat<br />

Bereits der Name der Mut ter-Toch ter-RL in di ziert, dass sie auf ein ge mein sa mes<br />

„Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten“<br />

ab zielt. Die ses grenz über schrei tende Ele ment der An säs sig keit der bei den Ge sell schaften<br />

in unter schied li chen Mit glied staa ten kommt auch in Art 3 zum Aus druck, wo die<br />

Mut ter ge sell schaft als eine Ge sell schaft de fi niert wird, die eine Be tei li gung am „Ka pital<br />

ei ner Ge sell schaft ei nes an de ren Mit glied staats hält“. Die Än de rungsRL hat die ses<br />

Sys tem al ler dings in so weit mo di fi ziert, als nun mehr das grenz über schrei tende Ele ment<br />

auch durch die Exis tenz ei ner Be triebs stätte in ei nem an de ren Mit glied staat her ge stellt<br />

wer den kann, selbst wenn Mut ter- und Toch ter ge sell schaft im sel ben Mit glied staat an sässig<br />

sind (Abbildung 3). 144 Sol cher art macht auch die Prä am bel deut lich, dass die Be handlung<br />

der Be triebs stätte als Qua si-Mut ter ge sell schaft auch für den Fall gel ten soll, „dass<br />

eine Mut ter ge sell schaft und ihre Toch ter ge sell schaft in dem sel ben Mit glied staat an säs sig<br />

sind, wäh rend sich die Betriebstätte in ei nem an de ren Mit glied staat be fi n det“. 145 Der ar tige<br />

„Sand wich struk tu ren“ bzw „Mäan der-Struk tu ren“ 146 fal len da mit in den An wen dungs bereich<br />

der Richt li nie.<br />

Abbildung 3<br />

Um die ses Er geb nis auf ei ner steuer tech ni schen Ebene zu er rei chen, be durfte es zunächst<br />

ei ner Neu de fi ni tion des Mut ter-Toch ter-Ver hält nis ses: Dem ent spre chend sieht<br />

Art 3 Abs 1 zwei ter Satz vor, dass als Mut ter ge sell schaft „eben falls“ eine Ge sell schaft<br />

ei nes Mit glied staa tes gilt, wenn die Be tei li gung an ei ner Toch ter ge sell schaft „des sel ben<br />

Mit glied staats“ „ganz oder teil weise von ei ner in ei nem an de ren Mit glied staat ge le genen<br />

Betriebstätte der erst ge nann ten Ge sell schaft ge hal ten wird“. Die Richt li nie fi n giert<br />

dem nach das grenz über schrei tende Ele ment der An säs sig keit der bei den Ge sell schaf ten<br />

in unter schied li chen Mit glied staa ten über die Belegenheit der Be triebs stätte in ei nem an-<br />

144 Siehe die Er läu te run gen zu Art 1 Abs 1 des Vor schla ges für eine Richt li nie des Ra tes zur Än derung<br />

der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch terge<br />

sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462 endg, so wie oben II.2.2. zu den<br />

Arbei ten im Rat. Aus dem Schrift tum etwa Za notti, ET 2004, 535 (543); Thöm mes/Nak hai in<br />

Thöm mes/Fuks (Hrsg), EC Corporate Tax Law, Chapter 6 Art 1 Tz 19.<br />

145 Pkt 8 der Prä am bel der Richt li nie 2003/123/EG des Ra tes vom 22. De zem ber 2003 zur Än derung<br />

der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch terge<br />

sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, ABl L 7/41 ff (13. 1. 2004).<br />

146 Siehe zu die sem Ter mi nus Jesse, IStR 2005, 151 (154).<br />

74 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

de ren Mit glied staat. 147 Die sem Grund ge dan ken fol gend er öff net auch der vierte Teil strich<br />

des Art 1 Abs 1 den An wen dungs be reich der Quel len steuer frei heit des Art 5 „auf Gewinn<br />

aus schüt tun gen von Ge sell schaf ten die ses Staa tes an in ei nem an de ren Mit glied staat<br />

ge le gene Betriebstätten von Ge sell schaf ten die ses Mit glied staa tes [Anm: des Staa tes der<br />

Toch ter ge sell schaft], de ren Toch ter ge sell schaf ten sie sind“. 148 Vice versa trifft den An sässig<br />

keits staat der Mut ter ge sell schaft die Ent las tungs ver pfl ich tung nach Art 4, zu mal der<br />

erste Teil strich des Art 1 Abs 1 „Ge winn aus schüt tun gen, die Ge sell schaf ten die ses Staa tes<br />

von Toch ter ge sell schaf ten ei nes an de ren Mit glied staats zu fl ie ßen“ er fasst und diese Si tuation<br />

durch Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz fi n giert wird. 149 Zur voll stän di gen Ent las tung von<br />

der wirt schaft li chen Dop pel be las tung be durfte es auch ei ner Ent las tungs ver pfl ich tung im<br />

Be triebs stät ten staat. Dies wird durch den drit ten Teil strich des Art 1 Abs 1 er reicht, der<br />

dem Be triebs stät ten staat die Ver pfl ich tung zur An wen dung der Richt li nie „auf Ge winnaus<br />

schüt tun gen, die in die sem Staat ge le ge nen Betriebstätten von Ge sell schaf ten an de rer<br />

Mit glied staa ten von ihren Toch ter ge sell schaf ten ei nes an de ren Mit glied staa tes“ zu fl ie ßen,<br />

auf er legt; ma te riell folgt die Ent las tungs ver pfl ich tung so dann aus Art 4. 150<br />

Im Schrift tum war be reits vor den Än de run gen ar gu men tiert wor den, dass diese Lö sung<br />

auch über die Grund frei hei ten des EG-Ver tra ges er reich bar ge we sen sei. 151 Wenn gleich<br />

dies im Lichte der Recht spre chung des EuGH in Avoir Fi scal und Saint-Go bain für die<br />

Ent las tungs ver pfl ich tung des Be triebs stät ten staa tes durch aus zu trifft, kann diese Fol gerung<br />

uE für den Quel len steuer ver zicht des Staa tes der Toch ter ge sell schaft nicht über zeugen.<br />

Dies würde näm lich vor aus set zen, dass der Staat der Toch ter ge sell schaft dem Umstand<br />

Rech nung tra gen muss, dass der Be triebs stät ten staat durch das Ge mein schafts recht<br />

ge zwun gen ist, Be triebs stät ten von EU-Ge sell schaf ten an säs si gen Toch ter ge sell schaf ten<br />

gleich zu stel len. 152 Wenn gleich eine sol che Sicht weise für Fra gen der ab kom mens recht lichen<br />

Quel len steuer re duk tion rechts po li tisch schon lange ge for dert wurde, 153 wird de lege<br />

lata zu Recht vor ge bracht, dass sich die Nie der las sungs frei heit in so fern nicht gegen den<br />

Quel len staat richte und die ser da her nicht ver pfl ich tet sei, auf seine Quel len be steue rung<br />

zu ver zich ten. 154 Es ist da her zu be grü ßen, dass die Richt li nie die Frage des Quel len steuerver<br />

bots nun mehr aus drück lich re gelt, wenn gleich aus den Arbei ten im Rat nicht deut lich<br />

her vor geht, ob sich die Mit glied staa ten we gen ei ner be fürch te ten Frik tion mit der Rechtspre<br />

chung des EuGH zu die ser Er wei te rung ent schlos sen ha ben. 155<br />

147 Siehe auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (170).<br />

148 Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (169); Bul lin ger, IStR 2004, 406 (408); Za notti, ET 2004, 493<br />

(503); Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (490); Thöm mes/Nak hai in Thöm mes/Fuks (Hrsg), EC<br />

Corporate Tax Law, Chapter 6 Art 1 Tz 33.<br />

149 Siehe auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (170); Bul lin ger, IStR 2004, 406 (408).<br />

150 Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (167); Bul lin ger, IStR 2004, 406 (408); siehe auch Er läu te rungen<br />

zu Art 1 Abs 1 des Vor schla ges für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie<br />

90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten verschie<br />

de ner Mit glied staa ten, KOM(2003)462 endg.<br />

151 Siehe insb Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (165 f und 169); in diese Rich tung wohl auch Bul linger,<br />

IStR 2004, 406 (408).<br />

152 Siehe zum Pro blem auch Cor de we ner, Eu ro päi sche Grund frei hei ten und na tio na les Steuer recht<br />

(2002) 689 ff; Lang, Wo hin geht das Inter na tio nale Steuer recht? IStR 2005, 289 (294).<br />

153 Rädler, Tax treaties and the in ter nal mar ket (Annex 6), in: Com mis sion of the Eu ro pean Com muni<br />

ties (Hrsg), Report of the Com mit tee of Independent Experts on Com pany Taxation – Rud ing<br />

Report (1992) 371 (373).<br />

154 Siehe dazu mwN zu den ver tre te nen An sich ten und Lö sungs vor schlä gen G. Kofl er, Dop pel besteue<br />

rungs ab kom men und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007) 451 ff, insb 474 ff mwN.<br />

155 Siehe dazu oben II.2.2. so wie insb den Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“<br />

(Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9. 2003), 14.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 75


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Abbildung 4<br />

Al ler dings sind auch „Sand wich si tua tio nen“ in ner halb der Ge mein schaft nicht frei von<br />

Inter pre ta tions fra gen. Aus Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz geht zu nächst klar her vor, dass<br />

die er for der li che Min dest be tei li gung durch eine Kom bi na tion der di rek ten Be tei li gung der<br />

Mut ter- an der Toch ter ge sell schaft und der Be tei li gung über eine Be triebs stätte er reicht<br />

wer den kann. 156, 157 Diese Aus le gung dürfte auch weit ge hend un strit tig sein. 158 An den<br />

Fall ei ner sol cher art auf ge teil ten Be tei li gung knüpft sich frei lich die Fra ge, wie je ner Teil<br />

der Di vi dende zu er fas sen ist, der di rekt von der Toch ter- an die Mut ter ge sell schaft fl ießt<br />

(Abbildung 4). 159 Dem Wort laut und der Ziel set zung der Richt li nie ent spricht es hier, die<br />

Quel len steuer frei heit nur auf die von der Be triebs stätte ge hal te nen An teile und die dar auf<br />

ent fal lende Aus schüt tung an zu wen den, für die di rekt ge hal tene Be tei li gung aber das na tionale<br />

Steuer recht zur An wen dung zu brin gen; 160 so fern die ses keine Quel len steuer frei heit,<br />

son dern zB eine Quel len be steue rung mit An rech nungs- oder Rück er stat tungs ver fah ren<br />

vor sieht, unter liegt der „in län di sche“ Teil der Di vi den den frei lich ei nem Li qui di täts nachteil,<br />

der durch aus als Fall der In län der dis kri mi nie rung an ge se hen wer den könnte. 161<br />

2.2. Sand wich struk tu ren mit ei ner Be triebs stätte in ei nem Dritt staat<br />

Der Hin ter grund für die Aus deh nung der Richt li nie auf ge mein schafts in terne „Sandwich<br />

struk tu ren“ liegt in der Er kennt nis der Mit glied staa ten, dass de ren Er fas sung aus<br />

Grün den der Nicht dis kri mi nie rung wün schens wert oder – vor dem Hin ter grund der Rechtspre<br />

chung des EuGH – so gar ge bo ten ist. 162 Schon teleo lo gisch be steht da her kein Be darf,<br />

auch Sand wich struk tu ren mit Dritt staats be triebs stät ten (Abbildung 5) zu er fas sen, liegt<br />

doch hier aus der Per spek tive der Richt li nie grund sätz lich ein rein in ter ner Sach ver halt<br />

156 Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz spricht deut lich von ei ner Be tei li gung, die „ganz oder teil weise von<br />

ei ner in ei nem an de ren Mit glied staat ge le ge nen Betriebstätte der erst ge nann ten Ge sell schaft<br />

ge hal ten wird“; wie hier auch Jesse, IStR 2005, 151 (154 und 157).<br />

157 Freilich wird hier die ge spal tene Zu ord nung auf grund des ge for der ten funk tio na len Zu sam menhan<br />

ges ei nem er höh ten Be grün dungs be darf unter lie gen; siehe zu die ser Pro ble ma tik im deutschen<br />

Steuer recht Jesse, IStR 2005, 151 (157).<br />

158 Auch die De le ga tio nen sind von die ser Sicht weise aus ge gan gen; siehe etwa die Bei spiele im<br />

Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9.<br />

2003), 11 ff, so wie den Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steuerung),<br />

13187/03 (2. 10. 2003), 11 f.<br />

159 Die Ab bil dung geht be reits von dem ab 1. 1. 2009 gel ten den Min dest be tei li gungs aus maß von<br />

10% aus.<br />

160 Zu die ser Lö sung in Deutsch land siehe Jesse, IStR 2005, 151 (157).<br />

161 So etwa Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (490 f).<br />

162 Siehe zu den Be ra tun gen der De le ga tio nen oben II.2.2.<br />

76 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

vor; 163 dem ent spre chend wurde diese Si tua tion auch durch die Än de rungsRL nicht in den<br />

An wen dungs be reich ein be zo gen, zu mal ei ner seits der vierte Teil strich des Art 1 Abs 1<br />

dar auf ab stellt, dass die Be triebs stätte in ei nem an de ren Mit glied staat be le gen ist, und<br />

an de rer seits Art 3 Abs 1 zwei ter Satz das grenz über schrei tende Ele ment nur für den Fall<br />

fi n giert, dass eine „in ei nem an de ren Mit glied staat ge le ge ne Betriebstätte“ in vol viert ist.<br />

Un strit tig ist da her die Sand wich struk tur mit ei ner Dritt staats be triebs stätte nicht vom Anwen<br />

dungs be reich der Richt li nie er fasst. 164 Eine Ent las tung von der Mehr fach be steue rung<br />

kann al len falls auf uni- oder bi la te ra ler Ebene er fol gen. 165<br />

Abbildung 5<br />

2.3. Be hand lung im ös ter rei chi schen Steuer recht<br />

Während das ös ter rei chi sche Steuer recht im Falle ei ner Belegenheit der Be triebs stätte<br />

in Ös ter reich we gen § 21 Abs 1 Z 2a KStG auch hier zu einer richt li nien kon for men Entlastung<br />

auf Ebene der Betriebsstätte führt, 166 fi ndet sich für diese Situation aus der Perspektive<br />

der österreichischen <strong>Tochter</strong>- und <strong>Mutter</strong>gesellschaft keine explizite Regelung.<br />

Dies würde uE prima vista zur Anwendung des § 94 Z 2 EStG auf Ebene der <strong>Tochter</strong>gesellschaft<br />

und des § 10 Abs 1 KStG auf Ebene der <strong>Mutter</strong>gesellschaft führen. Im Hinblick<br />

auf die <strong>Mutter</strong>gesellschaft steht dies durchaus in Einklang mit den Vorgaben der Mut ter-<br />

Toch ter-RL, führt doch die nationale Schach tel be freiung nach § 10 Abs 1 KStG jedenfalls<br />

auch in jenen Situationen zu einer Entlastung von laufenden Ausschüttungen, die auch<br />

von der – die <strong>Richtlinie</strong> umsetzenden – internationalen Schach tel be freiung des § 10 Abs 2<br />

KStG erfasst wären. 167<br />

163 Selbst wenn Dis kri mi nie rungs ver bote in an de ren Ab kom men an wend bar wä ren oder man die Kapi<br />

tal ver kehrs frei heit des Art 56 EG hier für an wend bar hielte (zum Ver hält nis zur Nie der las sungsfrei<br />

heit und der ent spre chen den Ein en gung ihres An wen dungs be rei ches siehe zB Cor de we ner/G.<br />

Kofl er/Schind ler, ET 2007, 107 ff), würde sich dar aus uE prin zi piell we der eine Ver pfl ich tung zur<br />

Quel len steuer be freiung noch zur Steuer ent las tung er ge ben (dies für die Drei-Län der-Si tua tion<br />

im Hin blick auf Art 56 EG aber zu min dest er wä gend Bro ke lind, ET 2003, 451 [452]); eine sol che<br />

könnte nur über ei nen um fas sen den ge mein schafts recht li chen Grund satz der Rechts form neu tralität<br />

be grün den wer den, der si cher aus dem der zei ti gen Stand der Recht spre chung aber nicht ein mal<br />

für ge mein schafts in terne Si tua tio nen ein wand frei ab lei ten lässt; dazu G. Kofl er, Dop pel be steuerungs<br />

ab kom men und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007) 451 ff mwN.<br />

164 Siehe zB Thömmes/Nak hai in Thömmes/Fuks (Hrsg), EC Corporate Tax Law, Chapter 6 Art 1<br />

Tz 37.<br />

165 Für ei nen Ver such, die Ka pi tal ver kehrs frei heit im Hin blick auf eine Ent las tung bei der Mut terge<br />

sell schaft zu ak ti vie ren, siehe Za notti, ET 2004, 535 (544 iVm 536 ff).<br />

166 Dazu be reits oben III.1.3., wo bei an zu mer ken ist, dass diese Be stim mung nicht dar auf ab stellt,<br />

in wel chem Mit glied staat die Toch ter ge sell schaft an säs sig ist und da her deut lich auch die „Sandwich<br />

si tua tion“ er fasst.<br />

167 Überdies er fasst § 10 Abs 1 KStG man gels Min dest be tei li gungs höhe und Min dest be tei li gungsdauer<br />

auch Si tua tio nen, in denen we der nach der Richt li nie noch nach § 10 Abs 2 KStG eine Ent-<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 77


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

Pro bleme be rei tet je doch die Per spek tive der Toch ter ge sell schaft. Eine Quel len steuerfrei<br />

heit nach § 94 Z 2 EStG setzt näm lich eine un mit tel bare Be tei li gung von zu min dest<br />

25% vor aus, wäh rend die Mut ter-Toch ter-RL schon bei ei ner ge rin ge ren Be tei li gung<br />

eine Quel len steuer frei heit for dert; 168 eine An wen dung des § 94 Z 2 EStG würde da her<br />

bei Be tei li gun gen unter 25% auf grund des so dann vor zu neh men den Ka pi tal ertrag steuerab<br />

zu ges mit nach fol gen der An rech nung oder Rück er stat tung zu Li qui di täts nach tei len<br />

füh ren und klar dem Quel len steuer ver bot der Richt li nie wi der spre chen. Es ist da her<br />

uE er for der lich, § 94a EStG zu Guns ten des Steuer pfl ich ti gen richt li nien kon form dahin<br />

ge hend zu inter pre tie ren, dass der Ter mi nus „aus län di sche Ge sell schaft“ in § 94a<br />

Abs 1 Z 3 EStG im Lichte des Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz der Richt li nie auch die<br />

in ei nem an de ren Mit glied staat be le gene Be triebs stätte in „Sand wich struk tu ren“ er fasst.<br />

Dem ent spre chend ist auch in sol chen Si tua tio nen Quel len steuer frei heit nach § 94a EStG<br />

zu ge wäh ren, so fern dies für den Steuer pfl ich ti gen zu ei ner güns ti ge ren Be hand lung als<br />

die An wen dung des § 94 Z 2 EStG führt. 169 Eine der ar tige richt li nien kon forme Interpre<br />

ta tion er streckt sich so dann frei lich nicht auf „Sand wich struk tu ren“ mit Dritt staats betriebs<br />

stät ten, zu mal sol che Si tua tio nen von vorn her ein nicht in den An wen dungs be reich<br />

der Richt li nie fal len. 170<br />

3. Die vor ge la gerte Be triebs stät te: Toch ter ge sell schaft und<br />

Be triebs stätte im sel ben Mit glied staat mit aus län di scher<br />

Mut ter ge sell schaft<br />

3.1. Die vor ge la gerte Be triebs stätte in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

Eine wei tere Kon stel la tion kann darin be ste hen, dass die Mut ter- und die Toch ter gesell<br />

schaft zwar in ver schie de nen Mit glied staa ten an säs sig sind, die di vi den den emp fangende<br />

Be triebs stätte aber im Staat der Toch ter ge sell schaft be le gen ist (Abbildung 6). 171<br />

Eine sol che Si tua tion würde tech nisch zwei fels frei in den An wen dungs be reich der Richtli<br />

nie fal len, er folgt doch eine Aus schüt tung von der Ge sell schaft ei nes Mit glied staa tes<br />

an eine qua li fi zierte Mut ter ge sell schaft iSd Art 2 und 3 in ei nem an de ren Mit glied staat;<br />

das Re gel werk der Mut ter-Toch ter-RL scheint hier also den An wen dungs be reich der ersten<br />

bei den Teil stri che des Art 1 Abs 1 iVm Art 4 und 5 zu er öff nen. Diese Sicht weise<br />

wurde auch von Tei len des Schrift tums 172 und von der Kom mis sion 173 ver tre ten. Be reits<br />

das äl tere Schrift tum hat aber auch dar auf auf merk sam ge macht, dass es in ei ner sol chen<br />

Si tua tion aus ei ner inter na tio nal-steuer recht li chen Per spek tive des Staa tes der Toch terge<br />

sell schaft am inter na tio na len Ka pi tal fl uss fehle, und die ser da her durch Art 5 we der<br />

las tung zu ge wäh ren wäre (zum mög li chen Ein fl uss der Grund frei hei ten siehe aber zB G. Kofler,<br />

Dop pel be steue rungs ab kom men und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht [2007] 832 ff mwN).<br />

Auch der Um stand, dass es bei ei ner An wen dung des § 10 Abs 1 KStG im Unter schied zu § 10<br />

Abs 2 und 3 KStG zu kei ner Steuer frei heit von Ver äu ße rungs ge win nen kommt, wi der spricht der<br />

Richt li nie nicht, er fasst doch Art 4 diese Ver äu ße rungs- und Li qui da tions ge winne von vorn herein<br />

nicht.<br />

168 15% ab 1. 1. 2007 und 10% ab 1. 1. 2009.<br />

169 So wohl auch Tis sot, GeS 2004, 244 (244 f).<br />

170 Dazu oben III.2.2.<br />

171 Jene Si tua tion, bei der die Be triebs stätte im Staat der Mut ter ge sell schaft be le gen ist, ist zwei felsfrei<br />

von der Richt li nie er fasst, zu mal steuer recht lich be trach tet oh ne hin ein un mit tel ba rer Be zug<br />

der Di vi den den durch die Mut ter ge sell schaft ge ge ben ist; vgl auch Jesse, IStR 2005, 151 (157).<br />

172 Saß, DB 1990, 2340 (2346); Sass, 18 Tax Planning Int’l Rev. 3 (7) (May 1991).<br />

173 Siehe den Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03<br />

(22. 9. 2003), 13.<br />

78 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

an ei ner Quel len be steue rung noch an der Be steue rung der Be triebs stätte ge hin dert sei<br />

und diese Be steue rungs rechte auch ab kom mens recht lich re gel mä ßig we gen Art 7 und 10<br />

Abs 4 OECD-MA wahr ge nom men wer den könn ten. 174<br />

Abbildung 6<br />

Ent gegen dem Vor schlag der Kom mis sion 175 wurde da her die Er fas sung die ser Si tua tion<br />

so wohl von den Mit glied staa ten als auch vom Eu ro päi schen Par la ment ab ge lehnt. 176 Es sollten<br />

„le dig lich grenz über grei fende Di vi den den aus schüt tun gen von der Richt li nie er fasst werden“,<br />

177 wes halb der Fall der Belegenheit der Be triebs stätte im Staat der Toch ter ge sell schaft<br />

folge rich tig der na tio na len Ge setz ge bung vor zu be hal ten sei. 178 Dem ent spre chend wurde der<br />

An wen dungs be reich der Ent las tungs ver pfl ich tung des Be triebs stät ten staa tes aus drück lich<br />

auf jene Fälle ein ge schränkt, in denen die Be triebs stätte nicht im Staat der Toch ter ge sellschaft<br />

be le gen ist. 179 Diese Ein schrän kung kommt im drit ten Teil strich des Art 1 Abs 1 zum<br />

Aus druck, der in so fern je nen Mit glied staat, in dem sich so wohl die Toch ter ge sell schaft als<br />

174 Siehe zB García Prats, ET 1995, 179 (181 f); wei ters auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164<br />

(167); Za notti, ET 2004, 535 (542).<br />

175 Siehe dazu oben II.1. so wie auch Pkt 3.1.4.1. der Stel lung nahme des Eu ro päi schen Wirt schafts-<br />

und So zial aus schus ses, ABl C 32/118 ff (5. 2. 2004).<br />

176 Siehe be reits oben II.2.1.<br />

177 Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steue rung), 12740/03 (22. 9.<br />

2003), 13.<br />

178 So aus drück lich der Ver merk des Vor sit zes für die Gruppe „Steuer fra gen“ (Di rekte Be steuerung),<br />

13510/03 (13. 10. 2003), 2 f, der Be richt über den Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes<br />

zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und<br />

Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten – Aus schuss für Wirt schaft und Wäh rung,<br />

A5–0472/2003 (5. 12. 2003), und die Le gis la tive Ent schlie ßung des Eu ro päi schen Par la ments<br />

zu dem Vor schlag für eine Richt li nie des Ra tes zur Än de rung der Richt li nie 90/435/EWG über<br />

das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch ter ge sell schaf ten ver schie de ner Mit gliedstaa<br />

ten, P5_TA(2003)0567 (16. 12. 2003). Be grün det wurde dies da mit, dass es sich bei „Zahlun<br />

gen, die eine Toch ter ge sell schaft an eine Be triebs stätte (ihrer Mut ter ge sell schaft) leis tet, die<br />

im glei chen Staat be le gen ist wie die Toch ter ge sell schaft, es sich nicht wirk lich um eine grenzüber<br />

schrei tende Trans ak tion [han delt], son dern um Zah lun gen, die al lein dem in ner staat li chen<br />

Recht unter lie gen“, und da her keine Re ge lung durch die Richt li nie er fol gen sollte.<br />

179 Art 1 Abs 1 drit ter Teil strich iVm Art 3 Abs 1 lit a zwei ter Satz legt dem Be triebs stät ten staat nur<br />

dann eine Ent las tungs ver pfl ich tung nach Art 4 auf, wenn die Ge winn aus schüt tun gen ei ner Betriebs<br />

stätte von ei ner Toch ter ge sell schaft „ei nes an de ren Mit glied staa tes als dem der Be triebsstätte“<br />

zu fl ie ßen.<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 79


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

auch die Be triebs stätte be fi n den, aus der Pfl icht ent lässt (arg „Toch ter ge sell schaf ten ei nes<br />

an de ren Mit glied staa tes als dem der Betriebstätte“). 180 Eine all fäl lige Quel len be steue rung<br />

auf Ebene der Toch ter ge sell schaft 181 fällt da her nicht unter Art 5; 182 viel mehr wird diese Situa<br />

tion als ein rein in ner staat li cher Vor gang be trach tet. 183 Die ses Er geb nis er scheint zu mindest<br />

in so fern kon se quent, als auch die Nie der las sung in Form ei ner Toch ter ge sell schaft zur<br />

An wen dung des in ner staat li chen Rechts die ses Staa tes füh ren würde. 184<br />

Die Prä am bel der Än de rungsRL ver deut licht dem ent spre chend, dass jene „Fäl le, in<br />

denen Betriebstätte und Toch ter ge sell schaft sich in dem sel ben Mit glied staat be fi n den, von<br />

dem be tref fen den Mit glied staat – un be scha det der An wen dung der Ver trags grund sätze –<br />

nach Maß gabe sei nes in ner staat li chen Rechts be han delt wer den“ kön nen. 185 Der Hin weis<br />

auf die An wen dung der „Ver trags grund sätze“ ver deut licht frei lich die auch von meh re ren<br />

Mit glied staa ten ge se he nen Pro ble me, die das in ner staat li che Recht der Mit glied staa ten im<br />

Hin blick auf die Grund frei hei ten auf wer fen könnte. 186 Tat säch lich muss der Be triebs stätten<br />

staat näm lich be reits auf Ba sis des pri mä ren Ge mein schafts rechts seine Be steue rung<br />

nicht dis kri mi nie rend ge stal ten: Aus der Recht spre chung des EuGH in Avoir Fi scal und<br />

Saint-Go bain er gibt sich da her zu nächst, dass der Be triebs stät ten staat seine im na tio na len<br />

Steuer recht vor ge se he nen Be güns ti gun gen – wie bei spiels weise eine Ent las tung von der<br />

wirt schaft li chen Dop pel be las tung bei kon zern inter nen Di vi den den – auf Be triebs stät ten<br />

von ge biets frem den EU-Ge sell schaf ten aus zu deh nen hat; 187 über dies darf er auch die Besteue<br />

rung von Aus schüt tun gen der Toch ter ge sell schaft an die Be triebs stätte nicht nach teili<br />

ger ge stal ten als die Aus schüt tung an eine ge biets an säs sige Ge sell schaft. 188<br />

We der aus dem Text der Richt li nie noch aus der Prä am bel 189 geht aber her vor, ob und<br />

in wie weit der Staat der Mut ter ge sell schaft an die Richt li nie ge bun den ist und da her eine<br />

Ent las tung nach Art 4 für die Kör per schaft steuer der Toch ter ge sell schaft zu ge wäh ren<br />

hat. Vie les spricht hier da für, eine Ent las tungs ver pfl ich tung auf Ba sis des ers ten Teil striches<br />

des Art 1 Abs 1 iVm Art 4 an zu neh men, liegt doch aus der Per spek tive des Staa tes<br />

der Mut ter ge sell schaft ganz klar ein grenz über schrei ten der Vor gang vor. 190 Aber auch bei<br />

die ser Aus le gung zeigt die Richt li nie Schwä chen. Denn selbst eine voll stän dige An wen-<br />

180 Anders Jesse, IStR 2005, 151 (157), der da von aus geht, dass diese Si tua tion we gen Art 1 Abs 1<br />

vier ter Teil strich nicht be güns tigt sei. Dem ist al ler dings ent gegen zu hal ten, dass der vierte Teilstrich<br />

eine Er wei te rung der Richt li nie auf den Son der fall der ex tra ter ri to ria len Be triebs stätte<br />

bei im glei chen Mit glied staat an säs si ger Mut ter- und Toch ter ge sell schaft re gelt, nicht aber den<br />

Grund tat be stand des zwei ten Teil stri ches des Art 1 Abs 1 ein schränkt (siehe oben 1.1. mwN);<br />

die ser wäre aber dem Wort laut nach wohl auch auf die Si tua tion der Be triebs stätte im Staat der<br />

Toch ter ge sell schaft an wend bar (siehe zu die ser Sicht weise auch die Nach weise in FN 173 f).<br />

181 Zu „Re pa tri ie rungs steuern“ siehe al ler dings oben III.1.1.<br />

182 So im Er geb nis zB auch Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (167); Ter ra/Wat tel, Eu ro pean Tax Law 4<br />

(2005) 499 f; Jesse, IStR 2005, 151 (154 und 157); Thöm mes/Nak hai in Thöm mes/Fuks (Hrsg),<br />

EC Corporate Tax Law, Chapter 6 Art 1 Tz 34.<br />

183 Siehe be reits García Prats, ET 1995, 179 (181 f).<br />

184 Siehe auch Eng lisch/Schütze, ET 2005, 488 (493).<br />

185 Pkt 8 der Prä am bel der Richt li nie 2003/123/EG des Ra tes vom 22. De zem ber 2003 zur Än derung<br />

der Richt li nie 90/435/EWG über das ge mein same Steuer sys tem der Mut ter- und Toch terge<br />

sell schaf ten ver schie de ner Mit glied staa ten, ABl L 7/41 ff (13. 1. 2004).<br />

186 Siehe die Note from the Presidency to the Working Party on Tax Questions – Direct Taxation,<br />

13793/03 (21. 10. 2003), 6 m FN 1.<br />

187 Siehe spe ziell für diese Si tua tion nur Bul lin ger, IStR 2004, 406 (408), und Ter ra/Wat tel, Eu ropean<br />

Tax Law 4 (2005) 500.<br />

188 Eben so Ter ra/Wat tel, Eu ro pean Tax Law 4 (2005) 500.<br />

189 Diese re fl ek tiert auf den „be tref fen den Mit glied staat“ und spricht da mit of fen bar nur den Staat<br />

der Toch ter ge sell schaft an, in dem auch die Be triebs stätte be le gen ist.<br />

190 Ter ra/Wat tel, Eu ro pean Tax Law 4 (2005) 498 ff; Za notti, ET 2004, 535 (542); ebenso be reits<br />

García Prats, ET 1995, 179 (181 f); ab leh nend hin gegen Maisto, EC Tax Rev. 2004, 164 (167).<br />

80 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008


Be triebs stät ten in der Mut ter-Toch ter-Richt li nie<br />

dung der Richt li nie im Staat der Mut ter ge sell schaft in ihrem Zu sam men spiel mit ei ner<br />

uni la te ra len oder ab kom mens recht li chen Ent las tung der Be triebs stät ten ge winne von der<br />

ju ris ti schen Dop pel be steue rung à la Art 23 OECD-MA führt nicht in je dem Fall zu ei ner<br />

zwin gen den Be sei ti gung der wirt schaft li chen Dop pel be las tung. 191 So fern näm lich – trotz<br />

grund frei heits in di zier ter Aus deh nung ei nes na tio na len Ent las tungs me cha nis mus auf die<br />

Be triebs stätte – eine (teil wei se) Be steue rung der aus den Aus schüt tun gen be ste hen den<br />

Be triebs stät ten ge winne er folgt, bleibt es ty pi scher weise und un ab hän gig von der Ent lastungs<br />

me thode bei der Mut ter ge sell schaft bei ei ner Dop pel be steue rung. 192 Wenn gleich in<br />

ei ner sol chen Si tua tion die Ziel set zung der Richt li nie of fen sicht lich nicht er reicht wird,<br />

wurde dies vom Rat wohl se hen den Au ges in Kauf ge nom men und die mög li che mehrfa<br />

che Be las tung im Be triebs stät ten staat im pli zit als nicht von der Richt li nie er fass te, rein<br />

na tio nale Dop pel be las tung an ge se hen. 193<br />

3.2. Be hand lung im ös ter rei chi schen Steuer recht<br />

Aus dem Blick win kel des ös ter rei chi schen Steuer rechts ist dem Ge mein schafts recht<br />

jeden falls in so fern Ge nüge ge tan, als im Fall der vor ge la ger ten Be triebs stätte auf Ebene<br />

ei ner ös ter rei chi schen Mut ter ge sell schaft § 10 Abs 2 KStG an wend bar ist und auf Ebene<br />

ei ner ös ter rei chi schen Be triebs stätte eine Ent las tung nach § 21 Abs 1 Z 2a iVm § 10 Abs 1<br />

KStG gewährt würde; durch diese Entlastung auf Be triebs stät ten ebene ist auch den Grundfreiheiten<br />

entsprochen, wird doch die Betriebsstätte gleich einer Gesellschaft behandelt.<br />

Komplexer gestaltet sich die steuerliche Behandlung der Ausschüttung der <strong>Tochter</strong>gesellschaft<br />

an die Betriebsstätte. Diese ist zwar nicht von der <strong>Richtlinie</strong> erfasst, doch scheint<br />

§ 94a EStG auf diesen Fall anwendbar zu sein, besteht doch aus österreichischer Sicht<br />

eine „unmittelbare“ Beteiligung der ausländischen <strong>Mutter</strong>gesellschaft. 194 Eine gefestigte<br />

Position des BMF fehlt jedoch: So wurde zwar einerseits die Aussage getroffen, dass eine<br />

Beteiligung über eine Betriebsstätte als „unmittelbar“ iSd § 94a EStG anzusehen ist, unabhängig<br />

davon, „in wel chem Staat sich diese Betriebstätte auch im mer be fi n den mag“, 195<br />

was womöglich für eine – über die Vorgaben der Mut ter-Toch ter-RL hinausgehende – Erfassung<br />

auch der Situation einer vorgelagerten Betriebsstätte spricht; andererseits wurde<br />

nachfolgend – in Übereinstimmung mit der Praxis der anderen Mitgliedstaaten – impliziert,<br />

dass aufgrund der Nicht er fas sung dieser Situation durch die Mut ter-Toch ter-RL in<br />

191 Anders of fen bar Bro ke lind, ET 2003, 451 (452 f), die an merkt, dass im Falle der Be steue rung<br />

der Di vi den den im Be triebs stät ten staat mit Frei stel lung der Be triebs stät ten ge winne im Staat der<br />

Mut ter ge sell schaft die Richt li nie nicht not wen dig sei, und ebenso Ei cker in Burg ers/Cot tani<br />

(Hrsg), Permanent Es ta blish ments, Chapter 5.2, der da von aus geht, dass bei An wen dung ei ner<br />

der Me tho den des Art 23 OECD-MA „mul tiple ta xa tion of the un der ly ing profi ts“ ver mie den<br />

würde.<br />

192 Wendet der Staat der Mut ter ge sell schaft die Be freiungs me thode an, bleibt die Dop pel be steuerung<br />

we gen der Be steue rung der Ge winne der Toch ter ge sell schaft im Rah men der un be schränkter<br />

Steuer pfl icht ei ner seits und der Be steue rung der aus den Aus schüt tun gen be ste hen den Betriebs<br />

stät ten ge win nen im Rah men der be schränk ten Steuer pfl icht der Mut ter ge sell schaft an derer<br />

seits be ste hen; kommt es hin gegen im Staat der Mut ter ge sell schaft zu ei ner in di rek ten Anrech<br />

nung der Steuer der Toch ter ge sell schaft auf Ba sis des Art 4 ei ner seits und der Steuer auf die<br />

aus den Aus schüt tun gen be ste hen den Be triebs stät ten ge winne auf Ba sis des Art 23 OECD-MA<br />

an de rer seits, so wird oft mals das Steuer sub strat im Staat der Mut ter ge sell schaft nicht aus rei chen<br />

und sol cher art der An rech nungs höchst be trag eine Ver mei dung der Dop pel be steue rung ver hindern.<br />

Siehe auch García Prats, ET 1995, 179 (182).<br />

193 Ebenso auch Za notti, ET 2004, 535 (543).<br />

194 Siehe auch oben III.1.3.<br />

195 Pkt 1 des Pro to kol les Au ßen steuer recht und Inter na tio na les Steuer recht 2006, BMF-010221/0626-<br />

IV/4/2006 (1. 12. 2006).<br />

Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008 81


Georg Kofl er/Her bert Kofl er<br />

teleologischer Reduktion eine Anwendung des § 94a EStG mangels grenzüberschreitenden<br />

Di vi den den fl us ses ausgeschlossen sei. 196 Aber auch eine Entlastung von der Quellenbesteuerung<br />

nach § 94 Z 2 EStG scheint auf den ersten Blick nicht möglich, setzt doch<br />

diese Bestimmung eine Ausschüttung an eine unbeschränkt steuerpfl ichtige <strong>Mutter</strong>gesellschaft<br />

voraus; 197 die Anwendung des § 94 Z 2 EStG lässt sich uE allerdings über die gemeinschaftsrechtliche<br />

Niederlassungsfreiheit begründen. 198<br />

IV. Re sü mee<br />

Die Er wei te rung der Mut ter-Toch ter-RL auf ge wisse Be triebs stät ten si tua tio nen war<br />

zwei fels frei ein be grü ßens wer ter und – im Lichte der Recht spre chung des EuGH – auch<br />

not wen di ger Schritt. Als steuer po li ti scher Mi ni mal kon sens der Mit glied staa ten und aufgrund<br />

der of fen sicht li chen Rück sicht nahme auf die unter schied li chen na tio na len Steuersys<br />

teme und Miss brauchs be den ken weist die Richt li nie im Be triebs stät ten be reich aber<br />

so wohl sprach li che wie auch kon zep tio nelle Schwä chen auf 199 und lässt zahl rei che of fensicht<br />

li che Pro blem be rei che un ge löst. 200 In Er man ge lung ei ner ex pli zi ten Um set zung der<br />

Än de rungsRL in das ös ter rei chi sche Steuer recht set zen sich frei lich ei nige die ser Ausle<br />

gungs fra gen im na tio na len Steuer recht fort, 201 wäh rend in an de ren Be rei chen mit ei ner<br />

richt li nien kon for men Inter pre ta tion ge arbei tet wer den muss, um dem Ge mein schafts recht<br />

Folge leis ten zu kön nen; in so fern wä ren da her Klar stel lun gen durch den Ge setz ge ber oder<br />

das BMF wün schens wert, die selbst ver ständ lich auch über die Mi ni mal an for de run gen der<br />

Richt li nie hin aus ge hen kön nen. 202<br />

196 EAS 2807 = SWI 2007, 102.<br />

197 8 Siehe nur Kirch mayr in Do ralt, EStG (2004) § 94 Tz 11; Rei chel/Fuchs in Hofs tät ter/Rei chel,<br />

EStG (Juni 2007) § 94 Tz 1; ebenso be reits Pkt 4 des Er las ses zur „Be steue rung von Ka pi tal erträgen<br />

im Rah men der be schränk ten Kör per schaft steuer pfl icht“, AÖF 142/1989; an ders wo mög lich<br />

EAS 2807 = SWI 2007, 102. Ebenso we nig kann eine Ent las tung auf § 3 Z 2 der Aus lands-KESt<br />

Ver ord nung, BGBl II 2003/393, ge stützt wer den, zu mal diese le dig lich Aus lands di vi den den iSd<br />

§ 93 Abs 2 Z 1 lit e EStG er fasst.<br />

198 Siehe be reits oben III.1.1. Ob sich die Anwendung des § 94 Z 2 EStG auch über ab kom mensrecht<br />

li che Be triebs stät ten dis kri mi nie rungs ver bote iSd Art 24 Abs 3 OECD-MA herbeiführen<br />

lässt, ist deshalb nicht zweifelsfrei, weil der Ka pi tal ertrag steuer ab zug aufgrund der Anrechnung-<br />

bzw Rückerstattung letztlich nur zu einem Li qui di täts nach teil, nicht aber zu einer höheren<br />

Geld zah lungs last führt (zur Frage der diskriminierenden Besteuerung siehe Rust in Vogel/Leh<br />

ner, DBA4 [2003] Art. 24 Tz 104). Die bejahende Ansicht (zB Kirch mayr in Do ralt,<br />

EStG8 [2004] § 94 Tz 13) lässt sich uE auch nicht zwingend aus den Erledigungen des BMF<br />

(zB EAS 573 = SWI 1995, 345; EAS 2368 = SWI 2003, 537) ableiten, zumal diese die Frage<br />

der Gewährung des Schachtelprivilegs auf Ebene der Betriebsstätte, nicht aber die Frage der<br />

Steuererhebung betreffen. Zur Anwendung des § 94 Z 2 EStG bedürfte es daher allenfalls einer<br />

„europarechtskonformen“ Auslegung eines ab kom mens recht li chen Be triebs stät ten dis kri mi nierungs<br />

ver bo tes.<br />

199 So zB die un klare Be deu tung der Sub ject-to-Tax-Klau sel des Art 2 Abs 2 (dazu oben II.3.3.).<br />

200 Wie zB die Frage ei ner Re pa tri ie rungs steuer im Be triebs stät ten staat und das Ver hält nis zwischen<br />

dem Staat der Mut ter ge sell schaft und dem Be triebs stät ten staat im Hin blick auf eine Entlas<br />

tung der al len falls vom Be triebs stät ten staat er ho be nen Steuer (siehe dazu III.1.1.) oder Fragen<br />

der Quel len steuer frei heit und Ent las tung in Dritt staats be triebs stät ten si tua tio nen (siehe dazu<br />

III.1.2.).<br />

201 Auch die in Re ak tion auf die Än de rungsRL er folgte An pas sung des § 94a EStG durch das<br />

Ab g ÄG 2004, BGBl I 2004/180, sah le dig lich eine Ab sen kung der Min dest be tei li gung auf 10%<br />

unter Ver zicht auf das Re zi pro zi täts er for der nis vor, be fasste sich je doch nicht mit Be triebs stätten<br />

si tua tio nen.<br />

202 Zur „Über er fül lung“ von Richt li nien vor ga ben siehe zB G. Kofl er, Dop pel be steue rungs ab kommen<br />

und Eu ro päi sches Ge mein schafts recht (2007) 828 ff mwN.<br />

82 Steuern im Gemeinschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Nolz, Wien 2008

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