in gedenken an den von faschisten ermordeten ... - antifa-berlin.info
in gedenken an den von faschisten ermordeten ... - antifa-berlin.info
in gedenken an den von faschisten ermordeten ... - antifa-berlin.info
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>in</strong> <strong>ge<strong>den</strong>ken</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>von</strong> <strong>faschisten</strong> <strong>ermordeten</strong> silvio meier
E<strong>in</strong>lEitung<br />
Jugend<strong>in</strong>fo 2011<br />
Auch diese Jahr f<strong>in</strong>det wieder e<strong>in</strong>e Demonstration <strong>in</strong> Ge<strong>den</strong>ken <strong>an</strong> <strong>den</strong><br />
am 21. November 1992 <strong>in</strong> Friedrichsha<strong>in</strong> <strong>ermordeten</strong> Silvio Meier statt.<br />
Nach e<strong>in</strong>er besonders kraftvollen Demo mit übr 5000 Teilnehmer_<strong>in</strong>nen<br />
im verg<strong>an</strong>genen Jahr wird die Demo dieses Jahr durch Friedrichsha<strong>in</strong> und<br />
Lichtenberg führen, um auf die sich dort etablieren<strong>den</strong> Nazistrukturen<br />
e<strong>in</strong>zugehen Gerade die Br<strong>an</strong>d<strong>an</strong>schläge durch Neonazis auf 4 alternative<br />
Wohn- und Kulturprojekte dieses Jahr zeigen, wie wichtig es ist, dass<br />
wir auch weiterh<strong>in</strong> kämpferisch gegen Neonazistrukturen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> vorgehen<br />
und uns mit ihnen ause<strong>in</strong><strong>an</strong>dersetzen. Aber nicht nur Nazis, sondern<br />
auch die rechtspopulistische Entwicklung <strong>in</strong> Europa, die Repression<br />
durch <strong>den</strong> Staat, die steigen<strong>den</strong> Mieten <strong>in</strong> unseren Wohngegen<strong>den</strong> und<br />
die Vrdrängung alternativer Lebensentwürfe fordern unsere Kraft und<br />
unsere Org<strong>an</strong>isation, um dagegen vorzugehen. Zudem <strong>ge<strong>den</strong>ken</strong> wir allen<br />
Betroffenen <strong>von</strong> Nazigewalt <strong>in</strong> der BRD und weltweit. Remember<strong>in</strong>g<br />
me<strong>an</strong>s fight<strong>in</strong>g!<br />
Um diesem g<strong>an</strong>zen Mist entegenzutreten und konsequent für e<strong>in</strong>e<br />
solidarische Gesellschaft e<strong>in</strong>zustehen, kommt mit uns auf die diesjährige<br />
Silvio-Meier-Demo und org<strong>an</strong>isiert euch bei euch vor Ort- <strong>in</strong> der lokalen<br />
Antifagruppe, im Stadtteilzentrum oder <strong>in</strong> Kulturprojekten.<br />
Inhaltlich ist das Jugend<strong>in</strong>fo dieses Jahr wieder gefüllt mit Tipps &<br />
Tricks, H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen zur Naziszene <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Rechtspopulismus<br />
<strong>in</strong> Europa, Texten zum Castortr<strong>an</strong>sport 2011 und <strong>an</strong>tisexistischer<br />
Notwendigkeit sowie weiteren Berichten. Wir hoffen, dass für jede_n <strong>von</strong><br />
euch etwas dabei ist.<br />
See you on the streets! It´s time to rise up!<br />
Gendergap – Der Unterstrich<br />
Freund<strong>in</strong>nen und Freunde, FreundInnen oder<br />
Freund_<strong>in</strong>nen? Warum schreiben m<strong>an</strong>che Leute <strong>in</strong><br />
ihren Texten so komisch?! Erst e<strong>in</strong>mal s<strong>in</strong>d all diese<br />
verschie<strong>den</strong>en Versionen dazu gedacht, darauf<br />
aufmerksam zu machen, dass Menschen eben nicht<br />
nur Freunde, sondern auch Freund<strong>in</strong>nen haben und es<br />
wird kritisch h<strong>in</strong>terfragt, warum gerade Frauen <strong>in</strong> der<br />
Sprache oft „unsichtbar“ gemacht wer<strong>den</strong>. Wir benutzen<br />
nachfolgend die Schreibweise mit dem Unterstrich,<br />
um auf diese Unterschiede sprachlich aufmerksam zu<br />
machen und gleichzeitig auch Menschen e<strong>in</strong>zuschließen,<br />
welche sich weder als männlich noch als weiblich<br />
def<strong>in</strong>ieren lassen möchten.<br />
S. 03<br />
S. 04<br />
S. 06<br />
S. 08<br />
S. 10<br />
S. 11<br />
S. 12<br />
S. 13<br />
S. 14<br />
S. 15<br />
S. 16<br />
S. 17<br />
S. 18<br />
S. 20<br />
S. 21<br />
S. 22<br />
<strong>in</strong>halt<br />
In Ge<strong>den</strong>ken <strong>an</strong> Silvio Meier<br />
RISE UP! – Silvio-Meier-Demo 2011<br />
Zur Naziszene <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
Wer ist eigentlich nicht<br />
Rechtspopulistisch<br />
Heißer Herbst <strong>in</strong> Warschau<br />
Subkulturen und ihre Probleme<br />
Der Repression e<strong>in</strong> Be<strong>in</strong> stellen<br />
Demo 1x1<br />
Tödliche Polizeigewalt<br />
Nehmen wir uns die Stadt zurück!<br />
Aus Konsequenzen und <strong>in</strong> Ge<strong>den</strong>ken<br />
Wer ist hier »extrem«?<br />
Let‘s talk about Sex<br />
Atomstaat stillegen<br />
Jugendrevolten <strong>in</strong> Europa<br />
Alle<strong>in</strong> machen sie dich e<strong>in</strong>
ANTIFASCHISTISCHE LINKE BERLIN<br />
<strong>in</strong> gEdEnkEn <strong>an</strong> Silvio mEiEr<br />
m Abend des 21. November 1992 war Silvio Meier mit drei<br />
a Freund_<strong>in</strong>nen auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er Party. Auf dem U-Bahnhof<br />
Samariterstraße trafen sie auf e<strong>in</strong>e Gruppe junger Neonazis, <strong>von</strong> <strong>den</strong>en<br />
e<strong>in</strong>ige rechte Aufnäher trugen. Die L<strong>in</strong>ken stellten die Rechten zur<br />
Rede und nahmen ihnen die Aufnäher ab.<br />
Durch <strong>den</strong> Streit hatten sie die letzte U-Bahn verpasst und<br />
wollten <strong>den</strong> Bahnhof wieder verlassen. Auf der Mittelebene warteten<br />
jedoch die Neonazis und stachen auf Silvio und se<strong>in</strong>e Freunde<br />
e<strong>in</strong>; er starb kurze Zeit später. Noch im Kr<strong>an</strong>kenhaus wur<strong>den</strong><br />
die vier L<strong>in</strong>ken verhört und ihnen vorgeworfen, schuld am Tod<br />
ihres eigenen Freundes zu se<strong>in</strong>. Die Nazis, im Alter zwischen 14<br />
und 19 Jahren, hatten <strong>an</strong>gegeben, mit Silvios eigenem Messer attackiert<br />
wor<strong>den</strong> zu se<strong>in</strong>, obwohl die L<strong>in</strong>ken unbewaffnet waren.<br />
Die Polizei leugnete zudem, dass der Mord e<strong>in</strong>en politischen H<strong>in</strong>tergrund<br />
hätte. Erst durch <strong>in</strong>tensive Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen<br />
und spektakuläre Aktionen (wie das Niederbrennen des Jugend-<br />
Clubs, <strong>in</strong> dem die Nazis verkehrten) wurde die Tat weiter untersucht<br />
und die rechte Ges<strong>in</strong>nung der Täter offensichtlich. Obwohl die Anschuldigungen<br />
gegen Silvios Freunde komplett zusammenfielen, hatte<br />
der Mord e<strong>in</strong> jähes gerichtliches Ende. Von <strong>den</strong> zwölf am Überfall<br />
beteiligten Nazis (drei Frauen und neun Männer) wurde nur gegen<br />
fünf Nazis e<strong>in</strong> Prozess eröffnet. Die Anklage lautete auf »schwere Körperverletzung<br />
mit Todesfolge«, was e<strong>in</strong>e Tötungsabsicht <strong>von</strong> Grund<br />
auf ausschließt. Silvio wurde mit mehreren Messerstichen <strong>in</strong> die Brust<br />
getötet. Was ist dass, wenn ke<strong>in</strong>e Tötungsabsicht? So wurde der Mord<br />
auch <strong>von</strong> Justizwegen her, als »normale« Schlägerei und nicht als politische<br />
Tat, mit politisch h<strong>an</strong>deln<strong>den</strong> Akteuren geahndet. Drei der fünf<br />
Nazis wur<strong>den</strong> zu Haftstrafen verurteilt.<br />
WER WAR SILVIo MEIER?<br />
Der damals 27-jährige Silvio Meier wohnte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em besetzen Haus <strong>in</strong><br />
Friedrichsha<strong>in</strong>. Es war e<strong>in</strong>es der ersten Häuser, die bereits im Dezember<br />
1989 besetzt wurde. Silvio war bereits <strong>in</strong> der DDR <strong>in</strong> l<strong>in</strong>ken Gruppen,<br />
außerhalb des Staats-Rahmen engagiert. L<strong>in</strong>ke Kräfte sammelten<br />
sich damals <strong>in</strong> der »Umweltbibliothek« um die Zionskirche im Prenzlauer<br />
Berg. Für Silvio Meier gehörte <strong>an</strong>tifaschistisches E<strong>in</strong>greifen zum<br />
Alltag. Die frühen 90er Jahren waren vor allem <strong>in</strong> Ostberl<strong>in</strong> <strong>von</strong> Nazi-<br />
Angriffen geprägt, so dass die Besetzerszene schnell auch zur Antifa-<br />
Szene wurde, die damals noch nicht <strong>in</strong> der Form existierte wie heute.<br />
JuSt a nothEr m<strong>an</strong>iC mondaY<br />
Das em<strong>an</strong>zipatorische InfoCafé <strong>in</strong> Lichtenberg<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
An <strong>den</strong> ersten vier Montagen e<strong>in</strong>es je<strong>den</strong> Monats f<strong>in</strong><strong>den</strong> im Jugendklub L<strong>in</strong>se bzw. im<br />
UJZ Karlshorst Infover<strong>an</strong>staltungen statt. Die Inhalte s<strong>in</strong>d breit gefächert und reichen<br />
<strong>von</strong> aktuellen Themen wie Rechtspopulismus oder Kritik am Papst über Diskussionen<br />
zu Faschismustheorien oder das Verhalten auf Demonstrationen bis zu historischen<br />
Rückblicken etwa zu Protesten gegen <strong>den</strong> EU bzw. G8 – Gipfel <strong>in</strong> Göteborg bzw. Genua.<br />
Anschließend gibt es immer e<strong>in</strong>e veg<strong>an</strong>e/vegetarische Vokü.<br />
Dieses Geme<strong>in</strong>schaftsprojekt der Antifa Hohenschönhausen, des UJZ Karlshorst,<br />
[solid’] Friedrichsha<strong>in</strong> und der „L<strong>in</strong>se“ läuft nun schon seit e<strong>in</strong>em Jahr und lädt alle<br />
Interessierten e<strong>in</strong>, vorbei zu kommen und mit zu diskutieren, sich zu bil<strong>den</strong> oder<br />
e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en entsp<strong>an</strong>nten und doch „durchgeknallten“ Montag zu haben!<br />
Nächster Term<strong>in</strong> mit neusten Infos zum NW-Stützpunkt <strong>in</strong> der Lückstraße 58<br />
Montag, 07.11.2011, 19.00 Uhr <strong>in</strong> der L<strong>in</strong>se<br />
(Parkaue 25, 10367 Berl<strong>in</strong>; am S+U Fr<strong>an</strong>kfurter Allee)<br />
03
04<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
riSE up!<br />
Antifa heißt Angriff!<br />
it dem Mist, gegen <strong>den</strong> wir tagtäglich <strong>an</strong>kämpfen, ließe sich e<strong>in</strong>e<br />
m g<strong>an</strong>ze Enzyklopädie füllen: Gewalttätige Nazis, sexistische Anmachen,<br />
alltäglicher Rassismus, repressive Maßnahmen vom Amt, stupide<br />
Hausaufgaben, Leistungsterror vom Chef, ätzende Kontrollen <strong>in</strong><br />
der Bahn, Dauerüberwachung der Straßen und verstärkte Polizeipräsenz<br />
durch „Br<strong>an</strong>dstreifen“ s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil der der D<strong>in</strong>ge, auf<br />
die wir ke<strong>in</strong>en Bock mehr haben.<br />
Glücklicherweise gibt es auch Lichtblicke: Solidarischen Umg<strong>an</strong>g <strong>in</strong><br />
Freundeskreisen und Politgruppen, selbstorg<strong>an</strong>isierte Freiräume und<br />
immer wieder auch Widerst<strong>an</strong>d. Kle<strong>in</strong>e und große Orte oder Ereignisse,<br />
<strong>an</strong> welchen erkennbar wird, dass es auch <strong>an</strong>ders geht, <strong>an</strong> welchen<br />
wir merken, dass wir nicht alle<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d!<br />
ERINNERN HEISST KäMPFEN …<br />
Vor 19 Jahren wurde Silvio Meier am U-Bhf Samariterstraße <strong>von</strong> Neonazis<br />
ermordet. Nur noch wenige <strong>von</strong> uns k<strong>an</strong>nten ihn persönlich.<br />
Doch verb<strong>in</strong>det uns mit ihm der geme<strong>in</strong>same Wunsch nach e<strong>in</strong>er be-<br />
freiten Gesellschaft. Silvio engagierte sich <strong>in</strong> der DDR <strong>in</strong> selbstorg<strong>an</strong>isierten<br />
Gruppen und nach 1989 <strong>in</strong> der Hausbesetzer_<strong>in</strong>nen-Bewegung.<br />
Angesichts der Welle rassistischer Pogrome und der regelmäßigen Angriffe<br />
auf L<strong>in</strong>ke wehrte er sich offensiv gegen Neonazis. Se<strong>in</strong> <strong>an</strong>tifaschistisches<br />
Engagement kostete ihn am 21. November 1992 das Leben<br />
und der Bewegung e<strong>in</strong>en wichtigen Aktivisten – Nichts was wir jemals<br />
vergessen wer<strong>den</strong>. E<strong>in</strong> Neonazi, mit dem er und se<strong>in</strong>e Freund_<strong>in</strong>nen<br />
zuvor e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong><strong>an</strong>dersetzung wegen dessen nationalistischen Aufnäher<br />
hatten, erstach ihn.<br />
Im Ge<strong>den</strong>ken <strong>an</strong> Silvio und allen Opfern rassistischer und faschistischer<br />
Morde wollen wir nicht still verharren, sondern unsere Wut auf<br />
die Straße tragen und auch heute gegen Neonazis und für e<strong>in</strong>e solidarische<br />
Gesellschaft kämpfen.<br />
AKTUELLE NAZISITUATIoN IN BERLIN<br />
Im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahl haben die Neonazis, rund um<br />
<strong>den</strong> „Nationaler Widerst<strong>an</strong>d“ (NW) Berl<strong>in</strong> und der NPD, Berl<strong>in</strong> mit<br />
Kle<strong>in</strong>staufmärschen und -kundgebungen überzogen. Gleichzeitig haben<br />
sie ihre gewalttätige Kampagne gegen l<strong>in</strong>ke Hausprojekte, Lä<strong>den</strong><br />
und Personen <strong>in</strong>tensiviert. Mit <strong>den</strong> Br<strong>an</strong>d<strong>an</strong>schlägen auf unsere Projekte<br />
im Juni f<strong>an</strong><strong>den</strong> diese Angriffe ihren bisherigen Höhepunkt. Vor allem<br />
<strong>in</strong> Schöneweide und Teilen des Berl<strong>in</strong>er Uml<strong>an</strong>des ist es ihnen gelungen<br />
sich festzusetzen. Nach erfolgreichen <strong>an</strong>tifaschistischen Interventionen<br />
der letzten Jahre verfügen sie nur noch dort über e<strong>in</strong>e gefestigte Infrastruktur.<br />
Außer dem Henker <strong>in</strong> Schöneweide und der NPD Zentrale <strong>in</strong><br />
Köpenick ist ihnen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> nicht viel geblieben. Sie versuchen jedoch<br />
mit dem Hexogen (Schöneweide) und dem La<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Lückstraße 58<br />
(Lichtenberg) wieder neue Basen aufzubauen. Doch jeder verbliebene<br />
Rückzugsraum, ob La<strong>den</strong> oder WG, dient ihnen als Ausg<strong>an</strong>gspunkt für<br />
Übergriffe und Aktionen. Diese Zustände zw<strong>in</strong>gen uns ihnen weiterh<strong>in</strong><br />
und vermehrt Widerst<strong>an</strong>d entgegen zu setzen. Mit Aufklärung über<br />
ihre Ideologie und Netzwerke, sowie der Unterstützung lokaler Initiativen<br />
und milit<strong>an</strong>ten Angriffen auf ihre Kader und Lokalitäten s<strong>in</strong>d wir<br />
ihnen <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Monaten immer mal wieder auf die Pelle gerückt.<br />
Doch das war bisher nicht genug: Es gilt weiterh<strong>in</strong> ihre Strukturen auch<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Berl<strong>in</strong>er Bezirken und darüber h<strong>in</strong>aus zu zerschlagen;<br />
reaktionäres Ged<strong>an</strong>kengut <strong>in</strong> der gesamten Gesellschaft zurückzudrängen.<br />
Deswegen überlassen wir <strong>den</strong> Nazis ke<strong>in</strong>en Kiez kampflos und statten<br />
ihnen mit der Silvio Meier Demo e<strong>in</strong>en Besuch <strong>in</strong> Lichtenberg ab!<br />
DER STAAT (K)EIN FREUND UND HELFER?!<br />
Doch stehen uns bei diesem Kampf immer wieder die Bullen entgegen.<br />
In <strong>den</strong> letzten Monaten beh<strong>in</strong>dern die Berl<strong>in</strong>er Cops <strong>an</strong>tifaschistischen<br />
Widerst<strong>an</strong>d nicht nur durch <strong>den</strong> gewohnten martialischen Schutz der<br />
Neonazis, sondern auch mit e<strong>in</strong>er neuen Geheimhaltungspolitik. Nur<br />
durch <strong>in</strong>tensive Recherchen wur<strong>den</strong> die letzten Neonazi-Aufmärsche<br />
und -Kundgebungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> kurz vorher bek<strong>an</strong>nt und es konnte Widerst<strong>an</strong>d<br />
org<strong>an</strong>isiert wer<strong>den</strong>.<br />
Bei dem Versuch der Nazis im Mai <strong>in</strong> Kreuzberg zu demonstrieren,
waren die Uniformierten nicht gewillt oder fähig verme<strong>in</strong>tliche Migr<strong>an</strong>t_<strong>in</strong>nen<br />
oder L<strong>in</strong>ke vor Nazi<strong>an</strong>griffen zu schützen. Ihre alle<strong>in</strong>ige<br />
Mission war der Schutz der Nazis und ihrer Ver<strong>an</strong>staltung. Das zeigt<br />
nur wieder e<strong>in</strong>mal, dass sich Antifaschist_<strong>in</strong>nen nicht auf <strong>den</strong> Staat<br />
verlassen sollten, sondern nur durch noch mehr selbstorg<strong>an</strong>isierten<br />
Widerst<strong>an</strong>d und Selbstschutz l<strong>an</strong>gfristig erfolgreich se<strong>in</strong> können.<br />
DER STAAT ZEIGT SEINE ZäHNE …<br />
Wie der Staat auf erfolgreichen <strong>an</strong>tifaschistischen Widerst<strong>an</strong>d reagieren<br />
k<strong>an</strong>n, zeigt die Repression <strong>in</strong> Dres<strong>den</strong> <strong>an</strong>lässlich der Verh<strong>in</strong>derung<br />
der Naziaufmärsche. Hier kommt das g<strong>an</strong>ze Repertoire <strong>an</strong><br />
Überwachungsmaßnahmen zum E<strong>in</strong>satz, was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>an</strong>dauern<strong>den</strong><br />
§129-Verfahren gegen <strong>an</strong>tifaschistische Strukturen <strong>in</strong> Sachsen und<br />
darüber h<strong>in</strong>aus mündete. Doch gel<strong>an</strong>g es <strong>den</strong> Repressionsbehör<strong>den</strong><br />
weder die breiten Bündnisse zu spalten, noch die <strong>an</strong>tifaschistischen<br />
Strukturen zu zerschlagen.<br />
Auch Berl<strong>in</strong> wird seit Monaten mit Bullen überzogen. Angeheizt<br />
durch die Debatte über brennende Autos wird versucht, das g<strong>an</strong>ze Stadtgebiet<br />
mit zivilen Streifen und Hubschraubern unter Dauerobservation<br />
zu stellen. Immer wieder wer<strong>den</strong> Aktivist_<strong>in</strong>nen <strong>von</strong> <strong>den</strong> H<strong>an</strong>dl<strong>an</strong>gern<br />
des Staates gecasht und e<strong>in</strong>geknastet, meist mit aus <strong>den</strong> F<strong>in</strong>gern gesogenen<br />
Anklagen. Erst am 28. September wurde uns mit Tobias schon wieder<br />
e<strong>in</strong> Freund und Mitstreiter geklaut. An e<strong>in</strong>zelnen Tagen s<strong>in</strong>d d<strong>an</strong>k der<br />
Unterstützung durch die Bundespolizei bis zu 650 zivile Schnüffler_<strong>in</strong>nen<br />
unterwegs. Mit dem Ziel, Szene-Treffpunkte zu „befrie<strong>den</strong>“, wer<strong>den</strong><br />
Straßenparties aufgelöst und g<strong>an</strong>ze Straßenzüge videoüberwacht. Doch<br />
auch diese Maßnahmen haben nicht die gewollte Wirkung, sondern heizen<br />
die Wut auf diesen Staat und die Bullen nur weiter <strong>an</strong>. Diese wird immer<br />
wieder offensiv auf die Straße getragen, wie auf der Demonstration<br />
zum Ge<strong>den</strong>ken <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>von</strong> Cops getöteten Carlo Guil<strong>an</strong>i. Während die<br />
Teilnehmer_<strong>in</strong>nen die unvorbereiteten, wie gewohnt aggressiven Bullen<br />
<strong>an</strong>griffen, ließen sie <strong>den</strong> Kreuzberger Kiez unberührt.<br />
UNITE AND FIGHT<br />
Nach wie vor bestehen <strong>in</strong> der Stadt l<strong>in</strong>ke Freiräume. Diese Wohnprojekte<br />
und WGs s<strong>in</strong>d Orte des Widerst<strong>an</strong>ds gegen die vor<strong>an</strong>schreitende<br />
Diszipl<strong>in</strong>ierung und Kommerzialisierung der Kieze – gegen Ordnungswahn<br />
und Überwachung, gegen die Vertreibung <strong>von</strong> Wohnungs- und<br />
Mittellosen und <strong>den</strong> Zw<strong>an</strong>g für alles blechen zu müssen. Daher ist es<br />
ke<strong>in</strong> Wunder, dass diese Freiräume regelmäßig mit Repression überzogen<br />
wer<strong>den</strong>. Dass wir entschlossen s<strong>in</strong>d, diese zu verteidigen, durfte<br />
Berl<strong>in</strong> vor, während und nach der Räumung der Liebig 14 spüren.<br />
Im Kampf für die Liebig 14 hat sich die Wut auf Mietsteigerungen<br />
und Verdrängungen aus unseren Kiezen gebündelt. Doch dies war ke<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>maliges Ereignis. In etlichen Kiezen org<strong>an</strong>isieren sich Mieter_<strong>in</strong>nen<br />
zum Beispiel <strong>in</strong> Stadtteil<strong>in</strong>itiativen; tragen ihre Proteste geme<strong>in</strong>sam auf<br />
die Straße gegen Flächendeckende Mietsteigerungen; versuchen Leute<br />
sich Wohnraum und öffentliche Plätze durch Besetzungen wieder <strong>an</strong>zueignen<br />
und Vorzeigeprojekte wie MediaSpree zu sabotieren.<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
05<br />
LET‘S GET oRGANIZED! - JoIN yoUR LoCAL ANTIFA<br />
Diese Kämpfe um e<strong>in</strong> besseres Leben im Hier und Jetzt s<strong>in</strong>d gleichzeitig<br />
Kämpfe für e<strong>in</strong> besseres Morgen. Sie sprengen Breschen <strong>in</strong> die<br />
erdrückende Realität. Lassen uns kollektives Leben und solidarischen<br />
Umg<strong>an</strong>g spüren und erproben. Sie lassen uns im Widerst<strong>an</strong>d die Freiheit<br />
fühlen.<br />
Wir wollen die Selbstorg<strong>an</strong>isation ausbauen und überall Widerst<strong>an</strong>dsherde<br />
entfachen: <strong>in</strong> der Schule und der Uni, bei der Arbeit und<br />
auf dem Amt, im Stadtteil und weltweit. Immer <strong>in</strong> der Hoffnung diese<br />
zu e<strong>in</strong>em Flächenbr<strong>an</strong>d, zu e<strong>in</strong>em Aufst<strong>an</strong>d gegen Nazis, Staat und Kapital<br />
ausweiten zu können.<br />
Doch Widerst<strong>an</strong>d braucht Menschen. Menschen wie du und ich,<br />
die sich zusammen org<strong>an</strong>isieren und aktiv versuchen, die Zustände <strong>in</strong><br />
dieser Gesellschaft zu verändern; die ihre Wut und ihren Willen nach<br />
außen tragen und gegen Fremdbestimmung und Unterdrückung auf<br />
die Straße gehen. Ob <strong>in</strong> Miet- oder Wohngeme<strong>in</strong>schaften, Politgruppen<br />
, <strong>in</strong> Ver<strong>an</strong>staltungskollektiven – vom Widerst<strong>an</strong>d zum Flächenbr<strong>an</strong>d!<br />
Werde aktiv!<br />
Silvio-Meier-Demonstration<br />
19.11. 2011 – 15 Uhr – U-Bhf. Samariterstr.<br />
Mahnwache<br />
21.11. 2011 – 17 Uhr – U-Bhf. Samariterstr.
06<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
ANTIFASCHISTISCHE LINKE BERLIN<br />
zur naziSzEnE <strong>in</strong> bErl<strong>in</strong><br />
Verschärfung der Sprache<br />
Nachdem die Nazis vom „NW Berl<strong>in</strong>“, deren Chef Sebasti<strong>an</strong> Schmidtke<br />
e<strong>in</strong> wesentliches Scharnier zwischen „freien Nationalisten“ und<br />
NPD darstellt, versuchten, am 1.Mai 2010 durch <strong>den</strong> Prenzlauer Berg<br />
zu marschieren, bemühten sie sich <strong>in</strong> diesem Jahr e<strong>in</strong>mal mehr, ihren<br />
rassistischen Dreck unter die Menschen zu br<strong>in</strong>gen. War m<strong>an</strong> zuvor<br />
bemüht, nach außen h<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en eher moderaten Ton <strong>an</strong>zuschlagen,<br />
setzte m<strong>an</strong> nun g<strong>an</strong>z auf die „Stumpf ist Trumpf “-Karte. Im Zuge der<br />
medialen Diskussion um Gewalttaten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>er U-Bahnhöfen startete<br />
„NW Berl<strong>in</strong>“ se<strong>in</strong>e mehr oder weniger themenbezogene „Ausländer<br />
Raus – Kampagne“. Diese zeichnete sich, neben <strong>den</strong> <strong>an</strong> die 90er Jahre<br />
er<strong>in</strong>nern<strong>den</strong> platten „Ausländer Raus-Rassismus“, durch eher dilett<strong>an</strong>tische<br />
Aktionen der Nazis aus. So tapez ierten diese beispielsweise<br />
<strong>in</strong> der Lichtenberger Weitl<strong>in</strong>gstraße Geschäfte <strong>von</strong> verme<strong>in</strong>tlichen<br />
Migr<strong>an</strong>t_<strong>in</strong>nen mit gewöhnlicher Raufasertapete zu, um darauf d<strong>an</strong>n<br />
Slog<strong>an</strong>s wie „Ausländer raus“ oder das – <strong>an</strong> <strong>den</strong> Nationalsozialismus<br />
er<strong>in</strong>nernde - „Deutsche kauft bei Deutschen e<strong>in</strong>“ zu h<strong>in</strong>terlassen. Über<br />
die Internetpräsenz der Nazis wurde darüber h<strong>in</strong>aus versucht zu suggerieren,<br />
<strong>in</strong> ständigen Aktivitäten zu stecken; so gab es für 5 M<strong>in</strong>uten<br />
Flugblätter verteilen, d<strong>an</strong>n auch gleich das Doppelte <strong>an</strong> Fotos da<strong>von</strong>.<br />
In e<strong>in</strong>em beachtlicheren Kontext muss hier eher der Abschluss der<br />
„Ausländer Raus – Kampagne“ gesehen wer<strong>den</strong>. Bei der <strong>von</strong> der Polizei<br />
<strong>in</strong> Kooperation mit dem Anmelder Sebasti<strong>an</strong> Schmidtke geheim<br />
gehaltenen Demonstration <strong>in</strong> Kreuzberg, welche <strong>den</strong>noch durch hunderte<br />
Antifaschist_<strong>in</strong>nen verh<strong>in</strong>dert wer<strong>den</strong> konnte, kam es zu gewalttätigen<br />
Übergriffen <strong>von</strong> Nazis auf Gegendemonstr<strong>an</strong>t_<strong>in</strong>nen, welche<br />
<strong>den</strong> Aufmarsch blockieren wollten.<br />
VERSCHäRFUNG DER MITTEL<br />
Nur e<strong>in</strong>en Monat später br<strong>an</strong>nten <strong>in</strong> der Nacht vom 26. auf <strong>den</strong> 27.<br />
Juni vier Häuser, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en sich l<strong>in</strong>ke Projekte bef<strong>in</strong><strong>den</strong>. In <strong>den</strong> meisten<br />
betroffenen Häusern schliefen zu dieser Zeit Menschen, die entsprechend<br />
knapp dem Tod entgehen. Nachdem die Nazis <strong>in</strong> <strong>den</strong> Monaten<br />
zuvor immer wieder l<strong>in</strong>ke E<strong>in</strong>richtungen, Parteibüros oder Kulturvere<strong>in</strong>e<br />
<strong>an</strong>gegriffen oder mit Parolen und rechten Symbolen beschmiert<br />
hatten, stellte dies nun, seit der Ermordung des Vietnamesen Cha<br />
Dong N. im August 2008, e<strong>in</strong>en neuerlichen Höhepunkt <strong>von</strong> Nazigewalt<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> dar. Medial wur<strong>den</strong> die Br<strong>an</strong>d<strong>an</strong>schläge als Auftakt e<strong>in</strong>er<br />
Gewaltspirale zwischen „Extremisten“ verordnet, da e<strong>in</strong>ige Tage zuvor<br />
mehrere NPD-K<strong>an</strong>didaten für die <strong>von</strong> ihnen betriebene Verbreitung<br />
<strong>von</strong> Rassismus, Antisemitismus und <strong>an</strong>deren Widerwärtigkeiten e<strong>in</strong><br />
paar blaue Flecken und Schrammen erhielten. Obwohl dies <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />
Zusammenh<strong>an</strong>g zu mehrfach versuchtem Mord steht, fühlten sich daraufh<strong>in</strong><br />
all diejenigen bestätigt, welche der staatlichen „Extremismus“-<br />
Doktr<strong>in</strong> <strong>an</strong>hängen, die Antifas und Nazis auf e<strong>in</strong>e Ebene stellt. Umso<br />
wichtiger ist es, immer wieder zu betonen, dass Nazigewalt völlig willkürlich<br />
und vor allem jederzeit diejenigen treffen k<strong>an</strong>n, die nicht <strong>in</strong><br />
deren Weltbild passen. Dass die Nazis um <strong>den</strong> „NW Berl<strong>in</strong>“ nun ihre<br />
Mittel so drastisch verschärft haben, muss auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em personellen<br />
Kontext gesehen wer<strong>den</strong>. Hat m<strong>an</strong> mit dem Neuköllner Robert Hardege<br />
bereits e<strong>in</strong>en erfahrenen Br<strong>an</strong>dstifter <strong>in</strong> <strong>den</strong> eigenen Reihen, welcher<br />
im Jahr 2008 versuchte, e<strong>in</strong> <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er türkischen Familie bewohntes<br />
Haus <strong>in</strong> Rudow <strong>an</strong>zuzün<strong>den</strong>, bef<strong>in</strong>det sich nun mit dem während<br />
des Wahlkampfes aufgetauchten Oliver Werner e<strong>in</strong> echter „Spezialist“<br />
<strong>in</strong> Sachen rechter Terror <strong>an</strong> Bord der NPD. Werner war bereits <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
90er Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gewalttätigen Gruppe <strong>von</strong> Neonazis aktiv, welche<br />
sich u.a. mit dem Bau <strong>von</strong> Rohrbomben beschäftigte.<br />
STRUKTURAUSBAU<br />
Aber nicht nur <strong>in</strong> Sachen Gewalt versuchten die Nazis vom „NW Berl<strong>in</strong>“<br />
alle Register zu ziehen. Nachdem bereits seit mehreren Jahren mit<br />
der Kneipe „Zum Henker“ e<strong>in</strong> Anlaufpunkt für Neonazis im Berl<strong>in</strong>er<br />
Stadtteil Schönweide existiert, wurde diese Infrastruktur nun erweitert.<br />
So eröffnete Sebasti<strong>an</strong> Schmidtke im Juli se<strong>in</strong>en La<strong>den</strong> „Hexogen“<br />
nur wenige Meter neben dem „Henker“. Dort will er künftig „Alles<br />
für <strong>den</strong> Aktivisten“ vertreiben - zurzeit beschränkt sich das Angebot
jedoch auf Sicherheits- und Militärbedarf. Fest steht jedoch, dass mit<br />
Schmidtkes neuem La<strong>den</strong> die sowie schon bestehende Nazipräsenz<br />
um die Brückenstraße <strong>in</strong> Oberschöneweide ausgebaut wer<strong>den</strong> konnte.<br />
Rechte Hohlköpfe, Aufkleber, Graffiti und Übergriffe wer<strong>den</strong> vorerst<br />
weiterh<strong>in</strong> zum Bild des Stadtteils gehören. Jedoch zeigte e<strong>in</strong>e kraftvolle<br />
Demonstration im Juli mit über 1.000 Teilnehmer_<strong>in</strong>nen, dass Antifaschist_<strong>in</strong>nen<br />
auch hier zukünftig immer wieder <strong>in</strong>tervenieren wer<strong>den</strong>.<br />
E<strong>in</strong> weiterer, neuerer Teil neofaschistischer Infrastruktur stellt die<br />
Anmietung e<strong>in</strong>es ehemaligen Gard<strong>in</strong>engeschäfts <strong>in</strong> der Lichtenberger<br />
Lückstraße 58 dar. Dort wur<strong>den</strong> unter <strong>an</strong>derem Sebasti<strong>an</strong> Thom und<br />
weitere „NW Berl<strong>in</strong>“-Kader beim Vermieter vorstellig und gaukelten<br />
diesem vor, unter dem Vere<strong>in</strong>snamen „Sozial engagiert <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
e.V.“ nach Räumlichkeiten zu suchen. In Wahrheit nutzen die Nazis<br />
das ehemalige Geschäft, um Treffen abzuhalten, sowie e<strong>in</strong>e neue Infrastruktur<br />
<strong>in</strong> ihrer ehemaligen Hochburg, dem Weitl<strong>in</strong>gkiez, aufzubauen.<br />
Obwohl der Vermieter <strong>den</strong> Nazis sofort kündigte, als dieser <strong>von</strong> deren<br />
wahren I<strong>den</strong>tität erfuhr, lassen es die Nazis auf e<strong>in</strong>en Räumungstitel<br />
<strong>an</strong>kommen, der jedoch erfahrungsgemäß e<strong>in</strong>ige Zeit <strong>in</strong>s L<strong>an</strong>d vergehen<br />
lässt. Aktive Antifaschist_<strong>in</strong>nen wollten dies nicht unkommentiert<br />
Wahlk(r)ampf der NPD<br />
Auch das schönste „Nightwish“-T-Shirt konnte ihm nicht zum erneuten E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die<br />
Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV) verhelfen. Die Rede ist <strong>von</strong> J<strong>an</strong><br />
Sturm, se<strong>in</strong>es Zeichens NPD-Politiker und Wolfg<strong>an</strong>g Petry-Double, der nach e<strong>in</strong>er<br />
Legislaturperiode nun nicht mehr das Neuköllner Rathaus mit se<strong>in</strong>er Anwesenheit<br />
„bereichern“ k<strong>an</strong>n. Das ist symptomatisch für das Gesamtergebnis der NPD. Diese hat<br />
im Gegensatz zur letzten Berl<strong>in</strong>er Wahl <strong>von</strong> 2006 e<strong>in</strong>en Verlust <strong>von</strong> 4000 Stimmen zu<br />
verbuchen, was zu e<strong>in</strong>em Gesamtergebnis <strong>von</strong> 2,1% führte. Wie bereits erwähnt, sitzt<br />
sie nun nicht mehr <strong>in</strong> der Neuköllner BVV, die Zahl der Gesamtverluste auf kommunaler<br />
Ebene beträgt <strong>in</strong>sgesamt 5 Sitze. Selbst <strong>in</strong> dem <strong>von</strong> der NPD besonders <strong>in</strong>s Visier<br />
genommenen Bezirk Treptow-Köpenick musste die Nazipartei Verluste <strong>von</strong> 0,8% h<strong>in</strong>nehmen,<br />
was dazu führte, dass der „NW Berl<strong>in</strong>“-Kader Sebasti<strong>an</strong> Schmidtke weiterh<strong>in</strong><br />
genug Zeit für se<strong>in</strong>en <strong>von</strong> kaufwilligen Kun<strong>den</strong> verschonten La<strong>den</strong> <strong>in</strong> Schöneweide<br />
hat. Die NPD verfügt nichtsdestotrotz immer noch über jeweils 2 BVV-Sitze <strong>in</strong> <strong>den</strong> Parlamenten<br />
der Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, sowie Treptow-Köpenick. Das<br />
s<strong>in</strong>d zwar <strong>in</strong>sgesamt noch immerh<strong>in</strong> 6 kommunale Sitze zu viel, e<strong>in</strong>en Fraktionsstatus<br />
genießt sie jedoch nicht mehr. Die <strong>an</strong>deren Rechtsparteien „Pro Deutschl<strong>an</strong>d“ und „Die<br />
Freiheit“ konnten <strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Bezirksparlament e<strong>in</strong>ziehen. Antifaschistische Interventionen<br />
bei Wahlkampfver<strong>an</strong>staltungen aller drei Rechtsparteien können daher als e<strong>in</strong> Grund<br />
für die ger<strong>in</strong>gen Wahlstimmen der rechten Parteien gesehen wer<strong>den</strong>.<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
07<br />
lassen und verschönerten vor kurzem die La<strong>den</strong>fassade mit schwarzer<br />
Farbe. Das Bündnis „Nazis auf die Pelle rücken“ ver<strong>an</strong>staltete ebenfalls<br />
e<strong>in</strong>e <strong>an</strong>tifaschistische Demonstration im Umfeld des NW-Stützpunktes<br />
„GAS GEBEN“ FüR UDo VoIGT<br />
Auch die diesjährige Berl<strong>in</strong>er Senats- bzw. BVV-Wahl rief die Nazis<br />
auf <strong>den</strong> Pl<strong>an</strong>, hier natürlich <strong>in</strong> Form der NPD. Diese sah sich <strong>von</strong> Anf<strong>an</strong>g<br />
<strong>an</strong> mit dem Problem konfrontiert, mit „Pro Deutschl<strong>an</strong>d“ und<br />
„Die Freiheit“ zwei weiteren Rechtsparteien als Konkurrenz ausgesetzt<br />
zu se<strong>in</strong>. Diese neue Situation versuchte die dienstälteste Nazipartei<br />
Deutschl<strong>an</strong>ds e<strong>in</strong>erseits durch e<strong>in</strong>en enormen Materialaufw<strong>an</strong>d, vor<br />
allem <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> Plakaten und <strong>an</strong>dererseits durch besonders radikale<br />
Wahlkampfparolen zu lösen. So grüßte der Bundesvorsitzende<br />
Udo Voigt vom Wahlplakat und forderte auf widerwärtigste Weise<br />
zum „Gas geben“ auf. Für e<strong>in</strong>e gepl<strong>an</strong>te, nächtliche Plakatiertour, welche<br />
im größeren und geheimen Rahmen stattf<strong>in</strong><strong>den</strong> sollte, versuchte<br />
m<strong>an</strong> sogar Neonazis aus <strong>den</strong> <strong>an</strong>grenzen<strong>den</strong> Bundesländern und aus<br />
Tschechien nach Berl<strong>in</strong> zu la<strong>den</strong>. Nach <strong>an</strong>tifaschistischen Protesten<br />
mussten die Nazis <strong>von</strong> ihrem ursprünglichen Pl<strong>an</strong> jedoch abrücken.<br />
Die Verb<strong>in</strong>dungen zwischen NPD Berl<strong>in</strong> und „NW Berl<strong>in</strong>“ wur<strong>den</strong> im<br />
Zuge des Wahlkampfes auch dem Letzten offenkundig. So st<strong>an</strong><strong>den</strong> u.a.<br />
mit „NW Berl<strong>in</strong>“-Chef Sebasti<strong>an</strong> Schmidtke und Sebasti<strong>an</strong> Thom zwei<br />
l<strong>an</strong>gjährige Nazis aus dem Spektrum der freien Kameradschaftsszene<br />
auf dem Wahlzettel. Erfreulicherweise konnte die NPD jedoch nicht<br />
<strong>an</strong> Stimmen zulegen und flog sogar aus dem Neuköllner Bezirksparlament<br />
(siehe Kasten).<br />
AUSBLICK<br />
Es bleibt nach diesem ereignisreichen Jahr, welches noch nicht zu<br />
Ende ist, abzuwarten, ob die Nazis ihren Aktionismus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ähnlichen<br />
Form fortsetzen können. Dieser kam vor allem durch die<br />
Verknüpfung der „Ausländer Raus – Kampagne“ mit dem NPD-<br />
Wahlkampf zu st<strong>an</strong>de. Auch gilt abzuwarten, <strong>in</strong>wiefern sich Sebasti<strong>an</strong><br />
Schmidtke mit se<strong>in</strong>em oftmals leeren Geschäft halten k<strong>an</strong>n.<br />
Ähnliches gilt für die gekündigten Räumlichkeiten <strong>in</strong> der Lückstraße,<br />
welche zum<strong>in</strong>dest ke<strong>in</strong>e unbegrenzte Lebensdauer haben dürften. Es<br />
bleibt jedoch dabei, dass die Berl<strong>in</strong>er Naziszene im Vergleich zum<br />
letzten Jahr <strong>an</strong> Gefahr zugelegt hat. Dies wird vor allem durch die<br />
Br<strong>an</strong>d<strong>an</strong>schläge und die zahlreichen Übergriffe deutlich. Für uns als<br />
Antifaschist_<strong>in</strong>nen gilt daher, <strong>den</strong> Nazis wieder offensiver entgegenzutreten,<br />
ihnen ke<strong>in</strong>e ruhige M<strong>in</strong>ute zu gönnen und ihre Strukturen<br />
offenzulegen und <strong>an</strong>zugreifen.
ANTIFA JUGENDINFO<br />
08 2011
SIEMPRE ANTIFASCISTA<br />
wEr iSt EigEntliCh niCht rEChtSpopuliStiSCh?<br />
Rechtspopulismus <strong>in</strong> Europa<br />
d<br />
er Begriff Rechtspopulismus ist moment<strong>an</strong> weit verbreitet, wenn es<br />
um die E<strong>in</strong>ordnung gewisser neugegründeter Parteien geht. Der Begriff<br />
sollte allerd<strong>in</strong>gs nicht e<strong>in</strong>fach unkritisch übernommen wer<strong>den</strong>, nur<br />
weil es alle so machen. Ursprünglich bezeichnet Populismus sich bevölkerungsnah<br />
gebende Politik, die bereits vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>e Stimmungen und<br />
Me<strong>in</strong>ungen gezielt für die eigene Sache ausnutzt. Der Begriff wäre somit<br />
ohne ideologischen H<strong>in</strong>tergrund <strong>an</strong>wendbar, was die Möglichkeit eröffnet,<br />
ihn <strong>in</strong> die berüchtigte Extremismustheorie e<strong>in</strong>zuordnen. Populismus <strong>von</strong><br />
l<strong>in</strong>ks und <strong>von</strong> rechts wären nach diesem Denkmuster ähnlich zu bewerten.<br />
Aufgrund der Anknüpfung populistischer Agitation <strong>an</strong> z.B. Ängste bezüglich<br />
Sicherheit und Ordnung oder der Infragestellung <strong>von</strong> Gewohnheiten<br />
der Mehrheitsgesellschaft („Leitkultur“) verbietet sich aber pr<strong>in</strong>zipiell der<br />
Begriff L<strong>in</strong>kspopulismus. L<strong>in</strong>ke Politik stellt das System <strong>in</strong> Frage und will<br />
es überw<strong>in</strong><strong>den</strong> und es nicht gegen irgendwelche Fe<strong>in</strong>de verteidigen.<br />
Bei <strong>den</strong> als rechtspopulistisch bezeichneten Parteien Europas, die<br />
vor allem Stimmungsmache gegen Benachteiligte verschie<strong>den</strong>er Bevölkerungsgruppen<br />
betreiben, ist Populismus somit nur e<strong>in</strong>e Ausrede. Denn<br />
die <strong>an</strong> Verschwörungstheorien er<strong>in</strong>nernde Angst vor e<strong>in</strong>er „Islamisierung“<br />
Europas (die <strong>an</strong>gebliche Übernahme der Machtstrukturen durch<br />
Muslim_<strong>in</strong>nen) ist klar rassistisch und würde dem Image der selbstern<strong>an</strong>nten<br />
Demokrat_<strong>in</strong>nen scha<strong>den</strong>, wenn sie nicht gut verpackt wäre.<br />
Das Argument, dass m<strong>an</strong> ja selbst die Demokratie verteidigen würde und<br />
deswegen nicht rechts, sondern irgendwo <strong>in</strong> der Mitte der demokratischen<br />
Parteien e<strong>in</strong>zuordnen sei, ist dabei selbst Best<strong>an</strong>dteil der Ideologie.<br />
WAS RECHTSPoPULISTEN GEMEINSAM HABEN<br />
Geme<strong>in</strong>samkeiten der Akteur_<strong>in</strong>nen des modernen Rechtspopulismus<br />
s<strong>in</strong>d folgende:<br />
• Sozialchauv<strong>in</strong>ismus: Stimmungmache gegen e<strong>in</strong>e Bevölkerungsgruppe,<br />
oft gegen sozial Benachteiligte, die <strong>an</strong> ihrem schlechten St<strong>an</strong>d<br />
<strong>in</strong> der Gesellschaft selbst schuld seien<br />
• Rassismus bzw. “Kulturrassismus”: E<strong>in</strong>ordnung <strong>von</strong> Menschen<br />
(Schubla<strong>den</strong><strong>den</strong>ken) <strong>in</strong> feststehende Gruppen aufgrund <strong>von</strong> Herkunft<br />
oder konstruierter Herkunft oder gar der genetischen Anlage, statt<br />
„Rasse“ wird heutzutage oft „Kultur“ oder „Ethnie“ verwendet<br />
• personelle Verknüpfungen <strong>in</strong> milit<strong>an</strong>te Neonazi-Kreise, diese stellten<br />
oftmals die Gründungsmitglieder der neuen Parteien<br />
• <strong>an</strong>ti-muslimischer Rassismus: Geert Wilders (“Partij vor de Vrijheid”<br />
PVV aus <strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong>) und René Stadtkewitz (Ex-CDU P<strong>an</strong>kow,<br />
“Die Freiheit”) haben sich darauf e<strong>in</strong>geschossen, Europa vor e<strong>in</strong>er <strong>an</strong>geblichen<br />
“Islamisierung” retten zu wollen, die ihrer Me<strong>in</strong>ung nach <strong>an</strong> jedem<br />
Kopftuch im Straßenbild und <strong>an</strong> jeder_jedem jugendlichen Straftäter_<strong>in</strong>nen<br />
mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund erkennbar ist, ihr Motiv ist die Angst<br />
• pro-israelisch: Im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Verteidigung sogen<strong>an</strong>nter<br />
westlicher Werte (Aufklärung) wird im Nahostkonflikt Stellung<br />
für Israel und vor allem gegen Paläst<strong>in</strong>a als Vorposten der islamischen<br />
Welt bezogen, e<strong>in</strong> <strong>von</strong> Rechtspopulist_<strong>in</strong>nen geprägter Begriff ist das<br />
„christlich-jüdische Abendl<strong>an</strong>d“. Wie treu Europa zu se<strong>in</strong>en christlichjüdischen<br />
Wurzeln steht, hat die Geschichte gezeigt.<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
09<br />
• Selbstdarstellung als Opfer <strong>an</strong>geblich nicht vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>er Me<strong>in</strong>ungsfreiheit,<br />
m<strong>an</strong> würde Tabus brechen und aussprechen, was viele <strong>den</strong>ken,<br />
sich aber nicht trauen zu sagen; politische Gegner_<strong>in</strong>nen wer<strong>den</strong> ihrerseits<br />
als „Faschisten“ oder „Rassisten“ bezeichnet<br />
Wenn <strong>an</strong>gegeben wird, „der Islam“ sei frauenfe<strong>in</strong>dlich und homophob,<br />
geschieht das nicht aus em<strong>an</strong>zipatorischer Motivation, sondern<br />
aus taktischen Grün<strong>den</strong>. Erstens ist der Islam äußerst vielschichtig und<br />
religiöse Menschen haben durchaus verschie<strong>den</strong>e Ansichten, zweitens<br />
ist der dem Islam gegenübergestellte aufgeklärte und toler<strong>an</strong>te Westen<br />
e<strong>in</strong>e patriarchale Unterdrückungsgesellschaft, <strong>in</strong> der es e<strong>in</strong>zig und alle<strong>in</strong><br />
um Leistung geht.<br />
Die Medienöffentlichkeit hat im Großen und G<strong>an</strong>ze verst<strong>an</strong><strong>den</strong>,<br />
dass „Die Freiheit“ rechts der CDU und nicht <strong>in</strong> der Nähe der FDP<br />
e<strong>in</strong>zuordnen ist. Es gilt der rechtspopulistischen Argumentation <strong>den</strong><br />
Nährbo<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft zu entziehen und klarzustellen, dass auf<br />
Parteienebene wie auch außerparlamentarisch ke<strong>in</strong> Unterschied zwischen<br />
Rechtspopulismus und Neonazismus besteht.<br />
Rechtspopulismus <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
In Berl<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d es besonders die bei<strong>den</strong> Kle<strong>in</strong>parteien „Die Freiheit“ und „Pro-Deutschl<strong>an</strong>d“,<br />
die mit rechtspopulistischen Parolen auf sich aufmerksam machen. Beide blieben<br />
allerd<strong>in</strong>gs mit 1 bzw. 1,2 Prozent weit h<strong>in</strong>ter ihren Erwartungen bei der Abgeordnetenhauswahl<br />
zurück.<br />
“Die Freiheit” wurde erst im oktober letzten Jahres <strong>von</strong> dem ehemaligen CDU-Mitglied<br />
René Stadtkewitz <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gegründet. Inzwischen gibt es deutschl<strong>an</strong>dweit auch <strong>an</strong>dere<br />
L<strong>an</strong>desverbände der Partei; so beispielsweise <strong>in</strong> Hamburg.<br />
Die Partei “Pro Deutschl<strong>an</strong>d” wurde bereits 2005 gegründet. Hervorgeg<strong>an</strong>gen ist sie<br />
aus “Pro-Köln”, e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Köln recht erfolgreichen rechtsradikalen „Bürgerbewegung“. Der<br />
Bundesvorsitzende <strong>von</strong> “Pro Deutschl<strong>an</strong>d”, M<strong>an</strong>fred Rouhs, war früher Mitglied bei der<br />
NPD, <strong>den</strong> Republik<strong>an</strong>ern und verschie<strong>den</strong>en <strong>an</strong>deren extrem rechten org<strong>an</strong>isationen.<br />
Aufgrund des schlechten Abschnei<strong>den</strong>s bei der Abgeordnetenhauswahl gibt es<br />
<strong>in</strong>zwischen Bemühungen, die Parteien zu vere<strong>in</strong>en. Thematisch s<strong>in</strong>d sie sich recht ähnlich:<br />
Innere Sicherheit und die Furcht vor dem Islam s<strong>in</strong>d die bei<strong>den</strong> Hauptthemen. Ansonsten<br />
verstehen sie sich beide als pro-israelisch und pro-amerik<strong>an</strong>isch und betonen bei jeder<br />
Gelegenheit, nicht „rechtsextrem“ zu se<strong>in</strong>. Bei genauerer Betrachtung ihrer Wahlprogramme<br />
wird jedoch deutlich, dass sie <strong>in</strong> Sachen rassistischer Propag<strong>an</strong>dha und autoritärem<br />
Staatsverständnis der NPD <strong>in</strong> nichts nachstehen!
10<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
SIEMPRE ANTIFASCISTA<br />
hEiSSEr hErbSt <strong>in</strong> warSChau<br />
Polens größter Naziaufmasch steht bevor –<br />
Antifaschist_<strong>in</strong>nen rufen zu Blocka<strong>den</strong> auf<br />
m 11. November wird der polnische Nationalfeiertag beg<strong>an</strong>gen.<br />
a Zugleich f<strong>in</strong>det seit nunmehr 21 Jahren e<strong>in</strong> Neonaziaufmarsch<br />
durch Warschaus Innenstadt statt, der sich zum bedeutendsten Ereignis<br />
für polnische Neonazis gemausert hat. Die Teilnehmer_<strong>in</strong>nen des<br />
Aufmarsches s<strong>in</strong>d dabei nicht nur optisch als „klassische“ Neonazis<br />
zu bezeichnen: Antisemit_<strong>in</strong>nen, Antikommunist_<strong>in</strong>nen und Homophobe<br />
aus allen rechten bis neonazistischen Spektren f<strong>in</strong><strong>den</strong> <strong>an</strong> diesem<br />
Tag zusammen. 2010 waren mehr als 1700 Neonazis <strong>an</strong>wesend – dieses<br />
Jahr wird die Teilnehmer_<strong>in</strong>nenzahl auf mehr als das doppelte geschätzt.<br />
Polnische Neonazis außerhalb <strong>von</strong> Parteien haben sich nach<br />
dem Vorbild deutscher Kameradschaften org<strong>an</strong>isiert, g<strong>an</strong>z wie ihre<br />
„Kamera<strong>den</strong>“ <strong>in</strong> Tschechien. Gerade die <strong>in</strong> Kameradschaften org<strong>an</strong>isierten<br />
Neonazis werben massiv unter Jugendlichen – auf ihren eigenen<br />
„Blood&Honour“-Konzerten und <strong>in</strong> Fußballstadien. Dabei kooperieren<br />
polnische Neonazis auch gerne mit deutschen Kamera<strong>den</strong>, die über die<br />
Grenze fahren, um fernab <strong>von</strong> staatlicher Repression Rechtsrockkonzerte<br />
erleben und <strong>den</strong> rechten Arm heben zu können. Auch suchen sie<br />
nach Ersatzver<strong>an</strong>staltungen für die <strong>in</strong>zwischen verschwun<strong>den</strong>en Großdemos<br />
<strong>in</strong> Dres<strong>den</strong> oder Wunsiedel, neuerd<strong>in</strong>gs ist auch die Anti-Kriegs-<br />
Demo <strong>in</strong> Dortmund ke<strong>in</strong> Zuckerschlecken mit Polizeischutz mehr.<br />
Vere<strong>in</strong>e wie Lechia Gd<strong>an</strong>sk und Legia Warschau, <strong>von</strong> der ersten Liga<br />
bis h<strong>in</strong> zu <strong>den</strong> Bezirksligen, können auf e<strong>in</strong>e große nationalistische und<br />
rassistische Hoolig<strong>an</strong>szene verweisen.<br />
Die Stadien dienen <strong>den</strong> Neonazis als Rekrutierungsfeld, um Jugendliche<br />
zu Rechtsrockkonzerten und Aufmärschen e<strong>in</strong>zula<strong>den</strong>.<br />
Offen agierende <strong>an</strong>tifaschistische Fußballf<strong>an</strong>s gibt es aufgrund der<br />
rechten Dom<strong>in</strong><strong>an</strong>z nur sehr wenige. Auch <strong>in</strong> Polen existieren „Anti-<br />
Antifa“-Strukturen, die die wenigen zivilgesellschaftlichen Kräfte wie<br />
die <strong>an</strong>tirassistische NGO „Nigdy Wiecej (Never Aga<strong>in</strong>)“ vor Ort versuchen<br />
e<strong>in</strong>zuschüchtern. Milit<strong>an</strong>te Neonazi-Parteien wie die „Nationale<br />
Wiedergeburt Polens“ oder Org<strong>an</strong>isationen wie das „Radikale Nationale<br />
Lager“ stellen das Sammelbecken e<strong>in</strong>es Großteils der gewaltbereiten<br />
Naziszene dar. H<strong>an</strong>d <strong>in</strong> H<strong>an</strong>d mit Neonazis gehen auch die reaktionären<br />
Teile der katholischen Kirche und ehemalige mitregierende Rechtsparteien<br />
wie die „Liga der polnischen Familien“. Die Stoßrichtung bei<br />
allen drei Akteuren, ob geme<strong>in</strong>sam gegen <strong>den</strong> Gay Pride March im<br />
Sommer oder am 11. November <strong>in</strong> Warschau, ist klar: Gewalt gegen<br />
Queer-People, L<strong>in</strong>ke und Jüd<strong>in</strong>nen und Ju<strong>den</strong> sowie die Forderungen<br />
nach e<strong>in</strong>em „Großpolen“.<br />
Pami taj c oznacza walk! Er<strong>in</strong>nern heißt Kämpfen!<br />
21 Jahre Naziaufmarsch <strong>in</strong> Warschau bedeuten auch 21 Jahre <strong>an</strong>tifaschistischen<br />
Protest. Wir möchten unsere Genoss_<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Polen unterstützen und rufen Euch<br />
auf, nach Warschau zu fahren – Informieren, Demonstrieren, Blockieren!<br />
Geme<strong>in</strong>sam wer<strong>den</strong> wir nach dem Aufmarsch <strong>in</strong> Dres<strong>den</strong> nun Warschau zum<br />
Schauplatz erfolgreicher <strong>an</strong>tifaschistischer und <strong>an</strong>tirassistischer Widerstände<br />
machen. Kommt mit und reiht euch e<strong>in</strong> – geme<strong>in</strong>sam für e<strong>in</strong>e starke <strong>in</strong>ternationale<br />
Antifa-Bewegung!<br />
11. November 2011 <strong>in</strong> Warschau: Nazis blockieren! Venceremos!
SIEMPRE ANTIFASCISTA<br />
SubkulturEn und ihrE problEmE<br />
ubkulturen haben e<strong>in</strong>e l<strong>an</strong>ge Tradition. Sie bieten Alternativen und<br />
S Freiräume im kapitalistischen Alltagsstress. Sie waren und s<strong>in</strong>d seit<br />
jeher Ausdruck e<strong>in</strong>er rebellischen und systemkritischen Jugendbewegung.<br />
Durch die Subkultur kommen Jugendliche oft erstmals <strong>in</strong> Kontakt<br />
mit Politik. Zudem versuchen sie sich <strong>von</strong> der Mehrheitsgesellschaft<br />
zu dist<strong>an</strong>zieren, <strong>in</strong>dem sie sich bewusst durch entsprechende Musik,<br />
Kleidung und oft auch Verhalten abgrenzen. Vor allem <strong>in</strong> der Punkund<br />
Sk<strong>in</strong>headbewegung, aber auch <strong>in</strong> <strong>an</strong>deren Teilen der Subkultur,<br />
geht jedoch <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Jahren e<strong>in</strong> klarer <strong>an</strong>tifaschistischer Grundsatz<br />
verloren. Dafür gibt es mehrere Gründe: Durch die Kommerzialisierung<br />
wird e<strong>in</strong>e Massentauglichkeit <strong>in</strong> der Subkultur <strong>an</strong>gestrebt.<br />
Äußerlichkeiten gew<strong>in</strong>nen <strong>an</strong> Bedeutung, wodurch politische Inhalte<br />
zweitr<strong>an</strong>gig wer<strong>den</strong>. Viel zu oft dienen die <strong>an</strong>tirassistischen Wurzeln<br />
nur als Ausrede, weitere Diskussionen zu umgehen und grenzwertige<br />
Verhaltensmuster zu rechtfertigen. Dieser leichts<strong>in</strong>nige Umg<strong>an</strong>g bietet<br />
rechtsoffenen bis sogar extrem rechten Strukturen E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> die Szene.<br />
Leider existieren heute die unterschiedlichsten Ansichten.<br />
Gerade <strong>in</strong> Teilen der „unpolitischen“ Oi! - Szene wird das G<strong>an</strong>ze<br />
auf e<strong>in</strong>e Wochenendrebellion abget<strong>an</strong>. Unter der Woche wird e<strong>in</strong> gutbürgerliches<br />
Leben geführt und am Wochenende wird sich <strong>in</strong> Schale<br />
geschmissen. Politische Ideale gibt es nicht! Es gibt e<strong>in</strong>en Leitspruch:<br />
„Ficken, Saufen, Oi!“. Der Spaßfaktor steht im Vordergrund. Konzerte<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
11<br />
wer<strong>den</strong> mit rechtsoffenen B<strong>an</strong>ds <strong>in</strong> rechtsoffenen Locations ver<strong>an</strong>staltet<br />
und es gibt ke<strong>in</strong>e Berührungsängste zwischen <strong>den</strong> Lagern. Das Fe<strong>in</strong>dbild<br />
lautet Antifa und ist sogleich das Fundament für e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen<br />
St<strong>an</strong>dpunkt. Wir, als RASH, f<strong>in</strong><strong>den</strong> die derzeitigen Verhältnisse<br />
zum Kotzen und dist<strong>an</strong>zieren uns g<strong>an</strong>z klar <strong>von</strong> diesen Entwicklungen!<br />
Wir fordern e<strong>in</strong>en klaren <strong>an</strong>tifaschistischen Konsens <strong>in</strong> der Subkultur.<br />
Verhaltensmuster, die die Parallele zur Gesellschaft bieten, müssen bekämpft<br />
wer<strong>den</strong> und haben <strong>in</strong> der Szene nix zu suchen. Für uns bedeutet<br />
Subkultur mehr als Party und cooles Outfit. Eher betrachten wir uns<br />
als Gegenkultur zu diesen kapitalistischen Zustän<strong>den</strong>. In diesem S<strong>in</strong>ne:<br />
stay rude <strong>an</strong>d stay rebel, kick fascism out of our subculture!<br />
Infos über Rechtsrock<br />
Turn It Down > www.turnitdown.de<br />
Antifaschistisches Infoblatt > aib.nadir.org/<strong>in</strong>dex.php/archiv/58-ausgabe-91<br />
oire Szene Blog > oireszene.blogsport.de
12<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
RIGAER 94<br />
dEr rEprESSion E<strong>in</strong> bE<strong>in</strong> StEllEn<br />
Zum Umg<strong>an</strong>g mit staatlicher Repression …<br />
enschen, die sich gegen Kapitalismus und Staat zur Wehr setzen<br />
m und auf dem Wege zu etwas Besserem als dem täglichen g<strong>an</strong>z normalen<br />
Wahns<strong>in</strong>n auch noch e<strong>in</strong> paar Nazis platt machen, s<strong>in</strong>d immer<br />
wieder <strong>von</strong> Repression betroffen. K<strong>an</strong>n die staatliche Politik sie nicht<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> Ma<strong>in</strong>stream <strong>in</strong>tegrieren, so wird versucht, diese Menschen zu<br />
kontrollieren und abzuschrecken. Es gibt aber zahlreiche Möglichkeiten,<br />
dem Staat bei dieser Arbeit <strong>in</strong> die Suppe zu spucken.....<br />
TRICKS GEGEN üBERWACHUNG<br />
Um zusammen etwas zu starten, muss mensch sich verabre<strong>den</strong>. Und<br />
da fängt nicht selten der Ärger <strong>an</strong>: mit Facebook und Ähnlichem könnt<br />
ihr viele Leute erreichen; es ist leicht, Infos weiterzugeben. Aber Vorsicht:<br />
häufig liest der Verfassungsschutz mit! Um diese Netzwerke e<strong>in</strong>igermaßen<br />
sicher nutzen zu können, ist es e<strong>in</strong>e gute Idee, wenn ihr e<strong>in</strong>e<br />
<strong>an</strong>onyme Seite <strong>an</strong>legt, die mit eurem richtigen Namen nicht <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
steht. Idealerweise benutzt ihr dazu e<strong>in</strong>en <strong>an</strong>deren als euren<br />
privaten Rechner, da alle Computer Datenspuren im Netz h<strong>in</strong>terlassen.<br />
Das Gleiche gilt für H<strong>an</strong>dys: überall dort, woh<strong>in</strong> ihr sie mitnehmt,<br />
h<strong>in</strong>terlassen sie e<strong>in</strong>e Datenspur, <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d derer die Bullen e<strong>in</strong> Bewegungsprofil<br />
<strong>von</strong> euch erstellen können. Sie können also später, wenn<br />
es irgendwo gekracht hat, feststellen, welche H<strong>an</strong>dys sich zu diesem<br />
Zeitpunkt <strong>in</strong> der nächsten Funkzelle e<strong>in</strong>geloggt haben. Und natürlich<br />
können sie auch – sollten sie euch schon auf dem Kieker haben – Gespräche<br />
und <strong>an</strong>dere Datenübertragungen abf<strong>an</strong>gen und mitlesen.<br />
Habt ihr es geschafft, euch zu verabre<strong>den</strong>, ohne dass die staatlichen<br />
Spitzel was mitbekommen haben, steht ihr nicht selten vor dem nächsten<br />
Problem: ob bei Demo oder Aktion <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, ständig<br />
zücken Leute ihre H<strong>an</strong>dys und filmen alles ab, was ihnen vor die L<strong>in</strong>se<br />
kommt. Was für die E<strong>in</strong>en e<strong>in</strong> nettes An<strong>den</strong>ken ist, k<strong>an</strong>n <strong>in</strong> <strong>den</strong> falschen<br />
Hän<strong>den</strong> für die Anderen schnell zu e<strong>in</strong>em großen Problem wer<strong>den</strong>.<br />
Häufig schon haben sich Bullen gewaltsam H<strong>an</strong>dys und Kameras<br />
<strong>an</strong>geeignet und s<strong>in</strong>d so <strong>an</strong> belastendes Filmmaterial gekommen. Oder<br />
sie durchstöbern e<strong>in</strong>fach Youtube nach allem, was für sie <strong>in</strong>teress<strong>an</strong>t<br />
se<strong>in</strong> könnte.<br />
Es ist also e<strong>in</strong>e gute Idee, Leute <strong>an</strong>zusprechen, die wild umher filmen<br />
und sich der möglichen Konsequenzen oft nicht bewusst s<strong>in</strong>d. Kameras<br />
haben auf Demos und Aktionen nix verloren! Das gleiche gilt für<br />
Vertreter_<strong>in</strong>nen der Spr<strong>in</strong>ger- und <strong>an</strong>derer hetzerischer Presse. Macht<br />
<strong>den</strong>en e<strong>in</strong>e klare Ansage, dass sie nicht erwünscht s<strong>in</strong>d!<br />
E<strong>in</strong>e Ausnahme stellen befreundete Fotograf_<strong>in</strong>nen dar, die selbst<br />
aus e<strong>in</strong>er politischen Motivation heraus h<strong>an</strong>deln und ver<strong>an</strong>twortungsbewusst<br />
mit ihrer Kamera und dem e<strong>in</strong>gef<strong>an</strong>genen Material umgehen.<br />
Sie s<strong>in</strong>d m<strong>an</strong>chmal durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Presse-B<strong>in</strong>de am Arm gekennzeichnet,<br />
die am Anf<strong>an</strong>g e<strong>in</strong>er Demo oder Aktion <strong>von</strong> <strong>den</strong> Ver<strong>an</strong>stalter_<strong>in</strong>nen<br />
ausgegeben wird.<br />
WENN DER STAAT DoCH MAL ZUSCHLäGT....<br />
Repression beg<strong>in</strong>nt nicht erst bei e<strong>in</strong>er Verhaftung. Genauso, wie die<br />
Bullen euch mit dem Ged<strong>an</strong>ken <strong>an</strong> mögliche Gerichtsverfahren abschrecken<br />
wollen, so versuchen sie, durch martialisches Auftreten und<br />
wildes Tonfa-Schw<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e Atmosphäre der Angst zu schaffen. Es ist<br />
normal, sich auch mal e<strong>in</strong>geschüchtert zu fühlen, und wenn mensch<br />
bei e<strong>in</strong>er Demo vielleicht mal was abbekommen hat, erst mal e<strong>in</strong>e Pause<br />
<strong>von</strong> Ver<strong>an</strong>staltungen mit wüten<strong>den</strong> Bullen zu brauchen. Nehmt eure<br />
Ängste ernst und versucht mit <strong>an</strong>deren darüber zu re<strong>den</strong>. Das hilft auf<br />
Dauer oft viel mehr, als zu versuchen die Zähne zusammen zu beißen<br />
und bei allem mitzumachen, auch wenn ihr euch gerade nicht d<strong>an</strong>ach<br />
fühlt. Für Leistungsdruck ist schließlich der Kapitalismus zuständig<br />
und nicht e<strong>in</strong>e solidarische Bewegung!<br />
Haben euch die Bullen d<strong>an</strong>n doch mal „e<strong>in</strong>gesackt“, so ruft Umstehen<strong>den</strong><br />
euren Namen zu. Idealerweise seid ihr <strong>von</strong> Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong> <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Bezugsgruppe unterwegs, die euer Verschw<strong>in</strong><strong>den</strong> bemerkt und<br />
sofort tätig wird. Wenn der Ermittlungsausschuss erreichbar ist, sollte<br />
e<strong>in</strong>e Person aus der Bezugsgruppe dort <strong>an</strong>rufen, damit euch möglichst<br />
schnell e<strong>in</strong> Anwalt/ e<strong>in</strong>e Anwält<strong>in</strong> geschickt wird. Ihr selbst sagt <strong>den</strong><br />
Bullen außer Name, Geburtsdatum, Berufststatus (wie z.B. Schüler_<strong>in</strong><br />
oder Angestellte) und Adresse nichts, aber auch re<strong>in</strong> gar nix. Selbst<br />
wenn es sich eurer Me<strong>in</strong>ung nach um e<strong>in</strong>e fürchterliche Verwechslung<br />
h<strong>an</strong>delt, so solltet ihr euch nur dem Anwalt/ der Anwält<strong>in</strong> <strong>an</strong>vertrauen.<br />
Seid ihr wieder draußen, atmet erstmal tief durch. Vielleicht stehen<br />
vor der Polizeistation Leute, die Prisoner Support machen (immer e<strong>in</strong>e<br />
gute Idee, sowas zu org<strong>an</strong>isieren!) und die euch mit e<strong>in</strong>em Tee und<br />
warmen Worten <strong>in</strong> Empf<strong>an</strong>g nehmen. Gönnt euch was Gutes und redet<br />
mit Freund_<strong>in</strong>nen über das Erlebte. Dabei solltet ihr beiseite lassen,<br />
ob ihr <strong>den</strong>n die euch vorgeworfene Tat beg<strong>an</strong>gen habt und auch ke<strong>in</strong>e<br />
Details <strong>von</strong> Aktionen preisgeben. Kotzt euch lieber aus, wie scheiße<br />
die Bullen waren oder auch wie dämlich. Und wenn ihr d<strong>an</strong>n noch e<strong>in</strong><br />
bisschen Energie habt, könnt ihr euch überlegen, wie ihr <strong>den</strong> Spieß<br />
umdreht: das geht beispielsweise mit Aufklebern und Plakaten <strong>von</strong> besonders<br />
fiesen Bullen oder mit e<strong>in</strong>em guten Text zu dem Vorfall. Denn<br />
negative Publicity mögen die Herren und Damen Staatsterror gar nicht<br />
und mensch k<strong>an</strong>n hoffen, ihnen die e<strong>in</strong>e oder <strong>an</strong>dere schlaflose Nacht<br />
zu bereiten....<br />
Noch e<strong>in</strong> Schlusswort: bei aller Vorsicht, die bei der Pl<strong>an</strong>ung und<br />
Durchführung <strong>von</strong> Aktionen geboten ist , solltet ihr euch vom Thema<br />
Überwachung und Repression nicht verrückt machen lassen. In Berl<strong>in</strong><br />
geht verdammt viel und es ist immer e<strong>in</strong>e gute Zeit, um auf die Straße<br />
zu gehen!
loS JEtzt hiEr!<br />
Demo 1x1<br />
v<br />
ielleicht ist das de<strong>in</strong>e erste Demo, vielleicht auch de<strong>in</strong>e hundertste,<br />
auf je<strong>den</strong> Fall ist es immer s<strong>in</strong>nvoll sich vor e<strong>in</strong>er Demo noch<br />
e<strong>in</strong>mal darauf zu bes<strong>in</strong>nen, was Mensch dabei haben sollte, was nicht<br />
und was eventuell noch vorbereitet wer<strong>den</strong> könnte. Genau darum soll<br />
es im folgen<strong>den</strong> Text gehen.<br />
TAKE yoUR FRIENDS...<br />
oder: E<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>ger könnt ihr brechen aber fünf F<strong>in</strong>ger s<strong>in</strong>d ‚ne Faust!<br />
Auf e<strong>in</strong>e Demo solltest du möglichst nicht alle<strong>in</strong>e gehen. Zusammen<br />
macht es mehr Spaß und es ist auch sicherer. Frage doch vorher e<strong>in</strong><br />
paar Freund_<strong>in</strong>nen <strong>von</strong> dir, ob sie zusammen mit dir für die Demo<br />
e<strong>in</strong>e Bezugsgruppe grün<strong>den</strong> wollen. Ihr überlegt euch vor der Demo<br />
was ihr machen wollt und tauscht Erfahrungen aus, damit ihr während<br />
der Demo wisst, was die Menschen, mit <strong>den</strong>en ihr unterwegs seit, machen<br />
wollen oder vor welchen Situationen sie Angst haben und diese<br />
deshalb gemie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> sollten. E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Punkt, warum<br />
ihr euch zu e<strong>in</strong>er Bezugsgruppe zusammen f<strong>in</strong><strong>den</strong> solltet, ist eure<br />
Sicherheit. Ihr könnt geme<strong>in</strong>sam Gefahren e<strong>in</strong>schätzen, aufe<strong>in</strong><strong>an</strong>der<br />
aufpassen und im Ernstfall weiß die Person, die festgenommen wurde,<br />
dass draußen Freund_<strong>in</strong>nen warten die sich um alles kümmern oder<br />
sie aus der Gesa (Gef<strong>an</strong>genensammelstelle) abholen.<br />
ICH PACKE MEINE TASCHE...<br />
und nehme mit: Was ihr auf e<strong>in</strong>er Demo auf je<strong>den</strong> Fall dabei haben<br />
solltet s<strong>in</strong>d <strong>an</strong>gemessene Klamotten und gemütliche Schuhe. Bei <strong>den</strong><br />
Klamotten ist es wichtig nicht nur <strong>den</strong> schwarzen Kapu e<strong>in</strong>zupacken,<br />
sondern vielleicht auch etwas Farbiges oder Unauffälliges dabei zu<br />
haben, um <strong>in</strong> heiklen Situationen <strong>den</strong> Bullen nicht durch <strong>den</strong> Kleidungsstil<br />
aufzufallen. Außerdem solltet ihr e<strong>in</strong>en Stift und e<strong>in</strong>en Zettel<br />
mitbr<strong>in</strong>gen um euch die Nummer vom Ermittlungsausschuss (EA)<br />
aufzuschreiben und für <strong>den</strong> Ernstfall etwas Kle<strong>in</strong>geld, um aus der Gesa<br />
telefonieren zu können. Wenn ihr regelmäßig Medikamente nehmen<br />
müsst, nehmt diese unbed<strong>in</strong>gt mit. Und e<strong>in</strong>e Flasche Wasser k<strong>an</strong>n auch<br />
nie scha<strong>den</strong>. Was ihr auf je<strong>den</strong> Fall zu Hause lassen solltet s<strong>in</strong>d alle<br />
„verbotenen“ Gegenstände wie Waffen und Drogen. Bitte <strong>den</strong>kt dar<strong>an</strong>,<br />
vor der Demo ke<strong>in</strong>en Alkohol zu konsumieren oder Drogen zu nehmen<br />
- damit br<strong>in</strong>gt ihr euch und Andere <strong>in</strong> Gefahr. Außerdem lasst alle<br />
persönlichen Gegenstände wie Adress- oder Tagebücher zu Hause. Bei<br />
e<strong>in</strong>er Festnahme wür<strong>den</strong> die Bullen das gegen dich und de<strong>in</strong>e Freund_<br />
<strong>in</strong>nen verwen<strong>den</strong>. Auch de<strong>in</strong> H<strong>an</strong>dy k<strong>an</strong>n gut zuhause bleiben. Zum<br />
e<strong>in</strong>en f<strong>in</strong><strong>den</strong> die Bullen darauf auch viele private Infos, die sie nichts<br />
<strong>an</strong>gehen, zum <strong>an</strong>deren können sie dich orten und de<strong>in</strong>e Anwesenheit<br />
<strong>an</strong> e<strong>in</strong>em Ort beweisen. Zuletzt geschehen am 19.2.2011 <strong>in</strong> Dres<strong>den</strong>,<br />
wo die Bullen tausende H<strong>an</strong>dydaten aufzeichneten und nun Antifaschist_<strong>in</strong>nen<br />
krim<strong>in</strong>alisieren, weil sie <strong>in</strong> Dres<strong>den</strong> waren. Der letzte<br />
Punkt, und d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n’s losgehen, bitte lass auch de<strong>in</strong>e Digicam zuhause<br />
und mach auch ke<strong>in</strong>e Fotos oder Videos mit dem H<strong>an</strong>dy auf der<br />
Demo. Das br<strong>in</strong>gt Menschen <strong>in</strong> Gefahr da, bei e<strong>in</strong>er Beschlagnahmung<br />
de<strong>in</strong>e Fotos als Beweismittel <strong>von</strong> <strong>den</strong> Bullen genutzt wer<strong>den</strong> können.<br />
Also <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne „No camera No problem“<br />
Vermumm dich!<br />
Vermummung ist zwar auf Demos verboten, k<strong>an</strong>n jedoch <strong>in</strong> m<strong>an</strong>chen<br />
Situationen sehr s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>. Das soll nicht heißen, dass du dich auf jeder<br />
Demo gleich vermummen sollst, aber wenn du dich <strong>an</strong> Aktionen beteiligst<br />
wie z.B. Ste<strong>in</strong>e auf Bullen schmeißen, solltest du de<strong>in</strong> Gesicht auf je<strong>den</strong> Fall<br />
unkenntlich machen. Es ist besser, wegen Vermummung festgenommen zu<br />
wer<strong>den</strong>, als wegen schwerem L<strong>an</strong>dfrie<strong>den</strong>sbruch.<br />
Als Vermummungsgegenstände<br />
s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Schal und e<strong>in</strong>e Mütze sehr<br />
gut geeignet. Aber auch e<strong>in</strong> T-Shirt<br />
eignet sich, wie auf dem Bild zu<br />
sehen ist, bestens um de<strong>in</strong> Gesicht<br />
zu verdecken. Gerade bei Vorkontrollen<br />
s<strong>in</strong>d das Gegenstände,<br />
die dir die Bullen nicht wegnehmen, im Gegensatz zu e<strong>in</strong>er Skimaske oder<br />
ähnlichem. Also viel Spaß beim Umsetzten und lass dich nicht wegf<strong>an</strong>gen!<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011 13<br />
WATCH oUT<br />
Nicht alle Menschen auf e<strong>in</strong>er Demo die dich freundlich <strong>an</strong>lächeln und<br />
schwarze Klamotten tragen, s<strong>in</strong>d Genoss_<strong>in</strong>nen. Leider mischen sich<br />
immer wieder Bullen <strong>in</strong> zivil <strong>in</strong> die Demo, um zu überwachen, Infos<br />
nach „draußen“ zu geben oder Festnahmen e<strong>in</strong>zuleiten. Deshalb ist<br />
Vorsicht geboten. Wenn ihr das Gefühl habt, neben e<strong>in</strong>em Zivibullen<br />
zu laufen, fragt doch e<strong>in</strong>fach mal nach...meistens verraten sich diese<br />
d<strong>an</strong>n durch ihre Reaktion. Nehmt Infos zu Aktionen nur <strong>von</strong> Freund_<br />
<strong>in</strong>nen <strong>an</strong> und gebt sie auch nur <strong>an</strong> diese weiter. Sonst br<strong>in</strong>gt ihr euch<br />
und <strong>an</strong>dere <strong>in</strong> Gefahr.<br />
DER EA IST DEIN_E FREUND_IN...<br />
Ist der Ernstfall e<strong>in</strong>getroffen und e<strong>in</strong>e_r de<strong>in</strong>er Freund_<strong>in</strong>nen ist festgenommen<br />
wor<strong>den</strong>: erstmal ke<strong>in</strong>e P<strong>an</strong>ik. Nachdem ihr kurz durchgeatmet<br />
und euch e<strong>in</strong>e ruhige Ecke gesucht habt, ruft ihr am besten <strong>den</strong><br />
Ermittlungsausschuss (EA) <strong>an</strong>. Der Berl<strong>in</strong>er EA ist unter der Nummer<br />
030/ 69 22 222 zu erreichen. Die Nummer könnt ihr euch auf <strong>den</strong> Arm<br />
schreiben, damit ihr sie nicht vergessen und die Bullen sie euch nicht<br />
wegnehmen können. Der EA braucht <strong>von</strong> euch <strong>den</strong> Namen, das Geburtsdatum<br />
und die Meldeadresse der_des Festgenommenen. Falls ihr<br />
<strong>den</strong> Vorwurf der Bullen kennt gerne auch <strong>den</strong>. Aber ke<strong>in</strong>e Spekulationen<br />
am Telefon! Der EA wird sich d<strong>an</strong>n mit diesen Informationen e<strong>in</strong><br />
Bild <strong>von</strong> der Situation machen und alles tun, um euren Mitstreiter_<strong>in</strong>nen<br />
zu helfen. Vor allem setzen die Leute alles dar<strong>an</strong>, dass niem<strong>an</strong>d<br />
im Knast vergessen wird und ohne Anwält<strong>in</strong> oder Anwalt vor <strong>den</strong>/die<br />
Haftricher_<strong>in</strong> kommt. Daher ist es besonders wichtig, dass ihr dem EA<br />
Bescheid sagt, wenn ihr oder eure Leute wieder draußen seit. Ansonsten<br />
heißt dass unnötige Arbeit für <strong>den</strong> EA und die Anwält_<strong>in</strong>nen und<br />
für euch eventuell e<strong>in</strong>en frühmorgendlichen Anruf. Wenn ihr Festnahmen<br />
beobachtet versucht <strong>den</strong> Namen und das Geburtsdatum der festgenommenen<br />
Person zu erfahren z.B. durch Zurufen und meldet auch<br />
das dem EA. Damit auch <strong>an</strong>dere euch helfen können, ruft während<br />
eurer Festnahme laut euren Namen und Geburtsdatum.<br />
In der Hoffnung, dass all diese Informationen nicht zur praktischen<br />
Anwendung kommen müssen....<br />
Viel Spaß und Erfolg auf der diesjährigen Silvio Meier Demonstration!
14<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
„NO JUSTICE NO PEACE“-BüNDNIS<br />
tödliChE polizEigEwalt<br />
Ke<strong>in</strong> Opfer ist je vergessen!<br />
n <strong>den</strong> siebziger Jahren wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> der BRD m<strong>in</strong>destens 127 Men-<br />
I schen <strong>von</strong> der Polizei erschossen, <strong>in</strong> <strong>den</strong> achtziger Jahren waren es<br />
123, die <strong>von</strong> Polizeikugeln tödlich getroffen wur<strong>den</strong>. Seitdem liegt der<br />
durchschnittliche Mittelwert bei <strong>an</strong>geblich 13 Menschen, die pro Jahr<br />
<strong>von</strong> der Polizei erschossen wer<strong>den</strong>. Aber 1993 waren es zum Beispiel<br />
16 und 1995 sogar 21 Todesschüsse durch Beamt_<strong>in</strong>nen.<br />
H<strong>in</strong>zu kommen Menschen, die nach ihrer Festnahme aus ungeklärten<br />
Grün<strong>den</strong> im Polizeigewahrsam sterben. Diese Fälle wer<strong>den</strong> oft<br />
als Selbstmord deklariert, m<strong>an</strong>chmal ist die Todesursache aber offenkundig<br />
gewaltsam. So wurde Steph<strong>an</strong> Neisius am 11. Mai 2002 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Kölner Wache derart verprügelt, dass er zwei Wochen später starb. Und<br />
Oury Jalloh verbr<strong>an</strong>nte 2005 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zelle der Dessauer Polizei.<br />
Zusätzlich sterben Menschen bei Polizeie<strong>in</strong>sätzen ohne Schusswaffengebrauch,<br />
sie ersticken wie Aamir Ageeb am 28. Mai 1999 <strong>in</strong> Fr<strong>an</strong>kfurt<br />
bei e<strong>in</strong>er Abschiebung, wer<strong>den</strong> mit der Verabreichung <strong>von</strong>Brechmitteln<br />
getötet, wie Achidi John <strong>in</strong> Hamburg, oder sterben durch <strong>den</strong><br />
E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> Pfefferspray, wie Sliem<strong>an</strong> Hamade am 28. Februar 2010 <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong>. Nicht wenige Leute sterben auch auf der Flucht vor der Polizei,<br />
sei es durch Verkehrsunfälle oder mysteriöse Fensterstürze.<br />
Wenn e<strong>in</strong> Mensch <strong>in</strong> Deutschl<strong>an</strong>d <strong>von</strong> der Polizei getötet wird, behauptet<br />
diese immer, dass es <strong>in</strong> Notwehr geschehen sei oder durch die<br />
Verkettung unglücklicher Umstände oder ,dass der Polizeie<strong>in</strong>satz gar<br />
nicht <strong>den</strong> Tod verursacht habe. Trotzdem ermittelt die Polizei formal<br />
gegen die Beamt_<strong>in</strong>nen, um d<strong>an</strong>n später deren korrektes Verhalten<br />
festzustellen. Die Presse übernimmt fast immer ohne jede Kritik <strong>den</strong><br />
Wortlaut der Polizeimeldungen. In g<strong>an</strong>z seltenen Fällen l<strong>an</strong>det doch<br />
mal e<strong>in</strong>_e Polizist_<strong>in</strong> vor Gericht und noch seltener kommt es zu e<strong>in</strong>er<br />
Verurteilung. So wurde der Polizeikommissar Re<strong>in</strong>hard Rother wegen<br />
Totschlag <strong>an</strong> Dennis J. am Silvesterabend 2008 <strong>in</strong> Schönfließ zu e<strong>in</strong>er<br />
Bewährungsstrafe verurteilt.<br />
Dass Presse und Justiz sich davor scheuen, Polizeibeamt_<strong>in</strong>nen<br />
härter <strong>an</strong>zufassen, wenn diese e<strong>in</strong>en Menschen zu Tode br<strong>in</strong>gen, hat<br />
mehrere Gründe:<br />
E<strong>in</strong> Staat könnte nicht mehr auf die Angst der Bürger_<strong>in</strong>nen setzen,<br />
wenn se<strong>in</strong>e Beamt_<strong>in</strong>nen nicht mehr bereit wären, auf Befehl zu töten<br />
oder jede Normabweichung mit ultimativer Gewalt zu be<strong>an</strong>tworten.<br />
Denn <strong>den</strong> Staat hält auch die Angst zusammen. Wäre die Polizei nicht<br />
mehr bereit, tatsächliche oder verme<strong>in</strong>tliche Straftäter_<strong>in</strong>nen und zur<br />
Not auch Unbeteiligte zu töten, weil der_die e<strong>in</strong>zelne Beamt_<strong>in</strong> mit<br />
Repressalien rechnen würde, könnte der Staat nicht mehr auf die Gesetzestreue<br />
se<strong>in</strong>er Bürger_<strong>in</strong>nen hoffen. So „<strong>den</strong>kt“ je<strong>den</strong>falls der Staat<br />
mit se<strong>in</strong>em Anspruch auf das Gewaltmonopol. Und die Presse erfüllt<br />
<strong>in</strong> Deutschl<strong>an</strong>d auch nur ihre Funktion als System erhaltende Kraft.<br />
Dabei ist es selten e<strong>in</strong> Zufall, wer durch die Polizei zu Tode kommt.<br />
Fast immer trifft es Menschen, die zu Gruppen gehören, die <strong>von</strong> Politik<br />
und Medien stigmatisiert wer<strong>den</strong> und so <strong>in</strong> der Ged<strong>an</strong>kenwelt der Polizeibeamt_<strong>in</strong>nen<br />
als „vogelfrei“ gelten.<br />
Der Anteil Menschen afrik<strong>an</strong>ischer Herkunft <strong>an</strong> der Bevölkerung<br />
<strong>in</strong> Deutschl<strong>an</strong>d ist ger<strong>in</strong>g, ihr Anteil <strong>an</strong> Todesopfern durch Polizeigewalt<br />
jedoch extrem hoch. Sie wur<strong>den</strong> durch Hetzkampagnen der Regierung<br />
quasi zu Rechtlosen.<br />
So wie Menschen ohne deutschen Pass überproportional oft <strong>von</strong><br />
der Polizei getötet wer<strong>den</strong>, trifft es auch so gen<strong>an</strong>nte „Intensivtäter“<br />
oder „psychisch Kr<strong>an</strong>ke“, e<strong>in</strong>e Formulierun,g die oft gebraucht wird,<br />
wenn Frauen <strong>von</strong> der Polizei erschossen wer<strong>den</strong>.<br />
Diese Gruppen haben ke<strong>in</strong>e Lobby und ihr Tod geht meistens ohne<br />
großes Aufsehen über die Bühne. Nur wenn die Opfer e<strong>in</strong> soziales Umfeld<br />
haben, dass sich mit der Ermordung nicht abf<strong>in</strong>det und entsprechend<br />
tätig wird, folgt auf e<strong>in</strong>en tödlichen Polizeie<strong>in</strong>satz mehr als e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Zeitungsnotiz.<br />
Als Antifaschist_<strong>in</strong>nen haben wir die Aufgabe, dem selbstherrlichen<br />
Def<strong>in</strong>ieren durch Staat und Polizei, wer leben darf und wer nicht,<br />
etwas entgegen zu setzen. Die Entscheidung <strong>von</strong> Polizeibeamt_<strong>in</strong>nen,<br />
e<strong>in</strong>en Menschen zu töten, ist immer unmenschlich und entspricht e<strong>in</strong>er<br />
totalitären Weltsicht, die die Grenzen zwischen autoritären Demokratien<br />
und faschistischen Diktaturen fließend macht.<br />
Ke<strong>in</strong> Staat hat das Recht, Menschenleben auszulöschen, um Abschiebungen<br />
durchzusetzen, Eigentumsverhältnisse aufrecht zu erhalten,<br />
Drogenh<strong>an</strong>deln zu unterb<strong>in</strong><strong>den</strong> oder aufällige Personen zu<br />
selektieren. Und ke<strong>in</strong>_e Beamt_<strong>in</strong> darf sich hierbei auf e<strong>in</strong>en Befehlsnotst<strong>an</strong>d<br />
berufen können.<br />
Wir müssen Polizeigewalt öffentlich machen und wir müssen dabei<br />
so laut und unberechenbar se<strong>in</strong>, dass die Gesellschaft nicht <strong>an</strong> diesem<br />
Thema vorbeikommt. Auch die Berl<strong>in</strong>er Polizei wird <strong>in</strong> absehbarer Zeit<br />
wieder töten und es wäre notwendig, wenn d<strong>an</strong>n mehr Leute auf die<br />
Strasse g<strong>in</strong>gen als nach der Erschießung <strong>von</strong> Andrea H. im Märkischen<br />
Viertel.<br />
Weitere Infos<br />
über tödliche Polizeigewalt gibt es ke<strong>in</strong>e verlässlichen Statistiken<br />
der Behör<strong>den</strong>, org<strong>an</strong>isationen wie CILIP versuchen, solche Fälle zu recherchieren.<br />
CILIP > www.cilip.de<br />
No Justice – No Peace > nojusticenopeace.blogsport.eu<br />
Kampagne für opfer rassistisch motivierter Polizeigewalt > www.kop-berl<strong>in</strong>.de<br />
demo gegen polizeigewalt<br />
„Wir vergessen nicht – Sliem<strong>an</strong> Hamade <strong>ge<strong>den</strong>ken</strong>“<br />
19 Uhr – U-Bahnhof Kleistpark<br />
Infover<strong>an</strong>staltung zu tödlicher Polizeigewalt<br />
21 Uhr – Drugstore (Potsdamer Strasse 180)
ANTIFASCHISTISCHE LINKE BERLIN<br />
nEhmEn wir unS diE Stadt zurüCk!<br />
Org<strong>an</strong>isiert euch gegen steigende Mieten!<br />
ew York, London, Bitterfeld – schon l<strong>an</strong>ge s<strong>in</strong>d die Zentren der west-<br />
n lichen Metropolen Spielplätze kapitalistischer Lebensfreude. B<strong>an</strong>ker,<br />
Topmodels und <strong>an</strong>dere Krisengew<strong>in</strong>ner_<strong>in</strong>nen der Leistungsgesellschaft<br />
la<strong>den</strong> zu Cocktailpartys <strong>in</strong> ihre schicken Eigentums- oder Loftwohnungen.<br />
Die Straßen verführen zu e<strong>in</strong>em Kaffee <strong>in</strong> Starbucks oder e<strong>in</strong>er Bummeltour<br />
zwischen Luxusboutiquen und Kaufhausketten, die die Lä<strong>den</strong>,<br />
die wir lieben, vertreiben und dazu führen, dass die Innenstädte überall<br />
gleich aussehen. E<strong>in</strong>e quietschp<strong>in</strong>kglitzernde Disneyhollywoodzauberwelt<br />
– für die Spitzenverdiener_<strong>in</strong>nen der Gesellschaft. Und der Rest?<br />
Die C<strong>in</strong>derellas dieser Welt, deren Schuh nicht zufällig <strong>von</strong> irgende<strong>in</strong>e_r<br />
Top-M<strong>an</strong>ager_<strong>in</strong> gefun<strong>den</strong> wurde, quetschen sich <strong>an</strong> <strong>den</strong> Rändern der<br />
Metropolen <strong>in</strong> dunklen Kabuffs <strong>von</strong> 10 m² und s<strong>in</strong>d froh, wenn nach der<br />
Mietzahlung genug für <strong>den</strong> Monat übrig bleibt. Und schon jetzt muss<br />
<strong>in</strong> etwa jedem zweiten Haushalt, der Hartz4 bezieht, e<strong>in</strong> Teil der Mietkosten<br />
vom Regelsatz bezahlt wer<strong>den</strong>, da die Menschen ke<strong>in</strong>e Wohnung<br />
f<strong>in</strong><strong>den</strong>, die nach <strong>den</strong> strengen Maßgaben vom Amt bezahlt wird. Nun ist<br />
Berl<strong>in</strong> noch l<strong>an</strong>ge nicht New York oder Paris, doch arbeiten Politiker_<strong>in</strong>nen,<br />
neoliberale Städtepl<strong>an</strong>er_<strong>in</strong>nen und die Immobilienwirtschaft auch<br />
hierzul<strong>an</strong>de kräftig <strong>an</strong> ihrem Wunschtraum <strong>von</strong> überteuerten Masso<strong>in</strong>ette-Wohnungen<br />
<strong>in</strong> bester Parklage. Dazu gehören d<strong>an</strong>n immer mehr<br />
Glasdächer und Whirlpools, dafür aber immer weniger Nachbar_<strong>in</strong>nen<br />
und Musik höchstens <strong>in</strong> Zimmerlautstärke.<br />
In <strong>den</strong> letzten vier Jahren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Friedrichsha<strong>in</strong>-Kreuzberg die<br />
Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen und -häuser um mehr<br />
als e<strong>in</strong> Drittel gestiegen und Anleger_<strong>in</strong>nen setzen drauf, dass diese<br />
Entwicklung weitergeht. Diese Immobilienfirmen kaufen Häuser vor<br />
allem als Spekulationsobjekte, also nicht um sich <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise<br />
nachhaltig zu engagieren, sondern vor allem, weil sie die Häuser luxuss<strong>an</strong>ieren<br />
möchten, um möglichst hohe Mieten und damit möglichst<br />
hohe Renditen e<strong>in</strong>zufahren und die Häuser d<strong>an</strong>n <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Jahren<br />
wieder mit or<strong>den</strong>tlicher Wertsteigerung zu verkaufen. Dazu gehört oft<br />
auch, dass sie die Häuser systematisch entmieten und d<strong>an</strong>n teilweise<br />
auch erstmal leerstehen lassen, da das die S<strong>an</strong>ierung, Neuvermietung<br />
und <strong>den</strong> Verkauf erleichert.<br />
Die Folgen wer<strong>den</strong> spürbar: In Berl<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d die Mieten laut jüngst<br />
veröffentlichtem Mietspiegel noch nie so stark gestiegen wie <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
letzten zwei Jahren. Für e<strong>in</strong>e Altbauwohnung <strong>in</strong>nerhalb des R<strong>in</strong>gs<br />
haben sich die Mieten teils sogar verdoppelt. Und durch <strong>den</strong> Mietspiegel<br />
selbst wird kräftig <strong>an</strong> dieser Preisschraube gedreht. Was uns<br />
als unabhängiges Instrument gegen Mietwucher verkauft wer<strong>den</strong> soll,<br />
ist <strong>in</strong> Wahrheit die Gar<strong>an</strong>tie für Wohnungsbesitzer_<strong>in</strong>nen, ihre Mieten<br />
immer weiter nach oben zu drehen, <strong>den</strong>n Berechnungsgrundlage<br />
für <strong>den</strong> Mietspiegel und somit für die sogen<strong>an</strong>nte „ortsübliche Vergleichsmiete“<br />
s<strong>in</strong>d nur die Mietverträge, die <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten vier Jahren<br />
neu abgeschlossen wur<strong>den</strong>. Und für diese gibt es überhaupt ke<strong>in</strong>e<br />
preislichen Beschränkungen. Die g<strong>an</strong>zen billigen Mietverträge <strong>von</strong><br />
Menschen, die schon jahrel<strong>an</strong>g <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kiez wohnen, bleiben unberücksichtigt,<br />
wenn berechnet wird, wie hoch die durchschnittliche<br />
Miete <strong>in</strong> ihrem Bezirk ist.<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
15<br />
Wer sich dabei nicht verarscht fühlt, hat die kapitalistische Logik vielleicht<br />
echt schon zu sehr gefressen. Die Städte wer<strong>den</strong> so zum harten Pflaster<br />
für alle, die wenig verdienen oder nicht <strong>in</strong>s marktliberale Weltbild passen.<br />
Rassistische und sozialdarw<strong>in</strong>istische Hetze à la Sarraz<strong>in</strong> versucht diese<br />
Ausgrenzung zu rechtfertigen: Hartz4-Beziehende seien eben faul und bemühen<br />
sich nicht genug. Auch Muslim_<strong>in</strong>nen seien selber schuld, <strong>den</strong>n<br />
entweder s<strong>in</strong>d sie mutmaßliche gefährliche Terrorist_<strong>in</strong>nen oder haben<br />
zum<strong>in</strong>dest ke<strong>in</strong>e „produktive Funktion außer für Dönerbude oder <strong>den</strong><br />
Obst- und Gemüseh<strong>an</strong>del“. Der <strong>von</strong> Sarraz<strong>in</strong> geschürte Hass trägt Früchte:<br />
dieses Jahr gab es schon zahlreiche Anschläge auf Moscheen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />
Dies alles gehört zu der neoliberalen Stadtentwicklung, die unter dem<br />
Begriff Gentrifizierung oder Stadtumstrukturierung diskutiert wird. Oftmals<br />
wird dieser Prozess als natürlich und unsteuerbar dargestellt. Doch<br />
die kapitalistische Stadtentwicklung wird politisch bewusst durchgesetzt,<br />
durch Privatisierungen und durch Großprojekte wie MediaSpree. Möglichkeiten<br />
zur sozialpolitischen Steuerung der Stadtentwicklung wer<strong>den</strong><br />
nicht genutzt: Mietobergrenzen gibt es nicht,l<strong>an</strong>deseigener Wohnungsbest<strong>an</strong>d<br />
wird privatisiert – <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> über 150.000 Wohnungen unter rotrot.<br />
Wir können jetzt mal gesp<strong>an</strong>nt se<strong>in</strong>, wie es damit weitergeht. Mit<br />
dem H<strong>an</strong>del <strong>von</strong> Wohnraum wer<strong>den</strong> d<strong>an</strong>n Gew<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>gefahren: Die<br />
neuen Eigentümer_<strong>in</strong>nen der privatisierten GSW fahren alle<strong>in</strong> über die<br />
Vermietung 15 Prozent Profit e<strong>in</strong>, das macht e<strong>in</strong>ige hundert Millionen<br />
Euro jährlich. Die Mieten wur<strong>den</strong> derweil um bis zu 20 Prozent erhöht.<br />
Wir wohnen hier und wir wollen bestimmen wie die Städte um uns<br />
herum aussehen. Wir wollen uns nicht <strong>von</strong> irgende<strong>in</strong>er Immobilienfirma<br />
die Wohnung unter dem Arsch luxuss<strong>an</strong>ieren lassen und dafür auf<br />
e<strong>in</strong>mal doppelte Miete bezahlen. Wir wollen <strong>in</strong> Tempelhof nicht e<strong>in</strong>en<br />
merkwürdigen Schickimicki-Park mit Wachschutz, wo alles verboten<br />
ist und der abends geschlossen wird. Wir wollen selbst bestimmen, wie<br />
die Parks aussehen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en wir chillen. Wir wollen Platz für Skaterparks<br />
und g<strong>an</strong>z allgeme<strong>in</strong> Platz, <strong>in</strong> dem wir uns ausdrücken können,<br />
wie wir wollen, ab <strong>von</strong> jedem Zw<strong>an</strong>g, auch dem kapitalistischen Zw<strong>an</strong>g<br />
E<strong>in</strong>tritt bezahlen zu müssen oder überteuerte Getränke zu kaufen. Das<br />
ist unsere Stadt und wir wollen sie so gestalten, dass wir uns wohlfühlen.<br />
Wir haben dieses triste Grau <strong>in</strong> Grau satt. Wir wollen e<strong>in</strong>e bunte,<br />
lebendige Stadt. Wir setzen Farbe gegen dieses E<strong>in</strong>erlei.<br />
Schon länger gibt es <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> Widerst<strong>an</strong>d gegen diese Prozesse<br />
der Stadtumstrukturierung. Die Veröffentlichung des Mietspiegels<br />
wurde gleich zweimal <strong>von</strong> Aktivist_<strong>in</strong>nen gestört. In nahezu jedem<br />
Kiez treffen sich Menschen <strong>in</strong> Kiez<strong>in</strong>itiativen, um sich auszutauschen,<br />
konkrete Aktionen gegen die <strong>von</strong> oben aufgedrückten Veränderungen<br />
zu machen und sich gegenseitig zu unterstützen und zu beraten, wie<br />
m<strong>an</strong> vorgehen k<strong>an</strong>n, wenn zum Beispiel die nächste Mieterhöhung im<br />
Briefkasten gel<strong>an</strong>det ist. Anf<strong>an</strong>g September gab es e<strong>in</strong>e große Demo,<br />
bei der sich die g<strong>an</strong>z unterschiedlichen Akteur_<strong>in</strong>nen zusammenget<strong>an</strong><br />
haben, um geme<strong>in</strong>sam gegen steigende Mieten und die Verdrängung<br />
aus <strong>den</strong> Innenstädten zu demonstrieren. Die Überflüssigen der Städte<br />
verschaffen sich Gehör und kündigen die nächsten Kämpfe bereits <strong>an</strong>.<br />
Nehmen wir uns die Stadt zurück!
16<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
INITIATIVE FüR EIN AKTIVES GEDENKEN<br />
auS konSEquEnz und <strong>in</strong> gEdEnkEn<br />
Die Zeit für e<strong>in</strong> offizielles Ge<strong>den</strong>ken <strong>an</strong> Silvio Meier ist reif !<br />
m November 2010 wurde neben der Silvio-Meier-Demonstration<br />
I e<strong>in</strong>e Podiumsdiskussion <strong>in</strong> der Theaterkapelle Friedrichsha<strong>in</strong> ver<strong>an</strong>staltet.<br />
Die „Initative für e<strong>in</strong> aktives Ge<strong>den</strong>ken“ stellt sich und ihr<br />
Anliegen der Umbenennung e<strong>in</strong>er Straße <strong>in</strong> Friedrichsha<strong>in</strong> nach Silvio<br />
Meier vor. D<strong>an</strong>eben saßen Freke Over, l<strong>an</strong>gjähriger Anmelder der<br />
Silvio-Meier-Demonstration, Vertreter der Antifaschistischen L<strong>in</strong>ken<br />
Berl<strong>in</strong> und aktive Anwohner.<br />
Jenseits des nicht lösbaren Streits um <strong>den</strong> Willen <strong>von</strong> Silvio Meier<br />
selbst konnte <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d vorgebrachter Kritik die Ausrichtung der Initiative<br />
verbessert wer<strong>den</strong>. Es geht darum Silvio Meier nicht nur als Person<br />
darzustellen sondern <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d <strong>von</strong> Silvio l<strong>in</strong>ke Bewegungen der letzten<br />
Jahrzehnte sichtbar zu machen.<br />
Als Punk beteiligte sich Silvio <strong>in</strong> der DDR-Opposition, org<strong>an</strong>isierte<br />
mit unter die Umwelt-Bibliothek bei der Zionskirche, druckte die Umweltblätter,<br />
publizierte <strong>den</strong> „mOArn<strong>in</strong>g star“ und baute die Kirche <strong>von</strong><br />
Unten auf. Jedoch hat er sich nicht nur vor 1990 e<strong>in</strong>gemischt, sondern<br />
auch später Zivilcourage gezeigt. So besetzte Silvio mit Bek<strong>an</strong>nten die<br />
jetzige Villa Felix <strong>in</strong> der Schre<strong>in</strong>erstraße und war darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> der<br />
Besetzerszene. Seit 1991 baute er das Druckerkollektiv H<strong>in</strong>kelste<strong>in</strong> auf.<br />
Als Silvio Meier starb, war er nicht der erste durch Neonazis ermordete<br />
und am gleichen Wochenende wur<strong>den</strong> drei Menschen bei rassistisch<br />
motivierten Br<strong>an</strong>d<strong>an</strong>schlägen <strong>in</strong> Mölln um ihr Leben gebracht. Dennoch<br />
Silvio war der erste L<strong>in</strong>ke der durch Neonazis getötet wurde. Die<br />
e<strong>in</strong>zige Reaktion <strong>von</strong> Seiten des Staates war es <strong>den</strong> Mord als Unfall <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Ause<strong>in</strong><strong>an</strong>dersetzung zwischen rivalisieren<strong>den</strong> Straßenb<strong>an</strong><strong>den</strong> zu<br />
verklären. Die Konsequenz für Bek<strong>an</strong>nte und Freunde war der <strong>an</strong>tifaschistische<br />
Kampf gegen <strong>den</strong> Rechtsruck <strong>in</strong> der Gesellschaft und auch<br />
gegen Neonazisgruppen und Parteien. Jedes Jahr f<strong>in</strong>det nun <strong>in</strong> Ge<strong>den</strong>ken<br />
<strong>an</strong> Silvio Meier e<strong>in</strong>e <strong>an</strong>tifaschistische Demonstration <strong>in</strong> Ostberl<strong>in</strong>/<br />
Friedrichsha<strong>in</strong> statt. Mehrere rechte Treffpunkt wur<strong>den</strong> mit Hilfe des<br />
Protestes geschlossen, darunter das Café Germ<strong>an</strong>ia, Two-Flag-Store,<br />
der Schre<strong>in</strong>erhof und die Kiste. Aber auch <strong>an</strong>derweitig wird immer<br />
wieder versucht gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen und zu thematisieren.<br />
DIE MüHLEN DER VERWALTUNG<br />
Diese endlose Aufzählung verdeutlicht e<strong>in</strong>e Relev<strong>an</strong>z und auch viele<br />
Erfolge l<strong>in</strong>ker Politik. Auf dieser Grundlage bildete sich der Wunsch<br />
e<strong>in</strong>er Silvio-Meier-Straße. Es geht uns darum über die Grenzen der<br />
L<strong>in</strong>ken h<strong>in</strong>aus der Gesellschaft Themen wie DDR-Opposition, Hausbesetzung<br />
und Antifaschismus zugänglich zu machen.<br />
Nach der Podiumsdiskussion im Dezember 2010 beschloss die<br />
Bezirksverordnetenversammlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breit getragenem Antrag,<br />
dem Wunsch nachzukommen und beauftragte die zuständigen Gremium<br />
das Anliegen weiter zu verfolgen. Die Ge<strong>den</strong>ktafelkommission<br />
und der Ausschuss für Kultur und Bildung beh<strong>an</strong>delten die Vorlage.<br />
Konkretisiert wurde nichts. Lediglich bewirkte die Verschleppung der<br />
Sache, dass der ursprüngliche BVV-Beschluss mit der jetzigen Neuwahl<br />
nichtig ist.<br />
Dennoch im Verlauf der letzten Monate setzte die Initiative für<br />
e<strong>in</strong> aktives Ge<strong>den</strong>ken für ihre Forderung e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> offener Brief <strong>an</strong> die<br />
BVV wurde durch zahlreiche Gruppen, Strukturen, Lä<strong>den</strong>, Häusern,<br />
und E<strong>in</strong>zelpersonen aus Friedrichsha<strong>in</strong> unterstützt. E<strong>in</strong>ige fühlten sich<br />
motiviert selbst die Gabelsbergerstraße umzubenennen und schon davor<br />
wurde der U-Bahnhof Samariterstraße mit e<strong>in</strong>em neuen Namen<br />
versehen. Doch auch direkte Anfragen <strong>an</strong> die Verwaltungsämter und<br />
Bezirkspolitiker führte nur zu formal ablehnen<strong>den</strong> Äußerungen derer.<br />
E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Diskussion f<strong>an</strong>d nicht statt. Entweder wurde dem<br />
Verl<strong>an</strong>gen nach e<strong>in</strong>er Straßenumbenennung vorgehalten, dass die Beschlusslage<br />
im Bezirk ke<strong>in</strong>e Umbenennung nach Männer zu lassen,<br />
oder <strong>an</strong>deren Vorstellung wie wahlweise der Benennung der Zentralbezirksbibliothek<br />
entgegengebracht, dass e<strong>in</strong>e Bürgerbeteiligung fehle.<br />
Weiterh<strong>in</strong> wer<strong>den</strong> wir uns als Initiative für e<strong>in</strong> aktives Ge<strong>den</strong>ken<br />
e<strong>in</strong>setzen, dass es e<strong>in</strong>e Umbenennung im öffentlichen Raum geben<br />
wird. Die Mühlen der Verwaltung mahlen l<strong>an</strong>gsam. Dennoch gel<strong>an</strong>g<br />
uns schon im letzten halben Jahr viele auch als Unterstützer mit unserer<br />
Forderung zu erreichen. Neben der parlamentarischen Arbeit führt<br />
und erarbeitet die Initiative e<strong>in</strong>e Chronologie über Silvio Meier Leben<br />
und das Ge<strong>den</strong>ken <strong>an</strong> ihn.<br />
> www.aktives<strong>ge<strong>den</strong>ken</strong>.de
ANTIFASCHISTISCHE INITIATIVE REINICKENDoRF<br />
wEr iSt hiEr »EXtrEm«?<br />
Zum Extremismusbegriff und se<strong>in</strong>en Fehlern<br />
echtsextreme, L<strong>in</strong>ksextreme, islamische Extremisten oder e<strong>in</strong>-<br />
r fach nur Extremist_In. Täglich können wir <strong>in</strong> <strong>den</strong> Medien diesen<br />
Begriff <strong>in</strong> allen zig-fachen Ausführungen lesen. Doch was bedeutet<br />
dieser Begriff und wozu wurde er <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1970er Jahren e<strong>in</strong>geführt?<br />
Der Extremismusbegriff wurde <strong>in</strong> zum ersten Mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verfassungsschutzbericht<br />
(1973) verwendet und löste damals <strong>den</strong> vorherrschen<strong>den</strong><br />
Totalitarismusbegriff ab.<br />
Unter extrem bzw. als Extremist wer<strong>den</strong> seitdem alle Menschen<br />
bezeichnet, die die „freiheitliche, demokratische Grundordnung“ ablehnen<br />
und ihr, wie l<strong>in</strong>ke Bewegungen, kritisch gegenüber stehen.<br />
Nach dieser Extremismustheorie wurde e<strong>in</strong> Modell e<strong>in</strong>er Gesellschaft<br />
geschaffen. In der es zum E<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e sogen<strong>an</strong>nte „Mitte“ gibt, die allen<br />
Normen entspricht und zum Anderen die äußeren Ränder, welche<br />
als Fe<strong>in</strong>de des Staates bezeichnet wer<strong>den</strong>. Mit dieser Def<strong>in</strong>ition <strong>von</strong><br />
Extremismus wer<strong>den</strong> somit sehr viele unterschiedliche politische Strömungen<br />
gleichgesetzt und <strong>in</strong>sbesondere die em<strong>an</strong>zipativen Ziele und<br />
hum<strong>an</strong>istischen Ansichten der l<strong>in</strong>ken Szene diffamiert.<br />
Zum Beispiel: die rückwärtsgew<strong>an</strong>dte, menschenfe<strong>in</strong>dliche Ideologie<br />
des Rechtsradikalismus und Nationalsozialismus, zum Anderen<br />
aber auch die fortschrittliche, freiheits- und lebensbejahende Bewegungen<br />
wie die (radikale) L<strong>in</strong>ke. Beide politische Richtungen aus der<br />
Sicht der sogen<strong>an</strong>nten „demokratischen“ Mitte richten sich gegen die<br />
bestehende Verhältnisse, dabei beachtet diese Mitte“ aber nicht, dass<br />
die l<strong>in</strong>ken Bewegungen kritisch und em<strong>an</strong>zipativ die Gesellschaft betrachten,<br />
gesellschaftliche Probleme <strong>an</strong>alysieren und alternative Gesellschaftsformen,<br />
wie <strong>den</strong> Anarchismus oder Kommunismus, <strong>an</strong>bieten.<br />
Weshalb aber ist das problematisch? Warum und <strong>von</strong> wem wird<br />
der Begriff „Extremismus“ verwendet? E<strong>in</strong>e Gleichsetzung <strong>von</strong> l<strong>in</strong>ks<br />
und rechts ist problematisch, wenn nicht gar gefährlich. Verkürzt ausgedrückt<br />
steht „l<strong>in</strong>ks“ für „Freiheit, Gleichheit, Solidariät!“ – also für<br />
fortschrittliche, em<strong>an</strong>zipative, egalitäre und solidarische Vorstellungen<br />
des menschlichen Zusammenlebens. Wichtig ist, dass dabei ke<strong>in</strong>e<br />
Unterscheidungen zwischen der Vielfältigkeit des menschlichen Aussehens,<br />
Nationalitäten, Religionen, Geschlechtern, sexuellen Vorlieben<br />
oder Ähnlichem gemacht wer<strong>den</strong> – Menschen s<strong>in</strong>d Menschen.<br />
Im Gegensatz dazu „rechts“: Die Menschheit wird kategorisiert und gespalten.<br />
M<strong>in</strong>derheiten wer<strong>den</strong> ausgegrenzt und als Sün<strong>den</strong>böcke für vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>e<br />
Probleme missbraucht. Ideologisch begründet wird das wahlweise<br />
mit nationalistischen, rassistischen, sozialdarw<strong>in</strong>istischen und/oder <strong>an</strong>tisemitischen<br />
Argumenten. Weitere Merkmale s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> sexistisches Weltbild<br />
und die Verharmlosung oder gar die Verherrlichung des Nationalsozialismus.<br />
Damit zielt es also auf e<strong>in</strong>e Entsolidarisierung <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Menschheit und auf die Errichtung e<strong>in</strong>es autoritären Herrschaftssystems ab.<br />
Mit dem Extremismus-Begriff wer<strong>den</strong> also zwei (<strong>in</strong> Theorie und Praxis)<br />
gegensätzliche politische Richtungen gleichgesetzt. Das ist nicht<br />
nur objektiv falsch, sondern auch politisch sehr gefährlich: Rechte Ideologien<br />
wer<strong>den</strong> verharmlost und mit etwas vollkommen unterschiedlichen<br />
aufgewogen. Zudem können viele Menschen ihre rassistischen<br />
und menschenverachten<strong>den</strong> Ansichten <strong>in</strong> der Gesellschaft verbreiten,<br />
sol<strong>an</strong>ge sie sich unter <strong>den</strong> Deckm<strong>an</strong>tel der Verfassung bewegen.<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
17<br />
WAS IST ALSo ZU TUN?<br />
Zum E<strong>in</strong>en ist der Benennung der „Extremisten_Innen“ zu vermei<strong>den</strong>.<br />
Wenn, beispielsweise <strong>in</strong> Diskussionen über Extremismus, dieser<br />
Begriff <strong>den</strong>noch benutzt wird, sollte über die H<strong>in</strong>tergrunde und die<br />
Probleme damit h<strong>in</strong>gewiesen wer<strong>den</strong>. Gleichzeitig darf m<strong>an</strong> sich nicht<br />
<strong>von</strong> dem Extremismus-Vorwurf abschrecken und <strong>in</strong> der eigenen politischen<br />
Überzeugung/Arbeit bee<strong>in</strong>flussen lassen!
lEt‘S talk about SEX...<br />
Warum Geschlecht bestimmt, wo wir auf der Leiter stehen<br />
exismus beschreibt die soziale Konstruktion <strong>von</strong> Unterschie<strong>den</strong><br />
S zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern und ist e<strong>in</strong> grundlegendes gesellschaftliches<br />
Herrschaftsverhältnis. Es legitimiert die allgegenwärtige<br />
Ausbeutung, Unterdrückung und Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>von</strong> Frauen:<br />
Ressourcen wie Geld, soziale Anerkennung oder Bildung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der<br />
Gesellschaft ungleich verteilt. Beispielsweise verdienen Frauen bei<br />
gleichwertiger Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt immer noch 25%<br />
weniger als Männer, g<strong>an</strong>z zu schweigen da<strong>von</strong>, dass sie <strong>den</strong> Großteil<br />
der unbezahlten Hausarbeit, K<strong>in</strong>dererziehung und Pflegetätigkeiten<br />
für Angehörige verrichten. Hier zeigt sich auch der Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
mit kapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen, <strong>den</strong>n gerade <strong>in</strong> prekären<br />
Beschäftigungsverhältnissen oder im Niedrig-Lohn-Sektor arbeiten<br />
mehr Frauen als Männer.<br />
Grundlage für Sexismus ist also die gesellschaftliche Arbeitsteilung;<br />
h<strong>in</strong>zu kommt jedoch die Zuschreibung <strong>von</strong> „Wesensmerkmalen“ und<br />
Charaktereigenschaften, die <strong>an</strong>geblich typisch männlich oder weiblich<br />
s<strong>in</strong>d. Dabei ist Geschlecht nichts, was m<strong>an</strong> hat, sondern etwas, zu dem<br />
m<strong>an</strong> erzogen wird. Angef<strong>an</strong>gen bei der Geburt, wo das Geschlecht klar<br />
festgelegt und im Zweifel zurecht geschnitten wird. Die e<strong>in</strong>deutige Zuordnung<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Zweigeschlechtlichkeit strukturiert de<strong>in</strong> g<strong>an</strong>zes<br />
Leben: Welche Farbe de<strong>in</strong> Strampler hat, welche Spiele du im K<strong>in</strong>dergarten<br />
und <strong>in</strong> der Schule spielst und wie du grundsätzlich erzogen wirst.<br />
JENSEITS VoN HETERoSExUELLEN MäNNERN<br />
Neben der sozialen Konstruktion <strong>von</strong> Geschlecht und der damit e<strong>in</strong>hergehen<strong>den</strong><br />
Vormachtstellung <strong>von</strong> Männern spielt auch die sexuelle<br />
Orientierung e<strong>in</strong>e Rolle. Wenn m<strong>an</strong> <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em „Klassischen Familienbild“<br />
ausgeht, so ist Heterosexualität die Norm. Menschen, die da<strong>von</strong><br />
abweichen, gleichgeschlechtlich lieben oder sich nicht <strong>den</strong> vorherrschen<strong>den</strong><br />
Verhaltens- und Kleidernormen <strong>an</strong>passen, wer<strong>den</strong> ausgegrenzt,<br />
diskrim<strong>in</strong>iert und verhöhnt. Dabei dient die Zweiteilung und<br />
Hierarchisierung <strong>von</strong> Geschlechtern, sexueller I<strong>den</strong>tität und Orientierung<br />
alle<strong>in</strong> der Vormachtstellung <strong>von</strong> heterosexuellen Männern, die<br />
damit sich selbst als „Norm“ erhalten.<br />
JUST A PART oF GESAMTSCHEISSE<br />
Sexistische Unterdrückung, sexualisierte Gewalt oder die Norm der<br />
Heterosexualität können nicht ohne die Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>an</strong>deren<br />
Herrschaftsverhältnissen gedacht wer<strong>den</strong>. Die soziale Konstruktion<br />
<strong>von</strong> Frauen und die ihnen zugeschriebenen Merkmale f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich so<br />
auch wieder, wenn m<strong>an</strong> sich rassistische Stereotypen genauer <strong>an</strong>sieht.<br />
Das Idealbild des heutigen Menschen ist männlich, Weiß, heterosexuell,<br />
sportlich und gut gebildet. Doch um dieses Idealbild als Norm zu<br />
nehmen, muss es immer auch „das Andere“ geben, welches dem entgegen<br />
steht und abgewertet wird. So wur<strong>den</strong> während der Kolonialzeit<br />
pseudowissenschaftlich die Gehirne <strong>von</strong> Weißen und nicht-Weißen<br />
Menschen gewogen um zu erklären, warum Weiße Menschen <strong>an</strong>geblich<br />
<strong>in</strong>telligenter und befähigter s<strong>in</strong>d als Nicht-Weiße. Ähnlich wurde<br />
auch mit Frauen verfahren, um zu rechtfertigen, warum diese nicht<br />
die gleichen Zugänge zu Bildung erhielten oder für die Wissenschaft<br />
„ungeeignet seien“. So wurde versucht, sozial bed<strong>in</strong>gte Ungleichheit wissenschaftlich<br />
zu belegen. Dies f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> der heutigen Zeit wieder,<br />
wobei e<strong>in</strong>e Verschiebung h<strong>in</strong> zu dem Bezug auf e<strong>in</strong>e verme<strong>in</strong>tliche<br />
„Differenz der Kulturen“ stattf<strong>in</strong>det, und die <strong>an</strong>gebliche M<strong>in</strong>derwertigkeit<br />
<strong>von</strong> Menschen auf ihre Nicht-Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er christlichdeutschen<br />
Leitkultur begründet wird.<br />
Nicht nur hier zeigt sich, dass sexistische Unterdrückung, sexualisierte<br />
Gewalt oder die Norm der Heterosexualität nicht getrennt <strong>von</strong><br />
<strong>an</strong>deren Herrschaftsverhältnissen, wie dem Kapitalismus oder Rassismus<br />
gedacht wer<strong>den</strong> können, sondern diese oft <strong>in</strong>e<strong>in</strong><strong>an</strong>der verflochten<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Wir haben ke<strong>in</strong>e Lust darauf, auf unser <strong>an</strong>gebliches Geschlecht festgelegt<br />
zu wer<strong>den</strong> und damit soziale Ungleichheit zu akzeptieren. F<strong>an</strong>gt <strong>an</strong>,<br />
der Norm entgegen zu wirken, euch selbst zu h<strong>in</strong>terfragen und org<strong>an</strong>isiert<br />
euch gegen sexistische Verhältnisse!<br />
St<strong>an</strong>d up <strong>an</strong>d fight sexism!<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
19
20<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
dEn atomStaat StillEgEn!<br />
Atomausstieg bleibt H<strong>an</strong>darbeit<br />
tomkraft tötet. Namen wie<br />
a Tschernobyl und Fukushima<br />
stehen für diese traurige Wahrheit.<br />
Mit jedem weiteren Tag, <strong>an</strong><br />
dem Atomkraftwerke betrieben<br />
wer<strong>den</strong>, besteht die Möglichkeit<br />
für e<strong>in</strong>en nächsten Super-GAU<br />
(größten <strong>an</strong>zunehmen<strong>den</strong> Unfall).<br />
Und je<strong>den</strong> Tag wächst der<br />
Atommüll-Berg, für <strong>den</strong> es ke<strong>in</strong>e<br />
geeignete Lagerstätte gibt, bis<br />
sich die Radioaktivität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
hunderttausend Jahren endlich<br />
mal ausgestrahlt hat. Die Abfallprodukte<br />
der Atom<strong>in</strong>dustrie s<strong>in</strong>d<br />
äußerst gefährlich und hochgiftig:<br />
Sie eignen sich beispielsweise zur<br />
Waffenproduktion. Und auch nur<br />
die Lagerung des Mülls <strong>an</strong> e<strong>in</strong>em Ort über längere Zeiträume h<strong>in</strong>weg hat<br />
nachweislich schon zu erhöhten Krebsraten <strong>in</strong> der Umgebung geführt.<br />
Da sollte es uns doch freuen, dass die Regierung im Zuge e<strong>in</strong>es<br />
„Konsens“ <strong>den</strong> „Atomausstieg“ beschlossen hat. S<strong>in</strong>d damit also alle<br />
Probleme beseitigt? Ne<strong>in</strong>! Ke<strong>in</strong> Grund mehr, zu protestieren? Doch!<br />
Mit großer Geste wird der Öffentlichkeit e<strong>in</strong> grundlegender W<strong>an</strong>del<br />
präsentiert. Tatsächlich auf <strong>den</strong> Weg gebracht wur<strong>den</strong> publikumswirksame<br />
Änderungen bei größtmöglicher Wahrung des Bestehen<strong>den</strong>: Elf Jahre<br />
gar<strong>an</strong>tiertes Restrisiko, e<strong>in</strong>e weitere Anhäufung <strong>von</strong> nicht entsorgbarem<br />
radioaktiven Müll und das ungebrochene Mitmischen im <strong>in</strong>ternationalen<br />
Atomgeschäft wer<strong>den</strong> uns als „radikale Energiewende“ verkauft. Von e<strong>in</strong>er<br />
wirklichen Wende ist das verabschiedete Gesetzespaket weit entfernt.<br />
Im Kern geht es weiterh<strong>in</strong> alle<strong>in</strong> um die systematische Begünstigung<br />
weniger Großkonzerne. Dieser „Konsens“ wurde ohne uns beschlossen!<br />
Dem Versuch, e<strong>in</strong>en alten Konflikt unsichtbar zu machen, müssen und<br />
wollen wir etwas entgegensetzen: unser Widerst<strong>an</strong>d geht weiter!<br />
Schon immer im jahrzehntel<strong>an</strong>gen Kampf gegen Atom<strong>an</strong>lagen<br />
g<strong>in</strong>g es um mehr: der Streit gegen AKWs war für viele der Beteiligten<br />
gleichzeitig Kampf für die Befreiung aus e<strong>in</strong>er Wirtschaftsordnung,<br />
<strong>in</strong> der Wachstum ohne Ende und Profitmaximierung die gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse diktieren. Der Staat fungiert hier als H<strong>an</strong>dl<strong>an</strong>ger<br />
<strong>von</strong> Konzernen wie RWE, Vattenfall, EnBW und E.on, um deren Interessen<br />
durchzusetzen. Gleichzeitig ist er bemüht, se<strong>in</strong> Machtmonopol<br />
aufrechtzuerhalten. So wird die Atompolitik gegen <strong>den</strong> breiten<br />
gesellschaftlichen Protest immer wieder durchgesetzt. Dies zeigt sich<br />
besonders deutlich, wenn Atommüll-Tr<strong>an</strong>sporte quer durchs L<strong>an</strong>d <strong>von</strong><br />
e<strong>in</strong>em riesigen Polizeiaufgebot „geschützt“ wer<strong>den</strong>. Denn diese Tr<strong>an</strong>sporte<br />
bieten e<strong>in</strong>e gute Gelegenheit, Staat und Wirtschaft zu zeigen, was<br />
wir <strong>von</strong> ihrer Politik halten!<br />
Im November soll es nach <strong>den</strong> Plänen der Bundesregierung wieder<br />
e<strong>in</strong>en Castortr<strong>an</strong>sport <strong>in</strong>s Wendl<strong>an</strong>d geben. Es wird der letzte Tr<strong>an</strong>sport<br />
aus der Wiederaufbereitungs<strong>an</strong>lage im fr<strong>an</strong>zösischen La Hague se<strong>in</strong>. In<br />
<strong>den</strong> verg<strong>an</strong>genen Jahren verlief<br />
die Fahrt des Atomzuges nicht<br />
störungsfrei: Hakenkrallen und<br />
Feuer sabotierten <strong>den</strong> Zugverkehr,<br />
<strong>an</strong> vielen Bahnhöfen entl<strong>an</strong>g<br />
der Strecke versammelten<br />
sich zehntausende Menschen<br />
zu Blocka<strong>den</strong> und Kundgebungen<br />
oder ketteten sich <strong>an</strong><br />
die Gleise. Dieser erfolgreiche,<br />
<strong>in</strong>ternationale Widerst<strong>an</strong>d<br />
war möglich, obwohl der Zug<br />
regelmäßig <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er g<strong>an</strong>zen<br />
Armada <strong>von</strong> bewaffneten und<br />
gep<strong>an</strong>zerten Polizist_<strong>in</strong>nen<br />
samt technischer Ausrüstung<br />
begleitet wird.<br />
Spätestens ab der Grenze<br />
<strong>in</strong>s Wendl<strong>an</strong>d benimmt sich die Polizei wie e<strong>in</strong>e Besatzungsarmee.<br />
Das Wendl<strong>an</strong>d ist jedes Jahr vollgestopft mit Cops und ihren PKW‘s,<br />
LKW‘s, Räump<strong>an</strong>zern, Wasserwerfern und <strong>an</strong>derem uniformierten<br />
Gerümpel. Den Leuten im Wendl<strong>an</strong>d geht das seit Jahren auf <strong>den</strong> Keks<br />
– ständige Kontrollen und Überwachung, die schon zwei Monate vor<br />
dem eigentlichen Tr<strong>an</strong>sport offensichtlich zunehmen. 2010 haben bereits<br />
die Bauern und Bäuer_<strong>in</strong>nen durch massive Straßenblocka<strong>den</strong> im<br />
H<strong>in</strong>terl<strong>an</strong>d sehr erfolgreich <strong>den</strong> Raum des Widerst<strong>an</strong>des erweitert. E<strong>in</strong><br />
autonomes Konzept, das auch zu früheren Zeiten <strong>von</strong> e<strong>in</strong>igen praktiziert<br />
wurde. Die autonomen Treckergruppen haben es im verg<strong>an</strong>genen<br />
Jahr wieder mal deutlich gemacht: Besatzer_<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d <strong>an</strong>greifbar. Sie<br />
s<strong>in</strong>d abhängig da<strong>von</strong>, dass sie mit Essen und Getränken versorgt wer<strong>den</strong><br />
– <strong>den</strong>n <strong>in</strong> <strong>den</strong> Voküs des Widerst<strong>an</strong>des bekommen sie nichts. Sie<br />
s<strong>in</strong>d <strong>an</strong>gewiesen auf Dixie-Klos <strong>an</strong> der Strecke – <strong>den</strong>n wer will schon<br />
Besatzer_<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>s Haus und aufs Klo lassen? Und sie s<strong>in</strong>d <strong>an</strong>gewiesen<br />
auf Nachschub, wenn sie nach zehn oder mehr Stun<strong>den</strong>schichten mal<br />
e<strong>in</strong>e Pause brauchen. Auch Besatzer_<strong>in</strong>nen wer<strong>den</strong> irgendw<strong>an</strong>n müde<br />
vom stun<strong>den</strong>l<strong>an</strong>gen Rumstehen, Blockierer_<strong>in</strong>nen wegtragen und verprügeln,<br />
kurz gesagt: erschöpft da<strong>von</strong>, <strong>den</strong> H<strong>an</strong>dl<strong>an</strong>gerjob für die Atom<strong>in</strong>dustrie<br />
und ihre staatlichen Unterstützer_<strong>in</strong>nen zu machen.<br />
Die Räume des Widerst<strong>an</strong>des erweitern heißt für uns, diesen Nachschub<br />
zu blockieren und zu sabotieren. Aufhalten lassen sich Wagenkolonnen<br />
beispielsweise durch Materialblocka<strong>den</strong> und ohne Luft <strong>in</strong><br />
<strong>den</strong> Reifen fährt es sich auch g<strong>an</strong>z schlecht. Und verlässt das Essen die<br />
K<strong>an</strong>t<strong>in</strong>e nicht oder wird umverteilt, gibt es ke<strong>in</strong>e Versorgung. Die Möglichkeiten<br />
s<strong>in</strong>d vielfältig!<br />
Für uns gilt weiterh<strong>in</strong>: Atomausstieg bleibt H<strong>an</strong>darbeit, es gibt<br />
ke<strong>in</strong>en Kompromiss mit dem Atomstaat. Wir sehen uns ab dem<br />
24.11.2011 im Wendl<strong>an</strong>d!
RIGAER 94<br />
JugEndrEvoltEn <strong>in</strong> Europa<br />
London, Paris, Barcelona – es kocht!<br />
n der gegenwärtigen Krise versuchen die europäischen Regierungen<br />
i ihre jeweiligen eigenen Wirtschaftssysteme durch Sparmaßnahmen<br />
zu retten. Das G<strong>an</strong>ze geht zu Lasten <strong>von</strong> Menschen, die ohneh<strong>in</strong> bereits<br />
zu <strong>den</strong> Benachteiligten im kapitalistischen Konsum-Spektakel<br />
gehören. Die Umverteilung <strong>von</strong> Unten nach Oben nimmt immer größere<br />
Ausmaße <strong>an</strong>.<br />
Auch Jugendliche s<strong>in</strong>d <strong>von</strong> <strong>den</strong> sozialen E<strong>in</strong>schnitten stark betroffen.<br />
Lebenswege, deren Beschreiten gesellschaftliche Anerkennung verspricht,<br />
stehen vielen nicht mehr offen: so wur<strong>den</strong> Ende 2010 die ohneh<strong>in</strong><br />
horren<strong>den</strong> Studiengebühren <strong>in</strong> Engl<strong>an</strong>d verdreifacht, <strong>in</strong> Sp<strong>an</strong>ien und Griechenl<strong>an</strong>d<br />
kletterte die Jugendarbeitslosigkeit 2011 bereits auf bis zu 43%.<br />
Doch die Jugend lässt sich das nicht ohne weiteres gefallen – sie revoltiert!<br />
Natürlich gibt es „die Jugend“ als e<strong>in</strong>heitliche soziale Gruppe<br />
nicht. Und so hat der Protest viele unterschiedliche Gesichter – sowohl<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Ländern als auch <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Revolte <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
und derselben Stadt.<br />
SPANIEN<br />
Inspiriert vom arabischen Frühl<strong>in</strong>g, f<strong>an</strong><strong>den</strong> sich nach e<strong>in</strong>er Demonstration<br />
gegen die Korruption vieler sp<strong>an</strong>ischer Politiker_<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Madrid<br />
immer mehr Menschen auf dem zentralen Platz Puerta del Sol<br />
e<strong>in</strong> und besetzten ihn. Dieser spont<strong>an</strong>en Rebellion <strong>von</strong> vornehmlich<br />
Jugendlichen und Stu<strong>den</strong>t_<strong>in</strong>nen schlossen sich viele unterschiedliche<br />
Menschen <strong>an</strong> und <strong>in</strong> allen größeren Städten wur<strong>den</strong> Protest-Camps auf<br />
zentralen Plätzen errichtet. Das war der Anf<strong>an</strong>g der „Movimiento 15-<br />
M“ (Bewegung 15. Mai).<br />
GRIECHENLAND<br />
Die Menschen <strong>in</strong> Griechenl<strong>an</strong>d s<strong>in</strong>d moment<strong>an</strong> mit e<strong>in</strong>em g<strong>an</strong>z besonders<br />
harten Sparkurs der Regierung konfrontiert, der das E<strong>in</strong>kommen<br />
<strong>von</strong> Vielen weit unter das Existenzm<strong>in</strong>imum rutschen lässt. Es kommt<br />
immer wieder zu massiven Streiks und zu brutalen Versuchen der Unterdrückung<br />
der Proteste durch die Polizei auf dem zentralen Syntagma-Platz<br />
<strong>in</strong> Athen. Doch mit enormer Entschlossenheit setzen sich<br />
die Menschen gegen die Angriffe zur Wehr. Unterdessen haben Schüler_<strong>in</strong>nen<br />
über 400 ihrer Schulen besetzt und die Stu<strong>den</strong>t_<strong>in</strong>nen über<br />
100 Fakultäten. Unterstützung erhielten sie unter <strong>an</strong>derem <strong>von</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Lehrkräften und Dozent_<strong>in</strong>nen. Sie wehren sich gegen die Verschlechterung<br />
der Bed<strong>in</strong>gungen <strong>von</strong> Lehre und Studium und die Rücknahme<br />
bereits erkämpfter Errungenschaften wie der Bereitstellung kostenloser<br />
Schulbücher. Denn sie mussten d<strong>an</strong>k der Sparmaßnahmen erstmalig<br />
ohne die Bücher <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Schuljahr starten.<br />
GRoSSBRITANNIEN<br />
In London g<strong>in</strong>gen im Dezember 2010 Zehntausende <strong>von</strong> Schüler_<strong>in</strong>nen<br />
und Stu<strong>den</strong>t_<strong>in</strong>nen auf die Straße, um gegen die gepl<strong>an</strong>te Verdreifachung<br />
der Studiengebühren zu protestieren. Es kam zu Straßenschlachten<br />
und die Parteizentrale der Konservativen wurde gestürmt.<br />
Die Regierung ignorierte die Proteste und w<strong>in</strong>kte das Gesetz durch.<br />
Auch <strong>von</strong> Seiten der Lehren<strong>den</strong> herrschte großes Unverständnis über<br />
ANTIFA JUGENDINFO<br />
2011<br />
die <strong>an</strong>schließen<strong>den</strong> repressiven staatlichen Maßnahmen. „Fenster zerschlagen<br />
ist nichts im Vergleich zur Zerschlagung des Bildungssystems“,<br />
hieß es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bekundung, die auch Dozent_<strong>in</strong>nen unterschrieben.<br />
Im August 2011 brach <strong>in</strong> Großbrit<strong>an</strong>nien erneute e<strong>in</strong>e Revolte<br />
aus. Auslöser war diesmal die Tötung Mark Dugg<strong>an</strong>s durch die Polizei,<br />
die sich <strong>an</strong>schließend, wie gewohnt, ihrer Ver<strong>an</strong>twortung entzog.<br />
Diesmal verliehen als erstes die unterprivilegierten Jugendlichen aus<br />
Tottenham ihrer Wut auf der Straße Ausdruck. Der Zug<strong>an</strong>g zu e<strong>in</strong>em<br />
<strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Beruf und damit der E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die - <strong>an</strong> jeder Straßenecke<br />
- <strong>an</strong>gepriesene Konsumgesellschaft bleibt ihnen oft schon alle<strong>in</strong><br />
aufgrund ihrer Herkunft aus dem verrufenen Londoner Viertel verwehrt.<br />
Die tagel<strong>an</strong>g <strong>an</strong>dauern<strong>den</strong> Straßenkämpfe weiteten sich auch<br />
auf <strong>an</strong>dere britische Städte aus. E<strong>in</strong>e Artikulation politischer Forderungen,<br />
die die Regierung <strong>in</strong> der Verg<strong>an</strong>genheit geflissentlich ignorierte,<br />
blieb bei dieser Revolte aus. Auch hatte sie ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches<br />
Ziel: <strong>an</strong> e<strong>in</strong>er Stelle wurde die Polizei, die die Jugendlichen seit l<strong>an</strong>gem<br />
systematisch schik<strong>an</strong>iert, gezielt <strong>an</strong>gegriffen, <strong>an</strong> <strong>an</strong>derer Stelle wurde<br />
sie umg<strong>an</strong>gen, um sich ungestört die verwehrten Konsumgüter durch<br />
Plünderungen <strong>an</strong>eignen zu können. An wieder <strong>an</strong>deren Orten eskalierte<br />
die Situation dermaßen, dass Menschen getötet und Wohnhäuser<br />
abgefackelt wur<strong>den</strong>.<br />
Medien und Politik nutzten bereitwillig dieses gebrauchsfertige<br />
S<strong>in</strong>nbild für das Böse des Aufst<strong>an</strong>ds im Allgeme<strong>in</strong>en, um je<strong>den</strong> Protest<br />
zu diffamieren und die Aufständischen als bloße Krim<strong>in</strong>elle darzustellen<br />
und aus dem größeren Kontext zu reißen.<br />
Um so wichtiger ist es, <strong>in</strong> kommen<strong>den</strong> Aufstän<strong>den</strong> eigene Akzente<br />
zu setzen, die nicht <strong>von</strong> der Verbitterung des Ausschlusses aus der<br />
Konsumgesellschaft dom<strong>in</strong>iert wer<strong>den</strong>, sondern <strong>von</strong> dem Wunsch, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er solidarischen Gesellschaft zu leben, die die Menschen nicht nach<br />
kapitalistischen Normen bewertet.<br />
Enough is enough – für selbstbestimmtes Leben und Lernen!<br />
21
ANTIFA JUGENDINFO<br />
22 2011<br />
ANTIFASCHISTISCHE LINKE JUGEND<br />
allE<strong>in</strong> maChEn SiE diCh E<strong>in</strong> ...<br />
Komm zur Jugend<strong>an</strong>ftifa!<br />
d<br />
u bist genervt vom gesellschaftlichen Normalzust<strong>an</strong>d. In der Schule<br />
ist der Leistungsdruck d<strong>an</strong>k MSA und Turboabi noch größer gewor<strong>den</strong>.<br />
Die Aussichten e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz zu bekommen s<strong>in</strong>d<br />
noch weiter gesunken. E<strong>in</strong> selbstbestimmtes Studium ist d<strong>an</strong>k Bachelor<br />
und Masterstudiengängen schon l<strong>an</strong>ge kaum mehr möglich, wenn<br />
du es dir <strong>den</strong>n überhaupt leisten k<strong>an</strong>nst. Die Mieten steigen immer<br />
mehr und das heißt d<strong>an</strong>n für immer mehr Menschen aus ihren alten<br />
Kiezen wegzuziehen und Platz zu machen für neue teure Cafés und<br />
schicke Designerlä<strong>den</strong>. Die paar Jugendclubs, die noch nicht geschlossen<br />
wor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, können aus Geldm<strong>an</strong>gel immer weniger <strong>an</strong>bieten<br />
und de<strong>in</strong>e Eltern müssen demnächst wieder zum Amt.<br />
Nazis ziehen wieder durch die Stadt, auch <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Straße hängen<br />
widerliche Plakate mit dem Slog<strong>an</strong> „Gas geben“ und die Zahlen rechter<br />
Straftaten s<strong>in</strong>d auch 2011wieder auf Rekordniveau. Was macht die<br />
Polizei? Verschweigt e<strong>in</strong>fach die Nazidemos, um <strong>den</strong> Protest dagegen<br />
zu erschweren; sie hört <strong>in</strong> Dres<strong>den</strong> über 1. Mio. H<strong>an</strong>dygespräche ab,<br />
um gegen Menschen zu ermitteln, die Europas größten Naziaufmarsch<br />
blockiert haben; sie durchsucht die Räume e<strong>in</strong>es Pfarrers <strong>in</strong> Jena, weil<br />
dieser zu Zivilcourage aufgerufen hat oder prügelt ,wie im September<br />
<strong>in</strong> Dortmund geschehen, <strong>den</strong> Nazis <strong>den</strong> Weg frei, natürlich alles mit<br />
Rückendeckung der Politik...<br />
Dies alles s<strong>in</strong>d nur E<strong>in</strong>zelbeispiele, die exemplarisch für das stehen, was<br />
uns nervt. E<strong>in</strong>e Gesellschaft, <strong>in</strong> der nur das Geld und die Verwertbarkeit<br />
des Menschen im Vordergrund stehen, wo trotz Überfluss Menschen<br />
hungern und auf der Straße leben müssen, damit die Preise stabil<br />
bleiben. E<strong>in</strong>e Gesellschaft <strong>in</strong> der Reiche immer reicher und Arme<br />
immer ärmer wer<strong>den</strong> und so get<strong>an</strong> wird, als wäre das normal. E<strong>in</strong>e<br />
Gesellschaft, die immer mehr auf Repression und Überwachung setzt<br />
und wer nix zu verbergen hat, sich nicht beschweren soll, wenn H<strong>an</strong>dygespräche<br />
mitgehört und Emails gelesen wer<strong>den</strong> und die g<strong>an</strong>ze<br />
Stadt mit Videokameras zugeschissen ist – natürlich nur zu unserer<br />
eigenen Sicherheit. E<strong>in</strong>e Gesellschaft, <strong>in</strong> der „m<strong>an</strong> es ertragen muss“,<br />
dass Nazis ihre menschenverachtende Propag<strong>an</strong>da verbreiten und <strong>in</strong><br />
der diejenigen, die sich ihnen entgegenstellen, wer<strong>den</strong> als „Chaoten<br />
und Gewalttäter“ bezeichnet... Doch am meisten nervt uns, dass uns<br />
ständig e<strong>in</strong>gebläut wird, wir könnten dar<strong>an</strong> nix ändern.<br />
Bullshit! Diese Welt ist <strong>von</strong> Menschen gemacht und somit auch <strong>von</strong><br />
ihnen zu verändern. Und genau dies erleben wir <strong>in</strong> immer mehr Teilen<br />
dieser Welt. Ob die Aufstände im Nahen Osten, die Jugendrevolte <strong>in</strong><br />
Sp<strong>an</strong>ien, der Widerst<strong>an</strong>d Hunderttausender <strong>in</strong> Griechenl<strong>an</strong>d und Italien<br />
gegen die Folgen der <strong>von</strong> B<strong>an</strong>ken und Unternehmen verursachten<br />
Krise, oder die Sozialproteste <strong>in</strong> Israel. Überall auf der Welt versuchen<br />
immer mehr Menschen ihr Schicksal <strong>in</strong> die eigene H<strong>an</strong>d zu<br />
nehmen. Auch hierzul<strong>an</strong>de wird der Unmut gegen die tagtäglichen<br />
gesellschaftlichen Zumutungen immer deutlicher. Immer mehr<br />
Menschen haben die Schnauze gestrichen voll <strong>von</strong> der Lüge, dass es im<br />
Kapitalismus Glück und Wohlst<strong>an</strong>d für Alle gibt und f<strong>an</strong>gen <strong>an</strong>, sich<br />
Ged<strong>an</strong>ken zu machen, ob es nicht noch mehr im Leben gibt, als Schule,<br />
Arbeit, Rente...<br />
Alle<strong>in</strong> - so viel ist klar – wirst du es nicht schaffen, diese Welt zu ändern.<br />
Dazu braucht es mehr Menschen wie dich. Zusammen s<strong>in</strong>d wir<br />
stark, können uns <strong>in</strong> unseren Erfahrungen, Vorstellungen und Ängsten<br />
austauschen und geme<strong>in</strong>sam für Veränderungen kämpfen. In diesem<br />
S<strong>in</strong>ne: Org<strong>an</strong>isiere dich! Such dir Gleichges<strong>in</strong>nte! Tut euch zusammen<br />
und bildet B<strong>an</strong><strong>den</strong>! Oder mach mit bei <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Gruppen,<br />
die <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gegen Nazis, Staat und Kapital kämpfen.<br />
Zusammen heben wir die Welt aus <strong>den</strong> Angeln – sei Teil des kommen<strong>den</strong><br />
Aufst<strong>an</strong>des!
Autonome Antifa Berl<strong>in</strong> (A2B)<br />
Antifaschistische L<strong>in</strong>ke Berl<strong>in</strong> (ALB) > www.<strong>an</strong>tifa.de<br />
Antifaschistische Initiative Re<strong>in</strong>ickendorf (AIR) > air.<strong>an</strong>tifa.de<br />
Antifa Jugendaktion Kreuzberg (AJAK) > www. ajak.tk<br />
Rigaer 94 > rigaer94.squat.net<br />
Siempre Antifascista > siempre.red-sk<strong>in</strong>s.de<br />
Antifa Friedrichsha<strong>in</strong> (AFH) > <strong>an</strong>tifa-fh.de.vu<br />
Antifa Hohenschönhausen (AH) > ah.<strong>an</strong>tifa.de<br />
Antifaschistische Initiative Schöneberg (AIS) > ais.blogsport.de<br />
Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berl<strong>in</strong> (ARAB) > arab.blogsport.de<br />
Red <strong>an</strong>d Anarchist Sk<strong>in</strong>heads Berl<strong>in</strong> (RASH) > red-sk<strong>in</strong>s.de<br />
impressum / rechtliche h<strong>in</strong>weise<br />
Diese Ausgabe des Antifajugend<strong>in</strong>fo<br />
erschien im Rahmen der Silvio-Meier-Demo<br />
im Herbst 2011 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />
v.i.S.d.p.:<br />
Rosalie P<strong>in</strong>k, Silvio-Meier-Str. 92, 10247 Berl<strong>in</strong><br />
Die Verteiler_<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d nicht i<strong>den</strong>tisch<br />
mit der Redaktion oder <strong>den</strong> Autor_<strong>in</strong>nen der<br />
<strong>in</strong> dieser Broschüre veröffentlichten Texte.<br />
Diese Broschüre bleibt bis zu ihrer<br />
Aushändigung Eigentum des/der Absender_<strong>in</strong>.<br />
„Zur Habenahme“ ist ke<strong>in</strong>e persönliche<br />
Aushändigung im S<strong>in</strong>ne dieses Vorbehalts.
<strong>in</strong> <strong>ge<strong>den</strong>ken</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>von</strong> <strong>faschisten</strong> <strong>ermordeten</strong> silvio meier<br />
www.silviomeier.de.vu<br />
19.<br />
nov.<br />
silvio<br />
meier<br />
21.<br />
nov. mahnwache<br />
17 uhr u-Bhf. SamariterStraSSe<br />
19.<br />
nov.<br />
demo<br />
Party<br />
21 uhr K<strong>in</strong>zigStr. 9<br />
15 uhr u-Bhf. SamariterStr.