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Riskante Arbeitswelt im Spiegel der Supervision

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Rolf Haubl (Hg.), <strong>Riskante</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>im</strong> <strong>Spiegel</strong> <strong>der</strong> <strong>Supervision</strong><br />

<strong>Riskante</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>im</strong> <strong>Spiegel</strong> <strong>der</strong> <strong>Supervision</strong> 19<br />

Organisationen als Märkte<br />

Die gegenwärtige Entwicklung zu einer radikalen Marktgesellschaft spiegelt sich auch<br />

in den Organisationen. Die Tendenz zur Monetarisierung des Erfolgs durch die Konzentration<br />

auf den Gewinn lässt das Zustandekommen durch Leistung weitestgehend<br />

außer Acht. Beson<strong>der</strong>s <strong>im</strong> wirtschaftlichen Bereich spielen Gewinne und nicht Leistungsbeiträge<br />

die entscheidende Rolle. Dem entsprechend verliert Leistung an Distinktionskraft.<br />

Es gilt das Prinzip: höchstmögliche Gewinne mit dem geringsten Aufwand<br />

zu erzielen. Best<strong>im</strong>mt durch Quartalsabschlüsse werden Gehälter an Son<strong>der</strong>prämien<br />

und Bonussysteme gekoppelt. Diese Prämien sind allerdings unter an<strong>der</strong>em durch<br />

Zufälle, Risiken o<strong>der</strong> Marktentwicklungen best<strong>im</strong>mt, sodass Erfolge nicht allein auf<br />

eigene Leistung zurückgehen. Der Markt best<strong>im</strong>mt zudem die Anfor<strong>der</strong>ungen, denen<br />

sich die Organisationen anpassen müssen: Kurzfristige, wenig vorhersehbare und sehr<br />

unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungen verlangen ein hohes Maß an Flexibilität, das die Organisationen<br />

ihren Beschäftigten zumuten. Die Arbeitsverhältnisse zeichnen sich neben<br />

den erwähnten Bonussystemen zunehmend durch atypische Beschäftigungsverhältnisse<br />

und Niedriglohnarbeit aus. Diese flexiblere Handhabung <strong>der</strong> Beschäftigungsformen<br />

soll den Organisationen helfen, auf die schnellen strukturellen Entwicklungen reagieren<br />

zu können, für die Beschäftigten bleibt dies nicht ohne Folgen.<br />

Auswirkungen auf die Beschäftigten<br />

Der sachliche Eigenwert von Leistung o<strong>der</strong> sogar Leistungsstolz, den die Beschäftigten<br />

in <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft durch kulturelles Kapital in Form von Experten- o<strong>der</strong><br />

Erfahrungswissen erreichen konnten, wird in seiner Bedeutung degradiert. Das erfolgsorientierte<br />

Verständnis von Leistung entwertet außerdem den Anspruch <strong>der</strong><br />

Beschäftigten auf Anerkennung ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft.<br />

Qualifikation und Bildung sind nur dann von Bedeutung, wenn sie profitabel eingesetzt<br />

werden können.<br />

Für die Beschäftigten beinhaltet <strong>der</strong> Strukturwandel <strong>der</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> eine Auffor<strong>der</strong>ung<br />

zu einer hohen leistungsbezogenen Flexibilität. Dies äußert sich z. B. in komplexen,<br />

zum Teil unklaren Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen und ausufernden Arbeitszeiten.<br />

Die Orientierung <strong>der</strong> Organisationen am Erfolg, überlässt den Beschäftigten die<br />

Aufgabe einer selbständigen Arbeitsorganisation. Dies kann eine Entgrenzung <strong>der</strong><br />

Leistungsbereitschaft bewirken, da Leistung <strong>im</strong> Sinne ihrer Aufwandsd<strong>im</strong>ension nicht<br />

in den Erfolg eingerechnet wird. Im Umkehrschluss müssen die Beschäftigten die<br />

Flexibilisierungsfor<strong>der</strong>ungen psychisch integrieren, um erfolgreich in ihrer Arbeit zu<br />

sein, auch wenn dies Überstunden, Leistungsdruck und Überfor<strong>der</strong>ung bedeutet.<br />

Dies hat Auswirkungen, die auch die Grenzen <strong>der</strong> Organisationen überschreiten,<br />

wodurch das Privatleben <strong>der</strong> Beschäftigten in Mitleidenschaft gezogen wird: Gesteigerte<br />

Konkurrenz, Stress, häufige Überstunden und Frustration sind nur einige <strong>der</strong><br />

Folgen, die sich belastend auf die Beschäftigten auswirken und nicht selten zu starken<br />

gesundheitlichen Beschwerden führen.<br />

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />

ISBN Print: 978-3-525-40333-4 — ISBN E-Book: 978-3-647-40333-5

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