16.10.2012 Aufrufe

Riskante Arbeitswelt im Spiegel der Supervision

Riskante Arbeitswelt im Spiegel der Supervision

Riskante Arbeitswelt im Spiegel der Supervision

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

18 <strong>Riskante</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>im</strong> <strong>Spiegel</strong> <strong>der</strong> <strong>Supervision</strong><br />

Leistung<br />

Rolf Haubl (Hg.), <strong>Riskante</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>im</strong> <strong>Spiegel</strong> <strong>der</strong> <strong>Supervision</strong><br />

Nora Alsdorf und Saskia M. Fuchs<br />

Leistung ist zunächst ein Begriff, <strong>der</strong> typischerweise einen Anspruch auf Gegenleistung<br />

nach sich zieht. Dieser umfassende Begriff wird in seiner Bedeutung durch die Gesellschaft<br />

und dabei insbeson<strong>der</strong>e durch den Strukturwandel <strong>der</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> stark geprägt.<br />

Zudem beeinflusst die Beziehung zwischen Kultur und Ökonomie das Verständnis von<br />

Leistung. So ist ein weitreichen<strong>der</strong> Bedeutungswandel des Sozial- und Kulturkapitals<br />

zu erkennen, <strong>der</strong> eine sukzessive und <strong>im</strong>mer radikalere Vermarktlichung aller sozialen<br />

Lebensbereiche anzeigt:<br />

Die Annahme, dass erst die Kultur den Besitzern ökonomischen Kapitals eine Unterscheidung<br />

gegenüber an<strong>der</strong>en Klassen ermöglicht, verliert in <strong>der</strong> heutigen Gesellschaft<br />

anscheinend an Bestand. Der neue Kapitalismus, <strong>der</strong> ganz auf die Distinktionskraft<br />

des Geldes setzt, lässt Kultur und Bildung als Unterscheidungsmerkmale für die gesellschaftliche<br />

Positionierung in den Hintergrund treten. Der Wandel des Kultur- und<br />

Sozialkapitals und seine Beutung <strong>im</strong> Kontext <strong>der</strong> Leistung kann durch die Betrachtung<br />

seiner Grundprinzipien verdeutlicht werden:<br />

In <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft wird kulturelles Kapital mit <strong>der</strong> Leistung verrechnet,<br />

die eine Person in Form von Wissen und Fähigkeiten erworben hat. Das Kulturkapital<br />

umfasst demnach, was gemeinhin unter Bildung verstanden wird. Es setzt einen<br />

zeitaufwendigen Prozess <strong>der</strong> Verinnerlichung voraus, wodurch es nur aus eigener Kraft<br />

erworben und nicht übertragen werden kann. Das kulturelle Kapital manifestiert sich<br />

über die bürgerliche Berufsidee <strong>im</strong> Wertekanon und wird durch die Vergabe von Titeln<br />

und Stellen öffentlich legit<strong>im</strong>iert. Dadurch erhält eine Person institutionelle Anerkennung<br />

für das von ihr besessene Kulturkapital.<br />

Hingegen wird das Sozialkapital mit dem gesellschaftlichen Erfolg einer Person verrechnet.<br />

Es umfasst potenzielle Ressourcen in Form von sozialen Netzwerken, die auf gegenseitigem<br />

Kennen und Anerkennen beruhen. Erfolg <strong>im</strong> Bereich des sozialen Kapitals lässt<br />

sich heutzutage vornehmlich an dem materiellen Status einer Person ablesen. Wird <strong>der</strong><br />

Erfolg zur wesentlichen Quelle <strong>der</strong> Anerkennung und somit <strong>der</strong> soziale Statusgewinn von<br />

Leistung – Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft – auf puren ökonomischen Erfolg<br />

verschoben, entsteht ein Bruch in <strong>der</strong> Sozialstruktur und letztlich ein sozialmoralischer<br />

Wandel. Dadurch wird das Selbstverständnis <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft verän<strong>der</strong>t. Der<br />

zentrale normative Bezugsrahmen, <strong>der</strong> Leistung als rechtfertigungsfähigen Maßstab <strong>der</strong><br />

Statusvergabe festlegt, wird in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft aufgehoben. Ökonomischer<br />

Erfolg entwickelt sich zu einer eigenen Kategorie, indem wirtschaftlicher Wohlstand, <strong>der</strong><br />

zuvor als Zeichen eigener erbrachter Leistung gegolten hat, zu einem Wert an sich avanciert.<br />

Wird wirtschaftlicher Wohlstand unabhängig von <strong>der</strong> erbrachten Leistung gesellschaftlich<br />

als Erfolg betrachtet, verliert dadurch <strong>der</strong> Eigenwert von Leistung an Bedeutung.<br />

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />

ISBN Print: 978-3-525-40333-4 — ISBN E-Book: 978-3-647-40333-5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!