Nichtlineare Spektralanalyse zur bildgebenden ... - NDT.net
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DGZfP-Berichtsband 94-CD DGZfP-Jahrestagung 2005<br />
Vortrag 46 2.-4. Mai, Rostock<br />
<strong>Nichtlineare</strong> <strong>Spektralanalyse</strong> <strong>zur</strong> <strong>bildgebenden</strong> Defektfrüherkennung<br />
K. Pfleiderer, I. Solodov, and G. Busse<br />
Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde (IKP)<br />
Pfaffenwaldring 32, D-70569 Stuttgart<br />
e-mail: pfleiderer@ikp.uni-stuttgart.de<br />
1. Zusammenfassung:<br />
Bei der herkömmlichen Ultraschallprüfung werden in erster Linie Amplituden- und zeitliche<br />
Veränderungen in der Bauteilantwort bei monofrequenter Anregung ausgewertet, die von<br />
Streuung, Reflexion und Ausbreitung der akustischen Prüfwelle an Defekten abhängen.<br />
Allerdings zeigen Bruchdefekte wie Impacts, Risse und Delaminationen nichtlineares<br />
Verhalten, was zu zusätzlichen Spektralkomponenten führt, die sich <strong>zur</strong> Fehlerdetektion<br />
eignen. Neben Höherharmonischen und Seitenbändern aufgrund der defektbedingten<br />
Steifigkeitsmodulation geht der Vortrag auf Subharmonische und Frequenzpaare sowie<br />
Vielfache dieser Frequenzen ein. Letztere lassen sich durch nichtlineare resonante<br />
Eigenschaften der Defektbereiche erklären. Im Gegensatz <strong>zur</strong> Anregungsfrequenz sind die<br />
nichtlinearen Spektralkomponenten auf den Bereich der Quelle (also den nichtlinearen<br />
Defekt) begrenzt und können deshalb auch <strong>zur</strong> Fehlerlokalisierung dienen.<br />
Um diese spektralen Defektmerkmale zu detektieren und darzustellen, wurden verschiedene<br />
Prüfobjekte im Bereich von 20-40 kHz angeregt und ihre Fehler mit einem scannenden<br />
Laservibrometer (bis 1MHz) detektiert.<br />
Abhängig vom Defekt sind die spektralen Merkmale unterschiedlich verteilt, daher hängt die<br />
Detektionswahrscheinlichkeit stark von der Erfahrung des Prüfers ab. Aufgrund des hohen<br />
zeitlichen Aufwandes bei der spektralen Auswertung kann nämlich der Prüfer nur wenige<br />
Frequenzbänder berücksichtigen. Um die Nachweisbarkeit nichtlinearer Defekte zu erhöhen,<br />
kamen deshalb Bildverarbeitungsroutinen zum Einsatz. Indem unabhängig von den<br />
Entstehungsmechanismen die Defektmerkmale (einige Frequenzbänder) extrahiert und dann<br />
die Informationen zusammengeführt wurden, gelang ein erster Schritt <strong>zur</strong> Automatisierung<br />
der nichtlinearen Schwingungsanalyse.<br />
2. Einleitung<br />
<strong>Nichtlineare</strong> Resonanz und instabile nichtlineare Zustände waren lange nur ein Feld<br />
theoretischer Überlegungen mit ungewisser praktischer Anwendbarkeit [1]. Die Tatsache,<br />
dass diese Phänomene beim Zusammenspiel elastischer Wellen mit Defekten auftreten<br />
können, wurde erst in den letzten 5 Jahren entdeckt. Deshalb ist die Forschung an diesen<br />
Themen noch in vollem Gange.<br />
Die Untersuchungen mit nichtlinearen Defektresonanzen zeigen zwei für die ZfP interessante<br />
Eigenschaften: Zum einen das Schwellwertverhalten der nichtlinearen Schwingungszustände,<br />
was eine Defektcharakterisierung zulässt, und zum anderen die sehr hohe Zuverlässigkeit und<br />
Lokalisierbarkeit des Defektbereichs aufgrund des großen Signal-Rauschabstandes. Diese<br />
Eigenschaften machen das nichtlineare Verhalten zu einem einzigartigen Instrument für die<br />
zerstörungsfreie Prüfung, mit dem nichtlineare Fehler selektiv und bildgebend dargestellt<br />
werden können. Die Fehler umfassen eine große Variationsbreite von Kontakt-Fehlern und<br />
Unterschiede in Versetzungsdichten (Nano-Bereich) über Materialermüdung (Mikro-Bereich)<br />
bis hin zu Enthaftungen (Makro-Bereich). Da die Kontakt-Fehler (nichtlinear) meist Vorläufer<br />
ernsterer Schädigungen sind, ist die nichtlineare ZfP hier ein empfindliches Verfahren, um<br />
Schädigungen bereits in einem frühen Stadium zu erkennen.
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Vortrag 46 2.-4. Mai, Rostock<br />
3. Linear – Nichtlinear<br />
Üblicherweise geht man bei der <strong>Spektralanalyse</strong> von „linearem“ Materialverhalten aus und<br />
charakterisiert ein Prüfobjekt anhand der gemessenen Resonanzfrequenzen oder der<br />
Dämpfungsbreite. Wird dagegen geschädigtes Material (innere Grenzflächen) mit einer<br />
Prüfwelle beaufschlagt, dann kommt es zu nichtlinearem Verhalten: Klappern und Reiben der<br />
Rissufer (Contact Acoustic Nonlinearity). Dieses nichtlineare Verhalten deformiert die Sinuswelle<br />
und führt zum Auftreten von nichtlinearen Frequenzkomponenten im Antwortspektrum.<br />
4. Eingesetzte Messtechnik<br />
Die Anregung von Ultraschallwellen im Bauteil erfolgt mit Hilfe von mechanisch an die<br />
Prüfobjekte angekoppelten piezoelektrischen Schwingungsgebern. Zur Detektion diente ein<br />
scannendes Laser-Doppler-Vibrometer (PSV 400), wobei die spektrale Verteilung der<br />
Geschwindigkeit der Oberflächenbewegung ausgewertet wurde.<br />
5. Defektmerkmale der nichtlinearen <strong>Spektralanalyse</strong><br />
Weil die nichtlinearen Schwingungszustände in den Defektbereichen lokalisierbar sind, kann<br />
man somit die Quelle der Nichtlinearität, also den Defekt, abbilden.<br />
Der Kontrast bei der <strong>bildgebenden</strong> Darstellung von Nichtlinearitäten hängt von der Stärke der<br />
nichtlinearen Quelle ab, kann aber auch von Schwingungsbäuchen und -knoten stehender<br />
Wellen sowie der akustischen Dämpfung außerhalb des Defektes beeinflusst werden.<br />
5.1. Höherharmonische<br />
Abb. 1 zeigt eine Adaptive Struktur mit zwei eingebetteten Piezoaktoren, wovon der rechte<br />
als Anregungsquelle benutzt wurde. Als Defekt wurde eine Teflonfolie in die Struktur<br />
eingebettet, die eine Enthaftung simuliert. Das mittlere Bild zeigt die Amplitudenverteilung<br />
bei der Anregungsfrequenz, während die Darstellung der Höherharmonischen nur den Defekt<br />
aufgrund seines nichtlinearen Verhaltens darstellt.<br />
Abb.1: Höherharmonische als Defektmerkmal<br />
Als weiteres Beispiel wurden Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffplatten (CFK) mit<br />
unterschiedlichen Impactenergien geschädigt. Bei einer Impactenergie von 4 J ist nur<br />
Rauschen zu sehen, ab einem Schwellwert unterhalb von 16 J ist der Schaden dagegen sowohl<br />
von vorn als auch von hinten einwandfrei nachweisbar. Das Schädigungsverhalten von<br />
Laminaten zeigt in der Regel eine deutliche Zunahme der Schädigung mit der Bauteiltiefe,<br />
weshalb der Schaden auf der Rückseite größer erscheint. Die Ausrichtung lässt sich auf die<br />
Faserorientierung der untersten Lage <strong>zur</strong>ückführen.
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Abb. 2: Nachweis einer Schädigung in CFK in Abhängigkeit von der Impactenergie<br />
5.2. Subharmonische<br />
Berücksichtigt man resonantes Verhalten von Defektbereichen, dann ergibt sich daraus eine<br />
Reihe weiterer nichtlinearer Frequenzphänomene wie Subharmonische oder Frequenzpaare<br />
[2, 3]. Ein Beispiel für die Defektabbildung durch Darstellung der Amplitudenverteilung einer<br />
Subharmonischen ist in Abb. 3 gegeben. Bei einem Wasserstrahlschnitt in eine textile CFK-<br />
Struktur kam es zu einer Delamination. Die Enthaftung erfolgte entlang der Fasern, also der<br />
Orientierung der Struktur ([+45°, 0°, 90°]sym.) folgend.<br />
Abb. 3: Subharmonische als Defektmerkmal<br />
5.3. Kombinationsfrequenzen<br />
Die hohe Nichtlinearität z.B. eines Risses ermöglicht ein effizientes Mischen von Wellen:<br />
tieffrequente Schwingungen modulieren dabei Transmission und Reflexion von<br />
hochfrequenten Ultraschallwellen durch einen Defekt. Dieses nichtlineare Modulieren konnte<br />
als ZfP-Anwendung in ersten Versuchen bereits bei der Rissprüfung von Beton [4], Stahl [5],<br />
Kunststoffteilen aus dem Automobilbereich sowie bei der Verfolgung des Schadens-<br />
Fortschritts in Kunststoffen aufgrund mechanischer Belastung [6] eingesetzt werden. Diese<br />
Arbeiten beinhalten allerdings bisher nur integrale Messungen der Nichtlinearität.<br />
In Abb. 4 wird die scannende nichtlineare Modulation vorgestellt. Dabei geht es um eine<br />
Delamination auf einem Piezoaktor. Die Anregung erfolgte durch einen externen<br />
Piezoschwinger mit 50 kHz und einen weiteren Schwingungsgeber mit 1 kHz. Dargestellt<br />
werden die Höherharmonische (Mitte) und die Kombinationsfrequenz (rechts). Ersteres betont<br />
die rechte Seite der Delamination, während die Kombinationsfrequenz den oberen und
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unteren Teil betont. Daraus lässt sich ableiten, dass unterschiedliche nichtlineare<br />
Frequenzkomponenten unterschiedliche Aspekte eines Defekts markieren.<br />
Abb. 4: Höherharmonische und Kombinationsfrequenzen im Vergleich.<br />
6. Defektmerkmale der nichtlinearen <strong>Spektralanalyse</strong><br />
Um alle Defektinformationen, die sich in den Frequenzbändern der gemessenen<br />
Bauteilschwingungen verbergen, zu berücksichtigen, bedarf es viel Zeit und Erfahrung bei der<br />
Auswertung der Amplitudenverteilung der relevanten Frequenzbänder. Ziel der Bemühungen<br />
war es deshalb, die Auswertung zu automatisieren und die Defektinformation letztendlich auf<br />
nur ein Bild zu reduzieren. Als Beispiel dient eine künstliche Delamination in einer Platte aus<br />
Aluminiumlaminat (Glare®).<br />
6.1. Automatisierte Defekterkennung<br />
Zur Auswertung steht die Geschwindigkeitsverteilung über alle Messpunkte für jedes<br />
detektierte Frequenzband <strong>zur</strong> Verfügung. Dies entspricht bei einer Frequenzauflösung von<br />
250 Hz einem Stapel aus 6400 Bildern. Diese Bilder wurden mit künstlichen Matrizen der<br />
gleichen Dimension korreliert, die verschiedene artifizielle Defektverteilungen enthalten.<br />
Abb. 5 zeigt vier dieser Referenzmatrizen mit Defekten. Als Ergebnis des Vergleiches erhält<br />
man einen Korrelationskoeffizienten, der angibt, bei welcher Frequenz welche<br />
Referenzmatrix mit der gemessenen Matrix wie gut übereinstimmt. Die größte<br />
Übereinstimmung ergibt sich in Abb. 5 bei der kreisförmigen Referenz. Die 5 Frequenzbänder<br />
mit der höchsten Korrelation sind in Abb. 6 gegeben.<br />
Abb. 5: Korrelationsspektren mit künstlichen Matrizen als Referenz
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Abb. 6: Mit Hilfe der Korrelationsspektren ausgewählte Frequenzbänder<br />
6.2. Verbesserung der Defektdarstellung durch Bildverarbeitung<br />
Im vorigen Schritt wurde automatisiert ein kreisrunder Defekt detektiert. Nun soll die<br />
Defektinformation auf eine Abbildung kondensiert werden. Zu diesem Zweck kamen drei<br />
Operationen zum Einsatz: Mittelwertbildung, Quadrierung mit Mittelwertbildung und<br />
Multiplikation (Abb. 7). Bei der Mittelwertbildung bleiben die Defektinformationen erhalten,<br />
allerdings ist der Rauschabstand gering. Im Gegensatz dazu ergibt die Multiplikation einen<br />
scharfen Kontrast, dabei kann es aber zu einem Verlust an Defektinformationen kommen.<br />
Eine Variante, die sowohl alle Defektinformationen als auch einen ausreichenden Signal-<br />
Rausch-Abstand aufweist, ist die Quadrierung kombiniert mit einer Mittelwertbildung.<br />
Abb. 7: Konzentration der Defektinformation durch verschiedene mathematische Operationen<br />
7. Zusammenfassung<br />
Anhand von Anwendungsbeispielen wurden einige nichtlineare Frequenzphänomene wie<br />
Höherharmonische, Subharmonische und Kombinationsfrequenzen vorgestellt. Da die<br />
nichtlinearen Frequenzphänomene auf unterschiedlichen nichtlinearen Eigenschaften eines<br />
Defektes beruhen, lassen sich mit ihrer Hilfe auch unterschiedliche Aspekte visualisieren. Um<br />
dem Prüfer in der Anwendung die Bewertung zu erleichtern, wurden Ansätze <strong>zur</strong><br />
automatisierten Defekterkennung und anschließenden Informationskonzentration<br />
verwirklicht.<br />
8. Danksagung<br />
Die Durchführung der Arbeiten wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms SPP1123<br />
(Subharmonische an Wasserstrahlschnittkante) und dem SFB 381 (Höherharmonische an<br />
CFK-Impact) durch die DFG gefördert.<br />
1 N. Minorsky, Nonlinear oscillations, D. Van Nostrand Co. Inc., Princeton, 1962.<br />
2 N. Krohn, K. Pfleiderer, R. Stoessel, I. Solodov, and G. Busse, Nonlinear Acoustic imaging: fundamentals,<br />
methodology and NDE applications, Acoustical Imaging, Proc. 27 Int. Conf. Acoust. Imaging, Saarbrücken, 2003.<br />
3 I. Solodov, B. Korshak, K. Pfleiderer, J. Wackerl and G. Busse: Nonlinear ultrasonic inspection and NDE using<br />
subharmonic and self-modulation modes, Proc. World Congress on Ultrasonics, S. 1335-1338, Paris, 2003.
DGZfP-Berichtsband 94-CD DGZfP-Jahrestagung 2005<br />
Vortrag 46 2.-4. Mai, Rostock<br />
4 K. Van Den Abeele, and J. De Visscher, Damage assessment in Reinforced concrete using nonlinear nibration<br />
technique, Proc. 15th ISNA, Eds. W. Lauterborn and T. Kurz, Am. Institute of Physics, S. 341 (2000)<br />
5 A.S. Korotkov and A.M. Sutin, Modulation of ultrasound by vibrations in metal constructions with cracks,<br />
Acoustics Letters, V. 18, S. 59, 1994.<br />
6 P.A. Johnson, The new wave in acoustic testing, Materials world, September 1999, S. 544.