Siegfried Prokop • Die Berliner Mauer
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Osten von Pankow bis nach Wladiwostock.“ Erst 36 Stunden<br />
später lieferten die drei westlichen Stadtkommandanten bei<br />
ihrem sowjetischen Kollegen einen offiziellen Protest ab, der<br />
allerdings nicht gerade scharf war.<br />
Der Minister für Gesamtdeutsche Fragen Ernst Lemmer<br />
rief in der Nacht von Berlin aus den Kanzlerstaatssekretär<br />
Hans Globke, einen wegen seiner NS-Vergangenheit umstrittenen<br />
Mann, in Bonn an. Beide diskutieren darüber, ob es<br />
angemessen sei, den 85 Jahre alten Kanzler Konrad Adenauer<br />
aus dem Schlaf zu wecken. Globke entschied sich um 4.30<br />
Uhr für einen Anruf in Bad Honnef. <strong>Die</strong> Witwe Schlief,<br />
Haushälterin des Kanzlers, meldete sich. Es bedurfte einiger<br />
Überredungskunst Globkes, bevor sie bereit war, den „Alten<br />
aus Rhöndorf“ zu wecken. Adenauer bestellte zum Morgen des<br />
13. August Globke und Heinrich Krone, den Vorsitzenden der<br />
CDU-Bundestagsfraktion, zu sich. Sie beschlossen, dass die<br />
Regierung angesichts der Vorgänge in Berlin „Ruhe bewahren“<br />
sollte. Einem Rundfunkreporter des RIAS sagte der Kanzler<br />
ins Mikrofon, dass die Alliierten Gegenmaßnahmen treffen<br />
werden, auf die alle Deutschen vertrauen sollen.<br />
Wie aber reagierten die Regierungschefs der Alliierten?<br />
Charles de Gaulle, Frankreichs Staatspräsident, verbrachte sein<br />
Wochenende auf dem Lande. Der britische Premier Harold<br />
Macmillan weilte zur Moorhuhnjagd in Schottland. Keines der<br />
beiden Staatsoberhäupter dachte daran, wegen der „Operation<br />
Grenzsicherung“ auf Ostberliner und DDR-Gebiet den<br />
Wochenendurlaub abzubrechen. Nachdem US-Außenminister<br />
Dean Rusk John F. Kennedy über die Absperrung unterrichtet<br />
hatte, notierte Kenneth O‘Donnel, Chef des Terminkalenders<br />
des amerikanischen Präsidenten, dessen Worte: „Wenn die<br />
Russen die Absicht gehabt hätten, uns anzugreifen und uns<br />
die Verbindungswege zu sperren, würden sie keine Stacheldrahtbarrikaden<br />
errichten.“ Weiter soll er gelassen geäußert<br />
haben: „Das ist die Lösung“. Danach begab sich Kennedy an<br />
Bord seiner Ferienjacht „Marlin“.<br />
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