Fallbeispiel Appendizitis

Fallbeispiel: 

Bauchschmerzen 

von Jan Zoller (janzoller@gmail.com) 

Anamnese 

Aktuelle Anamnese 

Stechende / ziehende Schmerzen im rechten Unterbauch, die vor 2 Tagen im 

Bereich des Magens und später des Nabels aufgetreten seien 

Schmerzen hätten sich in dieser Zeit deutlich verschlimmert und seien im 

Verlauf in den rechten Unterbauch „gewandert“ 

Momentan Inappeten Inappetenz, esse nnur rSSuppe ppe 

Übelkeit, Erbrechen, keine Diarrhoen 

Symptombeginn vor 2 Tagen, Schmerzen in Magengegend aber schon seit dem 

Abend des Vortages dies habe sie als „Magenverstimmung abgetan“ 

Seit 4 Tagen keinen Stuhlgang mehr 

Erhöhte Temperatur (38,4°C) 

Am Aufnahmetag sei die Übelkeit so schlimm gewesen, dass sie ihren HA 

angerufen habe, der sie in die Klinik eingewiesen hat. 

Anamnese 

Restliche Punkte der Anamnese 

DD Akute Bauchschmerzen 

Jan Zoller (janzoller@gmail.com) 

Bisher sei sie nie ernstlich krank gewesen 

10 Zigaretten / Tag, gelegentlich Alkohol 

Keine regelmäßige Medikation 

Stuhlgang sei schon immer sehr unregelmäßig und sie neige zu Verstopfungen 

Meist dunkler Urin, da sie wenig trinke; aber kein Brennen beim Wasserlassen 

Tonsillektomie im Alter von 5 Jahren 

Sie ist Bankangestellte und unverheiratet, sie lebt mit ihrem Freund zusammen 

und möchte gerne Kinder 

Eltern sind beide gesund 

Großvater sei an Darmkrebs gestorben 



Anruf vom Hausarzt 

HA kündigt Euch im Nachtdienst am Freitagabend eine junge Frau mit 

Bauchschmerzen an. Er berichtet, dass sie gestern und heute bereits in seiner 

Praxis gewesen sei und er habe sie wegen V.a. Gastroenteritis symptomatisch 

behandelt. Die Schmerzen bestünden seit 2 Tagen. 

Kurze Zeit später trifft eine 19‐jährige, sehr athletisch gebaute Patientin in der 

NA ein. 

Anamnese 



Aktuelle Anamnese auf der Zeitachse 

Seit Morgen: 

Komplette 

SSymptomatik t tik 

Dienstag | Mittwoch | Donnerstag | Freitag 

Abend: 

Schmerzbeginn 

Aufnahembefund 

Körperliche Untersuchung 

Wanderung der Schmerzen aus Magengegend 

in Richtung des rechten Unterbauches 



19‐jährige Pat in, 166 cm groß, 51 kg schwer (BMI=18,5) in gutem EZ und 

reduziertem AZ 

Bewusstseinslage klar und orientiert, leicht ängstlich 

Haut: trocken und warm, aber blass 

Schleimhäute gut durchblutet, Gebiss intakt, leicht geröteter Rachenring, 

belegte Zunge 

Cor: auskultatorisch o.B., HF 96/Min rhythmisch, RR 105/65 mmHg 

Pulmo: bds perkutorisch und auskultatorisch o.B. 

Karotispuls bds gut tastbar, alle peripheren Pulse gut tastbar 

Neuro: keine pathologischen Reflexe, Hirnnerven unauffällig 



NA 

1

Aufnahembefund 

Körperliche Untersuchung 

Abwehrspannung im rechten Unterbauch und im Mittelbauch periumbilikal 

Druckschmerz im gesamten Unterbauch 

fragliche Resistenz im rechten Unterbauch 

Leber und Milz nicht tastbar 

Darmgeräusche über allen Quadranten leise 

Keine peripheren Ödeme, keine Varikose 

Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule oder im Nierenlager 

Kontralateraler Loslassschmerz (Blumberg‐Zeichen) 

Druckschmerz am McBurney‐Punkt und am Lanz‐Punkt 

Positives Rovsing‐Zeichen 

Rektale Untersuchung: rechtsseitige Schmerzen, ansonsten unauffällig 

Begriffsklärung 



Blumberg‐Zeichen, McBurney und Lanz‐Punkt, Rovsing‐Zeichen 

Druckschmerz am Lanz‐Punkt 

‐ Er liegt zwischen dem mittleren und 

äußeren Drittel rechts einer Linie zwischen 

den beiden Spinae iliacae anteriores 

superiores 

Rovsing‐Zeichen 

‐ Rechtsseitiger Schmerz beim retrograden 

„Ausstreichen“ des Colon 

Differentialdiagnosen ??? 

Gastroenteritis 

‐ bakterieller oder viraler Genese; das Fehlen 

von Diarrhoe spricht eher gegen diese 

Diagnose 

Gynäkologische Erkrankungen 

‐ Extrauteringravidität muss unbedingt 

ausgeschlossen werden! 

‐ Ebenso eine Adnexitis 

Meckel‘sches Divertikel 

‐ Entzündung embryonalen Restgewebes 

(Ductus omphaloentericus) am Dünndarm 

verursacht ähnliche Beschwerden 





Urologische Erkrankungen 

‐ Nierensteinleiden 

‐ Harnstau 

Divertikulitis 

‐ Entzündung von Aussackungen des Kolon Kolon, 

meist im Sigma, häufig bei älteren Patienten 

Cholezystitis 

‐ Entzündung der Gallenblase, ggf. mit Stein 

Durch weitere Fragen und Untersuchungen abklären !!! 

Begriffsklärung 

Blumberg‐Zeichen, McBurney und Lanz‐Punkt, Rovsing‐Zeichen 

Loslassschmerz (Blumberg‐Zeichen) 

‐ Man drückt auf den linken Unterbauch und lässt plötzlich los. Zeichen ist positiv, wenn 

Patient im rechten Unterbauch Schmerzen verspürt 

Druckschmerz am McBurney‐Punkt 

‐ Er liegt in der Mitte der Verbindungslinie von 

Spina iliaca anterior superior und Nabel 

Verdachtsdiagnose ? 

Weitergehende Befragung 

Gynäkologische Probleme 

Befragung: 

Wann hatten Sie Ihre letzte Periode ? 

‐ Antwort: vor einer Woche 





Könnten Sie schwanger sein ? 

‐ Antwort: Nein, da sie und ihr Freund verhüten 

Außerdem sei sie erst vor 5 Wochen beim Gynäkologen gewesen, der sie 

eingehend untersucht habe inkl. Sonographie. Der Gynäkologe habe keine 

pathologischen Ergebnisse gefunden 



2

Weitergehende Untersuchungen 

Laborkontrolle 

Gynäkologische Konsiliaruntersuchung 

Sonographie des Abdomens 

Temperaturmessung axillär und rektal 

Laborergebnisse 



Laborwert Ergebnis Bewertung 

Erythrozyten 4,7 Mio/µl n 

Hämatokrit 43 % n 

Hämoglobin 12,5 d/dl n 

Thrombozyten 220.000/µl n 

Leukozyten 15.100/µl ↑ 

Natrium 140 mmol/l n 

Kalium 4,1 mmol/l n 

Cli Calcium 9 mmol/l l/l n 

Kreatinin 0,9 mg/dl n 

Harnstoff 12 mg/dl n 

GOT 12 U/l n 

GPT 10 U/l n 

Gamma‐GT < 15 U/l n 

CRP 21 mg/l ↑ 

BSG 

6‐11 mm (1h) 

6‐20 mm (2h) 

12 / 23 mm ↑ 

U‐Stix o.B. ‐‐‐ 




Ergebnis 

Untersuchungen: 

‐ Eingehende gynäkologische Untersuchung 

‐ Intravaginale Sonographie 

Bf Befunde: d 

‐ Es scheint keine gynäkologische Erkrankung vorzuliegen 

‐ Eine Schwangerschaft wurde mittels Schwangerschaftstest ausgeschlossen 



Laboruntersuchungen 




Anforderung 

Kurze Darlegung der Anamnese und der Befunde 

Bitte um Ausschluss einer gynäkologischen Erkrankung und insbesondere einer 

Schwangerschaft 

(EUG macht schließlich initial eine ähnliche Symptomatik Smptomatikwie ie die Appendizitis) 

Appendi itis) 

Abdomen‐Sonographie 

Ergebnis 



Leber und Gallenblase sind von normaler Größe und Konsistenz, keine 

hepatische Stauung, kein Anhalt für Steinleiden 

Milz ohne pathologischen Befund 

Beide Nieren von normaler Größe, keine Stauung, kein Anhalt für Nieren‐ oder 

Harnleiterstein 

Pankreas wegen Luftüberlagerung nicht beurteilbar 

Peristaltik des Darmes aufgehoben, schlechte Komprimierbarkeit im Bereich der 

Appendix 

Harnblase ist mäßig gefüllt, kein Anhalt für Blasensteine 



BSG 

3


Normalbefund einer Appendix 


Appendizitistypische Befunde 

Temperaturmessung 

Axillär: 37,3 °C 

Rektal: 38,5°C 

Bei schlanken Patienten bis zu 60% darstellbar 

Außendurchmesser unter 6 mm 

Blindes Ende 

Abgang aus Zökumpol (kaudal des terminalen Ileums) 

Fehlende Peristaltik 

Drei‐oder Fünfschichtung 

Oft Luftbläschen im Lumen 





Sonographisches Bild der akuten 

Appendizitis am Beispiel einer ulzero‐ 

phlegmonösen Appendizitis mit 

Periappendizitis (Doppelabbildung, Quer‐ 

schnitte, 7.5 MHz Linearschallkopf). 

AAuf fder der linken Bildseite Darstell Darstellung ng der 

Appendixbasis als pathologische Kokarde 

mitzentral echoreichem Koprolithen und 

dorsal angedeutetem Schallschatten. 

Auf der rechten Bildseite Darstellung der 

Appendix im mittleren Anteil mit 

Aufhebung der Wandschichtung und 

echoreichem Halo 

Eine axillär‐rektale Temperaturdifferenz von ≥ 0,8‐1°C zählt zu 

den typischen Appendizitis‐Zeichen! 



Appendix und Sonographie 

Flächendeckend als Verfahren der ersten Wahl 

etabliert 

Auch außerhalb von Studien heute 

sonographischer Nachweis der Appendizitis in 

80‐90% möglich 

Auch die normale Appendix kann in bis zu 60% 

der Fälle dargestellt werden 

Cave: große Variabilität der Appendixlage 

Dosierte Kompression ! 

Bildgebung 



Computertomographie / Magnetresonanztomographie 

Und nun? 

OP ja oder nein ? 

Sensitivität + Treffsicherheit gleich (90%) 

aber weniger untersucherabhängig 

Kosten, meist KM notwendig 

Strahlenbelastung 

Reserveverfahren bei adipösen oder 

„schlecht schallbaren“ Patienten, bei 

retrozökaler Appendixlage und bei hohem 

Operationsrisiko ! 



Bei unserer Patientin sprechen die Befunde am 

ehesten für eine Appendizitis 

Die anderen häufigsten Differentialdiagnosen 

konnten ausgeschlossen werden 

‐ Gynäkologische Erkrankungen 

‐ Urologische Erkrankungen 

Ein Meckel‐Divertikel kann nur selten ausgeschlossen 

werden. 

‐ Aber: Während der Operation kann der Bauchraum 

inspiziert werden und eventuelle andere Ursachen 

können identifiziert werden 

Auch wenn eine Appendizitis nicht zu 100% sicher ist, wird operiert! 

Der Verdacht rechtfertigt eine Operation! 



? 

4

Welche Operationsmöglichkeiten gibt es? 

Therapie 

Laparotomie mit Appendektomie 

Laparoskopische Appendektomie 



Laparoskopische Appendektomie 

Anlegen eines Pneumoperitoneum mittels CO2 Platzierung eines Trokars in welchem die Kamera geführt wird und zwei 

weiterer für die Instrumente 

Dann Aufsuchen des Zäkums und der Appendix und Fassen der Appendixspitze 

mit einer Zange 

Skelettierung der Mesoappendix 

Appendektomie mittels einer Schlinge oder eines Klammergeräts und 

Entfernung der Appendix aus dem Bauchraum 

Absuchen des Dünndarms nach einem Meckel‐Divertikel und ggf. Abtragung 

Entfernung der Trokare 

Wundverschluss 



Komplikationen der Appendizitis 

Perforation ( ca. 10% der Fälle) 

Peritonitis (insbesondere bei Kleinkindern und älteren Patienten) 

Perityphlitischer Abszess, Abszesse in Leber und Douglasraum 

Darmparalyse und Ileus 



Therapie 

Laparotomie mit Appendektomie 

Anlegen eines Wechselschnitts (Hautschnitt und Schnitt entlang der Fasern des M. 

obliquus externus und internus) 

Aufsuchen und Mobilisation der Appendix vermiformis 

Absetzen der Appendix und Verschluss des Zäkums mit einer sog. Tabaksbeutelnaht 

Suche nach einem Meckel‐Divertikel (ca. 1m proximal des Zäkums) und 

Mitentfernung 

Schichtweiser Wundverschluss und steriler Wundverband 

Bei Perforation oder vorliegender Peritonitis ausgiebige Spülung des Bauchraums 



Appendizitis: 

konventionelle Appendektomie; 

1: Skelettierung der Appendix; 

2: Ligatur an der Basis und 

Abtragen der Appendix; 

3: Einstülpen des 

Appendixstumpfes in den Zökalpol 

mit Tabakbeutelnaht 

Welche Methode bei dieser Patientin? 

laparoskopische Appendektomie 

Kürzere Verweildauer im Krankenhaus 

Weniger postoperative Schmerzen und weniger Schmerzmittelverbrauch 

Adi Adipöse ö PPatienten i profitieren fi i bbesonders d 

Geringere Anzahl an Wundinfektionen 



Die Tabaksbeutelnaht 

ist eine chirurgische 

Nahttechnik, bei der eine 

Fadenschlaufe um eine 

künstliche oder natürliche 

Öffnung gelegt wird. 

Bei Frauen ist zusätzlich die Beurteilbarkeit der Geschlechtsorgane möglich und eine 

von dort ausgehende mögliche Ursache der Symptome direkt behebbar 

Nachteil: selbst beim geübten Operateur längere OP‐Dauer als bei der offenen OP 

Postoperative Therapie 

Infusionstherapie am 1. postoperativen Tag (z.B 2l/d mit Ringer und G5) 

Je nach Komplikationen antibiotische Therapie und Wundkontrolle 

Am nächsten Tag Kostaufbau, ab 3. Tag normale Kost 

Bei unauffäliigen Laborwerten und Sonographie kann die Patientin entlassen 

werden 

Hautfäden‐ex am 10. post‐OP Tag 



5

Resümmee 

Ätiologie 

Obstruktion des Appendixlumens durch Kotsteine, Abknickung oder 

Narbenstränge mit daraus resultierender Entleerungsstörung 

Intestinale Infekte (lokale Resistenzminderung, Hyperplasie des lymphatischen 

Gewebes) 

Seltener Fremdkörper (berühmter Kirschkern) Kirschkern), Würmer Würmer, hämatogene Infekte 

Neurogene Appendikopathie (Nervenproliferationen oder Vermehrung endokrin 

aktiver Zellen) 

Resümmee 

Epidemiologie 



Häufigstes „akutes Abdomen“ (in 50% der Fälle) 

Meist zwischen 10. und 19. Lebensjahr 

M > W (1,35:1) 

Inzidenz: 100/100.000/Jahr, 

die Appendektomierate liegt aber etwa doppelt so hoch 

Life‐time‐risk (= Risiko innerhalb des Lebens eine Appendizitis zu bekommen) 

beträgt 7,5 %; auch hier wieder eine doppelt so hohe Appendektomierate (15%) 

Resümmee 

Diagnostik 



Anamnese mit typischer Klinik 

Klopfschmerz und Druckschmerz im rechten Unterbauch 

Appendizitis‐Zeichen: 

‐ DS am McBurney‐Punkt 

‐ DS am Lanz‐Punkt 

‐ Positives Rovsing‐Zeichen 

‐ Positives Blumberg‐Zeichen 

‐ Douglas‐Schmerz bei digital‐rektaler Untersuchung 

‐ Psoaszeichen (Anheben des rechten Beines in der Hüfte gegen Widerstand führt zu 

Schmerzen) 

‐ Axillo‐rektale Temperaturdifferenz > 0,8‐1°C 

Labor: Leukozytose um 15.000/µl (Cave: Leukozytensturz bei Peritonitis) 

Sonographie (Kokardenphänomen, Nachweis von Kotsteinen…) 

Gyn‐Konsil 



Resümmee 

Pathologie 

Es können mehrere Stadien durchlaufen werden: 

‐ Nicht‐destruktive Stadien: 

‐ Katarrhalisches, reversibles Stadium mit Rötung, Schwellung und Schmerz der 

Appendix aber noch ohne Eiter (Appendizitis simplex) 

‐ Seropurulentes Stadium (Übergang in eine Appendizitis destructiva) 

‐ Destruktive Stadien: 

‐ Ulzero‐phlegmonöse Appendizitis 

‐ Empyematöse Appendizitis 

‐ Gangränöse Appendizitis (nekrotisierend) 

‐ Perityphlitis = Appendizitis mit /ohne freier Perforation mit Abkapselung und 

Begrenzung des entzündlichen Geschehens durch Peritonealverklebungen mit 

Einschmelzung = perityphlitischer Abszess 

Resümmee 

Klinik 



Periumbilikale und epigastrische Schmerzen, die später in den rechten 

Unterbauch „wandern“ 

Inappetenz, Übelkeit, Erbrechen 

Fieber (subfebril bis ca. 39°C) 

Abwehrspannung im rechten Unterbauch (Ausweitung V.a. Peritonitis) 

Bei Perforation: AKUTES ABDOMEN mit Schmerz im gesamten Bauchraum 

Resümmee 

Therapie 



Offen 

vs. 

laparoskopisch 



6

Therapeutischer Stufenplan 

Das war's von meiner Seite… 



Vielen Dank 

für Eure 

Aufmerksamkeit! 



Fazit 

Gute Anamnese machen 

DDs ausschließen 

Bei Unsicherheit eher operieren als nicht zu operieren 

Meist bei jungen Menschen, Life‐time‐risk = 7,5 % bzw. 15 % 



7

Fallbeispiel Appendizitis

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?