Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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76 Thesen erhoffter und befürchteter Wirkungen Hierzu stelle man sich ein städtisches Quartier vor, welches an zwei Grünflächen im öffentlichen Raum Probleme mit verstärktem Drogenkonsum und entsprechender Beschaffungskriminalität aufweist (zur Vereinfachung folgend mit Punkt A und Punkt B bezeichnet). Einige Anwohner der näheren Umgebung von Punkt A, betrachten die Situation schon seit längerem als Problem und finden ihre Vermutung mit Hilfe eines Crime- Mapping- Systems bestätigt. Mit diesen Erkenntnissen wenden sie sich an den lokalen Quartiermanager, der die Situation ebenfalls überprüft und einige weitere tiefergehende Analyseschritte unternimmt. Dabei stellt er fest, dass neben Punkt A auch Punkt B stark von Delikten im Zusammenhang mit Drogenkonsum betroffen ist. Daraufhin nimmt er Kontakt zur lokalen Polizei auf und initiiert in Zusammenarbeit mit dieser eine themenbezogene Veranstaltung mit den betroffenen Anwohnern, Gewerbetreibenden und weiteren zuständigen lokalen Institutionen, wie der örtlichen Drogenberatungsstelle und dem ansässigen Jugendamt. Auf Grundlage der für alle einsehbaren Informationen wird bei der Sitzung klar, dass es sich in beiden Fällen zumeist um die gleichen Personengruppen handelt, die über einen gewissen Zeitraum an Punkt A verweilen, bis sie von diesem durch Anwohner oder herbeigerufene Polizeieinheiten vertrieben werden, um daraufhin an Punkt B auszuweichen (vgl. hierzu Verdrängungseffekt unter Kapitel 3.2.7.). Nachdem eine gewisse Zeitspanne verstrichen ist, kehren sie dann an Punkt A zurück bis sie wieder ausweichen müssen. Bei genauerer Analyse der einzelnen Örtlichkeiten wird deutlich, dass beide Orte durch sehr dichten Bewuchs relativ uneinsichtig sind und Punkt A wohl deswegen von den Drogenkonsumenten präferiert wird, weil dieser etwas zentraler liegt und somit schnelleren Zugang zu Alkohol und Drogen verspricht. In Zusammenarbeit mit allen Akteuren wird daraufhin beschlossen, dass die Grünflächen von Punkt B insoweit beschnitten werden sollen, dass keine uneinsichtigen Ecken mehr bestehen. An Punkt A soll der gesamte Platz unter Berücksichtigung kriminalpräventiver Charakteristika umgestaltet werden, was aus städtebaulicher und ökologischer Hinsicht eine Aufwertung beider Räume bedeutet. Außerdem soll durch die Stadt an einem weniger frequentierten Ort im Quartier ein Drogenkonsumraum mit ausgebildeten Drogenberatern eingerichtet werden, was auch hinsichtlich der sozialen Komponente für das Quartier viele Vorteile mit sich bringt. Die letztendlich erhoffte geringere Präsenz von Drogenkonsumenten im öffentlichen Raum, würde die Lebens- und Aufenthaltsqualität deutlich steigern und somit auf längere Sicht auch höhere Einnahmen für den örtlichen Einzelhandel versprechen. Dieses Beispiel verdeutlicht die mögliche Wirkungsbreite, die durch Crime- Mapping- Systeme idealerweise erzielt werden könnte. Prinzipiell können problematische Situationen von allen Akteuren aufgezeigt werden. Insofern daraufhin die Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Problemlösung erfolgt, sind auch für städtische Räume erhebliche positive Wirkungen zu erwarten. Die Plattformen können auch positive Auswirkungen haben, die die Räume direkt beeinflussen. Sie kennzeichnen nämlich nicht nur Räume hoher Kriminalitätsdichte, sondern auch jene, die sich durch geringe Belastung auszeichnen. Wird also das Sicherheitsgefühl der Bewohner durch die Plattformen gestärkt, so erhöht sich die Lebensqualität in diesen Räumen. Dementsprechend haben Räume, die geringe Deliktzahlen vorweisen können, deutliche Standortvorteile gegenüber den gefährlich erscheinenden. Dass dieser Vorteil natürlich auch eine andere Seite hat und eminente Nachteile für Räume hoher Kriminalitätsbelastung mit sich bringen kann, wird in Kapitel 3.2. unter anderem mit Blick auf Stigmatisierung und Verurteilung von Räumen und seinen Bewohnern ausführlich untersucht.
Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung Auch mit Blick auf solche Räume, denen gegenüber bereits Vorurteile hinsichtlich hoher Kriminalitätsbelastung bestehen, könnten die Crime- Mapping- Systeme positive Effekte entfalten. Denn wenn die Systeme für solche Räume geringe Deliktzahlen aufdecken, könnte auf Grundlage der Zahlen Informationsarbeit zur Aufwertung des Images des Stadtteiles erfolgen. Außerdem könnten eingehende Analysen das Kriminalitätsniveau bestimmter, als sehr kriminell geltender Gegenden deutlich relativieren. Wenn sich zum Beispiel sehr hohe Anteile von Bagatelldelikten oder Störungen öffentlicher Ordnung feststellen lassen, sind Gefahren für Leib und Leben in den betreffenden Gebieten eher nicht zu erwarten, auch wenn die allgemeinen Daten und Informationen dies vermuten lassen würden. Auch in diesem Fall können die Zahlen dahingehend aufklärend eingesetzt werden, um die Voreingenommenheit gegenüber dem Quartier zu mindern. Es kann zusammenfassend festgehalten werden, dass sich aus Sicht eines Planers eine Vielzahl von Wirkungen für die Stadt, ihre Bewohner sowie die städtischen Akteure ausmachen lassen, die sich aus der Anwendung von interaktiven Crime- Maping- Plattformen ergeben könnten und mehr oder minder wünschenswert wären. Wie bereits häufiger angesprochen, müssen diese erhofften Wirkungen allerdings immer unter Berücksichtigung der im Kapitel 3.2. angeführten Bedenken betrachtet werden. So wäre beispielsweise eine Nutzung der Plattform zum Abbau von Vorurteilen gegenüber bestimmter städtischer Quartiere nicht denkbar, wenn die auf den Plattformen dargestellten Informationen Fehlinterpretationen hinsichtlich des tatsächlichen Kriminalitätsniveaus verursachen würden. Abbildung 47: Kernelemente Kapitel 3.1.3. – Erhoffte Wirkungen aus raumplanerischer Sicht (1) Aus stadtplanerischer Sicht könnten sich folgende Wirkungen durch die Anwendung von interaktiven online Crime- Mapping- Systemen entfalten, insofern den zu erwartenden Risiken entsprochen wird: a. Problemräume könnten bereits frühzeitig identifiziert werden (für alle Nutzergruppen) b. Interpretationshilfe bei der Analyse städtischer Entwicklungen (für Planer) c. Hilfestellung bei städtischen Planungen, die kriminelle und präventive Sachverhalte berücksichtigen (für Planer) d. Hilfestellung bei der Entwicklung themenspezifischer Lösungsstrategien städtischer Akteure und Institutionen e. Identifikationshilfe erfolgreicher Lösungsansätze und von Auslösern krimineller Entwicklungen durch Kriminalitätsmonitoring f. entsprechend der polizeilichen Hoffnungen bessere Information, erhöhte Bindung und Initiierung präventiver Maßnahmen der Bevölkerung g. Systeme als Sprachrohr und Druckmittel der Bevölkerung h. Imageaufwertung von Räumen durch geringe Deliktzahlen i. Räume können im Ergebnis in sozialer, ökonomischer und ökologischer Hinsicht von den Plattformen profitieren. 77
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<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />
Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />
Auch mit Blick auf solche Räume, denen gegenüber bereits Vorurteile hinsichtlich hoher<br />
Kriminalitätsbelastung bestehen, könnten die Crime- Mapping- Systeme positive Effekte entfalten.<br />
Denn wenn die Systeme für solche Räume geringe Deliktzahlen aufdecken, könnte auf Grundlage<br />
der Zahlen Informationsarbeit zur Aufwertung des Images des Stadtteiles erfolgen. Außerdem<br />
könnten eingehende Analysen das Kriminalitätsniveau bestimmter, als sehr kriminell geltender<br />
Gegenden deutlich relativieren. Wenn sich zum Beispiel sehr hohe Anteile von Bagatelldelikten<br />
oder Störungen öffentlicher Ordnung feststellen lassen, sind Gefahren für Leib und Leben in den<br />
betreffenden Gebieten eher nicht zu erwarten, auch wenn die allgemeinen Daten und<br />
Informationen dies vermuten lassen würden. Auch in diesem Fall können die Zahlen dahingehend<br />
aufklärend eingesetzt werden, um die Voreingenommenheit gegenüber dem Quartier zu mindern.<br />
Es kann zusammenfassend festgehalten werden, dass sich aus Sicht eines Planers eine Vielzahl von<br />
Wirkungen für die Stadt, ihre Bewohner sowie die städtischen Akteure ausmachen lassen, die sich<br />
aus der Anwendung von interaktiven Crime- Maping- <strong>Plattformen</strong> ergeben könnten und mehr oder<br />
minder wünschenswert wären. Wie bereits häufiger angesprochen, müssen diese erhofften<br />
Wirkungen allerdings immer unter Berücksichtigung der im Kapitel 3.2. angeführten Bedenken<br />
betrachtet werden. So wäre beispielsweise eine Nutzung der Plattform zum Abbau von Vorurteilen<br />
gegenüber bestimmter städtischer Quartiere nicht denkbar, wenn die auf den <strong>Plattformen</strong><br />
dargestellten Informationen Fehlinterpretationen hinsichtlich des tatsächlichen<br />
Kriminalitätsniveaus verursachen würden.<br />
Abbildung 47: Kernelemente Kapitel 3.1.3. – Erhoffte Wirkungen aus raumplanerischer Sicht<br />
(1) Aus stadtplanerischer Sicht könnten sich folgende Wirkungen durch die<br />
Anwendung von interaktiven online Crime- Mapping- Systemen entfalten,<br />
insofern den zu erwartenden Risiken entsprochen wird:<br />
a. Problemräume könnten bereits frühzeitig identifiziert werden (für alle<br />
Nutzergruppen)<br />
b. Interpretationshilfe bei der Analyse städtischer Entwicklungen (für<br />
Planer)<br />
c. Hilfestellung bei städtischen Planungen, die kriminelle und präventive<br />
Sachverhalte berücksichtigen (für Planer)<br />
d. Hilfestellung bei der Entwicklung themenspezifischer Lösungsstrategien<br />
städtischer Akteure und Institutionen<br />
e. Identifikationshilfe erfolgreicher Lösungsansätze und von Auslösern<br />
krimineller Entwicklungen durch Kriminalitätsmonitoring<br />
f. entsprechend der polizeilichen Hoffnungen bessere Information, erhöhte<br />
Bindung und Initiierung präventiver Maßnahmen der Bevölkerung<br />
g. Systeme als Sprachrohr und Druckmittel der Bevölkerung<br />
h. Imageaufwertung von Räumen durch geringe Deliktzahlen<br />
i. Räume können im Ergebnis in sozialer, ökonomischer und ökologischer<br />
Hinsicht von den <strong>Plattformen</strong> profitieren.<br />
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