Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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72 Thesen erhoffter und befürchteter Wirkungen Darüber hinaus könnten Systeme, die es dem Planer ermöglichen, weiterführende Analysen auf Grundlage zusätzlicher Informationen durchzuführen (z.B. Verknüpfung mit soziodemographischen Charakteristika auf der Plattform raidsonline.com), sogar Gründe für manche kriminelle Anhäufung liefern. Auch umgekehrt könnten Deliktinformationen zur Erklärung bestimmter städtischer Entwicklungen beitragen. So wäre denkbar, dass hohe Fortzugszahlen aus bestimmten städtischen Gebieten auch in Verbindung mit wachsender Kriminalität stehen könnten. Die folgende Abbildung überprüft diesen Zusammenhang und stellt dementsprechend neben den Delikten, farblich abgehoben die Bevölkerungsentwicklung bestimmter Räume dar (vgl. Abbildung 46). Dieses Beispiel der Stadt Chicago zeigt dabei, dass die Räume hoher krimineller Belastung im Nordwesten und Zentrum des Kartenausschnittes hauptsächlich mit Bevölkerungsrückgang (rot und gelb gekennzeichnet) zu kämpfen haben und dass die im Südosten befindlichen Gebiete, mit geringerer Kriminalität, starke Bevölkerungszuwächse (grün gekennzeichnet) aufweisen. Für die Entwicklungen im konkreten Beispiel können natürlich auch ganz andere Gründe vorliegen, dennoch offenbart es die Möglichkeiten des analytischen Einsatzes der Crime- Mapping- Plattformen zur Erklärung städtischer Entwicklungsprozesse. Abbildung 46: Beispielhafte Darstellung der Beziehung von Delikten der Bevölkerungsentwicklung (Plattform: raidsonline.com) Dementsprechend müssen die, via Crime- Mapping- Plattform erzeugten Karten, immer auch hinsichtlich ihres wahren Bedeutungszusammenhanges mit städtischen Vorgängen überprüft werden. Zusammenfassend können die Plattformen also sowohl Hilfestellung bei der Analyse städtischer Entwicklung bieten und vor allem auch Problemräume identifizieren und aufzeigen. Es muss allerdings die Frage erlaubt sein, ob diese beiden konkreten Nutzen tatsächlich durch die Crime- Mapping – Plattformen erzeugt werden, oder ob sie auch ohne die Einführung dieser Art von Systemen erzielt werden könnten. Der augenscheinliche Vorteil der Plattformen ergibt sich hierbei daraus, dass die Deliktinformationen nicht mehr nur der Polizei zur Verfügung stehen sondern auch Stadt- und Raumplaner nach möglichen Mustern und Auffälligkeiten suchen können. Auf diese Weise werden die Daten nicht nur aus einer anderen Perspektive als der polizeilichen betrachtet, sondern die Polizei kann auch entlastet werden. Denn wenn die Daten nicht in Form
Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung interaktiver Crime- Mapping- Plattformen bereitgestellt werden, müssen die Informationen wenn sie von der Stadtplanung benötigt werden, durch die Polizei entsprechend der Anforderungen aufbereitet, visualisiert und weitergeleitet werden. Die Plattformen befreien die Polizeidienststellen also zumindest in gewissem Maß von der (Pflicht der) Aufbereitung der Informationen für stadtplanerische Prozesse. Beispielhaft sollen hier zwei, auch in Kapitel 2.1.2. angesprochene, konkrete Planungsfälle herangezogen werden. Dabei handelt es sich zum einen, um das in Hannover- Linden durchgeführte Pilotprojekt, bei welchem eine räumliche Sicherheitsanalyse samt Präventionsvorschlägen im Rahmen einer städtebaulichen Innenentwicklung vorgenommen wurde (vgl. Pfeiffer 2005) und zum anderen um den Beschluss der Stadt Düsseldorf, dass kriminalpräventive Erkenntnisse in alle Stadt- und Verkehrsplanungen einbezogen werden müssen (vgl. Leonhardt 2005). Wenn die zuständigen Planungsträger in diesen beiden Fällen Zugriff auf vergleichbare Systeme gehabt hätten, wäre eine Reduktion der zusätzlich notwendigen polizeilichen Hilfestellung möglich gewesen. Diese Anwendung der Crime- Mapping- Plattformen durch Stadt- und Raumplaner muss sich aber nicht auf städtebauliche Fragestellungen beschränken. Vielmehr können Informationen auch im Rahmen von städtischen Entwicklungskonzepten oder Raumordnungsprozessen einbezogen werden. Gesondert seien an dieser Stelle auch die Plattformen angesprochen, die auf nutzergenerierte Daten zurückgreifen. Wie bereits angemerkt, visualisieren diese Plattformen zwar so gut wie nie schwere Delikttypen (vgl. Kap. 2.2.1.), aber dennoch können die Deliktmeldungen aus raumplanerischer Sicht Aufschlüsse über städtebauliche Qualitäten oder Probleme zulassen. So könnte beispielsweise eine häufige Meldung unrechtmäßiger Müllentsorgung darauf hindeuten, dass geeignete Müllentsorgungsanlagen fehlen und in näherer Umgebung eingerichtet werden müssen. In diesem Sinne ist dieser Plattformtyp also nicht unbedingt als „Kriminalitätskartierung“ zu verstehen, aber er kann dem Planer durch themenbezogene und sachgerechte Analyse informative Erkenntnisse hinsichtlich planerischer Handlungsbedarfe liefern. Auch wenn die vier im Folgenden untersuchten Perspektiven nicht direkt mit den planerischen Prozessen in Verbindung gebracht werden können, so bilden sie dennoch die raumplanerische Sichtweise ab, da Planer zum Verständnis der komplexen städtischen Prozesse eine Vielzahl von Ansichten in ihre Überlegungen einbeziehen müssen. Die folgenden Aspekte betreffen daher vor allem den im Zentrum planerischer Handlungen stehenden Raum samt seiner Wechselbeziehungen zu seinen Bewohnern und den ihn gestaltenden Akteuren. Wie bereits zuvor geschildert, offerieren die Plattformen polizeiexternen Nutzern die Möglichkeit Problemräume zu identifizieren und Sachverhalte mit räumlichem Bezug auf ihre Wechselwirkung mit Kriminalität hin zu untersuchen. Diese Möglichkeiten stehen natürlich nicht nur Raum- und Umweltplanern sondern auch anderen städtische Akteuren sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Einrichtungen (2) zur Verfügung, ob es sich dabei nun um Jugendämter, Drogenberatungsstellen, Quartiermanagementbüros, Wohnungsbaugesellschaften oder auch Grünflächenämter handelt. Sie alle könnten die Informationen der Crime- Mapping- Plattformen für ihre Planungen wie dargestellt nutzen. So würde das Grünflächenamt, im Falle des zuvor angeführten Beispiels einer Freifläche mit hoher Deliktzahl, auf den möglichen Handlungsbedarf am betreffenden Ort hingewiesen werden und auch ein Büro des Quartiermanagements könnte 73
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<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />
Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />
interaktiver Crime- Mapping- <strong>Plattformen</strong> bereitgestellt werden, müssen die Informationen wenn<br />
sie von der Stadtplanung benötigt werden, durch die Polizei entsprechend der Anforderungen<br />
aufbereitet, visualisiert und weitergeleitet werden. Die <strong>Plattformen</strong> befreien die<br />
Polizeidienststellen also zumindest in gewissem Maß von der (Pflicht der) Aufbereitung der<br />
Informationen für stadtplanerische Prozesse. Beispielhaft sollen hier zwei, auch in Kapitel 2.1.2.<br />
angesprochene, konkrete Planungsfälle herangezogen werden. Dabei handelt es sich zum einen,<br />
um das in Hannover- Linden durchgeführte Pilotprojekt, bei welchem eine räumliche<br />
Sicherheitsanalyse samt Präventionsvorschlägen im Rahmen einer städtebaulichen<br />
Innenentwicklung vorgenommen wurde (vgl. Pfeiffer 2005) und zum anderen um den Beschluss der<br />
Stadt Düsseldorf, dass kriminalpräventive Erkenntnisse in alle Stadt- und Verkehrsplanungen<br />
einbezogen werden müssen (vgl. Leonhardt 2005). Wenn die zuständigen Planungsträger in diesen<br />
beiden Fällen Zugriff auf vergleichbare Systeme gehabt hätten, wäre eine Reduktion der zusätzlich<br />
notwendigen polizeilichen Hilfestellung möglich gewesen.<br />
Diese Anwendung der Crime- Mapping- <strong>Plattformen</strong> durch Stadt- und Raumplaner muss sich aber<br />
nicht auf städtebauliche Fragestellungen beschränken. Vielmehr können Informationen auch im<br />
Rahmen von städtischen Entwicklungskonzepten oder Raumordnungsprozessen einbezogen<br />
werden.<br />
Gesondert seien an dieser Stelle auch die <strong>Plattformen</strong> angesprochen, die auf nutzergenerierte<br />
Daten zurückgreifen. Wie bereits angemerkt, visualisieren diese <strong>Plattformen</strong> zwar so gut wie nie<br />
schwere Delikttypen (vgl. Kap. 2.2.1.), aber dennoch können die Deliktmeldungen aus<br />
raumplanerischer Sicht Aufschlüsse über städtebauliche Qualitäten oder Probleme zulassen. So<br />
könnte beispielsweise eine häufige Meldung unrechtmäßiger Müllentsorgung darauf hindeuten,<br />
dass geeignete Müllentsorgungsanlagen fehlen und in näherer Umgebung eingerichtet werden<br />
müssen. In diesem Sinne ist dieser Plattformtyp also nicht unbedingt als „Kriminalitätskartierung“<br />
zu verstehen, aber er kann dem Planer durch themenbezogene und sachgerechte Analyse<br />
informative Erkenntnisse hinsichtlich planerischer Handlungsbedarfe liefern.<br />
Auch wenn die vier im Folgenden untersuchten Perspektiven nicht direkt mit den planerischen<br />
Prozessen in Verbindung gebracht werden können, so bilden sie dennoch die raumplanerische<br />
Sichtweise ab, da Planer zum Verständnis der komplexen städtischen Prozesse eine Vielzahl von<br />
Ansichten in ihre Überlegungen einbeziehen müssen. Die folgenden Aspekte betreffen daher vor<br />
allem den im Zentrum planerischer Handlungen stehenden Raum samt seiner Wechselbeziehungen<br />
zu seinen Bewohnern und den ihn gestaltenden Akteuren.<br />
Wie bereits zuvor geschildert, offerieren die <strong>Plattformen</strong> polizeiexternen Nutzern die Möglichkeit<br />
Problemräume zu identifizieren und Sachverhalte mit räumlichem Bezug auf ihre Wechselwirkung<br />
mit Kriminalität hin zu untersuchen. Diese Möglichkeiten stehen natürlich nicht nur Raum- und<br />
Umweltplanern sondern auch anderen städtische Akteuren sozialer, wirtschaftlicher und<br />
ökologischer Einrichtungen (2) zur Verfügung, ob es sich dabei nun um Jugendämter,<br />
Drogenberatungsstellen, Quartiermanagementbüros, Wohnungsbaugesellschaften oder auch<br />
Grünflächenämter handelt. Sie alle könnten die Informationen der Crime- Mapping- <strong>Plattformen</strong><br />
für ihre Planungen wie dargestellt nutzen. So würde das Grünflächenamt, im Falle des zuvor<br />
angeführten Beispiels einer Freifläche mit hoher Deliktzahl, auf den möglichen Handlungsbedarf<br />
am betreffenden Ort hingewiesen werden und auch ein Büro des Quartiermanagements könnte<br />
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