Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />
Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />
Setzt man die beiden Begriffe der Kriminalität bzw. der Kartierung/Kartographie nun in einen<br />
sachlichen Zusammenhang, handelt es sich bei der Kriminalitätskartierung (Crime- Mapping) um<br />
die kartografische Darstellung von Kriminalität. Wobei sich die Frage stellt, inwiefern Kriminalität<br />
kartografisch dargestellt werden kann und welchem Zweck eine solche Kartierung dienen könnte.<br />
Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wird anschließend ein chronologischer Überblick über die<br />
Entwicklung des Crime- Mapping vorgelegt.<br />
Die ersten Kriminalitätskarten werden dem französischen Rechtswissenschaftler André Michel<br />
Guerry und dem italienischen Geographen Adriano Balbi zugerechnet. Dabei ging bereits dieser<br />
Ansatz von Kriminalitätskartierung über die bloße Darstellung von Orten, an denen kriminelle<br />
Handlungen ausgeführt wurden, hinaus. Vielmehr verglichen sie bereits im Jahre 1829 die<br />
räumliche Verteilung von Eigentumsdelikten und Vergehen gegen Personen mit dem Bildungsstand<br />
verschiedener Regionen Frankreichs. Diese Karten versuchen also Zusammenhänge zwischen dem<br />
Auftreten krimineller Handlungen und soziostrukturellen Merkmalen zu ziehen. Auf diese Weise<br />
sollte aufgezeigt werden, unter welchen sozialen Rahmenbedingungen bestimmte Formen von<br />
Kriminalität besonders häufig auftreten. Dabei lokalisierten sie einerseits Zusammenhänge<br />
zwischen höherem Bildungsstand und Eigentumskriminalität und andererseits Beziehungen von<br />
Gewaltdelikten und geringerem Bildungsniveau. Auch der belgische Astronom und Statistiker<br />
Adolphe Quetelet untersuchte und visualisierte zu dieser Zeit die Beziehungen zwischen<br />
Kriminalität und den soziodemographischen Eigenheiten bestimmter Räume (Boba Santos 2011;<br />
S.7-12). Die Bedeutung, die Kriminalitätskartierungen beigemessen werden kann, wird bereits<br />
durch diese ersten bekannten Anwendungen deutlich. Karten, die die räumliche Ausprägung von<br />
Kriminalität darstellen, müssen nicht nur bloßen Darstellungszwecken für bestimmte Zielgruppen,<br />
wie Politik oder Bevölkerung dienen, sondern sie können ein wichtiges Mittel für die Analyse<br />
krimineller Handlungen darstellen.<br />
Die nächsten einflussreichen kartografischen Kriminalitätsbetrachtungen wurden erst gut ein<br />
Jahrhundert später von Robert E. Park und seiner Forschungsgruppe an der <strong>Universität</strong> von Chicago<br />
durchgeführt. Die sogenannte Chicagoer Schule untersuchte die Wechselbeziehungen zwischen<br />
Bevölkerung und ihrer sozialen Umwelt und deklarierte diesen Ansatz als „Sozialökologie“.<br />
Diesbezüglich wurde natürlich auch untersucht, inwiefern Zusammenhänge zwischen städtischen<br />
Strukturen und dem Kriminalitätsverhalten der Bevölkerung bestehen. Zu diesem Zweck wurden<br />
Kriminalitätsstatistiken herangezogen und anschließend mit sozidemografischen Informationen<br />
verknüpft. Die erarbeiten Ergebnisse wurden in kartografischer Form visualisiert und können<br />
ebenso wie die zuvor angesprochenen Karten von Guerry, Balbi und Quetelet als Ergebnisse<br />
eingehender Analysen von Kriminalität und möglicher Einflussfaktoren betrachtet werden (Vogt<br />
2001, S. 11-12).<br />
Als Ausgangspunkt dieser stadtsozilogischen und damit auch stadtplanerischen Untersuchungen<br />
der University of Chicago dienten jedoch Entwicklungen, die bereits seit der Jahrhundertwende in<br />
der Polizeiarbeit Einzug hielten. Mit dem Ziel der verbesserten Verbrechensbekämpfung<br />
implementierte die amerikanische Polizei verschiedene neue Techniken in die Praxis, wozu neben<br />
dem polizeilichen Funkverkehr und Fingerabdruckentnahme an Tatorten, auch die Anfertigung von<br />
„Pin- Maps“ (Stecknadelkarten) der Verbrechensstandorte zählte (Boba Santos 2011; S.7-15).<br />
Damit wurde ein neuer Nutzen von Kriminalitätskarten erkannt, der entscheidenden Einfluss auf<br />
die weiteren Entwicklungen hatte. Karten, die Orte krimineller Handlungen abbilden, werden<br />
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