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Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...

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<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />

Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />

zum Begriff der Straßenkriminalität erfolgte. Zwar mögen die Zahlen gemäß der polizeilichen<br />

Statistiken korrekt sein, aber es wird an keiner Stelle erläutert, dass unter den Begriff der<br />

Straßenkriminalität neben den suggerierten Fällen schwerer Körperverletzung auch<br />

vergleichsweise harmlose Straftaten wie Fahraddiebstähle fallen. Dass aufgrund dieses<br />

Sachverhalts die auch als Fahrradhauptstadt Deutschlands bezeichnete Stadt Münster natürlich an<br />

erster Stelle des Straßenkriminalitätsrankings steht, ist hinsichtlich des besonders hohen<br />

Opferpotenziales daher keine Überraschung (Belina 2011a; S.119-124). Dieses Beispiel verdeutlicht<br />

zum einen, dass die Interpretation polizeilicher Kriminalstatistiken mit höchster Sorgfalt erfolgen<br />

muss, aber zum andern auch bei der Erstellung und Deutung von weiterführenden Materialien, wie<br />

beispielsweise den hier besprochenen Kriminalitätskartierungen, sehr gründlich überprüft werden<br />

muss, welche Datengrundlagen einbezogen werden.<br />

Auf ein weiteres Problem verweisen die portugiesischen Sozialwissenschaftler und Raumplaner<br />

Ferreira, Joao und Martins in einer Untersuchung zur räumlichen Erfassung und Analyse von<br />

Kriminalität in Lissabon. Zwar können die meisten kriminellen Handlungen wie<br />

Wohnungseinbrüche, Überfälle oder Ladendiebstähle vergleichsweise problemlos verortet werden,<br />

es verbleibt jedoch eine Gruppe, deren räumliche Zuordnung nahezu unmöglich erscheint. Die<br />

angesprochene Untersuchung nennt hier Taschendiebstähle in öffentlichen Verkehrsmitteln als<br />

zentrales Beispiel, da diese in der Stadt Lissabon einen relativ großen Anteil an Diebstählen<br />

ausmachen (Ferreira, Joao & Martins 2012). Auch die Crime- Mapping- Plattform police.uk versucht<br />

mit dieser Problemlage umzugehen, indem alle Delikte die in öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

begangen wurden und nicht klar zu verorten sind, an den Endhaltestellen der jeweiligen Linie<br />

registriert werden 2 . Dies führt allerdings dazu, dass der Ort der Endhaltestelle ungerechtfertigt<br />

krimineller dargestellt wird als er eigentlich ist. Außerdem können Taschendiebstähle<br />

grundsätzlich schwerer bestimmten Tatorten zugeordnet werden, da sie zumeist erfolgen, während<br />

sich Menschen bewegen und erst mit zeitlicher Verzögerung entdeckt werden. All dies schränkt die<br />

Möglichkeiten polizeilicher Erfassung stark ein und mindert die Aussagekraft polizeilicher<br />

Statistiken hinsichtlich räumlicher Ausprägungen von Kriminalität. Ebenfalls können auch nicht<br />

bekannte Tatzeiträume die Qualität statistischer Erhebungen einschränken, da diese Information<br />

für mögliche polizeiliche Strategien zur Bekämpfung des betreffenden kriminellen Verhaltens von<br />

hoher Wichtigkeit sein kann.<br />

Abschließend sollen die Erkenntnisse des Kriminologen und Rechtswissenschaftlers Karl Ludwig<br />

Kunz dargelegt werden, da dieser versucht die Unzulänglichkeiten statistischer Erhebungen von<br />

Kriminalität auf einer eher theoretischen Ebene zu erklären. Seiner Einschätzung nach sind solche<br />

Erhebungen durch die Art und Weise ihrer Erstellung grundsätzlich immer von einer gewissen Form<br />

von Vorverurteilung betroffen, da grundsätzlich jede statistisch erhobene „Beobachtung<br />

theoriebeladen ist“ (Kunz 2008; S.47). Selbst ein möglichst objektives Erhebungsdesign kann gemäß<br />

seiner Ausführungen nie komplett unbefangen sein (ebenda; S.49-50).<br />

Zusammenfassend wird deutlich, dass Kriminalstatistiken allein die tatsächliche Kriminalität<br />

aufgrund der angesprochenen Problemlagen nicht wirklichkeitsgetreu abbilden können, da sie zu<br />

stark von Faktoren wie Anzeigebereitschaft oder polizeilicher Praxis abhängig sind. Für ein<br />

umfassendes Verständnis von Kriminalität können sie aber als Datengrundlage für vergleichende<br />

2 einsehbar unter: http://crimemaps.btp.police.uk/about/<br />

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