Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />
Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />
derartige Phänomene“ herrsche (ebenda; S.400). So folgert auch der<br />
Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger in seinem Beitrag im Internationalen<br />
Handbuch für Gewaltforschung, dass die Anzeigehäufigkeit bestimmter Delikttypen wie zum<br />
Beispiel Gewalt oder Jugendkriminalität durch mediale Sensibilisierung gesteigert werden kann<br />
(Kepplinger 2002; S.1427).<br />
Welche Delikte in die polizeiliche Kriminalstatistik einfließen, und welche nicht, ist also stark von<br />
der Anzeigebereitschaft der Bevölkerung abhängig. Diese Bereitschaft variiert wiederum sehr stark<br />
hinsichtlich verschiedener Opfer- bzw. Tätergruppen. Anschließend soll ein Beispiel angeführt<br />
werden, welches die Selektivität des Anzeigeverhaltens verdeutlicht.<br />
Zum Verständnis dieses Beispiels, stelle man sich zunächst eine Situation vor, in der ein junger<br />
türkischstämmiger Jugendlicher an der Kasse eines Supermarktes mit einer Tafel Schokolade in<br />
seiner Tasche aufgegriffen wird. Der Umgang mit dem Jugendlichen bei dieser Sachlage ist<br />
sicherlich ein deutlich anderer, als wenn die „Tat“ von einer älteren Dame deutscher Herkunft<br />
begangen würde. Denn die Absichtlichkeit würde an dieser Stelle vor allem dem Jugendlichen<br />
unterstellt werden, der dann auch nur schwerlich beweisen könnte, dass es sich um einen<br />
unbeabsichtigten Fehler handelte. Bei einer älteren Dame würde man dagegen sicherlich viel eher<br />
von unabsichtlichem Verhalten ausgehen. Hierbei würde sehr wahrscheinlich angenommen, dass<br />
die Dame die Tafel einfach in ihrer Tasche vergessen hat, auch wenn sie sie absichtlich dort<br />
verborgen hätte. Es handelt sich also um eine Art von Voreingenommenheit, die dazu führt, dass<br />
gewisse Bevölkerungsteile eher angezeigt werden und damit auch überproportional in polizeilichen<br />
Statistiken vertreten sind. Besonders betroffen sind hierbei Jugendliche und Bevölkerungsteile mit<br />
Migrationshintergrund. So werden zum Beispiel nach Luedtke Jugendliche „als soziale Fremde<br />
wahrgenommen, deren (abweichendes) Handeln als besonders illegitim wahrgenommen wird“<br />
(Luedtke 2008; S.204). Bezüglich der erhöhten Anzeigebereitschaft gegenüber Migranten legt der<br />
zweite Sicherheitsbericht sogar konkrete Zahlen dar und spricht von einer um 18% höheren<br />
Anzeigequote bei Bagatelldelikten im Vergleich von nichtdeutschen zu deutschen Tätern.<br />
Geschuldet sei dies einer besonders aufmerksamen Beobachtung dieser Bevölkerungsgruppe durch<br />
Polizei und deutsche Bevölkerung (BMI & BMJ 2006; S.408-439). Auch der Wohnort beeinflusst den<br />
Umgang mit spezifischen Arten von Kriminalität. So werden beispielsweise Graffitis in jugendlichen<br />
Szenebezirken eher geduldet und in geringerem Maße zur Anzeige gebracht als in bürgerlichen<br />
Wohngebieten.<br />
Das Anzeigeverhalten ist also von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren abhängig, die im<br />
Einzelnen nicht in der Kriminalstatistik auftauchen, sie aber dennoch sehr stark beeinflussen<br />
können. Dabei handelt sich unter anderem um folgende Faktoren:<br />
Unterschiedliche Kriminalitätstypen weisen unterschiedliche Anzeigeraten auf.<br />
Voreingenommenheit führt zu erhöhtem Anzeigeverhalten gegenüber bestimmten<br />
Bevölkerungsgruppen.<br />
Sensibilisierung für bestimmte Themenbereiche führt zu höherem Anzeigeverhalten.<br />
Die Bevölkerung unterschiedlicher Wohnorte bewertet bestimmte Delikte unterschiedlich<br />
stark.<br />
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