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Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...

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6 Grundlagen<br />

Verfügung stehenden Mitteln nicht dazu in der Lage seien, gesellschaftlich etablierte Ziele zu<br />

erreichen. Dies führe dazu, dass sich gewisse Teile dieser Gruppen dazu entschlössen, die Ziele mit<br />

von der Norm abweichenden und auch kriminellen Methoden zu erlangen. Hierbei handelt es sich<br />

aber auch um einen Ansatz der die gesellschaftliche Normdefinition hinterfragt. Denn Normen<br />

werden als Teil einer „egalitären Ideologie“ angesehen, die von gesellschaftlich etablierten<br />

Gruppen zum Schutze ihres Lebensstandards aufgestellt und praktiziert werden, aufgrund derer<br />

sozial schlechter gestellte Gesellschaftsgruppen erst gar keine Möglichkeit hätten die Ziele zu<br />

erlangen (Mehlkop 2011; S.25-27).<br />

Einen gänzlich anderen Untersuchungsansatz bieten die Theorien der makrostrukturellen<br />

Etikettierung. Diese versuchen nicht die Ursachen von Kriminalität oder abweichenden Verhaltens<br />

zu erklären, sondern sie stellen den Kriminalisierungsvorgang in den Fokus der Untersuchung. Es<br />

wird also der Frage nachgegangen, wer Handlungen auf Grundlage welcher Norm als kriminell<br />

definiert. Der deutsche Soziologe und Kriminologe Fritz Sack forcierte dies mit dem sogenannten<br />

labeling approach gar noch weiter. In diesem Ansatz wird davon ausgegangen, dass Verhalten von<br />

sich aus nicht kriminell sein kann, sondern nur von außen als kriminell definiert wird (Sack 1972;<br />

S13). Edwin M. Lemert, ein weiterer amerikanischer Soziologe und Kriminologe, radikalisiert die<br />

auch als Etikettierungsansatz bezeichnete Idee gar noch, indem er die sogenannte „primäre<br />

Devianz“, die Handlungen von außen als Kriminell definiert, um das Konzept einer „sekundären<br />

Devianz“ erweitert. Diese wiederholte Etikettierung von Personen führe ursächlich dazu, dass diese<br />

das kriminalisierte Verhalten tatsächlich an den Tag legen. Demnach wird geschlussfolgert, dass<br />

bestimmte Bevölkerungsgruppen sehr häufig auch zu Unrecht kriminalisiert und dadurch<br />

gesellschaftlich in eine kriminelle Rolle hineingedrängt werden würden. Hierdurch stünden den<br />

Betroffenen immer weniger akzeptierte Handlungsmöglichkeiten offen, wodurch sie schlussendlich<br />

kriminelle Aktivitäten zur Sicherstellung des Lebensunterhalts durchführen müssten. (Dollinger<br />

2010; S.57).<br />

Die abschließende Tabelle (Tabelle 1) bietet einen Überblick über die Vielzahl von Theorien, welche<br />

versuchen abweichendes Verhalten zu erklären. Dabei wurden die Theorien den jeweils<br />

grundlegenden Untersuchungsebenen zugeordnet.<br />

Tabelle 1: Theorien abweichenden Verhaltens nach Ebenen<br />

Mikroebene Mesoebene Makroebene<br />

Italienische<br />

2010; S.50)<br />

Schule (Dollinger Subkulturtheorie Anomietheorien<br />

Theorien<br />

Lernens<br />

des differentiellen Peer- Group Ansatz Desintegrationstheorien<br />

General Theorie of Crime Broken Windows Ansatz Theorien des Sozialraums, von<br />

(Mehlkop 2011; S.35)<br />

Lebensstile und Milieus<br />

Rational Choice Makrostrukturelle Etikettierung<br />

(wie z.B. der labeling Approach)<br />

Stresstheorien<br />

Interpersonelle Etikettierung<br />

Quelle: eigene Darstellung; Datenquellen: Belina 2011b, Dollinger 2006 & 2010; Mehlkop 2011, Sack 1972<br />

Auch wenn einzelne der genannten Theorien in konkreten Situationen durchaus Anwendung finden<br />

könnten, kann keiner der Ansätze Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen. So können die<br />

Theorien auf der Makro- und Mesoebene nicht erklären, warum sich letztendlich einzelne

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