Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />
Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />
Erziehung der eigenen Kinder abgelehnt. Diese Entwicklung führte letztendlich sogar soweit, dass<br />
die breite Mehrheit der deutschen Gesellschaft heutzutage die Kindeszüchtigung missbilligt und<br />
diese auch strafrechtlich verboten ist (Luedtke 2008; S192).<br />
Betrachtet man dieses Phänomen der Wandelbarkeit von Normen darüber hinaus innerhalb der so<br />
vielfältigen städtischen Gesellschaft, wird schnell deutlich, dass zwischen Jung und Alt, Arm und<br />
Reich oder Familiär und Alleinlebend und vieler weiterer unterschiedlicher Lebensbedingungen<br />
differenzierte Ansichten bezüglich von Normen und ihrer Durchsetzung bestehen. Da die<br />
vorherrschenden gesetzlichen Normen aber aus einem Gebilde etablierter gesellschaftlicher<br />
Ansichten konstruiert werden, wird es immer Gruppen von Menschen geben, die sich gegen diese<br />
Regeln durch Aussagen oder Taten auflehnen. Allerdings verbleibt die Frage, ob eine von Teilen<br />
der Gesellschaft bewusst oder unbewusst angestrebte Veränderung der Normen tatsächlich als<br />
kriminell betrachtet werden muss. So stellt auch der bedeutende französische Soziologe Emile<br />
Durkheim die Frage: „Wie oft das Verbrechen wirklich bloß eine Antizipation der zukünftigen<br />
Moral, der erste Schritt zu dem, was sein wird?“ (Durkheim 1961, S.160). Mit anderen Worten<br />
können gewisse abweichende Verhaltensformen von heute als gesellschaftliche<br />
Weiterentwicklungen im Sinne des sozialen Wandels verstanden werden. So spricht auch Luedtke<br />
im Bezug zu Dürkheim von den „Abweichlern von heute“ die zu den „moralischen Innovatoren von<br />
morgen werden“ (Luedkte 2008, S.191). Wenn also Angehörige bestimmter kreativer Milieus oder<br />
Zuwanderergruppen relativ häufig für bestimmte Normabweichungen belangt werden, heißt das<br />
nicht zwangsläufig, dass es sich um besonders kriminelle Individuen oder Gruppen handelt.<br />
Vielmehr müssen rechtliche Normen als Werkzeuge verstanden werden, welche die etablierten<br />
gesellschaftlichen Verhältnisse und Ansichten bewahren sollen und aufgrund dessen eine<br />
„Verurteilung“ der Abweichler erfolgt. Durch diese Gedankenfolge sollte deutlich werden, dass<br />
auch unsere heutigen Vorstellungen von Normen keineswegs als abschließendes Konstrukt<br />
gesehen werden können, sondern viele Handlungen die wir heutzutage noch als kriminell<br />
einstufen, in Zukunft als normal und erwünscht gelten können.<br />
Ob eine Handlung kriminell ist oder nicht ist also immer davon abhängig zu welchem Zeitpunkt und<br />
an welchem Ort – also wann und wo – sie ausgeführt wird. Die Entscheidung darüber, welches<br />
Verhalten kriminell ist und welches nicht, wird durch das staatliche Strafrecht bestimmt, dass auf<br />
gesellschaftlich anerkannten Normen beruht, die dem sozialen Wandel unterliegen. Auf diese<br />
Weise werden normabweichenden Handlungen aber in erster Linie durch den Staat kriminalisiert.<br />
Zusammenfassend geht es bei der Kriminalisierung also darum, von gesellschaftlichen Normen<br />
abweichende Handlungen zu identifizieren, zu verhindern und zu bestrafen, weswegen der<br />
deutsche Humangeograph Belina diesen Prozess als „soziale Kontrolle“ und Kriminalpolitik als<br />
„Kontrollpolitik“ bezeichnet (Belina 2007; S.225).<br />
Nach der ausführlichen Betrachtung dieser Sichtweise soll nun die zweite Perspektive (2) der<br />
Ursachen strafbaren Handelns untersucht werden. Bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts<br />
werden sogenannte „Theorien abweichenden Verhaltens“ postuliert, die den Anspruch erheben,<br />
die Entstehung von Kriminalität erklären zu können. Seitdem sind zahlreiche, höchst<br />
unterschiedliche Theorien entstanden, die die Gründe für das abweichende Verhalten auf<br />
verschiedenen Ebenen ausmachen. Dabei handelt es sich um die Folgenden:<br />
(1) Mikroebene –Ebene des „Abweichlers“<br />
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