Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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IV Einleitung<br />
Die Polizei verspricht sich von diesen Systemen eine stärkere Bindung zur Bevölkerung, um das<br />
Vertrauen in die polizeiliche Praxis sowie polizeiliche Statistiken zu erhöhen und sie zur Mitwirkung<br />
an der Kriminalitätsbekämpfung durch gemeinschaftliche Strategieentwicklung oder<br />
Selbsthilfemaßnahmen zu animieren (Chainey & Thompson 2012, S.4).<br />
Bis zum heutigen Zeitpunkt haben sich aber nur sehr wenige Forscher mit möglichen<br />
Konsequenzen, beschäftigt, die mit diesen offenen <strong>Plattformen</strong> für städtische Räume samt ihrer<br />
Bewohner einhergehen. So befassen sich amerikanische Untersuchungen hauptsächlich mit der<br />
Frage, ob die in den Systemen zur Verfügung gestellten Deliktinformationen sachgerecht<br />
georeferenziert wurden und somit das „wahre“ Bild der Kriminalität abgebildet wird (irevolution<br />
2012). In Großbritannien sind die <strong>Plattformen</strong> zwar noch etwas jüngeren Datums, jedoch wird<br />
wesentlich kritischer mit ihnen umgegangen. Die dort durchgeführten Analysen versuchen zu<br />
erörtern, inwiefern die von der Polizei anvisierten Zielstellungen tatsächlich erreicht werden und<br />
wie sie gegebenenfalls verbessert werden könnten (Chainey & Thompson 2012). Demnach stehen<br />
im englischsprachigen Raum eher Fragen der Umsetzung und Darstellung der <strong>Plattformen</strong> im<br />
Vordergrund und ihre Existenz wird grundsätzlich nicht hinterfragt.<br />
Da diese <strong>Plattformen</strong> aber weitreichende Informationen zum komplexen Themengebiet der<br />
Kriminalität an die gesamte Bevölkerung und damit einem großen Publikum aus Laien weitergeben,<br />
sollte eine sachgerechte Analyse der interaktiven Crime- Mapping- Systeme nicht nur die von der<br />
Polizei angesprochenen Potenziale untersuchen, sondern vor allem auch die damit einhergehenden<br />
Risiken ins Zentrum der Beobachtung stellen. So drängen sich aus stadt- und raumplanerischer<br />
Sicht Aspekte bezüglich der Wirkung der Karten auf städtische Räume und ihre Bevölkerung<br />
einerseits und auf die Nutzer der betreffenden <strong>Plattformen</strong> andererseits auf. Werden<br />
beispielsweise unnötigerweise Ängste bei den Nutzern geschürt oder ganze Räume samt ihrer<br />
Bewohnerschaft als kriminell stigmatisiert, ist dringender Untersuchungsbedarf angezeigt.<br />
Des Weiteren sind bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Untersuchungen angestellt worden, inwiefern<br />
Raum- und Umweltplaner die durch die Systeme zur Verfügung gestellten Informationen nutzen<br />
könnten. Doch gerade angesichts des offensichtlichen Bedarfs an einer fachgerechten Abwägung<br />
des Nutzens und der Risiken der <strong>Plattformen</strong> für alle städtischen Akteure, wurde die<br />
stadtplanerische Perspektive bei den Betrachtungen bisher sträflich vernachlässigt.<br />
Nichtsdestotrotz wurden im Jahr 2007 für die USA bereits 125 Web- Sites gezählt, die<br />
Kartenmaterial zum Thema Kriminalität frei zur Verfügung gestellt haben. Diese Entwicklung hielt<br />
im Jahr 2008 auch in Großbritannien Einzug. Seitdem können über die Plattform police.uk<br />
Kriminalitätskarten für alle Städte des Vereinigten Königreiches abgerufen werden, was von Seiten<br />
der Bevölkerung seitdem auch mit regem Interesse getan wird (Diebel 2011). In Anbetracht dieser<br />
Entwicklung zeichnet sich ab, dass auf lange Sicht auch in Deutschland eine Einführung dieser<br />
Systeme zumindest nicht unwahrscheinlich ist. Daher ist es unabdingbar, die zuvor angedeuteten<br />
Fragestellungen eingehend zu behandeln, um mögliche, negative Konsequenzen abschätzen zu<br />
können und gegebenenfalls vorbeugende Maßnahmen einzuleiten.