Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...

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15.07.2013 Aufrufe

106 Thesen erhoffter und befürchteter Wirkungen Abbildung 67: Kernelemente Kapitel 3.2.6. – Datenschutzproblematik (1) Crime- Mapping- Plattformen unterstehen der ethischen Konfliktsituation der informationellen Selbstbestimmung des Individuums und des Rechts auf informationellen Grundversorgung und Chancengleichheit. (2) Die amerikanischen Plattformen haben diese Abwägung zu Gunsten der öffentlichen Information entschieden, da: a. Informationen über Tatorte Auskunft über Opfer und gegebenenfalls auch Täter erlauben. b. Sexualstraftäter und Mordopfer samt personenbezogener Informationen veröffentlicht werden. (3) In Deutschland ist eine umfangreiche und konfliktreiche Diskussion zu erwarten, sollten vergleichbare Plattformen vor ihrer Einführung stehen. 3.2.7. Verdrängung & Nutzen für Kriminelle Abschließend soll der Fragestellung nachgegangen werden, welche direkten Auswirkungen die Plattformen auf das Verhalten krimineller Individuen haben. Dabei ergeben sich zwei konkrete Untersuchungsrichtungen. Einerseits muss untersucht werden, ob die Crime- Mapping- Plattformen tatsächlich die Ausübung krimineller Handlungen, wie erhofft, verhindern können und andererseits sollten auch solche Wirkungen angesprochen werden, die Kriminellen bei der Verübung von Delikten helfen könnten. Diesbezüglich wurden die folgenden zwei Thesen aufgestellt: I. Crime- Mapping- Plattformen verhindern keine Kriminalität sondern sie verdrängen sie nur. II. Kriminelle können die Plattformen für ihre Zwecke nutzen. Bereits die Formulierung der erstgenannten These macht deutlich, welche Folgen verschiedene Forscher gegenüber dem Crime- Mapping befürchten oder zumindest einräumen. So weisen sowohl Rebecca Paynich und Bryan Hill (Paynich & Hill 2010; S.115-117) als auch Rachel Boba Santos Santos (Boba Santos Santos 2009, S.34-35) in ihren Abhandlungen auf die verschiedenen Formen von Verdrängungen hin. Die hier genannten Haupttypen von Verlagerungen sind: Spatial Displacement - räumliche Verdrängung Temporal Displacement – zeitliche Verdrängung Target Displacement – veränderte Opferwahl Tactical Displacement – veränderte Taktik Dabei erscheinen besonders räumliche und zeitliche Verdrängung, aber unter Umständen auch veränderte Opferwahl bzw. Taktik dazu geeignet, durch die interaktive Crime- Mapping- Plattformen begünstigt zu werden. Denn grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass auch Personen die Plattformen verwenden, die schlechte bzw. kriminelle Absichten mit der Nutzung verfolgen. Greifen potenzielle Straftäter nun auf die, durch die Plattformen offerierten Inhalte zurück, können sie, wie alle anderen Nutzer, die aktuellsten Trends krimineller Entwicklungen einsehen und auf polizeiliche Hinweise zurückgreifen.

Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung Kennzeichnet eine Plattform also verschiedene Teilräume hinsichtlich bestimmter Delikttypen, wird ein potenzieller Täter davon ausgehen, dass in den betreffenden Gebieten eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber diesen Taten vorherrschen wird. In diesem Sinne wird er seine Aktivitäten in andere Räume verlagern (Spatial Displacement). Außerdem könnte er auch die Tatzeit verändern, wenn beispielsweise eine Einbruchserie in den Vormittagsstunden an Werktagen vorliegt, um das Risiko erhöhter Polizeipräsenz in dieser Zeit zu umgehen (Temporal Displacement). Insofern durch die Polizei, mit Hilfe der Plattformen Sicherheitshinweise an die Nutzer weitergegeben werden, könnten Täter sogar ihr Vorgehen entsprechend der Meldungen anpassen (Tactical Displacement). Betrachtet man diesbezüglich beispielsweise den Delikttyp der Raubüberfälle, muss auf eine besondere möglicherweise entstehende Gefahrensituation hingewiesen werden. Wird den Plattformnutzern nahe gelegt, bestimmte Räume zu meiden bzw. nur mit Selbstschutzmitteln zu betreten, werden Täter möglicherweise noch brutaler und gefährlicher vorgehen, zum Beispiel durch den Einsatz von Waffen. Insgesamt muss festgestellt werden, dass auch kriminelle Individuen die Plattformen zu ihren Gunsten nutzen können, indem sie Gebiete ausschließen, in denen das Entdeckungsrisiko zu hoch ist oder nach einfacheren Zielen suchen. Wie bereits in Kapitel 3.2.5. dargestellt, drückt sich hierin auch ein zentraler Einflussfaktor für Kriminalitätsfurcht aus. Personen die bereits Opfer eines Übergriffes geworden sind, befürchten durch Plattformen als einfaches Ziel erneuter Delikte präsentiert zu werden (Pattavina 2005a; S.161). Die Plattform der amerikanische Stadt Tulsa muss dahingehend als besonders informativ für Kriminelle eingeschätzt werden. Wie die folgende Abbildung 68 zeigt, können potenzielle Diebe hier nicht nur sehen, wann und wo Einbrüche bzw. Diebstähle schon einmal gelungen sind, sondern auch welche Summen jeweils erbeutet wurden. Die Daten werden sicherlich veröffentlicht, um dem Nutzer eine Unterscheidung schwerer und minderschwerer Diebstähle zu verdeutlichen, aber dies erscheint in Anbetracht des möglichen Nutzens für Kriminelle doch sehr fragwürdig. Abbildung 68: Beispiel der Polizeiplattform der Stadt Tulsa 107

<strong>Plattformen</strong> <strong>digitaler</strong> <strong>Kriminalitätsverortung</strong><br />

Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung<br />

Kennzeichnet eine Plattform also verschiedene Teilräume hinsichtlich bestimmter Delikttypen, wird<br />

ein potenzieller Täter davon ausgehen, dass in den betreffenden Gebieten eine erhöhte<br />

Aufmerksamkeit gegenüber diesen Taten vorherrschen wird. In diesem Sinne wird er seine<br />

Aktivitäten in andere Räume verlagern (Spatial Displacement). Außerdem könnte er auch die<br />

Tatzeit verändern, wenn beispielsweise eine Einbruchserie in den Vormittagsstunden an<br />

Werktagen vorliegt, um das Risiko erhöhter Polizeipräsenz in dieser Zeit zu umgehen (Temporal<br />

Displacement). Insofern durch die Polizei, mit Hilfe der <strong>Plattformen</strong> Sicherheitshinweise an die<br />

Nutzer weitergegeben werden, könnten Täter sogar ihr Vorgehen entsprechend der Meldungen<br />

anpassen (Tactical Displacement). Betrachtet man diesbezüglich beispielsweise den Delikttyp der<br />

Raubüberfälle, muss auf eine besondere möglicherweise entstehende Gefahrensituation<br />

hingewiesen werden. Wird den Plattformnutzern nahe gelegt, bestimmte Räume zu meiden bzw.<br />

nur mit Selbstschutzmitteln zu betreten, werden Täter möglicherweise noch brutaler und<br />

gefährlicher vorgehen, zum Beispiel durch den Einsatz von Waffen.<br />

Insgesamt muss festgestellt werden, dass auch kriminelle Individuen die <strong>Plattformen</strong> zu ihren<br />

Gunsten nutzen können, indem sie Gebiete ausschließen, in denen das Entdeckungsrisiko zu hoch<br />

ist oder nach einfacheren Zielen suchen. Wie bereits in Kapitel 3.2.5. dargestellt, drückt sich hierin<br />

auch ein zentraler Einflussfaktor für Kriminalitätsfurcht aus. Personen die bereits Opfer eines<br />

Übergriffes geworden sind, befürchten durch <strong>Plattformen</strong> als einfaches Ziel erneuter Delikte<br />

präsentiert zu werden (Pattavina 2005a; S.161).<br />

Die Plattform der amerikanische Stadt Tulsa muss dahingehend als besonders informativ für<br />

Kriminelle eingeschätzt werden. Wie die folgende Abbildung 68 zeigt, können potenzielle Diebe<br />

hier nicht nur sehen, wann und wo Einbrüche bzw. Diebstähle schon einmal gelungen sind, sondern<br />

auch welche Summen jeweils erbeutet wurden. Die Daten werden sicherlich veröffentlicht, um<br />

dem Nutzer eine Unterscheidung schwerer und minderschwerer Diebstähle zu verdeutlichen, aber<br />

dies erscheint in Anbetracht des möglichen Nutzens für Kriminelle doch sehr fragwürdig.<br />

Abbildung 68: Beispiel der Polizeiplattform der Stadt Tulsa<br />

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