Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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100 Thesen erhoffter und befürchteter Wirkungen<br />
3.2.5. Stigmatisierung von Räumen und Bewohnern<br />
In der Soziologie wird Stigmatisierung als die Zuweisung bestimmter, in der Regel negativer<br />
Charakteristika gegenüber Individuen bezeichnet, die ihnen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu<br />
gewissen Gruppen zugeschrieben werden. Wenn es sich dabei tatsächlich um negative<br />
Stigmatisierungen handelt, können sie auch als Diskriminierung bezeichnet werden. Die Zuweisung<br />
der Eigenschaften erfolgt allerdings nicht nur aufgrund bestimmter Gruppenzugehörigkeiten,<br />
sondern auch durch die Übertragung der Vorurteile gegenüber der jeweiligen Wohngebiete auf<br />
seine Bewohner (Farwick 2011, S.393-394). Vor diesem Hintergrund müssen Crime- Mapping-<br />
<strong>Plattformen</strong> hinsichtlich ihres Potenziales hinterfragt werden, Vorurteile im Bezug zur Kriminalität<br />
von Räumen und Bewohnern zu generieren. In diesem Sinne gilt es, folgende These zu<br />
untersuchen:<br />
Crime- Mapping- Systeme fördern und verursachen die Stigmatisierung von Räumen und deren<br />
Bewohnern als „kriminell“.<br />
Grundsätzlich zeigen die <strong>Plattformen</strong> registrierte Delikte für größere Räume auf und erscheinen<br />
hierdurch durchaus dazu geeignet, Stigmata gegenüber stark betroffenen Teilgebieten zu fördern.<br />
So werden den Plattformnutzern Informationen über kriminelle Sachverhalte an die Hand gegeben,<br />
die ihre Meinung bezüglich der Teilräume stark beeinflussen können und wie im vorherigen Kapitel<br />
dargestellt, auch Ängste entstehen lassen. Diese werden dann auf die dort wohnende Bevölkerung<br />
projiziert. In zweifacher Hinsicht ist dies nicht nur als problematisch, sondern vor allem als<br />
fehlerhaft einzuschätzen. Einerseits sind natürlich nicht alle Menschen, die in Räumen leben, wo<br />
auch eine größere Anzahl Täter wohnt, direkt kriminell. Dies kann vielmehr als typisches Beispiel<br />
von Diskriminierung verstanden werden. Andererseits ist aber vor allem die Annahme fehlerhaft,<br />
dass es sich bei den Gebieten um die Wohnräume von Tätern und Kriminellen handelt. Denn hohe<br />
Deliktzahlen in Räumen mögen zwar für ein erhöhtes Risiko sprechen, dort Opfer eines Übergriffes<br />
zu werden, aber unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Täter nur in den seltensten Fällen Taten<br />
im näheren Umfeld des eigenen Wohnraumes durchführen, ist die Einschätzung, die Bewohner<br />
seien kriminell, als komplett fehlerhaft einzuschätzen. Die Räume hoher Deliktdichte sind lediglich<br />
als Tatorte und nicht als Wohnräume von Tätern zu verstehen (vgl. Kap. 2.1.3.). Da diese Tatsache<br />
allerdings durch die <strong>Plattformen</strong> nicht vermittelt wird, erzeugen sie Stigmatisierungen und<br />
Diskriminierungen.<br />
Auch diese Problemlage wird hinsichtlich möglicher Fehlinterpretationen und Manipulationen von<br />
Crime- Mapping- Systemen verschärft. Denn hierdurch kann Bewohnern und Räumen sogar dann<br />
das Stigma Kriminalität aufgeladen werden, wenn sie nicht einmal besonders kriminell sind,<br />
sondern dieser Eindruck nur durch die <strong>Plattformen</strong> vermittelt wird. So zeigt die folgende Abbildung<br />
63 zwei Kartenausschnitte des Liverpooler Stadtzentrums der Plattform police.uk, wobei auf der<br />
linken Karte für den südlichen Teilraum allgemein eine sehr hohe Deliktdichte ausgemacht werden<br />
kann. Allerdings belegt die genauere Deliktauswertung der rechten Karte, dass es sich zu sehr<br />
großen Teilen um Bagatelldelikte der Öffentlichen Ruhestörung oder Erregung öffentlichen<br />
Ärgernisses handelt. Die Plattform fördert demnach eine fehlerhafte Stigmatisierung des Stadtteils.