Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung - cpe - Universität ...
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96 Thesen erhoffter und befürchteter Wirkungen kriminellen Übergriffen umgehen. So werden durch den Sicherheitsbericht die Meidung bestimmter als kriminell geltender Räume und der Rückzug in den eigenen Wohnraum als typische registrierbare Reaktionen genannt. Bezieht man die Meidung bestimmter Räume nun auf die Crime- Mapping- Plattformen und die durch sie verfolgten Ziele, wird man durchaus Zusammenhänge feststellen. So erhofft sich die Polizei, wie auch in Kapitel 3.1.2. dargestellt, dass sich Plattformnutzer über Gefahrensituationen informieren und betreffende Räume gegebenenfalls meiden. Dementsprechend ist die Erzeugung gewisser Ängste durch Plattformen teilweise sogar beabsichtig, zumindest aber erwünscht. Dies kann als Beleg dafür verstanden werden, dass auch die Polizei um die Konsequenzen weiß, welche durch die erzeugte Kriminalitätsfurcht hervorgerufen werden können. Aus stadt- und raumplanerischer Sicht gilt es nun, die unerwünschten Konsequenzen der Kriminalitätsfurcht für städtische Räume und Bewohner kritisch zu hinterfragen bzw. offenzulegen. In diesem Sinne wird im Anschluss an die Klärung der Fragestellung, ob Crime- Mapping- Plattformen die Kriminalitätsfurcht schüren, folgende These untersucht: Kriminalitätsangst / -furcht hat auf städtische Räume und seine Bewohner erhebliche negative Auswirkungen und fördert teilweise sogar den Anstieg von Kriminalität. Die Beweisführung bei dieser Annahme ist nicht vom Ergebnis der erstgenannten These abhängig. Vielmehr wird durch die Klärung dieser zweiten Fragestellung, die Bedeutung der Crime- Mapping- Plattformen, entweder als Mittel der Furchtvermeidung oder aber als Ursache für Angst, immens verstärkt. In Anbetracht, der in Kapitel 3.1.2. dargelegten, von der Polizei erhofften Wirkungen der Plattformen, erscheint die erste These – Crime- Mapping- Plattformen schüren Kriminalitätsangst – recht befremdlich. So verspricht sich beispielsweise die britische Polizei durch die Veröffentlichung der Kriminalitätsdaten via Crime- Mapping- Plattform, die Ängste der Bevölkerung zu vermindern, indem man die Wissenslücken hinsichtlich tatsächlicher krimineller Entwicklungen schließt (Chainey & Thompson 2012, S.2-3). Darüber hinaus ist man von Seiten der Polizei und Justiz der Meinung, dass die Medien ein falsches, zu Übertreibungen und Dramatisierungen neigendes Bild der Kriminalität zeichnen, was durch die Plattformen behoben werden könne (ebenda; BMS & BMJ 2006, S.). In diesem Zusammenhang sei allerdings die Frage gestattet, inwiefern interaktive, frei zugängliche online Crime- Mapping- Systeme nicht auch als Teil der Massenmedien verstanden müssen. Auch sie veröffentlichen Kriminalitätsdaten in einer bestimmten Art und Weise und erzeugen damit Wahrnehmungen bei den Nutzern, die genauso Ängste schüren können, wie die Darstellungen anderer Medien. Dementsprechend muss der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Plattformen dazu geeignet erscheinen in einem geringeren Maß Kriminalitätsangst zu erzeugen. Zur Beantwortung dieser Frage kann eine experimentelle Studie der amerikanischen Kriminalitätsforscherin Elizabeth Groff und ihrer Mitarbeiter zu Rate gezogen werden. Sie untersucht, ob Kriminalitätskarten mehr Angst hervorrufen als Kriminalitätsstatistiken. Dabei werden sogar die Auswirkungen von Dichtekarten/ Wärmekarten und graduierten Karten getrennt voneinander untersucht. Im Ergebnis zeigte sich hier, dass durch die graduierten Karten tatsächlich weniger Angst erzeugt wurde als durch Statistiken und Heat- Maps. Allerdings scheinen die beiden
Plattformen digitaler Kriminalitätsverortung Chancen und Risiken aus Sicht der Raumplanung letztgenannten im gleichen Maß Ängste bei den Lesern zu erzeugen (Groff et. al. 2005, S.101). Interessanterweise wird durch die Studie aber auch festgestellt, dass die geringere Angsterzeugung keineswegs auf eine bessere Information der Probanden zurückzuführen ist. So wird im Fall der genutzten Kriminalitätskartierungen und –Statistiken sogar die „allgemeinen Annahme wiederlegt, dass Karten Informationen klarer als Statistiken kommunizieren“(ebenda, S.103). Demnach muss den Karten abgesprochen werden, dass sie grundsätzlich immer besser informieren als Statistiken. Vielmehr sind eine bessere Information der Bürger und eine Verringerung ihrer Ängste bezüglich der Kriminalität von der Beschaffenheit der Deliktdarstellung abhängig. Grundsätzlich scheinen sich englisch- und deutschsprachige Polizeidienststellen aber der möglichen angsterzeugenden Wirkungen ihrer Veröffentlichungen bewusst und sind bestrebt, diese so gering wie möglich zu gestalten. So wurde durch den Experten des Saarländischen Landeskriminalamts mehrfach auf die Verantwortung der Polizei hingewiesen, durch Veröffentlichungen keine Ängste in der Bevölkerung zu schüren (Exner & Wendt 2012). Dementsprechend kann also davon ausgegangen werden, dass sich Plattformen, die durch oder in Zusammenarbeit mit Polizeidienststellen betrieben werden, der Problemstellung der Angstminimierung annehmen. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, ob solche Systeme, die von anderen Institutionen oder Unternehmen betrieben werden, ebenfalls eine möglichst angstvermeidende Darstellung anstreben. Es sei nochmals auf die Tatsache hingewiesen dass Unternehmen der Kommunikationsbranche im allgemeinen besonders starke und teils auch beängstigende Darstellungen einsetzen, um möglichst hohe Aufmerksamkeit für ihr Medium zu erzielen. Von zentraler Bedeutung hinsichtlich der Erzeugung von Kriminalitätsängsten sind aber vor allem die in Kapitel 3.2.1. dargelegten Probleme von Fehlinterpretationen. Hier wird aufgezeigt, dass Nutzer aufgrund fehlenden Fachwissens und mangelhafter Information über Datengrundlagen sowie missverständlicher Darstellungsformen der Plattformen, das wahre Ausmaß der Kriminalität häufig nur fehlerhaft erfassen können. Die Ausführungen des Kapitels machen außerdem deutlich, dass auch polizeiliche Plattformen Darstellungen anbieten, die zahlreiche Fehlinterpretationen hervorrufen können. Vielmehr wird durch Groff. et. al. mit Hilfe des Vergleichs von Graduated Maps und Heat- Maps die Abhängigkeit zwischen Angsterzeugung und den gewählten Darstellungsformen aufgezeigt. So haben Farb- und Symbolwahl nicht nur entscheidenden Einfluss auf Fehlinterpretationen sondern auch auf die Erzeugung von Angst bzw. Furcht beim Nutzer (Groff et. al. 2005, S.103-105). Die folgende Abbildung 61 zeigt die bereits mehrfach angesprochene Heat- Map- Darstellung der Stadt London und offenbart, welches Gefahrenbild die Plattformen für unbedarfte Nutzer zeichnen können. 97
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kriminellen Übergriffen umgehen. So werden durch den Sicherheitsbericht die Meidung<br />
bestimmter als kriminell geltender Räume und der Rückzug in den eigenen Wohnraum als typische<br />
registrierbare Reaktionen genannt. Bezieht man die Meidung bestimmter Räume nun auf die<br />
Crime- Mapping- <strong>Plattformen</strong> und die durch sie verfolgten Ziele, wird man durchaus<br />
Zusammenhänge feststellen. So erhofft sich die Polizei, wie auch in Kapitel 3.1.2. dargestellt, dass<br />
sich Plattformnutzer über Gefahrensituationen informieren und betreffende Räume gegebenenfalls<br />
meiden. Dementsprechend ist die Erzeugung gewisser Ängste durch <strong>Plattformen</strong> teilweise sogar<br />
beabsichtig, zumindest aber erwünscht. Dies kann als Beleg dafür verstanden werden, dass auch<br />
die Polizei um die Konsequenzen weiß, welche durch die erzeugte Kriminalitätsfurcht<br />
hervorgerufen werden können.<br />
Aus stadt- und raumplanerischer Sicht gilt es nun, die unerwünschten Konsequenzen der<br />
Kriminalitätsfurcht für städtische Räume und Bewohner kritisch zu hinterfragen bzw. offenzulegen.<br />
In diesem Sinne wird im Anschluss an die Klärung der Fragestellung, ob Crime- Mapping-<br />
<strong>Plattformen</strong> die Kriminalitätsfurcht schüren, folgende These untersucht:<br />
Kriminalitätsangst / -furcht hat auf städtische Räume und seine Bewohner erhebliche negative<br />
Auswirkungen und fördert teilweise sogar den Anstieg von Kriminalität.<br />
Die Beweisführung bei dieser Annahme ist nicht vom Ergebnis der erstgenannten These abhängig.<br />
Vielmehr wird durch die Klärung dieser zweiten Fragestellung, die Bedeutung der Crime- Mapping-<br />
<strong>Plattformen</strong>, entweder als Mittel der Furchtvermeidung oder aber als Ursache für Angst, immens<br />
verstärkt.<br />
In Anbetracht, der in Kapitel 3.1.2. dargelegten, von der Polizei erhofften Wirkungen der<br />
<strong>Plattformen</strong>, erscheint die erste These – Crime- Mapping- <strong>Plattformen</strong> schüren Kriminalitätsangst –<br />
recht befremdlich. So verspricht sich beispielsweise die britische Polizei durch die Veröffentlichung<br />
der Kriminalitätsdaten via Crime- Mapping- Plattform, die Ängste der Bevölkerung zu vermindern,<br />
indem man die Wissenslücken hinsichtlich tatsächlicher krimineller Entwicklungen schließt<br />
(Chainey & Thompson 2012, S.2-3). Darüber hinaus ist man von Seiten der Polizei und Justiz der<br />
Meinung, dass die Medien ein falsches, zu Übertreibungen und Dramatisierungen neigendes Bild<br />
der Kriminalität zeichnen, was durch die <strong>Plattformen</strong> behoben werden könne (ebenda; BMS & BMJ<br />
2006, S.).<br />
In diesem Zusammenhang sei allerdings die Frage gestattet, inwiefern interaktive, frei zugängliche<br />
online Crime- Mapping- Systeme nicht auch als Teil der Massenmedien verstanden müssen. Auch<br />
sie veröffentlichen Kriminalitätsdaten in einer bestimmten Art und Weise und erzeugen damit<br />
Wahrnehmungen bei den Nutzern, die genauso Ängste schüren können, wie die Darstellungen<br />
anderer Medien. Dementsprechend muss der Frage nachgegangen werden, inwiefern die<br />
<strong>Plattformen</strong> dazu geeignet erscheinen in einem geringeren Maß Kriminalitätsangst zu erzeugen.<br />
Zur Beantwortung dieser Frage kann eine experimentelle Studie der amerikanischen<br />
Kriminalitätsforscherin Elizabeth Groff und ihrer Mitarbeiter zu Rate gezogen werden. Sie<br />
untersucht, ob Kriminalitätskarten mehr Angst hervorrufen als Kriminalitätsstatistiken. Dabei<br />
werden sogar die Auswirkungen von Dichtekarten/ Wärmekarten und graduierten Karten getrennt<br />
voneinander untersucht. Im Ergebnis zeigte sich hier, dass durch die graduierten Karten tatsächlich<br />
weniger Angst erzeugt wurde als durch Statistiken und Heat- Maps. Allerdings scheinen die beiden