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Ph.D. thesis

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Transmissionselektronenmikroskopische<br />

Untersuchungen niederdimensionaler Halbleiter zur<br />

Charakterisierung von Struktur und chemischer<br />

Zusammensetzung<br />

DISSERTATION<br />

zur Erlangung des akademischen Grades<br />

doctor rerum naturalium<br />

(Dr. rer. nat.)<br />

im Fach <strong>Ph</strong>ysik<br />

eingereicht an der<br />

Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät I<br />

Humboldt-Universität zu Berlin<br />

von<br />

Frau Dipl.-<strong>Ph</strong>ys. Ines Häusler<br />

geboren am 27.02.1976 in Berlin<br />

Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin:<br />

Prof. Dr. Ch. Markschies<br />

Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät I:<br />

Prof. Dr. Ch. Limberg<br />

Gutachter:<br />

1. Prof. Dr. W. Neumann<br />

2. Prof. Dr. R. Fornari<br />

3. Prof. Dr. U. Gösele<br />

eingereicht am: 27.03.2007<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 25.10.2007


Für mein Krönchen


Abkürzungen<br />

Wachstumsmethoden<br />

LPCVD - Low Pressure Chemical Vapour Deposition<br />

Niederdruckverfahren der chemischen Gasphasenepitaxie<br />

LPE - Liquid <strong>Ph</strong>ase Epitaxy<br />

Flüssigphasenepitaxie<br />

MBE - Molecular Beam Epitaxy<br />

Molekularstrahlepitaxie<br />

MOCVD - Metal Organic Chemical Vapour Deposition<br />

Metallorganische Gasphasenabscheidung<br />

MOMBE - Metall Organic Molecular Beam Epitaxy<br />

Metallorganische Molekularstrahlepitaxie<br />

VPE - Vapour <strong>Ph</strong>ase Epitaxy<br />

Gasphasenepitaxie<br />

Untersuchungs- und Auswertungsmethoden<br />

DALI - Digital Analysis of Lattice Images<br />

EDXS - Energy Dispersive X-Ray Spectroscopy<br />

energiedispersive Röntgenspektroskopie<br />

EELS - Electron Energy Loss Spectroscopy<br />

Elektronenenergieverlustspektroskopie<br />

EFTEM - Energy Filtered Transmission Electron Microscopy<br />

Energie-gefilterte Transmissionselektronenmikroskopie<br />

FEM - Finite Element Method<br />

Finite-Elemente-Methode<br />

HRTEM - High Resolution Transmission Electron Microscopy<br />

hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie<br />

PL - <strong>Ph</strong>otoluminescence<br />

<strong>Ph</strong>otolumineszenz<br />

qHRTEM - quantitative High Resolution Transmission Electron Microscopy<br />

quantitative Hochauflösungselektronenmikroskopie<br />

TEM - Transmission Electron Microscopy<br />

Transmissionselektronenmikroskopie<br />

ZAF - Z . . . Atomic number factor / Ordnungszahlkorrekturfaktor<br />

A . . . Absorption correction factor / Absorptionskorrekturfaktor<br />

F . . . Fluorescence correction factor / Fluoreszenzkorrekturfaktor<br />

Sonst<br />

V/III - Partialdruckverhältnis der gasförmigen Ausgangsstoffe (MOCVD)<br />

BN - Benetzungsschicht<br />

QP - Quantenpunkt<br />

VCSEL - Vertical Cavity Surface Emitting Laser<br />

- oberflächenemittierende Laserstruktur


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung und Problemstellung 1<br />

I Grundlagen 5<br />

1 Eigenschaften und Herstellung<br />

niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 7<br />

1.1 Niederdimensionale Halbleiterstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

1.2 Herstellung von niederdimensionalen Halbleiterstrukturen . . . . . . . . . . 9<br />

1.3 Wachstumsmodi in der Heteroepitaxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

1.4 Epitaxieverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

1.4.1 Metallorganische Gasphasenepitaxie (MOCVD) . . . . . . . . . . . 13<br />

1.4.2 Flüssigphasenepitaxie (LPE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

1.4.3 Kinetische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

2 Lineare Elastizitätstheorie 21<br />

2.1 Verschiebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

2.2 Hooke’sches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

2.3 Tetragonale Verzerrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

3 Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 29<br />

3.1 Abbildungsprozess, Linsenfehler und Bildkontrast . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

3.2 Elektronenbeugung am idealen Kristall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.2.1 Kinematische Beugungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

3.2.2 Dynamische Elektronenbeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3.3 Quantitative Auswertung von Verschiebungs- und<br />

Verspannungsfeldern von hochaufgelösten TEM-Aufnahmen<br />

(qHRTEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

3.3.1<br />

” Peak finding“-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

3.3.2<br />

” Geometrische <strong>Ph</strong>asen“-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

i


ii<br />

II (Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 47<br />

4 (Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 49<br />

4.1 Das System (Si,Ge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.2 Wachstum von pseudomorph verspannten<br />

(Si,Ge)/Si-Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

4.2.1 Abschätzung der Germaniumkonzentration<br />

bei großen Si1−xGex-Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

4.2.2 Abschätzung der Germaniumkonzentration anhand<br />

der Inselgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

4.3 Verspannungszustände innerhalb der Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

4.3.1 Methode der finiten Elemente (FEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

4.3.2 qHRTEM - Charakterisierung von Verzerrungsfeldern<br />

mittels Analyse von HRTEM-Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

4.3.3 Verschiedene Inselmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

4.3.4 Auswertung von realen Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

4.4 Quantitative Auswertung von energiedispersiven Röntgenspektren (EDXS) 75<br />

4.4.1 Absorptionskorrektur / Absorptionsfaktor A . . . . . . . . . . . . . 78<br />

4.4.2 Ordnungszahlkorrektur / Ordnungszahlfaktor Z . . . . . . . . . . . 87<br />

4.4.3 Fluoreszenzkorrektur / Fluoreszenzfaktor F . . . . . . . . . . . . . 92<br />

4.4.4 Strahlaufweitung: laterale Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

4.4.5 Konzentrationsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

4.4.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

4.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

5 Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 111<br />

5.1 Probenaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

5.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112<br />

5.2.1 (Si,Ge)-LPCVD-Schicht (Bereich 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112<br />

5.2.2 LPE-Abscheidung von (Si,Ge) auf der LPCVD-Schicht<br />

(Bereich 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

III Heterostrukturen von III-V Halbleitern 125<br />

6 Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 127<br />

6.1 Probenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128<br />

6.1.1 Elektronische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129<br />

6.1.2 TEM-Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131<br />

6.2 Einfluss der Wachstumsparameter auf die<br />

Bildung der Quantenpunktensemble . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132<br />

6.2.1 Substrattemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132<br />

6.2.2 Nominelle Schichtdicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132


6.2.3 Wachstumsunterbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

6.2.4 III/V-Partialdruckverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

6.3 Antimongehalt in den Quantenpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />

6.3.1 Konzentrationsbestimmung in der<br />

GaAs1−xSbx-Benetzungsschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

6.3.2 Konzentrationsbestimmung in den<br />

GaAs1−xSbx/GaAs-Quantenpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . 140<br />

7 Kombination von (Ga,In)As<br />

mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs 147<br />

7.1 Probenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147<br />

7.1.1 Kombination von Quantenpunkttyp I mit Typ II . . . . . . . . . . 147<br />

7.1.2 Probenaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148<br />

7.2 Korrelationen zwischen gestapelten<br />

Quantenpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149<br />

7.3 Indiumgehalt in der<br />

(Ga,In)As-Quantenpunktsaatschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153<br />

Zusammenfassung 159<br />

A Parameter der verwendeten Transmissionselektronenmikroskope 167<br />

B HRTEM-Auflösungsvermögen 171<br />

C Symmetriereduzierung 173<br />

D Das reziproke Gitter 175<br />

E Energiedispersive Röntgenspektroskopie 177<br />

F <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektroskopie 179<br />

Danksagung 189<br />

iii


Einleitung und Problemstellung<br />

Eine wichtige Herausforderung in der Halbleiterforschung ist die Herstellung von Strukturen,<br />

deren Ausmaße vergleichbar mit der de Broglie-Wellenlänge der Ladungsträger sind.<br />

In solchen Halbleiterstrukturen ändern sich die elektrischen und optischen Eigenschaften<br />

drastisch. Grund hierfür sind die quantisierten Energiezustände, deren Energieniveaus von<br />

den Dimensionen des Potentialtopfs abhängen. Die Höhe des Potentialtopfes hängt von<br />

der chemischen Zusammensetzung und vom Verspannungszustand der Quantenstruktur<br />

ab. Beschränkt man die Bewegungsfreiheit der Ladungsträger in allen drei Raumrichtungen,<br />

so entstehen so genannte Quantenpunkte.<br />

Die Herstellung solcher niederdimensionaler Objekte gelingt durch selbstorganisierte Wachstumsprozesse,<br />

wobei die Gitterfehlpassung zwischen Substrat- und Schichtmaterial eine<br />

der treibenden Kräfte ist. Das Entstehen von niederdimensionalen Strukturen beim Abscheiden<br />

verspannter Schichten wurde bis vor mehr als 15 Jahren stets mit der Entstehung<br />

von Versetzungen verbunden [Bru87]. Erst in den 90er Jahren gelang das Wachstum<br />

von pseudomorph verspannten Inseln, wobei mit ” pseudomorph“ versetzungsfrei gemeint<br />

ist [Eag90, Mo90, Guh90, Wha90]. Hierbei wird die Verspannungsenergie innerhalb der<br />

Schicht durch die Bildung der niederdimensionalen Halbleiterstrukturen selbstständig abgebaut<br />

[Str37].<br />

Eines der Hauptziele ist, die Kontrolle über das selbstorganisierte Wachstum zu erreichen.<br />

Dabei soll die finale Form und die Zusammensetzung der Quantenpunkte durch<br />

die Wachstumsparameter gesteuert werden können. Um dieses Vorhaben realisieren zu<br />

können, sind ausführliche Untersuchungen der Wachstumsmechanismen notwendig. In<br />

dieser Arbeit wird die chemische und strukturelle Charakterisierung von solch niederdimensionalen<br />

Halbleiterstrukturen vorgenommen, um die Wachstumsprozesse der Selbstorganisation<br />

besser zu verstehen. Als Modellsystem wird das Wachstum von (Si,Ge)-Inseln<br />

mittels Flüssigphasenepitaxie (LPE) auf (001)-orientierten Si-Substraten untersucht. Da<br />

bei der Flüssigphasenepitaxie das Wachstum unter einer metallischen Lösung stattfindet,<br />

ist die Untersuchung der gewachsenen Strukturen nur ex situ nach der Entfernung<br />

der Lösung möglich. So können die Erkenntnisse zur Selbstorganisation nur aus der umfangreichen<br />

strukturellen und chemischen Charakterisierung der gewachsenen Objekten<br />

gewonnen werden.<br />

Zur Analyse der Struktur und der chemischen Zusammensetzung wurden hauptsächlich<br />

die verschiedenen Untersuchungstechniken der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)<br />

herangezogen. Dabei wurden neben der konventionellen TEM insbesondere Methoden der<br />

1


2<br />

hochauflösenden analytischen TEM angewandt.<br />

Analytische Methoden erfordern häufig eine bezüglich des Materialsystems modifizierte<br />

Auswertung. So müssen zum Beispiel die Geometrie der (Si,Ge)-Inseln und Absorptions-,<br />

Rückstreuungs- und Fluoresenzeffekte bei der Auswertung von energiedispersiven Röntgenspektren<br />

(EDXS) mit berücksichtigt werden. Weiterhin wird in dieser Arbeit die quantitative<br />

Auswertung von hochaufgelösten TEM-Abbildungen (HRTEM) genutzt, um aus<br />

der Analyse des Verzerrungsfeldes der niederdimensionalen Strukturen die chemische Zusammensetzung<br />

zu bestimmen. Damit dies gelingt, werden Verzerrungsfeldanalysen an<br />

verschiedenen (Si,Ge)-Inselmodellen mit bekannter Zusammensetzung vorgenommen.<br />

Die geometrischen Ausmaße der frei gewachsenen (Si,Ge)-Inseln müssen für die technische<br />

Anwendung sehr klein sein, daher wird aktuell versucht, die laterale und vertikale Ausdehnung<br />

der Inseln auf einige Nanometer zu reduzieren. Ansatzpunkte hierfür sind einerseits<br />

das Wachstum auf vorstrukturierten Substraten [Gor03] und andererseits die Beeinflussung<br />

des Inselwachstums durch Versetzungsnetzwerke. Die Untersuchung des Einflusses<br />

von Versetzungen auf das Inselwachstum ist ein Teil dieser Arbeit.<br />

Ein weiterer Themenkomplex dieser Arbeit ist die Untersuchung von mittels metallorganischer<br />

Gasphasenepitaxie (MOCVD) gewachsenen III-V-Halbleiter-Quantenpunktstrukturen<br />

mit TEM. Untersucht wurden Ga(As,Sb)- und (In,Ga)As-Quantenpunkte auf (001)orientiertem<br />

GaAs.<br />

Das System Ga(As,Sb)/GaAs besitzt ein spezielles elektronisches Verhalten. Die Ladungsträger<br />

werden räumlich separiert. In diesem besonderen Fall befinden sich die Löcher in den<br />

Quantenpunkten und die Elektronen werden durch das Coulombpotential in der umgebenden<br />

GaAs-Matrix an den Quantenpunkt gebunden. Aufgrund der großen Lokalisationsenergie<br />

der Löcher [Hat95, Mag00] und der kleinen Rekombinationswahrscheinlichkeit sind<br />

die Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunkte für die technische Nutzung als Speicherelemente interessant.<br />

Für optisch aktive Bauelemente ist eine Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunktschicht<br />

allein ungeeignet. Deshalb wird eine Hybridstruktur bestehend aus einer Ga(As,Sb)-<br />

Quantenpunktlage und einer (In,Ga)As-Quantenpunktschicht untersucht, wobei die<br />

(In,Ga)As-Quantenpunkte durch ihr Spannungsfeld die Nukleation der Ga(As,Sb)/GaAs-<br />

Quantenpunkte stark beeinflussen.<br />

In der vorliegenden Arbeit wird die chemische und strukturelle Beschaffenheit der einzelnen<br />

Quantenpunktschichten in Abhängigkeit von den MOCVD-Wachstumsparametern<br />

ermittelt. In dieser Arbeit wurde eine Methode zur Zusammensetzungsanalyse entwickelt.<br />

Das Verfahren ist eine Kombination von Verzerrungsfeldanalysen anhand von HRTEM-<br />

Abbildungen und Intensitätsauswertungen von chemisch sensitiven Dunkelfeldabbildungen.<br />

Diese für die Probe schonende Methode bietet entscheidende Vorteile gegenüber<br />

den üblichen analytischen Methoden, wie z.B. energiedispersive Röntgenspektroskopie<br />

(EDXS) und Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS), bei denen ein stark fokussierter<br />

Elektronenstrahl zur Analyse genutzt wird, welcher Veränderungen im Objektmaterial<br />

bewirken kann. Zum einen ist eine zweidimensionale Zusammensetzungsbestimmung<br />

des zu analysierenden Gebietes möglich. Zum anderen erlaubt dieses Verfahren die Bestimmung<br />

der chemischen Konzentration ohne direkte analytische Methoden. Ein weiterer<br />

großer Vorteil dieser Methode ist die Anwendbarkeit dieses neuen analytischen Verfah-


Einleitung 3<br />

rens auf alle ternären Schichten, deren Struktur chemisch sensitive Reflexe aufweist. Dabei<br />

muss aber die folgende Voraussetzung erfüllt sein: Das umgebende Matrixmaterial darf<br />

nur Atomsorten enthalten, die auch in der Schicht vorkommen.<br />

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile. Die Nummerierung der Kapitel erfolgt<br />

durchgehend.<br />

Der Teil I enthält eine Einführung in die Eigenschaften und die Herstellung niederdimensionaler<br />

Halbleiterstrukturen (Kap. 1). Kapitel 2 beinhaltet eine kurze Darstellung in die<br />

für diese Arbeit benötigten Grundlagen der Elastizitätstheorie. Im Anschluss wird die<br />

Transmissionselektronenmikroskopie als experimentelle Methode zur Strukturaufklärung<br />

beschrieben (Kap. 3). Dabei werden unter anderem der Abbildungsprozess, Linsenfehler,<br />

die Elektronenbeugung und Auswertung von HRTEM-Abbildungen berücksichtigt.<br />

Im Teil II werden die experimentellen Ergebnisse der TEM-Untersuchungen von mittels<br />

Flüssigphasenepitaxie gewachsenen (Si,Ge)/Si-Inseln diskutiert. Begonnen wird mit den<br />

strukturellen Untersuchungen der (Si,Ge)-Inseln (Kap. 4). Die Abschätzung der mittleren<br />

Germaniumkonzentration innerhalb der Inseln werden anhand der lateralen Ausdehnung<br />

[Dor98] vorgenommen. In den beiden Unterabschnitten 4.3 und 4.4 wird die Germaniumkonzentration<br />

in Abhängigkeit von der Inselhöhe gemessen. In Abschnitt 4.3 erfolgt die<br />

Zusammensetzungsanalyse durch die Auswertung von Verzerrungsfeldern in Kombination<br />

mit FEM-simulierten Inselmodellen (FEM-Finite-Elemente-Methode). Im Abschnitt<br />

4.4 werden energiedispersive Röntgenspektren ausgewertet, wobei eine im Rahmen dieser<br />

Arbeit entwickelte modifizierte ZAF-Auswertungsmethode (Z-Ordnungszahlkorrektur, A-<br />

Absorptionskorrektur, F-Fluoreszenzkorrektur) angewendet wird. Die Diskussion der Ergebnisse<br />

beschließt Kapitel 4.<br />

Im Kapitel 5 wird der Einfluss von Versetzungen einer verspannten (Si,Ge)-LPCVD-<br />

Schicht (LPCVD-Low Pressure Chemical Vapour Deposition) auf das Wachstum von<br />

(Si,Ge)-LPE-Inseln analysiert.<br />

Im Teil III werden III-V-Halbleiterquantenpunktsysteme in Bezug auf ihre strukturelle<br />

und chemische Beschaffenheit untersucht. Im Kapitel 6 werden die wachstumskorrelierten<br />

Eigenschaften der Ga(Sb,As)-Quantenpunktschicht in Abhängigkeit von den MOCVD-<br />

Wachstumsparametern bestimmt. Anschließend erfolgt die Konzentrationsbestimmung<br />

innerhalb der Quantenpunkte. In Kapitel 7 wird auf die Korrelation zwischen (In,Ga)Asund<br />

Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in einem Quantenpunktstapel näher eingegangen. Darüber<br />

hinaus wird der Indiumgehalt in der (In,Ga)As-Quantenpunktsaatschicht ermittelt.<br />

Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse beschließt die Arbeit.


Teil I<br />

Grundlagen<br />

5


Kapitel 1<br />

Eigenschaften und Herstellung<br />

niederdimensionaler<br />

Halbleiterstrukturen<br />

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Eigenschaften und der Herstellung<br />

von niederdimensionalen Halbleiterstrukturen. Es werden unter anderem<br />

die für diese Arbeit angewandten Epitaxieverfahren erläutert. Weiterhin<br />

wird auf den Prozess der Inselbildung näher eingegangen.<br />

1.1 Niederdimensionale Halbleiterstrukturen<br />

Durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von freien Ladungsträgern bezüglich einer<br />

oder mehrerer Richtungen in einem Festkörper ändern sich die Eigenschaften des Systems<br />

gegenüber dem Volumenmaterial fundamental. Wenn keine Ladungsträgerbewegung in der<br />

eingeschränkten Richtung mehr stattfindet, sind nicht mehr alle Zustände im Vergleich<br />

zum Volumenkristall möglich. Es kommt zur Diskretisierung der Zustandsdichte (DOS)<br />

in ihren Energiewerten. In Abb. 1.1 sind die Zustandsdichten in Abhängigkeit von der<br />

Reduzierung der Dimension dargestellt.<br />

Quantenfilm<br />

Als Quantenfilm werden Strukturen mit Einschränkung der Ladungsträgerbewegungsrichtung<br />

in einer Dimension bezeichnet. Die Zustandsdichte ist eine Stufenfunktion, die unterhalb<br />

der für den Volumenkristall typischen Wurzelfunktion liegt. Wird der Quantenfilm<br />

von Halbleitern mit unterschiedlicher Bandlücke umgeben, so entsteht in der Heterostruktur<br />

ein zweidimensionales Elektronengas. Am Übergang zwischen den unterschiedlichen<br />

Halbleitern kommt es zur Bandverbiegung und somit zu gebundenen Ladungsträgern senkrecht<br />

und zu freibeweglichen Ladungsträgern parallel zur Grenzschicht.<br />

Quantendraht<br />

Durch die Reduktion der freien Beweglichkeit der Ladungsträger auf eine Dimension erhält<br />

7


8<br />

Abbildung 1.1: Zustandsdichten in Abhängigkeit von der Einschränkung der Bewegungsfreiheit<br />

der freibeweglichen Ladungsträger.<br />

man einen Quantendraht. Die Zustandsdichte ähnelt einer Sägezahnfunktion mit der Wurzelfunktion<br />

des Volumenkristalls als Einhüllende. Wenn der Quantendraht Bestandteil<br />

einer Heterostruktur ist, so bildet sich ein eindimensionales Elektronengas parallel zur<br />

Drahtoberfläche aus.<br />

Quantenpunkt<br />

Bei Reduzierung der Bewegungsrichtungen in allen Raumrichtungen erhält man nulldimensionale<br />

Halbleiterstrukturen - so genannte Quantenpunkte - mit einer Aufspaltung<br />

der kontinuierlichen Bandstruktur in diskrete Energieniveaus. Durch das starke Confinement<br />

der Ladungsträger im Ortsraum wird die Zustandsfunktion von Deltafunktionen<br />

gebildet. Ein Quantenpunkt besitzt somit Eigenschaften wie ein Atom. Daher wird ein<br />

Quantenpunkt oft auch als ” künstliches Atom“ bezeichnet. Wird der Quantenpunkt in<br />

eine Matrix eingefasst, führt dies aufgrund der Coulombwechselwirkung zur Bildung von<br />

Elektron-Loch-Paaren an der Nanostruktur. Der Exziton-Radius ist wegen der starken<br />

Wechselwirkung zwischen den eingeschlossenen und den außerhalb des Quantenpunktes<br />

gebundenen Ladungsträgern klein.


Eigenschaften und Herstellung niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 9<br />

1.2 Herstellung von niederdimensionalen Halbleiterstrukturen<br />

Die Erzeugung von Halbleitermikro- und -nanostrukturen, deren Ausmaße die Bewegungsrichtung<br />

der freien Ladungsträger einschränkt, kann durch mehrere technische Verfahren<br />

realisiert werden.<br />

Lithographie<br />

Eine der bekanntesten Methoden ist die Lithographie (altgriech.: Lithos = Stein, graphein<br />

= schreiben), die mittels zwei grundlegender Strukturierungstechniken erfolgt: der<br />

direkten Lithographie und der indirekten Lithographie. Bei der direkten Methode wird<br />

die Information direkt über ein einziges Übertragungsmedium auf das Substrat kopiert<br />

(z.B. Elektronen - Elektronenstrahllithographie, Ionen - Ionenstrahllithographie). Durch<br />

Anlegen eines elektrischen Feldes wird der Auftreffpunkt des fokussierten Strahls gesteuert,<br />

und durch die Variation des Energieübertrags werden die chemischen Eigenschaften<br />

des sich auf dem Substrat empfindlichen <strong>Ph</strong>otolacks verändert. Somit erhält man nach<br />

dem Ablösen des <strong>Ph</strong>otolacks geometrische Strukturen auf der Oberfläche. Das indirekte<br />

Lithographieverfahren zeichnet sich gegenüber dem direkten Verfahren aufgrund seiner<br />

Wirtschaftlichkeit aus, da bei dieser Methode die Umrisse der Strukturen vorher auf eine<br />

Schablone übertragen werden, die dann zum Kopieren der Informationen auf das Substrat<br />

genutzt wird [Ben91]. Somit ist eine parallele Verarbeitungsweise und damit ein geringerer<br />

Zeitaufwand gegenüber der seriellen Erzeugung der Strukturen im Vergleich zur direkten<br />

Methode gegeben. Ein entscheidender Nachteil der Lithographiemethoden ist die geringe<br />

Auflösung von ca. 100 nm für das indirekte und ca. 50 nm für das direkte Verfahren.<br />

Epitaxie<br />

Als Epitaxie wird das gesetzmäßige und strukturabhängige Verwachsen zweier unterschiedlicher<br />

kristalliner Substanzen bezeichnet, wobei das einkristalline Substratmaterial<br />

die Ordnung der aufwachsenden Schicht beeinflußt. Mit dem epitaktischen Wachstum<br />

selbstorganisierter niederdimensionaler Halbleiterstrukturen gelingt es, Objekte mit lateralen<br />

Ausdehnungen von nur einigen Nanometern herzustellen. Auf den Prozess der<br />

Selbstorganisation von pseudomorph verspannten Strukturen wird im Abschnitt 1.3 noch<br />

genauer eingegangen. Um gezielte Objektgrößen von einheitlichen Ensembles erzeugen zu<br />

können, müssen die Epitaxieparameter genau bekannt und eingestellt sein. Für das Erlangen<br />

der optimalen Wachstumsparameter eines Epitaxieverfahrens in Abhängigkeit vom<br />

gewählten Materialsystem sind langwierige Untersuchungen mit Variationen der einzelnen<br />

Parameter notwendig.<br />

Zur Abscheidung von Halbleiterstrukturen existieren verschiedene Epitaxieverfahren. Dazu<br />

zählen die Flüssigphasenepitaxie (LPE), die Gasphasenepitaxie (VPE), die Molekularstrahlepitaxie<br />

(MBE), die metallorganische Gasphasenepitaxie (MOCVD) und die metallorganische<br />

Molekularstrahlepitaxie (MOMBE). Auf die für diese Arbeit verwendeten


10<br />

Verfahren (Metallorganische Gasphasenepitaxie und Flüssigphasenepitaxie) zur Herstellung<br />

von pseudomorph verspannten Inseln und deren variierbaren Parametern wird im<br />

Abschnitt 1.4 näher eingegangen.<br />

Das selbstorganisierte Wachstum von versetzungsfreien nulldimensionalen Halbleiterstrukturen<br />

mittels Epitaxie ist seit Anfang der 90er Jahre bekannt. Die ersten Untersuchungsergebnisse<br />

zum pseudomorphen Wachstum von Germanium auf Silizium wurden von Eaglesham<br />

et al. [Eag90] und von Mo et al. [Mo90] publiziert. Mit dem epitaktischen Abscheiden<br />

von dreidimensionalen verspannten (In,Ga)As-Inseln auf GaAs beschäftigten sich unter<br />

anderem Guha et al. [Guh90] und Whaley et al. [Wha90].<br />

1.3 Wachstumsmodi in der Heteroepitaxie<br />

Die Epitaxie wird unterteilt in Homoepitaxie und Heteroepitaxie. Bei der Homoepitaxie<br />

sind das zu deponierende Material und das Substrat gleich. In der Heteroepitaxie wird<br />

ein Material A auf ein von A verschiedenes Substrat B abgeschieden. Im Gegensatz zur<br />

Homoepitaxie spielt bei der Heteroepitaxie der Parameter der Gitterfehlpassung zwischen<br />

Material A und B eine entscheidende Rolle. Weiterhin müssen die Oberflächenenergie und<br />

die elastische Verspannung berücksichtigt werden.<br />

Das epitaktische Wachstum kann anhand der Oberflächenenergie der Materialen A und B<br />

in verschiedene Wachstumsmodi eingeteilt werden (siehe Abb. 1.2). Ist die Oberflächenenergie<br />

des Substrats B größer als die der Schicht A, so wird die Gesamtenergie des<br />

Systems durch die vollständige Benetzung des Substrats mit dem Schichtmaterial minimiert.<br />

Dieses reine glatte Lagenwachstum wird als Frank-van der Merwe Wachstumsmodus<br />

bezeichnet. In dem Falle einer geringeren Oberflächenenergie des Substrats gegenüber<br />

der Oberflächenenergie der Schicht ist es für das System energetisch günstiger, den Bedeckungsgrad<br />

der Substratoberfläche so gering wie möglich zu halten. Dies geschieht im<br />

Volmer-Weber Wachstumsmodus. Hierbei wird das Substrat nicht benetzt und die Atome<br />

des Schichtmaterials ordnen sich auf dem Substrat so an, dass sie so wenig Substratoberfläche<br />

wie möglich bedecken. Dies wird durch das Wachstum von dreidimensionalen<br />

Inseln realisiert.<br />

In dieser Arbeit werden Materialsysteme behandelt, bei denen die Gitterkonstante des<br />

Schichtmaterials A größer als die des jeweiligen Substratmaterials B ist. Daher soll dieser<br />

Fall im Folgenden näher betrachtet werden.<br />

Neben der Energie der Oberfläche muss, wie bereits erwähnt, auch die durch die Gitterfehlpassung<br />

ɛ0 = (aA−aB)/aB verursachte elastische Verspannung bei der Energiebetrachtung<br />

des Schichtwachstums betrachtet werden. Wird das Material A epitaktisch auf das Substrat<br />

B aufgetragen, so passt sich die Einheitszelle der Schicht mit ihren Gitterkonstanten<br />

senkrecht zur Wachstumsrichtung der kleineren Einheitszelle des Substrats an (a ||<br />

A = aB).<br />

Die Schicht ist nun pseudomorph verspannt. Die Gitterverspannung in der Schicht ist<br />

abhängig von der Schichtdicke h. Shchukin et al. beschreiben in [Shc95] die Verspannungsenergie<br />

Eel einer pseudomorph verspannten anisotropen Schicht in Abhängigkeit


Eigenschaften und Herstellung niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 11<br />

Abbildung 1.2: Heteroepitaktische Wachstumsmodi in Abhängigkeit der Abscheidungsmenge<br />

des Schichtmaterials A auf einem Substratmaterial B. Für den Stranski-Krastanov<br />

Wachstumsmodus ist die Gitterkonstante der Schicht größer als die Gitterkonstante des<br />

= aB).<br />

Substrats (a ||<br />

A<br />

von der Schichtdicke h, dem Elastizitätsmodul λ, der Oberfläche A und der Gitterfehlpassung<br />

ɛ0. Für das Schichtwachstum von anisotropen Materialien auf (001)-Oberflächen<br />

wird nach [Bim99] die Verspannungsenergie Eel wie folgt berechnet:<br />

Eel = λɛ 2 0Ah (1.1)<br />

λ = (c11 + 2c12)(c11 − c12)<br />

(1.2)<br />

Hierbei sind c11 und c12 die elastischen Konstanten, auf die im Kapitel 2 näher eingegangen<br />

wird. Mit zunehmender Schichtdicke wird an Glg. 1.1 deutlich, dass die Verspannungsenergie<br />

in der Schicht zunimmt. Ab einer kritischen Schichtdicke hc steigt die Verspannungsenergie<br />

in der Schicht so stark an, dass es energetisch günstiger ist, diese auf Kosten einer<br />

Oberflächenvergrößerung abzubauen. Dabei verwellt sich die Oberfläche und es kommt<br />

zur Entstehung von dreidimensionalen Inseln auf der tetragonal verspannten Benetzungsschicht.<br />

Dieser Übergang zum Inselwachstum ist als Stranski-Krastanov Wachstumsmodus<br />

bekannt [Str37]. Bei dicken Schichten kann der Abbau der Verspannung auch durch Versetzungsbildung<br />

beobachtet werden, dabei werden zusätzliche Gitterebenen eingebaut. Bei<br />

dreidimensionalen Strukturen wird die Spannungsenergie durch elastische Relaxation des<br />

Gitters innerhalb der Insel abgebaut.<br />

Die Änderung der Gesamtenergie ∆ Eisl einer Heterostruktur bei der Bildung einer einzelnen<br />

Insel wird in [Shc95] durch die Änderung der Gesamtoberflächenenergie ∆ Efacets<br />

aufgrund von Facettenbildung, durch die elastische Relaxationsenergie ∆ Eel und durch<br />

c11


12<br />

Abbildung 1.3: Vereinfachte Betrachtung<br />

der Änderung der Gesamtenergie einer<br />

Heterostruktur bei der Bildung von pseudomorph<br />

verspannten Inseln in Abhängigkeit<br />

von der Inselgröße L (nach Glg. 1.4).<br />

die Energie der Inselkanten ∆ Eedges erklärt.<br />

∆ Eisl = ∆ Efacets + ∆ Eedges + ∆ Eel<br />

Abbildung 1.4: Gesamtenergie einer Insel<br />

in Abhängigkeit von der Inselgröße L<br />

unter Berücksichtigung aller Terme der<br />

elastischen Relaxation [Bim99]. α ist das<br />

Verhältnis von Oberflächenenergie zur elastischen<br />

Relaxationsenergie der Insel.<br />

(1.3)<br />

Der erste Term besteht aus der Summation der Oberflächenenergie jeder einzelnen Facette<br />

der Insel. Weiterhin wird auch die Energie der restlichen Oberfläche mit einer Flächennormalen<br />

in Wachstumsrichtung im ersten Term berücksichtigt. Der Einfluss der Inselecken<br />

auf die Energieänderung ist sehr gering, daher wird die Glg. 1.3 meist ohne diesen Term<br />

betrachtet. Der Beitrag der Verspannung während der elastischen Relaxation ist ziemlich<br />

umfangreich und setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Es werden unter anderem<br />

der Beitrag der Gitterfehlpassung ɛ0 und die Oberflächenenergie der Inselfacette bedingt<br />

durch die Änderung der Gitterkonstanten an den Facetten während der elastischen Relaxation<br />

berücksichtigt. Durch eine Vereinfachung der Glg. 1.3 wird ein Zusammenhang<br />

zwischen Inselgröße L und der Gesamtenergieänderung deutlich.<br />

∆ Eisl ≈ ∆ Efacets + ∆ Eel ≈ C1γL 2 − C2λɛ 2 0L 3<br />

(1.4)<br />

Dabei ist γ die Oberflächenenergie. Die Beiträge der Einzelenergien zur Änderung der<br />

Gesamtenergie bei der Bildung von pseudomorph verspannten Inseln sind in Abb. 1.3<br />

dargestellt. Anhand der Graphik (Abb. 1.3) wird deutlich, dass ab einer kritischen Inselgröße<br />

Lc die Energie der Insel monoton abnimmt und somit die Bildung von immer größeren<br />

Inseln energetisch günstiger ist. Bei der Interpretation der Abb. 1.3 darf aber nicht


Eigenschaften und Herstellung niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 13<br />

vernachlässigt werden, dass bei der Glg. 1.4 eine vereinfachte Annahme, die lineare Spannungsabnahme<br />

innerhalb der Inseln mit zunehmendem Volumen, vorgenommen wurde.<br />

Bei der Berücksichtigung aller zur Verspannungsenergie ∆ Eel beitragenden Terme nimmt<br />

die Gesamtenergie des Systems ab einer Inselgröße L0 wieder ab [Bim99]. In Abb. 1.4 ist<br />

die auf diese Weise berechnete Gesamtenergie einer verspannten Insel in Abhängigkeit von<br />

α, dem Verhältnis der Oberflächenenergie der Facetten zur elastischen Relaxationsenergie<br />

der Insel, als Funktion von L dargestellt. Für α < 1 zeigt die Abb. 1.4 Minima. Solch ein<br />

Minimum würde bedeuten, dass Inseln mit der Größe L0 thermodynamisch stabil sind<br />

und ihre Bildung unabhängig vom Herstellungsprozess ist.<br />

1.4 Epitaxieverfahren<br />

Die in dieser Arbeit untersuchten Materialsysteme wurden mittels zwei verschiedener<br />

Epitaxieverfahren hergestellt. Die III-V-Halbleiter-Heterostrukturen sind mit der Methode<br />

der metallorganischen Gasphasenepitaxie (MOCVD - Metal Organic Chemical Vapour<br />

Deposition) erzeugt worden. Die im zweiten Teil untersuchten (Si,Ge)/Si Systeme wurden<br />

mittels Flüssigphasenepitaxie (LPE - Liquid <strong>Ph</strong>ase Epitaxy) gewachsen. Die folgenden<br />

Abschnitte beschäftigen sich mit der genaueren Beschreibung der beiden angewandten<br />

Epitaxieverfahren und deren jeweiligen prozessrelevanten Parameter.<br />

1.4.1 Metallorganische Gasphasenepitaxie (MOCVD)<br />

Für das epitaktische Wachstum von III-V-Halbleitern mittels MOCVD werden Metallorganika<br />

als Ausgangssubstanz für die Elemente der III.-Hauptgruppe verwendet. Die<br />

Metallorganika sind feste oder flüssige Verbindungen und werden in so genannten ” Bubbler“<br />

aufbewahrt. Zur Einleitung in den Reaktionsraum werden die ” Bubbler“ mit H2<br />

durchströmt, welches als Trägergas fungiert. Zur Herstellung von Arseniden und Antimoniden<br />

werden häufig hochgiftige Hydride als Ausgangsstoffe verwendet. Diese liegen<br />

gasförmig vor und können daher direkt oder verdünnt in den Reaktor geleitet werden.<br />

Nach der getrennten Einleitung der Ausgangssubstanzen in den Reaktor durchmischen<br />

sich die Komponenten. Es bildet sich ein laminarer Strom parallel zur Substratoberfläche<br />

aus. Die Gasflussgeschwindigkeit des Materialstroms nimmt aufgrund der auftretenden<br />

Reibung zum Substrat hin ab. Somit ist der Gasstrom direkt über der Substratoberfläche<br />

sehr gering, und es kommt zur Ausbildung einer Diffusions-Grenzschicht, welche die Moleküle<br />

auf dem Weg zur Oberfläche überwinden müssen. Wenn die Reaktion auf der Substratoberfläche<br />

schneller abläuft als die Diffusion der Gasmoleküle durch die Grenzschicht,<br />

so ist das Wachstum durch den Materialtransport limitiert. Die während des Wachstums<br />

im Reaktorinneren ablaufenden chemischen Prozesse sind äußerst komplex, und die genauen<br />

Reaktionen an der Substratoberfläche sind zum Teil unbekannt. Bekannt ist die<br />

temperaturabhängige Zerlegung der Ausgangsstoffe, so dass in der Nähe des Substrats bei<br />

Temperaturen um 700 ◦ C fast alle Ausgangsstoffe als zerlegte Verbindungen wiederzufin-


unerwünschtes Element ist Sauerstoff, welches als Verunreinigung in den Quellen, oder<br />

im Reaktor vorkommt. Alle drei Elemente haben einen Einfluß auf das Dotierverhalten<br />

des Halbleiters. So kann der gezielte Einbau von Kohlenstoff zum Beispiel auch zur<br />

effizienten p-Dotierung von GaAs oder Al xGa 1-xAs eingesetzt werden (siehe Kap. 3.3.1).<br />

14<br />

Temperatur<br />

Gaseinlaß<br />

H<br />

H H<br />

C<br />

Ga<br />

H C C H<br />

H<br />

H H<br />

H<br />

H<br />

H H<br />

C<br />

Ga<br />

H C C H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H H<br />

Ga<br />

H C<br />

H<br />

H<br />

H H<br />

Mischungsbereich<br />

H H<br />

H<br />

H<br />

As<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

As<br />

H<br />

H H<br />

C<br />

Ga<br />

H<br />

H H<br />

H<br />

As<br />

H<br />

Ceilingplatte T = 200 °C<br />

As As As As As<br />

As<br />

As<br />

As As As As<br />

As<br />

As As As<br />

As<br />

As<br />

As As<br />

Diffusionsbereich<br />

As<br />

As<br />

Zerlegungsbereich<br />

Ga<br />

As<br />

H<br />

H As<br />

H CH3 H<br />

H H<br />

As As As As Ga As<br />

As Ga C As<br />

As<br />

Ga As As<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

C H<br />

Wachstumsbereich<br />

GaAs-Substrat T = 700 °C<br />

Suszeptor<br />

H<br />

H H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

C H<br />

H<br />

H<br />

As<br />

H<br />

H<br />

As<br />

As<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H H<br />

H<br />

C H<br />

H<br />

H H<br />

H<br />

H +<br />

H<br />

As<br />

H<br />

Endprodukte<br />

Abb. 2.4: Reaktionsketten beim Wachstum von GaAs mittels MOVPE.<br />

Abbildung 1.5: Schematische Darstellung der Reaktionskette beim epitaktischen Wachstum<br />

von GaAs mittels metallorganischer Gasphasenepitaxie in Abhängigkeit vom Temperaturbereich<br />

[Dim00]. Nach dem Gaseinlass16 werden die Ausgangssubstanzen ( [(CH3)3Ga]<br />

und [H3As]) im Mischbereich zusammengeführt. Durch den Konzentrationsgradienten zwischen<br />

Gasphase und Substratoberfläche bildet sich eine Transportkomponente senkrecht zur<br />

Wachstumsoberfläche aus. Aufgrund der Temperaturzunahme zum Substrat hin werden die<br />

Ausgangsstoffe zerlegt.<br />

den sind. Das Schichtwachstum findet fern vom thermodynamischen Gleichgewicht statt.<br />

Der Zustand eines Systems im thermodynamischen Gleichgewicht wird im Abschnitt 1.4.2<br />

näher erklärt. In Abb. 1.5 sind die einzelnen chemischen Reaktionsabläufe für das Wachstum<br />

von GaAs in den jeweiligen Temperaturbereichen im Reaktor schematisch dargestellt<br />

[Dim00]. Ohne Betrachtung der Zwischenschritte wird der Gesamtprozess für die Bildung<br />

von GaAs und GaSb durch die folgenden chemischen Reaktionsgleichungen beschrieben:<br />

[(CH3)3Ga] Gas + [H3As] Gas −→ 3 [CH4] Gas + [GaAs] fest<br />

[(CH3)3Ga] Gas + [H3Sb] Gas −→ 3 [CH4] Gas + [GaSb] fest<br />

Beim epitaktischen Wachstum im transportlimitierten Temperaturbereich werden alle<br />

Ga<br />

H<br />

As<br />

As<br />

Ga<br />

H +<br />

H<br />

H<br />

C<br />

H<br />

Ga<br />

H H<br />

H<br />

H<br />

C H<br />

H<br />

H H


Eigenschaften und Herstellung niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 15<br />

Ausgangsstoffe, die die Substratoberfläche erreicht haben, vollständig eingebaut. Um einer<br />

Verarmung der Atome entlang der Oberfläche und somit einem keilförmigen Wachstumsprofil<br />

entgegenzuwirken, wird das Substrat rotiert.<br />

Wachstumsparameter<br />

V/III - Partialdruckverhältnis<br />

Die Wachstumsrate wird unter anderem durch das Mengenangebot der Gruppe III-Atome<br />

gesteuert, da aufgrund der hohen Flüchtigkeit der Hydride nur die stöchiometrisch erforderliche<br />

Menge der Gruppe V-Atome eingebaut wird. Durch das Verhältnis der Partialdrücke<br />

(V/III) der gasförmigen Ausgangsstoffe wird das Mengenangebot reguliert.<br />

Reaktordruck<br />

Der Reaktordruck beeinflusst wesentlich die Homogenität der wachsenden Schicht und<br />

die Dicke der Diffusions-Grenzschicht. Bei einem geringen Gesamtdruck existiert nur eine<br />

dünne Diffusions-Grenzschicht und somit findet auch ein schnellerer Austausch zwischen<br />

den Gasphasen statt. Weiterhin kann bei einem geringen Reaktordruck eine bessere Homogenität<br />

der Epitaxieschicht erzielt werden, da die freie Weglänge der Atome auf der<br />

Substratoberfläche mit der Abnahme des Drucks zunimmt. Der Reaktordruck kann aber<br />

nicht beliebig klein gewählt werden, da erstens eine Limitierung seitens der Anlage existiert<br />

und zweitens die Zerlegung der Hydride gehemmt wird. Letzterem kann durch eine<br />

Erhöhung des Partialdruckverhältnisses entgegengewirkt werden.<br />

Substrattemperatur<br />

Die Abb. 1.6 zeigt die Unterteilung der Temperaturskala in Abhängigkeit der Wachstumsrate.<br />

Bei sehr hohen Substrattemperaturen ist der Übergang von Atomen oder Molekülen<br />

von der Substratoberfläche in die Gasphase sehr hoch. Weiterhin wird die Bildung<br />

von freien Radikalen CH3 bei der Zerlegung von (CH3)3Ga gefördert, und es findet ein<br />

verstärkter Einbau von Kohlenstoff in der Schicht statt. Auch hier kann durch Erhöhung<br />

des Partialdruck-Verhältnisses die Kohlenstoffkonzentration im Kristall durch die Bildung<br />

von CH4 reduziert werden.<br />

Bei einer Temperaturverringerung nimmt der Anteil der Desorption ab und das Schichtwachstum<br />

wird nur durch die Diffusion der Moleküle durch die Diffusions-Grenzschicht<br />

bestimmt. In diesem transportlimitierten Temperaturbereich ist die Wachstumsrate bei<br />

vollständiger Zerlegung der Ausgangsstoffe linear von der Temperatur abhängig.<br />

Wenn die Substrattemperatur so gering ist, dass nur noch ein Teil der zum Wachstum<br />

benötigten Moleküle die Diffusions-Grenzschicht passieren kann, ist der kinetisch<br />

begrenzte Wachstumsbereich erreicht.


16<br />

1.4.2 Flüssigphasenepitaxie (LPE)<br />

Abbildung 1.6: Schematische<br />

Darstellung der Wachstumsrate<br />

in Abhängigkeit von der<br />

Substrattemperatur [Ric86].<br />

Das LPE-Verfahren ist kostengünstiger als das MOCVD-Verfahren, jedoch ist es schwierig<br />

das Wachstum auf atomarer Basis zu kontrollieren. Die Anfangsbedingungen bestimmen<br />

entscheidend den Ablauf und somit auch das Endergebnis des Epitaxieprozesses. Während<br />

des Wachstums kann nur geringfügig in den Prozess eingegriffen werden, denn das Wachstum<br />

findet nahe am thermodynamischen Gleichgewicht statt.<br />

Thermodynamisches Gleichgewicht<br />

Das thermodynamische Gleichgewicht eines Systems entspricht dem Minimum der freien<br />

Enthalpie G, und zwar bezüglich aller Variablen im System.<br />

G(c) = U + pV<br />

<br />

Enthalpie H<br />

−T S (1.5)<br />

Die Enthalpie H = H(U, p, V ) enthält über die innere Energie U = U(S, V, N) die<br />

Abhängigkeit von der Teilchenzahl N bzw. von der Konzentration c. Durch die Messung<br />

der Wärmezufuhr bzw. des Wärmeentzugs dQ des Systems bei einem konstanten<br />

Druck p wird die Enthalpie H bestimmt. Dieser Zusammenhang wird unter Zuhilfenahme<br />

des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik (dU = δQ + δW ) wie folgt hergeleitet:<br />

H = U + p · V dH = dU + V · dp + p · dV (1.6)<br />

mit: δW = −p · dV gilt: dH = δQ + V · dp (1.7)<br />

mit: dp = 0 (isobarer Prozess) gilt: dH = δQ (1.8)<br />

Der letzte Term der Glg. 1.5 (-TS) wird als Mischungsentropie bezeichnet und besitzt bei<br />

einem System von zwei vollständig miteinander mischbaren Substanzen (z.B Silizium und<br />

Germanium) ein Minimum bei einer Konzentration von 50%. Liegt eine Koexistenz von<br />

zwei <strong>Ph</strong>asen (z.B. feste und flüssige <strong>Ph</strong>ase) vor, so ist das System im thermodynamischen


Eigenschaften und Herstellung niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 17<br />

Gleichgewicht, wenn das chemische Potential der ersten <strong>Ph</strong>ase µ1 gleich dem chemischen<br />

Potential der zweiten <strong>Ph</strong>ase µ2 ist. Denn es gilt:<br />

G = µ1N1 + µ2N2 (1.9)<br />

dG = ∂G<br />

dN1 +<br />

∂N1<br />

∂G<br />

dN2<br />

∂N2<br />

= µ1dN1 + µ2(dN − dN1) ! = 0 (1.10)<br />

Da sich die Gesamtsumme der Teilchenzahl N = N1 + N2 über die einzelnen <strong>Ph</strong>asen<br />

nicht ändert (dN = 0), ist die Glg. 1.10 für µ1 = µ2 erfüllt. Durch das Bestimmen der<br />

Minima von G(c) bei verschiedenen Temperaturen T und das Eintragen der gewonnenen<br />

Abhängigkeit T (c) in eine graphische Darstellung erhält man das Zustandsdiagramm. In<br />

solch einem Diagramm sind zwei verschiedene <strong>Ph</strong>asen durch Gebiete getrennt, in denen<br />

der <strong>Ph</strong>asenübergang stattfindet.<br />

Si-Ge-<strong>Ph</strong>asendiagramm<br />

Für die Kristallisation von (Si,Ge) aus der Schmelze muss das <strong>Ph</strong>asendiagramm des<br />

binären Systems (siehe Abb. 1.7) betrachtet werden. Auf der Abszisse ist die Si- bzw.<br />

Ge-Konzentration aufgetragen. Die Ordinate ist die Temperaturachse. Oberhalb der Liquiduslinie<br />

liegen Si und Ge in der flüssigen <strong>Ph</strong>ase vor (L). Unterhalb der Soliduslinie liegt<br />

aufgrund der lückenlosen Mischbarkeit von Si und Ge nur eine feste <strong>Ph</strong>ase (α) vor. Zwischen<br />

der Liquidus- und der Soliduslinie ist der Bereich durch die Koexistenz von flüssiger<br />

und fester <strong>Ph</strong>ase (α +L) geprägt. Die Schnittpunkte beider Kurven mit der Ordinate entsprechen<br />

den jeweiligen Schmelztemperaturen für die reinen Halbleiter (T F Ge = 938◦ C und<br />

T F Si = 1410◦ C).<br />

In der flüssigen <strong>Ph</strong>ase (L) beträgt die Anzahl der freien Parameter 2 (Temperatur T und<br />

Konzentration c). Mit der Wahl einer bestimmten Zusammensetzung c0 in der flüssigen<br />

<strong>Ph</strong>ase (L) und Abnahme der Temperatur erreicht man bei TL(c0) die Liquiduslinie. Beim<br />

weiteren Abkühlen Tα(c0) < T1 < TL(c0) ändert sich die Zusammensetzung der flüssigen<br />

und der koexistierenden festen <strong>Ph</strong>ase. Die Konzentrationen kann man durch die Schnittpunkte<br />

der Isothermen T1 mit der Solidius- und der Liquiduslinie bestimmen. Somit ist die<br />

Konzentration von Ge in der festen <strong>Ph</strong>ase cL(T1) niedriger als die gewählte Ausgangskonzentration<br />

c0. Anders verhält es sich in der flüssigen <strong>Ph</strong>ase, hier ist die Konzentration von<br />

Ge (cL(T1)) höher als c0. Mit weiterer Temperaturabnahme kristallisiert mehr Material<br />

aus, wobei die restliche flüssige <strong>Ph</strong>ase einen höheren Ge-Gehalt aufweist. Die Zunahme<br />

der festen <strong>Ph</strong>ase von TL(c0) nach T1 muss mit einer Zunahme der Ge-Konzentration in der<br />

festen <strong>Ph</strong>ase gekoppelt sein. Dies wird durch Diffusion realisiert. Nach der vollständigen<br />

Kristallisation existiert bei Tα nur noch die feste <strong>Ph</strong>ase mit einer globalen Konzentration<br />

von c0. Wenn dem System genügend Zeit für das Abschließen aller Diffusionsprozesse gegeben<br />

wird, so stellt sich eine homogene Verteilung der Konzentration bei c0 ein.<br />

Nun liegen Si und Ge bei dem LPE-Verfahren nicht in der Schmelze vor, sondern sind<br />

in Wismut (Bi) gelöst. Somit muss ein ternäres System betrachtet werden, dessen Verhalten<br />

von der Zusammensetzung abhängig ist. Das ternäre <strong>Ph</strong>asendiagramm wird durch


18<br />

das schon betrachtete Si-Ge-<strong>Ph</strong>asensystem und durch zwei weitere binäre Randsysteme<br />

begrenzt (Bi-Si und Bi-Ge).<br />

Bi-Halbleiter-<strong>Ph</strong>asendiagramm<br />

Die <strong>Ph</strong>asendiagramme für Bi-Si und Bi-Ge sind einander so ähnlich, dass im Weiteren<br />

allgemein nur ein Bi-Halbleiter <strong>Ph</strong>asendiagramm (Bi-HL mit HL = Ge,Si) beschrieben<br />

werden soll. Die Abb. 1.8 zeigt ein solches Bi-HL-<strong>Ph</strong>asendiagramm, welches aufgrund der<br />

Nichtmischbarkeit von Si bzw. Ge mit Bi als eutektisches <strong>Ph</strong>asensystem bezeichnet wird.<br />

Die Löslichkeit des HLs ist von der Temperatur abhängig. Die Schnittpunkte der Liquiduslinie<br />

mit der Temperaturachse entsprechen den Schmelztemperaturen für die reinen<br />

Elemente (T F Bi = 271◦ C). Die eutektische Temperatur Teu liegt nur einige Kelvin unterhalb<br />

der Schmelztemperatur von Bi. Bei Temperaturen zwischen Liquiduslinie und T F Bi<br />

und einer HL-Konzentration größer als die eutektische Konzentration ceu kristallisiert nur<br />

der reine Halbleiter HL aus. Bei cHL < ceu und Teu < T < T F Bi kommt es zur Abscheidung<br />

von reinem Wismut in der festen <strong>Ph</strong>ase. Kühlt man das System weiter ab (T < Teu), so<br />

existieren zwei feste, nicht miteinander mischbare <strong>Ph</strong>asen gleichzeitig.<br />

Da der Schmelzpunkt von reinem Wismut weit unterhalb der LPE-Arbeitstemperatur von<br />

600◦C liegt, kann davon ausgegangen werden, dass sich kein Bi in dem abgeschiedenen<br />

Material befindet.<br />

Neben Wismut gibt es auch die Möglichkeit Si und Ge in Indium zu lösen. Aufgrund der<br />

niedrigen Schmelztemperatur von In T F In = 157◦C < T F Bi gelingt es somit, kleinere Germaniumkonzentrationen<br />

im Festkörper abzuscheiden. Da die Löslichkeit von Si in Bi gering<br />

ist und damit das Anlösen des Si-Substrats weitgehend verhindert wird, wurde Wismut<br />

als Lösungsmittel favorisiert [Tra90].<br />

Si-Ge-Bi-<strong>Ph</strong>asendiagramm<br />

Durch das Zusammenfügen der drei binären Schmelzdiagramme erhält man das dreidimensionale<br />

ternäre <strong>Ph</strong>asendiagramm für die Züchtung von (Si,Ge) aus der Bi-Lösung.<br />

Die Liquidusfläche und die Solidusfläche begrenzen den Bereich der Koexistenz von flüssiger<br />

und fester <strong>Ph</strong>ase (L + α) von Si und Ge in flüssigem Wismut. Da keine Singulärität<br />

bzw. kein Wismut weit oberhalb von T F Bi<br />

in der festen <strong>Ph</strong>ase existiert, kann angenommen<br />

werden, dass die Liqiudusfläche für die (Si,Ge)-Kristallisation aus der Lösung mit zunehmendem<br />

Bi-Gehalt monoton fallend und die Solidusfläche monoton steigend ist. Somit<br />

kann das eutektische Verhalten des Systems weit oberhalb der Schmelztemperatur von<br />

Wismut T F Bi vernachlässigt werden und das ternäre <strong>Ph</strong>asendiagramm wie in Abb. 1.9 vereinfacht<br />

dargestellt werden.<br />

Für die Kristallisation von (Si,Ge) aus der Si-Ge-Bi-Lösung wird zuerst das reine Wismut<br />

in einem Graphittiegel auf 600 ◦ C erhitzt. Danach wird die heiße Bi-Schmelze über einen<br />

Siliziumvorrat gebracht, wo die Schmelze infolge der Diffusionsprozesse mit Si gesättigt<br />

wird. Die Si-Menge cSi wird durch die Sättigungstemperatur (600 ◦ C) (siehe Abb. 1.9)


Eigenschaften und Herstellung niederdimensionaler Halbleiterstrukturen 19<br />

Abbildung 1.7: <strong>Ph</strong>asendiagramm für<br />

das Wachstum im thermodynamischen<br />

Gleichgewicht von Si1−xGex aus einer<br />

(Si,Ge)-Schmelze. Die Liquidus- und<br />

die Soliduslinie begrenzen das Zwei-<br />

<strong>Ph</strong>asengebiet (α + L), in denen die feste<br />

(α) und die flüssige <strong>Ph</strong>ase (L) koexistieren.<br />

Die Konzentrationen von Si<br />

und Ge bei unterschiedlichen Temperaturen<br />

sind durch die Schnittpunkte der<br />

Isothermen mit der Liquiduslinie für<br />

die flüssige <strong>Ph</strong>ase und mit der Soliduslinie<br />

in der festen <strong>Ph</strong>ase gegeben.<br />

Abbildung 1.8: Eutektisches Schmelzdiagramm<br />

der binären Systeme HL-Bi (HL =<br />

Si, Ge). Im Bereich HL + L unterhalb der<br />

Liquiduslinie wird bei einer Temperaturabnahme<br />

bis Teu nur reines Si bzw. Ge abgeschieden.<br />

Bei einer Erniedrigung der Temperatur<br />

von T F Bi auf Teu für eine sehr geringe<br />

HL-Konzentration (c < ceu) kristallisiert<br />

nur Wismut aus. Unterhalb der eutektischen<br />

Temperatur liegen Wismut und das Halbleitermaterial<br />

als feste <strong>Ph</strong>asen nebeneinander<br />

vor.<br />

vorgegeben. Anschließend wird der Si-Bi-Lösung eine definierte Menge Germanium zugeführt,<br />

dessen Einwaage weit unterhalb der Sättigungsgrenze liegt. Um eine gleichmäßige<br />

Verteilung der Elemente in der Lösung zu erhalten, wird das Si-Ge-Bi-Gemisch mehrere<br />

Stunden bei einer Temperatur von ca. 930 ◦ C homogenisiert.<br />

Da die Konzentration cSi in der Lösung vorgegeben ist, bestimmt der Germaniumgehalt<br />

cGe die Lage der Schnittebene durch das von Liquidus- und Solidusfläche begrenzte<br />

Gebiet (siehe Abb. 1.9). Die Schnittfläche durch den Liquidus-Solidus-Körper sieht dem<br />

Si-Ge-<strong>Ph</strong>asendiagramm sehr ähnlich. Beide Diagramme unterscheiden sich nur durch die<br />

Löslichkeitstemperatur für reines Si bzw. reines Ge und durch den vom Ge-Anteil abhängigen<br />

Anstieg der Kurven. Daher kann das neu gewonnene <strong>Ph</strong>asendiagramm (Si-Ge in<br />

(Bi)) wie das <strong>Ph</strong>asendiagramm der Si-Ge-Schmelze interpretiert werden.


20<br />

Abbildung 1.9: Vereinfachte schematische<br />

Darstellung des ternären <strong>Ph</strong>asendiagramms<br />

für das LPE-Wachstum von (Si,Ge) aus<br />

einer Si-Ge-Bi-Lösung. Die gewählten Anfangskonzentrationen<br />

von Ge und Si geben<br />

die Schnittebene durch den dreidimensionalen<br />

Liquidus-Solidus-Körper vor. Die<br />

Schnittfläche verläuft durch die Löslichkeitspunkte<br />

von Si und Ge in Bi.<br />

Nach der Homogenisierung wird die heiße Lösung über ein auf die gleiche Temperatur wie<br />

die Lösung hochgeheiztes Si-Substrat geschoben und über einen längeren Zeitraum um<br />

nur einige Kelvin abgekühlt. Während der Temperaturerniedrigung scheidet sich (Si,Ge)<br />

auf dem Substrat ab. Anschließend wird die Lösung weggeschoben und das Substrat bis<br />

auf Raumtemperatur abgekühlt.<br />

1.4.3 Kinetische Effekte<br />

Bei der theoretischen Erklärung zur Inselbildung anhand der Energieminimierung des<br />

Systems im Abschnitt 1.3 wurden kinetische Effekte vernachlässigt. Daher ist diese Betrachtung<br />

unvollständig, denn während des Abscheidens der Epitaxieschicht treten unterschiedliche<br />

Prozesse mit unterschiedlichen Aktivierungsenergien auf. Unter anderem muss<br />

die Keimbildung, die Bindung der Atome an der Substratoberfläche, der Materialtransport<br />

an der Oberfläche und auch die Desorption der Atome von der Substratoberfläche<br />

mit berücksichtigt werden. Die Häufigkeit dieser Prozesse ist mit der Temperatur und der<br />

Verteilung der Atome im Reaktionsgebiet gekoppelt. Bei allen Prozessen spielen lokale<br />

Verspannungen ebenso eine entscheidende Rolle.


Kapitel 2<br />

Lineare Elastizitätstheorie<br />

In diesem Kapitel wird das bei elastischen Verformungen von kubischen<br />

anisotropen Kristallen auftretende Verschiebungsfeld u (r) hergeleitet und<br />

diskutiert. Im Speziellen wird auf die tetragonale Verzerrung von kubischen<br />

Einheitszellen eingegangen, welche beim pseudomorph verspannten<br />

Schichtwachstum auftritt.<br />

Betrachtet man einen Kristall atomistisch, so werden die Festkörperteilchen bei der Einwirkung<br />

von äußeren Kräften aus ihren mittleren Gleichgewichtslagen um den Vektor u<br />

verschoben. Bei kleinen Verschiebungen behält jedes Atom seinen atomaren Nachbarn.<br />

Wirkt dagegen eine sehr große äußere Kraft auf den Festkörper, so gehen die ursprünglichen<br />

Nachbar-Nachbar-Beziehungen verloren. Dabei wird ein Teil der Atome aus ihren<br />

Potentialtälern über ein höher liegendes Potentialniveau in das nächstliegende Minimum<br />

verschoben. In diesem Fall liegt eine plastische Verformung vor.<br />

Im Folgendem werden die Kristalle als elastisches Kontinuum behandelt. Dabei wird die<br />

Anisotropie der Festkörper durch die Betrachtung der Verzerrungen und Spannungen als<br />

richtungsabhängige Größen berücksichtigt. Zur quantitativen Behandlung dieser mechanischen<br />

Eigenschaften wird die Tensorrechnung als mathematisches Hilfsmittel herangezogen.<br />

2.1 Verschiebungen<br />

Allgemein setzt sich eine Verschiebung in einem deformierten Volumenelement aus einem<br />

Translations-, einem Rotations- und einem Dehnungsanteil in allen drei Raumrichtungen<br />

zusammen.<br />

21


22<br />

Abbildung 2.1: Zur Definition der Verschiebung<br />

[Wei79]<br />

Um eine Beziehung zwischen dem Verschiebungsfeld<br />

u und dem Elastizitätstensor ɛ zu erhalten,<br />

wird die Verschiebung zweier in einem als klein<br />

definierten Volumenelement befindlichen Punkten<br />

P0 und P1 betrachtet ([Wei79]). Vor der Verschiebung<br />

liegt P0 im Ursprung des Koordinatensystems<br />

{0, 0, 0} und der Punkt P1 am Ort<br />

{x, y, z}. Durch die Deformation des Volumens<br />

erfahren die Punkte eine Verschiebung aus ihren<br />

anfänglichen Positionen zu P ′ 0 = {ux0, uy0, uz0}<br />

und P ′ 1 = {x + ux, y + uy, z + uz} (siehe Abb.<br />

2.1). Die Lage zwischen den zwei relativ zueinander<br />

verschoben Punkten erhält man aus der<br />

Taylorreihen-Entwicklung der Verschiebung, wobei die Reihe aufgrund des als klein vorausgesetzten<br />

Volumens nach den linearen Gliedern abgebrochen wird.<br />

ux = ux0 + ∂ux<br />

∂x<br />

uy = uy0 + ∂uy<br />

∂x<br />

uz = uz0 + ∂uz<br />

∂x<br />

x + ∂ux<br />

∂y<br />

x + ∂uy<br />

∂y<br />

x + ∂uz<br />

∂y<br />

∂ux<br />

y + z + · · · ,<br />

∂z<br />

∂uy<br />

y + z + · · · , (2.1)<br />

∂z<br />

∂uz<br />

y + z + · · ·<br />

∂z<br />

Durch Zerlegung der gemischten Taylorkoeffizienten in einen symmetrischen und einen<br />

antisymmetrischen Anteil (exemplarisch für den Fall ∂ux<br />

∂y ):<br />

∂ux<br />

∂y<br />

<br />

1 ∂ux ∂uy<br />

= − +<br />

2 ∂y ∂x<br />

1<br />

2<br />

∂ux<br />

∂y<br />

gelingt die Umformung der Glgen. 2.1 in die folgende Form:<br />

ux = ux0<br />

.+ 0 + 1<br />

uy = uy0.+<br />

1<br />

2<br />

2<br />

<br />

∂uy<br />

∂x<br />

uz = uz0.+<br />

1<br />

∂uz<br />

2 ∂x<br />

s = sT<br />

.<br />

∂ux<br />

∂y<br />

− ∂ux<br />

∂y<br />

− ∂ux<br />

∂z<br />

<br />

y + 1<br />

<br />

∂ux<br />

2 ∂z<br />

∂uy<br />

− ∂x<br />

<br />

x + 0 + 1<br />

x + 1<br />

2<br />

. + sR (r)<br />

2<br />

∂uz<br />

∂y<br />

∂uy<br />

∂z<br />

− ∂uy<br />

∂z<br />

− ∂uz<br />

∂x<br />

− ∂uz<br />

∂y<br />

<br />

∂uy<br />

+<br />

∂x<br />

<br />

z .+ ∂ux<br />

<br />

1 ∂ux<br />

x +<br />

<br />

z.+ 1<br />

2<br />

<br />

y + 0 .+ 1<br />

2<br />

.<br />

∂x<br />

∂uy<br />

∂x<br />

∂uz<br />

∂x<br />

2<br />

∂y<br />

+ ∂ux<br />

∂y<br />

+ ∂ux<br />

∂z<br />

<br />

∂uy<br />

+ ∂x y + 1<br />

<br />

∂ux<br />

2 ∂z<br />

<br />

x + ∂uy<br />

x + 1<br />

2<br />

∂y<br />

∂uz<br />

∂y<br />

y + 1<br />

2<br />

∂uy<br />

+ ∂uy<br />

∂z<br />

∂z<br />

<br />

∂uz<br />

+ ∂x z<br />

+ ∂uz<br />

∂y<br />

(2.2)<br />

<br />

z<br />

<br />

y + ∂uz<br />

∂z z<br />

. + u (r) (2.3)<br />

Die Glg. 2.3 verdeutlich noch einmal die anfangs erwähnte Unterteilung einer Verschiebung<br />

in drei vektorielle Anteile. Sie zeigt, dass die Gesamtbewegung s die Summe eines reinen<br />

Translationsanteil sT = {ux0, uy0, uz0}, eines Anteils sR (r), welcher eine infinitesimale<br />

Rotation beschreibt, und eine Verschiebung u (r) ist. Da für die vorliegende Arbeit nur<br />

der Verschiebungsanteil von Bedeutung ist, bezieht sich die anschließende Diskussion nur


Lineare Elastizitätstheorie 23<br />

noch auf u (r), sT und sR (r) werden nicht betrachtet.<br />

Durch die Darstellung der Verschiebung u (r) in Tensorform:<br />

⎛<br />

⎜<br />

u (r)= ⎜<br />

⎝<br />

<br />

1 ∂uy<br />

2 ∂x<br />

<br />

1 ∂uz<br />

2 ∂x<br />

∂ux<br />

∂x<br />

+ ∂ux<br />

∂y<br />

+ ∂ux<br />

∂z<br />

<br />

<br />

<br />

1 ∂ux<br />

2 ∂y<br />

<br />

1 ∂uz<br />

2 ∂y<br />

<br />

∂uy 1 + ∂x 2<br />

∂uy<br />

∂y<br />

+ ∂uy<br />

∂z<br />

<br />

<br />

∂ux<br />

∂z <br />

1 ∂uy<br />

2 ∂z<br />

∂uz<br />

∂z<br />

+ ∂uz<br />

∂x<br />

+ ∂uz<br />

∂y<br />

⎞<br />

⎛ ⎞ ⎛<br />

⎟<br />

x<br />

⎟ ⎝y⎠=<br />

⎝<br />

⎠<br />

z<br />

ɛxx ɛxy ɛxz<br />

ɛyx ɛyy ɛyz<br />

ɛzx ɛzy ɛzz<br />

⎞<br />

⎠ r (2.4)<br />

wird der Zusammenhang zwischen den experimentell zugänglichen Verschiebungskomponenten<br />

(ux (r) , uy (r) , uz (r)) und den Komponenten des Verzerrungstensors ɛlm ersichtlich.<br />

Allgemein gilt: Die Komponenten des Verzerrungstensors ɛlm, auch Deformationstensor<br />

genannt, sind nach Glg. 2.5 durch die partiellen Ableitungen des Verschiebungsvektors<br />

u (r) definiert, wobei die Glieder höherer Ordnung vernachlässigt werden (siehe Glg. 2.1).<br />

ɛlm = 1<br />

<br />

∂ul<br />

+<br />

2 ∂xm<br />

∂um<br />

<br />

∂xl<br />

l, m = {x, y, z} = {1, 2, 3} (2.5)<br />

Durch die Beziehung 2.4 wird jedem Punkt in einem deformierten Volumen eine ortsabhängige<br />

Verschiebung u (r) zugeordnet. Die gesamte Menge aller Verschiebungsvektoren<br />

bildet ein räumliches Vektorfeld.<br />

2.2 Hooke’sches Gesetz<br />

Bei hinreichend kleinen Deformationen eines Mediums besteht eine direkte Proportionalität<br />

zwischen den Komponenten des Spannungstensors σik und denen des Verzerrungstensors<br />

ɛlm. Dieser lineare Zusammenhang wird durch die folgende Tensorgleichung vierter<br />

Stufe beschrieben (Hooke’sches Gesetz).<br />

σik = ciklmɛlm i, k, l, m = {x, y, z} = {1, 2, 3} (2.6)<br />

σik ist die k-te Komponente der Kraft pro Flächeneinheit, welche auf die zur i-ten Richtung<br />

senkrecht stehende Ebene wirkt. Die Elemente der Hauptdiagonalen σii geben die Zugoder<br />

Druckverformung an und die restlichen Nebendiagonalelemente (σij mit i = j) stehen<br />

für Scherungsanteile.<br />

σik und ɛlm sind 9-komponentige Tensoren, somit besteht der so genannte Elastizitätstensor<br />

ciklm aus 3 4 = 81 Elementen. Aufgrund von Symmetrieeigenschaften des Verzerrungsund<br />

Spannungstensor reduziert sich die anfängliche Zahl der unabhängigen Elastizitätskoeffizienten<br />

von 81 auf 36. Da der Elastizitätstensor ein symmetrischer Tensor ist (cijkl =<br />

cjikl = cijlk = cjilk und cijkl = cklij), reduziert sich die maximale Anzahl um weitere 15<br />

Elemente. Die Zahl der unabhängigen Koeffizienten des Tensors beträgt daraufhin nur<br />

noch 21. Unter Verwendung der Voigt’schen Notation lässt sich die Gleichung 2.6 in eine<br />

einfacher zu handhabende Form überführen. Dabei stehen die unabhängigen Koeffizienten


24<br />

des Elastizitätstensors ciklm in einer 6 × 6 Matrix. Die Verzerrung und die Verspannung<br />

werden als 6-komponentige Vektoren dargestellt.<br />

⎛ ⎞<br />

⎛ ⎞<br />

⎛<br />

⎝<br />

ɛxx ɛxy ɛxz<br />

ɛyx ɛyy ɛyz<br />

ɛzx ɛzy ɛzz<br />

⎞ ⎜<br />

⎠ −→ ⎜<br />

⎝<br />

ɛxx<br />

ɛyy<br />

ɛzz<br />

ɛyz<br />

ɛxz<br />

ɛxy<br />

⎟<br />

⎠<br />

,<br />

⎛<br />

⎝<br />

σxx σxy σxz<br />

σyx σyy σyz<br />

σzx σzy σzz<br />

⎞ ⎜<br />

⎠ −→ ⎜<br />

⎝<br />

σxx<br />

σyy<br />

σzz<br />

σyz<br />

σxz<br />

σxy<br />

⎟<br />

⎠<br />

(2.7)<br />

Bei einem kubischen Kristallsystem reduziert sich die Anzahl der Matrixelemente von<br />

ciklm auf nur noch drei Unabhängige (cxxxx = cyyyy = czzzz, cxxyy = cyyzz = czzxx und<br />

cxyxy = cyzyz = czxzx), die nach dem Indizierungsschema (Glg. 2.8) von Voigt auch mit<br />

c11, c12 und c44 bezeichnet werden.<br />

ij = m und kl = n (2.8)<br />

Mit: m = i (= j) = 1, 2, 3 wenn: i = j<br />

m = 9 − (i + j) = 4, 5, 6 wenn: i = j<br />

n = k (= l) = 1, 2, 3 wenn: k = l<br />

n = 9 − (k + l) = 4, 5, 6 wenn: k = l<br />

Diese Notation erlaubt es das Hooke’sche Gesetz (Glg. 2.6) als Matrixgleichung zu schreiben.<br />

Das zulösende Gleichungssystem sieht dann wie folgt aus:<br />

⎛ ⎞ ⎛<br />

⎞ ⎛ ⎞<br />

⎜<br />

⎝<br />

σxx<br />

σyy<br />

σzz<br />

σyz<br />

σxz<br />

σxy<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ = ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ ⎝<br />

c11 c12 c12<br />

c12 c11 c12 0<br />

c12 c12 c11<br />

c44<br />

0 c44<br />

c44<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ ⎝<br />

ɛxx<br />

ɛyy<br />

ɛzz<br />

ɛyz<br />

ɛxz<br />

ɛxy<br />

⎟<br />

⎠<br />

(2.9)<br />

Den elastischen Verzerrungen innerhalb eines Kristalls entspricht die Energiedichte ρaniso.<br />

Sie ist nach der Glg. 2.10 eine quadratische Funktion der Verzerrung.<br />

ρaniso = σikɛlm = 1<br />

2 ciklmɛikɛlm<br />

2.3 Tetragonale Verzerrung<br />

(2.10)<br />

Die Dehnung eines Körpers ist stets von einer Abnahme des Querschnitts begleitet. Die<br />

Maßänderung quer zur Belastungsrichtung wird als Querkontraktion bezeichnet. Diese<br />

bewirkt bei einem biaxialen Spannungszustand mit:<br />

σzz = 0 und σxy = σxz = σyz = 0 (2.11)


Lineare Elastizitätstheorie 25<br />

eine Kompression der Gittereinheitszelle in x - und in y-Richtung, d.h. eine tetragonale<br />

Verzerrung der Zelle in der zur Kraftrichtung senkrecht stehenden z-Richtung (siehe Abb.<br />

2.2).<br />

C.G. Van de Walle betrachtet in [Van86] das pseudomorphe Wachstum einer Schicht<br />

2 auf einer als Substrat fungierenden Schicht 1, dabei geht er auf die Änderungen der<br />

Gitterkonstanten in Abhängigkeit von den Schichtdicken h1 und h2 ein. Die Diskussion<br />

aus [Van86] soll hier nun kurz diskutiert werden. In den folgenden Beziehungen steht der<br />

Index 1 für die Größen der Schicht 1 bzw. 2 für die der Schicht 2. Weiterhin werden die in<br />

der Grenzfläche bzw. parallel zur ihr liegenden Größen mit dem Symbol gekennzeichnet.<br />

Die senkrecht zur Grenzfläche liegenden Größen werden mit ⊥ indiziert.<br />

a = a1G1h1 + a2G2h2<br />

G1h1 + G2h2<br />

ɛi = a<br />

ai<br />

ai⊥ = ai<br />

ɛi⊥ = ai⊥<br />

ai<br />

(2.12)<br />

− 1 (2.13)<br />

<br />

a<br />

1 − Di<br />

<br />

− 1<br />

(2.14)<br />

ai<br />

− 1 (2.15)<br />

ai sind die Gitterkonstanten der unverspannten Schichten, wobei der Index i das Schichtmaterial<br />

(1 oder 2) vorgibt. Gi ist der Schermodul.<br />

Gi = 2 c i 11 + 2c i <br />

12<br />

<br />

1 − Di<br />

<br />

(2.16)<br />

2<br />

Die Konstante D in Glg. 2.14 und Glg. 2.16 ist abhängig von den elastischen Konstanten<br />

c11, c12 und c44 der jeweiligen Materialien, sowie von der Orientierung der Grenzfläche.<br />

D 001 = 2 c12<br />

c11<br />

D 110 = c11 + 3c12 − 2c44<br />

c11 + c12 + 2c44<br />

D 111 = 2 c11 + 2c12 − 2c44<br />

c11 + 2c12 + 4c44<br />

(2.17)<br />

(2.18)<br />

(2.19)<br />

Anhand der Glgen. 2.12 bis 2.15 wird die Gitterkonstante einer Schicht durch die Gitterkonstante<br />

der jeweils anderen bestimmt. D.h. erfährt die eine Schicht aufgrund der<br />

Gitterfehlpassung (Glg. 2.13) in Wachstumsrichtung eine Vergrößerung von a⊥, so wird<br />

das Gitter der anderen Schicht in der gleichen Richtung gestaucht.<br />

Betrachtet man nun ein vereinfachtes Schichtsystem mit einem (001)-orientierten Substrat,<br />

dessen Schichtdicke h1 als unendlich angenommen werden soll, so erhält man die<br />

folgenden Konstanten:<br />

a = a1 , a1⊥ = a1 , a2⊥ = a2<br />

ɛ1 = ɛ1⊥ = 0 , ɛ2 = a1<br />

a2<br />

<br />

1 − 2 c12<br />

c11<br />

a1<br />

− 1 , ɛ2⊥ = −2 c12<br />

a2<br />

ɛ2<br />

c11<br />

<br />

− 1<br />

(2.20)<br />

(2.21)


26<br />

Abbildung 2.2: Biaxiale Verspannung beim epitaktischen Wachstum:<br />

a) die Gitter sind voneinander unabhängig und unverspannt<br />

b) beim epitaktischen Wachstum wird ein biaxialer Verspannungszustand mit σxx = σyy<br />

und σzz = 0 induziert, folglich relaxiert die Einheitszelle der aufwachsenden Schicht in<br />

Richtung der freien Oberfläche um den Wert uz. Die Zelle wird tetragonal verzerrt.<br />

wobei der Wert ɛ2 die Fehlpassung (Misfit) zwischen dem Substratmaterial 1 und dem<br />

aufwachsenden Material 2 bezeichnet. Im Weiteren wird dieser Misfit mit dem Buchstaben<br />

f bezeichnet.<br />

Durch die biaxial anliegenden Kräfte erfährt die Einheitszelle der aufwachsenden Schicht<br />

2 nicht nur eine tetragonale Verzerrung, sondern auch eine Volumenänderung ∆V2. Mit<br />

den Beziehungen aus (2.20) und (2.21) erhält man:<br />

∆V2<br />

V2<br />

= a2⊥ · a 2 2<br />

a 3 2<br />

= (ɛ2⊥ + 1) ɛ2 + 1 ɛ2 + 1 <br />

. (2.22)<br />

In der Tabelle 2.1 sind die elastischen Koeffizienten der in dieser Arbeit untersuchten<br />

Materialien aufgeführt. Zusätzlich kann man aus dieser Tabelle den Anisotropiefaktor A<br />

für die jeweiligen Materialien entnehmen. Der Faktor A ist bei kubischen Systemen durch<br />

A = 2c44<br />

c11 − c12<br />

(2.23)<br />

definiert [DeW59]. Ist A = 1 so liegt ein isotropes Material vor. Im Fall einer schwachen<br />

Anisotropie A ≈ 1 der Elastizitätseigenschaften kann die Zahl der elastischen Konstanten<br />

auf nur zwei unabhängige Materialparameter ν und E reduziert werden. Angenommen


Lineare Elastizitätstheorie 27<br />

a c11 c12 c44 D 001 G 001 A Ref.<br />

GaAs 5,653 1,223 0,571 0,600 0,934 2,522 1,840 [Gar62]<br />

GaSb 6,096 0,908 0,413 0,445 0,910 1,891 1,798 [Boy75]<br />

InAs 6,058 0,833 0,453 0,396 1,088 1,587 2,084 [Ger63]<br />

Si 5,431 1,675 0,650 0,801 0,776 3,641 1,563 [McS53]<br />

Ge 5,658 1,315 0,494 0,684 0,751 2,876 1,666 [McS53]<br />

Tabelle 2.1: Materialparameter der in dieser Arbeit benutzten Halbleiter. Die Werte der<br />

Gitterkonstanten a (in ˚A) und der Elastizitätskonstanten c11, c12 und c44 (in 10 12 dyncm −2 )<br />

gelten bei Raumtemperatur.<br />

wird hierbei eine Proportionalität zwischen der bereits erwähnten Querkontraktion und<br />

der Dehnung eines Materials. Der Proportionalitätsfaktor ist die Poisson-Zahl ν.<br />

ν =<br />

c12<br />

c11 + c12<br />

(2.24)<br />

Unter Verwendung von ν und dem Elastizitätsmodul E gelingt eine vollständige Beschreibung<br />

des Schubmoduls G und des Kompressionsmodulus K eines isotropen Mediums.<br />

Bei einem stark von Eins abweichenden Anisotropiefaktor darf diese Vereinfachung nicht<br />

mehr vorgenommen werden. Ist A > 1, ist das Material in den 〈111〉-Richtungen am steifsten<br />

und der Spannungsabbau erfolgt hauptsächlich durch die Verzerrung in den 〈100〉und<br />

den 〈110〉-Richtungen. Bei A < 1 ist das Medium entlang der 〈100〉-Richtungen am<br />

steifsten.


Kapitel 3<br />

Transmissionselektronenmikroskopie<br />

(TEM)<br />

In diesem Kapitel werden die experimentellen Untersuchungsmethoden<br />

erläutert. Begonnen wird mit einem Abschnitt über die Transmissionselektronenmikroskopie.<br />

Dabei wird auch auf die kinematische und die dynamische<br />

Elektronenbeugung eingegangen. Der hier gegebene Einblick in<br />

diese Theorien dient als Grundlage für die im Ergebnisteil dieser Arbeit<br />

verwendeten Interpretationen von TEM-Abbildungen und benutzten<br />

Simulationsprogramme.<br />

Eine der aussagekräftigsten Methoden bei der Untersuchung von Materialsystemen und<br />

Nanostrukturen ist die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM). Sie bietet die Möglichkeit<br />

der direkten Abbildung von Struktur und Morphologie des Festkörpers bis hin zum<br />

atomaren Niveau. Die Informationen über die Objektstruktur kann dabei einerseits aus<br />

der elektronenmikroskopischen Abbildung bzw. aus dem Beugungsbild gewonnen werden.<br />

Durch die Kombination von abbildenden und analytischen Verfahren ist die Möglichkeit<br />

der quantitativen chemischen Analyse des Festkörpers mit einer hohen Ortsauflösung gegeben.<br />

Bei der analytischen Elektronenmikroskopie wird die Information über das Objekt<br />

entweder durch die Analyse der durch den Primärelektronenstrahl in der Probe angeregten<br />

charakteristischen Röntgenstrahlung gewonnen oder andererseits durch die spektroskopische<br />

Messung des Energieverlustes der transmittierten Elektronen.<br />

Für die Bildentstehung im Elektronenmikroskop sind neben den Wechselwirkungsmechanismen<br />

des Elektronenstrahls mit der zu untersuchenden Probe auch die Wirksamkeit<br />

des elektronenmikroskopischen Abbildungssystems wesentlich. Letzteres besteht aus einem<br />

elektromagnetischen Linsensystem, deren Komponenten Spulen sind, die vom elektrischen<br />

Strom durchflossen werden und somit ein Magnetfeld erzeugen. Durch Variation<br />

des Spulenstroms wird die Stärke des Magnetfeldes und somit die Brennweite der Linse<br />

geändert. Die wichtigste Komponente des Linsensystems ist die Objektivlinse. Durch sie<br />

werden die abgebeugten Strahlen, die die Probe unter gleichem Austrittswinkel verlassen<br />

haben, in der hinteren Brennebene zu einem Beugungsbild vereinigt. Hinter der Objektiv-<br />

29


30<br />

brennebene befindet sich die Gaußsche Bildebene in der das erste Zwischenbild der Probe<br />

entsteht (siehe Abb. 3.1). Das Zwischenbild wird durch die restlichen Komponenten des<br />

Linsensystems vergrößert und auf ein Beobachtungsmedium projiziert.<br />

Bei der Bildgebung dürfen die Linsenfehler des Abbildungssystems nicht vernachlässigt<br />

werden. Einige dieser Abbildungsfehler lassen sich minimieren bzw. fast vollständig beseitigen.<br />

So z.B. kann der Astigmatismus - ein Fehler in der Linsensymmetrie, welcher<br />

zu einer unterschiedlichen Ablenkung des Elektronenstrahls in x,y-Richtung führt - durch<br />

zusätzliche Ablenkspulen korrigiert werden. Ein weiterer Fehler ist die chromatischen Aberration<br />

Cc (Farbfehler). Dieser hat seine Ursache in der Energiebreite ∆E der in der<br />

Elektronenquelle emittierten Elektronen. Der Farbfehler kann durch eine Feldemissionskathode<br />

und durch einen Monochromator verkleinert werden. Weiterhin ist der Öffnungsfehler<br />

Cs (sphärische Aberration), bedingt durch die Vereinigung von nicht-paraxialen<br />

Strahlen vor der eigentlichen Brennebene, nicht zu vernachlässigen. Auch dieser Fehler<br />

kann durch einen Cs-Korrektor, welcher die Strahlen auf der optische Achse wieder in<br />

einem Punkt vereint, vollständig korrigiert werden.<br />

Eine direkte Interpretation von hochaufgelösten TEM-Abbildungen ist nicht immer ohne<br />

weiteres möglich, da zwischen Objekt- und Bildpunkt kein einfacher Zusammenhang<br />

besteht. So dürfen die Elektronen beim Durchgang durch das Präparat nicht wie ein<br />

klassisches Teilchen behandelt werden, sondern sie erfordern eine quantenmechanische<br />

Betrachtung der Elektronen im Wellenbild. Somit wird deutlich, dass es sich bei einer<br />

TEM-Abbildung um ein Interferenzbild der Austrittswellen an der Präparatunterseite<br />

und nicht um eine einfache Projektion der Objektstruktur handelt. Der Beugungsvorgang<br />

wird mathematisch durch eine komplexwertige Wellenfunktion Ψ beschrieben. Die Bildintensität<br />

ist das Betragsquadrat |Ψ| 2 der Wellenfunktion, deren <strong>Ph</strong>ase bei der Abbildung<br />

des dreidimensionalen Objektvolumens zu einem zweidimensionalen Bild verloren geht.<br />

3.1 Abbildungsprozess, Linsenfehler und Bildkontrast<br />

Die erste abbildende Linse ist die Objektivlinse in einem Transmissionselektronenmikroskop,<br />

sie ist somit die wichtigste. Alle Fehler der Objektivlinse werden durch die im<br />

Strahlengang nachfolgenden Linsen verstärkt. Somit ist es wichtig, diese Fehler und ihre<br />

Wirkung auf den Bildkontrast gesondert zu diskutieren.<br />

Abbildungsprozess<br />

Um die Auswirkung der Abbildungsfehler besser zu erkennen, soll erst einmal der Abbildungsprozess<br />

selbst erklärt werden. Zur Veranschaulichung des Abbildungsvorgangs<br />

dient die Abb. 3.1.<br />

Aus der einfallenden Elektronenwelle Ψ0 (x) wird mittels Fourier-Transformation die Wellenfunktion<br />

Ψd (u) mit u als Raumfrequenz in der Objektivbrennebene berechnet.<br />

<br />

Ψd (u) = Ψ0 (x) exp {2πiux} dx = F [Ψ0 (x)] (3.1)


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 31<br />

Abbildung 3.1: Veranschaulichung des elektronenoptischen Abbildungsprozesses an der Objektivlinse<br />

[Bet82].<br />

Durch die Multiplikation von Ψd (u) mit der Aperturblende A (u) und mit der Kontrastübertragungsfunktion<br />

K (u), die die Einflüsse der Abbildungsfehler der Objektivlinse<br />

(<strong>Ph</strong>asenverschiebung durch die sphärische Aberration Cs und die Wirkung der chromatischen<br />

Abberation Cc) enthält, wird der reale Abbildungsprozess beschrieben.<br />

mit :<br />

Ψ d ′ (u) = Ψd (u) · A (u) · K (u) (3.2)<br />

<br />

1 : innerhalb der Blendenöffnung<br />

A (u) =<br />

0 : sonst<br />

(3.3)<br />

und K (u) = exp {−iχ (u, ∆f, Cs)} D (u) C∆ (u) (3.4)<br />

Auf die Kontrastübertragungsfunktion K (u) wird im nächsten Unterkapitel im Zusammenhang<br />

mit den Abbildungsfehlern und der nicht zu vernachlässigenden Defokusabhängigkeit<br />

näher eingegangen. Die inverse Fourier-Transformation von Ψ d ′ (u) liefert die Wellenfunktion<br />

Ψi (x) in der Bildebene (M ist der Abbildungsmaßstab der Objektivlinse).<br />

Abbildungsfehler<br />

<br />

Ψi (x) =<br />

<br />

Ψ ′<br />

d (u) exp − 2πiux<br />

<br />

du = F<br />

M<br />

−1 [Ψ ′<br />

d (u)] (3.5)<br />

Elektronen, die das Objekt unter sehr kleinem Winkel zur optischen Achse verlassen,<br />

genügen der paraxialen Näherung. Solche Elektronen schneiden die optische Achse hinter<br />

der Linse in einem Punkt und definieren somit die Gauß’sche Bildebene. Die Elektronen,<br />

welche unter einem Winkel θ starten und die paraxiale Näherung somit nicht erfüllen,<br />

werden so stark von der Linse gebrochen, dass ihre Bahn die optische Achse näher an<br />

der Linse schneidet als im paraxialen Fall. Je größer der Startwinkel θ, desto näher liegt


32<br />

der Schnittpunkt mit der optischen Achse an der Linse. Die Bewegungsbahn der nichtparaxialen<br />

Elektronen passiert die Gauß’sche Bildebene mit einer lateralen Abweichung<br />

∆ρ. Wenn das Objekt im Fokus liegt, so besteht zwischen der Größe des Fehlerscheibchens<br />

∆ρ und dem Öffnungswinkel θ in erster Näherung folgender Zusammenhang.<br />

∆ρ<br />

M<br />

= Csθ 3<br />

(3.6)<br />

Falls das Objekt defokussiert ist, d.h. um die Strecke ∆f zur Linse verrückt ist, so muss<br />

die Glg. 3.6 um einen linearen Term erweitert werden [Sch49].<br />

∆ρ<br />

M<br />

= −∆fθ + Csθ 3<br />

(3.7)<br />

Cs ist der Öffnungsfehler (sphärische Aberration) der niedrigsten Ordnung und M ist der<br />

Vergrößerungsfaktor der Linse.<br />

Die Lage der Gauß’schen Bildebene ist ebenso abhängig von der Energie der Elektronen.<br />

Bei einer Abweichung ∆E der Elektronen von der Sollenergie E0 tritt eine zusätzliche<br />

energieabhängige Defokussierung des Objekts<br />

auf. Cc ist die chromatische Aberration.<br />

Bildkontrast<br />

∆E<br />

∆f∆E = Cc<br />

E0<br />

(3.8)<br />

Der Öffnungsfehler Cs und die Defokussierung ∆f bewirken eine zusätzliche <strong>Ph</strong>asenverschiebung<br />

χ (u, ∆f, Cs) der Elektronenwelle in der Beugungsebene der Objektivlinse. Diese<br />

wird durch Multiplikation der Funktion Ψd (u) mit der schon erwähnte Kontrastübertragungsfunktion<br />

K (u) (siehe Glg. 3.4) berücksichtigt. K (u) lautet mit der Beschränkung<br />

auf den niedrigsten Öffnungsfehler Cs:<br />

K (u) = exp {−iχ} D (u) C∆ (u)<br />

<br />

CT F (u)<br />

mit χ = 2π<br />

mit D (u) . . . Einfluss der Strahlkonvergenz<br />

und C∆ (u) . . . Einfluss der chromatischen Aberration<br />

<br />

1<br />

4 Csλ 3 u 4 − 1<br />

2 ∆fλu2<br />

<br />

(3.9)<br />

Bei der genauen Betrachtung des Arguments der kohärenten Übertragungsfunktion CT F (u)<br />

( ” coherent transfer function“) wird deutlich, dass der Linsenfehler Cs und ein gewisser<br />

Defokus notwendig sind, um einen Bildkontrast beobachten zu können. Die Abb. 3.2 zeigt<br />

exemplarisch den Verlauf der Funktion CT F (u) bei unterschiedlichen Defokussierungen<br />

für das TEM <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG. Gut zu erkennen ist die immer rascher werdende<br />

Oszillation des Realteils als auch des Imaginärteils jenseits der ersten Nullstelle, so dass


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 33<br />

Abbildung 3.2: Real- und Imaginärteil von CT F (u) bei unterschiedlicher Defokussierung<br />

für das TEM <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG (E0 = 200 keV → λ = 2, 51·10 −12 m, Cs = 1, 23 mm,<br />

∆f = 0 . . . 100 nm). Bei ∆fs = 64 nm liegt der Scherzer-Fokus mit u S max = 4, 06 nm.<br />

die Objekte abwechselnd mit positiven und negativen Kontrast übertragen werden. Diese<br />

Artefakte im Bild vermeidet man durch die richtige Wahl des Defokus ∆f, bei dem zum<br />

einen die erste Nullstelle von Im [CT F (u)] = −sinχ (u) bei möglichst höher Raumfrequenz<br />

umax liegt und zum anderen, dass zwischen 0 und umax befindliche Frequenzband<br />

mit hohem Kontrast übertragen wird. Bei kleinen Raumfrequenzen dominiert der Realteil<br />

der Kontrastübertragungsfunktion und führt zum so genannten Amplitudenkontrast. Dies<br />

trifft für große Objekte zu. Bei höheren Raumfrequenzen, also bei atomarer Auflösung ist<br />

aufgrund des Verlaufs von −sinχ (u) der <strong>Ph</strong>asenkontrast dominant. Die höchste Punkt-<br />

auflösung wird erreicht, wenn der Defokuswert gleich dem Scherzer-Fokus<br />

∆fs =<br />

4<br />

3 λCs<br />

(3.10)<br />

ist. Der Schnitt von −sinχ (u) mit der Absizzenachse liegt dann bei der Raumfrequenz


34<br />

u S max, die der Auflösungsgrenze von<br />

dmax = 1<br />

u S max<br />

≈ 0, 64 · 4 λ 3 Cs<br />

(3.11)<br />

entspricht. Die Aperturblende der Objektivlinse sollte so gewählt werden, dass nur Raumfrequenzen<br />

bzw. Beugungsreflexe bis umax zur Abbildung beitragen. Ein weiterer begrenzender<br />

Parameter für die Punktauflösung ist die Probendicke. Nach Cowley [Cow75] kann<br />

ein Abstand von ∆r nur bis zu einer Dicke von<br />

tmax = (∆r)2<br />

2λ<br />

(3.12)<br />

aufgelöst werden.<br />

Es können auch kleinere Netzebenenabstände dhkl aufgelöst werden, wenn der Defokuswert<br />

so gewählt wird, dass eine maximale Kontrastübertragung bei der Raumfrequenz<br />

uhkl der entsprechenden Netzebenen hkl vorliegt (hkl sind die Miller’schen Indizes (siehe<br />

Abschnitt 3.2)). Dies ist der Fall, wenn der Imaginärteil von K (u) bei uhkl ein Maximum<br />

besitzt. Somit können Netzebenenabbildungen von weniger als 0,2 nm realisiert werden.<br />

Voraussetzung hierfür ist nur eine geringe Dämpfung der Funktion CT F (u) im Bereich<br />

von hohen Raumfrequenzen. Diese störende Dämpfung hat ihre Ursache in den gegebenen<br />

Instabilitäten von Beschleunigungsspannung ∆E0<br />

∆I<br />

und Linsenströmen . Weiterhin darf<br />

E0 I<br />

der Einfluss der Strahlkonvergenz D (u) nicht vernachlässigt werden, da ein unter kleinem<br />

Konvergenzwinkel θc einfallender Elektronenstrahl zu einer lateralen partiellen Kohärenz<br />

führt. Der Einfluss der chromatischen Abberation Cc ergibt sich nach [Ros96] zu<br />

Cc (u) =<br />

<br />

exp − 1<br />

2 π2∆ 2 λ 2 u 4<br />

mit ∆ =<br />

<br />

<br />

∆E0 2 2 ∆I<br />

Cc<br />

+<br />

I<br />

und nach [Fej73] und [Fra73] wird die Strahlkonvergenz wie folgt berücksichtigt<br />

D (u) =<br />

<br />

exp −π 2 θ2 c<br />

λ2ln (2) q<br />

<br />

mit q = Csλ 3 u 3 + ∆fλu 2 + π 2 ∆ 4 λ 4 u 6 − i2π 4 ∆ 2 λ 3 u 3 <br />

E0<br />

.<br />

(3.13)<br />

(3.14)<br />

Die Auswirkungen der einzelnen Parameter auf die Dämpfung der Amplitude und somit<br />

auf die Einhüllende der Kontrastübertragungsfunktion wird im Anhang A für die in dieser<br />

Arbeit verwendeten Transmissionselektronenmikroskope gezeigt. Dabei wird deutlich,<br />

dass die Strahlkonvergenz θc den größten Anteil an der Dämpfung einnimmt.


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 35<br />

3.2 Elektronenbeugung am idealen Kristall<br />

Für die Berechnung der Lage der Beugungsreflexe und der Intensitäten genügt in erster<br />

Näherung die so genannte kinematische Theorie. Sie berücksichtigt keine Mehrfachstreuung,<br />

keine Brechung, keine Wechselwirkung zwischen den Strahlen und geht davon aus,<br />

dass jeder Streuer im Kristall mit der gleichen Primärintensität getroffen wird. Diese vereinfachten<br />

Annahmen treffen im Fall der Elektronenbeugung im Allgemeinen nicht zu. Für<br />

die Berechnung der Streuintensitäten der einzelnen Reflexe ist die dynamische Theorie erforderlich,<br />

bei der Mehrfachstreuung und die Wechselwirkung der Strahlen untereinander<br />

berücksichtigt werden.<br />

3.2.1 Kinematische Beugungstheorie<br />

Die Grundgesetze der geometrischen Theorie (Bragg-Glg. und Laue-Glg. (siehe Anhang D))<br />

geben nur Auskunft über die Lage der Reflexe, lassen jedoch keine Aussage über die Intensitäten<br />

zu. Mit Hilfe der kinematischen Beugungstheorie können die Intensitäten der<br />

verschiedenen Reflexe berechnet werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass jedes Primärelektron<br />

maximal einen Stoßprozess erfährt und es dabei nur elastisch gestreut wird, d.h. es<br />

kommt zu keinerlei Energieverlust bei der Wechselwirkung mit der Probe. Weiterhin wird<br />

eine Wechselwirkung zwischen der primären und der gestreuten Welle im Kristall vernachlässigt.<br />

Somit hat der Wellenvektor der gebeugten Welle k denselben Betrag wie den<br />

der einfallenden Welle <br />

k0. Die resultierende Wellenfunktion Ψ k, r hängt vom Aufbau<br />

der Elementarzelle und vom Streuvermögen der Atome des betreffenden Kristalls ab.<br />

<br />

Ψ k, r fjexp {−2πig · rj} · <br />

exp {−2πig · r}<br />

(3.15)<br />

= Ψ0<br />

j<br />

<br />

Fhkl<br />

n<br />

<br />

G<br />

Der erste Faktor Fhkl wird als Strukturamplitude bezeichnet. Fhkl hängt nur vom Ort rj<br />

der Atome und von deren Sorte in der Elementarzelle ab. Letztere wird durch die Atomstreuamplitude<br />

fj berücksichtigt, welche die Verteilung der Elektronendichte des j-ten<br />

Basisatom um sein Zentrum beinhaltet. Die Form des Kristalls, an dem der Beugungsvorgang<br />

stattfindet, wird durch den zweiten Faktor G in der Gleichung 3.15 berücksichtigt.<br />

<br />

Die relativen Intensitäten Ihkl = Ψ k, <br />

r der Beugungsreflexe sind direkt proportional<br />

zum Quadrat der Strukturamplitude Fhkl. Das Quadrat der Strukturamplitude wird<br />

als Strukturfaktor bezeichnet. Setzt man für die Position des j-ten Atoms in der Basis<br />

rj = ρja+σj b+τjc (mit a, b,c als Basisvektoren der Einheitszelle) und für g die Gleichung<br />

D.2 ein, so ist Fhkl bedingt durch die Beziehung D.1 für bestimmte Werte von hkl Null.<br />

Aufgrund der Auslöschung“ und der Intensität der Reflexe können unterschiedliche Kris-<br />

”<br />

tallgittertypen unterschieden werden. Als Beispiel sei hier die für diese Arbeit relevante<br />

Zinkblendestruktur mit den folgenden Atompositionen in der Elementarzelle<br />

Atomsorte 1 (ρ, σ, τ) : (0, 0, 0) , 1 1 , 2 2 , 0 , <br />

1 1<br />

1 1<br />

<br />

, 0, , 0, , ;<br />

2 2 2 2 <br />

1 1 1 3 3 1 3 1 3 1 3 3<br />

Atomsorte 2 (ρ, σ, τ) : , , , , , , , , , , , 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4


36<br />

gewählt. Für Fhkl ergeben sich in Abhängigkeit von hkl folgende Werte:<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

4 [f1 + f2]<br />

4 [f1 ± if2]<br />

Fhkl =<br />

⎪⎩<br />

4 [f1 − f2]<br />

0<br />

für<br />

für<br />

für<br />

für<br />

h + k + l = 4m und h, k, l gerade<br />

h, k, l ungerade<br />

h + k + l = 4m und h, k, l gerade<br />

h, k, l gemischt<br />

(3.16)<br />

Da die Streuamplituden fj von der Kernladungszahl des jeweiligen Atoms abhängen, wird<br />

die Differenz [f1 − f2] entscheidend von den beteiligten Elementen beeinflusst. Je größer<br />

der Ordnungszahlunterschied ist, desto intensiver sind diese chemisch sensitiven Reflexe<br />

(z.B. 002).<br />

3.2.2 Dynamische Elektronenbeugung<br />

Die kinematische Beugungstheorie geht von Einfachstreuung aus und berücksichtigt keinen<br />

Energieaustausch zwischen transmittierter und abgebeugter Welle im Medium. Dadurch<br />

können nur für sehr dünne Proben, mit einer Probendicke von wenigen Nanometern,<br />

die Intensitäten in den Elektronenbeugungsmustern qualitativ bestimmt werden. Nur mit<br />

der dynamischen Beugungstheorie ist die korrekte Berechnung der Intensitätsverteilung in<br />

Elektronenbeugungsmustern, nach Betrag und Position, möglich. Deshalb ist erst durch<br />

den Einsatz der dynamischen Beugungstheorie ein vollständig quantitativer Vergleich von<br />

experimentellen und simulierten Elektronenbeugungsmustern möglich. Es existieren mehrere<br />

Berechnungsansätze für die dynamische Beugungstheorie. Die am häufigsten verwendeten<br />

numerischen Verfahren sind das Blochwellenverfahren [Bet28] und die Multi-Slice-<br />

Methode nach Cowley und Moodie [Cow59]. Beide Verfahren sollen nun kurz diskutiert<br />

werden.<br />

Blochwellenverfahren<br />

Die Blochwellentheorie beruht auf einem von Bethe [Bet28] entwickelten Ansatz, bei dem<br />

die sich im Kristall ausbreitende Elektronenwelle aus der Superposition der Blochwellen im<br />

Kristall gebildet wird. Ausgangspunkt des Blochwellenverfahrens ist die Beschreibung der<br />

Wellenfunktion Ψ (r) am Ort r von Elektronen mit einer Ladung −e und einer Ruhemasse<br />

m0 in einem Kristallpotential V (r) durch die relativistisch korrigierte, zeitunabhängige<br />

Schrödingergleichung.<br />

⎡<br />

⎤<br />

∇ 2 Ψ (r) + 2m0e<br />

2 ⎢<br />

⎣ E<br />

<br />

1 + eE<br />

<br />

+V (r) 1 +<br />

2E0<br />

<br />

(∗)<br />

eE<br />

⎥ Ψ (r) = 0<br />

E0 ⎦<br />

<br />

(3.17)<br />

(∗∗)<br />

E0 = m0c 2 ist die Ruheenergie der Elektronen und E ist die Beschleunigungsspannung.<br />

Der Term (∗) beschreibt die relativistische Änderung der Wellenlänge der Elektronen<br />

und der zweite Term (∗∗) berücksichtigt die relativistische Massenänderung. Durch


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 37<br />

Einführung des in Glg. 3.18 angegebenen Terms E∗ <br />

und der relativistisch korrigierten<br />

Masse m = m0 1 + eE<br />

<br />

E0<br />

wird die obige Schrödingergleichung zu Glg. 3.19 vereinfacht.<br />

E ∗ = E 2E0 + eE<br />

2 (E0 + eE)<br />

(3.18)<br />

∇ 2 Ψ (r) + 2me<br />

2 [E ∗ + V (r)] Ψ (r) = 0 (3.19)<br />

Da es sich bei dem zu durchstrahlenden Objekt um einen unendlich ausgedehnten perfekten<br />

Kristall handeln soll, kann das periodische Kristallpotential V (r) durch eine Fourier-<br />

reihe<br />

V (r) = <br />

h<br />

<br />

Vh exp 2πi <br />

h · r<br />

(3.20)<br />

mit den reziproken Gittervektoren h dargestellt werden. Als Lösungsansatz für die modifizierte<br />

Schrödingergleichung in Glg. 3.19 wird eine Blochfunktion (Glg. 3.21) mit dem<br />

Wellenvektor k gewählt. Durch die Fourierreihenentwicklung des Faktors C (r) (siehe<br />

Glg. 3.22) wird weiterhin die Periodizität des Kristalls berücksichtigt.<br />

<br />

Ψ (r) = C (r) exp 2πi <br />

k · r<br />

(3.21)<br />

C (r) = <br />

Cgexp [2πig · r] (3.22)<br />

Zur Vereinfachung der Rechnung werden die folgenden Parameter eingeführt:<br />

g<br />

U h = 2me<br />

2 V h (3.23)<br />

K 2 = 2me<br />

2 (E∗ + V0) = 2me<br />

2 E∗ + U0 (3.24)<br />

V h ist der Fourierkoeffizient der Glg. 3.20 und V0 ist der Mittelwert des Kristallpotentials.<br />

Durch die Einführung des Potentials U h und den mittleren Wellenvektor K 2 und dem anschließenden<br />

Einsetzen der Glgen. 3.20 und 3.21 in die modifizierte Schrödingergleichung<br />

Glg. 3.19 erhält man das folgende Gleichungssystem, welches für alle Orte r im Kristall<br />

gelten muss.<br />

⎧<br />

⎨<br />

K<br />

⎩<br />

g<br />

2 <br />

2<br />

− k + g Cg + <br />

⎫<br />

⎬ <br />

Ug− h Ch exp 2πi k !=<br />

+ g · r 0 (3.25)<br />

⎭<br />

h=g <br />

!<br />

=0<br />

Die Gleichung ist für alle r erfüllt, wenn der Term in der geschweiften Klammer verschwindet.


38<br />

Die allgemeine Lösung der Schrödingergleichung ist eine Superposition von n Blochwellen<br />

mit verschiedenen Wellenvektoren k (j) .<br />

Ψ (r) =<br />

n<br />

α (j) Ψ (j) n <br />

(j)<br />

(r) = α C (j)<br />

g exp<br />

<br />

2πi k (j)<br />

+ g r<br />

j=1<br />

g<br />

j=1<br />

j=1<br />

<br />

Ψg(t) <br />

g<br />

= <br />

<br />

n<br />

α (j) C (j)<br />

g exp 2πik (j)<br />

z · t <br />

exp {2πig · r} (3.26)<br />

Bei einer Einstrahlrichtung entlang einer Zonenachse beschreibt der Term exp {2πig · r}<br />

in Glg. 3.26 die laterale Ausbreitung der Elektronenwellen innerhalb des Kristallpotenti-<br />

als und Ψg (t) mit k (j)<br />

z die Ausbreitung entlang der Einstrahlrichtung durch das Objekt,<br />

deren Dicke t beträgt.<br />

Die Anregungskoeffizienten α (j) der jeweils j-ten Blochwelle sind durch die Randbedingungen<br />

des stetigen Übergangs der Wellenfunktion beim Eintreten der einfallenden ebenen<br />

Welle in den Kristall festgelegt. Für die Berechnung wird ein kartesisches Koordinatensystem<br />

so festgelegt, dass die x- und die y-Achse in der Kristalloberfläche liegen und<br />

die z-Achse auf der Kristalloberfläche steht. Somit gilt die Randbedingung des stetigen<br />

Übergangs für die einfallende Welle bei z = 0.<br />

<br />

exp i <br />

kr |z=0<br />

!<br />

= <br />

α (j) <br />

exp ik (j) <br />

r C (j)<br />

g exp {igr} |z=0 (3.27)<br />

exp {i (kxx + kyy)}<br />

j<br />

!<br />

= <br />

j<br />

α (j) <br />

exp i k (j)<br />

x x + k (j)<br />

y y<br />

g<br />

<br />

g<br />

C (j)<br />

g exp {igr} (3.28)<br />

Anhand der Glg. 3.28 wird ersichtlich, daß die oben geforderte Randbedingung der Ste-<br />

tigkeit nur erfüllbar ist, wenn k (j)<br />

x = kx und k (j)<br />

y = ky gilt. Es gilt:<br />

1 = <br />

α<br />

j<br />

(j) <br />

g<br />

C (j)<br />

g exp {igr} (3.29)<br />

Durch die Anfangsbedingungen Ψ0 = 1 und Ψg=0 = 0, d.h. nur der ungebeugte Strahl liegt<br />

beim Eintritt des Elektronenstrahls in das Objekt vor, werden die Anregungskoeffizienten<br />

α (j) weiter verifiziert.<br />

1 = <br />

(3.30)<br />

j<br />

0 = <br />

j<br />

α (j) C (j)<br />

0<br />

α (j) C (j)<br />

g , für g = 0 (3.31)<br />

Bei der Berechnung der Blochwellenkoeffizienten C (j)<br />

g kann die Glg. 3.24 in guter Näherung<br />

durch<br />

K 2 ≈ k 2<br />

(3.32)


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 39<br />

abgeschätzt werden, da die verwendete Beschleunigungsspannung bzw. die erreichte Elektronenenergie<br />

von mehr als 100 keV viel größer als das mittlere Kristallpotential V0 ist.<br />

Die Wellenvektoren im Kristall unterscheiden sich vom Wellenvektor nur noch in ihren<br />

z-Komponenten.<br />

k (j)<br />

z = kz + γ (j)<br />

(3.33)<br />

Durch das Einsetzen dieser Beziehung und der in Glg. 3.32 aufgeführten Vereinfachung in<br />

die Schrödingergleichung erhält man unter Vernachlässigung der Rückwärtsstreuung die<br />

Glg. 3.34. Der rückwärtige Streuprozess kann bei der Betrachtung von transmittierten,<br />

hochenergetischen Elektronen vernachlässigt werden. Es spielen nur die vorwärtsgestreu-<br />

ten Blochwellen eine Rolle.<br />

1 <br />

Ug− h C<br />

2kz<br />

(j)<br />

−<br />

h 1<br />

2kz<br />

h=g<br />

<br />

2kg + g 2<br />

<br />

C (j)<br />

g = γ(j) C (j)<br />

g<br />

(3.34)<br />

Dabei handelt es sich um ein zu lösendes Eigenwertproblem mit den Eigenwerten γ (j)<br />

und C (j)<br />

g als die Eigenvektoren. Das Gleichungssystem sieht in der Matrixschreibweise wie<br />

folgt aus:<br />

⎛<br />

0<br />

⎜<br />

<br />

U −g U−h · · ·<br />

1<br />

⎜ Ug − 2<br />

⎜<br />

2kz ⎜<br />

⎝<br />

kg + g 2<br />

<br />

Ug− h · · ·<br />

<br />

Uh Uh−g − 2k h + h 2<br />

⎞ ⎛<br />

⎟<br />

C<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

· · · ⎟ ⎜<br />

⎠ ⎝<br />

.<br />

. .<br />

. ..<br />

(j)<br />

0<br />

C (j)<br />

g<br />

C (j)<br />

⎞ ⎛<br />

C<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ ⎜<br />

⎟ = γ(j) ⎜<br />

h. ⎠ ⎝<br />

(j)<br />

0<br />

C (j)<br />

g<br />

C (j)<br />

⎞<br />

⎟<br />

h. ⎠ (3.35)<br />

oder kurz: C (j) (j)<br />

= γ C (j)<br />

(3.36)<br />

Da das Kristallpotential U (r) immer reell ist (Ug = U ∗ −g ), handelt es sich bei der Matrix<br />

um eine hermitesche Matrix, sie besitzt ausschließlich reelle nichtentartete Eigenwerte<br />

γ (j) und die Eigenvektoren C (j) bilden somit ein Orthogonalsystem.<br />

<br />

g<br />

<br />

j<br />

C (i)<br />

g C(j)∗<br />

g = δij (3.37)<br />

C (j)<br />

g C(j)∗<br />

h<br />

= δ g h (3.38)<br />

Mit den Anfangsbedingungen für den ungebeugten und die gebeugten Strahlen beim Eintritt<br />

in das Objekt (Glgen. 3.30 und 3.31) und der orthogonalen Basis ergibt sich für die<br />

Anregungskoeffizienten<br />

α (j) = C (j)∗<br />

0<br />

. (3.39)<br />

Wenn unendlich viele reziproke Gittervektoren g in der Rechnung berücksichtigt werden,<br />

ist die Lösung exakt. Aus rechentechnischen Gründen wird nur eine begrenzte Anzahl von<br />

Bragg-Reflexen g berücksichtigt.


40<br />

Zweistrahlfall<br />

Der einfachste und analytisch leicht lösbare Fall der dynamischen Elektronenbeugungstheorie<br />

ist der ” Zweistrahlfall“, bei dem nur der ungebeugte Strahl und ein weiterer Reflex<br />

g angeregt sind. Somit vereinfacht sich das zu lösende Eigenwertproblem (Glg. 3.35) zu<br />

<br />

s0 = 0 1<br />

2ξg <br />

= γ (j)<br />

<br />

, (3.40)<br />

1<br />

2ξg sg<br />

<br />

<br />

C (j)<br />

0<br />

C (j)<br />

g<br />

C (j)<br />

0<br />

C (j)<br />

g<br />

wobei die energieabhängige Extinktionslänge ξg und der Anregungsfehler sg wie folgt<br />

definiert sind:<br />

ξg = kz<br />

U g<br />

und sg = − 1<br />

<br />

2 2kz<br />

kg + g 2<br />

<br />

(3.41)<br />

Das Eigenwertproblem hat nur dann eine nichttriviale Lösung, wenn det − γ (j) = 0<br />

gilt. ist die 2 × 2 Einheitsmatrix. D.h. es muss für die Berechnung der zwei Blochwellen<br />

Ψ (1) und Ψ (2) die quadratische Gleichung<br />

gelöst werden.<br />

−γ (j) sg − γ (j) − 1<br />

4ξ 2 g<br />

γ (1,2) = 1<br />

<br />

sg ± s<br />

2<br />

2 1<br />

g +<br />

ξ2 <br />

g<br />

= 0, für j = 1, 2 (3.42)<br />

(3.43)<br />

sind die zwei Eigenwerte des Eigenwertproblems (Glg. 3.40). Die dazugehörigen Eigen-<br />

<br />

vektoren ergeben sich unter der Berücksichtigung der Normierungsbedingung C (j)<br />

<br />

<br />

= 1<br />

zu:<br />

C (1,2) <br />

C<br />

=<br />

(1,2)<br />

0<br />

C (1,2)<br />

<br />

1<br />

= <br />

g 1 + ω ± √ ω2 + 1 <br />

1<br />

2 ω ± √ ω2 <br />

+ 1<br />

, (3.44)<br />

wobei ω = sgξg ist. Nun kann die Berechnung der Intensität des ungebeugten Strahls<br />

|Ψ0 (z)|2 = Ψ0 (z) Ψ∗ 0 (z) bzw. des gebeugten Strahls |Ψg (z)| 2 = Ψg (z) Ψ ∗ g (z) nach Ψg (t)<br />

aus Glg. 3.26 erfolgen. Für die Strahlintensität des ungebeugten Strahl ergibt sich<br />

|Ψ0 (z)|2 <br />

=<br />

4 <br />

+<br />

4 <br />

+<br />

2 2 <br />

e 2πiz[γ(1) −γ (2) ] 2πiz[γ<br />

+ e (2) −γ (1) ] <br />

. (3.45)<br />

C (1)<br />

0<br />

C (2)<br />

0<br />

C (1)<br />

0<br />

C (2)<br />

0<br />

Durch das Einsetzen der Eigenvektoren C (1,2) und der Eigenwerte γ (1,2) erhält man aus<br />

Glg. 3.45 folgenden einfachen Term für die Intensität<br />

|Ψ0 (z)|2 =<br />

1<br />

ω2 <br />

ω<br />

+ 1<br />

2 + cos 2<br />

<br />

πz √ ω2 <br />

+ 1<br />

und |Ψg (z)| 2 = 1 − |Ψ0 (z)|2 (3.46)<br />

ξg


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 41<br />

Abbildung 3.3: a) Hellfeldabbildung von<br />

Quantenpunktschichten in einer GaAs-<br />

Matrix aufgenommen unter Zweistrahlfallbedingung<br />

(000 und g = 004) und<br />

mit einem Anregungsfehler sg = 0.<br />

Parallel zur Lochkante verlaufen die<br />

” Pendellösungsstreifen“. Die dunklen<br />

Streifen entsprechen einer Probendicke<br />

von t = (2n−1)ξg mit n = 1, 2, . . ..<br />

2<br />

Innerhalb des blau gekennzeichneten<br />

Quadrats wurde ein Grauwertprofil<br />

senkrecht zu den Extinktionslängenstreifen<br />

(siehe b) ) erstellt.<br />

b) Grauwertprofil über den in der Hellfeldabbildung a) gekennzeichneten Bereich (blaues<br />

Quadrat). Anhand dieses Profils kann der Winkel α der keilförmigen Probe ermittelt<br />

werden.<br />

tanα =<br />

(2n−1)ξ g<br />

2<br />

xn<br />

(3.47)<br />

Hiermit beträgt der Winkel α des Probenkeils ungefähr 53◦ ± 1◦ (ξGaAs 004 = 94, 3477 nm<br />

[EMS]).<br />

c) ist eine Skizze zum besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen Pendellösungsstreifen<br />

und Probendicke bei einer Hellfeldabbildung (Zweistrahlfall), d.h. die Abbildung<br />

erfolgt nur mit dem ungebeugten Strahl.<br />

Somit wird klar, dass die Intensität im Zweistrahlfall zwischen dem ungebeugten und einem<br />

abgebeugten Strahl pendelt. Die Periode wird durch den Term πz√ω2 +1 bestimmt.<br />

ξg Dieses <strong>Ph</strong>änomen ist bei keilförmigen Proben deutlich erkennbar. So treten in einer Hellfeldabbildung<br />

(Zweistrahlfall) an den Stellen mit einer Probendicke von (2n−1)ξg dunkle<br />

2<br />

Streifen auf - so genannte Pendellösungs-“ oder auch Extinktionslängenstreifen“ (siehe<br />

” ”<br />

Abb. 3.3).


42<br />

Multi-Slice-Methode<br />

Der Blochwellenansatz ist eine einfache und zum Teil auch anschauliche Möglichkeit, die<br />

dynamische Elektronenbeugung an einem ungestörten, periodischen Kristallpotential zu<br />

beschreiben. Dieses Verfahren unterliegt aber zum einen rechentechnischen Grenzen und<br />

zum anderen ist die Beschreibung von aperiodischen Strukturen kaum möglich. Die Berechnung<br />

der Wellenfunktionen für solche aperiodischen Strukturen gelingt mit der Multi-<br />

Slice-Methode nach Cowley und Moodie, welche hier kurz in ihren Grundzügen erklärt<br />

werden soll.<br />

Bei dem Multi-Slice-Verfahren wird der Kristall mit der Dicke z in dünne Scheiben der<br />

Dicke ∆z unterteilt. Der Elektronenstrahl breitet sich senkrecht zu den Kristallscheiben<br />

und parallel zur optischen Achse aus. Beim Durchgang einer Elektronenwelle durch eine<br />

Probe ändern sich die <strong>Ph</strong>ase und die Amplitude der Elektronenwelle. Bei den sehr dünnen<br />

Kristallscheiben mit der Dicke ∆z kann die Amplitudenänderung vernachlässigt werden<br />

und die Probe in erster Näherung als reines <strong>Ph</strong>asenobjekt betrachtet werden. Weiterhin<br />

wird der Abstand zwischen den Scheiben als so gering angenommen, dass der Raum<br />

zwischen den Kristallscheiben als potentialfreier Raum beschrieben werden kann.<br />

Die Transmission der Elektronenwelle durch jede Kristallscheibe kann durch die folgenden<br />

zwei Schritte beschrieben werden.<br />

1. Die Elektronenwelle trifft auf eine der Kristallscheiben und wird bei dem Durchgang<br />

durch diese verändert. Diese <strong>Ph</strong>asenänderung ist vom Potential der Scheibe abhängig<br />

und wird für jede Ebene durch die Transmissionsfunktion t (x, y) (Glg. 3.48) beschrieben.<br />

Für die Berechnung wird das dreidimensionale Atompotential v (x, y, z)<br />

der Scheibe durch eine in die x,y-Ebene projizierte zweidimensionale Potentialfunktion<br />

vz (x, y) ersetzt [Kir95]:<br />

t (x, y) = exp {−ivz (x, y)} (3.48)<br />

mit: vz (x, y) = − 2π E + m0c<br />

Eλ<br />

2<br />

E + 2m0c2 <br />

v (x, y, z) dz (3.49)<br />

E ist die Energie der sich ausbreitenden Elektronenwelle, λ die Wellenlänge der<br />

Welle, m0 die Elektronenruhemasse und c die Lichtgeschwindigkeit.<br />

2. Da der Abstand zwischen den einzelnen Scheiben sehr klein und der Zwischenraum<br />

als Vakuum betrachtet wird, müssen bei der Ausbreitung der Welle zwischen den<br />

Ebenen Fresnelsche Beugungseffekte berücksichtigt werden. Die Ausbreitung zwischen<br />

den einzelnen Ebenen, mit dem Abstand ∆z, wird durch die Propagations-<br />

funktion p (x, y, ∆z) beschrieben [Kir95]:<br />

p (x, y, ∆z) = exp<br />

<br />

−iπ x2 + y2 <br />

λ∆z<br />

(3.50)


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 43<br />

Mathematisch bedeutet dies eine Faltung der transmittierten Wellenfunktion Ψ mit<br />

der Ausbreitungsfunktion p (x, y, ∆z).<br />

Die Schritte werden so oft wiederholt, bis die Elektronenwelle den Kristall verlässt. Die<br />

Ausbreitung der Welle durch die gesamte Probe wird mit Hilfe der Transmissions- t (x, y)<br />

und der Propagationsfunktion p (x, y, ∆z) rekursiv ermittelt. Die Wellenfunktion Ψn (x, y)<br />

wird nach dem Durchgang durch die n-te Scheibe durch:<br />

Ψn (x) = [Ψn−1 (x, y) ⊗ p (x, y, ∆z)] · tn (x, y) (3.51)<br />

im Ortsraum beschrieben. Das rekursive Verfahren ist in der Abb. 3.4 schematisch dargestellt.<br />

Abbildung 3.4: Schema der Multi-Slice-Methode (Erklärung, siehe Text)<br />

Da eine Multipikation mathematisch leichter zu handhaben ist, wird die Glg. 3.51 oft im<br />

reziproken Raum behandelt. Durch den Übergang in den Fourierraum wird die Faltung<br />

in eine leichter handhabbare Multiplikation umgewandelt. Die Glg. 3.51 vereinfacht sich<br />

im reziproken Raum zu:<br />

mit: P<br />

Ψn (x) = F T −1<br />

<br />

Ψn−1<br />

k · P<br />

<br />

k, <br />

∆z = exp −iπ∆zλ <br />

<br />

k<br />

2<br />

<br />

k, ∆z · tn (x) (3.52)<br />

. (3.53)<br />

Die Faltung (⊗) im Ortsraum entspricht dann einer einfachen Multiplikation (·).<br />

Die noch nicht modifizierte Primärelektronenwelle Ψ0 wird durch die folgende Funktion


44<br />

beschrieben:<br />

<br />

Ψ0 = exp −2πi k · r<br />

. (3.54)<br />

Werden hinreichend dünne Schichten angenommen, so sind die Ergebnisse des Multi-Slice-<br />

Verfahrens äquivalent zu denen der Blochwellenmethode.<br />

3.3 Quantitative Auswertung von Verschiebungs- und<br />

Verspannungsfeldern von hochaufgelösten TEM-<br />

Aufnahmen<br />

(qHRTEM)<br />

In der Regel sind hochaufgelöste TEM-Abbildungen nicht leicht zu interpretieren, da der<br />

Bildkontrast keine lineare Abbildungsfunktion der Kristallstruktur ist. Die Interpretation<br />

von HRTEM-Aufnahmen unbekannter Strukturen erfolgt hauptsächlich mittels Bildsimulationen.<br />

Im Folgenden werden zwei Verfahren der quantitativen HRTEM (qHRTEM) beschrieben,<br />

welche die Messung der Verzerrung und Verspannung aus der hochaufgelösten<br />

Abbildung der Kristallstruktur ermöglichen.<br />

3.3.1 ” Peak finding“-Methode<br />

Eine Möglichkeit der Auswertung des zweidimensionalen Bildkontrastes zur Messung des<br />

Verschiebungsfeldes bietet das von A. Rosenauer [Ros98] entwickelte Programm DALI (Digital<br />

Analysis of Lattice Images). Das Programm basiert auf der ” Peak finding“-Methode.<br />

Bei dieser Technik werden die Positionen der Intensitätsmaxima im Subpixelbereich gesucht<br />

und als Atomsäulenpositionen identifiziert. Sind die Maxima im Bild gefunden,<br />

wird ein zweidimensionales Referenzgitter in einem undeformierten Bereich definiert. Dieses<br />

wird über das Gitter der identifizierten Maxima gelegt und die Abweichung uij eines<br />

Gitterpunktes Pij vom seinem Referenzgitterpunkt Rij gemessen. Die Abweichungen vom<br />

Referenzgitter entsprechen für die jeweils gewählte Kristallrichtung den Verschiebungsvektoren,<br />

welche in zweidimensionalen Verzerrungskarten farbcodiert dargestellt werden<br />

können. Durch das Auftragen der gemittelten Verschiebungen innerhalb einzelner, senkrecht<br />

zur gewählten Kristallrichtung liegenden, Netzebenen in Abhängigkeit von der Netzebenennummer<br />

erhält man eine eindimensionale graphische Darstellung des Verzerrungsfeldes<br />

in der gewählten Richtung.<br />

Schwierigkeiten bei dieser ” Peak finding“-Methode ergeben sich aus der Abhängigkeit des<br />

Kontrasts von der Kristalldicke, von der Defokussierung und von der strukturellen und<br />

chemischen Zusammensetzung. Die gegenüber Kontraständerungen konsistentere Technik<br />

der geometrischen <strong>Ph</strong>asenabbildung wird im nächsten Abschnitt erläutert.


Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) 45<br />

3.3.2 ” Geometrische <strong>Ph</strong>asen“-Methode<br />

Die von H¨ytch et al. [H¨yt98] entwickelte Methode zur geometrischen <strong>Ph</strong>asenabbildung<br />

unterscheidet sich von der im Realraum arbeitenden, oben beschriebenen Peak finding“-<br />

”<br />

Methode wie folgt: Ein ungestörtes periodisches Gitter liefert scharfe Bragg-Reflexe im<br />

Fourierraum. Für die Intensitätsverteilung gilt:<br />

I (r) = <br />

Hgexp{2πig · r} (3.55)<br />

g<br />

Hg = Agexp{iPg} (3.56)<br />

I (r) ist die Bildintensität am Punkt r und g der dazugehörige reziproke Vektor des nicht<br />

deformierten Gitters. Hg ist der Fourierkoeffizient der sinusförmigen Intensitätsverläufe<br />

der Gitterstruktur in Abhängigkeit von g mit Ag als Amplitude und Pg als <strong>Ph</strong>ase.<br />

Bei geringer Abweichung von der perfekten Struktur ergibt sich für die Fourierkoeffizienten<br />

eine Abhängigkeit vom Ortsvektor r.<br />

Hg (r) = Ag (r) exp{iPg (r)} (3.57)<br />

Da g und −g äquivalent sind, kann die Intensitätsberechnung vereinfacht werden.<br />

I (r) = 2 <br />

Ag (r) cos (2πg · r + Pg (r)) (3.58)<br />

g>0<br />

Zur Ermittlung des Verschiebungsfeldes u bei geringen Abweichungen vom idealen Gitter<br />

wird r −→ r − u (r) in die Glg. 3.58 eingesetzt.<br />

Ig (r) = 2 <br />

⎛<br />

⎞<br />

⎜<br />

⎟<br />

Ag (r − u (r)) cos ⎝2πg · r −2πg · u (r) +Pg⎠<br />

(3.59)<br />

<br />

g>0<br />

Pg(r)<br />

Der ortsabhängige Koeffizient Hg (r) enthält, unter Vernachlässigung der frei wählbaren<br />

konstanten <strong>Ph</strong>ase Pg, nun den direkten Bezug zum Verschiebungsfeld u (r).<br />

Hg (r) = Ag (r) exp{iPg (r)} (3.60)<br />

Pg (r) = −2πg · u (r) (3.61)<br />

Anhand der Beziehung von Glg. 3.61 erhält man aus dem <strong>Ph</strong>asenbild Pg (r) die Komponenten<br />

des Verschiebungsfeldes u (r) in Richtung des reziproken Gittervektors g. Durch<br />

die Kombination von zwei <strong>Ph</strong>asenbildern Pg1 (r) und Pg2 (r) linear unabhängiger reziproker<br />

Gittervektoren g1 und g2 sind alle notwendigen Informationen für die Berechnung des<br />

Verschiebungsfeldes gegeben.<br />

Pg1 (r) = −2π [g1xux (r) + g1yuy (r)] (3.62)<br />

Pg2 (r) = −2π [g2xux (r) + g2yuy (r)] (3.63)


46<br />

Hier bezeichnen gix und giy die Komponenten des reziproken Gittervektors gi (i = 1, 2).<br />

Der Verschiebungsvektor u (r) wird am Ort r = (x, y) in seinen x- und y-Anteil zerlegt:<br />

u (r) = ux (r) + uy (r). Für die weiteren Betrachtungen werden die Glg. 3.62 und 3.63 in<br />

Matrixschreibweise zusammengefasst.<br />

Pg1<br />

Pg2<br />

<br />

= −2π<br />

g1x g1y<br />

g2x g2y<br />

<br />

<br />

<br />

ux (r)<br />

uy (r)<br />

<br />

= −2π · u (r) (3.64)<br />

Die Komponenten des Verschiebungsfeldes berechnen sich mit Hilfe der inversen Matrix<br />

−1 : <br />

ux (r)<br />

=<br />

uy (r)<br />

1<br />

<br />

g1x g1y<br />

−2π g2x g2y<br />

<br />

−1 <br />

Pg1<br />

Pg2<br />

<br />

(3.65)<br />

Unter Verwendung der Beziehung zwischen Kristallgitter und reziproken Gitter gi·aj = δij,<br />

mit den Vektoren a1 und a2 im Ortsraum und den g1 und g2 im reziproken Raum, folgt<br />

ebenso 1 : ux (r)<br />

uy (r)<br />

<br />

−1<br />

= 1<br />

−1 a1x a2x<br />

−2π a1y a2y<br />

<br />

−1 Pg1<br />

Pg2<br />

<br />

(3.66)<br />

Die Auswertung von HRTEM-Aufnahmen mittels der geometrischen <strong>Ph</strong>asenmethode ist<br />

mit dem Programmmodul ” Geometric <strong>Ph</strong>ase“ des Programmpakets ” Digital Micrograph“<br />

(GATAN) möglich.<br />

1 Mit =<br />

a1x a2x<br />

a1y a2y<br />

somit ergibt sich T <br />

<br />

und =<br />

<br />

<br />

g1x g2x<br />

g1y g2y<br />

gi·aj=δij<br />

−→ T = <br />

−1 T = T −1 <br />

T −→ = −1


Teil II<br />

(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen<br />

47


Kapitel 4<br />

(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen<br />

In diesem Teil der Arbeit werden Ergebnisse der Untersuchungen der<br />

Struktur und der chemischen Zusammensetzung von mittels LPE gewachsenen<br />

Si1−xGex/Si-Inseln beschrieben. Zur Bestimmung der Ge-<br />

Konzentration innerhalb der Inseln werden zwei voneinander unabhängige<br />

Verfahren diskutiert. Die erste Methode zur Quantifizierung der Zusammensetzung<br />

der Inseln beruht auf der Auswertung des Verzerrungsfeldes<br />

aus HRTEM-Abbildungen. Das zweite Verfahren beinhaltet die Auswertung<br />

von EDX-Punktspektren mit einer neu entwickelten modifizierten<br />

ZAF-Methode.<br />

4.1 Das System (Si,Ge)<br />

Silizium und Germanium kristallisieren in der Diamantstruktur. Beide Elemente sind<br />

miteinander vollständig lückenlos zu Si1−xGex mit 0 ≤ x ≤ 1 mischbar, wobei die Gitterplätze<br />

statistisch von den Si- und Ge-Atomen besetzt werden. Sowohl die Struktur der<br />

reinen Elementhalbleiter Si und Ge, als auch des Mischkristalls werden durch die Raumgruppe<br />

Fd3m beschrieben. In dieser Struktur wird jedes Atom von vier ersten Nachbarn<br />

in Form eines Tetraeders umgeben. Die Gitterkonstante der Verbindung Si1−xGex ergibt<br />

sich in erster Näherung aus den Gitterabmessungen ai der reinen Substanzen nach der<br />

Vegard’schen Regel [Veg21].<br />

aSi1−xGex = (1 − x) · aSi + x · aGe<br />

(4.1)<br />

Dismukes et al. fanden bei genaueren Messungen der Gitterkonstanten an Si1−xGex-Volumenmischkristallen<br />

einen quadratischen Korrekturterm für die Beziehung 4.1 [Dis64]. Die<br />

modifizierte Formel für die Gitterkonstantenberechnung ist dann durch:<br />

aSi1−xGex = 0, 0273x 2 + 0, 1992x + 5, 431 ˚A <br />

(4.2)<br />

gegeben. Mit aSi = 5, 431 ˚A und aGe = 5, 658 ˚A (Tab. 2.1, Abschnitt 2.3) beträgt die<br />

Gitterfehlpassung fSi,Ge von Si und Ge nach Glg. 2.21 ca. 4, 2 % und die maximale Ab-<br />

49


50<br />

weichung |∆a| der Beziehungen 4.1 und 4.2 voneinander findet man bei einer Germaniumkonzentration<br />

x = 0, 5092 mit |∆a| = 0, 0071 ˚A. Der daraus resultierende maximale<br />

Fehler für die Konzentrationsbestimmung ist ∆x = 0, 03.<br />

Abbildung 4.1: Schematische Darstellung der Anisotropie<br />

der freien Oberflächenenergie an Diamant auf<br />

der (010)-Würfel-, der (110)-Rhombendodekaederund<br />

der (111)-Oktaederfläche. Je kürzer die Pfeile,<br />

um so größer ist die Schleifhärte in diesen Richtungen.<br />

4.2 Wachstum von pseudomorph verspannten<br />

(Si,Ge)/Si-Inseln<br />

Der Wachstumsmodus von Si1−xGex-Inseln mittels Flüssigphasenepitaxie auf Silizium ist<br />

von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Die Gitterfehlpassung zwischen dem Substrat<br />

(Si) und der aufwachsenden Schicht (Si,Ge) verursacht ein selbstorganisiertes dreidimensionales<br />

pseudomorphes Wachstum (Stranski-Krastanov-Wachstumsmode, siehe Abschn.<br />

1.3). Bei solch einem Selbstorganisationsprozess wird immer ein Zustand minimaler<br />

Energie angestrebt. Daher ist klar, dass bei diesem Prozess die Oberflächenenergien bzw.<br />

Grenzflächenenergie zwischen der benetzenden Flüssigkeit und der Substratoberfläche und<br />

somit die Wahl des Lösungsmittel bei der Flüssigphasenepitaxie eine große Rolle spielen<br />

[Alb96]. Da das Wachstum nah am thermodynamischen Gleichgewicht stattfindet, bestimmt<br />

die Germaniumkonzentration in der Lösung entscheidend die Inselgröße und deren<br />

Zusammensetzung. Weitere Einflussfaktoren sind die Temperatur, die Abkühlrate und die<br />

Orientierung des Siliziumsubstrats.<br />

Für ausführliche Darstellungen zum Stand der Untersuchungen des selbstorganisiertem<br />

Wachstums von (Si,Ge)-Nanostrukturen sei auf die umfangreiche Literatur verwiesen<br />

[Kas95, Cul93, Jes93, Flo99, Mo90, Tom94, Ros98, Kam98, Flo97, Ter94, Jes98, Med98,<br />

Gor97, Chr99a, Chr99b, Chr96, Alb95, Str96, Dor98a, Chr94, Han04, Tha03, Han02].<br />

Bei kristallinen Festkörpern mit Zinkblende- und Diamantstruktur hängt die freie Oberflächenenergie<br />

von der Orientierung der Oberfläche ab. Aufgrund dieser Anisotropie (siehe<br />

Abb. 4.1) entstehen bei der Abscheidung von (Si,Ge) auf unterschiedlich orientierten Siliziumsubstraten<br />

unterschiedliche selbstorganisierte Strukturen in Abhängigkeit von der<br />

gewählten Oberfläche. Beim epitaktischen Wachstum von (Si,Ge) mittels Flüssigphasenepitaxie<br />

(Si-Ge-Bi Lösung) auf einer (001)-orientierten Fläche kommt es zur Bildung von<br />

vierzähligen selbstorganisierten Pyramiden mit {111}-Flächen. Wird die (011)-orientierte


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 51<br />

Abbildung 4.2: Mittels Flüssigphasenepitaxie gewachsene Si1−xGex-Insel auf (001) Si-<br />

Substrat<br />

a) Schematische Darstellung einer Si1−xGex-Insel mit {111}-Seitenflächen und einer<br />

(001)-Deckfläche, ω ist die Basisbreite und h die Inselhöhe<br />

b) TEM-Hellfeldabbildung einer Si1−xGex-Inseln in [100]-Einstrahlrichtung;<br />

b) Inset: Beugungsbild in [100]<br />

c) TEM-Hellfeldabbildung einer Si1−xGex-Inseln in [110]-Einstrahlrichtung;<br />

c) Inset Beugungsbild in [110]<br />

Rhombendodekaederfläche als Substratoberfläche genutzt, befinden sich auf der Oberfläche<br />

nach dem Selbstorganisationsprozess Strukturen mit einer Pyramide mit {111}<br />

und {110} Seitenflächen. Scheidet man (Si,Ge) auf der (111)-orientierten Oktaederfläche<br />

ab, so bildet sich eine verspannte zweidimensionale Schicht [Alb96].<br />

Bei der Kristallisation von (Si,Ge) aus einer siliziumgesättigten und germaniumangereicherten<br />

Si-Ge-Bi Lösung mittels Flüssigphasenepitaxie entstehen auf einem (001)-orientierten<br />

Si-Substrat selbstorganisierte pseudomorph verspannte Si1−xGex-Inseln mit {111}-<br />

Seitenfacetten und einer (001)-Deckfläche (siehe Skizze in der Abb. 4.2 a). Die Abbn. 4.2 b<br />

und c zeigen exemplarisch TEM-Aufnahmen von Si1−xGex-Inseln mit unterschiedlichen<br />

Querschnittsrichtungen, aufgenommen am TEM Hitachi H-8110 (Daten: siehe Anhang A).<br />

Für diese Aufnahmen wurden die Proben zuerst so orientiert, dass der Primärstrahl parallel<br />

zu einer vorpräparierten hochsymmetrischen Zonenachse liegt. Anschließend wurde der<br />

Hellfeldmodus durch das Setzen einer Kontrastblende um den Primärstrahl eingestellt.<br />

Hierbei wird der störende Einfluss durch die zusätzlich angeregten Beugungsreflexe beseitigt<br />

und der Bildkontrast somit erhöht. Das Inset in der oberen linken Ecke der Abb. 4.2 b


52<br />

zeigt das indizierte Beugungsbild bei einer Einstrahlung des Elektronenstrahls in [100].<br />

Die parallel zu den Inselkanten verlaufendenen dunklen Säume sind dickenabhängige Extinktionslinien<br />

(siehe Abschn. 3.2.2). Bei der in Abb. 4.2 c gewählten Primäreinstrahlrichtung<br />

parallel zum [110]-Zonenpol treten die kinematisch verbotenen 002 Reflexe auf (vgl.<br />

Inset). Kinematisch erlaubt sind die folgenden Reflexe:<br />

<br />

h + k + l = 4n , n = 0, 1, 2, . . . & alle Indizes gerade<br />

Fhkl = 0 für<br />

. (4.3)<br />

h, k, l = 0 & alle Indizes ungerade<br />

Die Anregung der 002 Reflex geschieht in 〈110〉 mittels dynamischer Anregung über die<br />

111-Reflexe (111 + 111 = 002). Wie in Abb. 4.2 b trägt auch in der Abb. 4.2 c nur der<br />

Primärstrahl zur Bildgebung bei. Aus dieser Hellfeldaufnahme kann direkt das Verhältnis<br />

zwischen der Inselbasisbreite ω und der Höhe h gebildet werden. Dieses so genannte<br />

Aspektverhältnis ω beträgt bei allen in dieser Arbeit untersuchten auf (001)-orientierten<br />

h<br />

Si-Substrat gewachsenen Si1−xGex-Inseln ≈ 2. Dies ist eine gute Übereinstimmung mit<br />

den Untersuchungsergebnissen von [Dor98a, Sch98, Han04, Han92].<br />

Abbildung 4.3: TEM-Hellfeldabbildungen<br />

von in Draufsicht präparierten Si1−xGex-<br />

Inseln auf (001)-orientiertem Si-Substrat.<br />

a) Exemplarische Übersichtsaufnahme von<br />

Inseln mit einer Basisbreite ω ≈ 85 nm<br />

(blaue bzw. orange Rechtecke kennzeichnen<br />

die Kettenbildung in 〈100〉 bzw. 〈010〉);<br />

a) Inset: Beugungsbild in [001].<br />

b) Vergrößerte Abbildung einer Insel mit<br />

einer Basisbreite von ω ≈ 85 nm.<br />

c) Vergrößerte Abbildung einer Insel mit<br />

einer Basisbreite von ω ≈ 400 nm.<br />

Die Abbn. 4.3 a-c zeigen plan-view TEM-Hellfeldabbildungen von Si1−xGex-Inseln (aufgenommen<br />

am Hitachi H-8110). Bei diesen Aufnahmen wurden die planaren Proben anhand<br />

des Beugungsbildes so ausgerichtet, dass der Elektronenstrahleinfall parallel zum [001]-<br />

Zonenpol verläuft (siehe Inset von Abb. 4.3 a). In der Übersichtsaufnahme (Abb. 4.3 a)<br />

erkennt man die Bildung von Inselketten entlang 〈100〉 und 〈010〉. Ursache für diese An-


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 53<br />

ordnung der Inseln ist die mit der Schichtdicke zunehmende sinusoidale Verwellung der<br />

Schichtoberfläche (Ripplemuster). Dabei wird das Gitter in den Bereichen der Maxima<br />

aufgeweitet und begünstigt somit das Aufwachsen der dreidimensionalen Si1−xGex-Inseln.<br />

In den Tälern kommt es zu einer Komprimierung des Gitters. Da der Einfluss der Verzerrungsenergie<br />

in Richtung 〈110〉 weiter reicht als in 〈100〉 ordnen sich die Maxima bzw.<br />

die Inseln in Ketten entlang 〈100〉 an. Die Abb. 4.3 a zeigt deutlich die Kettenbildung in<br />

〈100〉 bzw. 〈010〉, welche durch die blauen bzw. orangefarbigen Rechtecke gekennzeichnet<br />

sind.<br />

4.2.1 Abschätzung der Germaniumkonzentration<br />

bei großen Si1−xGex-Inseln<br />

Bei Abbildungen unter der oben beschriebenen Bedingung für planare Proben ist deutlich<br />

die vierzählige Symmetrie der Objekte zu erkennen (vgl. Abb. 4.3 b und c). Das Muster<br />

ist abhängig von der Inselgröße und spiegelt den Verzerrungszustand innerhalb der Insel<br />

wider. Bei sehr großen Inseln, wie z.B. die Insel der Abb. 4.3 c, kann das Muster für eine<br />

grobe Abschätzung der Germaniumkonzentration benutzt werden. Die konzentrischen<br />

Rechtecklinien entsprechen den Pendellösungsstreifen.<br />

Abbildung 4.4: Blochwellensimulation der Nullstrahlintensität bei unverspanntem Silizium<br />

und Germanium (Primärstrahl parallel [001]; TEM: Hitachi H-8110 (siehe Anhang A);<br />

Bei den Simulationen wurden jeweils 50 angeregte Reflexe berücksichtigt.)<br />

Für die Konzentrationsbestimmung wurde die Periodizität der Streifen mit denen von<br />

simulierten Intensitätsverläufen verglichen. Die Abb. 4.4 zeigt die mittels Blochwellensimulation<br />

berechneten Intensitäten des 000 Reflexes für reines unverspanntes Silizium und<br />

Germanium bei einem Primärstrahleinfall parallel [001]. Die Simulationen ergeben für das


54<br />

Abbildung 4.5: Exemplarische Auswertung des Hellfeldprofils einer Si1−xGex Insel.<br />

Hitachi H-8110 Transmissionselektronenmikroskop die folgenden Extinktionslängen:<br />

für Silizium : ξ000 Si,P S||[001]<br />

für Germanium : ξ000 Ge,P S||[001]<br />

= 31, 875 nm<br />

= 24, 063 nm<br />

Die Abb. 4.5 zeigt die Auswertung des Hellfeldmusters einer 400 nm großen Insel anhand<br />

eines Grauwertprofils. Da die geometrischen Ausmaße der Insel bekannt sind, konnte aus<br />

dem Profil ein Zusammenhang zwischen der Hellfeldintensität und der Probendicke berechnet<br />

werden. Die berechnete Periodizität bzw. Extinktionslänge beträgt ∆ = 30, 5 nm.<br />

Geht man von einem linearen Zusammenhang zwischen den Extinktionslängen der reinen<br />

Elemente aus und setzt ein unverspanntes Gebiet voraus, so ergibt sich für die Insel mit<br />

∆ = 30, 5 nm eine Germaniumkonzentration von ca. ≤ 17, 6 %.<br />

Wie in einem späteren Abschnitt (Abschn. 4.3.2) noch diskutiert wird, kann ein vollständig<br />

relaxiertes Gebiet im oberen Inselbereich angenommen werden. In den unteren Bereichen<br />

dominieren die verspannten Gebiete und überlagern das Profil der Pendellösungslinien.<br />

Daher können die Randbereiche von großen Inseln und kleinen Inseln mittels Grauwertprofilanalyse<br />

in Bezug auf die Zusammensetzung nicht ausgewertet werden.


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 55<br />

4.2.2 Abschätzung der Germaniumkonzentration anhand<br />

der Inselgröße<br />

Die einfachste und schnellste Möglichkeit zur Abschätzung der Germaniumkonzentration<br />

innerhalb einer Si1−xGex-Insel ist die Berechnung nach dem von Dorsch [Dor98] aufgestellten<br />

Zusammenhang zwischen dem Ge-Gehalt x und der Inselbasislänge ω in nm.<br />

x ≈ 5, 71 · ω −0,54<br />

(4.4)<br />

Zu bemerken sei hier, dass Dorsch die Germaniumkonzentration x anhand der LPE-<br />

Einwaageparameter für Germanium bestimmt hat. Eine ähnliche Beziehung konnte von<br />

M. Gao [Gao94] mittels Monte-Carlo-Simulationen gefunden werden.<br />

x ≈ 4, 29 · ω −0,50<br />

(4.5)<br />

Die Abweichung zwischen beiden Methoden ist für ω = 8711 nm am kleinsten, die daraus<br />

resultierende Unsicherheit für die Konzentration beträgt |∆x = 0, 0034|. Die in dieser<br />

Arbeit gemessene maximale Inselbasisbreite liegt bei ca. 400 nm, die Abweichung ist<br />

in diesem Fall |∆x = 0, 01|. Für kleine Inseln nimmt die Differenz der Konzentrationsabschätzungen<br />

nach Glg. 4.4 und Glg. 4.5 zu.<br />

Probennr. ω x x<br />

(n. Glg. 4.4) (n. Glg. 4.5)<br />

1078 422 ± 44 nm 0, 2183 ± 0, 0123 0, 2088 ± 0, 0109<br />

1082 129 ± 11 nm 0, 4139 ± 0, 0191 0, 3777 ± 0, 0161<br />

1090 129 ± 16 nm 0, 4139 ± 0, 0277 0, 3777 ± 0, 0234<br />

1005 92 ± 9 nm 0, 4968 ± 0, 0262 0, 4473 ± 0, 0219<br />

Tabelle 4.1: Grobe Konzentrationsabschätzungen der in dieser Arbeit untersuchten<br />

Si1−xGex-Inseln anhand der Inselbasisbreite ω.<br />

Wie aus der Tab. 4.1 zu entnehmen ist, steigt der Germaniumgehalt pro Volumenelement<br />

innerhalb der Insel mit abnehmender Inselgröße.


56<br />

4.3 Verspannungszustände innerhalb der Inseln<br />

Um die Entstehung von mittels LPE gewachsenen Si1−xGex-Inseln besser verstehen zu<br />

können, reichen die Aussagen über die geometrischen Ausmaße nicht aus. Wichtig ist<br />

ein Erkenntnisgewinn bezüglich der Eigenschaften innerhalb der Insel. Ein Verfahren zur<br />

Analyse des Verspannungszustandes ist die Streuung mit Röntgenstrahlen, bei dem die<br />

Messung im reziproken Raum erfolgt. Die Auswertung erfordert meist einen Vergleich von<br />

simulierten und experimentellen Aufnahmen [Sch02a, Han04, Han04b, Han04c, Gri03,<br />

Sch02, Mog01]. Einen direkten ortsaufgelösten Zugang zur Analyse der Verspannungszustände<br />

innerhalb einer Insel bietet die Hochauflösungstransmissionselektronenmikroskopie<br />

(HRTEM). Um eine Quantifizierung der Zusammensetzung vornehmen zu können,<br />

kommt auch dieses Verfahren nicht ohne Simulation aus.<br />

4.3.1 Methode der finiten Elemente (FEM)<br />

Die für den Vergleich von experimentellen und simulierten HRTEM-Aufnahmen benötigten<br />

Modelle wurden mit der Methode der finiten Elemente (FEM), einem Verfahren zur<br />

Lösung von elliptischen partiellen Differentialgleichungen, erstellt. Diese Methode ist besonders<br />

gut geeignet für Probleme mit komplizierter Geometrie und mit variablen Materialeigenschaften.<br />

FEM kann zur Lösung vieler physikalischer Problemstellungen eingesetzt<br />

werden. Unter anderem wird das Verfahren zur Beschreibung des Verhaltens von elastischen<br />

Kontinua benutzt. Bei solchen Problemstellungen, wie sie auch bei den Si1−xGex/Si-<br />

Inseln bestehen, liefert die Lösung der Differentialgleichungen das Deformationsverhalten<br />

und die Verspannungszustände des Festkörpers unter dem Einfluss von äußeren Kräften<br />

[Chr97, Han02].<br />

Der Grundansatz dieses Verfahrens besteht in der Zerlegung des Gesamtkörpers in kleine<br />

endliche Teilkörper - den finiten Elementen. Die finiten Elemente sind durch Knotenpunkte<br />

miteinander verknüpft. Innerhalb der finiten Teilkörper werden n Ansatzfunktionen<br />

für die gesuchte Lösung definiert. Diese Ansatzfunktionen unterliegen, aufgrund von<br />

physikalischen und mathematischen Gründen, bestimmten Stetigkeitsbedingungen beim<br />

Übergang von einem Teilelement ins benachbarte. So muss beispielsweise die Verschiebung<br />

eines zusammenhängenden Körpers bei solch einem Übergang von einem finiten Element<br />

zum anderen stetig sein, da ansonsten die Kontinuität des Materials nicht gewährleistet<br />

ist. Um eine eindeutige Lösung der Differentialgleichungen zu erhalten, müssen noch<br />

zusätzliche Randbedingungen gegeben werden. Um die interessierenden Größen ableiten<br />

zu können, muss zum Schluss ein großes Gleichungssystem resultierend aus den partiellen<br />

Differentialgleichungen und den Randbedingungen gelöst werden.<br />

In dieser Arbeit wurde die FE-Methode genutzt, um Erkenntnisse zu Abhängigkeiten<br />

zwischen dem Verspannungszustand von Si1−xGex/Si-Inseln und deren chemischen Zusammensetzung<br />

gewinnen zu können. Die FEM-Simulation wurde von M. Hanke vorgenommen<br />

[Han02]. Die simulierten Inseln wurden von ihm bereits für die Auswertung von


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 57<br />

diffusen Röntgenbeugungsbildern genutzt.<br />

Die FE-Simulation für die Si1−xGex-Inseln auf Si-Substrat erfolgte in fünf Schritten<br />

[Han02]:<br />

1. Definition der äußeren Geometrie der Insel und anschließende Unterteilung des Inselkörpers<br />

in Kuboide mit acht Verbindungsknoten.<br />

2. Festlegung der Randbedingungen durch Bestimmung der Verschiebungen u (r) in<br />

den Knoten. Durch diese Definition werden nur die erlaubten Relaxationsrichtungen<br />

des Systems vorgegeben.<br />

(a) Die unterste Knotenlage des Substrats wird in allen drei Raumrichtungen fixiert,<br />

d.h. u (x, y, z) = 0.<br />

(b) An den Substratseiten sind nur Verschiebungen in z-Richtung (Wachstumsrichtung<br />

[001]) erlaubt, d.h. ux (x, y, z) = 0 und uy (x, y, z) = 0.<br />

3. Aufstellung der Kräftegleichgewichtsgleichungen für jeden Knoten.<br />

4. Ermittlung der Knotenverschiebungspunkte u (r) aus dem unter (3.) aufgestellten<br />

Kräftegleichungssystem und der Tatsache, dass in Gleichgewichtszuständen die potentielle<br />

Energie minimal ist. Die potentielle Energie ist die Summe aus der inneren<br />

Verzerrungsenergie und dem Potential der aufgebrachten äußeren Kräfte.<br />

5. Vollständige Bestimmung des Spannungs- und Deformationstensors aus den Knotenverschiebungen.<br />

Die geometrischen Abmessungen der Modellinseln sind ω = 130 nm für die Basislänge<br />

und h = 65 nm, für die sich aus dem Aspektverhältnis von ω = 2 · h ergebene Inselhöhe.<br />

Die Substrattiefe beträgt s = 70 nm.


58<br />

4.3.2 qHRTEM - Charakterisierung von Verzerrungsfeldern<br />

mittels Analyse von HRTEM-Abbildungen<br />

Die Ergebnisse der FEM-Rechnungen sollen nun genutzt werden, um aus ihnen HRTEM-<br />

Abbildungen der Inseln simulieren zu können. Diese sollen dann hinsichtlich enthaltener<br />

Gitterverzerrungen ausgewertet werden. Damit die Auswertung der mittels FEM simulierten<br />

Inseln möglich ist, muss der Datensatz, den man aus den FEM-Simulationen enthält,<br />

noch etwas modifiziert werden.<br />

Der FEM-Datensatz enthält die Positionen der Knotenpunkte der finiten Elemente. Diese<br />

Datenmenge ist für die anschließenden Rechnungen viel zu groß, deshalb muss diese auf<br />

ein handhabbares Maß reduziert werden. Für die Auswertung wurde eine Superzelle aus<br />

der Mitte der FEM-Insel mit den folgenden Parametern gewählt:<br />

in Wachstumsrichtung [001] : 80 nm<br />

[110] : 5 nm (4.6)<br />

in Elektronenstrahlrichtung 110 <br />

: 4 Monolagen (ML)<br />

Da für die Verzerrungsfeldanalyse ein unverspanntes Gebiet zum Erstellen eines Referenzgitters<br />

benötigt wird, wurden die Superzellen so definiert, dass der untere Teil einer jeden<br />

Superzelle unverspanntes Silizium-Substrat enthält. Innerhalb der finiten Elemente der<br />

Superzelle wurden die Atompositionen unter Berücksichtigung der Knotenverschiebungen<br />

berechnet. Anschließend erfolgte eine Dekoration der Atompositionen mit Germaniumbzw.<br />

Siliziumatomen nach dem Urnenprinzip. Die Konzentrationen für die jeweiligen Bereiche<br />

wurden durch das Inselmodell bzw. durch die FEM-Rechnung vorgegeben. Man<br />

erhält einen modifizierten Datensatz, welcher in das Programm jems zur Berechnung von<br />

HRTEM-Abbildungen mittels dem Multi-Slice-Verfahren (siehe 3.2.2) eingegeben wurde.<br />

Die Eingabeparameter für die HRTEM-Simulation waren die Mikroskopdaten des TEM<br />

<strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG (siehe Anhang A). Das simulierte HRTEM-Bild wurde anschließend<br />

mittels DALI (siehe Abschnitt 3.3.1 zur ” Peak finding“-Methode) ausgewertet.<br />

Berechnung des Verzerrungsfeldes<br />

Die Schritte zum Erhalten des Verzerrungsfeldes in [001]-Richtung aus den simulierten<br />

HRTEM-Abbildungen sollen hier exemplarisch an der HRTEM-Abbildung in Abb. 4.6 b<br />

erklärt werden. Bevor mit der Auswertung begonnen wird, werden die HRTEM-Bilder<br />

aus Gründen der Übersichtlichkeit so orientiert, dass die (002)- und die dazu senkrecht<br />

liegenden 110 -Netzebenen horizontal bzw. vertikal verlaufen.<br />

Innerhalb eines ausgewählten Bildausschnitts werden die Positionen der lokalen Intensitätsmaxima<br />

grob bestimmt. Die genaue Bestimmung der Lage aller Helligkeitsmaxima<br />

geschieht im Subpixelbereich. Dabei wird eine intensitätsgewichtete Schwerpunktanalyse<br />

aller Bildpunkte in der Umgebung eines jeden Maximalwertes durchgeführt. Die lokalen<br />

Intensitätsmaxima des zweidimensionalen Feldes werden durch eine Schar von (002)- und


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 59<br />

Abbildung 4.6: Gewinnung des Verzerrungsfeldes uz (r) aus HRTEM-Abbildungen [Sch05]<br />

a) Durch die FEM-Simulation vorgegebene Germaniumverteilung in der Superzelle (40 nm<br />

Si-Substrat und 60 nm Insel, mit einer homogenen Germaniumverteilung von 20 at.%).<br />

b) Mittels Multi-Slice-Methode simulierte HRTEM-Abbildung der unter a) dargestellten<br />

Germaniumverteilung.<br />

c) Verzerrungsfeld uz (r) in Wachstumsrichtung [001].<br />

d) Farbcodierte Darstellung des Verzerrungsfeldes uz (r).<br />

den senkrecht dazu liegenden 110 -Netzebenen miteinander verbunden. Jedes Maximum<br />

liegt auf einem Kreuzungspunkt von zwei Netzebenen. Den Maximalwerten werden die<br />

Koordinaten (i,j) zugeordnet, sie entsprechen den Indizes der sich an dem Ort des Maximum<br />

kreuzenden Netzebenen (vgl. grauer Gitterpunkt in der Abb. 4.7). Für die Verzerrungsfeldanalyse<br />

wird ein Referenzgitter benötigt, welches im unverspannten Si-Substrat<br />

gewählt wird. Da nicht nur das Si-Substrat die (Si,Ge)-Einheitszellen in der Insel verspannt,<br />

sondern auch das Inselmaterial eine Verspannung im Substrat verursacht, sollte<br />

das Referenzgebiet so weit wie möglich vom Substrat-Insel-Übergang entfernt definiert<br />

werden. Das aus dem Referenzbereich gemittelte Gitter wird über das gesamte Auswertungsgebiet<br />

extrapoliert. Die Netzebenen des Referenzgitters werden wie das reale Gitter<br />

durchnummeriert.<br />

Da die hier betrachteten Gitteränderungen relativ klein sind, ist es einfacher statt des<br />

lokalen Gitterparameters aij die auf kleine Änderungen sensitiver reagierende kumula-


60<br />

tive Summe von Abweichungen uij gegenüber einem festen Referenzgitter mit bekanntem<br />

Gitterparameter aREF zu betrachten (vgl. Abb. 4.8).<br />

Abbildung 4.7: Verschiebungsvektor uij einer<br />

individuellen Atomsäulenposition (i,j)<br />

(grau) im Vergleich zu der Position des (i,j)-<br />

Referenzgitters (blau).<br />

Das zweidimensionale ortsabhängige Verzerrungsfeld<br />

u (r) ist durch die einzelnen<br />

Verschiebungsvektoren uij gegeben. Der Verschiebungsvektor<br />

uij eines Gitterpunktes<br />

( Pij) ist durch die Vektorsubtraktion von<br />

dem jeweils entsprechenden Referenzgitterpunkt<br />

( Rij) gegeben (siehe Abb. 4.7):<br />

uij = Rij − Pij<br />

(4.7)<br />

Bei der Verzerrungsfeldanalyse mittels dem<br />

DALI-Programm werden die Verschiebungsvektoren<br />

in parallel zu den Gitterlinien liegende<br />

Komponenten zerlegt (siehe Abb. 4.7).<br />

uij = u ⊥ ij + u <br />

ij<br />

(4.8)<br />

Die Abb. 4.6 c zeigt das zweidimensionale<br />

u ⊥ ij = uz (r)-Komponentenfeld, welches die<br />

Verzerrung der (Si,Ge)-Einheitszellen in<br />

Wachstumsrichtung [001] gegenüber dem<br />

Referenzgitter verdeutlicht. Zur besseren<br />

Visualisierung der Verzerrung wird die farbcodierte Darstellung des zweidimensionalen<br />

Verschiebungsfeldes gewählt (siehe Abb. 4.6 d).<br />

Für die Auswertung des Verschiebungsfeldes u ⊥ (r) in Wachstumsrichtung [001] werden<br />

alle Positionen der lokalen Maxima einer (002)-Netzebene in 110 gemittelt. Der statistische<br />

Fehler ergibt sich aus den Abweichungen der Maximapositionen vom berechneten<br />

Mittelwert. Mit dieser Vorgehensweise erhält man eine eindimensionale Darstellung der<br />

kumulativen Summe in Abhängigkeit von den (002)-Netzebenen (siehe exemplarisch die<br />

Abb. 4.9 a).<br />

Die Abb. 4.8 verdeutlicht, dass es einfacher ist, für die quantitative Auswertung eines<br />

Verschiebungsfeldes den Gradienten zu betrachten. Die Abb. 4.9 b zeigt exemplarisch die<br />

Ableitung für das in Abb. 4.9 a gegebene eindimensionale Verschiebungsfeld.<br />

Die graphische Darstellung der Ableitung enthält gegenüber der einfachen kumulativen<br />

Summe mehr Informationen zum Relaxations- und Dilatationsprozess des Materials (vgl.<br />

Abb. 4.9). Im Bereich des Referenzgebietes beträgt der Gitterparameter ai = aREF , somit<br />

ist die Ableitung nach der Glg. 4.10 Null. Die abrupte Konzentrationsänderung an der<br />

Grenzfläche zwischen dem Si-Substrat und der Si1−xGex-Insel ist in der Ableitung


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 61<br />

Abbildung 4.8: Skizzenhafte Darstellung zur Auswertung von kleinen Gitterparameterunterschieden.<br />

a) Kumulative Summe von Abweichungen: Die Gitterparameter aREF des Referenzgitters<br />

Σ (blau) werden mit dem Gitterparameter a ′<br />

i des realen Systems Σ ′<br />

(rot) verglichen. Die<br />

ortsabhängige Komponente des Verschiebungsvektors ui berechnet sich als Differenzvektor<br />

zwischen den Gitterpunkten des Systems Σ und Σ ′<br />

wie folgt:<br />

u1 = a ′<br />

<br />

1 − aREF , u2 = a ′<br />

1 + a ′<br />

<br />

2 − 2 · aREF , . . .<br />

<br />

n<br />

un = a ′<br />

<br />

j − n · aREF . (4.9)<br />

j=1<br />

b) Aus dem Gradienten ∆u des Verlaufs der kumulativen Summe u (z) innerhalb eines<br />

∆z<br />

Intervalls von ∆z-Netzebenen kann direkt die Verzerrung jeder einzelnen Einheitszelle<br />

(rot) gegenüber der Referenzeinheitszelle (blau) in z-Richtung berechnet werden. Es gilt:<br />

Ableitung: y = ∂u ∆u<br />

=<br />

∂z ∆z = un+1 − un<br />

= un+1 − un<br />

zn+1 − zn<br />

<br />

n+1<br />

= a ′<br />

n<br />

j − a ′<br />

<br />

j − [(n + 1) − n] · aREF = a ′<br />

n+1 − aREF . (4.10)<br />

j=1<br />

j=1<br />

Durch den direkten Zugang zur relativen Verschiebung mittels der Ableitung basieren die<br />

quantitativen Betrachtungen von Verschiebungsfeldern in dieser Arbeit auf der Auswertung<br />

des jeweiligen Gradientenfeldes.


62<br />

Abbildung 4.9: Betrachtung von gemittelten kumulativen Verschiebungsfeldern.<br />

a) Profil der kumulativen Summe von Abweichungen u (z).<br />

b) Ableitung der unter a) abgebildeten Funktion u (z) nach dem Ort z. In dem gelb markierten<br />

Gebiet werden die Siliziumzellen des Substrats in Wachstumsrichtung gestaucht.<br />

Im blauen Bereich findet eine Relaxation der Inselzellen statt.


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 63<br />

(Abb. 4.9 a) deutlich an dem Sprung von ymin nach ymax zu erkennen. Aus der Differenz<br />

ymax − ymin kann die Germaniumkonzentration ermittelt werden, der dafür notwendige<br />

Zusammenhang zwischen Sprunghöhe und Konzentration wird anhand von simulierten<br />

Inseln im Abschnitt 4.3.3 hergeleitet. Direkt unterhalb der Grenzfläche ist die Ableitung<br />

negativ (a ⊥ Si < a⊥ REF<br />

), da die Einheitszellen des Substrats in Wachstumsrichtung [001]<br />

unter dem Einfluss des Inselmaterials (aSi,Ge > aSi) gestaucht werden. Im Inselbereich<br />

relaxiert das Material in Richtung der freien Oberfläche. Der Relaxationsprozess in [001]<br />

kann durch die mathematische Funktion<br />

y (z) = A · e −βz + y0<br />

(4.11)<br />

approximiert werden. So wird die vollständige Relaxation der Einheitszellen weit entfernt<br />

vom Substrat-Insel-Übergang durch die Grenzwertbetrachtung mit z → ∞ beschreiben.<br />

β>0<br />

lim y (z) = y0 = ymax −<br />

z→∞ arelax<br />

(Si,Ge) − aREF<br />

2<br />

(4.12)<br />

Der Wert y0 ist gegeben durch die Differenz zwischen der Gitterkonstanten des relaxierten<br />

Gitters a relax<br />

(Si,Ge) und der des Referenzgitters aREF . Wenn man im oberen Bereich der Insel<br />

die Annahme der vollständigen Relaxation trifft, so kann die Konzentration in diesem<br />

Bereich mit der Funktion 4.11 berechnet und aus dem Graphen der Ableitung selbst<br />

entnommen werden. Die Konzentration xrelax des relaxierten Gitters berechnet sich dann<br />

wie folgt (aREF = aSi):<br />

xrelax = 2 ymax − y0<br />

aGe − aSi<br />

Hier ist ymax, wie in der Abb. 4.9 b gezeigt, der Ableitung zu entnehmen.<br />

4.3.3 Verschiedene Inselmodelle<br />

(4.13)<br />

Im Folgenden sollen nun zwei simulierte Inselmodelle mit unterschiedlichem Konzentrationsverhalten<br />

und bekanntem Germaniumgehalt anhand ihres Verspannungsfeldes ausgewertet<br />

werden.<br />

Inselmodell 1: Homogene Germaniumverteilung<br />

Zu Beginn soll die einfachste Modellvorstellung einer Si1−xGex-Insel mit einer homogenen<br />

Germaniumverteilung betrachtet werden. Ausgewertet wurden Inseln mit verschiedenen<br />

Konzentrationen: 20 at.%, 30 at.%, 35 at.% und 40 at.% Germanium. Die Graphen in<br />

der Abb. 4.10 sind die Ableitungen der kumulativen Summe der Verschiebungsvektoren<br />

für die verschiedenen Konzentrationen. Die Funktionen zeigen das für dieses Materialsystem<br />

typische Verhalten, welches sich durch die Kompression des Siliziumgitters direkt<br />

unterhalb der Si1−xGex-Insel und der Dilatation mit anschließendem Relaxationsprozess<br />

der Einheitszellen innerhalb der Insel auszeichnet.


64<br />

Abbildung 4.10: Änderung der (002)-Netzebenenabstände in Abhängigkeit von der Inselhöhe<br />

(z) für Si1−xGex-Inseln mit unterschiedlicher homogener Germaniumverteilung x.<br />

In der Tab. 4.2 sind die Ergebnisse der Auswertungen der einzelnen Ableitungen aufgeführt.<br />

Sie enthält zum einen die Differenz ∆y = ymax − ymin, welche sich durch eine<br />

direkte Proportionalität zur Germaniumkonzentration x auszeichnet. Diese Abhängigkeit<br />

wird in der Abb. 4.11 gezeigt. Durch lineare Regression unter Berücksichtigung des statistischen<br />

Fehlers ±0, 0002 für ∆y lässt sich der Zusammenhang zwischen ∆y und x wie<br />

folgt beschreiben:<br />

∆y = w · x + v (4.14)<br />

mit : w = (0, 01781 ± 0, 00135) nm<br />

v = (0, 00049 ± 0, 00043) nm .<br />

Zum anderen beinhaltet die Tab. 4.2 die Parameter zur Beschreibung des Relaxationsprozesses<br />

(nach Glg. 4.11). Die mittels der Formel 4.13 gefundenen Werte für das vollständig<br />

relaxierte Gitter stimmen sehr gut im Rahmen der Fehler mit den Ausgangskonzentrationen<br />

der Simulation überein. Die gleiche Vorgehensweise kann genutzt werden, um den<br />

Relaxationsgrad zu errechnen. So stellt man fest, dass die hier simulierten Inseln nicht den<br />

Zustand der vollständigen Relaxation erreichen. Der Relaxationsgrad der Inseln beträgt<br />

82 % für die x = 0, 20 und 73 % für x = 0, 40.


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 65<br />

x ymin, ymax, ∆y y (z) = A · e −βz + y0 xrelax (Glg. 4.13)<br />

ymin = (−0, 00065 ± 0, 0001) nm A = (0, 00988 ± 0, 00079) nm<br />

0,20 ymax = (0, 00342 ± 0, 0001) nm β = 0, 00931 ± 0, 00062 0, 1991 ± 0, 0108<br />

∆y = (0, 00407 ± 0, 0002) nm y0 = (0, 00116 ± 0, 00007) nm<br />

ymin = (−0, 00125 ± 0, 0001) nm A = (0, 00634 ± 0, 00010) nm<br />

0,30 ymax = (0, 00519 ± 0, 0001) nm β = 0, 00808 ± 0, 00038 0, 2952 ± 0, 0113<br />

∆y = (0, 00581 ± 0, 0002) nm y0 = (0, 00184 ± 0, 00008) nm<br />

ymin = (−0, 00101 ± 0, 0001) nm A = (0, 01556 ± 0, 00059) nm<br />

0,35 ymax = (0, 00571 ± 0, 0001) nm β = 0, 00872 ± 0, 00032 0, 3445 ± 0, 0108<br />

∆y = (0, 00672 ± 0, 0002) nm y0 = (0, 00180 ± 0, 00007) nm<br />

ymin = (−0, 00081 ± 0, 0001) nm A = (0, 01594 ± 0, 00076) nm<br />

0,40 ymax = (0, 00682 ± 0, 0001) nm β = 0, 00785 ± 0, 00044 0, 4115 ± 0, 0152<br />

∆y = (0, 00763 ± 0, 0002) nm y0 = (0, 00215 ± 0, 00014) nm<br />

Tabelle 4.2: Untersuchungsergebnisse der in der Abb. 4.10 gezeigten Ableitung für FEMsimulierte<br />

Si1−xGex-Inseln mit einer homogenen Germaniumverteilung x. Der Konzentrationssprung<br />

am Substrat-Insel-Übergang wird durch ∆y = ymax − ymin charakterisiert.<br />

Die Parameter A, β und y0 beschreiben nach Glg. 4.11 den Relaxationsprozess. Aus y0<br />

und ymax ergibt sich der Konzentrationswert xrelax für das vollständig relaxierte Gitter.<br />

Inselmodell 2: Konzentrationssprung bei 1/3 der Inselhöhe<br />

Das zweite Modell besteht aus zwei Inselbereichen mit homogener Germaniumverteilung,<br />

deren horizontal verlaufende Grenzfläche bei 1/3 der Inselhöhe liegt. In der Dissertationsarbeit<br />

von M. Hanke [Han02] wird dieses Modell favorisiert, da es die beste Übereinstimmung<br />

beim Vergleich von simulierten Abbildungen der diffus gestreuten Intensitäten<br />

in der Nähe des 004 Reflexes mit denen experimenteller Intensitäten um den 004 Reflex<br />

zeigt.<br />

Die Abb. 4.12 zeigt exemplarisch die Ableitung eines Verschiebungsfeldes einer FEMsimulierten<br />

Si1−xGex-Insel mit einem abrupten Konzentrationssprung bei einem Drittel<br />

der Inselhöhe. Bis zur ca. 100. (002)-Netzebene ist das Funktionsverhalten vergleichbar<br />

mit den im ersten Fall betrachteten Inseln mit vollständiger homogener Germaniumvertei-


66<br />

Abbildung 4.11: Graphischer Zusammenhang zwischen der Germaniumkonzentration x<br />

und der sprunghaften Zunahme des Verschiebungsvektors um ∆y am Übergang vom Substrat<br />

zur Insel.<br />

lung (Inselmodell 1). Nach dem ersten Maximum (ymax) beginnt der Relaxationsprozess<br />

I, welcher durch den oberen Inselbereich mit xI = xII beeinflusst wird. Mit xI < xII<br />

erfährt das Gitter der Si1−xI GexI -Schicht direkt unterhalb des Bereichs II mit xII eine<br />

Kompression in Wachstumsrichtung (vgl. Abb. 4.12 gelber Bereich). Die anschließende<br />

Dilatation des Si1−xII GexII -Gitters und der Relaxationsprozess II stehen in Wechselwirkung<br />

mit dem Relaxationsprozess I.<br />

Ausgewertet wurden zwei Inseln mit dem oben beschriebenen Zusammensetzungsverhalten<br />

(1. Insel: xI = 0, 20 → xII = 0, 30; 2. Insel: xI = 0, 25 → xII = 0, 30). Die Tabelle<br />

4.3 enthält die anhand der Ableitungen gemessenen Werte. Die Parameter AI,II, βI,II<br />

und y0,I,II beschreiben die Relaxationsprozesse, wobei y0,I,II nach Glg. 4.13 genutzt wird,<br />

um die Germaniumkonzentration des relaxierten Gitters auszurechnen. Vergleicht man<br />

die Ergebnisse dieser Rechnung mit den Ausgangskonzentrationen, so stellt man einen<br />

großen Unterschied zwischen diesen Werten fest. Zum einen liegt das an der auf diesem<br />

Weg nicht beschreibbaren Wechselwirkung zwischen den beiden Relaxationsprozessen.<br />

Zum anderen ist der Bereich I sehr klein, so dass die Ergebnisse der Interpolation für<br />

den Relaxationsprozess I unzureichend sind. Im Gegensatz dazu erhält man aus den Differenzen<br />

ymax,I,II − ymin,I,II unter Benutzung der Glg. 4.14 Konzentrationen, welche im<br />

Rahmen ihrer Fehler gut mit den Ausgangswerten x übereinstimmen. Aus ymax,II −ymin,II<br />

wird der Konzentrationsunterschied zwischen den zwei Inselbereichen berechnet. Durch<br />

Summation der aus den Sprüngen ermittelten Konzentrationen erhält man den absoluten<br />

Germaniumanteil im oberen Inselbereich.


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 67<br />

Abbildung 4.12: Exemplarische Betrachtung der Ableitung eines Verschiebungsfeldes einer<br />

FEM-simulierten Si1−xGex-Insel mit einem abrupten Konzentrationssprung bei ein Drittel<br />

der Inselhöhe. Im unteren Drittel liegt eine homogene Germaniumverteilung von xI und im<br />

oberen Bereich ein homogen verteilter Germaniumanteil von xII vor (xI < xII). (Graphik<br />

zeigt den Übergang von xI = 0, 20 nach xII = 0, 30).<br />

4.3.4 Auswertung von realen Inseln<br />

Im Folgenden sollen nun die aus den Untersuchungen von FEM-simulierten (Si,Ge)-Inseln<br />

gewonnenen Erkenntnisse des Zusammenhanges zwischen den Verschiebungsvektoren und<br />

den Konzentrationen auf die Auswertung von realen Inseln angewandt werden.<br />

Probe: 1090; ω = 117 nm<br />

Die quantitative Verzerrungsfeldanalyse für die Inseln der Probe 1090 gelang exemplarisch<br />

an der in Abb. 4.13 a gezeigten HRTEM-Aufnahme. Der analysierte Bereich der HRTEM-<br />

Abbildung liegt etwas azentrisch und ist durch das ebenfalls in der Abb. 4.13 a mit ab-


68<br />

Tabelle 4.3: Untersuchungsergebnisse der Ableitung für FEM-simulierte Si1−xGex-Inseln mit einem Konzentrationssprung<br />

von xI → xII bei einer Inselhöhe 1/3. Der Konzentrationssprung am Substrat-Insel-Übergang wird durch<br />

∆yI = ymax,I − ymin,I charakterisiert. Den Index II tragen die Werte, die aus dem Übergang xI → xII gemessen wurden.<br />

Die Parameter AI,II, βI,II und y0,I,II beschreiben nach Glg. 4.11 den Relaxationsprozess. Aus y0 und ymax ergibt sich der<br />

Konzentrationswert xrelax für das vollständig relaxierte Gitter. Mit Hilfe der Glg. 4.14 kann x (∆y) aus der Änderung des<br />

Verschiebungsvektors von ymin,II nach ymax,II der Konzentrationssprung (blaue Werte) bzw. der absolute Konzentrationswert<br />

im oberen Inselbereich durch Summation errechnet werden.<br />

ymin,II = (0, 00280 ± 0, 0001) nm AII = (0, 08956 ± 0, 05602) nm 0, 0084 ± 0, 0266<br />

xII = 0, 30 ymax,II = (0, 00344 ± 0, 0001) nm βII = 0, 01827 ± 0, 00290 0, 1911 ± 0, 0079 0, 2532 ± 0, 0591<br />

∆yII = (0, 00064 ± 0, 0002) nm y0,II = (0, 00217 ± 0, 00009) nm<br />

↓ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin,I = (−0, 00078 ± 0, 0001) nm AI = (0, 07851 ± 0, 06008) nm<br />

xI = 0, 25 ymax,I = (0, 00407 ± 0, 0001) nm βI = 0, 02854 ± 0, 00566 0, 2643 ± 0, 009 0, 2448 ± 0, 0325<br />

∆yI = (0, 00485 ± 0, 0002) nm y0,I = (0, 00300 ± 0, 00011) nm<br />

ymin,II = (0, 00184 ± 0, 0001) nm AII = (0, 02657 ± 0, 00364) nm 0, 0763 ± 0, 0273<br />

xII = 0, 30 ymax,II = (0, 00369 ± 0, 0001) nm βII = 0, 01821 ± 0, 00097 0, 1524 ± 0, 0026 0, 2643 ± 0, 0575<br />

∆yII = (0, 00185 ± 0, 0002) nm y0,II = (0, 00173 ± 0, 00003) nm<br />

↓ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin,I = (−0, 00108 ± 0, 0001) nm AI = (0, 00394 ± 0, 00270) nm<br />

xI = 0, 20 ymax,I = (0, 00276 ± 0, 0001) nm βI = 0, 01284 ± 0, 03086 0, 1163 ± 0, 2308 0, 1880 ± 0, 0302<br />

∆yI = (0, 00384 ± 0, 0002) nm y0,I = (0, 00132 ± 0, 00262) nm<br />

xI → xII ymin, ymax, ∆y y (z) = A · e −βz + y0 xrelax (Glg. 4.13) x (∆y) (Glg. 4.14)


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 69<br />

Abbildung 4.13: Verzerrungsfeldanalyse uz (r) in [001] einer (Si,Ge)-Insel der Probe: 1090<br />

a) HRTEM-Abbildung (Einstrahlrichtung in [110]) mit farbcodiertem zweidimensionalem<br />

Verzerrungsfeld (REF markiert das Referenzgebiet).<br />

b) Ableitung der Verschiebungsvektoren in [001] mit einer Unterteilung in I- bis V II-<br />

Bereiche, deren Grenzwerte zur Bestimmung der Germaniumkonzentration genutzt werden<br />

(siehe Tab. 4.4). Im unteren Bereich der Graphik enthält diese zum Zweck der besseren<br />

Orientierung noch einmal das zweidimensionale farbcodierte Verschiebungsfeld aus der<br />

Abb. a).


70<br />

Abbildung 4.14: Aus dem Verschiebungsfeld der (002)-Netzebenen ermittelte Germaniumkonzentrationen<br />

xabsolut der Probe 1090 in Abhängigkeit von der Inselhöhe z.<br />

gebildete, farbcodiert dargestellte, zweidimensionale Verschiebungsfeld uz (r) markiert.<br />

Die Abb. 4.13 b zeigt die partielle Ableitung y = ∂u des Verschiebungsfeldes in Richtung<br />

∂z<br />

z = [001]. Die Ableitung wurde in die Bereiche I bis V II unterteilt (siehe Abb. 4.13 b).<br />

Anhand der an den Intervallgrenzen liegenden lokalen Extremwerten ymin,i und ymax,i<br />

(i = I bis V II) wurde die Bestimmung der Germaniumkonzentration innerhalb der Insel<br />

vorgenommen. Die Elektroneneinstrahlrichtung [110] ist identisch mit der der Modellbetrachtungen,<br />

so dass die Erkenntnisse aus den Vorbetrachtungen an den simulierten<br />

Inseln ohne Modifikation übernommen werden konnten. Die Auswertung basierte auf der<br />

Differenz ∆y = ymax − ymin und dem in der Glg. 4.14 zwischen ∆y und x gegebenen Zusammenhang.<br />

Den absoluten Germaniumanteil xabsolut eines Bereiches erhält man durch<br />

Summation der Konzentrationsanteile der darunterliegenden Abschnitte.<br />

In der Abb. 4.14 sind die in der Tab. 4.4 aufgeführten berechneten absoluten Germaniumkonzentrationen<br />

xabsolut graphisch in Abhängigkeit vom Ort z bzw. von der Inselhöhe h<br />

gegeben. Die Messunsicherheit in Wachstumsrichtung ist durch die Intervallbreite der<br />

einzelnen Bereiche (I bis V II) definiert. Die Ergebnisse der quantitativen HRTEM-<br />

Auswertungen zeigen, dass die Insel in zwei Bereiche unterteilbar ist (siehe Abb. 4.14). Im<br />

unteren Teil der Insel ist der Bereich I○, welcher durch den Anstieg des Germaniumanteils<br />

x in [001] charakterisiert ist. Im Bereich ○II ist keine Änderung der Probenzusammensetzung<br />

zu verzeichnen. Im oberen Teil der Insel beträgt die Germaniumkonzentration<br />

x = 0, 3133 ± 0, 0707.<br />

Die Wichtung der einzelnen Konzentrationen mit dem Volumen der jeweiligen Bereiche<br />

ergibt für die Probe 1090 einen gemittelten Germaniumgehalt von x = 0, 1671 ± 0, 0174.


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 71<br />

Bereich ymin, ymax, ∆y ∆x (∆y) (Glg. 4.14) xabsolut<br />

ymin = (−0, 00008 ± 0, 00001) nm<br />

I ymax = (0, 00254 ± 0, 0001) nm (0, 1196 ± 0, 0264) (0, 1196 ± 0, 0264)<br />

∆y = (0, 00262 ± 0, 0001) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00129 ± 0, 0001) nm<br />

II ymax = (0, 00174 ± 0, 0001) nm (−0, 0022 ± 0, 0266) (0, 1174 ± 0, 0375)<br />

∆y = (0, 00045 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00152 ± 0, 0001) nm<br />

III ymax = (0, 00308 ± 0, 0001) nm (0, 0601 ± 0, 0271) (0, 1775 ± 0, 0463)<br />

∆y = (0, 00156 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00215 ± 0, 0001) nm<br />

IV ymax = (0, 00320 ± 0, 0001) nm (0, 0314 ± 0, 0267) (0, 2089 ± 0, 0534)<br />

∆y = (0, 00105 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00097 ± 0, 0001) nm<br />

V ymax = (0, 00220 ± 0, 0001) nm (0, 0415 ± 0, 0268) (0, 2504 ± 0, 0597)<br />

∆y = (0, 00123 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00201 ± 0, 0001) nm<br />

V I ymax = (0, 00361 ± 0, 0001) nm (0, 0623 ± 0, 0270) (0, 3127 ± 0, 0655)<br />

∆y = (0, 00160 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00318 ± 0, 0001) nm<br />

V II ymax = (0, 00368 ± 0, 0001) nm (0, 0006 ± 0, 0266) (0, 3133 ± 0, 0707)<br />

∆y = (0, 00050 ± 0, 0002) nm<br />

Tabelle 4.4: Quantitative HRTEM-Auswertung der in der Abb. 4.13 a gezeigten Si1−xGex-<br />

Insel.<br />

Probe: 1005; ca. ω = 90 nm<br />

Die Ergebnisse der quantitativen HRTEM-Analyse von Si1−xGex-Inseln der Probe 1005<br />

sollen in diesem Abschnitt exemplarisch an der in der Abb. 4.15 a gezeigten Insel diskutiert<br />

werden. Der in der Übersichtsaufnahme (Abb. 4.15 a) rot umrandete Bereich<br />

markiert das Gebiet der HRTEM-Aufnahme. Ein Teilbereich dieses Areals und das farbcodierte<br />

Verzerrungsfeld bezüglich der Richtung [001] sind in Abb. 4.15 b abgebildet. Aufgrund<br />

der Probenorientierung in [100] bezieht sich die Verschiebungsfeldanalyse auf die<br />

(004)-Netzebenenabstände. Die Auswertung der Änderung der (004)-Netzebenenabstände<br />

erfolgt analog der qHRTEM-Analyse der Probe 1090.


72<br />

Abbildung 4.15: Verzerrungsfeldanalyse uz (r) in [001] einer (Si,Ge)-Insel der Probe: 1005<br />

a) [100]-Übersichtsaufnahme des Inselrestes.<br />

b) HRTEM-Abbildung mit farbcodiertem zweidimensionalem Verzerrungsfeld (REF markiert<br />

das Referenzgebiet).<br />

c) Analysierter Bereich der HRTEM-Aufnahme mit Kontrastmusteränderung im grün<br />

markierten Gebiet.<br />

d) Ableitung der Verschiebungsvektoren in [001] mit einer Unterteilung in die Bereiche<br />

I bis V III, deren Intervallgrenzwerte zur Bestimmung der Germaniumkonzentration genutzt<br />

werden (siehe Tab. 4.5).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 73<br />

Bereich ymin, ymax, ∆y ∆x (∆y) (Glg. 4.14) xabsolut<br />

ymin = (−0, 00003 ± 0, 00001) nm<br />

I ymax = (0, 00352 ± 0, 0001) nm (0, 1718 ± 0, 0280) (0, 1718 ± 0, 0280)<br />

∆y = (0, 00355 ± 0, 0001) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00257 ± 0, 0001) nm<br />

II ymax = (0, 00419 ± 0, 0001) nm (0, 0633 ± 0, 0271) (0, 2351 ± 0, 0390)<br />

∆y = (0, 00162 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00242 ± 0, 0001) nm<br />

III ymax = (0, 00423 ± 0, 0001) nm (0, 0742 ± 0, 0272) (0, 3093 ± 0, 0475)<br />

∆y = (0, 00181 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00269 ± 0, 0001) nm<br />

IV ymax = (0, 00425 ± 0, 0001) nm (0, 0602 ± 0, 0270) (0, 3695 ± 0, 0546)<br />

∆y = (0, 00156 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00207 ± 0, 0001) nm<br />

V ymax = (0, 00288 ± 0, 0001) nm (0, 0181 ± 0, 0285) (0, 3876 ± 0, 0616)<br />

∆y = (0, 00081 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00285 ± 0, 0001) nm<br />

V I ymax = (0, 00405 ± 0, 0001) nm (0, 0401 ± 0, 0285) (0, 4277 ± 0, 0679)<br />

∆y = (0, 00120 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00351 ± 0, 0001) nm<br />

V II ymax = (0, 00386 ± 0, 0001) nm (−0, 0083 ± 0, 0266) (0, 4194 ± 0, 0729)<br />

∆y = (0, 00050 ± 0, 0002) nm<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

ymin = (0, 00325 ± 0, 0001) nm<br />

V III ymax = (0, 00381 ± 0, 0001) nm (0, 0040 ± 0, 0266) (0, 4234 ± 0, 0776)<br />

∆y = (0, 00056 ± 0, 0002) nm<br />

Tabelle 4.5: Quantitative HRTEM-Auswertung des in der Abb. 4.15 a, b gezeigten<br />

Si1−xGex-Inselrestes.<br />

Die Ableitung des kumulativen Verschiebungsfeldes in Richtung [001] ist in der Abb. 4.15 d<br />

dargestellt. In Analogie zu den Betrachtungen an der Probe 1090 wurde hier ebenfalls<br />

eine Unterteilung der Ableitung in die Bereiche I bis V III vorgenommen. Oberhalb des<br />

Bereiches V III ist keine quantitative Betrachtung möglich, da ein Artefakt in Form einer<br />

Kontrastmusteränderung die Auswertung nicht ermöglicht (siehe grün markierter Bereich<br />

in dem analysierten HRTEM-Bereich der Abb. 4.15 c). Diese Musteränderung hat seine


74<br />

Abbildung 4.16: Aus dem Verschiebungsfeld der (004)-Netzebenen ermittelte Germaniumkonzentrationen<br />

xabsolut der Probe 1005 in Abhängigkeit von der Inselhöhe z.<br />

Ursache in einer Dickenvariation in Richtung [100], was einer Defokussierung entspricht.<br />

Die für die weiteren Rechnungen notwendigen Werte der analysierbaren Bereiche I bis<br />

V III sind in der Tab. 4.5 aufgeführt.<br />

Die berechneten Germaniumkonzentrationen xabsolut sind in Abhängigkeit von der Inselhöhe<br />

in der Abb. 4.16 graphisch dargestellt. Auch hier kann - ähnlich wie bei den<br />

Konzentrationsbetrachtungen der Probe 1090 (Abb. 4.14) - die Insel in zwei Bereiche<br />

unterteilt werden. Bereich I○ entspricht dem Bereich der Inselbasis bis zu einer Höhe<br />

von ca. 10 nm. Ab dieser Inselhöhe bleibt die Zusammensetzung der Si1−xGex-Insel mit<br />

xabsolut ≈ 0, 42 konstant. Extrapoliert man den in der Abb. 4.15 a gezeigten Inselrest auf<br />

eine vollständige Insel mit einer Basisbreite von ca. 90 nm (siehe Tab. 4.1) und einer Höhe<br />

von ca. 45 nm, so liegt der Übergang von I○ zu ○II bei ca. einem Viertel der Inselhöhe.<br />

Probe: 1078<br />

Die Bestimmung der Germaniumkonzentration mittels der bisher angewendeten Verzerrungsfeldanalyse<br />

gestaltet sich für große Inseln - wie sie in der Probe 1078 zu finden sind<br />

- als nicht realisierbar. Der Grund für das Scheitern ist die sehr starke Dickenabnahme<br />

der Inseln von der Basis zum oberen Inselbereich. Die Dickenänderung bewirkt aus<br />

elektronenmikroskopischer Sicht eine Defokussierung. Zur Realisierung der für die Verzerrungsfeldanalyse<br />

notwendige Auflösung dürfen die Defokuswerte nur innerhalb des von<br />

den Mikroskopparametern abhängigem Intervall von ∆f2 bis ∆f1 liegen. Ist dies nicht<br />

der Fall, beeinflussen Kontrastinversionen das HRTEM-Bild in Form von Kontrastmusteränderungen.<br />

Die Berechnung der Werte ∆f1,2 für das TEM <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG mit


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 75<br />

Cs-Korrektor ist im Anhang B in Abhängigkeit von der Einstrahlrichtung gegeben. Bei<br />

einer Probenorientierung in [110] ist das Defokusintervall am größten. Dies gilt unter der<br />

Voraussetzung, dass nur der für die Verschiebungsfeldanalyse notwendige ” dumbbell“-<br />

“dumbbell“-Abstand aufgelöst werden soll (siehe Abb. B.1.a2 im Anhang B). Mit einer<br />

Probenorientierung in [110] darf die Dickenänderung des Objekts über den zu analysierenden<br />

Bereich den Wert ∆t = 88 nm nicht überschreiten.<br />

Damit die Bestimmung der Germaniumkonzentration innerhalb großer Si1−xGex-Inseln<br />

gelingt, wurde parallel zur Verzerrungsfeldanalyse das analytische Verfahren der Röntgenspektroskopie<br />

gewählt. Die Auswertung der energiedispersiven Röntgenspektren gestaltete<br />

sich aufgrund der Objektdicke ebenfalls als problematisch. Für die Berechnung des<br />

Germaniumgehaltes musste daher im Rahmen dieser Arbeit aus bekannten Auswertungsverfahren<br />

eine modifizierte Methode zur Konzentrationsbestimmung entwickelt werden.<br />

Auf diese Methode und ihre Besonderheiten wird nun im Folgenden näher eingegangen.<br />

4.4 Quantitative Auswertung von energiedispersiven<br />

Röntgenspektren (EDXS)<br />

Für die Bestimmung von Elementkonzentrationen mittels der innerhalb des Untersuchungsobjekts<br />

generierten Röntgenquanten müssen zuerst aus dem detektierten Spektrum<br />

die Nettointensitäten der charakteristischen Röntgenlinien berechnet werden. Hierfür muss<br />

der durch die Bremsstrahlung bedingte störende Untergrund ermittelt und vom Spektrum<br />

subtrahiert werden. Danach erfolgt die Berechnung der Nettointensitäten aus dem<br />

” Nettospektrum“ mittels Anpassung von Gauß-Kurven an die Linienform der einzelnen<br />

Röntgenlinien und die anschließende Berechnung der Fläche der Peaks. Der Untergrundabzug<br />

und die Bestimmung der Nettointensitäten werden durch Routinen realisiert, die<br />

im EDX-Programm (Firma KEVEX) integriert sind.<br />

Bei hinreichend dünnen Objekten (z.B. TEM-Proben von ca. 100 nm Dicke) besteht in<br />

erster Näherung eine direkte Proportionalität zwischen den generierten Röntgenquanten<br />

und der Elementkonzentration. Daher kann das Konzentrationsverhältnis cA/cB zweier<br />

Elemente A und B aus dem Verhältnis der Nettosignale IA und IB der jeweiligen Linienintensitäten<br />

nach<br />

cA<br />

cB<br />

= kA IA<br />

kB IB<br />

(4.15)<br />

bestimmt werden. Hierbei sind kA und kB die Cliff-Lorimer-Faktoren des Detektorsystems<br />

bezüglich der jeweiligen Röntgenquanten.<br />

Bei dickeren Proben dürfen Effekte wie Absorption der Röntgenquanten, Rückstreuung<br />

und Fluoreszenz nicht vernachlässigt werden. Die Grenzschichtdicke tmax, bei der die Konzentrationsberechnung<br />

nach Glg. 4.15 vorgenommen werden kann, ist durch das Kriterium


76<br />

Silizium : Germanium :<br />

ZSi = 14 ZGe = 32<br />

aSi = 5, 431 ˚A aGe = 5, 658 ˚A<br />

ASi = 28, 0855 g<br />

AGe = 72, 6100 mol g<br />

mol<br />

Massenabsorptionskoeffizienten<br />

µ<br />

ρ<br />

<br />

in cm2<br />

g :<br />

in Si in Ge<br />

Si-Kα : Ec = 1, 84 keV 325 4470<br />

Ge-Kα : Ec = 11, 10 keV 32, 7 38, 9<br />

Si1−xGex Si-Kα Ge-Kα<br />

<br />

<br />

µ<br />

µ<br />

x ZSiGe ASiGe aSiGe ρ<br />

tmax<br />

ρ<br />

ρ<br />

˚A<br />

nm<br />

g<br />

mol<br />

g<br />

cm 3<br />

0 14,0 28,086 5,431 2,329 325,0 549 32,70 -<br />

0,1 15,8 32,538 5,454 2,665 739,5 211 33,32 4683<br />

0,2 17,6 36,990 5,476 2,992 1154,0 120 33,94 4095<br />

0,3 19,4 41,443 5,499 3,311 1568,5 80 34,56 3634<br />

0,4 21,2 45,895 5,522 3,621 1983,0 58 35,18 3264<br />

0,5 23,0 50,348 5,545 3,924 2397,5 44 35,80 2960<br />

0,6 24,8 54,800 5,567 4,219 2812,0 35 36,42 2706<br />

0,7 26,6 59,253 5,590 4,507 3226,5 29 37,04 2491<br />

0,8 28,4 63,705 5,613 4,787 3641,0 24 37,66 2307<br />

0,9 30,2 68,158 5,635 5,059 4055,5 20 38,28 2147<br />

1 32,0 72,610 5,658 5,325 4470,0 - 38,90 2007<br />

Tabelle 4.6: Berechnung der maximalen Probendicke tmax von Si1−xGex in Abhängigkeit<br />

von der Germaniumkonzentration x, bei der das Dünnfilmkriterium Glg. 4.16 erfüllt ist.<br />

Ec ist die jeweilige Energie der Si- bzw. Ge-Kα-Strahlung.<br />

von Goldstein [Gol77] (Glg. 4.16) gegeben. Dabei wird eine maximale Konzentrationsungenauigkeit<br />

von 10 % angenommen:<br />

j 1 µ<br />

· ρ · tmax < 0, 1 (4.16)<br />

2sinϕ ρ<br />

Si1−xGex<br />

j j j µ<br />

µ<br />

µ<br />

mit :<br />

= (1 − x) + x<br />

;<br />

ρ<br />

ρ<br />

ρ<br />

Si1−xGex<br />

Si<br />

Ge<br />

j µ<br />

ist der Massenabsorptionskoeffizient der Röntgenlinie j innerhalb der Probe.<br />

ρ<br />

P robe<br />

In der Tabelle 4.6 sind die für die Si-Kα- und die Ge-Kα-Linie für Si1−xGex nach dem<br />

Goldstein-Kriterium berechneten kritischen Probendicken tmax in Abhängigkeit von der<br />

Germaniumkonzentration x aufgeführt. Die maximal zulässige Dicke wird immer durch<br />

den kleineren von beiden Werten determiniert. Somit gibt die Si-Kα-Linie die tmax-Werte<br />

g<br />

cm 2<br />

g<br />

cm 2<br />

tmax<br />

nm


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 77<br />

vor. Die Ergebnisse der Tab. 4.6 weisen auf eine exponentielle Abhängigkeit zwischen<br />

der Germaniumkonzentration x und der kritischen Probendicke tmax hin. So beträgt die<br />

kritische Dicke für die Si-Kα-Linie bei reinem Silizium ca. 549 nm. Steigt die Germaniumkonzentration<br />

auf 10 at.% an, so nimmt die maximale Probendicke auf 211 nm ab. Bei<br />

x = 0, 2 halbiert sich der Wert für die kritische Probendicke tmax gegenüber der Probenzusammensetzung<br />

mit x = 0, 1.<br />

Ab einer Probendicke von größer als tmax müssen bei der Konzentrationsbestimmung<br />

die genannten Effekte (Absorption der Röntgenquanten, Rückstreuung von Elektronen<br />

und Fluoreszenz) berücksichtigt werden. In der Regel erfolgt die Bestimmung von Konzentrationen<br />

mit Hilfe von Eichstandards. Existieren keine Standards, bedient man sich<br />

standardloser Verfahren, wie der so genannten ZAF-Korrektur (Z=Ordnungszahlfaktor,<br />

A=Absorptionsfaktor, F=Fluoreszenzfaktor). Bei diesem Verfahren errechnet sich das<br />

Linienintensitätsverhältnis ki aus der gesuchten Konzentration und den dazugehörigen<br />

ZAF-Korrekturfaktoren :<br />

ci = (Z · A · F ) i ki . (4.17)<br />

Hierbei ist ki das Verhältnis Ii/I(i) der registrierten Röntgenquanten des Elements i vom<br />

Stoffgemisch und einem Eichstandard (i) bestehend aus dem reinem Stoff i. Da das Produkt<br />

Z · A · F der Korrekturfaktoren seinerseits wiederum von der Konzentration ci<br />

abhängt, ist ein Iterationsverfahren notwendig, um ci bestimmen zu können. Dabei wird<br />

die hyberbolische Approximation der Konzentration c gegenüber k ausgenutzt.<br />

Die Hauptaufgabe der ZAF-Korrekturrechnung besteht in der Ermittlung der einzelnen<br />

Faktoren (Z,A und F). Die in der Literatur (z.B. [Gol81]) beschriebenen und mit der<br />

KEVEX-Software verfügbaren Routinen zur ZAF-Korrektur gelten nur für unendlich dicke<br />

Proben und für Beschleunigungsspannungen unter 50 kV , also Rasterelektronenmikroskopie<br />

(REM)-Bedingungen. Da die untersuchten Proben elektronentransparent sind, haben<br />

sie eine endliche Dicke t, welche insbesondere bei der Berechnung des Absorptionskorrekturfaktors<br />

A berücksichtigt werden muss. Bei der Ordnungszahlkorrektur Z darf die gegenüber<br />

REM-Bedingungen höhere Primärstrahlenergie von 200 keV nicht vernachlässigt<br />

werden. Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Modifikationen zur ZAF-<br />

Korrektur für eine Beschleunigungsspannung von 200 kV und für endliche Probendicken,<br />

aber t > tmax, werden in den nächsten Abschnitten eingehend beschrieben.


78<br />

Abbildung 4.17: Absorptionsweg in Abhängigkeit von der Probengeometrie.<br />

a) Absorptionsweg durch die Probe bei senkrechtem Primärstrahleinfall und einem Detektorwinkel<br />

ψ<br />

b) Absorptionsweg durch eine um einen Winkel ω gekippte Probe. Diese Darstellung gilt<br />

auch für den Absorptionsweg durch ein dreidimensionales Objekt mit einem Facettenwinkel<br />

α.<br />

4.4.1 Absorptionskorrektur / Absorptionsfaktor A<br />

Die erzeugten Röntgenquanten werden auf dem Weg durch die Probe absorbiert. Daher<br />

nimmt die Anzahl der detektierten Röntgenquanten ab. Die Weglänge P der Röntgenquanten<br />

in Richtung zum Detektor hängt von der Probengeometrie und dem Detektorwinkel ψ<br />

ab. Der Röntgenabnahmewinkel ψ sollte bezüglich der Absorption für alle Röntgenspektrometer<br />

so groß wie möglich sein. Der Absorptionsweg P für den Fall des senkrecht zur<br />

Oberfläche einfallenden Primärstrahls ergibt sich nach der Skizze (a) in Abb. 4.17 zu<br />

P = z<br />

sinψ<br />

. (4.18)<br />

Wird die Probe, wie in Abbildung 4.17b zu sehen ist, zum Detektor um den Winkel ω hin<br />

gekippt, so muss die Gleichung 4.18 zu:<br />

P =<br />

z<br />

cosψ (tanω + tanψ) =<br />

z<br />

cosψ 1 + tanψ<br />

tanα (4.19)<br />

modifiziert werden. Die gleiche Überlegung gilt für die Untersuchung von facettierten Objekten<br />

mit einem Facettenwinkel α.<br />

Ohne Berücksichtigung der Absorption kann die Intensität dIi einer für ein Element i<br />

charakteristischen Röntgenlinie, welche in Schichten mit der Dicke dz und der Dichte ρ<br />

generiert wird, durch<br />

dIi = ciΦ (ρz) d (ρz) (4.20)


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 79<br />

mit Φ (ρz) als Tiefenverteilungsfunktion der Primärelektronen bezüglich der Massendichte<br />

(ρz) und ci als Massenanteil des Elements i beschrieben werden. Die Intensität der über<br />

die gesamte Probendicke t generierten Röntgenquanten ergibt sich zu<br />

Ii = ci<br />

t<br />

0<br />

Φ (ρz) d (ρz) . (4.21)<br />

Die Absorption innerhalb der Probe muss jedoch bei der Detektion der Röntgenintensität<br />

berücksichtigt werden. Die abgeschwächte Intensität dI ′<br />

µ und die Absorptionsweglänge P bestimmt<br />

wird durch den Absorptionsfakor<br />

dI ′<br />

= dI · exp −µP <br />

µ<br />

= dI · exp − P ρ<br />

ρ<br />

. (4.22)<br />

Die gesamte Intensität aus einer Probe der Dicke t errechnet sich dann unter Berücksichtigung<br />

der Absorption zu<br />

I ′<br />

t <br />

µ<br />

i = ci Φ (ρz) exp − P ρ d (ρz) . (4.23)<br />

0<br />

ρ i<br />

Hier ist (µ/ρ) i der Massenabsorptionskoeffizient der Röntgenlinie des Elements i innerhalb<br />

der Probe. Für zusammengesetzte Proben ergibt sich der Massenabsorptionskoeffizient<br />

(µ/ρ) i aus der Summe der mit den Konzentrationen cj gewichteten Massenabsorptions-<br />

koeffizienten der reinen Elemente.<br />

<br />

µ<br />

ρ<br />

i<br />

= <br />

j<br />

cj<br />

<br />

µ<br />

ρ ij<br />

(4.24)<br />

Der Parameter (µ/ρ) ij ist der Massenabsorptionskoeffizient der charakteristischen Röntgenstrahlung<br />

des Elements i durch das Element j.<br />

Die Funktion Φ (ρz) in der Glg. 4.23 beschreibt die Verteilung der Primärelektronen in<br />

Abhängigkeit von der Eindringtiefe. Innerhalb dieses durch die Funktion Φ (ρz) begrenzte<br />

Volumen - dem Anregungsvolumen - werden die Röntgenquanten generiert. Die Form der<br />

Funktion sieht für alle Elemente nahezu gleich aus. Für dünne Proben kann die Tiefenverteilung<br />

in der Probe durch die zweidimensionale Elektronendichteverteilungsfunktion<br />

j (r, z) (siehe Glg. 4.31) beschrieben werden. Für die Herleitung der Funktion j (r, z) wird<br />

zunächst die Elektronendichteverteilung j0 (x, y) des Primärelektronenstrahls durch eine<br />

zweidimensionale Gaußverteilung angenommen. Diese besteht aus zwei Gaußfunktionen<br />

f (x) und f (y) mit den Standardabweichungen σx und σy.<br />

j0 (x, y) = f (x) · f (y) =<br />

=<br />

1<br />

2πσxσy<br />

1<br />

√ exp<br />

2πσx<br />

<br />

exp − 1<br />

2 x<br />

2 σ2 +<br />

x<br />

y2<br />

σ2 y<br />

<br />

− x2<br />

<br />

2σ 2 x<br />

<br />

<br />

1<br />

· √ exp −<br />

2πσy<br />

y2<br />

2σ2 <br />

y<br />

(4.25)


80<br />

Das Ersetzen der kartesischen Koordinaten x, y durch Polarkoordinaten (x = r ·cosϕ, y =<br />

r · sinϕ) mit r 2 = x 2 + y 2 und der Annahme eines symmetrischen Primärelektronenstrahls<br />

(σx = σy = σ) vereinfacht die Beziehung 4.25 zu:<br />

j0 (r) = 1<br />

exp<br />

2πσ2 <br />

− r2<br />

2σ 2<br />

<br />

. (4.26)<br />

Die Variable r im Exponenten ist die Radialkoordinate der Elektronenverteilung. Das<br />

Maximum der Funktion j0 (r) liegt im Zentrum bei r = 0 und σ ist der Abstand vom Zentrum<br />

zu den Wendepunkten, dieser entspricht dem Radius des Primärelektronenstrahls.<br />

Das Volumen unter der Fläche j0 (r) muss die Gesamtintensität I0 des Elektronenstrahls<br />

ergeben. Somit muss die folgende Normierungsbedingung erfüllt sein.<br />

<br />

mit : dA =<br />

<br />

<br />

∂(x,y)<br />

∂(r,ϕ)<br />

<br />

<br />

drdϕ = <br />

<br />

j0 (r) dA<br />

A<br />

! = I0<br />

∂x<br />

∂r<br />

∂x<br />

∂ϕ<br />

∂y<br />

∂r<br />

∂y<br />

∂ϕ<br />

= r · cos 2 ϕ + r · sin 2 ϕdrdϕ = r · drdϕ<br />

(4.27)<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

drdϕ = cosϕ sinϕ <br />

<br />

−r<br />

· sinϕ r · cosϕ<br />

drdϕ (4.28)<br />

Der Normierungsfaktor N berechnet sich wie folgt:<br />

I0<br />

!<br />

=<br />

<br />

2π ∞<br />

N j0 (r) dA = N<br />

A<br />

0 0<br />

1<br />

<br />

exp −<br />

2πσ2 r2<br />

2σ2 =<br />

<br />

r drdϕ<br />

∞<br />

2π N<br />

0<br />

1<br />

<br />

exp −<br />

2πσ2 r2<br />

2σ2 <br />

r dr = 2πN 1<br />

2πσ2 1<br />

2 1<br />

2σ2 = N (4.29)<br />

Die normierte Elektronendichteverteilungsfunktion<br />

j0 (r) = I0<br />

exp<br />

2πσ2 <br />

− r2<br />

2σ 2<br />

<br />

(4.30)<br />

ist in der Abb. 4.18 graphisch dargestellt.<br />

Die folgenden Rechnungen für die Ermittlung des Absorptionsfaktors beruhen auf der von<br />

Diog 1981 ([Doi81]) aufgestellten tiefenabhängigen zweidimensionalen Elektronendichteverteilungsfunktion<br />

j (r, z).<br />

<br />

<br />

j (r, z) =<br />

I0<br />

2π σ 2 + 1<br />

2 βz3exp<br />

−<br />

r 2<br />

2 σ 2 + 1<br />

2 βz3<br />

(4.31)<br />

Für den Fall z = 0 erhält man die gaußförmige Elektronendichteverteilung j0 (r) des<br />

Primärelektronenstrahls. Der Einfluss der Eindringtiefe z wird durch die Standardabweichung<br />

Σ (z) berücksichtigt.<br />

Σ (z) =<br />

<br />

σ 2 + 1<br />

2 βz3 (4.32)


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 81<br />

Abbildung 4.18: Elektronendichteverteilungsfunktion j0 (r) des Primärelektronenstrahls<br />

mit einer Varianz σ 2 = 1 nm. Dies entspricht einem Strahldurchmesser von 2 nm.<br />

Die Größe β beschreibt die Streuung der Elektronen in der Probe und ist abhängig von der<br />

mittleren Ordnungszahl Z, vom mittleren Atomgewicht A, von der Probendichte ρ [g/cm3 ]<br />

und von der Primärelektronenenergie E0 [keV ]. Es gilt:<br />

β = 500 m 2 (keV ) 2 2 4Z ρ<br />

·<br />

(4.33)<br />

A<br />

Die eindringtiefenabhängige Elektronendichteverteilung j (r, z) eines Primärelektronenstrahls<br />

mit einem Ausgangsstrahldurchmesser von 2 nm (σ = 1 nm) in reinem Silizium<br />

bzw. in reinem Germanium zeigt die Abb. 4.19 bzw. Abb. 4.20. In beiden Abbildungen<br />

ist die Strahlaufweitung des Elektronenstrahls innerhalb des Materials gegenüber<br />

dem Vakuumbereich deutlich zu erkennen. Mit zunehmender Eindringtiefe z nehmen die<br />

Standardabweichungen Σ (z) der glockenförmigen Intensitätskurven zu. Der Vergleich der<br />

Standardabweichungen Σ (z) in Silizium mit denen der in Germanium zeigt aufgrund<br />

der höheren Ordnungszahl Z, der höheren Dichte ρ und des höheren Atomgewichts von<br />

Germanium eine stärkere Strahlaufweitung des Elektronenstrahls im Germanium als im<br />

Silizium. Daraus folgt, dass das Anregungsvolumen für Röntgenquanten im Germanium<br />

größer als im Silizium ist. Daher ist das laterale Auflösungsvermögen einer EDX-Messung<br />

bei gleichem Primärelektronenstrahldurchmesser in Germanium schlechter als in Silizium.<br />

Dies wird ausführlich im Abschnitt 4.4.4 diskutiert.<br />

E0


82<br />

Abbildung 4.19: Zweidimensionale Intensitätsverteilung j (r, z) eines Primärelektronenstrahls<br />

mit einem Strahldurchmesser von 2σ = 2 nm in reinem Silizium in Abhängigkeit<br />

von der Eindringtiefe z und der Radialkoordinaten r.<br />

Die Standardabweichungen Σ (z) der gaußförmigen zweidimensionalen Intensitätsverteilung<br />

(Oberflächenplot) nimmt mit zunehmender Eindringtiefe z zu. Für die Eindringtiefen<br />

z = 0, 50 nm, 100 nm, 150 nm und 200 nm sind die eindimensionalen Intensitätsverteilungen<br />

in Abhängigkeit von der Radialkoordinate r in die zweidimensionale Graphik integriert.<br />

Die Normalverteilung für den Primärelektronenstrahl im Vakuum (schwarze eindimensionale<br />

Intensitätsverteilung) hat eine Standardabweichung von Σ (0) = σ = 1 nm.<br />

Die Wendepunkte der oben genannten eindimensionalen Intensitätsverteilungen innerhalb<br />

des Probenmaterials sind durch weiße Punkte markiert. Die rote Verbindungslinie der einzelnen<br />

Wendepunkte ergeben die z-abhängige Standardabweichung (Glg. 4.32).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 83<br />

Abbildung 4.20: Zweidimensionale Intensitätsverteilung j (r, z) eines Primärelektronenstrahls<br />

mit einem Strahldurchmesser von 2σ = 2 nm in reinem Germanium in<br />

Abhängigkeit von der Eindringtiefe z und der Radialkoordinaten r (siehe Text Abb. 4.19).<br />

Die über die gesamte Probendicke t generierte Röntgenstrahlung I wird in Anlehnung<br />

an die Glg. 4.21 berechnet. Dabei erfolgt die Integration über das gesamte Anregungsvolumen<br />

Ve. Für die Integration wird vorausgesetzt, dass die Zusammensetzung des zu<br />

analysierenden Materials in Einstrahlrichtung sich nicht ändert. Diese Annahme trifft für<br />

die Si1−xGex-Inseln zu (siehe Abb. 4.29 im Abschnitt 4.4.5).<br />

I =<br />

=<br />

=<br />

<br />

j (r, z) dVe =<br />

Ve<br />

2π ∞ t<br />

0 0<br />

∞ t<br />

0<br />

0<br />

0<br />

I0<br />

Σ (z)<br />

2π ∞ t<br />

I0<br />

0<br />

2πΣ (z)<br />

r exp<br />

0<br />

r exp<br />

0<br />

j (r, z) r dϕdrdz<br />

<br />

− r2<br />

2Σ (z)<br />

<br />

dϕdrdz<br />

<br />

− r2<br />

<br />

drdz = I0<br />

2Σ (z)<br />

t<br />

0<br />

dt = I0t (4.34)


84<br />

Der Einfluss von Absorptionseffekten, bedingt durch die Wechselwirkung zwischen den<br />

Röntgenquanten und dem Probenmaterial auf dem Weg zum Detektor, werden durch den<br />

µ<br />

Massenabsorptionskoeffizienten des Probenmaterials im Abschwächungsterm<br />

ρ<br />

<br />

exp{− P (z) ρ}) berücksichtigt. P (z) ist die Weglänge durch die Probe (siehe Glg. 4.18<br />

µ<br />

ρ<br />

bzw. 4.19). Die detektierbare Intensität berechnet sich wie folgt:<br />

I ′ =<br />

<br />

<br />

µ<br />

j (r, z) exp{− P (z) ρ}dVe<br />

ρ<br />

=<br />

= I0<br />

Ve<br />

2π ∞ t<br />

0 0<br />

t<br />

0<br />

j (r, z) exp{−χρz} r dϕdrdz<br />

0<br />

<br />

exp{−χρz}dz = I0 − 1<br />

χρ exp{−χρz}<br />

t <br />

0<br />

= I0<br />

[1 − exp{−χρt}] (4.35)<br />

χρ<br />

Der Parameter χ = (µ/ρ) i /sinψ ist der Absorptionsparameter für den senkrecht zur<br />

Oberfläche einfallenden Primärstrahl (vgl. Abb.4.17(a)). Für gekippte Proben und facettierte<br />

Objekte muss χ modifiziert werden (vgl. Abb.4.17(b)). Daher gilt:<br />

<br />

µ 1<br />

Primärstrahl ⊥ Oberfläche : χ =<br />

(4.36)<br />

ρ i sinψ<br />

<br />

µ<br />

um ω gekippte Probe : χ = {cosψ (tanω + tanψ)}<br />

ρ i<br />

−1<br />

(4.37)<br />

−1 µ<br />

1<br />

Facette mit Winkel α : χ = cosψ + tanψ (4.38)<br />

ρ<br />

tanα<br />

In Analogie zur <strong>Ph</strong>ilibert-Duncumb-Heinrich Methode (PDH) [<strong>Ph</strong>i63] wird für ” unendlich<br />

dicke Proben“ eine Funktion f (χ) = I/I ′ definiert. Die Berechnung des Absorptionsfaktors<br />

A eines Elements i in einer zusammengesetzten Probe basiert auf der Einführung<br />

eines Standardabsorptionsterms f (χ) std = f (χ) und eines Absorptionsterms für die Probe<br />

f (χ) spec = f (χ) ∗ . Es gilt:<br />

Ai = f (χ) /f (χ) ∗<br />

i<br />

(4.39)<br />

In Analogie zu den Cliff-Lorimer-Faktoren wurde für die Berechnung der Absorptionsfaktoren<br />

Ai Silizium als Standardprobe gewählt. Der Absorptionsterm der Glg. 4.39 für<br />

die Si-Kα- und die Ge-Kα-Strahlung in Si1−xGex vereinfacht sich unter Verwendung der<br />

Beziehungen 4.34 und 4.35 wie folgt:<br />

ASi (x, t) = f (χ) Si<br />

f (χ) SiGe<br />

AGe (x, t) = f (χ) Si<br />

f (χ) SiGe<br />

=<br />

=<br />

χSi Si−K ρSi<br />

·<br />

Si<br />

1 − exp{−χSi−K ρSit}<br />

χSi Ge−K ρSi<br />

·<br />

Si<br />

1 − exp{−χGe−K ρSit}<br />

1 − exp{−χ SiGe<br />

Si−K ρSiGe t} <br />

χ SiGe<br />

Si−K ρSiGe<br />

1 − exp{−χ SiGe<br />

Ge−K ρSiGe t} <br />

χ SiGe<br />

Ge−K ρSiGe<br />

(4.40)<br />

(4.41)


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 85<br />

Hierbei ist χ Si<br />

Si−K der Absorptionsparameter für die Si-Kα-Röntgenquanten in Silizium<br />

und χSiGe Si−K in Si1−xGex. Die Absorption der Ge-Kα-Strahlung in Silizium bzw. in Si1−xGex<br />

wird durch χSi Ge−K bzw. χSiGe Ge−K berücksichtigt. Für die Berechnung der χ-Werte werden<br />

die Glg. 4.36 bis 4.38 herangezogen.<br />

In den folgenden zwei Abbildungen 4.21 a und 4.21 b sind die nach den Glgen. 4.40 und<br />

4.41 berechneten Absorptionsfaktoren für die Absorption der Si-Kα-Linie und der Ge-Kα-<br />

Linie in Si1−xGex in Abhängigkeit von der Germaniumkonzentration x und der Probendicke<br />

t graphisch dargestellt. In der Bildunterschrift sind die zur Berechnung von A benutzten<br />

Parameter enthalten. Der Zusammenhang zwischen den Absorptionsfaktoren ASi<br />

bzw. AGe, der Germaniumkonzentration x und der Probendicke t (1 nm ≤ t ≤ 200 nm)<br />

wird im weiteren durch die folgenden Gleichungen näherungsweise beschrieben:<br />

ASi (x, t [nm]) = a − (a − b) · exp<br />

<br />

− (k · t) d<br />

mit : a = −5, 06603x 4 + 11, 87655x 3 + 9, 56193x 2 + 12, 25843x + 1, 48045<br />

b = 0, 0275x 4 + 0, 60567x 3 − 1, 60989x 2 + 0, 74369x + 0, 94375<br />

(4.42)<br />

d = −2, 7139x 4 + 7, 61933x 3 − 7, 51178x 2 + 2, 74337x + 0, 93463 (4.43)<br />

k = −0, 01385x 4 + 0, 04561x 3 − 0, 05662x 2 + 0, 03099x + 0, 00185<br />

AGe (x, t [nm]) = 4, 3794 · 10 −9 x 4 + 3.6381 · 10 −8 x 3 + 2, 1692 · 10 −7 x 2<br />

+7, 026 · 10 −8 x + 1, 8993 · 10 −11 · t 2<br />

(4.44)<br />

+ 0, 0001x 4 − 0, 0001x 3 − 0, 00014x 2 − 0, 00049x − 0, 00002 · t + 1<br />

Der maximale Fehler, der bei dieser verwendeten Vereinfachung entsteht, liegt im Bereich<br />

von weniger als Ein-Promille. Daher dienen die Gleichungen 4.42 und 4.44 in der vorliegenden<br />

Arbeit als Basis zur Auswertung von EDX-Spektren im System (Si,Ge).<br />

Für die Absorption der Si-Kα-Linie im Standardmaterial (Silizium; x = 0) erhält man<br />

ASi = 1, in diesem Fall muss keine Korrektur vorgenommen werden. Mit steigender Germaniumkonzentration<br />

x nimmt die Abweichung des Absorptionswertes ASi gegenüber 1<br />

zu. So beträgt bei einer Probendicke von t = 200 nm der Absorptionswert ASi = 7, 21<br />

für einen Absorber mit 40 at.% Ge und 60 at.% Si und ASi = 17, 73 für einen Absorber<br />

bestehend aus 80 at.% Ge und 20 at.% Si (vgl. Abb. 4.21 a für Si-Kα). Ursache ist die<br />

unterschiedlich starke Absorption der Si-Kα-Röntgenquanten in Silizium und Germanium<br />

in Folge des großen Unterschiedes der Massenabsorptionskoeffizizenten der Si-Kα-Linie in<br />

Si ((µ/ρ) = 325 g/cm 2 ) und in Ge ((µ/ρ) = 4470 g/cm 2 ).<br />

Die Absorptionskorrektur für die Ge-Kα-Linie ist im Gegensatz zur Korrektur für die<br />

Si-Kα-Strahlung vernachlässigbar, da der Unterschied der Massenabsorptionskoeffizienten<br />

(µ/ρ) für die zwei betrachteten Röntgenlinien in Si ((µ/ρ) = 32, 7 g/cm 2 ) und in Ge<br />

((µ/ρ) = 38, 9 g/cm 2 ) nicht so groß ist. Die größte Korrektur bezüglich der Absorption<br />

der Ge-Kα-Strahlung muss für reines Silizium vorgenommen werden. Der maximale<br />

Korrekturwert AGe der Ge-Kα-Strahlung beträgt ca. 0, 88 bei t = 200 nm in 100 at.%<br />

Germanium (siehe Abb. 4.21 b für Germanium).


86<br />

Abbildung 4.21: Absorptionsfaktor A in Si1−xGex in Abhängigkeit von der Konzentration<br />

x und der Probendicke t; a) ASi für die Si-Kα-Linie; b) AGe für die Ge-Kα-Linie.<br />

Input-Parameter: Primärelektronenenergie E0 = 200 keV , Detektorwinkel ψ = 78, 1 ◦ und<br />

Facettenwinkel α = 54, 7 ◦ .


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 87<br />

4.4.2 Ordnungszahlkorrektur / Ordnungszahlfaktor Z<br />

Bei der Wechselwirkung der Primärelektronen mit den Elektronen des Probenmaterials<br />

erfolgen elastische Streuprozesse in große Streuwinkel. Basierend auf der Rutherfordschen<br />

Streuformel beschreibt die Bethe-Bloch-Gleichung den mittleren Energieverlust dE eines<br />

geladenen Teilchens in einem Material der Dicke dx. Für Primärelektronenenergien von<br />

200 keV müssen Streuprozesse relativistisch betrachtet werden. Die relativistische Bethe-<br />

Formel für die Betrachtung des mittleren Energieverlustes von dE entlang der Elektronentrajektorie<br />

dx ergibt sich zu<br />

− dE<br />

dx<br />

= 2σ0NA<br />

m0c 2<br />

Z<br />

A <br />

ρ ln ɛ<br />

β2 2 <br />

m0c<br />

(ɛ + 2)<br />

2 <br />

2<br />

+<br />

2J<br />

1 + ɛ2<br />

8<br />

<br />

− (2ɛ + 1) ln2<br />

(ɛ + 1) 2<br />

. (4.45)<br />

Die Herleitung dieser Formel ist ausführlich in [Ste04] beschrieben. Hierbei sind ρ die<br />

Dichte, A das Atomgewicht und Z die Ordnungszahl des Targetmaterials. Die Größe J ist<br />

das mittlere Ionisationspotential des am Wechselwirkungsprozess beteiligten Probenatoms<br />

mit der Ordnungszahl Z unter Berücksichtigung der Primärelektronenenergie E.<br />

J =<br />

′ J<br />

J ′<br />

1 + k E<br />

mit: k = 0, 734 · Z 0,037<br />

J ′ <br />

11, 5 · Z für Z < 13<br />

[eV ] =<br />

9, 76 · Z + 58, 8 · Z−0,19 für Z ≥ 13<br />

(4.46)<br />

(4.47)<br />

In der relativistischen Abbremsformel 1 (Glg. 4.45) sind: β die Geschwindigkeit der Strahlelektronen<br />

mit β = v<br />

c (c Lichtgeschwindigkeit), NA mit 6, 0221367·1023 mol−1 die Avogadro-<br />

Konstante und m0 mit 9, 109534 · 10−31 kg die Elektronenruhemasse. σ0 ist durch :<br />

und ɛ durch:<br />

σ0 = e4<br />

16πɛ 2 0<br />

mit : ɛ = 1<br />

µ0c 2 = 8, 854187817 · 10−12 AsV −1 m −1<br />

ɛ = E<br />

m0c 2<br />

(4.48)<br />

(4.49)<br />

gegeben. Der beim Durchgang durch die Probe erlittene Energieverlust wird durch das<br />

Massenabbremsvermögen S (stopping power), welches durch<br />

S = − 1 dE<br />

ρ dx<br />

1nicht relativistischer Fall nach Bethe (siehe [Bet33]):<br />

− dE<br />

dx = 4πe4 ρ Z<br />

NA<br />

A E ln<br />

<br />

1, 166 E<br />

<br />

Primärstrahlenergie ≤ 50 keV<br />

J<br />

(4.50)


88<br />

definiert ist, ausgedrückt. Die Anzahl Nj der durch das Element j erzeugten Röntgenquanten<br />

erhält man durch die Integration von Nj = (Qj/S)dE über E von der Anregungsenergie<br />

Ec bis zur Primärelektronenenergie E0. Die Größe Qj ist der Wirkungsquerschnitt für<br />

den elastischen Streufall eines Elektrons an einem Atomkern des Elements j mit der Ladung<br />

Z ·e in Abhängigkeit vom Streuwinkel. Da aber bereits Elektronen mit einer Energie<br />

E0 ≤ E ≤ Ec die Probe verlassen können, muss für Nj eine Mittelwertberechnung über<br />

alle Elektronenbahnen vorgenommen werden.<br />

Nj =<br />

E0<br />

E≤Ec<br />

E0<br />

Qj<br />

dE = R ·<br />

S Ec<br />

Qj<br />

dE (4.51)<br />

S<br />

Der Ordnungszahlfaktor Zj für das Element j einer unbekannten Probe wird dann aus<br />

dem Verhältnis<br />

Zj = Rj<br />

R ∗ j<br />

E0<br />

Ec<br />

E0<br />

Ec<br />

Qj<br />

S dE<br />

Qj<br />

S∗ dE<br />

= Rj<br />

R ∗ j<br />

E0<br />

Ec<br />

E0<br />

Ec<br />

dE<br />

S<br />

dE<br />

S∗ (4.52)<br />

berechnet. Die nicht mit ∗ gekennzeichneten Parameter entsprechen den Werten für die<br />

Standardproben und die markierten Parameter (∗) stehen für die Faktoren der untersuchten<br />

Probe. Es wird deutlich, dass die Materialunterschiede in den Rückstreufaktoren R<br />

und dem Massenabbremsvermögen S die Grundlage für die Z-Korrektur bilden.<br />

Der Elektronenrückstreufaktor R wurde von Duncumb und Reed (1968) [Dun68] eingeführt<br />

und von Yakowitz (1973) [Yak73] in Abhängigkeit vom Spannungskoeffizienten<br />

U = E0/Ec und der Ordnungszahl Z berechnet.<br />

Rj = R ′<br />

1 − R ′<br />

<br />

2ln R ′<br />

<br />

3Zj + 25<br />

(4.53)<br />

mit: R ′<br />

1 = 8, 73 · 10 −3 U 3<br />

− 0, 1669U 2<br />

+ 0, 9662U + 0, 4523 (4.54)<br />

R ′<br />

2 = 2, 703 · 10 −3 R<br />

U 3 −2<br />

− 5, 182 · 10 U 2<br />

+ 0, 302U − 0, 1836 (4.55)<br />

′<br />

3 =<br />

<br />

0, 887 U 3 − 3, 44 U 2 + 9, 33 <br />

U − 6, 43 / U 3<br />

(4.56)<br />

Die Ergebnisse der Ordnungszahlkorrekturrechnung für die Si-Kα- und Ge-Kα-Linie in<br />

Si1−xGex sind in der Tabelle 4.7 aufgeführt. Die blau markierten Werte entsprechen den<br />

jeweiligen Standardwerten für das Abbremsvermögen S und für den Rückstreufaktor R.<br />

Die Rechnung zeigt, dass eine Korrektur bezüglich Z dann notwendig ist, wenn eine<br />

große Abweichung der Ordnungszahl des zu analysierenden Elements von der Matrix<br />

vorhanden ist. Da die Ordnungszahl von Germanium höher als die mittlere Ordnungszahl<br />

von Si1−xGex mit 0 ≤ x < 1 ist, ergibt sich immer ein Korrekturfaktor ZGe größer als 1. Der<br />

Korrekturfaktor für Silizium ist in Si1−xGex mit 0 < x < 1 immer kleiner als 1. Bei einer<br />

Germaniumkonzentration von 10 at.% beträgt ZGe aufgrund der hohen Rückstreuung R<br />

mehr als 350 % gegenüber dem Standard.<br />

Für eine Primärelektronenstrahlenergie von E0 = 200 keV können die Ergebnisse der


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 89<br />

Z-Korrektur E0 = 200 keV −→ β = 0, 88474872 −→ γ = 2, 14560807<br />

Silizium : Germanium :<br />

ZSi = 14 ZGe = 32<br />

ASi = 28, 0855 g<br />

AGe = 72, 6100 mol g<br />

mol<br />

ESi c = 1, 84 keV EGe c = 11, 1 keV<br />

Für Si-Kα<br />

USi = 108, 695652<br />

JSi = 172, 253364 JGe = 342, 756789 (n. Glg. 4.46)<br />

SSi = 2490, 39 SGe = 2725, 81 (n. Glg. 4.45 & 4.50)<br />

R ′<br />

1 = 9344, 758579 R ′<br />

2 = 32891, 625802 R ′<br />

3 = 0, 856137<br />

RSi = −1095, 563735 RGe = −2102, 717761 (n. Glg. 4.53)<br />

x J S ∗ R ∗ ZSi<br />

0 Abs 172,13 -3,73E-27 -1095,6 1<br />

0,1 188,87 -3,64E-27 -1213,6 0,92441<br />

0,2 205,70 -3,57E-27 -1327,0 0,86084<br />

0,3 222,61 -3,52E-27 -1436,1 0,80679<br />

0,4 239,59 -3,48E-27 -1541,3 0,76035<br />

0,5 256,62 -3,45E-27 -1642,8 0,72003<br />

0,6 273,69 -3,42E-27 -1740,8 0,68473<br />

0,7 290,79 -3,40E-27 -1835,6 0,65357<br />

0,8 307,92 -3,38E-27 -1927,4 0,62585<br />

0,9 325,08 -3,37E-27 -2016,4 0,60104<br />

1 342,27 -3,35E-27 -2102,7 0,57870<br />

Für Ge-Kα<br />

UGe = 18, 018018<br />

SSi = 2502, 03 SGe = 2739, 24 (n. Glg. 4.45 & 4.50)<br />

R ′<br />

1 = 14, 743801 R ′<br />

2 = 4, 245814 R ′<br />

3 = 0, 723719<br />

RSi = −0, 367537 RGe = −1, 706641 (n. Glg. 4.53)<br />

x J S ∗ R ∗ ZGe<br />

0 172,13 -3,54E-27 -0,36754 4,1809<br />

0,1 188,87 -3,46E-27 -0,52212 3,0137<br />

0,2 205,7 -3,39E-27 -0,67128 2,3869<br />

0,3 222,61 -3,35E-27 -0,81537 1,9931<br />

0,4 239,59 -3,31E-27 -0,95473 1,7216<br />

0,5 256,62 -3,28E-27 -1,0897 1,5225<br />

0,6 273,69 -3,25E-27 -1,2204 1,3698<br />

0,7 290,79 -3,23E-27 -1,3473 1,2489<br />

0,8 307,92 -3,21E-27 -1,4705 1,1505<br />

0,9 325,08 -3,20E-27 -1,5902 1,0689<br />

1 342,27 -3,19E-27 -1,7066 1<br />

Tabelle 4.7: Ordnungszahlkorrektur für die Si-Kα- und Ge-Kα-Linie in Si1−xGex in<br />

Abhängigkeit von der Germaniumkonzentration x mit den im Kopf der Tabelle gegebenen<br />

Parametern.


90<br />

Z-Korrektur für die Si-Kα- und Ge-Kα-Strahlung in Si1−xGex aus der Tabelle 4.7 zu den<br />

folgenden zwei Gleichungen zusammengefasst werden (vgl. Abb. 4.22):<br />

ZSi (x) = 0, 11667 · x 4 − 0, 41768 · x 3 + 0, 69970 · x 2<br />

−0, 81991 · x + 1 (4.57)<br />

ZGe (x) = 11, 0262 · x 4 − 28, 91258 · x 3 + 28, 33561 · x 2<br />

−13, 61282 · x + 4, 18090 (4.58)<br />

Hierbei ist x die Germaniumkonzentration. Die Abb. 4.22 verdeutlicht graphisch den<br />

Zusammenhang zwischen dem Z-Korrekturfaktor und der Probenzusammensetzung. Die<br />

Abweichungen zwischen den in der Tabelle 4.7 errechneten Werten und den genäherten<br />

Werten, die man mittels der Formeln 4.57 und 4.58 erhält, sind viel kleiner als Ein-<br />

Promille. Daher basieren die weiteren Korrekturrechnungen am System (Si,Ge) auf diesen<br />

beiden Gleichungen (4.57 und 4.58).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 91<br />

Abbildung 4.22: Ordnungszahlkorrekturfaktor Z in Si1−xGex in Abhängigkeit von der<br />

Konzentration x, a) ZSi für die Si-Kα-Linie, b) ZGe für die Ge-Kα-Linie.<br />

Parameter: Primärelektronenenergie E0 = 200 keV .


92<br />

4.4.3 Fluoreszenzkorrektur / Fluoreszenzfaktor F<br />

Bei der Fluoreszenzkorrektur wird berücksichtigt, dass die charakteristische Ionisation<br />

der Probenatome nicht nur aufgrund der Energie der Primärelektronen sondern auch von<br />

Quanten des hochenergetischen Bremsspektrums und von den charakteristischen Röntgenstrahlungen<br />

von bereits ionisierten Atomen erfolgen kann, wenn deren Energie größer als<br />

die Anregungsenergie Ec ist. Beispielsweise können Quanten der Ge-Kα-Linie mit ihrer<br />

charakteristischen Energie von E = 9, 89 keV Siliziumatome ionisieren und die Si-Kα-<br />

Strahlung mit einer Energie Ec = 1, 84 keV auslösen. Somit werden erhöhte Silizium- und<br />

niedrigere Germaniumintensitäten detektiert.<br />

Mit dem Verhältnis<br />

Fi =<br />

<br />

1 + <br />

j<br />

I f<br />

ij<br />

Ii<br />

<br />

/<br />

<br />

1 + <br />

j<br />

I f<br />

ij<br />

Ii<br />

∗<br />

(4.59)<br />

wird diese störende Fluoreszenz berücksichtigt. Der Fluoreszenzfaktor I f<br />

ij /Ii besteht aus<br />

den Intensitätsverhältnissen der Strahlung des Elements i, welche aufgrund von Fluoreszenzerscheinungen<br />

der charakteristischen Strahlung des Elements j ausgelöst wurde, und<br />

der von den Primärstrahlelektronen generierten Strahlung des Elements i. Die Korrektur<br />

für die Fluoreszenz wurde von Reed (1965) [Ree65] durch die folgenden Terme mathematisch<br />

beschrieben.<br />

I f<br />

ij<br />

Ii<br />

mit: Y0 = 0, 5 ri − 1<br />

Y1 =<br />

Y2 =<br />

Y3 =<br />

= cjY0Y1Y2Y3Pij (4.60)<br />

ri<br />

Ai<br />

ωj<br />

Aj<br />

<br />

Uj − 1 / Ui − 1<br />

<br />

µ µ<br />

/<br />

ρ ij ρ j<br />

ln (1 + u)<br />

+<br />

u<br />

ln (1 + v)<br />

v<br />

1,67<br />

(4.61)<br />

mit: U = E0/Ec (4.62)<br />

(4.63)<br />

(4.64)<br />

Hierbei ist Ai das Atomgewicht des interessierenden Elements i und Aj steht für das Atomgewicht<br />

des Elements j, welches die störende Fluoreszenz verursacht. Für die Anregung<br />

einer K-Linie beträgt der Faktor (ri − 1) /ri in Y0 (Glg. 4.61) 0, 88. Für eine L-Linie ist<br />

dieser Faktor ungefähr 0, 75. Der Parameter ωj ist das Fluoreszenzvermögen des Elements<br />

j und ist z.B. in [Gol81] tabellarisch aufgeführt (mit ωK Si = 0, 038 und ωK Ge = 0, 508). In<br />

dem Faktor Y3 wird der Absorptionsweg in Abhängigkeit vom Einstrahlwinkel bzw. von


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 93<br />

der Probengeometrie durch<br />

u =<br />

v =<br />

χ<br />

<br />

µ<br />

ρ<br />

j<br />

E 1,65<br />

0<br />

3, 3 · 10 5<br />

− E 1,65<br />

c<br />

µ<br />

ρ<br />

<br />

j<br />

(4.65)<br />

(4.66)<br />

berücksichtigt (Ec ist die Anregungsenergie des Elements j). Die Massenabsorptionskoeffizienten<br />

in Glg. 4.63, 4.65 und 4.66 werden nach Glg. 4.24 berechnet. Der Faktor Pij in<br />

der Glg. 4.60 berücksichtigt die Art der anregenden (erster Buchstabe) und angeregten<br />

Linie (zweiter Buchstabe).<br />

⎧<br />

⎨ 1, 00 : KK oder LL<br />

Pij = 4, 76 : LK<br />

(4.67)<br />

⎩<br />

0, 24 : KL<br />

Wenn die Standardprobe aus nur einem Element besteht oder die Fluoreszenz des Elements<br />

i aufgrund der Röntgenquanten eines anderen Elements ausgeschlossen ist, so vereinfacht<br />

sich die Glg. 4.59 zu<br />

Fi = 1/<br />

<br />

1 + <br />

j<br />

I f<br />

ij<br />

Ii<br />

∗<br />

. (4.68)<br />

Die nach der oben angeführten Methode berechneten Korrekturwerte FSi für die Si-Kα-<br />

Strahlung in Si1−xGex sind in der Tabelle 4.8 aufgeführt. Für eine Germaniumkonzentration<br />

von x = 0, d.h. bei reinem Silizium, muss keine Korrektur vorgenommen werden. Mit<br />

steigender Germaniumkonzentration steigt auch der Anteil der Si-Kα-Quanten, die durch<br />

die Energie der Ge-Kα-Strahlung generiert werden. Dieser Anteil ist durch das Verhältnis<br />

I f<br />

ij /Ii<br />

<br />

(siehe Tab. 4.8) gegeben. Bei einer Probenzusammensetzung von 90 at.% Silizium<br />

und 10 at.% Germanium wird ca. 4 % der Si-Kα-Strahlung durch die Anregung mit<br />

Ge-Kα-Quanten der Energie Ec = 11, 1 keV erzeugt. In diesem Fall beträgt der Korrekturfaktor<br />

FSi ca. 0, 96. Bei xGe = 0, 9 werden über 28 % der Si-Kα-Quanten aufgrund des<br />

Germaniumanteils erzeugt. Bei dieser Zusammensetzung wird die Menge der detektierten<br />

Si-Kα-Quanten durch den Faktor FSi = 0, 78 korrigiert.<br />

Bei der graphischen Darstellung der FSi-Korrekturfaktoren aus der Tabelle 4.8 in Abhängigkeit<br />

von der Germaniumkonzentration x (siehe Abb. 4.23) wird deutlich, dass diese<br />

Abhängigkeit mathematisch sehr gut durch die folgende Polynomgleichung beschrieben<br />

wird.<br />

FSi = 0, 1123456797 · x 4 − 0, 3071098941 · x 3<br />

+0, 3708773406 · x 2 − 0, 4115070121 · x + 1 (4.69)


94<br />

Tabelle 4.8: Fluoreszenzkorrektur für die zusätzliche Anregung der Si-Kα-Strahlung durch das Bremsspektrum und durch<br />

die Ge-Kα-Linie in Si1−xGex in Abhängigkeit von der Germaniumkonzentration x mit den in der Tabelle gegebenen<br />

Parametern.<br />

0 32,70 325,0 136,697248 8,838375 1,625409 0,852520 0 1<br />

0,1 33,32 739,5 134,153661 19,736493 1,595164 0,751457 0,040009 0,961530<br />

0,2 33,94 1154,0 131,703005 30,236448 1,566024 0,715574 0,074805 0,930402<br />

0,3 34,56 1568,5 129,340278 40,359668 1,537930 0,697814 0,107459 0,902968<br />

0,4 35,18 1983,0 127,060830 50,126073 1,510826 0,687831 0,138740 0,878163<br />

0,5 35,80 2397,5 124,860335 59,554199 1,484661 0,681931 0,168960 0,855461<br />

0,6 36,42 2812,0 122,734761 68,661324 1,459387 0,678443 0,198281 0,834529<br />

0,7 37,04 3226,5 120,680346 77,463567 1,434958 0,676497 0,226803 0,815127<br />

0,8 37,66 3641,0 118,693574 85,975985 1,411335 0,675592 0,254595 0,797070<br />

0,9 38,28 4055,5 116,771160 94,212662 1,388476 0,675418 0,281709 0,780209<br />

1 38,90 4470,0 114,910026 102,186782 1,366346 0,675775 0,308183 0,764419<br />

Si1−xGex (µ/ρ) j (µ/ρ) i Y2 u v Y3<br />

Y1 = 0, 05120296 (n. Glg. 4.62) A <br />

I f<br />

ij /Ii<br />

<br />

FSi<br />

x (Glg. 4.24) (Glg. 4.63) (Glg. 4.65) (Glg. 4.66) (Glg. 4.64) (Glg. 4.60) (Glg. 4.68)<br />

ω K Ge = 0, 508 Y0 = 0, 08645739 (n. Glg. 4.61) A<br />

Für Si-Kα<br />

USi = 114, 9425287<br />

UGe = 20, 2224469<br />

Silizium : Germanium :<br />

ZSi = 14 ZGe = 32<br />

ASi = 28, 0855 g<br />

AGe = 72, 61 mol g<br />

mol<br />

<br />

µ<br />

in ρ<br />

cm2 : in Si in Ge<br />

g<br />

Si-Kα : Ec = 1, 84 keV 325 4470<br />

Ge-Kα : Ec = 11, 1 keV 32, 7 38, 9<br />

F-Korrektur E0 = 200 keV ψ = 78, 1 ◦ α = 54, 7 ◦


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 95<br />

Abbildung 4.23: Fluoreszenzkorrekturfaktor FSi in Si1−xGex in Abhängigkeit von der Konzentration<br />

x.<br />

Parameter: Primärelektronenenergie E0 = 200 keV , Facettenwinkel α = 54, 7 ◦ Detektorwinkel<br />

ψ = 78, 1 ◦ .<br />

Da die Energie der Si-Kα-Strahlung mit Ec = 1, 84 keV deutlich kleiner ist als die für die<br />

Generierung der Ge-Kα-Quanten notwendige Ionisationsenergie, gilt für die Germaniumbestimmung<br />

im System Si1−xGex:<br />

FGe = 1 . (4.70)<br />

Für die im nächsten Abschnitt folgenden Zusammensetzungsbestimmungen von Si1−xGex-<br />

Inseln wird die Fluoreszenzkorrektur der Si-Kα-Strahlung durch die Glg. 4.69 berücksichtigt.<br />

Das im Rahmen der Arbeit entwickelte standardlose Auswertungsverfahren für EDX-<br />

Spektren ist eine modifizierte Methode des gut bekannten ZAF-Algorithmus für nicht elektronentransparente<br />

Proben (z.B. REM) (siehe z.B. [Gol81]). Die berechneten Abhängigkeiten<br />

der einzelnen Korrekturfaktoren (Glg. 4.42, 4.44, 4.57, 4.58, 4.69 und 4.70) gelten nur<br />

für das binäre System Silizium-Germanium. Im Hinblick auf die aus TEM-Abbildungen<br />

ermittelten durchstrahlten Probendicken (siehe Abschnitte 4.4.5) wurde für die Berechnung<br />

der Absorptionsfaktoren ASi und AGe eine maximale Probendicke von t = 200 nm<br />

gewählt. Daher gelten die Berechnungen streng genommen nur bis zu einer maximalen<br />

Probendicke von t = 200 nm.


96<br />

Abbildung 4.24: Dreidimensionale Darstellung der Elektronenstrahlaufweitung zur Berechnung<br />

der lateralen Auflösung von EDX-Messungen.<br />

Das rot markierte Volumen ist das Anregungsvolumen, in welchem Röntgenstrahlen generiert<br />

werden. Der blau eingezeichnete Zylinder hat das gleiche Volumen wie der Anregungsbereich,<br />

sein doppelter Radius 2rZyl entspricht der lateralen Auflösung einer EDX-<br />

Messung mit einem Primärelektronenstrahl, dessen Durchmesser 2σ ist.<br />

4.4.4 Strahlaufweitung: laterale Auflösung<br />

Der Strahldurchmesser 2σ und die Dicke t der Probe beeinflussen entscheidend die laterale<br />

Auflösung der EDX-Messung. Das Volumen, in dem die Röntgenquanten generiert<br />

werden, ist durch die eindringtiefenabhängige Standardabweichung (Glg. 4.32) gegeben.<br />

Das Anregungsvolumen VA kann wie das Rotationsvolumen eines Körpers, der sich um die<br />

R-Achse dreht, berechnet werden (siehe Abb. 4.24). Die stetige Funktion Σ (z) begrenzt<br />

den Rotationskörper.<br />

VA = π<br />

t<br />

0<br />

[Σ (z)] 2 dz = π<br />

t<br />

0<br />

<br />

σ 2 + 1<br />

2 βz3<br />

<br />

dz = π σ 2 t + 1<br />

8 βt4<br />

<br />

(4.71)


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 97<br />

Die laterale Auflösung einer EDX-Messung entspricht dem doppelten Radius rZyl eines<br />

!<br />

Zylinders der Länge t mit dem Volumen VZyl = VA.<br />

VZyl = πr 2 Zylt ! <br />

= π σ 2 t + 1<br />

8 βt4<br />

<br />

(4.72)<br />

Folglich ergibt sich für den Zylinderradius folgende Abhängigkeit von der Probendicke t:<br />

<br />

rZyl = σ2 + 1<br />

8 βt3 (4.73)<br />

Durch die Beziehung 4.74 wird die von der Eindringtiefe z abhängige Lage des Schnittkreises<br />

(siehe Abb. 4.24; grüner Kreis) vom Zylinder und Anregungsvolumen berechnet.<br />

bzw.:<br />

<br />

rZyl<br />

σ 2 + 1<br />

8 βt3<br />

!<br />

= Σ (κt) (4.74)<br />

<br />

!<br />

= σ2 + 1<br />

β (κt)3<br />

(4.75)<br />

2<br />

!<br />

= 1<br />

2 κ3 .<br />

Die Lösung für die Glg. 4.75 erhält man aus dem direkten Vergleich der Beziehung 1<br />

8<br />

Damit folgt:<br />

κ = 3<br />

<br />

1<br />

≈ 0, 63 (4.76)<br />

4<br />

Die Betrachtungen zeigen, dass der durch die Elektronenstrahlaufweitung bedingte systematische<br />

Fehler durch den von der Probendicke t, von der Probenzusammensetzung und<br />

von der Beschleunigungsspannung abhängigen Zylinderradius rZyl gegeben ist (Glg. 4.73).<br />

Somit ist die Länge des Fehlerbalkens bezüglich der Korrelation zwischen Messwert und<br />

Ortskoordinate für jeden Messpunkt 2rZyl.


98<br />

Abbildung 4.25: Bestimmung der Probendicke mittels Kippung der Probe um den Winkel<br />

δ.<br />

a) verschiedene Inselansichten; b) Längenmessung l der projizierten Fläche (Einstrahlbedingung:<br />

Primärstrahl parallel [110]); c) Längenmessung l ′ = l1 +l2 = l·cosδ +t·sinδ der<br />

projizierten Fläche (Einstrahlbedingung: Kippung der Probe aus der unter a) beschriebenen<br />

Bedingung um den Winkel δ).<br />

4.4.5 Konzentrationsbestimmung<br />

Von Interesse ist die Germaniumkonzentration der Insel, insbesondere die Konzentrationsänderung<br />

über die Höhe der Si1−xGex-Insel. Aus den vorangegangenen Betrachtungen<br />

wurde deutlich, dass die Probendicke t entscheidenden Einfluss darauf hat, welches Verfahren<br />

zur Auswertung der Spektren herangezogen werden muss. Überschreitet die Probe<br />

die für das Dünnfilmkriterium maximal zulässige Dicke, so muss bei der Auswertung die<br />

Probendicke berücksichtigt werden. Hier kommt die zuvor beschriebene modifizierte ZAF-


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 99<br />

Abbildung 4.26: Nach Glg. 4.77 berechnete durchstrahlte Dicke ti der Si1−xGex-Insel in<br />

Abhängigkeit von der Inselhöhe hi.<br />

Methode zur Anwendung. Für die Zusammensetzungsanalyse mittels EDXS muss deshalb<br />

vorab eine Dickenbestimmung vorgenommen werden.<br />

Zur Bestimmung der durchstrahlten Materialdicke t bei den Si1−xGex-Inseln wird die<br />

Probe aus der [110]-Zonenachse entlang des (004)-Kikuchilinienbandes um den Winkel δ<br />

gekippt und anschließend die Länge l ′ der projizierten Fläche gemessen (vgl. Abb. 4.25).<br />

Die Dicke t berechnet sich aus den Informationen der beiden TEM-Bilder wie folgt:<br />

t = l′ − l · cosδ<br />

sinδ<br />

. (4.77)<br />

Zur Entscheidung, ob die Probendicke die kritische Dicke tmax übersteigt, muss die Germaniumkonzentration<br />

berücksichtigt werden (siehe Tab. 4.6). Nach Dorsch [Dor98] kann<br />

die Konzentration aus der Ge-Einwaage und aus der Inselgröße bestimmt werden.<br />

Die Abb. 4.26 zeigt die berechneten Inseldicken ti in Abhängigkeit von der Höhe hi für eine<br />

Si1−xGex-Insel mit einer Basislänge von 413 nm. Die Inselgröße und die beim Epitaxieprozess<br />

benutzte Germaniumeinwaage von 0, 25 g lassen eine mittlere Germaniumkonzentration<br />

von (25 ± 15) at.% vermuten. Somit liegen die experimentell bestimmten ti-Werte<br />

über dem für die Si-Kα-Linie maximalen Dickenwert t, bei dem das Dünnfilmkriterium<br />

noch erfüllt ist (vgl. Tab. 4.6). Für die Bestimmung des Germaniumgehalts innerhalb der<br />

Insel ist die<br />

xGe<br />

xSi<br />

= 1 − xSi<br />

xSi<br />

= (Z · A · F ) Ge (x, t) IGe<br />

·<br />

(Z · A · F ) Si (x, t) ISi<br />

(4.78)<br />

Gleichung anzuwenden. Der Proportionalitätsfaktor (Z · A · F ) Ge / (Z · A · F ) Si ist durch<br />

die im vorhergehenden Abschnitt berechneten Beziehungen 4.42, 4.44, 4.57, 4.58, 4.69


100<br />

und 4.70 gegeben. Die Konzentrationsabhängigkeit der Korrekturfaktoren ZSi,Ge (xGe, t),<br />

ASi,Ge (xGe) und FSi (xGe) impliziert ein notwendiges Iterationsverfahren. Der Siliziumanteil<br />

wird anhand der Beziehung:<br />

xSi =<br />

(Z·A·F ) Ge<br />

(Z·A·F ) Si<br />

1<br />

· IGe<br />

ISi<br />

+ 1<br />

(4.79)<br />

berechnet. Die Ergebnisse der Gleichung 4.78 werden als Ausgangswerte für die Berechnung<br />

des Faktors (Z · A · F ) Ge / (Z · A · F ) Si genommen. Das gewählte Abbruchkriterium<br />

liegt bei einer Genauigkeit von 0, 00001 at.%.<br />

Abbildung 4.27: Skizze vom Inselrest (dunkelgraue<br />

Fläche). Unterteilung der Insel in<br />

die Bereiche 1○ mit dem Seitenwinkel α1 und<br />

2○ mit α2. Die gestreiften Flächen entsprechen<br />

dem beim Ionenstrahldünnen entstandenen<br />

Abtrag der Insel (grau).<br />

Ein weiterer Erkenntnisgewinn aus der Dickenmessung<br />

sind die Winkel der Seitenflächen,<br />

welche den nach dem Ionendünnen<br />

stehengebliebenen Inselrest begrenzen.<br />

Setzt man einen gleichmäßigen Abtrag von<br />

beiden Seiten voraus, so kann die Insel in<br />

Abb. 4.26 in zwei Bereiche mit den Seitenflächenwinkel<br />

α1 = 84 ◦ und α2 = 74 ◦<br />

unterteilt werden (siehe Abb. 4.27).<br />

Zur Bestimmung des Germaniumgehalts in<br />

Abhängigkeit von der Inselhöhe wurden entlang<br />

einer Linie punktweise EDX-Spektren<br />

aufgenommen. Um den Einfluss von sich<br />

bildenden Kontaminationen auf die Mes-<br />

sung so gering wie möglich zu halten, wurde die Scanrichtung vom Vakuum kommend,<br />

über die Insel, zum Substrat hin verlaufend gewählt. Die Konzentrationsberechnung aus<br />

den Nettosignalen der Si-Kα- und der Ge-Kα-Linie wurde einerseits anhand der Glg. 4.15<br />

(Annahme: hinreichend dünne Probe) und anderseits mittels der ZAF-Korrektur (Glg. 4.79)<br />

vorgenommen.<br />

4.4.6 Auswertung<br />

Probe: 1078; ω = 413 nm<br />

Die Tabelle 4.9 enthält die Ergebnisse der quantitativen Auswertung der Röntgenspektren<br />

für die in der Abb. 4.26 dargestellten Insel (Probe: 1078; ω = 413 nm). Bei der<br />

Gegenüberstellung der nach den zwei unterschiedlichen Verfahren berechneten Germaniumkonzentrationen<br />

wird deutlich, dass die nur aus den Intensitätsverhältnissen berechneten<br />

Germaniumkonzentrationen niedriger als die Werte der ZAF-Korrekturrechnung sind<br />

(siehe Abb. 4.28 b). Die prozentualen Abweichungen für alle Konzentrationswerte innerhalb<br />

der Insel betragen ca. 50 % (siehe Abb. 4.28 b). Die Beziehung ∆rZyl = ∆h gibt die<br />

laterale Ausdehnung des Messpunktes an, welche durch die Strahlaufweitung innerhalb


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 101<br />

ZAF-Korrektur<br />

hi ti ISi IGe km CGe CGe rZyl = ∆h<br />

in nm in nm in at.% in at.% in nm<br />

Bereich 2○ mit α2 = 59, 4 ◦ n. (ZAF ) Si n. Glg. 4.15 n. Glg. 4.73<br />

188 100 18,84 5,73 0,3041 35,71 19,04 1,35<br />

176 123 25,82 9,30 0,3602 38,44 21,79 1,62<br />

160 130 36,09 11,37 0,3150 35,59 19,59 1,68<br />

144 140 48,84 14,47 0,2963 34,51 18,64 1,79<br />

128 153 80,71 26,2 0,3246 36,04 20,07 1,99<br />

112 164 119,05 37,23 0,3127 35,35 19,47 2,15<br />

96 170 134,72 38,49 0,2857 33,79 18,10 2,22<br />

80 177 147,56 42,33 0,2869 33,84 18,16 2,33<br />

Bereich 1○ mit α1 = 78, 4 ◦<br />

64 180 160,82 44,16 0,2746 33,10 17,52 2,37<br />

48 183 170,21 42,12 0,2475 31,41 16,06 2,39<br />

32 187 176,73 34,76 0,1967 27,91 13,20 2,40<br />

16 187 184,66 23,84 0,1291 22,22 9,08 2,30<br />

0 187 209,74 5,37 0,0256 7,71 1,94 2,04<br />

Substrat<br />

-16 187 222,93 0,69 0,0031 1,22 0,24 1,93<br />

-32 187 230,42 0,48 0,0021 0,84 0,16 1,93<br />

-48 187 233,28 0,70 0,0030 1,19 0,23 1,93<br />

-64 187 231,78 0,41 0,0018 0,72 0,14 1,92<br />

-80 187 247,46 0,47 0,0019 0,77 0,15 1,93<br />

Tabelle 4.9: Nach der ZAF-Methode berechnete Germaniumkonzentrationen in Abhängigkeit<br />

von der Inselhöhe (Probe: 1078); (E0 = 200 keV , σ = 1 nm und ψ = 78, 1 ◦ ). Die<br />

Parameter ISi und IGe sind die Nettointensitäten der Si-Kα- bzw. der Ge-Kα-Linie. Die<br />

Beziehung ∆rZyl = ∆h gibt die Strahlaufweitung am Messpunkt an.


102<br />

Abbildung 4.28: EDX-Auswertung einer Si1−xGex-Insel der Probe 1078 mit einer Basisbreite von ω = 413nm.<br />

a) Hellfeldaufnahme der Si1−xGex-Insel mit Zonenachsenorientierung [110].<br />

b) Auswertung der EDX-Spektren in Abhängigkeit von der Inselhöhe. Die Punktspektren wurden entlang einer vertikal über<br />

die Inselmitte verlaufenden Linie aufgenommen ([001]-Richtung). Die Aufnahme der Spektren erfolgte von der Inselspitze<br />

zur Inselbasis ins Si-Substrat.<br />

c) ZAF-Korrekturfaktoren (aufgetragen in Abhängigkeit von der Inselhöhe).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 103<br />

Abbildung 4.29: EDX-Auswertung eines horizontal verlaufenden Linienscans über eine<br />

Si1−xGex-Insel der Probe 1078 mit einer Basisbreite von ω = 413 nm.<br />

a) Hellfeldabbildung der Si1−xGex-Insel (Zonenachsenorientierung in [110]).<br />

b) EDX-Auswertung (Dünnfilmnäherung). Die Spektrenaufnahme erfolgte entlang der in<br />

der Abb. a) horizontal zur Substrat-Insel-Grenzfläche verlaufenden gelb markierten Linie.


104<br />

der Probe bedingt ist (berechnet nach Glg. 4.73 in Abschn. 4.4.4). Dieser Wert liegt zwischen<br />

1, 6 nm und 2, 4 nm.<br />

Die sehr große Differenz zwischen den mittels der Dünnfilmnäherung und den mit der<br />

modifizierten ZAF-Methode berechneten Germaniumkonzentrationen hat seine Ursache<br />

in der starken Absorption der Si-Kα-Quanten (ASi) und einer starken Abbremsung der<br />

beschleunigten Elektronen (ZGe und ZSi), welche hauptsächlich durch die Wechselwirkung<br />

mit den Elektronenhüllen der Targetatome verursacht wird. Beide Effekte werden<br />

bei der Dünnfilmauswertung vernachlässigt. In der Abb. 4.28 c sind die Korrekturfaktoren<br />

ASi, AGe, ZSi, ZGe und FSi in Abhängigkeit von der Inselhöhe einzeln aufgetragen.<br />

Hier kann man deutlich erkennen, dass der Anteil der Si-Kα-Strahlung, welcher durch<br />

Ge-Kα-Quanten angeregt wurde, vernachlässigbar klein ist (FSi ≈ 1). Weiterhin kann die<br />

Absorption der Ge-Kα-Strahlung innerhalb der Si1−xGex-Insel bei der Auswertung der<br />

EDX-Spektren vernachlässigt werden (AGe ≈ 1). Der Einfluss der ZGe- und ZSi-Faktoren<br />

auf die Korrekturrechnung ist einfacher durch die Auswertung des Verhältnisses ZGe<br />

ZSi zu<br />

interpretieren. Im Bereich des Si-Substrats liegt kein bzw. nur sehr wenig Germanium vor,<br />

d.h. der Anteil der starken Streuer ist in diesem Bereich viel kleiner als im Inselbereich.<br />

<br />

.<br />

Somit ist ZGe<br />

ZSi<br />

Sub<br />

< ZGe<br />

ZSi<br />

Insel<br />

Die Konzentrationsprofile erlauben - ähnlich wie bei der Zusammensetzungsbetrachtung<br />

anhand der Verspannungsfeldauswertung (siehe Abschn. 4.3.4) - eine Unterteilung der<br />

Si1−xGex-Insel in zwei Bereiche. Im unteren Inseldrittel (Bereich I) steigt die mittels<br />

der modifizierten ZAF-Methode berechnete Germaniumkonzentration von 1, 2 at.% auf<br />

33 at.% monoton an. Im darüberliegenden Bereich II liegt eine homogene Konzentrationsverteilung<br />

von ca. 35 at.% Germanium vor.<br />

Aus Punktspektren, deren Aufnahme entlang einer Linie parallel zur Substrat-Insel-Grenzfläche<br />

verlief, konnte eine konstante Germaniumkonzentration bei konstant bleibender Inselhöhe<br />

festgestellt werden (siehe Abb. 4.29). Ausnahmen bilden allerdings die Inselränder<br />

an denen der Germaniumgehalt abnimmt. Daher ist die Auswertung von Spektren, die<br />

in Abhängigkeit von der Inselhöhe aufgenommen worden sind, ausreichend für eine komplette<br />

Analyse des Germaniumgehalts innerhalb der Si1−xGex-Insel.<br />

Der mittlere Germaniumgehalt innerhalb der untersuchten Insel (Abb. 4.28 a) beträgt<br />

ca. 19 at.%. Damit liegt dieser Wert unterhalb der von Dorsch (Glg. 4.4) anhand der<br />

Inselgröße berechneten mittleren Germaniumkonzentration von ca. 22 at.%.<br />

Probe: 1082; ω = 141 nm<br />

Die Abb. 4.30 zeigt die EXD-Auswertung einer Insel der Probe 1082 mit einer Basislänge<br />

ω = 141 nm. Die Analyse der Punktspektren mittels der ZAF-Korrekturmethode ergibt<br />

einen Germaniumanstieg von der Inselbasis zur Inselmitte mit einem Germaniumgehalt<br />

von ca. 25 at.%. In der oberen Inselhälfte wurde ein konstanter Ge-Anteil von durchschnittlich<br />

28 at.% errechnet. Somit kann auch hier die Unterteilung in zwei Bereiche I<br />

und II vorgenommen werden (vgl. Abb. 4.30 b).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 105<br />

Der über die gesamte Insel gemittelte Germaniumgehalt liegt bei ungefähr 15 at.%. Dieser<br />

Wert widerspricht den Berechnungen des Konzentrationsgehaltes anhand der geometrischen<br />

Ausmaße der Insel nach Dorsch [Dor98] und Gao [Gao94] (siehe Tab. 4.1).<br />

Probe: 1090; ω = 117 nm<br />

Im Fall der Probe 1090 ergeben die Konzentrationsbetrachtungen mittels EDX ein ähnliches<br />

Zusammensetzungsprofil wie in den bereits analysierten Inseln. Auch hier ist eine<br />

Unterteilung der Inseln in zwei Bereiche zulässig (vgl. Abb. 4.31 b). Der Bereich I zeichnet<br />

sich durch eine mit der Höhe konstant steigende Germaniumkonzentration aus. Der Maximalwert<br />

von 30 at.% in diesem Inselbereich wird bei einer Inselhöhe von 30 nm erreicht.<br />

Im zweiten Bereich (II) nimmt der Germaniumgehalt nur leicht zu (max. 35 at.%). Vereinfacht<br />

wird im oberen Inselbereich ein Konzentrationsplateau mit Ge von ca. 33 at.%<br />

angenommen.<br />

Die ZAF-Auswertung für die in der Abb. 4.31 a gezeigte Insel ergab einen durchschnittlichen<br />

Germaniumgehalt von ca. 23 at.%.<br />

Probe: 1005; ω = 90 nm<br />

Die Abb. 4.32 b zeigt exemplarisch die EDX-Auswertung unter Anwendung der Dünnfilmund<br />

der modifizierten ZAF-Methode einer kleinen Si1−xGex-Insel der Probe 1005 (Abb.<br />

4.32 a). Die Konzentrationsprofile dieser Inseln unterscheiden sich deutlich von denen<br />

der Inseln der Proben: 1078, 1082 und 1090. Die Auswertung der kleinen Insel ergab eine<br />

steigende Germaniumkonzentration über die gesamte Insel. Im Bereich der Inselbasis<br />

beträgt die Germaniumkonzentration 12 at.%. Der maximale gemessene Germaniumgehalt<br />

mit 55 at.% liegt unterhalb der Inseldeckfläche vor. Weiterhin ist die relativ hohe<br />

Germaniumkonzentration im Substratbereich markant. Eine Ursache hierfür ist der hohe<br />

Fluoreszenzfaktor FSi ≈ 0, 75 (vgl. Abb. 4.32 c).<br />

Die Gesamtgermaniumkonzentration der in Abb. 4.32 a analysierten Si1−xGex-Insel beträgt<br />

ca. 22 at.%.


106<br />

Abbildung 4.30: EDX-Auswertung einer Si1−xGex-Insel der Probe 1082 mit einer Basisbreite von ω = 141 nm.<br />

a) Hellfeldaufnahme der Si1−xGex-Insel mit Zonenachsenorientierung [110].<br />

b) Auswertung der EDX-Spektren in Abhängigkeit von der Inselhöhe. Die Punktspektren wurden entlang einer vertikal über<br />

die Inselmitte verlaufende Linie aufgenommen ([001]-Richtung).<br />

c) ZAF-Korrekturfaktoren (aufgetragen in Abhängigkeit von der Inselhöhe).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 107<br />

Abbildung 4.31: EDX-Auswertung einer Si1−xGex-Insel der Probe 1090 mit einer Basisbreite von ω = 117 nm.<br />

a) Hellfeldaufnahme der Si1−xGex-Insel mit Zonenachsenorientierung [110].<br />

b) Auswertung der EDX-Spektren in Abhängigkeit von der Inselhöhe. Die Punktspektren wurden entlang einer vertikal über<br />

die Inselmitte verlaufende Linie aufgenommen ([001]-Richtung).<br />

c) ZAF-Korrekturfaktoren (aufgetragen in Abhängigkeit von der Inselhöhe).


108<br />

Abbildung 4.32: EDX-Auswertung einer Si1−xGex-Insel der Probe 1005 mit einer Basisbreite von ω = 90 nm.<br />

a) Hellfeldaufnahme der Si1−xGex-Insel mit Zonenachsenorientierung [110].<br />

b) Auswertung der EDX-Spektren in Abhängigkeit von der Inselhöhe. Die Punktspektren wurden entlang einer vertikal über<br />

die Inselmitte verlaufende Linie aufgenommen ([001]-Richtung).<br />

c) ZAF-Korrekturfaktoren (aufgetragen in Abhängigkeit von der Inselhöhe).


(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen 109<br />

4.5 Diskussion<br />

Die analytischen Betrachtungen der Si1−xGex-Inseln anhand der Verspannungsfelder und<br />

der EDX-Punktspektren-Auswertung nach der modifizierten ZAF-Methode ergaben Konzentrationsprofile<br />

in Abhängigkeit von der Inselhöhe, welche die Unterteilung der Inseln<br />

in zwei Bereiche I und II erlaubt. Im unteren Inselbereich I verläuft ein Konzentrationsgradient<br />

mit der geringsten Germaniumkonzentration im Bereich der Si-Grenzfläche und<br />

dem maximalen Germaniumgehalt bei ca. der halben Inselhöhe. Der obere Inselbereich II<br />

zeichnet sich durch eine konstante Germaniumkonzentration aus.<br />

Als eine Ursache für den Konzentrationsgradienten wird eine Anreichung der LPE-Lösung<br />

mit Siliziumatomen aus dem Substrat vermutet. Als Ursache wird ein Rücklösungsprozess<br />

von Substratmaterial in die Si-Ge-Bi Lösung angenommen, welcher zu einer lokalen<br />

Änderung des Silizium-Germaniumverhältnisses in der Si-Ge-Bi Lösung führt. Dies würde<br />

wiederum eine Übersättigung der Lösung mit Siliziumatomen bewirken, welche während<br />

der Bildung des Bereiches I der Si1−xGex-Insel minimiert wird. Nach dem Abschluss der<br />

Formation des Inselbereiches I ist die lokale Anreichung mit Silizium aufgebraucht. Mit<br />

der nun wieder homogenen LPE-Lösung wird die Inselspitze geformt.<br />

Eine weitere Theorie beruht auf der Diffusion von Si-Substratatomen während des Wachstums<br />

des Inselbereiches I. Die Siliziumatome diffundieren von Orten mit hoher Gitterkompression<br />

(Inselumgebung) zu Stellen mit großer Gitteraufweitung (Si1−xGex-Insel).<br />

Ein Indiz für beide Theorien sind die Vertiefungen im Siliziumsubstrat um die Si1−xGex-<br />

Inseln. Die in die Inseln eingebauten Siliziumatome fehlen nun im Siliziumsubstrat und<br />

hinterlassen tiefe Gräben. Die Ausmaße dieser Vertiefungen zeigt die Abb. 4.33. Die rot<br />

markierte gestrichelte Linie gibt das Niveau der Substrat-Insel-Grenzfläche an. Die unterhalb<br />

dieser Linie und dem Substrat eingeschlossende Fläche verdeutlicht die Ausmaße<br />

des Siliziumabtrags.<br />

Abbildung 4.33: Vertiefungen im Siliziumsubstrat um eine Si1−xGex-Insel. Die rote gestrichelte<br />

Linie gibt das Niveau der Insel-Substrat-Grenzfläche an.


110


Kapitel 5<br />

Steuerung des<br />

(Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch<br />

Kristalldefekte<br />

5.1 Probenaufbau<br />

In diesem Teil werden (Si,Ge)-Inseln untersucht, welche mittels LPE auf<br />

einer LPCVD-(Si,Ge)-Schicht gewachsen worden sind. In der LPCVD-<br />

Schicht bilden sich während der Temperung im LPE-Reaktor unter der<br />

Zufuhr von H2 Defekte. Die Defekte verursachen eine starke Vorstrukturierung<br />

der LPCVD-Schichtoberfläche, welche das Inselwachstum stark<br />

beeinflusst.<br />

Im vorhergehenden Kapitel wurde das Wachstum von (Si,Ge)-Inselstrukturen auf unverspanntem<br />

Silizium untersucht. Die Form und Größe der entstandenen Inseln wurden<br />

hierbei durch die Anisotropieeigenschaften und die Reichweite des Verspannungsfeldes<br />

innerhalb des Substrats geprägt. Wird die Anisotropie des als Substrat fungierenden Materials<br />

beeinflusst, zum Beispiel durch verspannte Zwischenschichten, so ändern sich die<br />

Größe und die Form der aufwachsenden Inseln deutlich.<br />

Dies soll an den folgenden Beispielen erläutert werden, bei denen (Si,Ge)-Schichten über<br />

das Stadium von verspannten Zwischenschichten erzeugt wurden. Als Zwischenschicht<br />

wurde eine 90 nm dicke Silizium-Germanium-Schicht mit 23 at.% Ge mittels dem Niederdruckverfahren<br />

der chemischen Gasphasenepitaxie (LPCVD - Low Pressure Chemical<br />

Vapour Deposition) auf (001)-orientiertem Siliziumsubstrat abgeschieden. Dabei entstand<br />

eine stark verspannte versetzungsfreie Schicht. Die (Si,Ge)-Schicht wurde unter Wasserstoffeinfluss<br />

für ca. 16 h bei T = 500 ◦ C getempert, bevor anschließend auf dieser Schicht<br />

erneut (Si,Ge) mittels LPE abgeschieden wurde (Wachstumstemperatur: von 585, 5 ◦ C bis<br />

585 ◦ C, Abkühlrate: 0, 1 K/min, Si-Ge-Bi Lösung). Um eine geringe anfängliche Übersättigung<br />

herzustellen und um das Anlösungen der LPCVD-Schicht zu vermeiden, wurde die<br />

Temperatur der Si-Ge-Bi-Lösung um 0, 5 K auf 585, 5 ◦ C abgesenkt. Für eine systema-<br />

111


112<br />

tische Untersuchung wurden unterschiedliche Bereiche im LPE-Reaktor hergestellt:<br />

Bereich 1: Die LPCVD-Schicht (mit 23 at.% Ge), welche im Reaktor unter Wasserstoffatmosphäre<br />

eine maximale Temperatur von 586 ◦ C erfahren hat.<br />

Bereich 2: Als Zwischenschicht fungierende LPCVD-Schicht (wie Bereich 1), auf welcher<br />

mittels LPE (Si,Ge) bei 585, 5 ◦ C → 585 ◦ C innerhalb einer Zeit von 2 min<br />

abgeschieden wurde.<br />

5.2 Auswertung<br />

Für die strukturellen Betrachtungen der zwei unterschiedlichen Bereiche wurden Röntgentopogramme<br />

1 , Beugungskontrastabbildungen (TEM), rasterkraftmikroskopische Aufnahmen<br />

2 (AFM) und Rasterelektronenmikroskopieabbildungen 2 (REM) ausgewertet.<br />

5.2.1 (Si,Ge)-LPCVD-Schicht (Bereich 1)<br />

LPCVD gewachsende (Si,Ge)-Schicht vor der Behandlung im Reaktor<br />

Die mittels LPCVD abgeschiedene (Si,Ge)-Schicht mit einem Germaniumanteil von 23 at.%<br />

ist aufgrund der Gitterfehlpassung zwischen Si-Substrat und Schicht pseudomorph verspannt.<br />

Der negative Misfit von −1, 23 verdeutlicht, dass es sich um eine kompressiv verspannte<br />

Schicht handelt. Für den Nachweis und die Klassifizierung von Defekten wurde<br />

die zerstörungsfreie Methode der Röntgentopographie genutzt. Mit dieser Untersuchungsmethode<br />

ist es möglich, Versetzungsbündel von ca. 100 Versetzungen aufzulösen. Die<br />

Abb. 5.1 zeigt eine röntgentopographische Abbildung einer LPCVD-Si0,77Ge0,23-Schicht<br />

mit einer Schichtdicke von 90 nm. Bei günstigen Wachstumsparametern kann das pseudomorphe<br />

Schichtwachstum auch für überkritische Schichtdicken aufrecht erhalten werden.<br />

Erst durch die thermische Aktivierung beginnt die plastische Relaxation, d.h. es werden<br />

Misfitversetzungen ausgebildet.<br />

Um die Relaxationsprozesse im LPE-Reaktor einschätzen zu können, wurde der Einfluss<br />

der Reaktortemperatur auf die Schicht in einem externen Temperungsexperiment untersucht.<br />

Die Röntgentopogramme der Abb. 5.2 zeigen die zeitliche Ausbreitung von Misfitversetzungen<br />

bei dem Temperungsexperiment an einer Si0.77Ge0.23-Schicht mit einer<br />

Schichtdicke von 50 nm. Die Abb. 5.2 a zeigt die ungetemperte metastabile Schicht mit<br />

nur vereinzelt auftretenden Durchstoßversetzungen und vom Probenrand startenden Versetzungen.<br />

Nach einem kurzen Temperschritt bei T = 560 ◦ C nimmt die Länge der an<br />

1 Die Röntgentopogramme wurden dankenswerterweise in der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Dr. R.<br />

Köhler (Institut für <strong>Ph</strong>ysik, Humboldt Universität zu Berlin) aufgenommen.<br />

2 Die AFM- und die REM-Aufnahmen wurden von Frau Dr. A. Gerlitzke (Institut für Kristallzüchtung<br />

(IKZ)) im Rahmen ihrer Promotionarbeit aufgenommen [Ger06].


Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 113<br />

Abbildung 5.1: Röntgentopogramm der ungetemperten LPCVD-Schicht mit einer Schichtdicke<br />

von 90 nm und einer Germaniumkonzentration von ca. 23 at.%.<br />

den durchstoßenden Versetzungen und die am Randbereich generierten Versetzung zu. Die<br />

Versetzungssegmente sind gerade Linien, die in 〈1 1 0〉 verlaufen. Bei weiterer Temperung<br />

nimmt die Relaxation bzw. die Länge der Versetzungslinien zu (siehe Abb. 5.2 b und c).<br />

Nach einer Temperzeit von 26 min bei T = 560 ◦ C ist die Schicht vollständig plastisch<br />

relaxiert (siehe Abb. 5.2 d).<br />

Wie bereits erwähnt, verlaufen die geraden Versetzungssegmente entlang der 〈1 1 0〉-<br />

Richtungen. Der Burgersvektor einer vollständigen Versetzung muss ein möglichst kurzer<br />

Vektor sein, bei dem das umgehende Gitter erhalten und die Energiezunahme gering<br />

bleibt. Daher müssen die möglichen Burgersvektoren b im System (Si,Ge) vom Typ<br />

a<br />

2 〈1 1 0〉 sein. In der Abb. 5.3 sind alle möglichen b-Vektoren für die Versetzungslinie l<br />

entlang 〈1 1 0〉 eingezeichnet. Die Beiträge der in der (0 0 1)-Grenzfläche zwischen Si-<br />

Substrat und (Si,Ge)-Schicht liegenden Burgersvektoren zur Versetzungsnetzbildung sind<br />

sehr gering. Zum einen liefert die reine Schraubenversetzung ( b|| l) keinen Beitrag zur Relaxation<br />

der (Si,Ge)-Schicht, aber sie kann in alle möglichen Gleitebenen gleiten. Zum<br />

anderen ist die reine Stufenversetzung ( b⊥ l) uneffektiv, da sie sich nur durch langsames<br />

Klettern ausbreiten kann. Unter Gleiten ist die Bewegung des Versetzungssegments innerhalb<br />

einer Gleitebene, welche durch den Burgersvektor und die Versetzungslinie aufgespannt<br />

wird, zu verstehen. Beim Klettern bewegt sich die Versetzung von einer Gleitebene<br />

in eine benachbarte Gleitebene. Dies entspricht dem Herausheben der Versetzung von einem<br />

Potentialtal über eine höheres Potentialniveau in ein anderes Potentialtal. Der Abbau<br />

der überschüssigen Verspannung in der (Si,Ge)-Schicht geschieht in diesem System fast<br />

ausschließlich durch die Ausbildung von gemischten Versetzungen mit einem Winkel von<br />

60 ◦ zwischen Burgersvektor und Versetzungslinie. Diese 60 ◦ -Versetzungen können durch<br />

ihren Stufenanteil klettern und aufgrund ihres Schraubenanteils durch den Kristall gleiten.<br />

Das Gleiten geschieht in den {1 1 1}-Ebenen, diese werden durch den jeweiligen b- und


114<br />

Abbildung 5.2: Röntgentopogramme der LPCVD gewachsenden Schicht mit einer Schichtdicke<br />

von 52 nm und einer Germaniumkonzentration von ca. 23 at.% a) ungetemperte,<br />

b) bei T = 560 ◦ C für t = 8 min, c) bei T = 560 ◦ C für t = 15 min und d) bei T = 560 ◦ C<br />

für t = 26 min getemperte Schicht.<br />

l-Vektor aufgespannt. Für den hier existierenden speziellen Fall ( l = 〈1 1 0〉) der Relaxation<br />

der aufgewachsenen Schicht kommen für jede Versetzungslinienrichtung nur jeweils<br />

zwei der acht möglichen Burgersvektoren in Betracht, da nur die in das Substrat zeigenden<br />

b-Vektoren zum Spannungsabbau innerhalb der aufgewachsenen Schicht beitragen. In der<br />

Tabelle 5.1 sind die Versetzungssegmente l mit den jeweils möglichen Burgersvektoren b<br />

aufgeführt. Die Tabelle 5.1 enthält weiterhin die durch die Vektoren l und b aufgespannten<br />

Gleitebenen G, welche durch die Bildung des Kreuzproduktes der beiden aufspannenden<br />

Vektoren errechnet werden können.


Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 115<br />

Abbildung 5.3: Zwei Einheitszellen der Diamantstruktur mit den 12 möglichen Burgersvektoren<br />

b = a<br />

2 〈1 1 0〉 entlang der Versetzungslinie l = 〈1 1 0〉. In der (0 0 1)-Ebene<br />

befinden sich zwei reine Schraubenversetzungen (hellblaue Vektoren) und zwei reine Stufenversetzungen<br />

(rote Vektoren). Die aus der (0 0 1)-Ebenen zeigenden gemischten Versetzungen<br />

sind 60◦-Versetzungen (magentafarbende Vektoren).<br />

Versetzungslinie l Burgersvektoren b Gleitebene G<br />

<br />

0 1 1 1 1 1<br />

[1 1 0]<br />

1 1 0 <br />

1 1 0 <br />

1 1 0 <br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

1 0 1 1 1 1 <br />

<br />

0 1 1 (1 1 1)<br />

<br />

1 0 1<br />

<br />

1 1 1<br />

0 1 1 1 1 1 <br />

1 0 1 1 1 1 <br />

0 1 1 1 1 1 <br />

1 0 1 1 1 1 <br />

Tabelle 5.1: Versetzungslinien l mit den im System (Si,Ge)/Si möglichen Burgersvektoren<br />

b, sowie die dazugehörigen Gleitebenen G.


116<br />

LPCVD gewachsene (Si,Ge)-Schicht nach der Behandlung im Reaktor<br />

Bei der Temperung der (Si,Ge)-Schicht im LPE-Reaktor verändert sich diese unter der<br />

Wasserstoffzufuhr erheblich. Deutlich ist diese Veränderung bereits durch oberflächenempfindliche<br />

Messverfahren registrierbar. Die Abb. 5.4 a zeigt exemplarisch eine AFM-<br />

Aufnahme der Oberfläche der relaxierten (Si,Ge)-Schicht. Hier ist der Beginn einer Strukturierung<br />

der Schicht zu erkennen. Die dreidimensionale Verteilung des Schichtmaterials<br />

wird in dem Diagramm der Abb. 5.4 b deutlich. Die x-Achse des Plots verläuft entlang der<br />

im AFM-Bild eingezeichneten blauen Linie in Richtung [110]. Über die Position wurde die<br />

Auslenkung des Cantilevers, d.h die Höhe der Inseln, aufgetragen. Für die im AFM-Bild<br />

auf der Scanlinie durch Kreuze markierten Positionen existiert eine Höhendifferenz von<br />

ca. 29 nm. Über den gewählten Scanbereich beträgt der maximale Höhenunterschied ca.<br />

46 nm.<br />

Mittels TEM-Aufnahmen von in Draufsicht präparierten Proben gelingt es, einzelne Versetzungen<br />

im Versetzungsbündel aufzulösen, da die Elektronenwellenlänge sehr klein ist<br />

und somit die Braggwinkel klein sind. Dadurch können Bereiche in denen aufgrund von<br />

Kristallgitterverbiegungen andere Anregungsbedingungen herrschen, d.h. die Bragg-Bedingung<br />

ist besser bzw. schlechter erfüllt, abgebildet werden. Im verbogenen Bereich werden<br />

die Elektronen in einen abgebeugten Strahl gestreut, in einer Hellfeldabbildung erscheint<br />

der verbogene Bereich dunkel. Auf diese Weise gelingt es, das Spannungsfeld einer Versetzung<br />

und die Versetzungslinie selbst sichtbar zu machen. Hierzu siehe exemplarisch die<br />

Hellfeldaufnahme der Abb. 5.5 a mit dem herausvergrößerten Bereich, in dem die einzelnen<br />

Versetzungslinien zwischen dem Versetzungsbündel als dunkle Linie sichtbar sind.<br />

Besser geeignet für die Darstellung von Versetzungen ist die Zweistrahlbedingung, bei<br />

welcher der Kristall so orientiert wird, dass die Bragg-Bedingung nur für eine Netzebenenschar<br />

erfüllt ist. Die Helligkeitsvariation durch das Verzerrungsfeld ist dann natürlich<br />

am größten, wenn gerade diese Ebenenschar stark verbogen ist. Eine Abbildung unter<br />

solch einer Bedingung zeigt die Abb. 5.5 b, hier trägt nur der 400-Strahl zur Bildgebung<br />

bei.<br />

Anhand von TEM-Querschnittsaufnahmen gelingt es, eine gegenüber dem AFM-Bild<br />

präzisere Dickenauswertung und auch einen genaueren Eindruck des Oberflächenverhaltens<br />

der Schicht zu gewinnen. In der TEM-Abb. 5.6 sind neben der Oberflächenverwellung<br />

auch Ansätze für die Bildung von Pyramiden zu erkennen. Ebenso findet man Versetzungen<br />

in der (Si,Ge)-Schicht, die von der Grenzfläche zur Oberfläche der Schicht verlaufen.<br />

Neben der, wie schon im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Ausbildung eines Versetzungsnetzwerkes<br />

mit Versetzungslinien parallel 〈1 1 0〉, kommt es zur Ausbildung von<br />

V-förmigen Vertiefungen, deren tiefste Stellen im Substrat unterhalb der Versetzungsnetzwerkschicht<br />

liegen. Im Bereich der V-Gräben wurden die Versetzungen durch den<br />

Materialabtrag eliminiert. Unterhalb von Bereichen mit einer kleinen Schichtdicke ist die<br />

Dichte der Misfitversetzungen höher als unterhalb von Gebieten mit großer Schichtdicke.<br />

Bei der Analyse des in der Abb. 5.6 a dargestellten Oberflächenprofils konnte festgestellt<br />

werden, dass die V-Gräben durch {1 1 1}-Facetten begrenzt werden. Weiterhin zeigt das


Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 117<br />

Abbildung 5.4: AFM-Messung der Oberfläche der (Si,Ge)-Schicht (a) und Höhenmessungsscan<br />

(b) entlang der im AFM-Bild (a) eingezeichneten blauen Linie in Richtung<br />

[1 1 0].<br />

Facette Facette ∠ 〈1 1 0〉<br />

{1 1 1} ←→ 54, 74 ◦<br />

{1 1 2} ←→ 39, 18 ◦<br />

.<br />

.<br />

{1 1 5} ←→ 15, 79◦ {1 1 6} ←→ 13, 26◦ {1 1 7} ←→ 11, 42◦ {1 1 8} ←→ 10, 03◦ {1 1 9} ←→ 8, 93◦ {1 1 10} ←→ 8, 05◦ Tabelle 5.2.1: Winkelbeziehungen zwischen<br />

der 〈1 1 0〉-Richtung und den angegebenen<br />

Facetten.


118<br />

Abbildung 5.5: Planare TEM-Aufnahme der (Si,Ge)-Schicht nach der Temperung bei<br />

T = 586 ◦ C im LPE-Reaktor unter Wasserstoffeinfluss.<br />

a) Hellfeldaufnahme mit Primärstrahleinfall parallel zur [0 0 1]-Zonenachse<br />

b) 400-Dunkelfeldabbildung<br />

Oberflächenprofil bei den ausgewerteten Facetten ein bezüglich der Inselmitte symmetrisches<br />

Verhalten. Die jeweils ein lokales Maximum der Oberfläche bildenden Facetten<br />

haben Winkel zur 1 1 0 - bzw. 1 1 0 -Richtung zwischen 8 ◦ und 13 ◦ . Im Zusammenhang<br />

mit der in der Tab. 5.2.1 aufgeführten Winkelbeziehungen wurden diese Flächen als<br />

{1 1 10}- bis {1 1 6}-Facetten identifiziert.<br />

Geht man von einer anfänglichen Schichtdicke von ca. 90 nm aus, wie in der Abb. 5.6 b<br />

durch eine horizontal verlaufende Linie gekennzeichnet, so wird deutlich, dass nicht nur<br />

eine Umsortierung des Materials vorliegen muss, sondern auch Schicht- und Substratmaterie<br />

durch die Wasserstoffatmosphäre weggeätzt worden sein muss. Zu erklären ist dieser<br />

Prozess durch die freien Atombindungen (dangling bonds) an der Oberfläche. Bei einer<br />

(Si,Ge)-(001)-Oberfläche findet eine Oberflächenrekonstruktion statt, bei der es zur Ausbildung<br />

einer (2 × 1)-Überstruktur kommt [Sch59]. Bei dieser Umorganisation der oberflächennahen<br />

Atome wird der energetisch höchst ungünstige Zustand der nicht rekonstruierten<br />

Oberfläche, welche aus zwei freien Valenzen pro Atom besteht, durch die Ausbildung<br />

neuer Bindungen zwischen den Oberflächenatomen zu einer energetisch günstigeren Konstellation<br />

umgewandelt. Die Reduzierung der Gesamtenergie durch Dimerenbildung wird<br />

teilweise unter erheblichem Aufwand von Gitterenergie durch Dehnungen und Streckungen<br />

der bereits vorhandenen Bindungen in den obersten Atomlagen realisiert. Bei der<br />

(2 × 1)-Oberflächenrekonstruktion wird die Zahl der freien Valenzen gegenüber der nicht<br />

rekonstruierten Oberfläche halbiert (siehe Abb. 5.7).<br />

Durch die Adsorption von atomarem Wasserstoff auf der Oberfläche werden die freien


Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 119<br />

Abbildung 5.6: TEM-Querschnittsaufnahme der mittels LPCVD gewachsenen Si0.77Ge0.23-Schicht nach der Temperung<br />

im LPE-Reaktor unter der Zufuhr von Wasserstoff.<br />

a) Oberflächenprofil der (Si,Ge)-Schicht, welches anhand des in b) dargestellten Hellfeldabbildung erstellt wurde.<br />

b) Für die hier gezeigte Hellfeldaufnahme wurde die Probe im [001]-Zonenpol ausgerichtet und nur der 000-Reflex trägt<br />

zur Bildgebung bei. Links ist eine Versetzunglinie innerhalb der Schicht und die Relaxation der Schicht durch die Oberflächenverwellung<br />

gut zu erkennen. Auf der rechten Bildhälfte ist ein V-förmiger Graben, der weit ins Silizium-Substrat<br />

hineinreicht, abgebildet.


120<br />

Abbildung 5.7: Schematische Darstellung der nicht rekonstruierten und der rekonstruierten<br />

Si(001)-Oberfläche [Dür00]<br />

a) energetisch ungünstigere nicht rekonstruierte Oberfläche mit zwei freie Valenzen pro<br />

Atom,<br />

b) rekonstruierte (2 × 1) Oberfläche, die aufgrund der Ausbildung von Dimeren nur noch<br />

eine freie Bindung pro Oberflächenatom hat.<br />

Bindungen gesättigt. Dabei lagert sich der Wasserstoff an den Atomen der Dimere der<br />

(2 × 1)-Oberfläche an und hebt die Wechselwirkung zwischen den dimerbildenden dangling<br />

bonds auf. Bei einer Bedeckung der Oberfläche mit weniger als einer Monolage Wasserstoff<br />

bleibt die (2 × 1)-Überstruktur erhalten [Bol93]. Der Wasserstoff liegt vorzugsweise<br />

an den Dimeren gepaart vor. Bei einem sehr hohem Gasangebot brechen die kovalenten<br />

Bindungen des Halbleiters auf und es bilden sich Siliziumdihydride bzw. Germaniumdihydride<br />

[Cha84]:<br />

Si + 4 H −→ SiH4 (g) . (5.1)<br />

Ge + 4 H −→ GeH4 (g) . (5.2)<br />

Zum Ätzverhalten von Wasserstoff auf (111)-Siliziumoberflächen wurden von U. Köhler<br />

[Köh97] einige Desorptionsexperimente durchgeführt, bei denen sowohl das Angebot von<br />

Wasserstoff als auch die Temperatur variiert wurden. Es wurde ein linearer Zusammenhang<br />

zwischen der Ätzrate und der Temperatur festgestellt. Weiterhin zeigten sich auch<br />

dreidimensionale Oberflächenstrukturen bei längeren Ätzzeiten bzw. höherem Wasserstoffangebot.<br />

Bei der Desorption von Wasserstoff auf der (001)-orientierten Oberfläche<br />

ist die Desorptionsrate −dθ/dt direkt proportional zur Oberflächenbedeckung θ, da die<br />

Ätzreaktion bereits mit an den Dimeren angelagerten vorgepaarten Wasserstoffatomen<br />

startet.<br />

Parallel zum Ätzprozess mit Wasserstoff muss auch der umgekehrte Prozess der Deposition<br />

stattfinden, denn nur so können Dicken der (Si,Ge)-Schicht größer als die Ausgangsdicke<br />

von 90 nm erklärt werden. Dabei spalten sich die Hydride, welche sich beim Ätzen gebildet<br />

haben, oberhalb der Schichtoberfläche, und es kommt zu einer erneuten Anlagerung<br />

der Silizium- bzw. Germaniumatome an der Oberfläche.


Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 121<br />

5.2.2 LPE-Abscheidung von (Si,Ge) auf der LPCVD-Schicht<br />

(Bereich 2)<br />

Im LPE-Reaktor wurde die durch Wasserstoffätzen vorstrukturierte LPCVD-(Si,Ge)-<br />

Schicht mit der Si-Ge-Bi-Lösung für 2 min bei T = 585, 5 ◦ −→ 585 ◦ bedeckt. Die Abb. 5.8<br />

zeigt, dass es während der Bedeckung zur Silizium- und Germaniumabscheidung vorzugsweise<br />

an den Stellen der LPCVD-Schicht mit Schichtdicken größer als 90 nm kam. Grund<br />

hierfür ist der größere Relaxationsgrad der Schicht in diesen Bereichen. Ein höherer Germaniumanteil<br />

in der Schicht bedeutet einen geringeren Misfit zwischen dem aufwachsenden<br />

Material und der als Substrat fungierenden LPCVD-Schicht. Aufgrund des geringen<br />

Misfits findet die Deposition des Materials ohne die Bildung von Versetzungen auf der<br />

LPCVD-Schicht statt. Die Abb. 5.8 b und die 004- bzw. die 220-Dunkelfeldabbildung der<br />

Abb. 5.9 zeigen, dass während des LPE-Wachstums nahe am thermodynamischen Gleichgewicht<br />

(Si,Ge)-Inseln kristallisieren. Die jeweilige Basis einer solchen LPE-Insel wird von<br />

der LPCVD-Schicht gegeben. Die vollständig ausgewachsenen Inseln haben Seitenfacetten<br />

mit Winkeln zwischen 47 ◦ und 50 ◦ zur [1 1 0]-Richtung und eine (0 0 1)-Deckfacette<br />

(siehe Abb. 5.8 a).<br />

Auf der linken Seite der Abb. 5.9 a (markiert durch gelbe Ellipsen) befinden sich Vertiefungen,<br />

welche mit Ablagerungen des LPE-Lösungsmittels gefüllt sind. Die Vertiefungen<br />

sind begrenzt durch {1 1 2}-Seitenfacetten und durch eine (0 0 1)-Grundflächenfacette.<br />

Gebildet haben sich diese Absenkungen aufgrund von Rücklösungsprozessen während des<br />

LPE-Wachstums aus den mittels Wasserstoffätzen entstandenen V-Gräben der LPCVD-<br />

Schicht.<br />

Aufgrund der vorstrukturierten LPCVD-Oberfläche haben nicht alle sich während der<br />

LPE-Abscheidung formenden (Si,Ge)-Inseln die Möglichkeit, sich vollständig auszubreiten.<br />

Der hohe Bedeckungsgrad der Oberfläche fördert das Wachstum von Inseln mit<br />

verschiedensten asymmetrischen Formen, welche durch das Durchdringen von zwei oder<br />

mehreren Exemplaren entstehen. Die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme in der<br />

Abb. 5.10 gibt einen Überblick über diese verschiedenen Inselformen. Wie schon bei den<br />

frei wachsenden, pseudomorph verspannten Inseln im Abschnitt 4.2 beobachtet werden<br />

konnte, kommt es auch hier zur Anreihung der Inseln entlang 〈1 1 0〉.<br />

Die Abb. 5.11 zeigt die Analyse des Verschiebungsfeldes vom versetzungsfreien Übergang<br />

von der LPCVD- zur LPE-Schicht. Für die Auswertung des Verschiebungsfeldes wurde aus<br />

der zweidimensionalen farbcodierten Darstellung der Verzerrung in Abb. 5.11 a ein eindimensionaler<br />

Plot (Abb. 5.11 b) erstellt. Die in Richtung 1 1 0 gemittelte Verschiebung<br />

des realen Gitters gegenüber dem Referenzgitter sind auf der Ordinate in Abhängigkeit<br />

vom Ort aufgetragen. Die Ortsabhängigkeit ist durch die durchnummerierten (0 0 2)-<br />

Netzebenen gegeben. Die Auswertung zeigt, dass das (Si,Ge)-Gitter der LPCVD-Schicht<br />

in und bis zu ca. 6 nm über dem Referenzgebiet vollständig relaxiert sein muss, denn<br />

die Meßpunkte in diesem Bereich liegen alle auf einer horizontal verlaufenden Linie. Erst<br />

ca. 6 nm unterhalb der Grenzfläche nimmt die aufgewachsene LPE-Schicht Einfluss auf<br />

die Einheitszellen innerhalb der LPCVD-Schicht. Da der Germaniumanteil in der LPE-<br />

Schicht größer als in der LPCVD-Schicht ist, werden die Gitterzellen unterhalb der Schicht


122<br />

Abbildung 5.8: TEM-Querschnittsaufnahmen der mittels LPE auf der (Si,Ge)-LPCVD-<br />

Schicht abgeschiedenen (Si,Ge)-Inseln<br />

a) Auswertung der Facettenwinkel von vollständig ausgewachsenen Inseln anhand des aus<br />

der Abbildung b) erstellten Oberflächenprofils<br />

b) [1 1 0]-Hellfeldabbilung von LPCVD-LPE-(Si,Ge)-Inseln<br />

Abbildung 5.9: TEM-Querschnittsaufnahmen der mittels LPE auf der (Si,Ge)-LPCVD-<br />

Schicht abgeschiedenen (Si,Ge)-Inseln<br />

a) 004-Dunkelfeldabbildung, b) 220-Dunkelfeldabbildung


Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums durch Kristalldefekte 123<br />

Abbildung 5.10: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Probenoberfläche nach der<br />

LPE (Si,Ge)-Abscheidung auf der LPCVD-Schicht (Abscheidungszeit: t = 2 min).<br />

in Wachstumsrichtung gestaucht. Die stetige Erhöhung des (0 0 2)-Netzebenenabstands in<br />

der (Si,Ge)-Schicht hat zwei Ursachen. Zum einen strebt die LPE-Schicht den Zustand der<br />

vollständigen Relaxation an, und andererseits erhöht sich der Germaniumanteil innerhalb<br />

der LPE-Schicht mit zunehmender Inselhöhe.


124<br />

Abbildung 5.11: DALI-Auswertung einer HRTEM-Abbildung des Überganges der (Si,Ge)-LPVCD-Schicht zur (Si,Ge)-<br />

LPE-Schicht<br />

a) Farbcodierte Darstellung des Verschiebungsfeldes des LPCVD-LPE-Übergangs in Wachstumsrichtung [0 0 1]. REF gibt<br />

das gewählte Referenzgebiet an.<br />

b) Eindimensionale Darstellung des entlang 1 1 0 gemittelten Verschiebungsfeldes der (0 0 2)-Netzebenen in Richtung<br />

[0 0 1] basierend auf dem in a) gewählten Referenzbereich REF. Die Rechtecke im unteren Teil der Graphik zeigen skizzenhaft<br />

das Verhalten der (Si,Ge)-Einheitszellen im untersuchten Bereich.


Teil III<br />

Heterostrukturen von III-V<br />

Halbleitern<br />

125


Kapitel 6<br />

Ga(As,Sb)/GaAs -<br />

Quantenpunktstruktur<br />

In diesem Kapitel werden selbstorganisierte Ga(As,Sb)/GaAs-<br />

Quantenpunkte untersucht. Zuerst werden die Einflüsse der MOCVD-<br />

Wachstumsparameter auf die strukturellen Eigenschaften der Quantenpunkte<br />

analysiert. Anschließend erfolgt die chemische Analyse der<br />

Quantenpunkte mittels einer neu entwickelten Methode.<br />

Die Verbindungshalbleiter GaAs, GaSb und InAs kristallisieren in der Zinkblendestruktur.<br />

Diese besteht aus zwei flächenzentrierten kubischen (fcc) Bravais-Gittern mit jeweils einer<br />

Atomsorte. Die Gitter sind entlang der [111]-Richtung um 1/4 der Raumdiagonalen der<br />

Elementarzelle zueinander verschoben. Jedes Atom der Elementarzelle ist vierfach von<br />

Atomen der jeweils anderen Sorte in Form eines Tetraeders mit einer Seitenlänge von<br />

√ 3/4 der Gitterkonstanten a koordiniert. Die Struktur ist durch die Raumgruppe F43m<br />

charakterisiert. Sie impliziert das Vorhandensein von drei 4-zählige Drehinversionsachsen<br />

in 〈100〉, vier polaren 3-zähligen Drehachsen entlang der 〈111〉 und sechs Spiegelebenen<br />

senkrecht zu 〈110〉.<br />

Wird eines der Untergitter statistisch durch zwei verschiedene Kationen- bzw. Anionensorten<br />

besetzt, so bleibt die oben erwähnte Raumgruppe erhalten und die Gitterkonstanten<br />

des ternären Systems wird durch die in Glg. 6.1 angegebene VEGARD’sche Regel<br />

in Abhängigkeit von der Konzentration x bestimmt. Indium, Gallium, Arsen und Antimon<br />

sind lückenlos miteinander mischbar, so dass x alle Werte zwischen Null und Eins<br />

annehmen kann.<br />

für GaAsxSb1−x : aGaAsxSb1−x = x · aGaAs + (1 − x) · aGaSb<br />

für InxGa1−xAs : aInxGa1−xAs = x · aInAs + (1 − x) · aGaAs ; 0 ≤ x ≤ 1 (6.1)<br />

Die nominellen Werte der Gitterkonstanten und weitere für diesen Abschnitt relevanten<br />

Materialkonstanten sind in der Tab. 2.1 im Abschnitt 2.3 aufgeführt.<br />

127


128<br />

Für die Herstellung von Heterostrukturen mittels MOCVD müssen die Wachstumsparameter<br />

des Epitaxieprozesses so gesteuert werden, dass sowohl die chemische Zusammensetzung<br />

als auch die Geometrie der Schicht mit den gewünschten Vorgaben übereinstimmt.<br />

Zu den wichtigsten Parametern bei der metallorganischen Gasphasenepitaxie zählen die<br />

Temperatur auf der Substratoberfläche, die Partialdrücke der gasförmigen Ausgangsstoffe,<br />

die Depositionsmenge und eine eventuelle Unterbrechung nach dem Abscheiden des<br />

Schichtmaterials.<br />

Ein wesentliches Ziel dieser Arbeit besteht darin, Erkenntnisse über die MOCVD-Epitaxie<br />

von Quantenpunktstrukturen bezüglich der Auswahl von Wachstumsparametern zu gewinnen.<br />

Die Untersuchungen konzentrieren sich auf GaAsxSb1−x/GaAs- und InxGa1−xAs/<br />

GaAs- Quantenpunktschichten sowie auf Multischichtsysteme bestehend aus den Quantenpunktlagen.<br />

Im Vordergrund soll die Ermittlung der Zusammensetzung, der geometrischen<br />

Ausdehnung der Quantenpunkte und der lateralen wie auch der vertikalen Wechselwirkungen<br />

zwischen den nulldimensionierten Strukturen stehen.<br />

6.1 Probenstruktur<br />

Als Substrat für das MOCVD-Wachstum der Ga(As,Sb)-Schichten wurde (001)-orientiertes<br />

GaAs verwendet 1 .<br />

Abbildung 6.1: Skizzenhafter Probenaufbau der mittels<br />

MOCVD gewachsenen Ga(As,Sb)/GaAs-Heterostruktur.<br />

Die in den Klammern angegebenen Werte sind die direkt<br />

auf der Waferoberfläche gemessenen Temperaturen.<br />

1 Die Proben wurden von Herrn Dr. L. Müller-Kirsch (Institut für <strong>Ph</strong>ysik, Technische Universität<br />

Berlin) im Rahmen seiner Promotionsarbeit gewachsen [Mül02].


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 129<br />

In Hinblick auf die spätere Nutzung des in Abb. 6.1 gezeigten Probenaufbaus als oberflächenemittierende<br />

Laserstruktur (VCSEL-vertical cavity surface emitting laser) befindet<br />

sich unterhalb der Ga(As,Sb) /GaAs-Heterostruktur ein als Braggspiegel fungierendes<br />

(Al,Ga)As/GaAs-Schichtpaket.<br />

Damit eine möglichst glatte (001)-orientierte GaAs-Schichtoberfläche für das Abscheiden<br />

der Ga(As,Sb)-Schicht angeboten werden konnte, erfolgte zuvor eine Wachstumsunterbrechung<br />

(t = 5 s). Diese Unterbrechung wurde ohne die Zufuhr von Arsen durchgeführt, so<br />

dass ein Gallium-zu-Arsen-Verhältnis von 1:1 auf der Oberfläche realisiert wurde. Nach<br />

der Deposition des Ga(As,Sb)-Materials wurde dieses mit GaAs abgedeckt. Die Gitterfehlpassung<br />

von 7,2 % zwischen GaSb und GaAs bewirkt die Bildung von pseudomorph<br />

verspannten Ga(As,Sb)-Quantenpunkten.<br />

6.1.1 Elektronische Eigenschaften<br />

Die optische Charakterisierung der III-V-Halbleiterstrukturen erfolgte mittels der Auswertung<br />

von <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektren 1 (PL). Der Aufbau der PL-Anlage und die notwendigen<br />

Parameter sind in [Mül02] beschrieben. Verwendet wurde ein Ar + -Laser mit einer<br />

Wellenlänge von 514 nm, dies entspricht einer Energie von 2, 412 eV . Damit liegt die Anregungsenergie<br />

des Lasers weit über den Bandlückenenergien der untersuchten direkten<br />

Halbleitern im unverspannten Zustand.<br />

Quantenpunkt Typ II<br />

Bezüglich des Energiebandmodells werden zwei Arten von Quantenpunktstrukturen unterschieden.<br />

Wenn das Maximum des Valenzbandes und das Minimum des Leitungsbandes<br />

innerhalb des Quantenpunktmaterials liegen, handelt es sich um den Quantenpunkttyp I.<br />

Befinden sich beide Maxima innerhalb des Quantenpunktes, findet eine räumliche Trennung<br />

der Ladungsträger statt. In diesem Fall liegt eine Struktur vom Typ II vor.<br />

Im System Ga(As,Sb)/GaAs sind die Lochzustände im Ga(As,Sb) Quantenpunkt lokalisiert,<br />

während die Elektronen, bedingt durch das Coulombpotential der Löcher, in der<br />

umgebenden GaAs Matrix an der Grenzfläche zum Ga(As,Sb)-Quantenpunkt gebunden<br />

sind (siehe Abb. 6.2).<br />

Die Gitterfehlpassung verursachte eine Änderung der atomaren Nahordnung im Kristall.<br />

Die verspannungsbedingten Änderungen der Gitterkonstanten und der Kristallsymmetrie<br />

bewirken eine Modifikation der Bandlücke und die Aufhebung der Entartung der Energieniveaus.<br />

Die Änderung der Bandstruktur ∆EC,V in Bezug auf die energetische Lage ist von<br />

der Volumenänderung ∆lnΩ der Einheitszelle und somit von den Verspannungskomponenten<br />

ɛii und dem hydrostatischen Deformationspotential aC,V (C für das Leitungsband<br />

und V für das Valenzband) abhängig [Van89].<br />

∆EC,V = aC,V · ∆lnΩ = aC,V<br />

∆Ω<br />

Ω = aC,V · (ɛxx + ɛyy + ɛzz) (6.2)<br />

1 Die PL-Spektren wurden von Herrn L. Müller-Kirsch (Institut für <strong>Ph</strong>ysik, Technische Universität<br />

Berlin) im Rahmen seiner Promotionsarbeit aufgenommen [Mül02].


130<br />

Abbildung 6.2: Schema des Potentialverlaufs eines Bandstrukturtyps II [Mül02]<br />

links: Potenialverlauf für einen GaSb-Quantenpunkt in GaAs (ohne Ladungsträger)<br />

rechts: Potenialverlauf für einen GaSb-Quantenpunkt in GaAs mit Elektron- (e) und Lochwellenfunktion<br />

(h)<br />

Der Einfluss der Verspannung auf die Bandstruktur kann so stark sein, dass diese eine<br />

Änderung vom direkten zum indirekten Übergang hervorrufen kann.<br />

Ein entscheidender Punkt bei der Betrachtung von optischen Spektren von nulldimensionalen<br />

Strukturen ist die Quantifizierung der Energieniveaus aufgrund der geometrischen<br />

Einschränkung in allen Raumrichtungen. Die Zustandsdichte für einen Quantenpunkt<br />

sind δ-Funktionen (siehe Abb. 1.1), die sich im Spektrum als einzelne, scharfe diskrete<br />

Linien für jeden erlaubten Übergang zeigen, deren Lage von der Quantifizierungsenergie<br />

der einzelnen Niveaus abhängt. Jeder Quantenpunkt weist aufgrund seiner Größe, Form<br />

und Verspannung eine unterschiedliche Bandstruktur auf. Die <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektren<br />

von mehreren Quantenpunkten weisen daher eine inhomogen Linieverbreiterung auf. Einem<br />

solchen Quantenpunktensemble wird eine statistische Größenverteilung der Quantenpunkte<br />

zugeordnet. Die spektrale Lage des Maximums der Einhüllenden entspricht<br />

dem Durchschnittsvolumen des Quantenpunktensembles. Die inhomogene Linienverbreiterung<br />

ist nicht nur durch die Fluktuation der geometrischen Ausmaße des Ensembles<br />

bedingt. Ein weiterer Faktor ist die Schwankung der Materialzusammensetzung innerhalb<br />

der Quantenpunkte, da sich die Bandlücke in Abhängigkeit von der chemischen Komposition<br />

ändert.


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 131<br />

Abbildung 6.3: Vergleich der Abbildungsbedingungen von Ga(Sb,As)/GaAs-<br />

Quantenpunkten:<br />

a) Hellfeldaufnahme mit Primärelektronenstrahl in [001]-Zonenachse<br />

b) 400-Dunkelfeldabbildung; c) 220-Dunkelfeldabbildung<br />

d) Größenverteilung der Quantenpunkte in Abhängigkeit von der Abbildungsbedingung<br />

6.1.2 TEM-Untersuchungen<br />

Mit Hilfe der Beugungskontrasttechnik und der Hochauflösungs-TEM (HRTEM) wurden<br />

die durch Selbstorganisation im Stranski-Krastanov-Wachstumsmodus gewachsenen<br />

Quantenpunkte untersucht. Für die Ermittlung der Größenverteilung und der Flächendichte<br />

der Quantenpunkte, anhand von in Draufsicht präparierten (plan-view) Proben,<br />

musste eine Abbildungsbedingung gewählt werden, bei der die Quantenpunkte gut lokalisierbar<br />

sind. Zur Bestimmung der optimalen Bedingung wurden die Kontrastmuster<br />

von Aufnahmen unter Verwendung des Primärstrahls entlang der [001]-Zonenachse (Hellfeldabbildung<br />

(Abb. 6.3 a)), des 004-Reflexes (004-Dunkelfeldabbildung (Abb. 6.3 b))<br />

und des 220-Reflexes (220-Dunkelfeldabbildungen (Abb. 6.3 c)) ausgewertet. Dabei konnte<br />

festgestellt werden, dass die 220-Dunkelfeldabbildung eine bessere Lokalisierung der<br />

Quantenpunkte zeigt als die 400-Dunkelfeldabbildung. Bei der Auswertung der Kontrastfiguren<br />

in der Hellfeldaufnahme konnte einerseits eine genauere mittlere laterale Größe<br />

der Quantenpunkte ermittelt werden, aber andererseits ist die erfasste Flächendichte im<br />

Vergleich zur 220-Dunkelfeldabbildung viel zu gering (siehe Abb. 6.3 d). Damit ist die<br />

Wahrscheinlichkeit, einen Quantenpunkt in einer Hellfeldaufnahme zu übersehen, sehr<br />

hoch. Bei der Abbildung mit dem 220-bzw. dem 400-Reflex wird nicht der Quantenpunkt<br />

selbst abgebildet, sondern das Kontrastmuster entsteht durch das Verzerrungsfeld der<br />

220- bzw. der 400-Netzebenen um den Quantenpunkt herum. Somit werden die Quantenpunkte<br />

vergrößert wiedergegeben und die Analyse der lateralen Ausdehnung führt zu<br />

einer fehlerbehafteten Angabe. Für 220-Abbildungen weicht der Wert um 3,5 nm und<br />

für 400-Abbildungen um 18 nm jeweils nach oben ab. Um den Fehler minimal zu halten,<br />

wurden für die Erstellung von Größenverteilungen und Flächendichtebestimmungen nur<br />

220-Dunkelfeldaufnahmen ausgewertet.


132<br />

6.2 Einfluss der Wachstumsparameter auf die<br />

Bildung der Quantenpunktensemble<br />

Bei der Abscheidung der Ga(As,Sb)-Schicht wurden systematisch die folgenden Parameter<br />

variiert: die Substrattemperatur (T ), die nominelle Schichtdicke tGaSb, die Unterbrechungszeit<br />

(GRI) des epitaktischen Wachstums nach der Abscheidung der Ga(As,Sb)-<br />

Schicht und das Verhältnis der Partialdrücke der gasförmigen Ausgangsstoffe (V/III).<br />

6.2.1 Substrattemperatur<br />

(tGaSb = 5, 4 ML, GRI = 5 s, V/III = 0, 2)<br />

Eine ausführliche Diskussion des Zusammenhanges zwischen Substrattemperatur T und<br />

Inselwachstum findet sich in [Mül00, Mül02]. Dabei wurde festgestellt, dass bei Substrattemperaturen<br />

über 525 ◦ C plastisch relaxierte Inseln entstehen (tGaSb = 5, 4 ML,<br />

GRI = 5 s, V/III = 0, 2). Der Durchmesser dieser sehr großen Exemplare betrug einige<br />

hundert Nanometer, somit haben diese dreidimensionalen Strukturen nicht die angestrebten<br />

elektronischen Eigenschaften von Quantenpunkten. Mit steigender Temperatur<br />

nahmen die Defektdichte und somit die Anzahl der Rekombinationszentren innerhalb der<br />

Struktur zu, so dass bei T = 550 ◦ C aus den Inselbereichen keine PL-Linie detektiert<br />

werden konnte. Unterhalb von T = 525 ◦ C beginnt das transportlimitierte Wachstum, bei<br />

dem die Ausgangsstoffe vollständig zerlegt werden und das Schichtwachstum linear von<br />

der Temperatur abhängt (siehe Abb. 1.6). Als Optimum wurde der Temperaturwert von<br />

T = 515 ◦ C ermittelt.<br />

6.2.2 Nominelle Schichtdicke<br />

(GRI = 5 s, V/III = 0, 2, T = 515 ◦ C)<br />

Der Einfluss der nominellen Schichtdicke bzw. der Wachstumsdauer tGaSb der Ga(As,Sb)-<br />

Schicht auf die Inselgeometrie und die damit zusammenhängenden elektronischen Eigenschaften<br />

wurden detailliert in [Häu01] und [Mül02] dargestellt. Die Abb. 6.4 zeigt in Form<br />

einer Übersicht die Ergebnisse aus den TEM-Untersuchungen (Abb. 6.4 a-f und h) und<br />

den PL-Messungen (Abb. 6.4 g) für die Variation der nominellen Dicke der Ga(As,Sb)-<br />

Schicht zwischen 3, 6 Monolagen (ML) bis 5, 8 ML. Das dreidimensionale pseudomorphe<br />

Wachstum von Quantenpunkten beginnt erst ab einer nominellen Ga(As,Sb)-Schichtdicke<br />

von 4 ML mit einer geringen Quantenpunktdichte von 1 · 10 10 Quantenpunkte pro cm 2 .<br />

Mit zunehmender Antimon-Deposition nimmt die Quantenpunktdichte und die laterale<br />

Größe der Exemplare zu (vgl. Abb. 6.4 a bis e und die Größenverteilung in Abb. 6.4 h).<br />

Ab einer nominellen Schichtdicke von 5, 4 ML führt eine weitere Zugabe von Gallium und<br />

Antimon während des Schichtwachstums nicht zu einer Vergrößerung der Quantenpunkte,<br />

sondern bedingt nur die Bildung von Defekten in den Quantenpunkten. Diese Defekte<br />

wurden in [Häu03] als Stapelfehler und Versetzungsringe identifiziert. Die Kristallstörungen<br />

wirken als nichtstrahlende Rekombinationszentren und verursachen eine Abnahme


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 133<br />

der Intensitäten im <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektrum (vgl. PL-Spektren in der Abb. 6.4 g).<br />

Als Optimum für die Herstellung von Ga(As,Sb)-Quantenpunkten wurde die nominelle<br />

Schichtdicke von t = 5, 4 ML gefunden. Diese Dicke wurde während einer 25-sekündigen<br />

Einleitung von Sb (C2H5) 3 in den MOCVD-Reaktor erreicht.<br />

6.2.3 Wachstumsunterbrechung<br />

(tGaSb = 5, 4 ML, V/III = 0, 2, T = 515 ◦ C)<br />

Nach dem Einleiten der gasförmigen Ausgangsstoffe für die Bildung der Ga(As,Sb)-Schicht<br />

wurde eine Wachstumsunterbrechung durchgeführt. Während dieser Wachstumsunterbrechung<br />

wurde nur das Trägergas H2 in den Reaktorraum eingeleitet, so dass überflüssiges<br />

Material von der Oberfläche auch abgeführt werden konnte. Der Einfluss der Wachstumsunterbrechung<br />

bezüglich seiner Dauer wurde in [Häu01] und [Mül02] ausführlich<br />

untersucht und diskutiert. Die 002-Dunkelfeldaufnahmen, die Größenverteilung und die<br />

PL-Messungen sind in der Übersicht in der Abb. 6.5 zusammengefasst.<br />

Die Bildung von Quantenpunkten beginnt, wenn die kritische Schichtdicke erreicht wird<br />

und endet durch das Aufbringen der GaAs-Bedeckungsschicht. Das Formen der niederdimensionalen<br />

Quantenstrukturen erfolgt durch laterale Adatombewegungen auf der Wachstumsoberfläche.<br />

Wird dem Schichtmaterial keine Zeit für die Materialumordnung nach der<br />

Abscheidung gegeben, bilden sich nur vereinzelt kleine Quantenpunkte mit einer lateralen<br />

Ausdehnung von ca. 8 nm (siehe Abb. 6.5 a). Hat das System zwei Sekunden für<br />

die Materialumordnung Zeit, so nimmt die Anzahl der kleinen Quantenpunkte zu und es<br />

entstehen auch einige große Exemplare (siehe Abb. 6.5 b). Nach fünf Sekunden ist der<br />

Gleichgewichtszustand erreicht und die Quantenpunkte sind bezüglich ihrer Form und<br />

Größe stabil.<br />

6.2.4 III/V-Partialdruckverhältnis<br />

(tGaSb = 5, 4 ML, GRI = 5 s, T = 515 ◦ C)<br />

Aufgrund der hohen Flüchtigkeit der Hydride (TESB 1 ) bei der metallorganischen Gasphasenepitaxie<br />

wird die abgeschiedene GaSb-Menge beim Wachstumsprozess durch das<br />

Angebot an Antimon gesteuert. Die angebotenen Gruppe III-Atome (Ga), sie liegen als<br />

gasförmige Ausgangsstoffe TMGa und TEGa 2 vor, werden vollständig in der stöchiometrisch<br />

erforderlichen Menge eingebaut. Somit kann das Wachstum von GaSb-Schichten<br />

durch das Angebot von Antimon reguliert werden.<br />

Der Einfluss des V/III-Verhältnisses der Ausgangsstoffe auf die Bildung von Ga(As,Sb)<br />

/GaAs-Quantenpunkten wurde im Rahmen dieser Arbeit untersucht. Hierfür wurde der<br />

TESb Partialdruck bei konstant bleibenden TMGa Partialdruck variiert. Bei der Untersuchung<br />

wurde eine Wachstumsdauer für GaSb von 25 s, dies entspricht einer nominellen<br />

Schichtdicke von 4, 5 ML, und eine Unterbrechung von 5 s nach der GaSb Deposition<br />

gewählt. Die Wachstumstemperatur beträgt T = 515 ◦ C.<br />

1 Triethylantimony Sb (C2H5) 3<br />

2 Trimethylgallium Ga (CH3) 3 und Triethylgallium Ga (C2H5) 3


134<br />

Abbildung 6.4: Variation der nominellen Schichtdicke<br />

a) - f) 220-Dunkelfeldabbildungen von Ga(As,Sb)-Quantenpunkten bei verschiedenen nominellen Schichtdicken von<br />

3, 6 ML bis 5, 8 ML; g) <strong>Ph</strong>otolumineszenzmessung; h) Größenverteilung der Quantenpunkte


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 135<br />

Abbildung 6.5: Variation der Wachstumsunterbrechung nach der GaSb-Abscheidung<br />

a) - d) 220-Dunkelfeldabbildungen von Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunkten hergestellt bei unterschiedlicher Wachstumsunterbrechung;<br />

unten links: PL-Spektren; unten rechts: Größenverteilung


136<br />

Abbildung 6.6: Variation des Antimonangebotes durch die Änderung des Partialdruckverhältnisses<br />

V/III bei der GaSb-Abscheidung<br />

a) exemplarische 220-Dunkelfeldabbildung von GaAsxSb1−x/GaAs-Quantenpunkten<br />

gewachsen bei einem V/III-Verhältnis von 3,5 , b) 5 und c) 6;<br />

d) <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektren mit den Abkürzungen BN für Benetzungsschicht und QP<br />

für Quantenpunkte;<br />

e) anhand der 220-Dunkelfeldabbildungen bestimmte Größenverteilungen der<br />

GaAsxSb1−x/GaAs-Quantenpunkte<br />

Die Abb. 6.6 zeigt die Ergebnisse der transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungen<br />

und die zugehörigen PL-Spektren. Bei einem Partialdruckverhältnis von V/III =<br />

3, 5 besteht das PL-Spektrum nur aus der Lumineszenzlinie der Benetzungsschicht. Obwohl<br />

diese mit E = 1, 35 eV einer Benetzungsschicht mit einer Dicke oberhalb der kritischen<br />

Schichtdicke entspricht (vgl. PL-Spektren der Abb. 6.4), konnte kein Übergang<br />

vom zwei- zum dreidimensionalen Wachstum festgestellt werden (vgl. Abb. 6.4 a).<br />

Bei einer Erhöhung des Antimonanteils im Gasgemisch auf ein Partialdruckverhältnis<br />

von V/III = 5 vollzieht sich der Übergang zum dreidimensionalen Wachstum. Gut zu<br />

erkennen ist dieser Vorgang zum einen anhand des PL-Spektrums (Abb. 6.4). Dies zeigt


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 137<br />

für V/III = 5 neben der Lumineszenzlinie der Benetzungsschicht, deren energetische<br />

Lage gegenüber V/III = 3, 5 unverändert ist, eine Schulter mit einem Maximumansatz<br />

bei einer Übergangsenergie von 1, 05 eV . Zum anderen zeigt die 220-Dunkelfeldabbildung<br />

(siehe Abb. 6.4 b) Quantenpunkte mit einer Flächendichte von 0, 8·10 10 cm −2 . Die genaue<br />

Auswertung der Kontrastmuster ergibt eine bimodale Größenverteilung mit einer lateralen<br />

Größe von 6 nm für die kleinen Exemplare und ca. 17 nm für die großen Quantenpunkte<br />

(vgl. Größenverteilung in der Abb. 6.4).<br />

Wird ein Partialdruckverhältnis von V/III = 6 eingestellt, so zeigen sich die Lumineszenzlinien<br />

der Benetzungsschicht und des Quantenpunktensembles deutlich getrennt.<br />

Aus der im Vergleich zu niedrigen Partialdruckverhältnissen erhöhten Übergangsenergie<br />

von 1, 38 eV der Benetzungsschicht kann auf eine Schichtdickenabnahme geschlossen<br />

werden. Weiterhin erkennt man im PL-Spektrum eine geringfügige Rotverschiebung<br />

um ca. 0, 01 eV von 1, 05 eV nach 1, 0 eV für die Übergangsenergie der Quantenpunkte.<br />

Die Größenverteilung der TEM-Abbildungen (Abb. 6.4) zeigt nur eine geringfügige<br />

Verschiebung der bimodalen Verteilung zu größeren Quantenpunkten bei Zunahme des<br />

V/III-Verhältnisses. Anhand des Vergleiches von Abb. 6.4 b mit 6.4 c ist deutlich eine<br />

Erhöhung der Flächendichte der Quantenpunkte zu erkennen. Mit 2, 1 · 10 10 cm −2 ist die<br />

Anzahl der Quantenpunkte pro Fläche für V/III = 6 fast zweieinhalb mal so groß wie für<br />

V/III = 5. Die Blauverschiebung der energetischen Position der Benetzungsschicht im<br />

PL-Spektrum und die hohe Gesamtflächendichte sind Anhaltspunkte für einen vollständigen<br />

Materialtransport von der Benetzungsschicht zu den Quantenpunkten während der<br />

Wachstumspause.<br />

Die Graphik der PL-Spektren in Abb. 6.4 enthält eine <strong>Ph</strong>otolumineszenzmessung für ein<br />

Partialdruckverhältnis von V/III = 7, welche in Bezug auf die energetischen Positionen<br />

der Lumineszenzlinien mit den Spektrum für V/III = 6 identisch ist. Der Unterschied<br />

zwischen V/III = 6 und V/III = 7 besteht in den Intensitäten der Spektren. Daher kann<br />

aus dem Vergleich der beiden Spektren auf eine Zunahme von störenden Rekombinationszentren<br />

in Form von Defekten geschlossen werden.


138<br />

6.3 Antimongehalt in den Quantenpunkten<br />

Um den Antimongehalt innerhalb von Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunkten ohne die Verwendung<br />

von direkten analytischen Verfahren bestimmen zu können, ist es notwendig, zwei<br />

voneinander unabhängige TEM-Methoden - 002-Dunkelfeldauswertung und HRTEM -<br />

miteinander zu kombinieren. Die dafür im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Vorgehensweise<br />

soll nun erläutert werden.<br />

Für GaAs1−xSbx ist der 002-Reflex ein chemisch sensitiver (siehe Glg. 3.16 im Abschnitt<br />

3.2.1), der zur chemischen Analyse genutzt werden kann. Grund für diese Sensibilität<br />

bezüglich der Zusammensetzung ist die Kristallisation des unverspannten Mischkristalls<br />

in der Zinkblendestruktur. Die Abb. 6.7 a zeigt die mittels dem Programm jems ermittelte<br />

Abhängigkeit zwischen der Zusammensetzung des verspannten ternären Systems<br />

GaAs1−xSbx (0 ≤ x ≤ 1) mit der Raumgruppe I4m2 (siehe Anhang C) und der In-<br />

tensität I 002 des chemisch sensitiven 002-Reflexes. Zwischen der Konzentration x und<br />

I 002 besteht eine direkte Proportionalität mit einem Minimum I 002<br />

min für x = 0. In einer<br />

002-Dunkelfeldabbildung entspricht dieser Extremwert dem Matrixmaterial (GaAs). Eine<br />

Eichung der 002-Dunkelfeldintensitäten bezüglich der Konzentration x gelingt aber nur<br />

dann, wenn einem weiteren Intensitätswert im Bild eine Antimonkonzentration zugeord-<br />

net werden kann.<br />

Das zweite, für die Eichungen notwendige, Wertepaar (x,I 002<br />

2 ) erhält man durch die Auswertung<br />

des Verschiebungsfeldes uz (r) in Wachstumsrichtung z. Da die Änderungen der<br />

Gitterkonstanten von gitterfehlangepassten Schichten gegenüber dem unverspannten Zustand<br />

in Abhängigkeit von den Parametern der unverspannten Materialien durch die<br />

Glgen. 2.12-2.15 im Abschnitt 2.3 beschreibbar sind, wird anhand der Benetzungsschicht<br />

der zweite für die Skalierungen notwendige Konzentrationswert ermittelt. Zur Vereinfachung<br />

wird angenommen, dass die GaAs-Matrix unter- und oberhalb der Benetzungsschicht<br />

unverspannt ist. Dieser Ansatz gilt, da zum einen die GaAs1−xSbx-Benetzungschicht<br />

gegenüber der Matrix als unendlich dünn angenommen werden kann (hGaAs/hGaAs1−xSbx →<br />

∞) und andererseits die Elementarzellen dieser Schicht nur in [001]-Richtung relaxieren<br />

können. Zwischen dem Gradientenfeld ∂uz und der Sb-Konzentration x besteht mit dieser<br />

∂z<br />

Vereinfachung nach Glg. 2.21 der folgende Zusammenhang:<br />

ɛ Ga(As,Sb)<br />

zz<br />

= ∂uz<br />

∂z<br />

GaAs<br />

(1 − x) · c12 = −2<br />

(1 − x) · c GaAs<br />

11<br />

+ x · c GaSb<br />

12<br />

+ x · c GaSb<br />

11<br />

<br />

aGaAs<br />

(1 − x) · aGaAs + x · aGaSb<br />

<br />

− 1 (6.3)<br />

Die Elastizitätskonstanten ci 11, ci 12 und die Gitterparameter ai sind aus der Tab. 2.1 (i =<br />

GaAs, GaSb) zu entnehmen. In der Abb. 6.7 b ist die Funktion x ɛ Ga(As,Sb)<br />

<br />

zz für das Sand-<br />

wichsystem GaAs/Ga(As,Sb)/GaAs graphisch dargestellt. Die maximale Verschiebung<br />

∂uz innerhalb der Ga(As,Sb)-Benetzungsschicht entspricht in der 002-Dunkelfeldabbildung<br />

∂z<br />

der maximalen Intensität in dieser Schicht, so dass die zweite für die Skalierung von I002 notwendige Konzentrationszuordnung gegeben ist.


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 139<br />

Abbildung 6.7: a) 002-Intensitäten I 002 von GaAs1−xSbx in Abhängigkeit von der Antimonkonzentration<br />

x (berechnet mit dem Programm jems)<br />

blaue Funktion: I 002 (x) für unverspanntes GaAs1−xSbx mit der Raumgruppe F 43m<br />

rote Funktion: I 002 (x) für verspanntes GaAs1−xSbx mit der Raumgruppe I4m2 (siehe Anhang<br />

C). I 002 (x) wird durch die quadratische Gleichung beschrieben:<br />

I 002 = 8, 22638 · x 2 + 4, 66792 · x + 0, 47527 (6.4)<br />

b) Abhängigkeit der Verzerrungstensorkomponente ɛzz<br />

im ternären System GaAs1−xSbx<br />

von der Antimonkonzentration x<br />

x = 23, 86901 · ɛ 2 zz + 13, 53212 · ɛzz<br />

(6.5)<br />

6.3.1 Konzentrationsbestimmung in der<br />

GaAs1−xSbx-Benetzungsschicht<br />

Aus der HRTEM-Aufnahme der Abb. 6.8 wurde durch die Analyse des Verschiebungsfeldes<br />

uz die Antimonkonzentration innerhalb der Ga(As,Sb)-Benetzungsschicht bestimmt.<br />

Die kumulative Summe der Verzerrungen über den Bereich der Benetzungsschicht wurde<br />

in der Abb. 6.8 als zweidimensionales farbcodiertes Verschiebungsfeld dargestellt. Die Verschiebungsvektoren<br />

uz beziehen sich auf das Referenzgitter mit aREF = aGaAs/2, welches<br />

anhand des GaAs-Gitters im rot markierten Bereich berechnet wurde. Für die Auswertung<br />

wurde das Gradientenfeld ∂uz in Wachstumsrichtung [001] betrachtet (siehe Abb. 6.9). Die<br />

∂z<br />

Ableitung zeigt eine maximale Verschiebung ɛzz = ∂uz von 0, 0321. Diesem Wert kann ein-<br />

∂z<br />

eindeutig die Antimonkonzentration xBN ≈ 0, 47 zu geordnet werden (vgl. Abb. 6.7 b mit<br />

Glg. 6.5). Die zwischen I002 GaAs (x = 0) = 0 und I002 BN (x = 0, 47) = 1 skalierte Funktion<br />

I002 (x) lautet somit:<br />

I 002 = 2, 00459 · x 2 + 1, 13730 · x (6.6)


140<br />

Diese Formel bildet die Basis für die im nächsten Abschnitt folgenden Konzentrationsbestimmungen<br />

innerhalb der Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunkte.<br />

Abbildung 6.8: HRTEM-Aufnahme einer GaAs1−xSbx-Benetzungsschicht (Elektroneneinstrahlung<br />

in [100]) mit farbcodierten zweidimensionalen Verschiebungsfeld uz (REF markiert<br />

das in der GaAs-Matrix liegende Referenzgebiet).<br />

6.3.2 Konzentrationsbestimmung in den<br />

GaAs1−xSbx/GaAs-Quantenpunkten<br />

Die Sb-Konzentrationen innerhalb der Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunkte werden aus den<br />

parallel zur Wachstumsrichtung aufgenommmenen Grauwertprofilen von 002-Dunkelfeldabbildungen<br />

berechnet. Diese Intensitätsprofile müssen sowohl bezüglich der durchstrahlten<br />

Probendicke korrigiert als auch skaliert werden, um eine Auswertung der Konzentrationen<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Abb. 6.10 zeigt ein unkorrigiertes Grauwertprofil über den Bereich der Ga(As,Sb)-<br />

Benetzungsschicht. Zur Ermittlung der Netto-Intensitäten wurde eine konstante Dickenänderung<br />

angenommen, welche durch eine lineare Funktion approximiert werden kann. Zieht<br />

man die Dickenfunktion von dem Profil ab, so erhält man für xBN den Grauwert von<br />

I 002<br />

BN = I2 − I1 (vgl. Abb. 6.10) und für die GaAs-Gebiete Intensitäten um Null. In Analogie<br />

zu der eben beschriebenen Vorgehensweise werden alle weiteren 002-Dunkelfeldprofile


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 141<br />

Abbildung 6.9: Ableitung der Verschiebungsvektoren uz in [100] im Bereich um die<br />

GaAs1−xSbx-Benetzungsschicht (siehe Abb. 6.8).<br />

Abbildung 6.10: 002-Dunkelfeldintensitätsprofil einer GaAs/Ga(As,Sb)-BN/GaAs-<br />

Heterostruktur (BN - Benetzungsschicht) gemessen entlang [001] (schwarze Linie). Die<br />

rot dargestellte Linearfunktion beschreibt den Einfluss der Dickenänderung der Probe auf<br />

das Intensitätsprofil.


142<br />

bezüglich der Dicken korrigiert und ihre Intensitäten bezüglich I 002<br />

GaAs<br />

= 0 und der aus dem<br />

Benetzungsschichtprofil ermittelten Intensität I002 BN = 1 skaliert. Unter Verwendung des in<br />

der Glg. 6.6 gegebenen Zusammenhanges kann nun direkt aus den korrigierten Grauwertprofilen<br />

die Zusammensetzung des Mischkristalls GaAs1−xSbx berechnet werden.<br />

Auswertung<br />

Die in der Abb. 6.12 a gezeigte 002-Dunkelfeldaufnahme wird im Folgenden für die Zusammensetzungsbestimmung<br />

der GaAs1−xSbx-Quantenpunkte genutzt. Anhand der Grauwertprofile<br />

der Bereiche A bis K wurden die in der Abb. 6.11 graphisch dargestellten<br />

Antimonverteilungen berechnet. Die maximale berechnete Intensität innerhalb der Quantenpunktgebiete<br />

beträgt nahezu x = 0, 8 (siehe Abb. 6.11, rot dargestellte Funktionen).<br />

Hier ist die Probendicke so dünn (< 25 nm), dass der untersuchte Quantenpunkt in [100]<br />

(Elektronenstrahlrichtung) nicht von GaAs-Material umgeben ist.<br />

Abbildung 6.11: Eindimensionale Sb-Konzentrationsprofile vom System<br />

GaAs1−xSbx/GaAs berechnet aus den 002-Dunkelfeldprofilen der Bereiche A - K<br />

der Abb. 6.12 a. Die rot dargestellten Graphen entsprechen der Antimonverteilung mit<br />

eingeschlossenem Quantenpunkt, und die blauen Plots enthalten die Sb-Konzentrationen<br />

der Benetzungsschicht.


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 143<br />

Eine zweidimensionale Verteilung des Antimonanteils erhält man, wenn das 002-Dunkelfeldbild<br />

Pixel für Pixel auswertet wird. Die Abbn. 6.12 a - c zeigen die zweidimensionale<br />

Berechnung des GaAs1−xSbx-Quantenpunkts der 002-Dunkelfeldaufnahme aus Abb. 6.12 a.<br />

Die berechnete Sb-Konzentration für dieses Exemplar liegt zwischen 70 at.% für den<br />

Randbereich und 85 at.% im Quantenpunkt. Die vollständige Form des Quantenpunktes<br />

ist aufgrund der sehr geringen Probendicke nicht gegeben.<br />

Um die laterale und vertikale Ausdehnung von Quantenpunkten bestimmen zu können,<br />

müssen diese vollständig in der 002-Dunkelfeldabbildung abgebildet werden. Diese Exemplare<br />

sind in dicken Probenbereichen zu suchen. Nachteilig für die Bestimmung des Antimongehaltes<br />

eines GaAs1−xSbx-Quantenpunktes aus solch einem Bereich ist die allseitig<br />

den Quantenpunkt umgebende GaAs-Matrix. Somit kann nur der Mindestanteil von Sb in<br />

solchen Exemplaren angegeben werden. Die Abb. 6.13 a zeigt eine 002-Dunkelfeldaufnahme<br />

mit zwei Quantenpunkten QP1 und QP2 aus einem sehr dicken Probenbereich. Die Auswertung<br />

bezüglich der Zusammensetzung (Abb. 6.13 b) zeigt einen maximalen Mindestanteil<br />

von x = 0, 7. Die restlichen, fehlenden 30 % sind der Arsenanteil aus der den Quantenpunkt<br />

umgebenden GaAs-Matrix in [100]. Der Quantenpunkt QP1 hat eine laterale<br />

Ausdehnung von ca. 25 nm und eine Höhe von ca. 7 nm. Weiterhin zeigt QP1 bezüglich<br />

seiner vertikalen Mittelachse eine symmetrische, schalenförmige Antimonverteilung (siehe<br />

Abb. 6.13 c). Die sehr große laterale Ausdehnung des Exemplars QP2 von ca. 60 nm lässt<br />

die Annahme zu, dass QP2 aus zwei oder mehreren sich in der [100] cubic -Projektion überlagernden<br />

Quantenpunkten besteht. Bestärkt wird diese Vermutung durch die zwei voneinander<br />

im Abstand von ca. 12 nm getrennt liegenden maximalen Sb-Konzentrationeninseln<br />

innerhalb von QP2 mit x ≈ 0, 6 (siehe Abb. 6.13 d). Die Abb. 6.13 e zeigt eine homogene<br />

Zusammensetzung der Benetzungsschicht BN mit einem Antimongehalt zwischen ca.<br />

x = 0, 457 und x = 0, 47.


144<br />

Abbildung 6.12: Zweidimensionale Konzentrationsbestimmung von GaAs1−xSbx/GaAs-<br />

Quantenpunkten<br />

a) chemisch sensitive 002-Dunkelfeldabbildung (Kristallorientierung in 〈100〉 für die<br />

GaAs-Matrix)<br />

b) zweidimensionaler farbcodierter Konzentrationsplot des Antimonanteils x, berechnet<br />

aus den Intensitäten der 002-Dunkelfeldabbildung a)<br />

c) Vergrößerter Ausschnitt aus b)


Ga(As,Sb)/GaAs - Quantenpunktstruktur 145<br />

Abbildung 6.13: Antimonbestimmung in GaAs1−xSbx-<br />

Quantenpunkten in einem dicken Probenbereich<br />

a) 002-Dunkelfeldabbildung mit zwei Quantenpunkten QP1 und<br />

QP2. BN bezeichnet die Benetzungsschicht.<br />

b) berechnete Sb-Verteilung der 002-Dunkelfeldaufnahme in a). Die<br />

Rechtecke markieren die Gebiete, welche in den Abbildungen c) bis<br />

e) vergrößert dargestellt werden. Zu sehen sind die Sb-Verteilung<br />

des QP1 (in c)), des QP2 (in d)) und der Benetzungsschicht (in e)).


146


Kapitel 7<br />

Kombination von (Ga,In)As<br />

mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in<br />

GaAs In diesem Abschnitt soll geklärt werden, ob es gelingt, Ga(As,Sb)-<br />

Quantenpunkte durch den Einfluss von (Ga,In)As-Quantenpunkten organisiert<br />

wachsen zu lassen. Die (Ga,In)As-Quantenpunkte wirken<br />

als Stressoren, deren chemische Zusammensetzung anhand von (002)-<br />

Dunkelfeldabbildungen analysiert werden.<br />

7.1 Probenstruktur<br />

Der Probenaufbau wurde wegen der gewünschten elektronischen Eigenschaften gezielt ausgewählt.<br />

Aus diesem Grund sollen hier zuerst die geforderten elektronischen Eigenschaften<br />

und danach die strukturelle Umsetzung erläutert werden.<br />

7.1.1 Kombination von Quantenpunkttyp I mit Typ II<br />

Die räumliche Trennung der Ladungsträger, wie sie bei Ga(As,Sb)-Quantenpunkten mit<br />

dem Bandstrukturtyp II vorliegen, bringt eine hohe Lokalisierung der Löcher in den Quantenpunkten<br />

und kleine Übergangswahrscheinlichkeiten für strahlende Rekombinationen<br />

mit sich. Daher sind die Ga(As,Sb)-Quantenpunkte in GaAs interessant für Speicherexperimente.<br />

Der Quantenpunkttyp II alleine ist als aktives Material z.B. in einem Lichtemitter<br />

ungeeignet. Deshalb wurde eine Kombination von Ga(As,Sb) (Typ II) mit (Ga,In)As (Typ<br />

I) gewählt [Mül02]. Die Abb. 7.1 zeigt das Energiebändermodell von GaSb (Typ II) mit<br />

direktem Kontakt zu InAs (Typ I). Die räumliche Überlagerung der Elektronen- mit den<br />

Lochzuständen führt zu einer vergrößerten Übergangswahrscheinlichkeit, sowie zu einer<br />

Verschiebung der Übergangsenergie zu kleineren Energien.<br />

Mit dem Einbau einer Energiebarriere zwischen den InAs- und den GaSb-Quantenpunkten<br />

in Form von einer GaAs-Schicht und dem Anlegen eines elektrischen Feldes kann das kombinierte<br />

TypI-TypII-Quantenpunktsystem als Ladungsspeicher genutzt werden. Das Energiebändermodell<br />

für diesen Fall ist in der Abb. 7.2 dargestellt. Durch optische Anregung<br />

147


148<br />

Abbildung 7.1: Schemata des Potentialverlaufs<br />

mit angedeuteten Wellenlängenfunktionen<br />

für eine kombinierte<br />

(Ga,In)As-GaSb-Quantenpunkt<br />

Struktur [Mül02]<br />

Abbildung 7.2: Schema der optischen<br />

Anregung über einen InAs-Quantenpunkt<br />

in einer Struktur mit gestapelten InAs-<br />

Quantenpunkten und GaSb-Quantenpunkten<br />

in GaAs [Mül02]<br />

erfolgt eine Ladungsträgertrennung über die InAs-Quantenpunkte, da hier die Bandlücke<br />

am kleinsten ist. Bei genügend kleiner GaAs-Barriere wandern die Löcher aufgrund von<br />

Tunnelprozessen in die GaSb-Quantenpunkte. Durch das angelegte äußere elektrische Feld<br />

werden die Elektronen aus dem Leitungsband emittiert, während die Löcher in den GaSb-<br />

Quantenpunkten verbleiben.<br />

7.1.2 Probenaufbau<br />

Die (Ga,In)As-Quantenpunktschicht, deren chemische Zusammensetzungsbestimmung im<br />

Abschnitt 7.3 vorgenommen wird, wurde auf (001)-orientiertem GaAs abgeschieden. Die<br />

(In,Ga)As-Quantenpunkte sollen nicht nur für die optische Anregung genutzt werden, sie<br />

sollen ebenso als Saatschicht für die Ga(As,Sb)-Quantenpunktschicht fungieren.<br />

Abbildung 7.3: Probenaufbau<br />

Auf die (Ga,In)As-Quantenpunktschicht wird<br />

GaAs mit einer Schichtdicke ∆GaAs abgeschieden<br />

und anschließend wird eine Ga(As,Sb)-Quantenpunktschicht<br />

mit den im Abschnitt 6.2 als<br />

Optimum gefundenen Wachstumsparametern aufgewachsen.<br />

Die Ga(As,Sb)-Quantenpunkte werden<br />

abschließend mit GaAs bedeckt. Der Probenaufbau<br />

ist in der Abb. 7.1.2 skizzenhaft dargestellt.<br />

Zur optimalen Realisierung des kombinierten Systems<br />

sollte eine direkte räumliche Korrelation<br />

zwischen den gestapelten Quantenpunkten be-


Kombination von (Ga,In)As mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs 149<br />

stehen. Entscheidend für die Korrelation der Quantenpunktschichten ist die Reichweite<br />

der von den (Ga,In)As bedingten Verspannungsfeldern in der GaAs-Zwischenschicht. Die<br />

Dicke der GaAs-Barriere ∆GaAs wurde für die Untersuchung der Quantenpunktkorrelationen<br />

systematisch variiert.<br />

7.2 Korrelationen zwischen gestapelten<br />

Quantenpunkten<br />

Die vergrabenen (In,Ga)As-Quantenpunkte wirken bei hinreichend kleinen GaAs-Zwischenschichtdicken<br />

als Stressoren, welche die Wachstumsoberfläche lokal verspannen. Hol´y<br />

et al. berechneten unter Berücksichtigung der Anisotropie des Schichtmaterials die elastischen<br />

Energieverteilungen 1 ρ (x, y) oberhalb von einem punktförmigen Stressor in unterschiedlichen<br />

Zwischenschichtmaterialien [Hol99]. Die berechneten elastischen Energiedichten<br />

für GaAs, ZnSe, PbS, PbTe und Si für (001)-Wachstumsoberflächen sind in der<br />

Abb. 7.4 a dargestellt. Die Anisotropie des Verspannungstensors von Halbleitermaterialien<br />

mit einem Anisotropiefaktor A > 1 bedingt bei einer (001)-Wachstumsoberfläche die<br />

Ausbildung von vier Energiedichteminima, welche in der [110]- und der 110 -Richtung<br />

um die punktförmige verspannungsfeldinduzierende Quelle angeordnet sind (siehe Inset<br />

in Abb. 7.4 a). Neben den zwei Minima weist die elastische Energieverteilung direkt oberhalb<br />

des vergrabenen Stressors ein Maximum auf. Für anisotrope Materialien mit A > 1<br />

ähnelt die Querschnittsansicht von ρ entlang [110] einer W-förmigen Funktion. Aufgrund<br />

der geringen Anisotropie von GaAs (A = 1, 84) und Si (A = 1, 563) sind die Minima<br />

nicht so stark ausgeprägt wie für Materialien mit höherer Anisotropie (z.B. ZnSe mit<br />

A = 2, 44). Für Halbleitermaterialien mit A < 1 existiert nur ein Minimum von ρ (x, y)<br />

direkt über dem Stressor. Ein vergleichbares Verhalten wurde für isotrope Materialien von<br />

Hol´y berechnet in [Hol99] (siehe gestrichelte Funktion in Abb. 7.4 a).<br />

Die Eigenschaften der elastischen Energieverteilung führen zu einer Ansammlung der Adatome<br />

und zu einer bevorzugten Nukleation der Quantenpunkte an den Stellen der lokalen<br />

Minima auf der Oberfläche, welche die Positionen der Quantenpunkte in der darüberliegenden<br />

Schicht vorgeben. Die Lage der Minima kann durch den Winkel α zwischen<br />

der Oberflächennormalen und dem Vektor zum aufwachsenden Quantenpunkt beschrieben<br />

werden. Für GaAs ist α ca. 23 ◦ . Bei sehr kleinen Zwischenschichtdicken können die<br />

Minima der elastischen Energiedichte ρ (x, y) nicht mehr separiert werden, und es folgt für<br />

das System Ga(As,Sb)/GaAs/(Ga,In)As eine direkte vertikale Korrelation zwischen einem<br />

vergrabenen Stressor in der (Ga,In)As-Quantenpunktschicht und einem darüberliegenden<br />

Ga(As,Sb)-Quantenpunkt. Somit ergibt sich in Abhängigkeit von der Zwischenschicht-<br />

1 Den elastischen Verzerrungen innerhalb eines Kristalls entspricht die Energiedichte, welche für ein<br />

anisotropes Medium durch die Gleichung<br />

gegeben ist.<br />

ρaniso = σik · ɛlm = 1<br />

2 ciklm · ɛik · ɛlm


150<br />

Abbildung 7.4: Elastische Energiedichten<br />

ρ (x, y) an (001)-Oberflächen oberhalb<br />

von anisotropen Materialien mit A > 1<br />

vergrabenen Stressoren.<br />

a) Querschnitt von ρ (x, y) entlang<br />

[110] für verschiedene Matrixmaterialien<br />

mit einer Dicke von 50 nm und<br />

einem vergrabenen Stressor. s ist der<br />

Abstand der Minima zum Maximum<br />

in [110]. Inset: 2-dim. Konturplot mit<br />

−50 nm ≤ (x, y) ≤ 50 nm und 0, 5%<br />

Schrittweite. Minima von ρ sind gelb<br />

dargestellt. [Hol99]<br />

b-e) Skizzenhafter Verlauf von ρ (x, y)<br />

entlang [110] für zwei vergrabene Stressoren<br />

mit variiertem Abstand d.


Kombination von (Ga,In)As mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs 151<br />

dicke und der daraus resultierenden Breite des verspannten Oberflächenbereichs für GaAs<br />

eine vollständige, teilweise oder auch keine Korrelation zwischen den vergrabenen Stressoren<br />

und den Ga(As,Sb)-Quantenpunkten der zweiten Schicht.<br />

Als verspannungsinduzierende Stressoren wirken hauptsächlich kleine Quantenpunkte,<br />

aber auch Ecken und Kanten von größeren Exemplaren verursachen eine Verspannung<br />

in der umgebenden Matrix [Xie95]. Die Abbn. 7.4 b-e zeigen skizzenhaft die elastischen<br />

Energiedichten in [110] für den Fall der Wechselwirkung von zwei Stressoren in Abhängigkeit<br />

von deren Abstand d (A > 1). Eine direkte vertikale Korrelation zwischen Quantenpunkten<br />

aus verschiedenen Lagen existiert nur dann, wenn der Stressorenabstand d<br />

so groß ist, dass bei der Überlagerung der W-förmigen Energiedichteprofile beider Stressoren<br />

die Maxima mit jeweils einem Minimum interferieren. Dieser Fall ist schematisch in<br />

der Abb. 7.4 c dargestellt. Deutlich sieht man, dass das resultierende Profil vier Minima<br />

aufweist, wovon zwei lokale Minima die seitliche Korrelation bedingen und aus den zwei<br />

anderen stärker ausgeprägten Minima die direkte vertikale Korrelation zwischen Stressor<br />

und Quantenpunkt resultiert. Ist die Anisotropie des Zwischenschichtmaterials nur gering,<br />

so kommt es direkt oberhalb der Stressoren nicht zur Bildung von zwei Quantenpunkten,<br />

sondern zur Ausbildung eines großen Exemplares. Die Abb. 7.4 b zeigt die Überlagerung<br />

der Energiedichteprofile für den Fall, dass die Stressoren sehr dicht beieinander liegen<br />

(d < s). In diesem Fall entstehen nur zwei lokale Minima seitlich von den Stressoren.<br />

Ist d sehr groß, aber noch so klein, dass die Verspannungsfelder der einzelnen Stressoren<br />

noch miteinander wechselwirken können, so entstehen drei seitliche lokale Minima (siehe<br />

Abb. 7.4 d und e). In Fällen d ≤ 2s gilt eine seitliche Korrelation unter dem Winkel α<br />

bezüglich der Symmetrieachse w, welche genau mittig zwischen den Stressoren liegt.<br />

Auswertung<br />

Die Abb. 7.5 zeigt eine 002-Dunkelfeldaufnahme einer 〈110〉-Querschnittsprobe mit einer<br />

Stapelstruktur Ga(As,Sb)/GaAs/(Ga,In)As. Bei dieser Stapelung ist GaAs sowohl<br />

Matrix- als auch das Zwischenschichtmaterial und die (Ga,In)As-Quantenpunktschicht<br />

fungiert als Stressor. Die Lage der Ga(As,Sb)-Quantenpunkte in der oberen Schicht wird<br />

durch die Position der Stressoren und die Anisotropie von GaAs beeinflusst. Am häufigsten<br />

wurden bei einer Zwischenschichtdicke von ca. 3 nm seitliche Korrelationsbeziehungen zwischen<br />

den (Ga,In)As- und den Ga(As,Sb)-Quantenpunkten beobachtet (siehe Abb. 7.5).<br />

Die Abb. 7.6 zeigt exemplarisch solch einen Fall. Die Quantenpunkte bilden eine spiegelsymmetrische<br />

Anordnung, wobei die außen liegenden Ga(As,Sb)-Quantenpunkte (1’ und<br />

3’) im Winkel von α ≈ 24 ◦ zu ihren jeweiligen Stressoren (1 und 2) angeordnet sind. Der<br />

sich aus der Wechselwirkung der beiden Stressoren ergebende Ga(As,Sb)-Quantenpunkt<br />

(2’) liegt auf der Symmetrieachse.<br />

Vereinzelt wurden auch direkt vertikal korrelierte Quantenpunkte gefunden, dieser Fall<br />

konnte nur bei sehr dicht nebeneinander liegenden (Ga,In)As-Stressoren gefunden werden<br />

(siehe Abb. 7.5). Das Auftreten der direkten vertikalen Beziehung kann zum einen<br />

durch die Überlagerung der Verspannungsfelder der Stressoren erklärt werden, wobei der<br />

Abstand der Stressoren ungefähr d = s beträgt (siehe Abb. 7.4 c). Über (Ga,In)As-


152<br />

Abbildung 7.5: 002-Dunkelfeldabbildung von gestapelten Quantenpunktschichten<br />

(Ga(As,Sb)/GaAs/(Ga,In)As). Die GaAs-Zwischenschichtdicke ist ca. 3 nm<br />

Quantenpunkten mit einer großen Ausdehnung in Wachstumsrichtung ist die GaAs-Schicht<br />

dünner als bei flacheren Exemplaren, somit ist die Separation der Minima der elastischen<br />

Energiedichte ρ (x, y) nicht mehr gegeben. Es existiert dann nur noch ein lokales Minimum,<br />

welches die Position des darüberliegenden Ga(As,Sb)-Quantenpunktes vorgibt.<br />

Das <strong>Ph</strong>änomen der direkten vertikalen Stapelung wurde hauptsächlich bei sehr kleinen<br />

Schichtdicken unter 2 nm beobachtet.<br />

Abbildung 7.6: Quantenpunktstapel<br />

Ga(As,Sb)/GaAs/(Ga,In)As mit einer<br />

GaAs-Schichtdicke von ca. 4, 2 nm<br />

a) Verspannungssensitive 004-<br />

Dunkelfeldaufnahme mit zwei<br />

(Ga,In)As-Quantenpunkten (1 und 2)<br />

und drei Ga(As,Sb)-Quantenpunkten<br />

(1’,2’ und 3’), deren Lage durch die<br />

Verspannungsfelder der zwei Stressoren<br />

1 und 2 vorgegeben worden ist.<br />

(α ≈ 24 ◦ , β ≈ 51 ◦ )<br />

b) Skizze der Quantenpunktanordnung<br />

von Abb. a)<br />

Bei sehr großen Zwischenschichtdicken (d < 25 nm) überlagern sich die Beiträge von<br />

mehreren, auch weit voneinander entfernt liegenden Stressoren und die elastische Energiedichte<br />

ρ (x, y) verläuft an der Wachstumsoberfläche sehr flach. Somit gelingt es nicht


Kombination von (Ga,In)As mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs 153<br />

Abbildung 7.7: 002-Dunkelfeldabbildung von gestapelten Quantenpunktschichten<br />

(Ga(As,Sb)/GaAs/(Ga,In)As). Die GaAs-Zwischenschichtdicke ist ca. 25 nm<br />

mehr den Ga(As,Sb)-Quantenpunkten ihren Stressoren zuzuordnen (siehe Abb. 7.7).<br />

In Bezug auf die Anwendung gestapelter Quantenpunktschichten ist es sinnvoll, eine geringe<br />

Zwischenschichtdicke zu wählen, damit zum einen eine direkte vertikale Beziehung<br />

zwischen den Quantenpunkten besteht und zum anderen die Ladungsträger von einer<br />

Schicht in die nächste durch Tunnelprozesse gelangen können.<br />

7.3 Indiumgehalt in der<br />

(Ga,In)As-Quantenpunktsaatschicht<br />

Lemaître et al. bestimmten an Ga1−xInxAs-Schichten experimentell den Zusammenhang<br />

zwischen der 002-Dunkelfeldintensität α (x) und der Indiumkonzentration x. Mathematisch<br />

fanden sie folgende quadratische Funktion [Lem04]:<br />

α (x) = 18, 3 · x 2 − 6, 65 · x + 0, 943 (7.1)<br />

Bei x = 0, 18 hat die Funktion α (x) ein Minium, welches zur Normierung der Funktion<br />

(x = 0) = 1 und<br />

genutzt wird. Die Skalierung der 002-Intensitätsfunktion zwischen I002 GaAs<br />

I002 (xmin) = 0 ergibt die folgende Endformel:<br />

I 002 (x) = 30, 29 · x 2 − 11, 01 · x + 1 (7.2)<br />

Die Abb. 7.8 zeigt, dass für Intensitätswerte 0 ≤ I 002 ≤ 1 jeweils zwei Konzentrationswerte<br />

x existieren.


154<br />

Abbildung 7.8: Normierte 002-Dunkelfeldintensitäten I 002 für Ga1−xInxAs in Abhängigkeit<br />

von der Indiumkonzentration x<br />

Abbildung 7.9: Bearbeitungsschritte der 002-Intensitätsprofile<br />

a) Grauwertprofil mit Dickeneinfluss<br />

b) Normiertes Intensitätsprofil mit den zwei berechneten Lösungen der quadratischen<br />

Funktion Glg. 7.2 für die Indiumkonzentration


Kombination von (Ga,In)As mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs 155<br />

Die Konzentrationsbestimmung der (Ga,In)As-Quantenpunkte aus 002-Dunkelfeldaufnahmen<br />

erfolgt in Analogie zur Antimonbestimmung innerhalb der Ga(As,Sb)-Quantenpunkte<br />

(siehe Abschnitt 6.3). Nach der Berücksichtigung der Probendicke (siehe Abb. 7.9 a), durch<br />

Subtraktion der linearen Dickenfunktion wird das Intensitätsprofil normiert. Aufgrund der<br />

W-förmigen Grauwertprofile kann diese Skalierung zwischen Null für x = 0, 18 und Eins<br />

für die GaAs-Matrix ohne weiteres vorgenommen werden. Bei der Berechnung des Indiumgehaltes<br />

erhält man für Intensitätwerte I 002 < 1 immer zwei mögliche Lösungswerte<br />

x1, x2 für die quadratische Glg. 7.2. Welche Lösung nun die richtige ist, hängt von der<br />

Ortskoordinate (Probenmaterial) ab. Sei x1 < x2 , so ist im Bereich der GaAs-Matrix<br />

x1 die richtige Lösung. Zwischen den Minima des W-förmigen Grauwertprofils - also im<br />

Bereich der (Ga,In)As-Schicht - gibt x2 den korrekten Konzentrationswert an.<br />

Auswertung<br />

Die Konzentrationsanalyse der Ga1−xInxAs-Quantenpunktschicht erfolgte exemplarisch<br />

anhand der in Abb. 7.11 a gezeigten 002-Dunkelfeldaufnahme, welche in einem sehr<br />

dünnen Probenbereich aufgenommen wurde. Eine geringe Probendicke ist wichtig für<br />

die Zusammensetzungsbestimmung, da mit der hier angewendeten Analysemethode die<br />

in Elektronenstrahlrichtung gemittelte Indiumkonzentration errechnet wird. GaAs - Matrixmaterial,<br />

welches oberhalb bzw. auch unterhalb der Quantenpunkte in Primärelektronenstrahlrichtung<br />

liegt, verfälscht die Konzentrationsprofile. In solch einem Fall sind die<br />

errechneten Indiumkonzentrationen immer kleiner als der tatsächliche Indiumgehalt.<br />

Die eindimensionalen Indium-Konzentrationsprofile in der Abb. 7.10 wurden anhand der<br />

Grauwertprofile über die Bereiche A bis N (Abb. 7.11 a) errechnet. Der Indiumgehalt in<br />

der Benetzungsschicht beträgt x ≈ 0, 27. Innerhalb der Quantenpunkte steigt die Indiumkonzentration<br />

auf den Maximalwert von x = 0, 37. Der Indiumgehalt in den Randbereichen<br />

der Ga1−xInxAs-Quantenpunkte variiert nur geringfügig zwischen x = 0, 34 und<br />

x = 0, 30 (siehe QP2 in Abb. 7.10).<br />

Das Ergebnis der zweidimensionalen Zusammensetzungsanalyse zeigt die Abb. 7.11 b.<br />

Die Konzentrationsverteilungen in und um die Quantenpunkte sind in den Abb. 7.11 c<br />

und d vergrößert dargestellt. Aus diesen Verteilungsbildern kann man die symmetrische<br />

Indiumverteilung innerhalb der Quantenpunkte gut erkennen. Weiterhin ist der scharfe<br />

Übergang vom GaAs zur (Ga,In)As-Quantenpunktschicht gut sichtbar. Dagegen ist der<br />

(Ga,In)As-GaAs-Übergang in der [001]-Richtung weicher, d.h es findet eine Indiumdiffusion<br />

in die GaAs-Zwischenschicht statt. Die laterale Größe der (Ga,In)As-Quantenpunkte<br />

beträgt ca. 30 nm und die dazu senkrecht liegende vertikale Ausdehnung liegt bei ca.<br />

6 nm. Die Benetzungsschichtdicke ist ca. 4 nm.


156<br />

Abbildung 7.10: Eindimensionale In-Konzentrationsprofile vom System<br />

Ga1−xInxAs/GaAs berechnet aus den 002-Dunkelfeldprofilen der Bereiche A bis N<br />

der Abb. 7.11 a. Die rötlich dargestellten Graphen entsprechen den Indiumverteilungen<br />

der eingeschlossenen Quantenpunkten (QP1,QP2,QP3) und die blauen Plots enthalten<br />

die In-Konzentrationen der Benetzungsschicht BN.


Kombination von (Ga,In)As mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs 157<br />

Abbildung 7.11: Zweidimensionale Konzentrationsbestimmung von Ga1−xInxAs/GaAs-<br />

Quantenpunkten<br />

a) chemisch sensitive 002-Dunkelfeldabbildung<br />

b) zweidimensionaler farbcodierter Konzentrationsplot der Indiumkonzentration x, berechnet<br />

aus den Intensitäten der 002-Dunkelfeldabbildung a)<br />

c) Vergrößerter Ausschnitt der (Ga,In)As-Quantenpunkte QP1 und QP2 aus b)<br />

d) Vergrößerter Ausschnitt des QPs3 und der Benetzungsschicht BN aus b)


158


Zusammenfassung<br />

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der strukturellen und chemischen Charakterisierung<br />

von selbstorganisierten niederdimensionalen Halbleiterstrukturen mit Hilfe<br />

von transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungsmethoden (TEM), um damit<br />

Rückschlüsse auf die Wachstumsprozesse zu ermöglichen.<br />

(Si,Ge)/Si-Inselstrukturen<br />

Die Hauptaufgabe dieses Teils der Arbeit ist es, die chemische Zusammensetzung und die<br />

strukturellen Eigenschaften der mittels Flüssigphasenepitaxie (LPE) nahe am thermodynamischen<br />

Gleichgewicht gewachsenen Si1−xGex-Inseln zu untersuchen.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse der strukturellen Untersuchungen der selbstorganisierten Inseln<br />

aus konventionellen TEM-Untersuchungen, wie Beugungskontrastabbildungen und<br />

hochaufgelöster elektronenmikroskopischer Aufnahmen (HRTEM), sind:<br />

• Die Si1−xGex-Inseln sind pseudomorph verspannt, d.h. sie wachsen versetzungsfrei<br />

auf (001)-orientierten Siliziumsubstraten.<br />

• Eine vollständig ausgeformte Si1−xGex-Insel hat eine finale Form bestehend aus vier<br />

{111}-Seitenflächen und einer (001)-Deckfläche. Das Verhältnis von Basisbreite ω<br />

zur Inselhöhe h beträgt bei allen Inseln annähert ω/h ≈ 2.<br />

• Es kommt zu Kettenbildungen entlang [100] und [010].<br />

• Des Weiteren konnten Rückbildungen des Siliziumsubstrats um die Si1−xGex-Inseln<br />

herum beobachtet werden.<br />

Die Untersuchungsergebnisse bezüglich der geometrischen Form und Ausmaße der Si1−xGex-<br />

Inseln stimmen mit den Ergebnissen aus der Literatur überein [Chr97, Han02, Tha03,<br />

Ger06, Sch99].<br />

Zur Bestimmung der Germaniumkonzentration innerhalb der Si1−xGex-Inseln wurden zwei<br />

verschiedene voneinander unabhängige Verfahren entwickelt:<br />

Verzerrungsfeldanalyse: Es handelt sich um eine quantitative Methode zur<br />

Auswertung des Bildkontrastes hochaufgelöster elektronenmikroskopischer Aufnahmen<br />

von Si1−xGex-Inseln. Der für die Analyse der HRTEM-Abbildungen notwendige<br />

159


160<br />

Zusammenhang zwischen den Verzerrungsfeldern und den Germaniumkonzentrationen<br />

wurde anhand von FE-simulierten Si1−xGex-Inseln [Han02] gewonnen.<br />

Modifizierte ZAF-Methode: Im Gegensatz zur ersten Methode wurde hier das<br />

direkte analytische Verfahren der energiedispersiven Röntgenspektroskopie (EDXS)<br />

genutzt. Zur vollständigen Analyse der Inseln wurden Exemplare untersucht, deren<br />

geometrischen Ausmaße von der Probenpräparation unbeeinflusst blieben. Für<br />

die Auswertung der über die Insel aufgenommenen EDX-Punktspektren wurde eine<br />

neue modifizierte ZAF-Methode entwickelt, da die Voraussetzungen (Dünnfilmkriterium)<br />

für die übliche Auswertungsmethode nicht gegeben waren. Die modifizierte<br />

ZAF-Methode berücksichtigt elastische Streuprozesse (Z), den Absorptionsanteil<br />

(A) der generierten Ge-Kα- und Si-Kα-Quanten, sowie Fluoreszenzeffekte (F)<br />

innerhalb der untersuchten Si1−xGex-Inseln.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchungen sind:<br />

• Sowohl die Ergebnisse der Methode 1 als auch die Resultate der Untersuchungen<br />

nach Methode 2 zur quantitativen Analyse ergaben Konzentrationsprofile, die in<br />

zwei Bereiche I und II unterteilbar sind.<br />

Inselbereich I: Dieser Bereich zeichnet sich durch einen von der Basis bis<br />

ungefähr zur Inselmitte zunehmenden Konzentrationsgradienten bezüglich des<br />

Germaniumgehaltes aus.<br />

Inselbereich II: Dieser Bereich ist geprägt durch ein Konzentrationsplateau.<br />

Der Übergang zwischen beiden Bereichen I und II ist kontinuierlich. Somit<br />

ist der Konzentrationswert im Bereich II durch den maximalen Germaniumgehalt<br />

des Bereiches I gegeben.<br />

• Für sehr große Inseln mit einer Basislänge ω von ca. 400 nm liegt ein Germaniumgehalt<br />

im Bereich II von ungefähr 35 at.% vor.<br />

• Kleine Inseln mit einer Basislänge von 110 nm ≤ ω ≤ 140 nm haben ein Ge-<br />

Konzentrationsplateau im Bereich II bei 30 at.% ≤ xGe ≤ 35 at.%.<br />

• Die Auswertung von parallel zur Substrat-Insel-Grenzfläche aufgenommenen EDX-<br />

Punktspektren ergibt einen konstanten Germaniumgehalt bei konstanten Inselhöhen.<br />

• Die Gesamtgermaniumkonzentration innerhalb der Insel - berechnet aus den Konzentrationsprofilen<br />

unter Berücksichtigung der geometrischen Form - liegt bei allen<br />

Inseln bei ca. 22 at.%.


Zusammenfassung 161<br />

Anhand der oben aufgeführten Untersuchungsergebnissen werden folgende Mechanismen<br />

während des LPE-Wachstums postuliert:<br />

1. Bis zu einer kritischen Schichtdicke hkrit wächst eine zweidimensionale pseudomorph<br />

verspannte zweidimensionale Si1−xGex-Schicht auf dem (001) orientierten Siliziumsubstrat.<br />

2. Wird die kritische Schichtdicke hkrit erreicht, werden die Verspannungen innerhalb<br />

der Schicht durch die sinusförmige Verwellung der Si1−xGex-Schichtoberfläche abgebaut.<br />

Diese so genannte Ripplingstruktur wurden von A. Gerlitzke in [Ger06] und<br />

A.T. Tham in [Tha03] an LPE-Si1−xGex-Proben bestätigt.<br />

3. Auf den Maxima der Ripplingstruktur - hier ist das Gitter aufgeweitet - findet die<br />

Nukleation der Inseln statt [Ger06].<br />

4. Die anschließend stattfindende Rücklösung von Substratmaterial um den Nukleationsbereich<br />

verursacht eine lokale Anreicherung von Silizium bzw. eine lokale Verarmung<br />

an Germanium in der Si-Ge-Bi-Lösung.<br />

5. Es erfolgt ein allmählicher Abbau der lokalen Siliziumübersättigung in der LPE-<br />

Lösung durch den Einbau der Siliziumatome in die (Si,Ge)-Insel während der Formung<br />

des Inselbereiches I. Dieser Vorgang ist für den Konzentrationsgradienten<br />

verantwortlich.<br />

6. Nach dem vollständigen Abschluss des Schrittes 5. wird der obere Teil der Insel<br />

(Bereich II) mit der nun wieder homogenen LPE-Lösung gewachsen.


162<br />

Steuerung des (Si,Ge)/Si-Inselwachstums<br />

durch Kristalldefekte<br />

Im Unterkapitel 5 wurden (Si,Ge)-Inseln untersucht, welche durch zwei verschiedene Wachstumsverfahren<br />

hergestellt wurden. Im ersten Schritt wurde eine pseudomorph verspannte<br />

glatte Si0,77Ge0,23-Schicht auf ein (001)-Si-Substrat mittels Low Pressure Chemical Vapour<br />

Deposition (LPCVD) gewachsen (LPCVD-(Si,Ge)-Schicht). Anschließend wurde auf dieser<br />

Schicht in einem LPE-Reaktor bei T = 585 ◦ C eine (Si,Ge)-Schicht abgeschieden (LPE-<br />

(Si,Ge)-Schicht).<br />

Die Untersuchungen ergaben bezüglich der LPCVD-(Si,Ge)-Schicht die folgenden Resultate:<br />

• Externe Temperungsexperimente zeigten, dass in der anfänglich pseudomorph verspannten<br />

Si0,77Ge0,23-Schicht bei hohen Temperaturen (T > 560 ◦ C) die Verspannungen<br />

innerhalb der Schicht durch plastische Relaxation (Misfitversetzungen) abgebaut<br />

werden. Das thermisch aktivierte Versetzungsnetzwerk besteht aus 60 ◦ -Versetzungen<br />

mit Versetzungslinien in ˜ l = 〈110〉 und Burgersvektoren in ˜ b = a/2 〈110〉.<br />

• Bei der Temperung der LPCVD-(Si,Ge)-Schicht unter Wasserstoffzufuhr im LPE-<br />

Reaktor (T = 585 ◦ C) verändert sich die Schichtoberfläche erheblich. Neben Verwellungen<br />

und Facettierungen ({1 1 10}- bis {1 1 6}-Facetten) der Oberfläche konnten<br />

auch bis tief ins Substrat reichende V-förmige Vertiefungen beobachtet werden, welche<br />

durch {111}-Flächen begrenzt sind.<br />

• Die V-Gräben und die Facetten verlaufen parallel zu den Versetzungslinien ˜ l = 〈110 〉<br />

des Versetzungsnetzwerkes.<br />

• Weiterhin konnte nach der Behandlung im LPE-Reaktor (unter H2-Einfluss) deutlich<br />

eine Reduzierung des LPCVD-(Si,Ge)-Schichtmaterials festgestellt werden. Das<br />

Ergebnis lässt die Vermutung zu, dass der Wasserstoff die (Si,Ge)-Schicht wegätzt.<br />

Diese Annahme wird durch die (2 × 1)-Oberflächenrekonstruktion bei (001)-(Si,Ge)-<br />

Flächen [Sch59, Dür00] gestützt. Bei der (2 × 1)-Überstrukturbildung wird die Zahl<br />

der freien Valenzen gegenüber der unkonstruierten Oberfläche halbiert. Durch die<br />

Adsorption von atomaren Wasserstoff auf der Oberfläche werden diese freien Bindungen<br />

gesättigt. Bei einer Wasserstoffmenge von weniger als eine Monolage bleibt<br />

die (2 × 1)-Überstruktur erhalten. Ist das Gasangebot höher, bildet sich SiH4 und<br />

GeH4 [Cha84].<br />

Die TEM-Untersuchungen der auf der LPCVD-(Si,Ge)-Schicht gewachsenen<br />

LPE-(Si,Ge)-Schicht ergaben:<br />

• Die Deposition der LPE-(Si,Ge)-Schicht auf der LPCVD-(Si,Ge)-Schicht erfolgte<br />

versetzungsfrei.


Zusammenfassung 163<br />

• Vorzugsweise erfolgte die Bedeckung der LPCVD-(Si,Ge)-Schicht an Stellen mit<br />

großer Dicke bzw. mit einem hohem Relaxationsgrad der Schicht.<br />

• Die durch das H2-Ätzen vorstrukturierte LPCVD-(Si,Ge)-Schicht definierte die finale<br />

Inselform.<br />

• Bei sehr hohem Bedeckungsgrad wurden vermehrt asymmetrische Inseln gefunden.<br />

In diesem Zusammenhang konnten auch Inseln beobachtet werden, die durch die<br />

Vereinigung mehrerer Exemplare entstanden sind.<br />

• Die Inseln reihen sich parallel zu den Versetzungslinien in ˜ l = 〈110 〉 an.<br />

Das eigentliche Ziel dieser Versuchsreihe war es, kontrolliert kleine (Si,Ge)-Inseln zur technischen<br />

Anwendung wachsen zu lassen. Leider scheiterte diese Absicht aufgrund der durch<br />

das Wasserstoffätzen willkürlich vorstrukturierten LPCVD-(Si,Ge)-Oberfläche. Trotz alledem<br />

konnte durch diese Versuche gezeigt werden, dass mit vorstrukturierten Schichten<br />

ein gezieltes Wachstum von (Si,Ge)-Inseln gelingen kann.


164<br />

Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden selbstorganisierte III-V-Quantenpunkte untersucht,<br />

welche mittels metallorganischer Gasphasenepitaxie (MOCVD) auf (001)-orientiertem<br />

GaAs gewachsen wurden.<br />

Ga(As,Sb)/GaAs-Quantenpunktstruktur<br />

Für ein defektfreies Wachstum von Ga(As,Sb)-Quantenpunkten auf (001)-orientiertem<br />

GaAs konnte in dieser Arbeit durch die strukturellen Untersuchungen der Quantenpunkte<br />

bei verschiedenen Partialdruckverhältnissen der Parametersatz unter Verwendung der<br />

Erkenntnisse aus [Häu01] und [Mül00, Mül02] vervollständigt werden. Das ideale Wachstum<br />

der Quantenpunkte gelingt mit den folgenden Parametern<br />

- Die optimale Substrattemperatur ist T = 515 ◦ C [Mül00, Mül02]. Bei dieser Temperatur<br />

werden die Ausgangsstoffe vollständig zerlegt.<br />

- Das gasförmig Ausgangsmaterial Sb (C2H5) besitzt eine hohe Flüchtigkeit und muss<br />

deshalb mit einem hohen Partialdruck in den Reaktor eingeleitet werden. Als ideal<br />

konnte ein V/III-Partialdruckverhältnis von 6 gefunden werden.<br />

- Die nominelle Schichtdicke der Ga(As,Sb)-Schicht beträgt 5,4 Monolagen [Häu01].<br />

- Nach der Deposition des Schichtmaterials benötigt das System eine fünfsekündige<br />

Wachstumsunterbrechung zur Materialumsortierung, um das dreidimensionale<br />

Wachstum zu realisieren [Häu01].<br />

Das MOCVD-Wachstum mit dem oben angegebenen Parametersatz erzeugt eine bimodale<br />

Quantenpunktverteilung mit einer durchschnittlichen lateralen Ausdehnung der kleinen<br />

Exemplare von ca. 7 nm und 20 nm für die großen Quantenpunkte. Die Gesamtflächendichte<br />

beträgt 2, 1 · 10 10 cm −2 . Das <strong>Ph</strong>otoluminszenzspektrum dieser Probe zeigt eine Lumineszenzlinie<br />

für die Quantenpunkte bei ca. 1,06 eV.<br />

Für die Konzentrationsbestimmung innerhalb der GaAs1−xSbx-Quantenpunkte wurde in<br />

dieser Arbeit ein Verfahren entwickelt. Die Methode ist eine Kombination aus zwei verschiedenen<br />

unabhängigen TEM-Methoden. Zum einen wird die Verspannungsfeldanalyse<br />

zur Bestimmung der Konzentration in der Schicht genutzt. Zum anderen werden chemisch<br />

sensitive 002-Dunkelfeldabbildungen bezüglich ihrer Intensitäten ausgewertet. Diese Auswertung<br />

basiert auf den mittels Blochwellensimulationen errechneten 002-Intensitäten für<br />

verschiedene Zusammensetzungen von verspannten GaAs1−xSbx. Bei der Simulation wurde<br />

berücksichtigt, dass bei der tetragonalen Verzerrung eine Änderung der Raumgruppe<br />

von F43m zu I4m2 stattfindet.<br />

Die Zusammensetzungsanalysen der GaAs1−xSbx-Quantenpunkte und der Benetzungsschicht<br />

- gewachsen mit dem oben aufgeführten Parametersatz (MOCVD) - ergaben folgende<br />

Ergebnisse:<br />

• Sowohl für die Quantenpunkte als auch die Benetzungsschicht sind die Konzentrationsprofile<br />

entlang [001] symmetrisch. Die Halbwertsbreiten der Profile entsprechen


Zusammenfassung 165<br />

den vertikalen Ausdehnungen. Für Quantenpunkte mit einer lateralen Ausdehnung<br />

von ca. 25 nm konnte eine vertikale Höhe von 7 nm gefunden werden.<br />

• Anhand der Verspannungsfeldanalyse von HRTEM-Abbildungen der Benetzungsschicht<br />

konnte eine maximale Konzentration von xSb = 0, 5 innerhalb der Benetzungsschicht<br />

gefunden werden.<br />

• Die Auswertung der GaAs1−xSbx-Quantenpunkte ergab einen schalenförmigen Aufbau<br />

mit einer maximalen Antimonkonzentration von ca. xSb = 0, 8 in der Mitte der<br />

Quantenpunkte.<br />

Ein großer Vorteil der entwickelten Methode ist die Anwendbarkeit dieses analytischen<br />

Auswerteverfahren auf alle ternären Schichtstrukturen, deren Struktur chemisch sensitive<br />

Reflexe aufweisen. Das umgebende Matrixmaterial darf dabei aber nur Atomsorten<br />

enthalten, die auch in der Schicht vorkommen.<br />

Kombination von (Ga,In)Asmit<br />

Ga(As,Sb)-Quantenpunkten in GaAs<br />

Die Ga(As,Sb)-Quantenpunkte sind aufgrund der hohen Lokalisierung der Löcher innerhalb<br />

der Quantenpunkte und der kleinen Übergangswahrscheinlichkeiten für strahlende<br />

Rekombinationen sehr interessant, aber allein als aktives Material ist dieses System<br />

ungeeignet. Für die technische Anwendung der Ga(As,Sb)-Quantenpunkte, z.B. als Ladungsspeicher,<br />

wurde eine Kombination von (Ga,In)As- mit Ga(As,Sb)-Quantenpunkten<br />

in GaAs von L. Müller-Kirsch in [Mül02] vorgeschlagen und mittels MOCVD hergestellt.<br />

Dieses System soll weiterhin die folgenden Aufgaben erfüllen. Zum einen soll die GaAs-<br />

Zwischenschicht als Tunnelbarriere für die Ladungsträger dienen. Andererseits sollte die<br />

(In,Ga)As-Quantenpunktschicht als Saatschicht fungieren, und somit die Anordnung der<br />

Ga(As,Sb)-Quantenpunkte definieren.<br />

Bei den strukturellen Untersuchungen der Quantenpunktstapel mit unterschiedlicher GaAs-<br />

Zwischenschichtdicke konnten folgende Ergebnisse und Erkenntnisse gewonnen werden:<br />

• Die (In,Ga)As-Quantenpunkte verursachen ein Verspannungsfeld innerhalb der auf<br />

ihnen abgeschiedenen GaAs-Schicht. Durch die Verspannung verändert sich die<br />

Oberfläche der GaAs-Schicht oberhalb jedes als punktförmig angenommenen verspannungsfeldinduzierenden<br />

(In,Ga)As-Quantenpunktes. Aufgrund der Anisotropie<br />

von GaAs (A > 1) entstehen an der GaAs-Oberfläche vier Energiedichteminima,<br />

welche um den Stressor in [110] angeordnet sind [Hol99]. Somit findet die Nukleation<br />

der Ga(As,Sb)-Quantenpunkte bevorzugt an den Stellen der lokalen Energiedichteminima<br />

der GaAs-Oberfläche statt.<br />

• Weiterhin wurde theoretisch die Überlagerung von Verspannungsfeldern von zwei<br />

im Abstand d liegenden Stressoren betrachtet. Dabei konnte sowohl theoretisch als


166<br />

auch experimentell festgestellt werden, dass hauptsächlich die seitliche Korrelation<br />

zwischen den Quantenpunkten der verschiedenen Lagen auftreten. Vereinzelt wurden<br />

auch direkt vertikal korrelierende Quantenpunktpaare gefunden.<br />

• Korrelationsbeziehungen zwischen den Quantenpunktlagen konnten bei GaAs Zwischenschichtdicken<br />

bis zu 4,2 nm beobachtet werden.<br />

• Bei einer GaAs-Zwischenschichtdicke von 25 nm konnte keine Beziehung zwischen<br />

den Quantenpunktlagen festgestellt werden, d.h. die Ga(As,Sb)-Quantenpunkte wachsen<br />

willkürlich.<br />

Die Zusammensetzungsanalyse der InxGa1−xAs-Quantenpunkte anhand der Auswertung<br />

von chemisch sensitiven 002-Dunkelfeldababildungen ergab Folgendes:<br />

• Die InxGa1−xAs-Quantenpunkte zeigen ähnlich wie die GaAs1−xSbx-Quantenpunkte<br />

einen schalenförmigen Aufbau.<br />

• Die Konzentrationsprofile der Quantenpunkte und der Benetzungsschicht in Wachstumsrichtung<br />

[001] sind symmetrisch.<br />

• Es wurde eine maximale Indiumkonzentration von xIn = 0, 37 innerhalb der Quantenpunkte<br />

gefunden.<br />

• Der maximale Indiumgehalt in der Benetzungsschicht ist x BN<br />

In<br />

= 0, 27.


Anhang A<br />

Parameter der verwendeten<br />

Transmissionselektronenmikroskope<br />

Hitachi H-8110<br />

Das Hitachi H-8110 wurde in dieser Arbeit hauptsächlich für die Beugungskontrastaufnahmen<br />

genutzt. Zusätzlich bietet dieses TEM die Möglichkeit der chemischen Charakterisierung<br />

von Proben mittels der analytischen Gerätetechnik (Gatan-Imaging-Filter (GIF) für<br />

die Analyse des Energieverlustes der transmittierten Elektronen beim Durchgang durch<br />

das Probenmaterial, ein Röntgendetektor, ein Sekundärelektronendetektor und STEM-<br />

Detektoren (Scanning-TEM) für Hell- und Dunkelfeld). Die Parameter des Hitachi H-8110<br />

sind im Folgendem aufgezählt:<br />

Kathode : LaB6<br />

Beschleunigungsspannung : 200 kV<br />

sphärische Aberration Cs : 1 mm<br />

chromatische Aberration Cc : 1,4 mm<br />

Scherzer-Fokus : -57,8 nm<br />

Punktauflösung : 0,23 nm<br />

<strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG<br />

Das weltweit erste Transmissionselektronenmikroskop mit veränderbarer sphärischer Aberration<br />

Cs, welches sich im ” Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie<br />

mit Elektronen“ am Forschungszentrum Jülich befindet, ist ein TEM <strong>Ph</strong>ilips CM 200<br />

FEG. Der auf Hexapolelementen basierende Öffnungsfehlerkorrektor wurde 1981 von Rose<br />

[Ros81, Ros90] vorgeschlagen und ermöglicht am <strong>Ph</strong>ilips CM 200 eine Öffnungsfehlervariation<br />

von + 1,23 mm über 0 mm bis zu -1,23 mm.<br />

Kathode: FEG<br />

Beschleunigungsspannung: 200 kV<br />

167


168<br />

unkorrigiert korrigiert<br />

Cs = ± 0,037 mm<br />

sphärische Aberration Cs 1,23 mm -<br />

chromatische Aberration Cc 1,3 mm 1,7 mm<br />

Scherzer-Fokus -64 nm ± 11 nm<br />

Punktauflösung 0,245 nm < 0,13nm<br />

Tabelle A.1: Mikroskopparameter vom <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG unkorrigiert und korrigiert<br />

Bei der Betrachtung der Kontrastübertragungsfunktion K (u) darf bei korrigiertem Öffnungsfehler<br />

Cs der Beitrag der sechsten Ordnung der Raumfrequenz u im <strong>Ph</strong>asenverschiebungsterm<br />

χ (u) nicht vernachlässigt werden:<br />

K (u) = exp {−iχ}<br />

<br />

1<br />

mit χ = 2π<br />

6 C5λ 5 u 6 + 1<br />

4 Csλ 3 u 4 − 1<br />

<br />

∆f + Cc<br />

2<br />

∆E<br />

E0<br />

<br />

λu 2<br />

<br />

(A.1)<br />

C5 ist die Öffnungsfehlerkonstante der fünften Ordnung. Bei den vorhergehenden Rechnungen<br />

wurde dieser Term aufgrund des Abbruchs der Entwicklung von ∆ρ nach θ nach<br />

dem ersten Term vernachlässigt (siehe Glg. 3.6). Unter Berücksichtigung des nächst höheren<br />

Entwicklungsterms lautet die Glg. 3.6:<br />

∆ρ<br />

M = Csθ 3 + C5θ 5<br />

(A.2)


Anhang 169<br />

Abbildung A.1: Real- und Imaginärteil der Kontrastübertragungsfunktion K (u) bei unterschiedlicher<br />

Defokussierung für das Hitachi H-8110 mit den oben angegebenen Parametern.<br />

Bei ∆fs = 57, 8 nm liegt der Scherzer-Fokus mit u S max = 4, 28 nm, dies entspricht<br />

einer maximalen Punktauflösung von dmax = 0, 23 nm.


170<br />

Abbildung A.2: Real- und Imaginärteil der Kontrastübertragungsfunktion K (u) bei unterschiedlicher<br />

Defokussierung für das <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG mit den in der Tab. A.1<br />

angegebenen Parametern.<br />

links: Für das unkorrigierte TEM (Cs = 1, 23 mm liegt der Scherzer-Focus bei ∆fs =<br />

64 nm mit u S max = 4 nm, dies entspricht einer maximalen Punktauflösung von dmax =<br />

0, 25 nm.<br />

rechts: Mit Cs-Korrektor (Cs = 0, 037 mm) liegt der Scherzer-Focus bei ∆fs = 11 nm mit<br />

u S max = 9, 7 nm, dies entspricht einer maximalen Punktauflösung von dmax = 0, 10 nm.


Anhang B<br />

HRTEM-Auflösungsvermögen<br />

Zur Auswertung von Verzerrungszuständen innerhalb von Objekten anhand von HRTEM-<br />

Bildern ist es sehr wichtig, dass nur Raumfrequenzen bzw. Beugungsreflexe zwischen 0<br />

und umax zur Abbildung beitragen. Denn nur dann können zum einen die bei der Auswertung<br />

störenden Kontrastinversionen in den Abbildungen ausgeschlossen werden. Zum<br />

anderen werden diese Raumfrequenzen mit einem hohem Kontrast übertragen; umax ist<br />

von dem Defokus abhängig und wird durch den ersten Nulldurchgang der Kontrastübertragungsfunktion<br />

Im [K (u)] definiert (siehe Abschnitt 3.1). Im Scherzerfokus existiert das<br />

breiteste Paßband.<br />

Bei einer Zonenachsenorientierung von [100] beträgt die notwendige minimale Punkt-<br />

auflösung d 100<br />

min = 0, 192 nm für reines Silizium. Bis zu diesem Wert können die pro-<br />

jizierten Atomsäulen noch voneinander getrennt aufgelöst werden (siehe Abb. B.1.a1).<br />

Dieser Abstand entspricht einer Raumfrequenz von u100 min = 5, 208 nm−1 . Mit dem für die<br />

HRTEM-Aufnahmen verwendete TEM <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG (200 kV) mit Cs-Korrektor<br />

wird diese notwendige Punktauflösung erreicht. Seine Funktion K (u) getrennt in Realund<br />

Imaginärteil wird in der Abb. B.1.b1 für einen Defokuswert ∆f1 = 18 nm bzw. in<br />

der Abb. B.1.c1 mit ∆f2 = −11 nm gezeigt. Innerhalb dieses Unter- und dieses Überfo-<br />

kuswertes liegt der Nulldurchgang von Im [K (u)] oberhalb u100 min. Die Punktauflösung von<br />

d 100<br />

min = 0, 192 nm ist somit gegeben.<br />

Geschieht die Betrachtung von Silizium mit einem Primärelektronenstrahleinfall entlang<br />

[110], so beträgt die höchste Punktauflösung aSi/4 = 0, 136 nm, bei der die in den Achtelwürfel<br />

der Einheitszelle sitzenden Atomen separiert werden können. Diese Auflösung<br />

wird bei sehr großen Vergrößerungen mit dem <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG (200 kV) mit Cs-<br />

Korrektor (∆f1 = 6, 3 nm und ∆f2 = 13, 6 nm) erreicht, welche den Nachteil eines sehr<br />

kleinen Objektbereiches mit sich führt. Somit ist diese Punktauflösung für die Bestimmung<br />

von Verzerrungsfeldern innerhalb von Si1−xGex-Inseln unbrauchbar. Für die Verschiebungsfeldanalyse<br />

benötigte Auflösung ist die Separation der einzelnen ” dumbbells“<br />

(siehe blau umrandete hantelförmige Anordnung in Abb. B.1.a2), dies entspricht einer<br />

Abstandslänge von d 110<br />

min = 0, 333 nm mit einer Raumfrequenz u 110<br />

min = 3, 007 nm −1 . Die<br />

Auflösung der ” dumbbell“-Abstände gelingt innerhalb des Defokusintervalls von ∆f1−∆f2<br />

mit ∆f1 = 45 nm und ∆f2 = −43 nm (vgl. Abb. B.1.b2 und c2).<br />

171


172<br />

Abbildung B.1: Defokussierungsbetrachtungen zur Realisierung der Punktauflösung für<br />

das <strong>Ph</strong>ilips CM 200 FEG mit Cs-Korrektur<br />

links: a1) Si-Elementarzellen in der [100]-Projektion mit d100 min = 0, 192 nm; b1)<br />

Real- und Imäginarteil der Kontrastübertragungsfunktion K (u) mit Nulldurchgang bei<br />

u100 min = 5, 208 nm−1 für Defokus ∆f1 = 18 nm und c1) für Defokus ∆f1 = −11 nm<br />

rechts: a2) Si-Elementarzellen in der [110]-Projektion mit d110 min = 0, 333 nm für die Separation<br />

der einzelnen dumbbells“ (blau markiert hantelförmige Atomanordnungen); b2)<br />

”<br />

Real- und Imäginarteil der Kontrastübertragungsfunktion K (u) mit Nulldurchgang bei<br />

u110 min = 3, 007 nm−1 für Defokus ∆f1 = 45 nm und c1) für Defokus ∆f1 = −43 nm


Anhang C<br />

Symmetriereduzierung<br />

Das heteroepitaktische Aufwachsen von Ga(As,Sb) auf einem GaAs-Substrat verursacht<br />

eine Deformation des Ga(As,Sb)-Kristallgitters. Die Gitterkonstanten des verspannten<br />

Gitters parallel zur Grenzfläche werden durch das GaAs definiert. In Wachstumsrichtung<br />

[001] wird das Gitter verzerrt. Die Verspannung bewirkt eine Symmetriereduzierung des<br />

Ga(As,Sb)-Mischkristalls gegenüber der ursprünglichen Raumgruppe F43m. Die Änderungen<br />

der Symmetrieelemente werden in der Abb. C.2 veranschaulicht. Die 4-zähligen<br />

Drehinversionsachsen senkrecht zur [001]-Verzerrungsrichtung werden zu 2-zähligen Drehachsen<br />

und Spiegelebenen (2-zähligen Inversionsdrehachsen). Die 4 in Verzerrungsrichtung<br />

bleibt erhalten. Damit gehen die dreizähligen Drehachsen in Richtung der Raumdiagonalen<br />

im verspannten Zustand vollständig verloren. Von den {110}-Spiegelebenen der<br />

unverzerrten kubischen Struktur sind nur die Spiegelebenen senkrecht zu [110] und 110 <br />

weiterhin vorhanden. Somit wird die kubische Struktur auf eine tetragonale Symmetrie<br />

reduziert. Die Gitterparameter der resultierenden tetragonalen Einheitszelle sind:<br />

a tetr<br />

[100] = 1 cubic<br />

a [100] + 1 cubic<br />

a [010] ; a tetr<br />

[010] = 1 cubic<br />

a [100] − 1 cubic<br />

a [010] ; c tetr<br />

[001] = a cubic<br />

[001] + uz (C.1)<br />

2<br />

2<br />

2<br />

Die verspannte Mischkristallschicht Ga(As,Sb) hat die Raumgruppe I4m2 mit einer 4zähligen<br />

Drehinversionsachse in der [001]-Verzerrungsrichtung.<br />

In der tetragonalen Struktur mit I4m2 existiert in<br />

Analogie zur Raumgruppe F43m ebenfalls der chemisch<br />

sensitive 002 Reflex. Exemplarisch zeigt die<br />

Abb. C.1 die Beugungsbilder von unverspanntem<br />

GaAs und tetragonal verspanntem GaSb. Bei einer<br />

Einstrahlrichtung [100] cubic = 110 tetr überla-<br />

2<br />

gern sich die 002 Reflexe beider Kristalle mit einer<br />

Abweichung von u −1<br />

z , diese entspricht dem Verzerrungsvektor<br />

uz im reziproken Gitter in [001].<br />

Abbildung C.1: Beugungsbild von verspanntem tetragonalen<br />

Ga(As,Sb) (rot, Σ tetr ) auf unverspanntem<br />

GaAs (schwarz, Σ cubic ). Zonenachsenorientierung<br />

für Ga(As,Sb) in 110 tetr und für GaAs in<br />

[100] cubic .<br />

173


174<br />

Abbildung C.2: Betrachtung zur Symmetrie von verspannten Ga(As,Sb)-<br />

Mischkristallschichten; Raumgruppe I4m2<br />

a) [001]-Projektion der verspannten Ga(As,Sb)-Struktur mit der rot markierten tetragonalen<br />

Einheitszelle.<br />

b) Symmetrieelemente in der tetragonalen Einheitszelle<br />

c) [110]-Projektion der tetragonal verzerrten Struktur: uz = Dehnung der kubischen<br />

unverspannten GaAs-Einheitszelle in [001]-Wachstumsrichtung<br />

d) [010]-Projektion


Anhang D<br />

Das reziproke Gitter<br />

Zur Beschreibung der Beugung ist die Darstellung im reziproken Raum erforderlich. Durch<br />

eine Fourier-Transformation werden die realen Basisvektoren a, b, c einer Einheitszelle im<br />

Kristall zu den im reziproken Raum entsprechenden Vektoren a ∗ , b ∗ , c ∗ transformiert.<br />

Zwischen realen und reziproken Basisvektoren besteht folgender Zusammenhang:<br />

a ∗ = b × c<br />

a · b × c ; b ∗ c × a<br />

=<br />

a · b × c ; a∗ = a ×b a · b × c<br />

. (D.1)<br />

Jeder Gitterpunkt im reziproken Raum wird durch den reziproken Gittervektor g beschrieben<br />

(h, k, l sind die Miller’schen Indizes (∈ )).<br />

g = h · a ∗ + k · b ∗ + l · c ∗<br />

(D.2)<br />

Bei einem unendlich ausgedehnten Kristall treten nur dann scharfe Reflexe auf, wenn die<br />

BRAGG’sche Gleichung (Glg. D.3 mit θ als BRAGG-Winkel, dhkl als Netzebenenabstand<br />

der Netzebenenschar (hkl) und mit n als die Ordnung des Reflexes) für die Betrachtung<br />

im realen Raum erfüllt ist. Unter Verwendung der reziproken Gittervektoren erhält man<br />

für die BRAGG’sche Gleichung mit k0 als ankommenden Wellenvektor und k als Wellenvektor<br />

der gebeugten Elektronenwelle die Glg. D.4, die so genannte LAUE-Gleichung. Der<br />

<br />

Wellenvektor zeigt die Ausbreitungsrichtung einer Welle an und hat den Betrag <br />

<br />

k<br />

= 1<br />

(mit λ als Wellenlänge)<br />

2dhklsinθ = nλ (D.3)<br />

k − k0 = Ghkl<br />

(D.4)<br />

Als Veranschaulichung des Beugungsprozesses dient die in der Abb. D.1 gezeigte Ewaldkonstruktion.<br />

Für die Beugung von hochenergetischen Elektronen an einem Kristall ist<br />

der Durchmesser 2 k0 der Ewaldkugel tatsächlich viel größer als in der Abbildung dargestellt.<br />

Die Beugungsbilder können daher in guter Näherung als ebener Schnitt durch<br />

das reziproke Gitter betrachtet werden. Bei Proben mit geringer Dicke verändert sich<br />

die Form der reziproken Gitterpunkte zu länglichen Stäbchen (Lauescher Gitterstachel),<br />

deren Stabachse senkrecht zur Schnittebene liegt. Das Beugungsbild zeigt somit auch bei<br />

175<br />

λ


176<br />

einer Abweichung sg (auch Anregungsfehler genannt) vom exakten BRAGG-Fall Intensitäten,<br />

wenn die Ewaldkugel die stäbchenförmigen Reflexe schneidet. Die Gleichung D.4<br />

wird daher erweitert zu<br />

g + sg = <br />

Ghkl = k − k0 . (D.5)<br />

Abbildung D.1: Vereinfachte geometrische<br />

Veranschaulichung der Ewaldkonstruktion.<br />

k − k0 = Ghkl ist der zur Ebenenschar<br />

(hkl) gehörende reziproke Gittervektor und<br />

k0 bzw. k ist die ankommende bzw. gestreute<br />

Elektronenwelle.


Anhang E<br />

mit<br />

KAB Energiedispersive<br />

=<br />

Röntgenspektroskopie<br />

σB<br />

<br />

YBFB<br />

σA YAFA<br />

3.4 Röntgenspektroskopie<br />

(3.6)<br />

schreiben. Der Proportionalitätsfaktor KAB wird in der Röntgenspektroskopie<br />

”Cliff-Lorimer K-Faktor” genannt. In der Energieverlustspektroskopie existiert<br />

noch kein eigenständiger Begriff dafür.<br />

Die 3.4Auswertung Röntgenspektroskopie<br />

von energiedispersiven Röntgenspektren (EDXS) bietet den direkten Zugang<br />

zur Zusammensetzungsanalyse. Da EDXS für Atome mit niedrigen Ordnungszahlen<br />

Trifft ein energiereicher Primärelektronenstrahl auf eine Probe, werden die Elek-<br />

problematisch ist, wird dieses Verfahren erst zur quantitativen Analyse von Elementen<br />

tronen im Coulomb-Feld der Atome abgebremst. Da hierbei beliebige Energie-<br />

mit beträge Z > je Streuereignis 6 verwendet. umgesetzt Die Probe werdenwird können, mitentsteht einemeinsehr kontinuierliches fein gebündelten Strahl energiereicher<br />

SpektrumElektronen von Röntgenemissionen, angeregt. Wechselwirken die sogenannte Bremsstrahlung. die energiereichen Diese Strah- Primärelektronen mit dem<br />

Coulombfeld lung ist weitgehend der materialunspezifisch.<br />

positiv geladenen Atomkerne des Festkörpers, so werden die eintreffen-<br />

Für analytische Zwecke wesentlich interessanter ist ein weiterer Anregungsdenmechanismus<br />

Elektronen für Röntgenemission. abgebremst. Aufgrund Es kann bei dieser hinreichender Geschwindigkeitsänderung Energie durch den der Elektronen,<br />

strahlen Primärelektronenbeschuss diese elektromagnetische zur Ionisation Strahlung innerer Schalen unddurch somit dasEnergie Herausschla- ab. Die abgestrahlte Energiegenwird<br />

von Schalenelektronen der kinetischenkommen. EnergieWird der Elektronen dieses ”fehlende” entnommen. Elektron durch Durch ein die Messung der emit-<br />

Elektron einer höheren Schale ersetzt, wird die dabei freiwerdende Energie durch<br />

tierten die Emission Strahlung eines Röntgenquants erhält manabgestrahlt. das so genannte Da die Schalenelektronen Bremsspektrum. jedes Da die Elektronen beim<br />

Abbremsen Atoms diskrete keine Energieniveaus diskretenbesetzen, Energiezustände führt dieser Prozess passieren, zur Emission ist dasvon Bremsspektrum kontinuierlich<br />

”charakteristischen” und weitgehend Linien immaterialunspezifisch. Spektrum. In AbbildungDie 3.2 sind minimale die wichtigsten Wellenlänge des Spektrums<br />

(intensitätsstärksten) Übergänge für ein Atom mittlerer Ordnungszahl dargestellt.<br />

wird erreicht, wenn ein Primärelektron seine gesamte kinetische Energie in einem einzigen<br />

Für intensitätsstarke Dipolübergänge gelten die quantenmechanischen Auswahl-<br />

atomaren regeln ∆ l = Bremsprozess ±1 und ∆ j = 0 verliert. | ±1.<br />

K<br />

1 0 1/2<br />

L<br />

M<br />

0 1/2<br />

2 1 1/2<br />

1 3/2<br />

0 } 1/2<br />

3 1 } 3/2<br />

2 5/2<br />

1<br />

Ein weiterer für die Materialanalyse wich-<br />

α2 α1 β3 β1 n l j<br />

tiger Prozess ist die Wechselwirkung der<br />

Strahlelektronen mit den Elektronen der<br />

Atomschale. Bei solch einem Stoßprozess<br />

2<br />

3<br />

1<br />

32 5<br />

4<br />

Anre Anregung gung<br />

α2 β η 4<br />

α1 β1 β3 l<br />

Abbildung können3.2: die Schalenelektronen Erlaub-<br />

einen so hote<br />

Röntgen–Übergänge<br />

vonhenAtomen Energiebetrag mittlerer von den Primärelektro-<br />

Ordnungszahl. nen übertragen Die inten- bekommen, so dass sie aus<br />

sitätsstärksten der Atomschale Linien wer- herausgeschlagen werden.<br />

den von Dipolübergängen<br />

hervorgerufen, Die Ionisation für dieinnerer die Schalen ist energe-<br />

Auswahlregeln tisch ungünstig, ∆ l = ±1 deshalb wird das fehlende<br />

und∆j=0|±1 Elektron durch gelten. ein Elektron einer höheren<br />

Schale ersetzt. Aufgrund der quantenme-<br />

Abbildung E.1: Erlaubte Röntgenübergänge chanischen Auswahlregeln sind nur solche<br />

Übergänge erlaubt, bei dem folgende Be-<br />

177<br />

19


178<br />

dingungen erfüllt sind:<br />

Hauptquantenzahl n : ∆n beliebig<br />

Nebenquantenzahl l : ∆l = ±1<br />

Gesamtdrehimpuls j = l + s : ∆j = ±1, 0<br />

Bei dem Übergang von einem Elektron einer energetisch höheren Schale in eine Schale<br />

mit niedriger Energie, wird aufgrund der Energieerhaltung die Energiedifferenz in Form<br />

von Röntgenstrahlung ausgesandt. Im EDX-Spektrum zeigen sich diese disketen Energieniveauübergänge<br />

als charakteristische Linien zusätzlich zum Bremsstrahlspektrum. Die<br />

Linien werden durch das Endniveau (lateinischer Buchstabe) und anhand des Ausgangsniveaus<br />

(griechischer Buchstabe) des am Übergang beteiligten Elektrons bezeichnet. Aus<br />

deren energetischen Lage und Intensität die chemische Zusammensetzung bestimmt werden<br />

kann.


Anhang F<br />

<strong>Ph</strong>otolumineszenzspektroskopie<br />

Die <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektroskopie ist eine zerstörungsfreie Methode zur optischen Charakterisierung<br />

von Halbleitern. Sie bietet die Möglichkeit, die Bandlücke und Bandkantenverschiebungen<br />

zu messen und lässt Rückschlüsse auf Art und Konzentration von Defekten<br />

in Halbleitern zu. Das Verfahren der <strong>Ph</strong>otolumineszenz wird in dieser Arbeit zur<br />

Vorcharakterisierung der III-V-Halbleiterstrukturen angewendet. Auf die Grundzüge dieses<br />

Verfahren soll hier nun kurz eingegangen werden.<br />

Wird ein Festkörperelektron durch eine äußere Energiezufuhr in ein energetisch höher<br />

liegendes Niveau angeregt und findet anschließend eine Rekombination des angeregten<br />

Elektrons unter Emission von elektromagnetischer Strahlung statt, so nennt man diesen<br />

Prozess Lumineszenz. Ist die Anregung durch intensive Lichteinstrahlung erfolgt, wird<br />

die Emission als <strong>Ph</strong>otolumineszenz (PL) bezeichnet. Bei Energiezufuhr durch elektrische<br />

Felder spricht man von Elektrolumineszenz.<br />

Bei einer Anregung mit <strong>Ph</strong>otonen, deren Energie höher als die Energiedifferenz der beiden<br />

Niveaus ist, finden drei zeitlich aufeinanderfolgende Vorgänge statt. Zuerst wird die zugeführte<br />

Energie von den Festkörperelektronen absorbiert, indem Valenzbandelektronen<br />

ins Leitungsband angeregt werden. Anschließend relaxieren die angeregten Elektronen<br />

durch Erzeugung von <strong>Ph</strong>ononen in Zustände an der Unterkante des Leitungsbandes. Dieses<br />

quasithermische Gleichgewicht besitzt eine gewisse Lebensdauer, in der die Elektronen<br />

durch den Kristall diffundieren können. Zuletzt erfolgt der Übergang eines Leitungsbandelektrons<br />

mit einem tiefer liegenden Zustand entweder unter Emission von Strahlung<br />

oder durch einen zur Lumineszenz konkurrierenden strahlungslosen Rekombinationsprozess<br />

(z.B. Auger-Prozess). Ein strahlender Rekombinationsprozess ist der Band-Band-<br />

Übergang, bei dem eine Rekombination zwischen einem Loch im Valenzband und einem<br />

Elektron im Leitungsband stattfindet. Die <strong>Ph</strong>otonen-Energie lässt sich bei Festkörpern<br />

mit einer direkten Bandlücke einfach aus der Energiedifferenz der einzelnen Bänder berechnen<br />

und entspricht somit der Energie der Bandlücke. Bei der Existenz eines Exzitons,<br />

ein so genannter quasi-wasserstoffartiger gebundener Zustand zwischen einem Elektron<br />

und einem Loch realisiert durch die Coulomb-Wechselwirkung, enthält das <strong>Ph</strong>otolumineszenzspektrum<br />

in der Nähe der Absorptionskante einen Intensitätspeak. Handelt es<br />

sich um freie Elektron-Loch-Paare, so können sich diese durch den Kristall bewegen. Der<br />

Intensitätspeak ist aufgrund der zusätzlichen kinetischen Energie breiter als bei gebun-<br />

179


180<br />

denen Exzitonen. Die Übergangsenergie ist durch die Energie der Bandlücke, durch die<br />

Energie des freien und des gebundenen Exzitons gegeben. Diese zwei aufgeführten Rekombinationsmöglichkeiten<br />

sind die für diese Arbeit wichtigsten Prozesse. Die angeregten<br />

Elektronen, welche sich im Leitungsband befinden, können aber auch durch verschiedene<br />

Rekombinationskanäle rekombinieren, z.B. durch den Übergang in Störstellen, aber auch<br />

durch Donator-Akzeptor-Übergänge. Die Mechanismen dieser Übergänge sind ausführlich<br />

in der Literatur beschrieben, z.B. [Per93] und [Pan71].


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188


Danksagung<br />

Endlich ist es geschafft. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Arbeit, nur dank der vielen<br />

Gespräche, Diskussionen und der immer währenden Unterstützung meiner Kollegen<br />

gelingen konnte.<br />

Ganz besonderen Dank gilt meinem Mentor und Förderer Herrn Prof. Dr. W. Neumann,<br />

der mir stets günstige Voraussetzungen und Hilfe bei jeder Gelegenheit für das Gelingen<br />

meiner Arbeit gegeben hat.<br />

Zu großen Dank verpflichtet bin ich Herrn Dr. H. Kirmse, mit dem ich viele anregende<br />

Diskussionen führen konnte. Seine Hilfestellungen bei wissenschaftlichen Problemen führten<br />

zu einer großen Bereicherung meiner Arbeit.<br />

Bei Frau Dr. I. Hähnert möchte ich mich für ihre fachliche Unterstützung bedanken.<br />

Des Weiteren bin ich Eva Oehlschlegel für die umfangreiche TEM-Probenpräparation zu<br />

Dank verpflichtet.<br />

Für die technische Unterstützung möchte ich Stephan Wicke danken.<br />

Bei Herrn Dr. L. Müller-Kirsch und Frau Dr. A. Gerlitzke möchte ich mich für die Bereitstellung<br />

der Quantenpunktstrukturen und den (Si,Ge)-Inseln danken, welche die Basis<br />

für die gesamte Arbeit bilden.<br />

Für das Überlassen der Ergebnisse der FEM-simulierten verspannten (Si,Ge)-Inseln möchte<br />

ich mich bei der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Dr. R. Köhler und insbesondere bei<br />

Dr. M. Hanke und Dr. D. Grygoryev bedanken. Bei H. Schwabe möchte ich mich recht<br />

herzlich für die Be- und Aufarbeitung der FEM-Datensätze bedanken.<br />

Zum Schluss noch der Dank an meine Familie und Freunde, die stets an mich glaubten<br />

und mich unterstützt haben.<br />

189

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