Schmelzdiagramm eines binären Gemisches
Schmelzdiagramm eines binären Gemisches
Schmelzdiagramm eines binären Gemisches
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Schmelzdiagramm</strong> <strong>eines</strong> <strong>binären</strong> <strong>Gemisches</strong><br />
Abstract<br />
The phase diagram of naphthalene and biphenyl is established by means of thermal analysis<br />
and the eutectic temperature and composition are determined at ambient pressure.<br />
1 Theoretische Grundlagen<br />
Ein <strong>Schmelzdiagramm</strong> zeigt die Abhängigkeit<br />
des Schmelzpunktes einer <strong>binären</strong> Mischung von<br />
deren Zusammensetzung bei konstantem Druck.<br />
Zwei-Komponenten-Systeme mit vollständiger<br />
Mischbarkeit in der flüssigen Phase (Schmelze)<br />
und Nichtmischbarkeit im festen Zustand (keine<br />
Mischkristallbildung) zeigen<br />
<strong>Schmelzdiagramm</strong>e (Abb. 1).<br />
recht einfache<br />
Die Schmelzkurven AE bzw. BE geben für jede<br />
Zusammensetzung die Gleichgewichtstemperatur<br />
zwischen der Schmelze und der festen Phase A<br />
bzw. B an. Am eutektischen Punkt E befinden<br />
sich alle drei Phasen Schmelze, festes A und festes<br />
B im Gleichgewicht.<br />
2.1 Experimentelle Bestimmungsmethode<br />
Experimentell lassen sich <strong>Schmelzdiagramm</strong>e durch eine thermische Analyse erhalten:<br />
Lässt man eine Schmelze abkühlen, die an B ärmer als das Eutektikum ist, beginnt beim<br />
Erreichen der Kurve AE die Komponente A auszukristallisieren. Die Temperatur sinkt<br />
langsamer ab als zu Beginn, da die freiwerdende Erstarrungswärme die Abkühlungsgeschwindigkeit<br />
verringert. Gleichzeitig ändert sich die Zusammensetzung der Schmelze<br />
zugunsten der Komponente B, bis eine gesättigte Lösung von B in A vorliegt<br />
(eutektischer Punkt). Bei TE kristallisiert neben reinem A auch r<strong>eines</strong> B aus. Die<br />
Zusammensetzung der Schmelze bleibt dabei konstant und damit auch die<br />
Erstarrungstemperatur (eutektischer Haltepunkt). Erst wenn alles fest geworden ist,<br />
kühlt sich die Probe weiter ab. Abb. 2 zeigt die Haltezeit tH als Funktion des<br />
Stoffmengenanteils xB. Für Abkühlungen gilt allgemein das NEWTONsche Abkühlungsgesetz:<br />
A<br />
−<br />
C<br />
∆T(t) = TUmgebung − TProbe =∆T0 ⋅e ⋅t<br />
1<br />
XA<br />
0<br />
TA A<br />
Schmelze<br />
B<br />
TB<br />
festes A +<br />
Schmelze<br />
TE E<br />
festes B +<br />
Schmelze<br />
festes A + festes B<br />
0<br />
XB 1<br />
Abb.1: Ein einfaches binäres <strong>Schmelzdiagramm</strong><br />
als Funktion des<br />
Stoffmengenanteils xB<br />
145
146 Phasen und Grenzflächen<br />
1<br />
XA<br />
0<br />
0<br />
X B,E<br />
146<br />
X B<br />
Abb. 2: Haltezeit als Funktion des Stoffmengenanteils<br />
wobei ∆T0 die Temperaturdifferenz zu Beginn des Abkühlungsprozesses ist. C ist die<br />
Wärmekapazität des Körpers und die Konstante A beschreibt die Güte des<br />
Wärmeaustauschs, hängt also von der Oberflächengröße und -beschaffenheit des<br />
Körpers sowie von der Wärmeleitfähigkeit der Umgebung ab.<br />
2.2 Theoretische Beschreibung <strong>eines</strong> einfachen <strong>Schmelzdiagramm</strong>s:<br />
Während des Schmelzvorganges (bzw. beim Erstarren) stehen die flüssige (l) und die<br />
feste Phase (s) <strong>eines</strong> Stoffes A im Gleichgewicht. Für die chemischen Potenziale gilt<br />
daher:<br />
µ A (l) =µ A (s) (1)<br />
Sind zwei Komponenten in der flüssigen Phase vollständig, in der festen Phase jedoch<br />
nicht mischbar, gilt:<br />
µ 0 0<br />
A(s) =µ A(s)<br />
=µA(l)<br />
+ RT ln xA (2)<br />
Die chemischen Standardpotenziale µ 0 sind gerade gleich den molaren freien Enthalpien<br />
des reinen Festkörpers und der reinen Flüssigkeit. Es gilt daher:<br />
0 0<br />
GA (s) − GA(l)<br />
= ln xA RT<br />
Die Ableitung nach der Temperatur T liefert zusammen mit der GIBBS-HELMHOLTZ-<br />
Gleichung<br />
⎛ ∂(G/ T) ⎞<br />
⎜ ⎟ =−<br />
⎝ ∂ T ⎠<br />
H<br />
T 2<br />
den Ausdruck:<br />
⎟ p<br />
0 0<br />
HA(l) − HA(s)<br />
RT 2<br />
= ∆H 0<br />
Schm, A<br />
RT 2<br />
= dln x A<br />
dT<br />
1<br />
(3)<br />
. (4)
<strong>Schmelzdiagramm</strong> 147<br />
0<br />
Die molare Schmelzenthalpie von A, ∆HSchm ,A kann innerhalb kleiner Temperatur-<br />
0<br />
bereiche als konstant angesehen werden. Die Integration zwischen TA (Schmelzpunkt<br />
der reinen Substanz A) und T (Temperatur, bei der der reine Festkörper A mit der<br />
Schmelze der Zusammensetzung xA im Gleichgewicht steht) liefert dann die Temperaturabhängigkeit<br />
des Molenbruchs xA des Gelösten:<br />
ln xA = ∆H 0<br />
Schm ,A 1<br />
0 −<br />
R<br />
1 ⎛ ⎞<br />
⎜<br />
⎟<br />
⎝ T<br />
⎟<br />
(5)<br />
⎠<br />
T A<br />
Wenn sich das System nicht ideal verhält, muss statt des Molenbruchs die Aktivität<br />
eingesetzt werden.<br />
2 Aufgabenstellung<br />
Für acht Gemische des Systems Biphenyl/Naphthalin sind die Abkühlungskurven<br />
aufzunehmen. Aus den gemessenen Abkühlungskurven ist das <strong>Schmelzdiagramm</strong> und<br />
das Haltezeitdiagramm zu erstellen. Berechnen Sie unter der Annahme vollständiger<br />
Mischbarkeit in der Schmelze und Nichtmischbarkeit im festen Zustand die<br />
theoretischen Schmelzkurven T = f(x) und vergleichen Sie sie mit dem experimentell<br />
bestimmten Zusammenhang.<br />
3 Versuchsdurchführung<br />
Die Abkühlungskurven werden mit Hilfe <strong>eines</strong> Thermoelements aufgenommen, das an<br />
einen y,t-Schreiber angeschlossen ist. Vor (und nach) der Messreihe sind das Thermoelement<br />
und der Schreiber zu überprüfen, indem einmal die Spannung bei Eiswasser<br />
(0 °C) und einmal bei siedendem Wasser (100 °C) bestimmt wird (Thermospannung:<br />
1 mV/K; Empfindlichkeit des Schreibers: 100 mV Vollausschlag).<br />
Die fertig eingewogenen Proben werden vorsichtig mit einem Heißluftfön geschmolzen<br />
und gerührt, damit die Schmelze homogen wird. Das Thermoelement wird in die<br />
Schmelze eingetaucht, dabei soll es jedoch nicht an die Gefäßwand stoßen. Die<br />
Temperatur der Schmelze darf 100 °C nicht überschreiten. Sobald eine homogene<br />
Schmelze vorliegt, wird der Heißluftfön abgeschaltet und bei eingeschaltetem Rührer<br />
die Abkühlungskurve (T = f(t)) aufgenommen. Der Schreibervorschub sollte 10 mm/min<br />
betragen. Achtung: Papierstau vermeiden! Trotz guter Rührung lässt es sich nicht<br />
vermeiden, dass die Schmelze zunächst unterkühlt und die Temperatur deshalb nach<br />
Bildung der ersten Kristalle wieder ansteigt. Die Abb. 3 zeigt die Auswertung einer<br />
Kurve am Beispiel einer Zusammensetzung, bei der der Beginn des Kristallisierens und<br />
der Haltepunkt gut getrennt sind.<br />
147
148 Phasen und Grenzflächen<br />
Hinweis: Naphthalin ist gesundheitsschädlich. Vermeiden Sie das Einatmen der Dämpfe,<br />
indem Sie den Abzug geschlossen halten. Beachten Sie die Gefahrenhinweise im<br />
ausliegenden Sicherheitshefter.<br />
4 Versuchsauswertung<br />
Berechnen Sie aus den angegebenen Zusammensetzungen in Gewichtsprozenten die zugehörigen<br />
Molenbrüche der verwendeten Mischungen.<br />
Diskutieren Sie die Abkühlungskurven und werten Sie diese gemäß Abb. 3 aus<br />
(Ursache von Unterkühlungen, Schmelztemperatur, eutektische Temperatur, Haltezeit).<br />
T<br />
TE<br />
tH<br />
148<br />
Zeit t<br />
Abb. 3: Auswertung der Erstarrungskurven bei Unterkühlung<br />
Zeichnen Sie das <strong>Schmelzdiagramm</strong> und vergleichen Sie das Ergebnis mit den nach Gl.<br />
5 berechneten Kurven (Einzeichnen der berechneten Kurve in das Diagramm). Welche<br />
Zusammensetzung liegt am eutektischen Punkt vor und bei welcher Temperatur<br />
schmilzt das Eutektikum? Wie lassen sich aus dem Vergleich Aktivitätskoeffizienten<br />
berechnen?<br />
Zeichnen Sie das Haltezeitdiagramm. Bestimmen Sie auch daraus die eutektische<br />
Zusammensetzung.<br />
Vergleichen Sie die experimentell bestimmten Werte für die eutektische Temperatur<br />
und die eutektische Zusammensetzung mit den berechneten bzw. in der Literatur<br />
angegebenen Werten (s. Anhang).
<strong>Schmelzdiagramm</strong> 149<br />
5 Anhang<br />
Naphthalin<br />
Molmasse<br />
[g/mol]<br />
149<br />
Schmelz<br />
temperatur<br />
molare Schmelzenthalpie<br />
[kJ/mol]<br />
128,16 80 °C 18,80<br />
Biphenyl 154,21 69 °C 19,61<br />
Eutektische Zusammensetzung: xBiphenyl = 0,55<br />
Literaturhinweise:<br />
[1] P. W. Atkins: Physikalische Chemie. 2. Auflage, Wiley-VCH 1996, Abschnitt 8.2.4<br />
„Flüssig/Fest-Phasendiagramme“<br />
[2] W. J. Moore, D. O. Hummel: Physikalische Chemie, Walter de Gruyter 1983,<br />
„Flüssige Lösungen von Festkörpern“, S.291-295 und „Gleichgewichte zwischen flüssiger und zwei fe<br />
[3] G. M. Barrow: Physikalische Chemie. Teil II, Vieweg 1985, „<strong>Schmelzdiagramm</strong>e“,<br />
S. 238-243