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Eingeschränkte Religionsfreiheit in muslimischen Staaten Der Autor: Pfarrer i. R. (ev.) Ernst Herbert (64), ist Mitglied im <strong>CSU</strong> Stadtvorstand in <strong>Neumarkt</strong> Für kurze Zeit war der Fall des zum Christen tum übergetretenen Afghanen Ab dul Rahman in den Schlagzeilen, weil ihm wegen seines „Abfalls vom Islam“ in seinem Heimatland die Todesstrafe droh te. Unser <strong>Neumarkt</strong>er Bundestagsabgeordnete Alois Karl hat als Berichterstatter des Ausschusses „Menschenrechte und humanitäre Hilfen“ Anteil an den er folgreichen Bemühungen der Bundesregierung, dass Afghanistan Ab dul Rahman ins Asyl nach Italien hat aus flie gen lassen. Dies war möglich, nachdem Abdul Rahman für „unzurechnungsfähig“ erklärt wor den ist und ihm deshalb kein Prozess gemacht werden konnte. Islamische Verbände in der Zwickmühle Man hat sich dem internationalen Druck der westlichen Welt gebeugt, während sich alle islamischen Verbände – auch die in Deutschland – zu diesem Thema ausgeschwiegen haben. Sie sind in einer Zwickmühle, denn die vielbemühte Koran-Stelle zur Belegung der Religionsfreiheit im Islam „es gebe keinen Zwang in der Religion“ ist nicht das einzige Wort in dieser Frage, denn in der vierten Sure des Koran heißt es: Und wenn sie sich abwenden, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie auffindet. In welchen Ländern droht die Todesstrafe? Außer in Afghanistan wird laut Verfassung in Saudi Arabien, im Iran, im Jemen, im Sudan, in Qatar, in Pakistan und in Mauretanien der Abfall vom Islam mit dem Tode bestraft. In vielen anderen muslimischen Ländern, in denen heute nicht mehr offiziell der Tod für den Abfall vom Islam droht, wird aber ein Mord an einem „Abtrünnigen“ meist nicht geahndet, aber von weiten Teilen der Bevölkerung gebilligt. Es gibt keine Rechtssprechung, die grundsätzlich Leib und Leben des „Apostaten“ schützt. Nicht nur in der mit uns befreundeten Türkei, sondern selbst in Deutschland werden Religionswechsler vom Islam zum Christentum manchmal sogar von Angehörigen, aber vor allem von fundamentalistischen Muslimen bedroht, eingeschüchtert und in Einzelfällen auch getötet. Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit,seine Religion oder seine Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehungen von Riten zu bekunden. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10.12.1948 Glaubensfreiheit für Christen in der Türkei Als Christen vertreten wir die Auffassung, dass die Glaubensfreiheit für alle Religionen gilt. Deshalb haben wir es in den letzten Jahrzehnten lernen müssen, dass Muslime in Deutschland offen ihren Glauben leben und auch Mo scheen mit Minaretten bauen kön nen. Wir fordern deshalb von der Türkei die gleiche Religionsfreiheit für ihre wenigen Christen, wie ihre Muslime bei uns in Deutschland haben. Afghanistan: Menschenrechtserklärung umsetzen Von der Islamischen Republik Afghanistan, das die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen“ unterschrieben und damit zum Verfassungsrang erhoben hat, fordern wir Christen, dass Afghanistan all seinen Bürgern die volle Religionsfreiheit gewährt, zu der auch der Religionswechsel vom Islam zu einer anderen Religion gehören muss. Fast 2000 <strong>Neumarkt</strong>er unterzeichnen Resolution Im Brennpunkt: Welt im Umbruch Fast 2.000 <strong>Neumarkt</strong>er haben Ende März/Anfang April eine entspre chen de Resolution unterzeichnet, die an den afghanischen Staatspräsidenten Hamid Karsai gerichtet ist. Afghanistan-Kennern ist bekannt, dass die ganz große Mehrheit der stark traditionalistisch geprägten afghanischen Bevölkerung an der in der Gesetzgebung vorgesehenen Todesstrafe festhalten wird, weil man sich dem als „ungläubig und als dekadent“ geltenden Westen nicht beugen will. Hilfen für Afghanistan an Menschenrechte koppeln Von unserer Bundesregierung erwarten wir jedoch, dass sie Afghanistan gegenüber klarstellt, dass finanzielle Hilfen und militärische Unterstützung für Afghanistan nicht eine Selbstverständlichkeit sein müssen, sondern an die Einhaltung der Menschenrechte gebunden sein müssten, zu denen die freie Religionswahl gehört. Auch kommunistische Staaten gewähren keine volle Religionsfreiheit. Ernst Herbert Die Raute 2/06 7 200631-redux.indd 7 21.07.2006 18:22:5