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ANNA – FREUD – CULT(URE) - Anna-Freud-Oberschule

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Editorial: Schülerredaktion der <strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>- Schüler 1 €<br />

Schule (OSZ Sozialwesen)<br />

Lehrer 2 €<br />

Nr.3 / Dezember 2007 Redaktionsleitung: Danica Dajkic/ Pina Keller Auflage: 350<br />

_____________________________________________________________________________<br />

©<br />

<strong>ANNA</strong> – <strong>FREUD</strong> – <strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)<br />

Impressionen Berichte / Nachrichten Kommentare<br />

Wer sind wir?<br />

Portraits<br />

Aktuelles aus dem<br />

Schulleben<br />

Was denkst Du?<br />

Thema: Exil / Heimat<br />

Die Philosophie ist eigentlich Heimweh –<br />

Trieb überall zu Hause zu sein.<br />

Novalis 1772-180


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<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Wir über uns<br />

Frau Rickers geht nach London<br />

Lehrerinterview mit Herrn<br />

Schmidt<br />

Schulleben<br />

Die <strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong> wird 30<br />

und die Lehrer tanzen<br />

Spannende Schülerinterviews<br />

Interessante Orte<br />

Heute: Adlershof<br />

Frau Rickers kehrt Deutschland den Rücken<br />

Da ein freudiges Ereignis Cordula Rickers, liebevoll Cordi genannt, zwingt, uns vorerst<br />

zu verlassen, wollen wir sie vorher noch besser kennen lernen. In einem kurzen<br />

Gespräch eröffnet sie uns ihre Meinung zu unserem aktuellen Topp-Thema, das auch<br />

uns schon einige Zeit verfolgt: DEUTSCHLAND!!!!!!!!<br />

AFC: Was bedeutet es für Sie, deutsch zu<br />

sein? Welche Beziehung haben Sie zu<br />

diesem Land?<br />

Cordi: Für mich ist die Nationalität ein<br />

Zufall, deswegen kann ich keinen Stolz<br />

empfinden, deutsch zu sein. Deutschland<br />

ist nur der Ort meiner Geburt. Trotzdem<br />

spüre ich oft, dass ich mit meinem Land<br />

verwurzelt bin, vor allem in der Fremde.<br />

AFC: Sie gehen jetzt für einige Zeit nach<br />

England. Fühlen Sie sich dort wohler als in<br />

Deutschland?<br />

Cordi: Das kann man so nicht sagen. Es<br />

ist für mich immer bereichernd, im Ausland<br />

zu sein. Ich liebe es nicht, an einen Ort<br />

gebunden, sondern flexibel zu sein. Ich<br />

habe mehr Zeit in Frankreich verbracht als<br />

in England, insofern habe ich auch eine<br />

größere Bindung zu Frankreich. Aber<br />

wenn ich mich zwischen London und Berlin<br />

entscheiden müsste, würde ich eindeutig<br />

Berlin wählen.<br />

AFC: Wie ist Ihre große Bindung zu<br />

Frankreich entstanden?<br />

Cordi: Ich hatte bereits in meiner Schulzeit<br />

Französisch und bin dann auch direkt<br />

nach dem Abitur als Au Pair nach Lyon<br />

gegangen. Während des Studiums habe<br />

ich in Frankreich Deutsch unterrichtet,<br />

hinterher lebte ich zwei Jahre in Nancy als<br />

Lektorin an einer Universität.<br />

AFC: Wie stehen Sie zur <strong>Anna</strong>- <strong>Freud</strong>?<br />

Cordi: (lacht) Ich mag die Schule, insbesondere<br />

meine Schüler und Kollegen. Allerdings<br />

ist es sehr schwer, an dieser<br />

Schule ein außerschulisches Leben aufzubauen,<br />

da keine Freizeitaktivitäten angeboten<br />

werden.<br />

AFC: Welche Ziele haben Sie noch im<br />

Leben?<br />

Cordi: Zuerst möchte ich für mein Kind da<br />

sein. Die ersten Jahre eines Kindes sind<br />

etwas ganz Besonderes, trotzdem versuche<br />

ich, nicht allein Mutter zu sein, sondern<br />

auch mein eigenes Leben zu führen.<br />

Ich liebe kurzfristige Entscheidungen, ich<br />

plane mein Leben Schritt für Schritt.<br />

AFC: Was würden Sie tun, wenn Sie einen<br />

Tag lang Gott wären?<br />

Cordi: Oh Gott!- Ansonsten möchte ich<br />

allen Leuten einen paradiesischen Tag<br />

schenken oder den Bedürftigen Geld verteilen<br />

oder etwas Schlechtes abschaffen.<br />

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AFC: Was würden Sie Ihren Schülern<br />

gerne zum Abschied sagen?<br />

Cordi: Immer locker bleiben und trotzdem<br />

pünktlich sein!!<br />

Das Kollegium der <strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Schule bei<br />

der Verabschiedung der Kollegin Cordula<br />

Rickers. Herr Mehlin sorgte wie immer für<br />

einen würdigen Rahmen und überreichte<br />

Frau Rickers ein liebevoll gestaltetes Plakat<br />

mit all ihren Kolleginnen und Kollegen,<br />

das nun den ihm gebührenden Platz in<br />

ihrer Londoner Wohnung einnehmen wird.<br />

(Übrigens: Sie kommt wieder!!!!)<br />

Das Interview führten Katharina Holzmann<br />

und Melissa Ziegler 1. Sem. OG<br />

Foto: privat


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Foto:<br />

privat<br />

30jähriges Jubiläum – die <strong>Anna</strong> tanzt<br />

Der Kalle rockt und alle machen mit!<br />

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Student – Spotlight<br />

Wie lernt man am besten eine Schule<br />

kennen? Indem man die Schüler kennen<br />

lernt! In diesem Sinn wollen wir<br />

Euch unser erstes Versuchskaninchen<br />

vorstellen: Robin Venz, 1. Semester<br />

OG.<br />

Also Robin, wann und wo wurdest Du<br />

geboren?<br />

„Ich wurde am 11. Mai 1989 in Berlin<br />

geboren.“<br />

Wenn Du hier und jetzt Deine Koffer<br />

packen könntest und in ein Land Deiner<br />

Wahl fahren dürftest, welches wäre das?<br />

„Teneriffa, denn das ist der schönste Platz,<br />

den ich in meinem Leben gesehen habe.“<br />

Glaubst Du an die Liebe auf den ersten<br />

Blick?<br />

„Nein, aber ich glaube an Seelenpartner<br />

und an die Liebe über Intellekt.“<br />

Bist Du religiös?<br />

«Schwierige, schwierige Frage. Ich gehöre<br />

keiner wirklichen, offiziellen Religion an.<br />

Ich verehre das Leben als große Macht des<br />

Universums. Ja, ich denke es gibt irgendeine<br />

Energie im Universum. Ich glaube,<br />

dass alles, was ich mache, auf mich zurückfällt,<br />

deshalb versuche ich auch immer<br />

lieb zu sein.“<br />

Was würdest Du tun, wenn Du einen<br />

Tag über alles entscheiden könntest?<br />

„Oh nein, das will ich gar nicht.“<br />

Wo wohnst Du momentan?<br />

„Das ist schwierig zu sagen, da mein<br />

Freund mich gerade rausgeschmissen hat,<br />

pendle ich zwischen Steglitz, Moabit und<br />

Lichtenrade hin und her.“<br />

Du sagst, dass Du mit Deinem Freund<br />

zusammen gewohnt hast bis vor kurzem,<br />

kann man daraus schließen, dass Du<br />

homosexuell bist? Wie reagieren Deine<br />

Freunde und Dein Umfeld darauf?<br />

„Na ja, ich würde eher sagen ich bin bisexuell<br />

und meine Freunde haben damit eigentlich<br />

kein Problem und meine Familie<br />

auch nicht.“<br />

In welchen familiären Verhältnissen bist<br />

Du aufgewachsen?<br />

„Auch eine interessante Frage. Also meine<br />

Eltern sind getrennt und mein Vater lebt<br />

mit seiner neuen Frau in Fehmarn, wo ich<br />

noch drei Halbgeschwister und drei Stiefgeschwister<br />

habe. Meine Mutter hatte auch<br />

einen neuen Freund, den sie aber wieder<br />

verlassen hat. Nun ist sie mit einer Frau<br />

zusammen, sozusagen mit meiner Stiefmutter.<br />

Und die wiederum hat drei Kinder, von<br />

denen eins an Krebs gestorben ist, was der<br />

Grund für mich war, mit vierzehn Jahren<br />

zu meiner Oma zu ziehen. Ich habe das<br />

alles einfach nicht ausgehalten.“<br />

Das hört sich nach einer sehr schwierigen<br />

Zeit für Dich an und gleichzeitig<br />

nach einer Menge Abwechslung. Hast<br />

Du zu Deinen Eltern ein gutes Verhältnis?<br />

„Ich bin nun einmal mit vierzehn Jahren<br />

ausgezogen und hatte dadurch nicht so viel<br />

Kontakt zu meiner Mutter, wie ich es vielleicht<br />

hätte haben sollen, aber ansonsten<br />

gibt es eigentlich keine Disharmonien. Und<br />

mit meinem Vater habe ich einen guten<br />

Kontakt, nicht viel, aber immerhin.“<br />

Erzähl uns doch einmal etwas über Deinen<br />

schulischen Werdegang und warum<br />

Du Dich entschieden hast, auf die <strong>Anna</strong><br />

<strong>Freud</strong> Schule zu gehen.<br />

„Ja, das war interessant. Also ich war auf<br />

zwei verschiedenen Grundschulen und bin<br />

ab der 6. Klasse auf die Carl-Zeiss-<br />

<strong>Oberschule</strong> gegangen. Da bin ich dann<br />

total abgestürzt, also zensurentechnisch.<br />

Somit landete ich auf einer Sonderschule<br />

für drei Jahre. Ich habe dort die 8. Klasse<br />

wiederholt und mich langsam wieder<br />

hochgearbeitet. Letzten Endes habe ich<br />

mich entschlossen, mein Abi auf der <strong>Anna</strong><br />

<strong>Freud</strong> Schule zu machen. Warum? Ganz


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klar, da ich hier Psychologie nehmen<br />

konnte, und als ich mir die Schule angesehen<br />

habe, fand ich das alles ganz sympathisch<br />

hier.“<br />

Das hört sich nach einigen Höhen and<br />

Tiefen an, die Du erlebt hast. Hast Du<br />

Dir schon Gedanken gemacht, was nach<br />

dem Abi kommen soll?<br />

„Ich denke, ich werde Psychologie studieren.<br />

Ich weiß noch nicht genau, entweder<br />

Polizeiforensiker oder ich werde ein absolut<br />

durchgeknallter Psychoanalytiker.“<br />

Wäre eins von beiden auch Dein Traumjob?<br />

„Nicht unbedingt. Ich würde viel lieber<br />

Musiker oder Schauspieler werden, aber<br />

man muss ja realistisch bleiben.“<br />

Wenn Du sagst, Du wärst gerne Musiker,<br />

machst Du in Deiner Freizeit etwas<br />

in dieser Richtung?<br />

„Ja, ich unterrichte Schlagzeug in einem<br />

Jugendfreizeitheim und privat mache ich<br />

gerne elektronische Musik, aber was ich<br />

da genau mache, kann ich auch nicht sagen.<br />

Was mir halt gerade in den Sinn<br />

kommt.“<br />

Was machst Du sonst noch so in Deiner<br />

Freizeit, außer Musik?<br />

„Ich versuche zu lernen, was ich oft nicht<br />

schaffe. Ansonsten versuche ich viel Zeit<br />

mit meinem Freund zu verbringen. Ich bin<br />

außerdem in einer Kosmetik AG, wo ich<br />

Cremes anrühre und ausprobiere. Alle drei<br />

Tage gehe ich ins Fitnessstudio. Ach ja<br />

und ich lese. Ich lese sehr gerne. Im Moment<br />

lese ich Goethe. Oh ich liebe Goethe.“<br />

Hast Du ein Vorbild in Deinem Leben?<br />

„Nicht wirklich. Ich will einen individuellen<br />

Lebensweg beschreiten.“<br />

Wenn du ein Dir ein Tier zuordnen solltest,<br />

welches wäre das?<br />

„Eine Schlange, denn das ist mein chinesischen<br />

Sternzeichen und ich finde die Beschreibung<br />

passend für mich.“<br />

Hast Du ein Lieblings-Zitat oder Motto<br />

in Deinem Leben?<br />

„Ja zwei. Das erste lautet: Da es förderlich<br />

für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen,<br />

glücklich zu sein. Und das zweite<br />

lautet: Unwissenheit schützt vor Dummheit<br />

nicht.“<br />

Was sind Deine Schwächen?<br />

„Mal überlegen. Meine ungezügelten Aggressionen,<br />

die ich an anderen auslasse<br />

,vielleicht? Und ich kann meine Klappe<br />

nicht halt. Ich bin ein kleines Lästermäulchen.“<br />

Ist ja interrasant und was sind Deine<br />

Stärken?<br />

„Ich bin ein freundlicher, liebenswerter<br />

und emotionaler Mensch.<br />

Eine gute Freundin beschreibt Robin als<br />

eine „Intelligente Drama-Queen, vielseitig<br />

und ein guter Koch“.<br />

Wir möchten uns bei Dir bedanken und<br />

wir hoffen, dass wir auch in den zukünftigen<br />

Ausgaben noch viel mehr über<br />

unsere Schüler erfahren.<br />

Das Interview führten Melissa Ziegler und<br />

Tina Windmüller 1. Sem. OG<br />

Wer Lust hat, sich für die nächste Ausgabe<br />

im März von uns interviewen zu<br />

lassen, wende sich bitte an die Reaktion<br />

der <strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Cult(ure)! Ihr erreicht<br />

uns über das Postfach 112 oder sprecht<br />

einfach einen der Redakteure oder Redakteurinnen<br />

an!<br />

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Unsere drei Tschetschenen<br />

Aufgewachsen in Grosny, der Hauptstadt Tschetscheniens, erlebten die<br />

Brüder Beckhan, Selim und Ruslan die Gräuel des Krieges . Danica führt für<br />

<strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Cult(ure) ein bewegendes Interview mit den Geschwistern.<br />

Drei junge Männer. Jede Pause sitzen sie<br />

in unserer 0. Ebene. Man sieht ihnen an,<br />

dass sie Brüder sind. Aber wer sind sie?<br />

Der Älteste, Beckhan, ist 21 Jahre alt und<br />

ist im dritten Semester. Seine Leistungskurse<br />

sind Geschichte und Physik. Selim,<br />

der Mittlere, ist 19 Jahre alt und ebenfalls<br />

im dritten Semester. Seine Leistungskurse<br />

sind Englisch und Chemie. Der Jüngste,<br />

Ruslan, ist 18, im ersten Semester, und<br />

hat die Leistungsfächer Kunst und Englisch.<br />

Aufgrund einer Jahrzehnte langen Tradition<br />

werden alle drei nach dem Abi in Richtung<br />

Medizin oder Jura weitermachen- „Es<br />

ist nun mal ein ungeschriebenes Gesetz".<br />

In einem kleinen Spiel fordere ich die Brüder<br />

auf, sich gegenseitig zu beschreiben.<br />

Beckhan fängt an und beschreibt seinen<br />

Bruder Selim: "Selim ist zwar schüchtern,<br />

aber ein hübscher und vor allem romantischer<br />

Frauenheld. Er ist intelligent und hat<br />

sehr viel Sinn für Humor." Leidenschaftlich<br />

gerne schreibt er Gedichte und ist Kampfsportler.<br />

Zu Letzterem dreht er auch gerne<br />

eigene Videos. Beckhan hingegen ist für<br />

seinen Ehrgeiz bekannt. Er ist gesprächig<br />

und kann sowohl ernst als auch ein Spaßvogel<br />

sein. „Sein Talent ist das Flirten, nur<br />

an der Treue müsste er arbeiten", so sein<br />

Bruder Selim. Der "Sturkopf", wie Selim<br />

ihn beschreibt, ändert seine Meinung nie,<br />

selbst wenn er im Unrecht ist. Auch Beckhan<br />

ist leidenschaftlicher Kampfsportler<br />

und ein wahrer "Chillertyp".<br />

Als der Krieg ausbrach, flüchtete die<br />

Familie aus Angst in ein nahe liegendes<br />

Dorf und lebte zwei Jahre lang in einem<br />

Bunker.<br />

__________________________________<br />

Ruslan, der Jüngste des Trios, ist der Ruhigste<br />

und Schüchternste. „Er ist intelligent,<br />

kreativ und hilfsbereit", so Selim.<br />

Neben seinen beiden großen Single-<br />

Brüdern hat er als einziger eine Freundin<br />

und ist ausnahmslos treu. „Die tschetschenische<br />

Politik ist voll und ganz sein<br />

Element", meinen seine Brüder. Auf die<br />

Frage, was sie am Anderen besonders<br />

lieben, bekomme ich dreimal die Antwort:<br />

"Ich liebe alles an ihnen! Sie sind meine<br />

Brüder!"<br />

Drei Brüder mit häufig verschiedenen Interessen<br />

und Charakterzügen und doch verbindet<br />

sie ein und dieselbe schmerzvolle<br />

Erinnerung.<br />

Eines Tages ließen dann die Flugzeuge,<br />

die immer wieder über unsere Köpfe<br />

flogen, ihre Raketen los.<br />

__________________________________<br />

Geboren wurden sie in Grosny, der<br />

Hauptstadt Tschetscheniens, wo sie ihre<br />

Kindheit verbrachten. Als '94 jedoch der<br />

Krieg ausbrach, flüchtete die Familie aus<br />

Angst vor Angriffen in ein nahe liegendes<br />

Dorf, wo sie nahezu ganze 2 Jahre in einem<br />

Bunker lebten. „In diesen zwei Jahren<br />

gab es keine Schule, keine Arbeit und<br />

auch sonst nichts zu tun. Die Frauen im<br />

Bunker haben uns letztlich geholfen, die<br />

Zeit totzuschlagen. Wir haben stricken<br />

gelernt", erinnerte sich Beckhan lächelnd.<br />

Im Jahr '96 war es ihnen möglich, wieder<br />

zurück nach Grosny zu kehren, da ihr<br />

Haus nur leicht beschädigt blieb. Im Oktober<br />

'99 brach der zweite Krieg in Tschetschenien<br />

aus und sie mussten wieder in<br />

ein Dorf fliehen. Beckhan erinnert sich an<br />

eine Szene und erzählt mir davon. „Auf<br />

dem Marktplatz, an dem man wie gewöhnlich<br />

alles Mögliche eingekauft hatte, ließen<br />

eines Tages dann die Flugzeuge, die immer<br />

wieder über unseren Köpfen flogen,<br />

ihre Raketen los. Die Druckwelle war so<br />

stark, dass die Fensterscheiben brachen<br />

und die Körperteile der Menschen sich<br />

überall verteilten. Ich habe überlebt. Ich


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war noch klein, aber ich erinnere mich,<br />

dass man die Körperteile der Menschen<br />

aufsammelte und in Tüten tat. So viele<br />

Menschen - man wusste nicht einmal<br />

mehr, um wen es sich handelte."<br />

Als sich das Gewehr eines russischen<br />

Soldaten im Autositz verfing, wurde<br />

Ruslan beinahe erschossen.<br />

__________________________________<br />

Unter dem Unwort der "Säuberung" war es<br />

den russischen Soldaten erlaubt, alle<br />

Tschetschenen zwischen 10-65 Jahren zu<br />

ermorden, da sie fähig waren, Waffen zu<br />

tragen und zu benutzen. Frauen und Kinder<br />

wurden vergewaltigt und anschließend<br />

entweder geköpft, erschossen oder mit<br />

Dynamit gesprengt. Aus großer Angst entschloss<br />

sich die Mutter, gefälschte Pässe<br />

für ihre Kinder zu organisieren, damit sie<br />

das Land verlassen konnten. Nachdem sie<br />

dabei von Russen gefasst und verhört<br />

wurde und dank eines Kasachen ihre Freilassung<br />

doch noch erreichte, fuhren sie<br />

und Ruslan zunächst in das Dorf der<br />

Großeltern. Unterwegs wurden sie von<br />

Russen wieder angehalten und mussten<br />

das Auto verlassen. Als sich das Gewehr<br />

eines der russischen Soldaten im Autositz<br />

verfing und Ruslan half, das Maschinengewehr<br />

vom Sitz zu lösen, wurde er beinahe<br />

erschossen.<br />

Die Mutter, Selim und Ruslan sollten anschließend<br />

mit dem Bus in die Nachbarrepublik,<br />

Ingushetien, gebracht werden. Da<br />

ein brennender Panzer den Weg versperrte,<br />

hielt der Bus und kehrte um. Währenddessen<br />

umzingelten maskierte russische<br />

Soldaten den Bus und forderten die Insassen<br />

auf, den Bus zu verlassen und ihre<br />

Koffer zu leeren. Selim, der sein Gepäck<br />

ebenfalls leeren sollte, wurde währenddessen<br />

eine Waffe an die Schläfe gehalten.<br />

Die Erinnerungen kommen immer wieder<br />

hoch.<br />

__________________________________<br />

"Die Frauen und Kinder, also auch wir<br />

damals, durften letztendlich weiterfahren.<br />

Die Männer jedoch wurden abgeführt. Je-<br />

der von uns wusste, dass sie nicht mehr<br />

zurückkehren würden."<br />

Nach kurzer Zeit kommen den Brüdern<br />

eine Erinnerung nach der anderen und mit<br />

jedem Mal springt der sich Erinnernde von<br />

seinem Platz, als würde er gezwungen<br />

werden, diese Erinnerung augenblicklich<br />

loszuwerden. „Unsere Nachbarn, ärmere<br />

russische Leute, ein blinder Mann und<br />

seine Frau, hatten oftmals nichts zum Essen<br />

gehabt, sodass meine Eltern und wir<br />

häufig halfen. Als wir Tschetschenien verließen,<br />

baten wir sie, uns zu begleiten,<br />

doch sie lehnten ab. Da sie auf die Hilfe<br />

von anderen angewiesen waren, kritisierten<br />

viele tschetschenische Frauen die<br />

Russen, die in Tschetschenien lebten, sie<br />

müssten ihnen helfen. Aber statt ihnen zu<br />

helfen, traten russische Soldaten in ihr<br />

Haus und richteten zunächst die alte Frau<br />

hin. Anschließend setzten sie das Haus in<br />

Brand, sodass der blinde Mann am lebendigen<br />

Leib verbrannte.", erzählten die Brüder.<br />

Wir haben unsere Heimat schon seit<br />

sechs Jahren nicht mehr gesehen und<br />

vermissen unsere Familie und unsere<br />

Freunde sehr.<br />

__________________________________<br />

Ihr Direktor wurde an Armen und Füßen<br />

an zwei Panzer fest gebunden, die los<br />

fuhren und seinen Körper entzwei rissen.<br />

“In unserer Grundschule", so erzählten die<br />

Brüder, „wurde ein Massaker veranstaltet,<br />

an dem die Erstklässler in ihren Klassenräumen<br />

erhängt, verbrannt und geköpft<br />

wurden. Insgesamt 42000 Kinder ließen in<br />

dem Krieg ihr Leben."<br />

Da ihr Vater ein tschetschenischer Offizier<br />

war, war die Sorge um das Leben der drei<br />

Söhne groß, sodass sie auf Bitten der<br />

Mutter mit den gefälschten Pässen aus<br />

der Nachbarrepublik in Lkws für jeweils<br />

5000$ pro Kopf nach Deutschland gebracht<br />

wurden. In Berlin angekommen,<br />

wurden sie zur Polizei in die Motostraße<br />

geschickt und von dort als „anerkannte<br />

Flüchtlinge" nach Braunschweig, Bad<br />

Bendheim und anschließend wieder nach<br />

Berlin.<br />

“Wir haben unsere Heimat 6 Jahre lang<br />

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schon nicht gesehen und vermissen unsere<br />

Familie, Freunde, Nachbarn- kurz, unsere<br />

Heimat. Aber wir sind glücklich, hier<br />

sein zu können. Deutschland ist unsere<br />

zweite Heimat geworden. So mussten wir<br />

das Elend nicht mehr miterleben. Ungefähr<br />

80% der männlichen Tschetschenen<br />

starben. Wären wir länger dort geblieben...<br />

Wir wünschen uns, dass der Krieg zu<br />

Ende geht und wir, nachdem wir hier „richtige<br />

Menschen“ werden konnten, unserer<br />

Heimat etwas zurückgeben können.", so<br />

Beckhan.<br />

„Wir waren Kinder, die mit dem Krieg<br />

aufgewachsen sind, und kannten es<br />

nicht anders.“<br />

__________________________________<br />

Eindringlich und unbeschreiblich fassungsvoll<br />

berichteten mir die Brüder von<br />

ihren Erlebnissen und Erinnerungen, dass<br />

auch mir die Tränen kommen, sodass das<br />

Interview mehrmals unterbrochen werden<br />

muss. „Wir wünschen uns, dass Friedenstruppen<br />

endlich den Weg nach Tschetschenien<br />

finden und der Krieg zu Ende<br />

geht. Wir hassen die Russen nicht!", beteuerten<br />

die Brüder, „aber wir verstehen<br />

nicht, wieso das alles passieren muss."<br />

„Unsere Familie war und ist unsere<br />

Kraft, die ganze Zeit über.“<br />

__________________________________<br />

Es war für mich kaum vorstellbar, dass so<br />

etwas möglich ist und tatsächlich geschieht.<br />

„Wir waren Kinder, die mit dem<br />

Krieg aufgewachsen sind, und kannten es<br />

nicht anders. Wenn jemand stirbt, tut es<br />

uns leid, aber wir haben gelernt, damit<br />

umzugehen.", erklären mir die Brüder. Wie<br />

gut wir es haben, ist scheinbar ins Unbewusstsein<br />

gedrängt und mit immer mehr<br />

und immer größeren Wünschen überdeckt,<br />

welche uns DANKBARKEIT haben<br />

völlig vergessen lassen.<br />

Unsere drei Tschetschenen haben sich im<br />

anfänglichen Spiel alle als "impulsiv" bezeichnet:<br />

„Unsere Familie war und ist unsere<br />

Kraft, die ganze Zeit über. Wenn wir<br />

der Meinung sind, wir müssten sie aus<br />

irgendeinem Grund verteidigen, dann tun<br />

wir es. –Weil wir einander brauchen."<br />

Danica Dajkic<br />

My Big Fat Turkish<br />

Wedding<br />

Dilan wird bald 18 Jahre alt und ist im ersten Semester mit den Leistungsfächern<br />

Deutsch und Kunst. Ihre Hobbies sind "lachen, lachen, lachen". -<br />

Also ein ganz gewöhnliches Mädchen.


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Doch sie ist bereits verlobt. Seit sechs<br />

Monaten kennt sie ihren Verlobten und ist<br />

genauso lang mit ihm verlobt. "Es war<br />

Schicksal", sagt Dilan schmunzelnd. "Seine<br />

Mutter hat uns einander vorgestellt und<br />

zwar in der Moschee. Dort hat sie mich<br />

nämlich gesehen und hat sofort gewusst,<br />

ich wäre genau die Richtige für ihren<br />

Sohn. Daraufhin haben wir uns mit ihm<br />

getroffen, unterhalten<br />

und haben gemerkt,<br />

dass wir so einige<br />

Gemeinsamkeiten<br />

haben und schließlich<br />

tagtäglich telefoniert.<br />

Bald schon sind zu<br />

dem Entschluss gekommen,<br />

ein Zeichen<br />

zu setzten. Wir wollten<br />

eigentlich nur einen<br />

Ring tragen, ohne<br />

großartige Bedeutung,<br />

aber danach haben wir<br />

uns entschlossen, aus<br />

dem “Standard-Ring”<br />

einen Verlobungsring<br />

zu machen und in<br />

einer kleinen<br />

familiären Atmosphäre<br />

gefeiert."<br />

Lebt ihr denn<br />

zusammen in einer gemeinsamen<br />

Wohnung?<br />

”Zurzeit sind wir nur verlobt. Um mit ihm<br />

zusammen zu wohnen, müssten wir nach<br />

dem Islam vermählt werden, anderenfalls<br />

würden wir sündigen. Aus dem Grund<br />

wohne ich noch bei meinen Eltern."<br />

Wie stellst du dir deine Zukunft vor?<br />

"Ich stelle mir vor, ihn zu heiraten, eine<br />

kleine Familie, bestehend aus ihm und<br />

mir, zu gründen, die Schule zu beenden<br />

und hoffentlich zu studieren."<br />

Wann habt ihr denn vor zu heiraten?<br />

"Wir wissen noch nicht, wann die Hochzeit<br />

stattfinden soll, aber wir wissen definitiv,<br />

11<br />

dass es eine typisch türkische Hochzeit<br />

wird,- aber auf islamischer Basis, d.h. ohne<br />

den Schnickschnack wie Tanzen. Aber<br />

natürlich werde auch ich einen Henna-<br />

Abend<br />

haben, mit allen bekannten Frauen und<br />

Mädchen. Dort werde ich kein Kopftuch<br />

tragen, weil nur Frauen anwesend sein<br />

werden. Nachdem ich dann Henna auf die<br />

Hände aufgetragen<br />

bekomme, folgt die<br />

Hochzeit in Weiß."<br />

Wie wird die Feier<br />

aussehen?<br />

”Mit über 500 Gästen<br />

in einem großen Saal,<br />

einer gemieteten Limo<br />

oder einem Porsche,<br />

je nach dem. Viele<br />

bekannte orientalische<br />

Muslima werden<br />

eingeladen sein. So<br />

wird's aussehen."<br />

Auf die Frage, ob das<br />

immer schon ihren<br />

Vorstellungen<br />

entsprach, wie es<br />

gekommen ist,<br />

antwortet Dilan:<br />

"Gute Frage. -Ich sag mal so, so wie es<br />

jetzt gekommen ist, ist es das Beste, was<br />

mir hätte passieren können. Ich möchte<br />

auch Wert darauf legen, dass ich die Tradition<br />

auch an meine Kindern weitergebe.<br />

Denn die Religion steht bei mir an erster<br />

Stelle und darauf bin ich stolz!".<br />

Dilan möchte Lehrerin werden. Sie ist in<br />

Deutschland geboren und aufgewachsen,<br />

doch ihre Familie ist aus der Türkei. Aus<br />

diesem Grund ist sowohl Deutschland als<br />

auch die Türkei ihre Heimat.<br />

“An Deutschland liebe ich das soziale<br />

Netz, in dem jeder jedem hilft. Ich würde<br />

mich jedoch gerne, wenn ich denn die<br />

Möglichkeit dazu hätte, für die Rechte der<br />

islamischen Frauen einsetzen, die nicht


12<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

unterrichten dürfen. - Mein größtes Vorbild<br />

ist unser Prophet Mohammed (Segen sei<br />

mit ihm) und darauf bin ich stolz. Man sollte<br />

so was auch zeigen dürfen."<br />

Danica Dajkic<br />

Student - Spotlight<br />

Nr. 2<br />

Moon Eleni Felicitas Fröhlich ist in der<br />

12. Klasse und hat sich als zweite Person<br />

bereit erklärt uns die eine oder<br />

andere Frage zu beantworten, mit der<br />

Hoffnung, dass wir unsere Schüler und<br />

somit auch unsere Schule noch ein<br />

Stück besser kennen lernen.<br />

Wann und wo wurdest du geboren?<br />

„Ich wurde am 17. April 1989 in Dresden<br />

geboren, genauer gesagt in Dresden Neustadt.<br />

Nach fünf Jahren sind wir dann nach<br />

Berlin gezogen.“<br />

Und wo in Berlin wohnst du heute?<br />

„Ich wohne in Prenzlauerberg in einem<br />

ehemaligen besetzten Haus, das per<br />

Selbsthilfe legalisiert wurde. Heute ist es<br />

eine Art Kommune, also alles was gemacht<br />

oder entschieden wird, geschieht in Gemeinschaft.<br />

Ich wohne mit meiner Familie<br />

seit ungefähr sieben Jahren in diesem<br />

Haus. Wir haben alle zusammen, also auch<br />

die restlichen Bewohner, drei Jahre gebraucht<br />

um das Haus zu renovieren.“<br />

Echt, das hört sich wirklich interessant<br />

an. Und wie muss man sich das Leben in<br />

einer Kommune vorstellen?<br />

„Also die anderen Bewohner sind alle unterschiedlich<br />

alt, wobei man hier sehr viele<br />

Familien findet. Wir haben eine Gemeinschaftsküche<br />

und einen Gemeinschafts-<br />

raum zum feiern. Einmal in der Woche gibt<br />

es ein Treffen bei dem über alles Mögliche<br />

entschieden wird. Entscheidungen werden<br />

aber nicht nach dem Mehrheitsprinzip<br />

festgelegt, sondern man versucht einen<br />

Konsens zu finden, mit dem ALLE einverstanden<br />

sind. Das auch bisher immer geklappt<br />

hat.“<br />

Ja, ich glaube, dass ich davon schon<br />

einmal gehört habe. Wieso hast du dich<br />

für die <strong>Anna</strong> <strong>Freud</strong> Schule entschieden?<br />

„Ganz einfach, weil es die einzige Schule<br />

ist mit dem doppelt qualifizierten Bildungsgang,<br />

also Abi und Ausbildung zur<br />

Erzieherin.“<br />

Ist das auch die Richtung, die du in deinem<br />

späteren Beruf einmal einschlagen<br />

möchtest?<br />

„So etwas in der Art schon. Ich will einfach<br />

viel zu viel machen. Mein Traumjob<br />

wäre aber Kunsttherapeutin. Das würde<br />

ich total toll finden. Hier bekommen auch<br />

die Menschen, die verbal benachteiligt<br />

sind, eine Möglichkeit ihren Emotionen<br />

Ausdruck zu verleihen. Außerdem reizt<br />

mich die Kombination meiner beiden<br />

Hauptinteressen: Kunst und Menschen.“<br />

Wie verbringst du gewöhnlich deine<br />

Freizeit?<br />

„Also ich gehe wahnsinnig oft tanzen und<br />

auf Konzerte, außerdem zeichne ich gerne.<br />

Ansonsten treffe ich immer 5000 Leute und<br />

das ist keine Hyperbel.“ (lachend)<br />

Bist du religiös?<br />

„Ich bin Christin. Ich habe mich vor zwei<br />

Jahren taufen lassen. Diese Entscheidung<br />

habe ich für mich alleine getroffen, ohne<br />

dass meine Eltern dazu beigetragen haben.“<br />

Glaubst du an Liebe auf den ersten<br />

Blick?


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

„Beschissene Frage. Nein. (lachend) Aber<br />

es gibt Leute, die sehen geil aus auf den<br />

ersten Blick.“(grinsen)<br />

Welcher Ort oder welches Land hat dich<br />

am meisten beeindruckt?<br />

„Ich war im Sommer in Island, wo es einen<br />

schwarzen Gletscher gab. Dort war eine<br />

Eishöhle, in der die Sonne reingeschienen<br />

hat. Es tropfte schwarzes Wasser von der<br />

Decke, Das Schwarz kam von der Asche<br />

des Vulkanes. Dieses heruntertropfende<br />

Wasser sah aus wie Tränen- schön melancholisch.<br />

Das alles drückte ein Gefühl aus,<br />

dass ich nicht beschreiben kann.“<br />

Was glaubst du ist der Mensch von Natur<br />

aus, gut oder schlecht?<br />

„Schlecht.“<br />

Ist das nicht etwas negativ gedacht?<br />

„Negativ? Nö, nur realistisch. Trotzdem<br />

glaube ich, dass in jedem Menschen auch<br />

etwas Gutes steckt“<br />

Was macht dich richtig wütend?<br />

„Oh, da gibt es einige Dinge. Also: Politiker,<br />

Polizisten, vor allem das Anti- Konfliktteam,<br />

Snobs und manchmal Klischee<br />

bestätigende Menschen, die deprimieren<br />

mich.“<br />

Wenn du als Tier wiedergeboren werden<br />

würdest, für welches Tier entscheidest<br />

du dich?<br />

13<br />

„Ich denke ich wäre eine Schlange, da sie<br />

elegant, klug und manchmal gefährlich<br />

sein können und wenn sie noch ganz klein<br />

sind, dann sind sie süß.“<br />

Wenn du für 30 Sekunden die Aufmerksamkeit<br />

der gesamten Welt hättest, was<br />

würdest du sagen oder tun?<br />

„Ich glaube ich wäre zu aufgeregt, um<br />

überhaupt irgendetwas zu sagen. Ich wäre<br />

nervös. Ich würde versuchen den Menschen<br />

Gott näher zu bringen, aber da ich<br />

wüsste, dass ich das nicht schaffen würde,<br />

wäre ich nervös. Ja, ich glaube ich wäre<br />

einfach nur nervös.“<br />

Wofür würdest du dich entscheiden, Unsterblichkeit<br />

oder Reichtum?<br />

„Unsterblichkeit. Was soll ich denn mit<br />

Reichtum?“<br />

Ok eine Sache habe ich noch. Beschreibe<br />

mir mit drei Worten eine Person, die das<br />

exakte Gegenteil von dir ist!<br />

„Organisiert, rational, oberflächlich.“<br />

Vielen Dank Felicitas. Ich muss sagen,<br />

dass ich schon lange keine Peson mehr<br />

getroffen habe, die so offen und lustig<br />

war wie du und am liebsten hätte ich das<br />

Interview noch stundenlang weitergeführt.<br />

Das Interview führte Tina Windmüller.<br />

„Interview mit einem Lehrer“<br />

Vorname: Rainer<br />

Name : Schmidt<br />

unterrichtete Fächer: Sport und Geografie<br />

an der Schule seit: 30 Jahren<br />

Familienstand: verheiratet seit 1977<br />

Kinder: einen erwachsenen Sohn


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Idee Lehrer zu werden: In der 13. Klasse entschied er sich fürs Studium.<br />

Sport und Geografie waren schon damals neben Mathe<br />

seine Lieblingsfächer.<br />

Er wollte mit Jugendlichen arbeiten und ihnen auf ihrem<br />

Lebensweg „ein Stück mitgeben“.<br />

Gerade an dieser Schule, weil: Ausbildung in Hessen, dann Bewerbung in Berlin<br />

Schule war damals ganz „neu“, gerade in ihren An-<br />

fängen Herr Schmidt half beim „Aufbau“<br />

einen guten Lehrer zeichnet aus: Eingehen auf persönliche Eigenschaften,<br />

Stärken und Schwächen der Schüler<br />

Sowohl Beachten der Wünsche des Einzelnen,<br />

als auch der Gruppe<br />

drei Wünsche: auf jeden Fall Gesundheit<br />

Motto: kein Motto, aber immer optimistisch bleiben, nach dem<br />

Prinzip:<br />

„es wird schon gehen“<br />

Drei Gründe warum wir Schüler<br />

Herrn Schmidt als Lehrer lieben: 1. weil er die perfekte Mischung aus „Autorität“,, aber<br />

gleichzeitig total entspannter Arbeitsatmosphäre be-<br />

Herrscht.<br />

2. weil er jedem Schüler einen Zugang zu Erdkunde,<br />

Fitness, Badminton, Basketball usw. schafft. Und das<br />

mit Begeisterung!<br />

3. weil er unsere Kreativität schätzt und für jeden Spaß<br />

zu haben ist.<br />

Unsere drei Wünsche: Herr Schmidt:<br />

1. Bleiben Sie so wie Sie sind!<br />

2. Kommen Sie gar nicht erst auf die Idee zu gehen!<br />

3. Wer angefangen hat, muss es auch zu Ende<br />

bringen!<br />

Und: Bleiben Sie gesund!<br />

von Aileen Schröder und Pina Keller


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Widmung an Monique von Mike<br />

Stell dir vor<br />

ich<br />

ja ich bin ein narr<br />

mit einer schweren, eisernen kugelkette um den hals.<br />

Der narr,<br />

der alles bekommt,<br />

weil die leute angst vor seinem zauber haben.<br />

Was die leute nicht wussten,<br />

der zauber küsst all die traurigen seelen.<br />

Der zauber,<br />

der nun selbst traurig war,<br />

weil er gefürchtet wird,<br />

zog mit dem narren in die weite welt<br />

um endlich<br />

eine seele zu treffen,<br />

die ihn nicht fürchtet,<br />

sondern vielmehr braucht.<br />

Nachdem sie durch alle täler und über alle berge<br />

gewandelt waren,<br />

mit vielem singen und weinen,<br />

sah der zauber dem narren zum ersten mal tief ins gesicht<br />

und sah,<br />

im nassen auge,<br />

in der träne des narren,<br />

sein spiegelbild.<br />

Er fragte fast erschrocken aber leise:<br />

„wer ist diese traurige schönheit?“<br />

Da spach der narr im brüchigen hauchen:<br />

„DU BIST DIESE SCHÖNHEIT“.<br />

Es blitzte der zauber auf,<br />

er war es,<br />

er suchte nach seiner seele.<br />

Der zauber küsste die träne des narren,<br />

seine eigene seele<br />

und sang immer wieder<br />

einen namen,<br />

den er schon lange<br />

lief verborgen hielt .... Monique<br />

16


17<br />

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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Wer von Euch kennt Adlershof?<br />

Weit von draußen komm ich her…<br />

„Morgens um halb sechs klingelt der Wecker.<br />

Schlaftrunken wanke ich ins Bad, mache mich fertig.<br />

Für das Frühstück fehlt mir zumeist die Zeit,<br />

dann müsste ich früher aufstehen.<br />

Zu essen werde ich mit nachher etwas kaufen.<br />

Halb sieben gehe ich dann aus dem Haus,<br />

damit ich pünktlich in der Schule bin.<br />

Meine Fahrzeit beträgt etwa eine Stunde.“<br />

Vielen Schülern dieser Schule geht es so wie mir. Sie kommen aus allen Teilen der Stadt, um<br />

hier, an der <strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Schule, unterrichtet zu werden. Man darf dies ruhig auf den guten<br />

Ruf der Schule zurückführen.<br />

Und wo kommen diese Schüler nun aber her? Wie leben sie, wo leben sie, was haben ihre<br />

Stadtteile zu bieten?<br />

Wählen wir doch einmal einen Ort, der<br />

möglichst weit weg von unsrer <strong>Anna</strong> liegt,<br />

nämlich Adlershof.<br />

Ja, es existiert wirklich ein Stadtteil mit<br />

diesem Namen. Dieser befindet sich zwischen<br />

den Bahnhöfen Schöneweide und<br />

Grünau/Altglienicke. Da wir jetzt im Groben<br />

wissen, wo Adlershof<br />

liegt, schauen wir uns an, was<br />

es dort gibt, was uns dieser<br />

Stadtteil zu bieten hat, denn<br />

irgendetwas Interessantes<br />

muss es ja dort geben.<br />

Und das ist konkret der Technologie-<br />

und Medienpark –<br />

Adlershof. Ist man daran interessiert,<br />

Informationen für<br />

naturwissenschaftliche Vorträge<br />

zu sammeln, eignet sich<br />

die naturwissenschaftliche<br />

Zweigbibliothek der Humboldt-Universität,<br />

sesshaft in<br />

der Rudower Chaussee, dazu<br />

hervorragend. Dass Psychologie und Medizin<br />

hier als Naturwissenschaften angesehen<br />

werden, ist für den Besucher nur vorteilhaft.<br />

(Sind sie das etwa nicht?) Zusätzlich<br />

sind die angebotenen Informations-<br />

quellen dort immer up-to-date. Werke des<br />

aktuellen Jahrgangs mit den neuesten Erkenntnissen,<br />

historische und ältere Schriften<br />

sowie Internetzugang sind hier zu finden.<br />

Durch das benutzerfreundliche Betriebssystem<br />

und eine gute Beratung findet<br />

man schnell und effektiv gesuchte Werke.<br />

Doch nicht nur Informationen<br />

für Referate erhält man<br />

hier, auch Fernsehen kann<br />

ja so schön sein. Mit knapp<br />

140 Unternehmen der Medien-<br />

und Fernsehbranche<br />

ist auch ein medialer Informationsstandort<br />

und Arbeitsstätte<br />

gegeben – Studio<br />

- Berlin, welches eine<br />

Tochterfirma des NDR ist.<br />

Für Interessierte gibt es hier<br />

unter anderem auch den<br />

großen Konzern Chemie -<br />

Berlin, der gerne junge interessierte<br />

(Fach-<br />

)Abiturienten ausbildet.<br />

Für die Nostalgiker unter uns haben wir<br />

natürlich auch noch einen Leckerbissen zu<br />

bieten.


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Gleich gegenüber in der Dörpfeldstraße –<br />

auch nur 5 Minuten vom Bahnhof entfernt<br />

– befindet sich das restaurierte Gebäude<br />

des ehemaligen Kino - Capitol, welches<br />

nun als Markthalle, Café und Vitalitätszentrum<br />

dient.<br />

In behaglicher Atmosphäre werden zur<br />

frischen Ware und beruhigender Atmosphäre<br />

auch Informationen rund um Vitalität<br />

und Gesundheit angeboten.<br />

Hier findet man Dinge, die es in Kaufhäusern<br />

nicht gibt.<br />

Und das alles direkt am Bahnhof, ohne<br />

langen Fußmarsch! „Aber die Fahrt dort-<br />

18<br />

hin, die dauert mir viel zu lange“, mag man<br />

sich denken, aber von Ostkreuz und Neukölln<br />

aus sind es nur 15 Minuten Fahrtweg,<br />

ganz ohne umsteigen.<br />

Und für ein erstklassiges Referat, ob im<br />

Bereich der Naturwissenschaften oder der<br />

Medien, lohnt sich ein Besuch allemal.<br />

Dazu ein kleiner Brunch in der Capitol.<br />

Also dann, auf nach Adlershof und viel<br />

Spaß beim Entdecken und Lesen!<br />

Martin Brauer FOS 12


18<br />

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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Was es uns bedeutet, Deutsche<br />

zu sein<br />

Topp-Thema:<br />

Heimat Exil Fremde<br />

Nähe<br />

Flucht und Vertreibung<br />

Foto:privat


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Was Deutschsein für mich bedeutet<br />

Ich fühle mich als Mensch, der zufällig in<br />

Deutschland geboren ist. Daraus resultiert<br />

mein reges Interesse an diesem Land und<br />

seiner Geschichte. Es gibt viele Dinge die<br />

mich hier halten, meine Familie, mein<br />

Freund, meine Schule und vieles andere.<br />

Ich fühle, dass ich meine Heimat vermissen<br />

würde, sollte ich dieses Land einmal<br />

verlassen. Natürlich liebe ich meine Heimat.<br />

Aber Deutschland ist nur zufällig<br />

meine Heimat. Ich würde nicht einmal sagen,<br />

dass Deutschland meine Heimat ist,<br />

sondern eher der Ort, an dem ich Dadurch<br />

bin Ich bin an dieses Land gebunden. Objektiv<br />

gesehen, habe ich ziemliches Glück<br />

hier geboren zu sein. Wäre ich jedoch in<br />

einem anderen Teil der Welt geboren,<br />

würde ich mich dort wohl fühlen und nicht<br />

hier. Ich glaube, so etwas wie Nationalstolz<br />

ist im eigentlichen Sinne ein Sich-<br />

19<br />

Abfinden mit einer unveränderbaren Situation,<br />

denn wir suchen es uns nicht aus, in<br />

welchem Land wir geboren werden und<br />

wo wir aufwachsen. Fragen Sie einmal<br />

einen Maurer, ob er stolz ist, Maurer zu<br />

sein. Ich jedenfalls bin eigentlich nur stolz<br />

auf meine persönlichen Leistungen und<br />

auf die Leistungen der Menschen, die ich<br />

liebe und respektiere. Ein Land an sich<br />

vollbringt aber keine Leistungen, höchstens<br />

die Menschen. Beim Nationalstolz<br />

geht es ja darum, stolz darauf zu sein,<br />

einem bestimmten Volk anzugehören. Ist<br />

das nun eine Leistung, auf die man stolz<br />

sein kann? Oder ist es nicht eher ein Sich-<br />

Abfinden mit der Situation, zufällig zu diesem<br />

Volk zu gehören?<br />

Robin Venz 1. Sem. OG<br />

Deutschland in den Augen von ausländischen<br />

Jugendlichen<br />

Wenn Ihr einen ausländischen Jugendlichen fragen würdet, was für ihn dieses Land<br />

bedeutet, würdet Ihr eine interessante Antwort bekommen. Für die meisten ist<br />

Deutschland nämlich die zweite Heimat. Es ist ein Land, das ihnen sehr viel bedeutet,<br />

weil sie hier die eigene Kindheit und Jugend erlebt haben.<br />

Tut uns Deutschland gut? Ja, die ausländischen<br />

Jugendlichen schätzen dieses<br />

Land und die Möglichkeiten, die es bietet.<br />

Die Meinungsfreiheit und andere Rechte<br />

sind ihnen sehr wichtig, da sie ihnen in<br />

ihrer ersten Heimat häufig verwehrt wurden.<br />

Hier können sie sich frei bewegen,<br />

ohne Angst zu haben und weggesperrt zu<br />

werden. Deutschland sehen sie als wohlhabendes<br />

Land, in dem sie die Chance<br />

bekommen, eine Schule zu besuchen und<br />

eine Ausbildung machen zu können. Es<br />

sind die Möglichkeiten, die sie positiv bewerten.<br />

Denn in der Wirklichkeit wird das deutsche<br />

Schulsystem von ausländischen Jugendlichen<br />

im Allgemeinen als unbefriedigend<br />

bezeichnet. Armut, Steuererhöhungen und<br />

der Weg zum Jobcenter zählen zu den<br />

größten Belastungen für die Jugendlichen.<br />

Gerade bei der Frage wo und wie sie eine<br />

Arbeit oder einen Ausbildungsplatz suchen<br />

und finden sollen, fühlen sie sich hilflos<br />

und sich selbst überlassen. Der Sozial-<br />

bzw. Rechtsstaat wird bei diesen Fragen<br />

zu ihrem Feind.<br />

Sie erleben die Angst vor Veränderungen<br />

und die gesellschaftliche Starre, die hier


20<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

den Ausländern das Leben erschwert.<br />

Immer wieder hört man Sätze wie „ich fühle<br />

mich hier fremd / ich bekomme keine<br />

Anerkennung, weil ich ein/-e Ausländer/in<br />

bin / ich fühle mich diskriminiert / ich<br />

kann mich nicht erfolgreich in die Gesellschaft<br />

integrieren...“<br />

Ein Flüchtling, der wegen der gesetzlichen<br />

Starre wartet und sein Leben inzwischen<br />

vorbeifließt, kann nicht zufrieden und<br />

glücklich werden, da seine Zukunft vollkommen<br />

ungewiss ist. So wird es auch als<br />

ungerecht empfunden, dass sie hier zur<br />

Schule gehen, aber später keine weiteren<br />

Bildungsangebote bekommen. Darum sind<br />

sie apathisch, deprimiert und wollen nicht<br />

weiter.<br />

Eine weitere Problematik ist die Fremdfeindlichkeit.<br />

Die Jugendlichen bezeichnen<br />

dieses Land als ihre zweite Heimat und<br />

finden hier Hilfsbereitschaft und Toleranz.<br />

Trotz dieser Tatsachen spüren sie aber<br />

auch Fremdfeindlichkeit und haben Angst<br />

vor Rechtsradikalismus. Das bedeutet,<br />

dass sie sich einerseits vom Staat und<br />

anderseits von manchen Einheimischen<br />

eingeengt fühlen. Sie bleiben in einer<br />

Sackgasse stecken.<br />

Nichtsdestotrotz leben sie in diesem Land<br />

und haben eigene Erwartungen und<br />

Träume. Sie leben für das Hier und Jetzt.<br />

Sie versuchen das Gute und Schöne zu<br />

sehen und zu suchen. So zum Beispiel,<br />

dass man sich hier um Dinge wie Umwelt-<br />

Es un artículo sobre una familia espanola,<br />

que ha decidido de cambiarse afuera a<br />

Alemania. Después de la guerra la<br />

población española paso mucha hambre y<br />

no había trabajo. Pero en Alemania<br />

buscaron por trabajadores extranjeros.<br />

Por eso el padre de la familia quería irse a<br />

Alemania. En este tiempo nadie de la<br />

familia (padre, madre y una hija) podía<br />

hablar alemán. Este facto ha causado<br />

muchos problemas.<br />

Cuatro anos más trade un hijo nació. Los<br />

padres solo le han esenado la lengua<br />

Una vida entre dos mundos<br />

und Tierschutz kümmert, die Kriminalitätsrate<br />

nicht so hoch ist und es viele<br />

Kulturangebote gibt. Diese Dinge werden<br />

von ausländischen Jugendlichen sehr positiv<br />

gesehen.<br />

Außerdem ist der wichtigste Punkt hier die<br />

Integration. Ob man sich hier integrieren<br />

kann? Integration heißt für mich selbst,<br />

mich in einer Gesellschaft oder in einer<br />

Gruppe wie der meiner Familie wohl zu<br />

fühlen, gleichberechtigt zu sein, von den<br />

anderen akzeptiert und anerkannt zu werden.<br />

Heißt, dass sich beide Seiten einander<br />

annähern und eine Angleichung der<br />

kulturellen und sprachlichen Differenzen<br />

stattfindet. Deutschland ist für mich persönlich<br />

ein Schutzraum, indem ich mich<br />

wohl fühle. Ich hatte keine Angst, als ich<br />

als Flüchtling hierher gekommen bin, aber<br />

trotzdem werden wir Ausländer hier nicht<br />

akzeptiert und nicht anerkannt. Wir werden<br />

von einigen als eine Last gesehen<br />

und deswegen gibt es immer Streit.<br />

Ich sehe mich nicht als eine Fremde, weil<br />

ich versuche, mich zu integrieren, und das<br />

ist kein Fehler, obwohl es auf dem Weg<br />

zum Ziel immer Unterbrechungen geben<br />

wird. „Was heute als Fehler gilt, kann<br />

morgen die Lösung sein“.<br />

Gülistan Kar 12. Klasse FOS<br />

espanola y los costumbres espanoles.<br />

Cuando los ninos entraron en la escuela<br />

alemána, le costaba mucho trabajo de<br />

comunicar con los maestros y otros ninos<br />

Porque los ninos crecieron con dos<br />

lenguas, tenian la posibilidad de conocer a<br />

dos mundos diferentes.<br />

Hoy la hija tiene la nacionalidad alemana,<br />

se ha acostrumbado de la vida alemana y<br />

no quiere vivir en otro parte del mundo.<br />

Los dos ninos tienen esposos alemanes,<br />

pero no se olvidan su sangre espanola.


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Lea Heidt 1. Sem. OG<br />

Extremer Rassismus<br />

in den USA<br />

Our Race is Our Nation! - Racial<br />

Purity is our Nations Security!<br />

Diesen Satz liest man als erstes, wenn<br />

man die Internetseite der rassistischen<br />

Gruppe „Aryan Nation“ besucht. Die extreme<br />

Gruppe ist hauptsächlich in den<br />

USA vertreten und wurde im Jahr 1974<br />

gegründet. Auf ihrer Internetseite hetzen<br />

sie gegen Israel und fordern den Krieg<br />

gegen die Juden. Der Holocaust wird von<br />

ihnen als Lüge abgetan. Angebliche unveröffentlichte<br />

Berichte sollen beweisen,<br />

dass 6 Millionen Juden weniger gestorben<br />

sind als offiziell verbreitet, was bedauert<br />

wird. Die offizielle Zahl sei natürlich eine<br />

Lüge der Juden.<br />

Es finden sich viele antisemitische Karikaturen<br />

auf dieser Internetseite. Menschen,<br />

die viele Juden getötet haben, werden als<br />

Nationalhelden gefeiert und zur allgemeinen<br />

Erbauung wird ein Brief von Hitler<br />

veröffentlicht, den er nach dem ersten<br />

Weltkrieg geschrieben hat. Für einzelne<br />

Anhänger dieser Gruppe gibt es strickte<br />

21<br />

Anweisungen, wie man sich zu verhalten<br />

hat, wichtige Regeln für das Überleben<br />

des „Einzelkämpfers“: Man soll mit nie mit<br />

Foto: amnesty international<br />

jemandem über die „Aryan Nation“ sprechen,<br />

unauffällige Berufe annehmen, darf<br />

sich nicht tätowieren, um die Schönheit<br />

weißer Haut zu erhalten und falls man<br />

einen Anschlag plant, solle man gefälligst<br />

dafür sorgen, dass es keine Mitwisser gibt.<br />

Nicht einmal der Lebenspartner soll von<br />

den Aktivitäten wissen. Dies hat natürlich<br />

den Zweck, dass niemand den „Einzelkämpfer“<br />

von anderen Ideologien überzeugen<br />

kann. Niemand kann ihn davon<br />

überzeugen, dass das, was er tut, falsch<br />

sein könnte, niemand wird versuchen ihn<br />

vom Rassismus abzubringen, weil niemand<br />

erfährt, dass er der „Aryan Nation“<br />

angehört.<br />

Dass es solch eine Internetseite gibt, die<br />

für jeden frei zugängig ist, ist kaum zu<br />

glauben, aber eine Tatsache.<br />

Robin Venz<br />

What is Germany?


22<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

To describe Germany and Germans is a<br />

very difficult task, especially for me as I<br />

am a German.<br />

Because of that fact I am only able to give<br />

a subjective view of the country I live in<br />

and the fellow man I spend my daily life<br />

with.<br />

First of all I would like to clear up a misunderstanding<br />

that every German was a<br />

punctual and orderly person.<br />

Just look at all the people who are late for<br />

class every single day. And what about all<br />

of our good friends? Do they arrive on time<br />

when we want to meet them?<br />

In fact, we as well have better to do them<br />

only checking on the time. Moreover we<br />

or she is interested when asking something.<br />

A long that the country is quite keen<br />

on representing its culture which is influenced<br />

by our multicultural society. We are<br />

also fashinable in creating our own style<br />

next to the bis metropolises like New York<br />

and London. That means that we do not<br />

wear “Lederhosen“ and “Dirndil“ every<br />

day. For hours long I could keep on enumerating<br />

argument but this arguments<br />

Gefühlte Identität<br />

are not that meticulous except when itś<br />

comming to bureaucracy.<br />

A true thing about Germany is that the<br />

people appear reserved and serious on<br />

the first view. When meeting a foreign person<br />

on the street he or she seldomly makes<br />

eye contact or smiles. Because of that<br />

pattern of behaviour you could easily develope<br />

the imagination that we don´t have<br />

the capability of enjoying ourselves or<br />

having fun. But this impression deceives.<br />

On the surface we are not very friendly<br />

and open-minded compared to the Americans<br />

who constantly ask the popular question<br />

“how are you“ to every person they<br />

meet only to be polite. A German on the<br />

other hand relly wants to know about the<br />

ohter persons´ feelings, that means he<br />

could never replace a visit visit in our<br />

beautiful country, especially in our capital<br />

Berlin which gives a great impression of<br />

the german mixture of hard-workers but<br />

fun-lovers. And if you are not interested in<br />

the people at least you have to try the<br />

“German Currywurst“.<br />

Pina Keller 1. Sem.<br />

Wer bin ich?<br />

Bin ich die, die hier geboren, oder die, die von dort<br />

stammt?<br />

Sind es zwei verschiedene Menschen oder<br />

sind wir miteinander verwandt?<br />

Wer bin ich? Wo komme ich her?<br />

Bin ich die, die diese oder jene Sprache<br />

spricht?


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Hier halt ich die Beziehung aufrecht, dort ist meine Sprache schuld, dass sie<br />

bricht.<br />

Wo komme ich her? Wer bin ich?<br />

Auf welcher Sprache träume oder denke<br />

ich?<br />

Nach so vielen Jahren, Gedanken und<br />

Träumen,<br />

weiß ich es immer noch nicht.<br />

Wo komme ich her? Wer bin ich?<br />

Ich lebe hier- gehöre dorthin.<br />

Bin ich dort - will ich zurück, wo ich<br />

geboren bin.<br />

Wer bin ich? Wo komme ich her? Wo will<br />

ich hin?<br />

Ich habe zwei Heimaten.<br />

Hier lebe ich - hier bin ich.<br />

Dort gehört ein Teil von mir hin.<br />

Auch das ist, was ich lebe - was ich<br />

bin.<br />

Ich bin eins mit dem Dort und dem Hier.<br />

Zwei Heimaten. - Sie gehören zu mir.<br />

Das bin ich!<br />

Sowohl dort als auch hier.<br />

23<br />

Danica Dajkic


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Linkes Straßenfest, aggressive Polizisten,<br />

abwesende Nazis<br />

Am 1.12., um 10:30 Uhr, hat am U-<br />

Bahnhof Rudow eine Kundgebung gegen<br />

eine Demonstration der NPD für ein rechtes<br />

Jugendzentrum stattgefunden. Laut<br />

den Veranstaltern standen den Rechtsradikalen<br />

über 1500 Demonstranten gegenüber.<br />

Unter den Protestierenden herrschte zunächst<br />

eine heitere Straßenfeststimmung,<br />

was auch damit zusammenhing, dass das<br />

Altersspektrum sehr weit gefächert war<br />

und von den Grünen bis hin zur kommunistischen<br />

Gruppe „Revolution“ nahezu<br />

alle politischen Gruppierungen vertreten<br />

waren. Die wenigen Nazis hingegen, die<br />

sich auf der anderen Kreuzung von Polizisten<br />

geschützt verschanzt hatten lieferten<br />

eine jämmerliche Vorstellung ab. Weder<br />

zahlenmäßig, noch akustisch oder<br />

durch Transparente hatten sie auch nur<br />

ansatzweise eine Chance gegen unsere<br />

Übermacht, jedoch hatte die Leitung der<br />

Kundgebung angekündigt, dass sich über<br />

700 Nationalisten und Faschisten auf den<br />

Weg Richtung Rudow gemacht hätten.<br />

Doch als diese auch nach über zwei Stunden<br />

kein Lebenszeichen von sich gegeben<br />

hatten, entschied sich ein Teil der Antifaschisten<br />

die Nazis an der Ecke Zwickauer<br />

Damm/ Neuköllner Allee abzufangen.<br />

Dort angekommen ging die Polizei extrem<br />

aggressiv vor, schubste und verhaftete<br />

viele Demonstranten, die sich das nicht<br />

gefallen ließen und so schallten viele Parolen<br />

wie „Deutsche Polizisten schützen<br />

die Faschisten“ oder „A.C.A.B.“(All Cops<br />

are Bastards, Anm. d. Red.) durch die<br />

Straßen.<br />

Doch auch hier wartete die Gruppe vergebens<br />

auf die „stolzen Deutschen“, die sich<br />

bis zum Schluss der linksautonomen Demo<br />

nicht blicken ließen.<br />

Hoffentlich hatten sie Angst, denn die<br />

müssen sie haben, wenn sie ohne Polizeischutz<br />

unseren Genossen von der Antifa<br />

begegnen!<br />

Thomas Jacobi


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

LK Kunst und LK Geschichte<br />

besuchen die mittelalterliche<br />

Stadt Quedlinburg<br />

Immer in Bewegung...<br />

Langsam, stetig geh ich<br />

hin,<br />

lass unter mir die Straße,<br />

laufe weiter bleib nicht<br />

stehen,<br />

in der kleinen Gasse.<br />

Atme ruhig die Luft hinaus,<br />

tu einen Fuß vorn andern,<br />

puste sanft Gedanken<br />

aus,<br />

die in mir noch wandern.<br />

Aus den Fachbereichen<br />

Theaterrezensionen<br />

Praktikumserfahrungen<br />

Briefwechsel mit Afrika<br />

Quedlinburger Impressionen<br />

Lausche ich dem dunklen<br />

Klang,<br />

meiner vielen Schritte,<br />

wie Melodie, die in mir<br />

sang,<br />

eine sanfte Bitte:<br />

„Ach du bleib doch niemals<br />

stehen,<br />

dies kann dir so viel geben,<br />

du musst immer weiter<br />

gehen,<br />

nur dann wirst du leben!“<br />

So lauf ich dann nun immer<br />

fort,<br />

Besuch im Europäischen<br />

Haus<br />

Foto: Pauline/Lena<br />

mal langsam und mal<br />

schnell,<br />

vom einen gleich zum<br />

andern Ort,<br />

so wie ich’s grad erzähl.<br />

25<br />

Denn eines ist mir einverleibt,<br />

wer Mensch ist, der muss<br />

sehen:<br />

„Tot ist der, der stehen<br />

bleibt,<br />

wer leben will, muss gehen!“<br />

Annekatrin Nagel


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Das Tor zur Ewigkeit<br />

Wenn man eine Tür öffnet und den<br />

einen ersten Schritt macht, einzutreten.<br />

Betritt man dann das Neue und verlässt das Alte?<br />

Es scheint eine Selbstverständlichkeit, doch wie viele<br />

dieser Türen betreten wir? Wie viele Möglichkeiten bieten<br />

sich uns eigentlich und welche davon nehmen wir wahr?<br />

Leben und leben lasse, doch Wege trennen sich und<br />

irgendwo lassen sich gemeinsame Ziele finden.<br />

Ein ewiger Kreis.<br />

Betrittst Du die Tür?<br />

Lena Zolghadri<br />

Stillstand oder der Lauf der Zeit<br />

Am Tag meiner späten Ankunft in Quedlinburg<br />

überwältigt mich die unglaubliche Ruhe<br />

und Idylle, in der ich die Hektik und den Krach<br />

der Großstadt augenblicklich hinter mich lasse.<br />

Ich laufe entlang der verlassenen Stadt, habe<br />

das Gefühl, meine Stimme würde so weit<br />

schallen, dass man sie noch Straßen weiter<br />

deutlich hören kann. Etwas fremd und sinnend,<br />

auf die umliegenden Häuser und Gassen<br />

schauend, stelle ich mir vor, wie das Leben der<br />

Einwohner wohl verfliegt oder ob es seit geraumer<br />

Zeit stillsteht. Wo ich doch meines<br />

schon als langweilig und viel zu gewöhnlich<br />

empfinde. Ich denke, Architektur ist eine<br />

Kunst, die den Menschen am meisten beeinflusst,<br />

da er ständig umringt von ihr ist und<br />

sich stets in Gebäuden und Bauwerken befindet.<br />

Ich frage mich, welchen Einfluss wohl die<br />

Architektur und Geschichte der Stadt auf die<br />

Einwohner von Quedlinburg ausübt, was sie<br />

von uns Großstadtmenschen unterscheidet.<br />

Sind wir oberflächlicher, oder vielmehr abgehärtet?<br />

<strong>Anna</strong>stasia Rhamalara


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Käsekuchen versus Fachwerkhäuser<br />

Der Käsekuchen erwies sich als der eindeutige Favorit<br />

Wenn ich diesen Ort in Sachsen-Anhalt<br />

mit drei Worten beschreiben müsste, würde<br />

ich sagen, dass die Stadt süß, kleine<br />

und touristisch ist. Der Grund, weshalb so<br />

viele Menschen die Stadt anpilgern, sind<br />

vor allem die Häuser – die berühmten<br />

Fachwerkhäuser aus dem Mittelalter.<br />

Wenn man einmal über den Marktplatz<br />

geht, empfindet man die Häuser noch als<br />

schnuckelig und interessant. Beim Rückweg<br />

jedoch verspürt man bereits ein Ödheitsgefühl<br />

und zunehmende Langeweile<br />

beim Betrachten. Da unser<br />

Was ist<br />

schon ein<br />

Leben ohne<br />

H&M und<br />

ohne Rewe<br />

Leicht müde und halb<br />

erfroren kommen wir am<br />

Bahnhof Quedlinburg am<br />

3.10.2007, mittags, an.<br />

Mein erster Eindruck ist:<br />

Hmmmmmm, na ja, nicht<br />

wirklich modern und<br />

kaum belebt. Und so frage<br />

ich mich, wo bloß die<br />

Quedlinburger sich verstecken.<br />

Aber dann fällt<br />

mir ein, dass wir den 3.<br />

Oktober haben, ein Feiertag<br />

also. Anscheinend<br />

verbringen die meisten<br />

den Feiertag in voller Askese!<br />

Oder liegt es viel-<br />

leicht daran, dass alle<br />

Läden geschlossen haben?<br />

Läden wie McGeiz,<br />

Schlecker, Souvenirshops<br />

und Rewe, auf die könnte<br />

man durchaus verzichten.<br />

Aber auch weit und breit<br />

keine Spur von H&M,<br />

zum Leidwesen shopping-besessenerfashionvictims,<br />

world-shopper....<br />

Endlich erreichen wir in<br />

unsere Jugendherberge,<br />

die unserer Lehrer komplett<br />

für uns gebucht hatten.<br />

Meine Zimmergenossinnen<br />

und ich rennen<br />

hoch in unser Zimmer,<br />

nachdem wir als erste<br />

Gruppe die Schlüssel<br />

überreicht bekommen<br />

haben. Als sich die Tür<br />

öffnet, ertönen Worte wie:<br />

Boa krass! Geil ey! Ohaaa!<br />

Mann, Luxus pur!<br />

Ohohoo! Ey, Hamma! Zu<br />

27<br />

Kurs die freie Wahl beim Abzeichnen der<br />

Motive hatte, hielten wir uns meist in unserem<br />

geliebten Käsekuchencafe auf. Dort<br />

wurden wir durch das gemütliche Ambiente<br />

und die familiäre Atmosphäre kreativ<br />

angeregt. Es tat gut, das Großstadtchaos<br />

ein paar Tage hinter sich zu lassen und<br />

die Ruhe einer Kleinstadt zu genießen.<br />

Pauline Buff<br />

recht, denn ich vermute,<br />

dass wir das schönste<br />

und größte Zimmer bekommen<br />

haben. Zudem<br />

gibt es noch ein eigenes<br />

sauberes Badezimmer<br />

mit zwei Waschbecken<br />

und zwei Spiegeln. Gott<br />

sei Dank!<br />

Um ehrlich zu sein, empfand<br />

ich unser Zimmer als<br />

den angenehmsten Ort in<br />

Quedlinburg. Es war echt<br />

gemütlich und vor allem<br />

schützte es uns vor der<br />

Kälte draußen. Kein Wunder,<br />

denn wir hatte die<br />

zwei Heizungen im Zimmer<br />

immer volle Pulle<br />

aufgedreht. Manche<br />

konnten auf Grund der<br />

Hitze gar nicht mehr<br />

schlafen. Aber das haben<br />

wir in Ruhe geklärt.<br />

Außerdem waren wir sehr<br />

sehr oft bei Rewe einkaufen<br />

und hatten demnach<br />

immer einen gutsortierten<br />

Tisch, der ca. 2,50 m lang<br />

war.<br />

Nora El-Sayed, 3. Sem,


28<br />

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Eine mittelalterliche Stadt im Dornröschenschlaf<br />

Wie froh bin ich, dass ich weg bin. Ich sitze<br />

in diesem Cafe in Quedlinburg und trinke<br />

heiße Schokolade mit Sahnehäubchen.<br />

Die gleiche süße Geborgenheit die von<br />

der Schokolade auszugehen scheint, umgibt<br />

wohl ebenfalls diese Stadt. Als hätte<br />

sie sich in eine Nische zurückgezogen ,<br />

um ungestört zu<br />

sein. Es scheint<br />

hier selbst die Zeit<br />

an Bedeutung zu<br />

verlieren. All die<br />

Fachwerkbauten<br />

stehen duldsam,<br />

etwas arrogant am<br />

Straßenrand, während<br />

sie immer<br />

wieder betrachtet<br />

und fotografiert<br />

werden. Sie posieren<br />

selbstbewusst<br />

in naiv bunten Farben.<br />

Dagegen<br />

konkurrieren<br />

die repräsentativen historischen<br />

Bauten<br />

der Stadt. Das Schloss etwa erhebt sich<br />

alt und würdevoll über den Dächern. Auf<br />

dem Marktplatz erhascht das Rathaus<br />

noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages.<br />

Doch wenn man durch die verwinkelten<br />

Gassen über die Pflastersteine stolpert,<br />

wird man hier und dort von Blicken verfolgt.<br />

In den Fenstern jener kleinen Fachwerkhäuser<br />

sitzen Menschen etwas abgeschottet,<br />

wie es die Stadt selbst zu sein<br />

scheint, und ebenso massiv verankert, wie<br />

es das Schloss ist. Wie selbstverständlich<br />

starren sie auf die Straße; nur manchmal,<br />

während Reisende das Blickfeld kreuzen,<br />

ist mir, als funkelte eine Spur Wehmut,<br />

wenn nicht gar Missbilligung in ihren Blicken<br />

auf.<br />

?<br />

Q<br />

uedlinburg, das war schon<br />

eine Erfahrung, die ich gegen nichts in der<br />

Welt eintauschen möchte. Wenn man den<br />

Aufstieg zum Schlossberg über mittelalterliches<br />

Pflaster überwunden hatte, ließ man<br />

auch einen Teil von sich selbst zurück.<br />

Der Stress der Großstadt löste sich auf. Er<br />

fiel einfach von einem ab. Ich fühlte mich<br />

frei.<br />

Die Augen öffnen<br />

sich nun für<br />

die schöneren<br />

Dinge im Leben,<br />

für die einzigarti<br />

ge<br />

Harmonie, mit<br />

der uns die Stadt<br />

empfing.<br />

Fast wirkte diese<br />

Ruhe und Ausgeglichenheit<br />

auf<br />

mich schon wie-<br />

der heimisch. Nie ist mir diese Anzie-<br />

hungskraft,<br />

die dieser Ort auf mich ausübt,<br />

bewusst gewesen. Doch jetzt, da ich in<br />

Quedlinburg mehrere Tage verbracht habe,<br />

bin ich mir dieser Atmosphäre bewusst<br />

und ich fühle so etwas wie Stolz,<br />

wenn ich sagen kann, dass meine Oma<br />

dort geboren ist.<br />

Monique Arnold


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Nachdenkliches<br />

Die Jugendherberge, in der wir uns mehrere<br />

Tage aufhielten, war einige Minuten<br />

zu Fuß vom Stadtzentrum entfernt. Der<br />

nahe gelegene Supermarkt stellte zwar<br />

unser Mekka dar, war allerdings ebenfalls<br />

beliebter Treffpunkt vieler Rechtsradikaler.<br />

Da kam es schon vor, dass der Kunde vor<br />

einem ein Hakenkreuz auf der Glatze,<br />

dem Hals oder den Händen tätowiert hatte<br />

und beim Herausgehen noch freundliche<br />

vom Polizisten gegrüßt wurde. Nach wenigen<br />

Tagen stellte ich fest, dass es für die<br />

ich geh zu rewe und was seh ich<br />

blaue augen voller leere<br />

blonde haare<br />

häkchen dreh dich<br />

ich lauf vorbei und sie sehn mich<br />

die pulle stramm<br />

stets zur hand<br />

der deutsche mann<br />

job nicht fand<br />

frau verhaun<br />

kind geschorn<br />

in deutschland deutschland geborn<br />

29<br />

Jugend in Quedlinburg kaum möglich ist,<br />

nicht in diese Kreise hinzugeraten; zu<br />

schlecht die Ausbildungs- und Arbeitslage,<br />

zu gering das kulturelle Angebot, zu klein<br />

das Städtchen mit der verlogenen Puppenhausfratze.<br />

Das folgende Gedicht spiegelt ungeschönt<br />

das Stadtbild wider, das sich mir bot, trat<br />

ich keine zwanzig Meter aus der Herberge<br />

heraus. Resignierte, vom Alkohol aufgedunsene<br />

und verblödete Fressen, gaffend,<br />

rülpsend, zwischen rosefarbenen Fachwerkhäuschen<br />

hockend.<br />

deutschland deutschland über alles<br />

arisch blut alles kann es<br />

leugnen lügen<br />

sich bekriegen<br />

nur nicht deutsche wahrheit lieben.<br />

<strong>Anna</strong> Rocca


30<br />

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A Smile Never Lies<br />

A smile never lies<br />

You can always tell what a person is by the smile.<br />

A sinister smile isn’t a nice friendly smile, but it’s a smile none the less.<br />

Smiles can invoke terror and dread depending on who the person is who smiles.<br />

Smiles from young ones are selfless, pure and readable. Theirs are the most honest,<br />

true and heartfelt smiles of all.<br />

Smiles when you wake up and roll out of bed are the best kind. Something happened<br />

to you that night and your body subconsciously is still feeling good enough to that<br />

smile on your face all night.<br />

A smile never lies.<br />

A smile through tears is a smile with strength.<br />

A smile that doesn’t leave and is spur of the moment is true. It is whole and warm.<br />

A smile that is fake, hurts. It shows in your face, and it turns into a grimace yet it is<br />

not a lie.<br />

It holds true to the fact that a smile, no matter what kind, never lies.<br />

You can’t lie through a smile.<br />

The human body can tell every emotion cruising though every vein in your body from<br />

one simple, self explanatory, tiny emotion.<br />

A smile.<br />

So smile, always smile.<br />

It’s a true example of every feeling in your body and an expression that doesn’t need<br />

words.<br />

Just smile when you can’t describe what you’re feeling.<br />

It tells it all, to every person that takes the time to read and study your face.<br />

Just smile.<br />

Smile to yourself when you think of something that brings joy, laughter, and memories<br />

of a wonderful time to you.<br />

Smile when you’re scared.<br />

Smile when you’re in a bad mood.<br />

Smiles are infectious and never lie.<br />

If you can walk into a room with one thousand smiling faces and not smile yourself,<br />

you’re not human.<br />

A smile never, ever lies.<br />

By Tina Windmüller


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Las vacaciones de verano – como siempre terminaron<br />

demasiado temprano, ¿no?<br />

Sentando en el Berlín frío y húmedo donde el<br />

invierno empieza a enseñar su cara oscura<br />

pienso en mis vacaciones de verano:<br />

Es siempre lo mismo. Esperamos mucho<br />

tiempo el último día en el instituto. Contamos<br />

los últimos minutos hasta que la campana<br />

toque y hasta que podíamos por fin salir de<br />

clase y cuando las puertas del colegio se<br />

abren vamos a la libertad de seis semanas<br />

sin ningun profesor, sin deberes de casa. El<br />

mundo epera a nosotros, existe sólo para<br />

satisfacer nuestros deseos.<br />

Queremos hacer muchas cosas: salir por la<br />

noche, encontrarnos con amigos, levantarnos<br />

tarde de la cama, por mediodía y sobre todo<br />

queremos viajar a países diferentes para<br />

conocer culturas y lenguas distintas.<br />

A veces si viajamos tenemos la suerte de<br />

practicar al mismo tiempo una lengua que ya<br />

hemos aprenddido en clase como por ejemplo<br />

español.<br />

Así yo viajé a Madrid, la capital de España,<br />

situado en el centro de la península ibérica.<br />

Es una ciudad grande que armoniza a pesar<br />

de su dimensión, los habitantes de los barrios<br />

diferentes viven como un pueblo unido. Consiste<br />

de una parte moderna donde están los<br />

grandes bancos y empresas del país y de un<br />

centro histórico que aloja casas antiguas y<br />

donde están normalmente los turistas como<br />

yo. Allá compré cosas típicas de España<br />

como pósteres del toro y de su matador, de<br />

las bailarinas de flamenco.<br />

Existían muchos restaurantes donde comé<br />

comidas especiales como las tapas, que con<br />

31<br />

sisten de muchas cosas pequeñas: por<br />

ejemplo olivas, papas, jamón.<br />

Si estas en Madrid también no deberías olvidar<br />

visitar los museos y galerías que enseñan<br />

los pintores más importantes del país.<br />

El Prado presenta los obras de Velasquéz, el<br />

Greco y de Goya. En el museo Arte de Reina<br />

Sofía admiré el cuadro enorme del bombardeo<br />

de Gúernica pintado por Pablo Picasso.<br />

Despúes de las caminadas duras me<br />

relajé en el Parque del Retiro dondeobservé<br />

la vida española. Además existe un jardín<br />

botánico que muestra plantas impresionantes<br />

y olores fascinantes. Por la noche<br />

fui a la Plaza Mayor en que alrededor están<br />

varios bares y discotecas. Por desgracia sólo<br />

tenía tres días para ver todo. Entonces no es<br />

mucho tiempo para una ciudad como esta,<br />

que tiene tanta tradición pero que se desarrolla<br />

también muy rápido a una ciudad moderna<br />

y llena de progreso.<br />

Eran vacaciones fantásticas y mirando hoy<br />

por la ventana, contemplando al cielo con los<br />

nubes grises y a las calles empapadas por la<br />

lluvia deseo que esté en el Madrid soleado<br />

otra vez. Pero tenemos que esperar más de<br />

medio año hasta que nos podemos relajar en<br />

el sol para seis semanas. Por suerto vamas a<br />

tener vacaciones de navidad en unas semanas.<br />

Entonces, vamos a tener poco sol en<br />

estas vacaciones, pero a lo mejor, podemos<br />

disfrutar de la nieve y de algunas horas tranquilas<br />

entre la familia.<br />

Pina Keller 1. Sem.


32<br />

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Die Europäische Union – eine europaweite<br />

Plattform für Großunternehmen<br />

Ein Kommentar zur Bedeutung der Europäischen Union, anlässlich eines Besuches im „Europäischen<br />

Haus“ von Valentin von Oy (3. Semester OG)<br />

Entgegen meiner Erwartung empfing uns<br />

keineswegs ein verschulter, hochnäsiger EU-<br />

Beamter, sondern ein aufgeschlossener, netter<br />

Herr mit holländischem Akzent. Trotz aller<br />

Freundlichkeit des Referenten, der in einem<br />

informativen Vortrag seinen<br />

Schwerpunkt auf die<br />

wirtschaftliche und politische<br />

Seite der EU legte, die soziale<br />

Komponente sei seiner<br />

Ansicht nach auch wenig ausgeprägt,<br />

muss man sich kritisch<br />

mit solchen Besuchen<br />

auseinandersetzen. Fakt ist,<br />

dass die Europäische Verfassung<br />

an den Niederlanden<br />

und Frankreich gescheitert ist<br />

und die Aufgabe der EU darin<br />

besteht, den Reformvertrag möglichst gut zu<br />

verkaufen, um abzulenken von der undemokratischen<br />

Verfahrensweise, die angewendet<br />

wurde, um Entscheidungen und Verträge<br />

über das Volk hinweg zu vereinbaren.<br />

Das spricht nicht gerade für die Ziele der EU,<br />

für mehr Demokratie zu sorgen, sondern<br />

vielmehr für eine Scheindemokratie, die nur<br />

förmlich die Mitentscheidung des Volkes enthält.<br />

Für diese Ziele werden viele Gelder investiert.<br />

So verlassen wir dieses EU-Haus an<br />

diesem Tage mit zahlreichen Plakaten und<br />

Flyern, auf denen aufgelistet ist, welche Vorteile<br />

uns die EU bringen soll. Die Ängste in<br />

Bezug auf die EU sind keineswegs unberechtigt.<br />

So gefällt mir die differenzierte<br />

Darstellung typische Vorurteile verglichen mit<br />

der tatsächlichen Entwicklung der Union.<br />

Wichtig ist mir jedoch an dieser Stelle eine<br />

kurze Einschätzung der Funktion einer Union,<br />

die vor allem eine Grundlage darstellt für eine<br />

supranationale Ausbeutung der Arbeiter und<br />

eine europaweite Plattform für Groß-<br />

unternehmen. Dafür werden Zollfreiheit und<br />

eine nähere wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

der profitstärksten Länder etabliert und die<br />

kleinen Länder abhängig gemacht. Natürlich<br />

wird kein Land gezwungen, der EU beizutreten<br />

Auf der anderen Seite<br />

sind die kleineren Länder<br />

durch ihre wirtschaftliche<br />

Abhängigkeit von Deutschland,<br />

Frankreich usw. und die<br />

heutige, internationale Verflechtung<br />

der Produktion<br />

nicht in der Lage, unabhängig<br />

zu bleiben.<br />

Vor allem deshalb ist es das<br />

Ziel der oberen Klasse eines<br />

Landes, in die EU aufgenommen<br />

zu werden. Die<br />

Arbeiter sollen auf diese Weise ausgebeutet<br />

werden, sollen gegeneinander ausgespielt<br />

werden und ihr wahrer Gegner, die internationalen<br />

Konzerne und deren Interessen, im<br />

Verborgenen bleiben. Deshalb wird diese<br />

Verfeindung der Arbeiterklasse mit allen Mitteln<br />

gefördert, die der herrschenden Klasse<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Dieser kurze Abriss stellt wahrlich nicht alle<br />

Sachverhalte dar, soll aber meinen Standpunkt<br />

zur EU- Frage und meine Einschätzung<br />

zu einer solchen Exkursion bzw. der Schaffung<br />

eines solchen EU-Hauses aus Propagandazwecken<br />

wiedergeben.


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Die zehn Gebote<br />

Die zehn Gebote MDR.DE<br />

Was bedeuten uns heute noch die zehn Gebote? Über drei von ihnen haben wir uns<br />

Gedanken gemacht, nachzulesen auch in dem Lokalteil der Berliner Morgenpost in<br />

der Vorweihnachtszeit.<br />

Was bedeutet mir das zweite Gebot?<br />

Jedes Wort der Bibel bedeutet mehr als<br />

der „erste Blick” zulässt. So warnt das 2.<br />

Gebot davor, diesem ersten Eindruck zu<br />

vertrauen, sich ein Bildnis zu machen und<br />

dieses auch noch zu missbrauchen.<br />

Wie kann man nun aber den Namen von<br />

etwas missbrauchen, das keinen Namen<br />

trägt? Wenn wir davon ausgehen, dass<br />

erst das existiert, was wir benennen können,<br />

müssten wir dann nicht notwendigerweise<br />

daraus folgern, dass Gott nicht existiert?<br />

„Ich bin, der ich bin”, sprach Gott.<br />

Für mich heißt das, dass Gott sehr wohl<br />

existiert, auch unbenannt, und darüber<br />

hinaus derjenige ist, der für uns da ist.<br />

Wir geben im Alltag den Menschen Namen<br />

und bezeichnen Dingen aus Bequemlichkeit,<br />

um nicht weiter darüber nachdenken<br />

zu müssen und um uns ihrer zu bemächigen.<br />

Denn es beängstigt uns, wenn<br />

wir ein Geheimnis nicht lüften können,<br />

keine Worte für das Unerklärliche finden,<br />

so eben auch für Gott. Gründet sich darin<br />

nicht auch die Gefahr, Vorurteile zu bilden,<br />

mit denen wir uns gegen alles Außenstehende,<br />

Fremde wehren?<br />

Einen Namen zu haben, schließt auf die<br />

Existenz seines Trägers, den Namen zu<br />

33<br />

kennen, bedeutet das Geheimnis seines<br />

Trägers zu entdecken, ihn mit seinem<br />

Namen ansprechen zu können, heißt eine<br />

Beziehung zu dem Benannten herzustellen,<br />

und sich einen Namen machen, meint<br />

sich durch Wirkung, Charakter oder Leistung<br />

individuell hervozuheben. Aber was<br />

wäre, wenn es etwas gäbe, das existiert,<br />

weil wir daran glauben, das wir ansprechen<br />

können und das in seiner Eigenschaft<br />

unvergleichlich ist, jedoch ohne<br />

einen Namen haben zu müssen? Es heißt,<br />

der Mensch sei nach dem Bild Gottes geschaffen,<br />

und doch begegnet uns in der<br />

Realität, dass der Mensch durch seine<br />

individuellen Vorstellungen wiederum sein<br />

Bild von Gott formt, es entstellt und zur<br />

Rechtfertigung von Lüge und Verrat missbraucht.<br />

Weshalb fällt es uns so schwer, unsere<br />

Nächsten als Abbilder Gottes zu erkennen<br />

und zu respektieren, ihnen also den gebührenden<br />

Anteil Göttlichkeit zu gewähren?<br />

Warum berauben wir andererseits<br />

Gott seiner grenzenlosen, unbeschreiblichen<br />

und vor allem namenlosen weil<br />

beipsiellosen Göttlichkeit? Der Bildnisentwurf<br />

ist die häufigste Ursache für Hass,


34<br />

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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Gewalt und Krieg, denn, sich ein Bildnis<br />

von jemanden machen, bedeutet, ihn in<br />

seiner Einzigartigkeit zu beschränken, ihn<br />

seiner Freiheit und freien Entfaltung zu<br />

entmächtigen.<br />

Es ist allein die Liebe, die aus jeglichem<br />

Bildnis befreit. Wer seinen Nächsten liebt<br />

wie sich selbst, der macht sich kein Bildnis<br />

von ihm, sondern liebt ihn so, wie er ist.<br />

Somit lautet die Botschaft des 2. Gebotes,<br />

einander kennen zu lernen, einander lieben<br />

zu lernen. Durch die Liebe erkennen<br />

wir vorurteilslos den Anderen als Abbild<br />

Gottes, begegnen ihm mit aller gebührenden<br />

Menschlichkeit und begreifen Gott in<br />

seiner Göttlichkeit, in seiner Unsagbarkeit.<br />

Dies fordert uns auf, unsere Fenster der<br />

Seele zu öffnen und auch offen zu halten,<br />

wenn es stürmt und regnet, es uns also<br />

schwer fällt. Wären wir endlich alle dazu<br />

bereit, an diesem die ganze Welt umfassenden<br />

Ziel zu arbeiten, würden wir im<br />

Namen Gott leben, statt ihn zu missbrauchen.<br />

Danica Dajkic 1. Sem. OG<br />

Du sollst nicht begehren deines<br />

Nächsten Haus<br />

Die im neunten Gebot enthaltene Kernaussage,<br />

sich nicht ständig zu vergleichen<br />

und nicht über andere stellen zu wollen,<br />

spiegelt meiner Meinung nach weit mehr<br />

als nur ein christliches Gebot wider. Es ist<br />

das Grundprinzip wohl aller Religionen<br />

und Grundlage vieler demokratischer<br />

Staatsformen, die die Idee von der Gleichheit<br />

oder besser von der Gleichberechtigung<br />

des Menschen in ihren Mittelpunkt<br />

stellen.<br />

Das ständige Bedürfnis des Menschen,<br />

wichtiger und bedeutender als andere zu<br />

sein oder zumindest erscheinen, sie um<br />

ihr Hab und Gut zu beneiden, wird auch<br />

noch zunehmend durch den Einfluss der<br />

Medien, z.B. in Form von Werbung verstärkt,<br />

was letztlich auch dazu führt, dass<br />

traditionelle Werte in Vergessenheit zu<br />

geraten drohen und durch Konsumsucht<br />

und Oberflächlichkeit ersetzt werden.<br />

Der im 9. Gebot enthaltene Gedanke,<br />

dass man weder Neid noch Missgunst<br />

gegenüber seinem Nächsten empfinden<br />

soll, sich somit auch nicht immer als der<br />

Benachteiligte fühlen soll, den das Schicksal<br />

ungerecht behandelt hat, stellt sich<br />

gegen eine Entwicklung, die nach immer<br />

mehr und teureren Luxusgütern schreit,<br />

gebietet dieser, konsequent gelebt, Einhalt<br />

und Besinnung auf das, was uns wirklich<br />

wichtig ist.<br />

Er trägt dazu bei, dass ein möglichst allgemein<br />

gültiges Verständnis von Gerechtigkeit<br />

und Solidarität erfolgreich immer<br />

wieder neu definiert wurde und werden<br />

kann.<br />

Wenn diese Werte nun 1000, 2000 oder<br />

auch 1 Million Jahre alt wären, so würde<br />

ihr Sinn dennoch nicht verloren gehen,<br />

denn der Mensch, so sehr er sich über die<br />

Jahrhunderte verändert haben mag, ist im<br />

Grunde immer noch derselbe Narr mit<br />

denselben Ängsten und Problemen, wie er<br />

es schon damals in der Steinzeit in seiner<br />

der Höhle war.<br />

Mitja Fellenberg 11b<br />

Das 6. Gebot – Du sollst nicht<br />

die Ehe brechen/ unkeusch<br />

sein<br />

Die Zehn Gebote. Die meisten haben<br />

schon einmal davon gehört, doch ihre Bedeutung<br />

gerät immer mehr in Vergessenheit.<br />

Religion ist veraltet, von der Moderne<br />

überrollt. Nicht zuletzt, weil der aufgeklärte<br />

Mensch sich nicht mehr nur mit halben<br />

Antworten zufrieden gibt. Es ist nicht mehr<br />

wichtig zu glauben, man muss wissen.<br />

Auch ich bin so ein Mensch. Dennoch gibt<br />

es alte Werte, die für mich immerwährende<br />

Gültigkeit besitzen. Das sechste Gebot<br />

aus der christlichen Bibel lautet: Du sollst<br />

nicht Ehe brechen. Dieses Gebot ist veraltet,<br />

wenn man es in seinem historischen<br />

Kontext betrachtet. Damals waren Ehen<br />

eine Verbindung für das ganze Leben und<br />

Ehebruch, wurde dieses Verbrechen von<br />

Frauen begangen, konnte mit dem Aus


<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

stoß aus der Gesellschaft oder gar der<br />

Todesstrafe geahndet werden. Heutzutage<br />

ist diese Art von Denken in der westlichen<br />

Welt nicht mehr vorstellbar. Ehen werden<br />

geschlossen, können aber genauso leicht<br />

wieder aufgelöst werden. In meinen Augen<br />

ist das gut, denn eine Ehe ist etwas Schönes<br />

und sollte nicht zu einer Kette werden,<br />

die zwei Partner, welche nicht mehr miteinander<br />

auskommen, gefangen hält.<br />

Doch im übertragenen Sinne handelt dieses<br />

Gebot für mich nicht nur von Treue,<br />

sondern auch von Respekt. Sollte eine<br />

Ehe nicht mehr intakt sein, ist es das Beste<br />

sich scheiden zu lassen. Das gilt für<br />

mich nicht nur für Ehen, sondern generell<br />

für Beziehungen. Doch das Betrügen des<br />

Partners mit einer dritten Person, egal von<br />

welchem der beiden Partner begangen<br />

und egal, ob innerhalb einer Ehe oder einer<br />

ungebundenen Beziehung, ist mit das<br />

Schlimmste, was ein Mensch dem anderen<br />

antun kann. Es ist respektlos dem anderen<br />

gegenüber, der einem sein Vertrau-<br />

35<br />

en und seine Liebe geschenkt hat. Ein<br />

Verrat, der oftmals tiefe Wunden hinterlässt<br />

und bisweilen sogar das Vertrauen in<br />

die Mitmenschen schädigt.<br />

Obwohl ich mich nicht als religiösen Menschen<br />

bezeichne, interessiere ich mich<br />

sehr für alle Arten von Religion, da sie<br />

lange Zeit und zum großen Teil noch heute<br />

die Geschicke des Menschen leiten und<br />

sein Handeln und Denken prägen. Auch<br />

wenn Religionen wie das Christentum in<br />

der Vergangenheit falsch interpretiert und<br />

ausgelebt wurden, was zum Beispiel zur<br />

Hexenverfolgung und dem Mord an unzähligen<br />

Menschen führte, ist es falsch zu<br />

behaupten, Religion sei etwas Überlebtes<br />

und beruhe nur auf Phantasien. Religionen<br />

bieten den Menschen Richtungen für<br />

ein gutes Leben und die Möglichkeit, an<br />

ein Leben nach dem Tod zu glauben. Sie<br />

sollten Trost in schweren Stunden spenden<br />

und enthalten, trotz ihrer jahrtausend<br />

alten Grundsätze, im Kern Werte wie<br />

Gleichheit, Respekt und den Glauben an<br />

das Gute in der Welt.<br />

Melissa Ziegler 1. Sem .OG


36<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Während sich das Jahr 2007 nun langsam<br />

seinem Ende zuneigt, rückt 2008 immer<br />

näher und mit ihm die Zeit des Rückblicks<br />

und Ausblicks. Was ist in den vergangenen<br />

12 Monaten eindeutig schiefgelaufen?<br />

Welche Entscheidungen bereue ich am<br />

meisten? Was möchte ich im kommenden<br />

Jahr endlich in die Tat umsetzen, das ich<br />

2007 stets resigniert vor mir hergeschoben<br />

habe? Da wäre zum einen der ewige Vorsatz<br />

des Sporttreibens. Zwar ist mir bewusst,<br />

dass ich mir vor genau zwölf Monaten<br />

dasselbe Ziel gesetzt habe, aber wer<br />

behauptet denn, dass es sich im vielversprechenden<br />

kommenden Jahr nicht<br />

diesmal verwirklichen ließe? Hatte ich mir<br />

aber nicht bereits Silvester 2007 vorgenommen,<br />

mindestens einmal in der Woche<br />

schwimmen zu gehen und meine kostbaren<br />

Samstage im Fitnessstudio zu verbringen?<br />

Ich erinnere mich dunkel, dass<br />

Schokolade ebenso tabu sein sollte, wie<br />

Sahneeis, genauso wie ich mehr lernen,<br />

früher ins Bett und weniger Geld ausgeben<br />

wollte. Gute Vorsätze: schnell gefasst,<br />

ernst gemeint, rasch verworfen, noch<br />

schneller vergessen. Ein neues Jahr - eine<br />

neue Chance auf echten Neubeginn und<br />

grundlegende Veränderung?<br />

Doch mein schlechtes Gewissen lässt sich<br />

eindeutig damit beruhigen, dass ich nicht<br />

die Einzige bin, die mit guten Vorsätzen<br />

beladen, ins neue Jahr startet. Laut dem<br />

Kölner Psychologen Reinhard Finger tun<br />

das sogar nahezu alle Bundesbürger und<br />

scheitern natürlich kläglich. Er warnt zudem<br />

davor, sich mit zu vielen, zu hochgesteckten<br />

Zielen zu überfordern. „Wer alles<br />

ALLE JAHRE WIEDER…<br />

auf einmal schaffen will, ist meist zum<br />

Scheitern verurteilt“, sagt Finger. „Hinterher<br />

ist die Enttäuschung groß und der Leidensdruck<br />

noch stärker.“ Deshalb gilt auch<br />

hier: Weniger ist manchmal mehr!<br />

Doch woher kommt eigentlich dieser Mythos<br />

des Neubeginns und Umsturzes, an<br />

dem so viele Menschen festhalten, wenn<br />

sie das bevorstehende Jahr mit Sekt,<br />

Fondue, „Dinner for One“ und Luftschlangen<br />

einläuten? Mag sein, dass wir uns und<br />

die Welt um uns herum ausgerechnet zu<br />

Silvester ein klein wenig verbessern wollen.<br />

Zu Silvester soll uns allen ein bisschen<br />

Naivität erlaubt sein, die aber auch<br />

nur an jenem Tag über die Realität siegt.<br />

Neuer Anfang, neue Träume, neue Hoffnungen,<br />

neue Wünsche, neue Pläne, neue<br />

Vorsätze, neues Jahr - alles neu!? Natürlich<br />

nicht! Dennoch stehen Sporttreiben<br />

und ein Leben in vollkommener Askese<br />

wieder ganz oben auf meiner Neujahrsliste.<br />

Und Schokolade ist sowieso tabu!<br />

Sophia Zichel 11d (doppelqualifizierender<br />

Bildungsgang)<br />

INTERVIEW:<br />

„Was ist eigentlich Chanukka?“<br />

Wenn Christen und Atheisten ihre<br />

Weihnachtsbäume kaufen, holen die<br />

Juden ihre Chanukkiá vom Schrank<br />

und machen sie festtagstauglich. Doch<br />

was ist eigentlich Chanukka? <strong>ANNA</strong>-<br />

<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>) hat den Rabbi-


<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

nerstudenten Jona Simon zum Thema<br />

Tradition, Ursprung und Kommerzialisierung<br />

befragt.<br />

Welche Gefühle verbinden sie mit<br />

dem jüdischen Lichterfest?<br />

Chanukka ist für mich ein Feiertag, der<br />

Gemütlichkeit verströmt. Das liegt bestimmt<br />

daran, dass er im Winter liegt.<br />

Draußen ist es kalt und regnerisch,<br />

während es drinnen schön warm und<br />

gemütlich ist.<br />

Wie stimmen Sie sich auf Chanukka<br />

ein?<br />

Eine große Einstimmungsphase gibt<br />

es eigentlich nicht. Die Einstimmung<br />

kommt automatisch mit der Vorbereitung.<br />

Ich hole den Chanukkaleuchter,<br />

die „Chanukkiá“, vom Schrank und<br />

putze ihn. Meist sind noch Wachsreste<br />

vom Vorjahr dran. Dann besorge ich<br />

Chanukkakerzen. Das sind Kerzen, die<br />

etwas dünner sind und in den Leuchter<br />

passen. Man kann sie in 45er Packungen<br />

kaufen. Man braucht ja am 1. Tag<br />

eine Kerze, am 2. Tag zwei und so<br />

weiter. Dazu kommt für jeden Tag eine<br />

Kerze, mit der man die anderen anzündet.<br />

Man nennt sie „Schamasch“,<br />

was ‚Diener’ bedeutet. Das macht zusammen<br />

44 Kerzen, eine als Ersatz<br />

macht 45.<br />

Wo liegen eigentlich die Ursprünge<br />

dieses jüdischen Feiertags?<br />

Im Jahr 332 vor Christus eroberte Alexander<br />

der Große den gesamten Mittleren<br />

Osten. Auch Judäa, so hieß der<br />

37<br />

jüdische Staat damals, wurde von den<br />

Griechen beherrscht. Alexanders<br />

Nachfolger Antiochus IV. wollte allen<br />

Völkern den Glauben an die Götter der<br />

Griechen aufzwingen. Der Heilige<br />

Tempel in Jerusalem wurde entweiht<br />

und dem Gott Zeus geweiht. Im Hof<br />

des Tempels wurden zudem Götzenbilder<br />

aufgestellt. Einer der Priester,<br />

Matitjahu aus Modi´in, kämpfte mit seinen<br />

fünf Söhnen und anderen Männern<br />

gegen die Griechen und vertrieb<br />

sie aus Jerusalem. Das geschah im<br />

Jahr 165 vor Christus. Der Tempel<br />

wurde gereinigt und wieder geweiht.<br />

Es gab im Tempel einen großen siebenarmigen<br />

Leuchter, die Menorah.<br />

Für diesen Leuchter brauchte man besonderes<br />

Öl, man fand allerdings nur<br />

noch einen kleinen Krug mit dem Siegel<br />

des Hohepriesters. Es dauerte<br />

aber acht Tage, um neues Öl herzustellen.<br />

Als man den einzigen Krug Öl<br />

benutzte, brannte dieses wie durch ein<br />

Wunder acht Tage lang, bis neues Öl<br />

hergestellt war. Deswegen feiert man<br />

acht Tage lang das Chanukkafest<br />

Wie feiern Sie Chanukka?<br />

Das Wichtigste ist natürlich das Anzünden<br />

der Chanukkiá nach Sonnenuntergang.<br />

Jeder bei uns zu Hause hat<br />

seine eigene. Wir stellen sie ins Fenster,<br />

damit man sie von draußen sehen<br />

kann. Wir laden oft Freunde ein oder<br />

werden selber eingeladen. Wir essen<br />

zusammen und spielen Dreidel. Ein<br />

Dreidel ist ein Kreisel mit vier Seiten,


38<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

auf denen jeweils ein Buchstabe steht:<br />

N-G-H-Sch. Diese vier Buchstaben<br />

stehen für den Satz „Nes Gadol Haja<br />

Scham“, „ein großes Wunder geschah<br />

dort“. In Israel steht statt Sch<br />

(scham=dort) ein P (po=hier). Man<br />

dreht den Dreidel und je nachdem,<br />

welcher Buchstabe oben liegt, muss<br />

man mit Geld oder Süßigkeiten bezahlen<br />

oder bekommt etwas aus dem Topf<br />

in der Mitte.<br />

Das klingt nach sehr viel Wärme,<br />

Geborgenheit und vor allem Tradition.<br />

Welche mögen Sie denn an diesem<br />

Fest am meisten?<br />

Das Kerzenanzünden und das Essen.<br />

Wie sieht ein traditionelles Festessen<br />

zu Chanukka aus?<br />

Es gibt kein traditionelles Festessen,<br />

jedenfalls nicht so, wie an anderen Tagen.<br />

Oder würdest Du Kartoffelpuffer<br />

als Festessen bezeichnen? Man isst<br />

traditionell Dinge, die mit Öl gemacht<br />

sind. Die jüdischen Kartoffelpuffer heißen<br />

Latkes - ich mag sie am liebsten<br />

mit Apfelmus oder Lachs. Manchmal<br />

gibt es auch Berliner/Pfannkuchen.<br />

Fahren Sie zu Chanukka eigentlich<br />

weg? Besuchen Sie Verwandte oder<br />

pilgern Sie sogar zu dem historischen<br />

Ort Modi’in?<br />

Ich fahre am ersten Chanukka-Tag<br />

nach Hamburg. Dort wohnt mein Vater<br />

und die Gemeinde in Hamburg ist meine<br />

erste Praktikumsgemeinde als<br />

Rabbinatsstudent. Zum Verreisen fehlt<br />

mir leider die Zeit und das (Chanukka-)<br />

Geld. Nach Modi´in pilgere ich nicht.<br />

Das werde ich wahrscheinlich auch in<br />

nächster Zeit nicht tun.<br />

Die Kinder erhalten zu Chanukka<br />

sogenanntes Chanukka-Geld. Was<br />

kann man sich darunter vorstellen?<br />

Darunter kann man sich Geld vorstellen☺.<br />

Es hat sich so entwickelt, dass<br />

die Kinder zu Chanukka Geld geschenkt<br />

bekommen, wahrscheinlich als<br />

Entschädigung für die Weihnachtsgeschenke<br />

der anderen Kinder. Der Feiertag<br />

an sich ist allerdings ein sehr unbedeutender,<br />

verglichen mit vielen anderen.<br />

Seine Bedeutung ist in den letzten<br />

Jahren jedoch stark aufgebauscht<br />

worden. Dass das mit Weihnachten<br />

zusammenhängt, ist offensichtlich.<br />

Chanukka ist also ein Fest, an dem<br />

man sich nicht beschenkt. Das bedeutet<br />

ja, dass Sie sich nicht den<br />

Kopf über Weihnachtsgeschenke<br />

zerbrechen und durch die Einkaufsstraßen<br />

hetzen müssen.<br />

Ehrlich gesagt, bedauere ich die meisten<br />

Menschen sogar, wenn ich sie von<br />

Geschäft zu Geschäft rennen sehe,<br />

völlig verzweifelt, weil sie nicht wissen,<br />

was sie kaufen sollen oder müssen,<br />

um ihre Verwandten zu befriedigen.<br />

Durch die völlige Kommerzialisierung<br />

haben sie den Gedanken und Sinn des<br />

Festes völlig aus den Augen verloren.


<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Das ist eine interessante Aussage.<br />

Wie erleben Sie denn das christliche<br />

Weihnachtsfest?<br />

Es wäre gelogen, wenn ich sagen<br />

würde, ich bekäme es nur am Rande<br />

mit. Gerade gestern habe ich gesehen,<br />

wie der Weihnachtsmarkt an der Wilmersdorfer<br />

Straße aufgebaut wurde.<br />

Es weckt zwar keine starken Emotionen<br />

in mir - obwohl ich mich schon auf<br />

den Glühwein freue - gehört aber irgendwie<br />

zum Winter dazu. Lustige Situationen<br />

sind zum Beispiel, wenn mir<br />

den ganzen Tag „Frohes Fest“ oder<br />

„Fröhliche Weihnachten“ gewünscht<br />

wird. Noch lustiger ist es, wenn mir die<br />

muslimische Verkäuferin im Supermarkt<br />

„Frohe Weihnachten“ wünscht<br />

und ich „Ihnen auch“ antworte und keiner<br />

von uns beiden am 24. Dezember<br />

in der Kirche anzutreffen sein wird.<br />

Um noch einmal auf die Kommerzialisierung<br />

eines Feiertages zurückzukommen:<br />

Es ist doch offensichtlich,<br />

dass dies inzwischen auch mit<br />

Chanukka geschieht. Jüdische Familien<br />

werten Chanukka als „Weihnukka“<br />

auf und beschenken sich<br />

trotz der gegensätzlichen Tradition.<br />

Wie denken Sie darüber?<br />

Es stimmt schon, dass Chanukka zunehmend<br />

kommerzialisiert wird, obwohl<br />

das in Deutschland nicht ganz so<br />

extrem ist, wie zum Beispiel in den<br />

USA. Noch kann ich in Deutschland<br />

keine Riesen-Chanukkiá kaufen, um<br />

sie auf meinem Auto zu befestigen. Es<br />

39<br />

gibt hier keine Wettbewerbe, wer die<br />

größte Weihnukka-Dekoration auf seinem<br />

Garagendach aufbaut. Viele Eltern<br />

schenken ihren Kindern etwas,<br />

damit diese sich nicht völlig ausgeschlossen<br />

fühlen, wenn sich die anderen<br />

Kinder in der Schule erzählen, was<br />

sie zu Weihnachten geschenkt bekommen<br />

haben. Dagegen ist auch<br />

nichts einzuwenden, solange man den<br />

Sinn und Charakter des Festes nicht<br />

vergisst. Wenn Chanukka und Weihnachten<br />

jedoch zu Weihnukka verschmelzen<br />

und man womöglich noch<br />

einen „Weihnukka-Busch“ ins Wohnzimmer<br />

stellt, ist das eine Sache, die<br />

ich nicht für erstrebenswert halte.<br />

Welcher bedeutende Unterschied<br />

besteht Ihrer Ansicht nach zwischen<br />

Chanukka und Weihnachten?<br />

Der bedeutendste Unterschied ist,<br />

dass es überhaupt keine Gemeinsamkeit<br />

gibt. Außer dem ungefähr gleichen<br />

Datum. Letztes Jahr begann Chanukka<br />

bereits Ende November, dieses Jahr<br />

beginnt es Ende Dezember.<br />

Wie denken Sie über religiöse Feiertage<br />

im Allgemeinen und welchen<br />

Rat würden Sie Ihren gläubigen und<br />

nichtgläubigen Mitmenschen diesbezüglich<br />

mit auf den Weg geben?<br />

Jede Religion hat ihre Feiertage mit ihren<br />

ganz speziellen Inhalten und diese<br />

Inhalte sollte man nicht gering schätzen.<br />

Wir können unsere - wahrscheinlich<br />

- christlichen Nachbarn besuchen


40<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

und sie wiederum zu uns einladen, um<br />

so voneinander über die Feiertage des<br />

Anderen zu lernen. Wir können Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede entdecken.<br />

Diese Unterschiede sind wichtig.<br />

Es leben Milliarden Menschen auf<br />

der Welt, aber keine zwei Gesichter<br />

sind gleich. Es wäre vielleicht einfacher<br />

gewesen, wenn Gott uns alle<br />

gleich gemacht hätte. Aber er liebt die<br />

Vielfalt – und genau das sollten wir<br />

auch tun.<br />

Ich danke Ihnen für dieses Interview.<br />

Sophia Zichel 11d


<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Ensemble, c’est tout<br />

«Ensemble, c’est tout!» - une critique de film de Bircan Eckert (LK Französisch)<br />

> est un film<br />

de Claude Berri, un réalisateur,<br />

acteur, producteur et<br />

scénariste français de cinéma.<br />

Dans le film, il s ‘agit de<br />

quatre personnes qui ont au<br />

début peu de contact avec le<br />

monde extérieur. Chaque personne<br />

est confronté à ses propres<br />

problèmes.<br />

Philibert vit dans son propre<br />

monde. Il est vendeur de<br />

cartes postales dans un petit<br />

magasin. Il souffre d’un défaut<br />

de prononciation et par conséquent,<br />

il visite un orthophoniste<br />

pour réaliser son rêve<br />

et devenir acteur.<br />

Franck est le colocataire de Philibert. Il est<br />

cuisinier dans un restaurant. Sa vie n’est<br />

pas particulièrement enivrante. Il passe ses<br />

loisirs avec des affaires de femmes ou en<br />

visitant sa grand-mère malade, Paulette,<br />

dans la maison de retraite.<br />

En outre, il y a aussi Camille, une femme<br />

anorexique, qui se dispute plusieurs fois<br />

avec sa mère à cause de sa maladie.<br />

Camille a des problèmes graves avec sa<br />

mère.<br />

Pendant une grippe lourde, Philibert lui<br />

offre de vivre chez lui. D’abord, il y a<br />

beaucoup de malentendus entre elle et<br />

Franck, mais finalement il se développe un<br />

amour véritable entre les deux, un amour<br />

avec des détours.<br />

Le film vise à nous démontrer qu’ on peut<br />

atteindre beaucoup en partageons la vie,<br />

c’est-à-dire en vivant ensemble. On se<br />

soutient mutuellement et on est là l’un<br />

pour l’autre dans des périodes mauvaises.<br />

On devrait parler avec des autres de ses<br />

problèmes et de ses craintes au lieu de se<br />

renfermer.<br />

Zur Anzeige wird der QuickTime<br />

Dekompressor „TIFF (Unkomprimiert)“<br />

benötigt.<br />

41<br />

Claude Berri, nous présente<br />

pas un film avec beaucoup<br />

d’effets spéciaux. Son intention<br />

est plutôt de de faire passer<br />

le message. Au niveau du<br />

langage cinématographique, il<br />

n’y a pas beaucoup de moments<br />

excitants dans le film,<br />

mais il ne devient pas ennuyeux.<br />

Il éveille des sentiments<br />

et des émotions, ce qui<br />

encourage à réfléchir à la vie.<br />

En outre, il y a aussi quelques<br />

situations dans lesquels on<br />

peut bien rire et le choix des<br />

acteurs était très bon. Ils<br />

montrent grand talent. La musique a été<br />

également bien choisie. Les chansons sont<br />

très significatives et réussissent à souligner<br />

les particularités des personnages.<br />

C’est un bon film pour des élèves, puisque<br />

la langue est – à part quelques passages<br />

argotiques - compréhensible et on peut<br />

facilement suivre les actions.<br />

Pour conclure: Le film m’a plu, parce qu’il<br />

est très réaliste et triste. On commence à<br />

réfléchir à la vie et on remarque que la<br />

famille et des amis jouent un rôle très important<br />

dans la vie. Ils nous aident à sourire<br />

tout de même.<br />

Date de sortie en France : 21 Mars 2007<br />

Une comédie dramatique réalisée par<br />

Claude Berri d’après le roman d’<strong>Anna</strong> Gavalda<br />

Avec Audrey Tautou, Guillaume Canet,<br />

Laurent Stocker, Francoise Bertin<br />

Le film passe encore à Berlin au „Babylon“<br />

à Kreuzberg (en version originale, vo)


42<br />

<strong>ANNA</strong>-<strong>FREUD</strong>-<strong>CULT</strong>(<strong>URE</strong>)©<br />

Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

<strong>Anna</strong> Gavalda<br />

<strong>Anna</strong> Gavalda, écrivaine contémporaine de<br />

la France a réussi à enregistrer plusieurs<br />

grands succès au marché international des<br />

livres. L'oeuvre le plus connue, c'est le<br />

roman "Ensemble, c'est tout" de l'année<br />

2004 dont l'adaptation cinématographique<br />

("Zusammen ist man weniger allein")<br />

passe actuellement dans les cinémas allemands.<br />

Dans l'Hexagone, la jeune <strong>Anna</strong><br />

Gavalda (37 ans) compte parmi les auteurs<br />

les mieux gagnants; cependant, elle n'est<br />

pas du tout devenue arrogante ou<br />

exagérante. Elle ne se vante pas d'être tant<br />

célèbre - elle n'a jamais fait beuacoup de<br />

publicité pour elle-même! C'est plutôt le<br />

public qui l'a aidée à avoir du succès et qui<br />

estime sa sensibilité. S'étant décidée pour<br />

cette profession, <strong>Anna</strong> Gavalda travaille à<br />

la maison et dans la solitude absolue qui la<br />

déprime toutefois. Son monde, ce sont les<br />

mots; elle ne se sert que des 26 lettres de<br />

l'alphabet pour créer une nouvelle histoire<br />

qui doit divertir les lecteurs.<br />

Ce n'est pas un sens profond qui fascine<br />

ceux-là, c'est peut-être la nonchalance et le<br />

style vif et subtil. Ainsi, <strong>Anna</strong> Gavalda n'a<br />

pas pour but d'assimiler sa biographie,<br />

mais d'exprimer son imagination. Le résultat:<br />

le lectorat féminin a catapulté les livres<br />

de la jeune Française au sommet des listes<br />

des best-sellers.<br />

Quel succès surprenant!<br />

Claude Berri<br />

Eva Löblein (LK Französisch)<br />

Claude Berri ou Claude Langmann est né à<br />

Paris le 1 er juillet en 1934. Il est un acteur,<br />

un réalisateur, auteur de scénario et un<br />

producteur de film.<br />

Ses deux fils, nommé Julien Rassan et<br />

Thomas Langmann, sont des acteurs aussi<br />

et Thomas en outre est un réalisateur.<br />

Depuis 2004 Claude Berri est le président<br />

de la Cinémathèque française. Berri a produit<br />

plusieurs films qui comptent parmi les<br />

co-productions internationales les plus<br />

importantes. Par exemple la mise en<br />

œuvre de la BD «Astérix et Obelix<br />

contre Caesar » avec Gérard Depardieu<br />

au rôle principal.<br />

L’échelle des genres est vraiment<br />

grande pour un réalisateur : Berri a fait<br />

plusieurs comédies, drames historiques,<br />

documentaires d’animaux, films<br />

érotiques et un film au sujet des mineurs.<br />

Stefan Tonn (LK Französisch)


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„Maria Magdalena“. Die bürgerliche Familie<br />

im Wandel der Zeit<br />

Im Gorki-Theater werden die Werke großer Autoren nicht nur „heruntergespielt“,<br />

sondern auf neue Weise interpretiert<br />

www.joerg-sieger.de ©<br />

Die sonst so kalte Atmosphäre des Theaters<br />

wird an diesem Freitagabend im Maxim-Gorki-Theater<br />

ersetzt durch eine Bühne<br />

aus dunklem Holz, die dem Zuschauer<br />

im ersten Moment den Eindruck von<br />

Schlichtheit und Einfachheit vermittelt. Erst<br />

im Laufe des Stücks, inszeniert von Jorinde<br />

Dröse, löst sich das starre Bild, die<br />

Bühne erweist sich als wahrer Verwandlungskünstler,<br />

indem sie sich gleich dreier<br />

Ausgänge an den Seiten, zwei aufklappbarer<br />

Bodenöffnungen und einer im Hintergrund<br />

befindlichen hochfahrbaren Ku-<br />

lisse bedient. In unsere Zeit transferiert<br />

erscheinen die von Susanne Schuboth<br />

entworfenen freakigen Kostüme: Leonhard<br />

in grünen Schuhen und dazu ein hoch<br />

stehendes Kragenhemd, Klara mit auffallendem<br />

blauen Kleidchen und Kniestrümpfen.<br />

Zu Beginn des Stückes wird eine Spannung<br />

dadurch erzeugt, dass eine Frau sich<br />

mittig im hinteren Teil der Bühne positioniert,<br />

in einer Körperhaltung, die der Symbolik<br />

einer Heiligen entspricht und dem<br />

Titel zufolge Klara, der Tochter Meister<br />

Antons, entsprechen würde. Kurz darauf<br />

wird das Publikum über den dramaturgischen<br />

Einfall Carmen Wolfram aufgeklärt,<br />

indem die sehr jung wirkende Klara, gespielt<br />

von Anika Baumann, aus dem Rock<br />

ihrer schon sehr zerbrechlich wirkenden<br />

Mutter, verkörpert durch Ruth Reinecke,<br />

hervorkommt, um sich gleich darauf wieder<br />

in den Schutz des Rockes ihrer Mutter<br />

zu begeben. Immer wieder löst sich die<br />

Mutter von ihrem Kind, doch Klara möchte<br />

nah bei ihr bleiben. Hier wird in kurzen<br />

Augenblicken auf metaphorische Weise<br />

die Beziehung Klaras zur Mutter gezeigt:<br />

Klara hängt an ihr, scheint abhängig sein,<br />

sucht Schutz, hingegen ist die Mutter bestrebt,<br />

sich von ihr zu lösen, sie auf eigenen<br />

Füßen stehen zu lassen. Der Einstieg<br />

ist innovativ und charakteristisch für die<br />

Darstellung der Charaktere: Der Regisseur<br />

hält sich nicht exakt an die Vorlage, doch<br />

wird die Kernaussage des Romans klar<br />

herausgestellt. In gleicher Weise verhält<br />

es sich mit Leonhard, der als Karrierist<br />

und Vertreter der aufstrebenden Bourgeoisie<br />

wunderbar dargestellt wird. Vor<br />

allem in der Szene, in der er seine Akten<br />

sortiert, sie archiviert und abheftet. Dieser<br />

Vorgang wiederholt sich und spiegelt<br />

wunderbar die Mechanisierung des Menschen<br />

auf der einen und die Einfältigkeit<br />

Leonhards auf der anderen Seite wider.<br />

Ein anderes Mittel stellen die in dunklem<br />

Lichte dargestellten Traumsituationen dar,<br />

in denen Klara das Erlebte verarbeitet und<br />

dem Zuschauer ermöglicht wird, sich in<br />

das „Innere“ ihrer Person hineinzuversetzen.<br />

Klara, die von Leonhard schwanger<br />

ist, ist einem großen Druck ausgesetzt,<br />

der sich steigert und mit ihrem Selbstmord<br />

endet. Man merkt, dass nicht nur die Geburt<br />

eines unehelichen Kindes, sondern<br />

auch der Selbstmord verpönt ist. Der Vater<br />

weiß nichts von diesem Kind und Klara hat<br />

Angst vor dem angekündigten Selbstmord<br />

des Vaters, denn wenn sie am Leben<br />

bleibt und es gebärt, bringt sie Schande<br />

über die Familie. Bedient sie sich aber des


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Todes als letztem Ausweg, indem es aussieht<br />

wie ein tragischer Unfall, so wären<br />

ihrer Ansicht nach alle Probleme gelöst.<br />

Lieber tötet sie sich selbst als den Ruf der<br />

Familie zu gefährden. Diese Verzweiflung<br />

Klaras zeigt sich in Wutausbrüchen und in<br />

der Bitte, Leonhard auf der Stelle heiraten<br />

zu dürfen, nicht aus Liebe, sondern um<br />

den Selbstmord des Vaters zu verhindern.<br />

Der Konflikt, der entsteht bei dem Aufeinandertreffen<br />

von Meister Anton mit Leonhard,<br />

ist Ausdruck einer sich wandelnden<br />

Gesellschaft, einer überholten, feudalen<br />

Weltanschauung, die abgelöst wird durch<br />

neue Werte, die sich konzentrieren auf<br />

Profit und individuellen Erfolg um jeden<br />

Preis, unabhängig von Stand und familiärem<br />

Hintergrund. Diese neue, sich entwickelnde<br />

Klasse, die Bourgeoisie, wird<br />

durch Leonhard repräsentiert.<br />

Besondere Aufmerksamkeit gilt Julian<br />

Mehne, welcher die wahre Liebe Klaras,<br />

den Sekretär, darstellt. Es ist nicht ganz<br />

ersichtlich, ob er gewollt skurril und humorvoll<br />

dargestellt werden sollte oder ob<br />

es an seinen körperlichen Voraussetzungen<br />

liegt, dass er, ähnlich wie Otto Waalkes,<br />

etwas tollpatschig ist und als Auflockerung<br />

des ansonsten ernsten und dramatischen<br />

Stücks dienen soll. In jedem<br />

Fall tut er dies glänzend und gewinnt jedem<br />

der Zuschauer ein Lächeln ab.<br />

Auf den letzten Metern wird das Stück<br />

wunderbar abgerundet durch das Gitarrenspiel<br />

Karls, der ausbricht aus diesen<br />

engen Verhältnissen, um sich seinen<br />

Traum erfüllen zu können, Matrose zu<br />

werden. Diese Botschaft stößt auf Anerkennung,<br />

vor allem auch im jungen Publikum,<br />

das sich bekräftigt fühlt, eigene Ziele<br />

und Träume in die Tat umzusetzen.<br />

Das Maxim-Gorki-Theater gilt im Allgemeinen<br />

als experimentierfreudig und<br />

zeichnet sich dadurch aus, dass es Werke<br />

großer Autoren nicht „herunterspielt“, sondern<br />

vielmehr neu interpretiert und ihnen<br />

ein zeitgemäßes Gesicht verleiht. Insgesamt<br />

ein Theater, das mir persönlich sehr<br />

gefallen hat, das nicht bei der Aussage<br />

des Buches bleibt, sondern darüber hinaus<br />

Denkanstöße gibt und trotzdem der<br />

Intention Hebbels entspricht. Der Besuch<br />

dieser Inszenierung hat sich in jedem Fall<br />

gelohnt und es bedarf nur noch der abschließenden<br />

Bemerkung, dass keiner<br />

diese Inszenierung verpassen sollte.<br />

Valentin von Oy


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Korrespondenz mit Afrika<br />

Der LK Englisch, 3. Semester, von Frau<br />

Klueg-Hoffmann, schrieb sich mit einer<br />

Familie in Afrika Briefe. Die Schülerinnen<br />

und Schüler schickten ihre Texte und Fotos<br />

sowie eine Einmal-Kamera über eine<br />

Organisation und erhielten noch etlichen<br />

Wochen tatsächlich eine Antwort. Die hier<br />

45<br />

abgebildeten Fotos zeigen die Kinder mit<br />

ihrer Familie, die sich für die Fotosession<br />

sichtlich herausgeputzt hatten. Was in den<br />

Briefen stand, das müsst Ihr die Schüler<br />

des Kurses selbst fragen, denn sie haben<br />

uns bis heute leider keine Text eingereicht,<br />

die wir Euch präsentieren könnten.


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Und das sind die Fotos, die nach Afrika gingen.


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Praktikum in der Altenpflege und im Gesundheitswesen<br />

Schülerinnen und Schüler der 07.C Berufsfachschule berichten über ihre Erlebnisse<br />

12.11.2007, 23.30 Uhr, Frau X verstirbt.<br />

Zwischen 9.00 und 9.30 Uhr des folgenden Tages erscheint das Bestattungsinstitut und holt<br />

sie aus ihrer Wohnung des betreuten Wohnen. Sie liegt auf einer Liege, mit Tüchern abgedeckt,<br />

und wird in einen mit Vorhängen verkleideten Bus, die das Innenleben vor neugierigen<br />

Blicken schützen, hineingeschoben.<br />

Im ersten Moment bin ich schockiert und bestürzt, doch dieses Erlebnis gehört traurigerweise<br />

zu dem Beruf und Alltag des Altenpflegers dazu.<br />

Nastasja<br />

Intensivstation – Kehlkopfkrebs - Loch im Hals, - Schlauch durchgezogen - Not-OP -<br />

Das war mein erster Arbeitstag. Ich musste in die dritte Etage zur Intensivstation. Dort lag ein<br />

Mann mit offenem Hals im Bett. Er wurde gerade operiert. Eine Stunde nach dem Eingriff<br />

verstarb der Patient.<br />

Es war traurig anzusehen, wie alle Geräte abgeschaltet wurden.<br />

Nicole<br />

Seine Augen sind feucht, als ob er gleich anfangen wird zu weinen. Er bleibt ganz still sitzen<br />

und versucht mir mit trauriger Stimme etwas aus seinem Leben zu erzählen: „Ich will nicht 92<br />

Jahre alt werden, eher würde ich sterben“. Diesen Satz bekomme ich eine Weile nicht aus<br />

meinem Gedanken.<br />

Wir sitzen am Frühstückstisch und gratulieren einem Senioren zu seinem Geburtstag. Er<br />

sieht aber unglücklich und verzweifelt aus. „Ich bin erst 82 Jahre alt und will nicht noch 10<br />

Jahre älter werde.“ Ich fühle mich unwohl und traurig zugleich.<br />

Loren<br />

Für eine Weile ist sie ganz still. Ich bemerke, wie sie sich wünscht, wieder jung und beweglich<br />

zu sein. Sie erinnert sich zurück an die schöne Zeit mit ihrem Mann und ihrem gemeinsamen<br />

Sohn. Ich würde ihr jetzt so gerne irgendwie helfen, doch ich weiß nicht wie. So nehme<br />

ich sie in den Arm und streichle sie am Rücken. Da läuft auch schon eine Träne über ihre<br />

Wange und ihre Worte machen mich so traurig, dass auch ich meine Tränen nicht mehr halten<br />

kann. Ihre Hände fangen an zu zittern. Auf dem Foto, das sie in den Händen hält, sieht<br />

man ihren älteren Sohn, der mit 30 Jahren verstorben ist.<br />

Lisa D.<br />

In dem Altersheim, in dem ich arbeite, haben wir auf meiner Station die meisten Patienten<br />

der Pflegestufe II oder III, d.h., dass sie kaum noch Dinge alleine tun können, meist aufgrund<br />

ihres hohen Alters. Umso mehr geht es mir nahe, als ich von dem Schicksal einer Frau höre,<br />

aus deren Zimmer man immer die Musik des Jugendsenders Kiss fm hören kann.<br />

Im Speisesaal hatte ich die Patientin noch nie gesehen. Als ich den Raum zum ersten Mal<br />

betrete, wird mir klar warum. Sie ist erst 40 Jahre alt, die Haare sind noch braun, stark und<br />

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lang. Eine der Betreuerinnen erklärt mir, dass sie aufgrund einer allergischen Reaktion auf<br />

einen Bienenstich so schwer erkrankt ist, dass sie weder reden noch laufen kann. Mit 37<br />

Jahren hat sie diese Biene gestochen, ihr Sohn war damals erst zwei und ihre Tochter 12<br />

Jahre alt. Ihr Mann besucht sie fast täglich und ihr Zimmer hängt voller Bilder mit ihren Kindern.<br />

Sie selbst sieht mich immer mit so klaren Augen an.<br />

Lucia<br />

Jeden Tag denselben Weg, dieselbe Tätigkeit. Tür auf, die alten Flaschen und Gläser heraus,<br />

die neuen Flaschen hinein, ins Zimmer auf den Nachttisch, Tür wieder zu. Als ich den<br />

langen Flur wieder hinunter gehe, springt mit einem Mal die Tür auf, die Schwester schießt<br />

heraus und meckert mich an, ich solle gefälligst mehr Gläser hinstellen und meine Arbeit<br />

richtig machen, da sie sonst nur hinter mir herarbeiten müsse. Total geschockt stehe ich da<br />

und weiß nicht, was ich als erstes sagen soll.<br />

Das war mein erster Tag.<br />

Alexa<br />

Jeden Morgen, kurz vor 10 Uhr, wartet sie schon auf mich. Wenn ich das Altersheim betrete<br />

und sie sehe, freut sie sich sehr und fragt, wie es mir gehe und wann wir denn spazieren<br />

gehen können. So ziehe ich mich schnell um und gehe sogleich hinüber zu Frau R.. Sie hat<br />

erfahren, dass ich in der gleichen Straße wohne, in der sie dreißig lange Jahre gelebt hat.<br />

Wenn sie mich sieht, erinnert sie sich an ihre Kinder, wie sie vor dem Haus immer gespielt<br />

haben und sie nach der Arbeit von der Bushaltestelle abgeholt haben.<br />

Ich hole sie von ihrem Zimmer ab und dann gehen wir in das Cafe des Waldkrankenhauses.<br />

Wir trinken Kaffee, unterhalten uns und die Trennung am Ende fällt ihr meist sehr schwer.<br />

Jeden Tag wartet sie aufs Neue auf mich. Ich spreche gerne mit ihr, um ihr die Zeit ein wenig<br />

zu vertreiben. Erst kürzlich hat sie ihren Sohn verloren und die anderen Kinder besuchen sie<br />

nicht allzu häufig.<br />

Tatjana<br />

Tac, Tac (polnisch: ja), gebeugt und mit magerem Körper, am Tisch fixiert, treffe ich jeden<br />

Morgen den polnischen Professor an. Seine Gestalt ähnelt einem Furcht erregenden Wesen<br />

aus einem Horrorfilm. Weiße, wirr abstehende Haare, milchig blaue Augen.<br />

Kurz nach dem täglichen Waschen der Patienten beginnt mein Arbeitstag im Dominicus-<br />

Krankenhaus. Herr S. leidet an der Parkinson Krankheit. Er ist auf jede nur erdenkliche Hilfe<br />

angewiesen. Jeden Morgen füttere ich ihn und fühle seinen sich alle zehn Sekunden wiederholenden<br />

Schmerz mit. Immer mehr beginne ich ihn zu mögen und denke nun auch außerhalb<br />

des Krankenhauses öfter an ihn. Jedes Mal spüre ich, wie er meine Anwesenheit bemerkt<br />

und sich über mein Kommen freut.<br />

Mit fröhlicher Stimme tönt mein „Guter Morgen“ über den Flur, auf dem Weg zu ihm, dem<br />

kleinen polnischen Professor mit dem zotteligen Haar. Da erblicke ich durch die halbgeöffnete<br />

Tür eine Frau auf dem Bett meines Patienten sitzen, die mich mit strengem Gesicht anblickt.<br />

Mir wird kalt und jegliche Lust an meinem Praktikum vergeht mir augenblicklich.<br />

Gamze


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Ein Patient, kaum noch fähig, etwas alleine zu machen, isst seit einer Woche kaum noch<br />

etwas und muss flüssig ernährt werden. Als ich am Mittwoch noch einmal zu ihm gehen will<br />

und ihn dazu bringen möchte, doch wenigstens etwas von seinem Brot abzubeißen, sehe ich<br />

beim Eintreten in sein Zimmer, dass er in seinem Bett kauert und selbständig isst. Laura<br />

Mit einer gewissen <strong>Freud</strong>e betrete ich das Zimmer, die Vorhänge sind zurückgezogen und<br />

für einen Augenblick scheint die Sinne auf das Bett. Herr M. schläft noch in aller Ruhe und<br />

sein Gesicht sieht aus, als würde er von etwas Schönem träumen. Ich wecke ihn sanft, begrüße<br />

ihn freundlich mit einem „Guten Morgen, Herr M., wie haben Sie geschlafen?“ und<br />

erkläre ihm ruhig, was die Schwester und ich, die mittlerweile mit im Zimmer ist, heute mit<br />

ihm vorhaben. Nachdem wir ihn gewaschen und rasiert haben, kommt uns die wunderbare<br />

Idee, Herrn M. auf einen Stuhl vor das Fenster zu setzen. Gesagt, getan. Der Patient, der<br />

schon lange Zeit nicht mehr aus seinem Bett gekommen ist, strahlt glücklich, schaut hinaus<br />

aus dem Fenster und sagt: „Was für ein wunderschöner Morgen!“<br />

Natascha<br />

Zusammen mit meinem Betreuer holen wir Herrn S. ab. Er ist 95 Jahre alt und sitzt im Rollstuhl.<br />

Trotz dieser Einschränkung ist Herr S. geistig sehr fitt. Danach holen wir seine Frau<br />

ab, die in einer WG für an Demenz erkrankte, ältere Menschen lebt. Aufgrund ihrer Krankheit<br />

kann sie ihren Mann nicht mehr pflegen. Als sich die beiden sehen, denkt die Frau, ihr Mann<br />

sei ihr Vater. Herr S. redet daraufhin auf seine Frau ein, spricht sie zärtlich mit „mein Mäuschen“<br />

an und küsst sie. Da erinnert sie sich wieder und sie nimmt seine Hand in die ihre.<br />

Diese Situation hat mich sehr beeindruckt, das war etwas Neues für mich, etwas, was ich<br />

noch nie erlebt habe.<br />

Stylianos<br />

In einer Zahnarztpraxis gibt es viele interessante Instrumente. Wie viele es allein für die<br />

Mundgeschichte gibt, hat mich sehr erstaunt. Da finden sich z.B. Hebel, Zangen, Löffel und<br />

Skalpells, alles etwas gruselig. Ab und zu denke ich, wenn ich alle diese Werkzeuge sehe,<br />

an einen Horrorfilm. Das kann mir richtig Angst machen.<br />

Aber auch die Patienten haben Angst vor dem Zahnarzt. Die fangen an zu zittern, machen<br />

ihre Augen zu und werden rot im Gesicht. Ich weiß nicht, warum ich es ein wenig lustig finde,<br />

wenn ich die Menschen so sehe. Vielleicht weil ich froh bin, nicht selbst der Patient zu sein.<br />

Unangenehm finde ich es hingegen, wenn Zähne gezogen werden. Wenn die Zahnärztin<br />

dann kräftig rüttelt, zieht und hebelt, dann bereitet mir das Kopfschmerzen.<br />

Ruzica<br />

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Ankündigung:<br />

Projekttag zum Thema<br />

„Widerstand“<br />

Verschiedenes<br />

Kino-Tipps<br />

Liebe Schülerinnen, liebe Schüler,<br />

liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

seit 30 Jahren strömen Schüler und Lehrer<br />

aus dem U- Bahnhof Halemweg auf dem<br />

kürzesten Weg ins Lehrgebäude. Sie fallen<br />

also morgens aus der U- Bahn heraus,<br />

in die Schule hinein und nachmittags geschieht<br />

das Ganze in umgekehrter Richtung.<br />

Das obige Straßenschild steht nur ein paar<br />

Meter von unserem<br />

Schuleingang entfernt an der<br />

nächsten Straßenkreuzung<br />

und hatte deshalb bisher<br />

keine echte Chance auf<br />

gebührende Beachtung, da es<br />

einfach nicht in der<br />

Einflugsschneise steht.<br />

Vielleicht ist das mit ein<br />

Grund, weshalb bis vor einem<br />

Jahr niemand von uns auf die<br />

Idee kam, mit unserer<br />

Anschrift eine Person zu<br />

verbinden. Vielleicht hätten wir es früher<br />

und besser wissen können, wenn der U-<br />

Bahnhof nur anders gestanden hätte.<br />

Nun aber ist es klar: Die Straße ist nach<br />

dem Widerstandskämpfer Nikolaus von<br />

Halem benannt.<br />

Im November 2006 wurde auf der Jahressitzung<br />

des Fördervereins der<br />

<strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Schule ein Antrag auf<br />

Unterstützung eines Projektes zum<br />

Thema Widerstand- in<br />

Charlottenburg und anderswo<br />

eingebracht und angenommen.<br />

Wenn das Projekt die Zustimmung<br />

der Schülerschaft sowie des<br />

Kollegiums findet, kann weiter und<br />

genauer über Ziel, Form und<br />

Zeitpunkt des Unternehmens<br />

entschieden werden.<br />

Foto: www.charlottenburg-nord.de<br />

Mit freundlichen Grüßen


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Gabriele Neumann-Schirmbeck<br />

Sneak-Preview in der Kurbel<br />

Jeden Montag, so gegen 21.30h, ist etwas<br />

ungewöhnliches in der Nähe des Oliver<br />

Platz zu beobachten. Auf einer kleinen<br />

Freifläche, die von dem Licht einer Leuchtreklame<br />

in roten, schwummrigen Schein<br />

getaucht wird, stehen kleine Grüppchen<br />

von jungen Erwachsenen. Es tauchen<br />

immer wieder neue Menschen auf, die von<br />

einigen der Wartenden freundlich begrüßt<br />

werden. Es wird geredet, geraucht und<br />

getrunken. Je später es wird, je mehr sich<br />

der Stundenzeiger der 10 nähert, desto<br />

mehr Menschen versammeln sich. Teilwiese<br />

wird nach fehlenden Mitgliedern<br />

telefoniert, denn Stunde Null ist nicht mehr<br />

fern!<br />

Dieses Schauspiel wiederholt sich regelmäßig.<br />

Aber wieso? Was bringt Berliner<br />

Jugendliche dazu, an einem Wochentag<br />

51<br />

so spät scheinbar ziellos in der Gegend<br />

zustehen?<br />

Es ist einfach: Das Treiben ist nicht ziellos,<br />

es ist motiviert! Das Neonschild, welche<br />

die Ausharrenden in dieses geheimnisvolle<br />

Licht taucht zeigt den Schriftzug „DIE<br />

KURBEL“. Diese Reklame gehört zu dem<br />

kleinen Kino „Die Kurbel“, eins von diesen<br />

winzigen Kiez Kinos, die noch persönlich<br />

und gemütlich sind. Die Kinosäle sind<br />

nicht so kolossal wie in den gigantischen<br />

Multiplex-Kinos, die Sitze sind mit rotem<br />

Samtstoff bezogen und die Angestellten<br />

sind nett und fertigen einen nicht so<br />

schnell und emotionslos ab wie in den Zoo<br />

Palästen dieser Welt.<br />

Jeden Montag um 22h findet in der Kurbel<br />

die Sneak-Preview statt. Bei der „Schnupper-Vorführung“<br />

wird ein unbekannter Film<br />

gezeigt, der noch nicht in den Kino ange-


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laufen ist. Das stellt natürlich eine enorme<br />

Gefahr dar, denn wenn man Pech hat wird<br />

ein koreanischer Tanzfilm oder ein Kong-<br />

Fu Film gespielt. Ich hatte bis jetzt immer<br />

Glück und sah zum Beispiel „Ratatouille“<br />

und „Chuck und Larry“. Das Risiko lohnt<br />

sich also!<br />

Was die Sneak so toll macht ist erstens,<br />

das der Eintritt (für Schüler) nur 3 Euro<br />

kostet und das es immer eine große Tombola<br />

gibt. Ein Teil jeder Eintrittskarte wird<br />

abgerissen, auf der eine Nummer steht,<br />

die auch auf der Karte abgedruckt ist. Die<br />

abgerissenen Streifen werden anschießend<br />

in eine Schale geschmissen, gemischt<br />

und bevor der Film startet werden<br />

zwei dieser Schnipsel gezogen. Für diese<br />

Ritual wir immer ein oder eine Glücksfee<br />

aus den vollen Publikumsrängen ausgewählt<br />

und hat die Ehre zwei Lose zu ziehen.<br />

Die glücklichen Kinobesucher, die die<br />

passende Nummer auf der Karte wieder<br />

finden, gewinnen jeweils ein Sneck-Pack,<br />

bestehend aus Popcorn, Schokolade,<br />

M&M, einem Getränk und einer Freikarte<br />

für eine der nächsten Vorstellungen.<br />

Durch diese Verlosung wird jeder Montagsfilm<br />

zu einem unvergesslichen Ereignis<br />

und während der Ziehung sitzt jeder<br />

Impressum<br />

<strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Cult(ure)© wird herausgegeben<br />

von Schülerinnen und<br />

Schülern der <strong>Anna</strong>-<strong>Freud</strong>-Schule.<br />

Die Zeitung erscheint außerhalb des<br />

Verantwortungsbereichs der Schülervertretung<br />

und der Schulleitung.<br />

Redaktion/Layout:<br />

Martin Brauer<br />

Aileen Schröder<br />

Danica Dajkic<br />

Katharina Holzmann<br />

Jannis Riethmüller<br />

Marlene Rohde<br />

Melissa Ziegler<br />

Pina Keller<br />

Robin Venz<br />

Tina Windmüller<br />

Redaktionsleitung:<br />

Danica Dajkic/ Pina Keller<br />

Druck: Medienstation<br />

Anwesende mit seiner Karte fest im Griff<br />

auf seinem Platz und bangt und hofft. Aber<br />

es kann nur zwei Gewinner geben!<br />

Ich habe leider noch nie gewonnen, aber<br />

es ist möglich, denn Sitznachbarn von mir<br />

hatten schon das Glück. Das Leben ist<br />

unfair!<br />

Das eigentlich tolle an Diesen Montagen<br />

ist nicht der Film oder das leckere Popcorn.<br />

Zur Sneak-Preview geht man um<br />

seine Freunde zu treffen und einen schönen<br />

Abend miteinander zu verbringen.<br />

Und selbst wenn ein schlechter Film läuft<br />

tut das der Stimmung keinen Abbruch.<br />

Das macht es oft sogar noch lustiger! Also<br />

ein Aufruf an alle Interessierten und Film-<br />

Freaks: Kommt, versammelt euch und<br />

genießt die ganz besondere Atmosphäre<br />

dieses Ausnahme-Kinos!<br />

Allgemeine Informationen zur Kurbel:<br />

www.die-kurbel.de; Giesebrechtstraße 4<br />

Marlene Rohde 3. Semester


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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina<br />

Ganz Berlin liest „Transit“<br />

Die Pflichtlektüre für das Abi 2009 im Fach Deutsch hat uns motiviert, das Thema<br />

Heimat, Exil, Flucht und Vertreibung als Topp-Thema für diese Ausgabe zu wählen.<br />

Als Topp-<br />

Thema der<br />

nächsten<br />

Ausgabe<br />

schlagen<br />

wir vor:<br />

Glaube, Liebe Hoffnung<br />

53<br />

Die Redaktion


54<br />

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Nr. 3 Dezember 2007 Seite/ Page/ Pagina


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Und das hört man


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