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Zur Referenz der französischen Pronomina il, lui ... - Cognitive Science

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INSTITUTE OF COGNITIVE SCIENCE<br />

ALBRECHTSTRASSE 28<br />

49069 OSNABRÜCK, GERMANY<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Referenz</strong> <strong>der</strong> <strong>französischen</strong> <strong>Pronomina</strong> <strong>il</strong>,<br />

<strong>lui</strong> und ce<strong>lui</strong>-ci im Diskurs<br />

Bachelorarbeit<br />

Mai 2011<br />

Hannah Rütten<br />

hruetten@uni-osnabrueck.de<br />

Gutachter: Prof. Dr. Peter Bosch, Dr. Stefan Hinterwimmer<br />

1


Abstract<br />

Ziel dieser Arbeit ist, die Eigenschaften <strong>der</strong> <strong>Pronomina</strong> <strong>il</strong>, <strong>lui</strong> und<br />

ce<strong>lui</strong>-ci im Französischen bezüglich ihrer <strong>Referenz</strong> zu verschiedenen<br />

Personen in einem sprachlichen Kontext näher zu untersuchen und<br />

einen Vergleich zum Deutschen aufzustellen.<br />

Betrachtet werden hierbei sowohl <strong>der</strong> Zusammenhang mit Topik<br />

und Fokus, als auch die Funktionen von Emphase und Selektion,<br />

sowie das Konzept <strong>der</strong> Empathie.<br />

Ferner wird <strong>der</strong> Unterschied zweier Varianten des disjunktiven<br />

Personalpronomens <strong>lui</strong>, avec reprise und sans reprise, in Hinblick auf<br />

die Art <strong>der</strong> Fokussierung analysiert.<br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

I. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

1. <strong>Zur</strong> <strong>Referenz</strong> von Demonstrativ- und Personalpronomina im Deut-<br />

schen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2. Demonstrativ- und Personalpronomina im Französischen – ein kur-<br />

zer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.1. Die konjunktiven Personalpronomina . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.2. Die disjunktiven Personalpronomina . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

2.3. Die Demonstrativpronomina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

II. Beobachtungen zum Verhalten von <strong>il</strong>, <strong>lui</strong>, und ce<strong>lui</strong>-ci im Vergleich zum<br />

Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

1. Topik und Fokus – allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2. Emphase und Selektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

3. Empathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

III. Zum Unterschied des disjunktiven Personalpronomens avec reprise und<br />

sans reprise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5


Einleitung<br />

In Anglie<strong>der</strong>ung an eine Diskussion im Forschungsseminar „Demonstratives“<br />

über die Personal- und Demonstrativpronomina er/<strong>der</strong> im Deutschen und<br />

ihre <strong>Referenz</strong> im Diskurs habe ich mich mit <strong>der</strong> Frage befasst, ob im Französischen<br />

äquivalente Formen existieren und ob sie sich im Kontext tatsächlich in<br />

gleicher Weise verhalten. Dabei ließen sich einige interessante Beobachtungen<br />

feststellen, die ich in dieser Arbeit eingehen<strong>der</strong> untersuchen möchte.<br />

Zunächst werde ich die im Seminar behandelten Eigenschaften <strong>der</strong> deutschen<br />

<strong>Pronomina</strong> und die Topik-Fokus Theorie erläutern, anschließend gebe<br />

ich eine kurze Einführung zu den verschiedenen Formen im Französischen<br />

und stelle einige Auffassungen aus Arbeiten vor, die sich bisher mit dem<br />

Thema beschäftigt haben.<br />

Im zweiten Te<strong>il</strong> <strong>der</strong> Arbeit werde ich meine eigenen Beobachtungen darlegen<br />

und anhand einiger selbst konstruierter Beispiele veranschaulichen, sowie<br />

auch mehrere Beispielsätze in umfangreicherem Kontext, entnommen aus verschiedenen<br />

Romanen, hinzuziehen.<br />

Zum einen soll hierbei analysiert werden, wie sich die <strong>französischen</strong> <strong>Pronomina</strong><br />

im Vergleich zum Deutschen in Bezug auf Topik und Fokus verhalten,<br />

als auch, wie sie in emphatischer und selektiver Funktion Verwendung finden.<br />

Anschließend werde ich kurz das Konzept <strong>der</strong> Empathie und inwiefern dieses<br />

in Zusammenhang mit pronominaler <strong>Referenz</strong> gesehen wird, thematisieren.<br />

Zum an<strong>der</strong>en gehe ich auf zwei Varianten <strong>der</strong> Verwendung des disjunktiven<br />

Personalpronomens im Französischen ein, die bislang hinsichtlich semantischpragmatischer<br />

Aspekte kaum untersucht wurden. Hierzu habe ich die These,<br />

dass es zwischen <strong>der</strong> forme disloquée o<strong>der</strong> avec reprise und <strong>der</strong> forme sans reprise<br />

einen Unterschied bezüglich <strong>der</strong> Fokussierung geben kann.<br />

Zum Schluss folgen ein kurzes Resümee meiner Erkenntnisse, sowie einige<br />

Anmerkungen bezüglich <strong>der</strong> Überlegung, welche Fragen nicht zufriedenstellend<br />

beantwortet werden konnten und welche Gesichtspunkte noch genauer<br />

untersucht werden könnten.<br />

7


I. Einführung in die Thematik<br />

1. <strong>Zur</strong> <strong>Referenz</strong> <strong>der</strong> Demonstrativ- und Personalpronomina im Deutschen<br />

Im Folgenden gebe ich einen kurzen Einblick in die Fragestellung, die in<br />

Bosch et al. (2003), Bosch & Umbach (2006), und Bosch, Katz & Umbach (2007)<br />

untersucht wird, sowie im Seminar Demonstratives diskutiert wurde.<br />

Demonstrativpronomina in ihrem anaphorischen Gebrauch sind im Deutschen<br />

bisher wenig untersucht und werden in einigen Grammatiken schlicht<br />

als umgangssprachlich bezeichnet. So heißt es beispielsweise in Flämig (1991:<br />

518) die Demonstrativa „<strong>der</strong>, die kommen schriftsprachlich als Grundstrukturbesetzung<br />

für ein Substantiv nur im Zusammenhang mit einschränkenden<br />

(restriktiven) Attributen vor. […] Ohne solche Attribute werden Grundstruktur-SbG<br />

mit <strong>der</strong>, die – umgangssprachlich – auf Gegenstände <strong>der</strong> Sprechsituation<br />

bezogen.“<br />

Wie jedoch an folgendem Beispiel aus Bosch & Umbach (2006) deutlich wird,<br />

nehmen Personal- und Demonstrativpronomen durchaus sehr unterschiedliche<br />

Funktionen ein, sodass eine Substitution zu einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Semantik<br />

des Satzes führt:<br />

(1a) Peter wollte mit Paul Tennis spielen. Doch er war krank.<br />

(1b) Peter wollte mit Paul Tennis spielen. Doch <strong>der</strong> war krank.<br />

Während sich das Personalpronomen in (1a) mit Präferenz auf Peter bezieht,<br />

ist das Antezedens des Demonstrativpronomens in (2b) eindeutig Paul.<br />

Es stellt sich nun die Frage, welche grammatische Regel <strong>der</strong> <strong>Referenz</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Pronomina</strong> zugrunde liegt. Eine erste Hypothese, zufolge <strong>der</strong>er sich Personalpronomina<br />

auf das Subjekt und Demonstrativpronomina auf das Objekt des<br />

vorherigen Satzes beziehen, scheint zunächst durch eine klare Tendenz in<br />

Korpusdaten bekräftigt, kann aber Beispiele wie (2) (vgl. Bosch & Umbach,<br />

2006) nicht erklären:<br />

(2a) Woher Peter das weiß? Paul hat es ihm gesagt. Er war gerade hier.<br />

(2b) Woher Peter das weiß? Paul hat es ihm gesagt. Der war gerade hier.<br />

Obwohl Paul in (2b) das Subjekt des zweiten Satzes und ihm das Objekt ist,<br />

verweist das Demonstrativpronomen eindeutig auf Paul. Dem Personalpronomen<br />

lässt sich nicht entschieden ein Bezugsobjekt zuordnen; es bevorzugt<br />

allerdings ebenfalls Paul.<br />

9


Auch Kontext kann Einfluss auf die <strong>Referenz</strong> <strong>der</strong> <strong>Pronomina</strong> nehmen, wie in<br />

(3) (vgl. Bosch & Umbach, 2006):<br />

(3) Der Chefarzt untersucht den Patienten. Der ist nämlich Herzspezialist.<br />

Hier prägt Weltkenntnis die Interpretation des Demonstrativpronomens und<br />

weist ihm trotz seiner Präferenz für das Objekt den Chefarzt als Antezedens zu.<br />

Bei Lesart mit folgen<strong>der</strong> Intonation<br />

(3a) Der Chefarzt untersucht den PaTIENten. Der ist nämlich Herzspezialist.<br />

entsteht in <strong>der</strong> Tat eine Art garden path-Effekt und <strong>der</strong> Leser muss seine anfängliche<br />

Verknüpfung des Demonstrativpronomens mit dem Patienten revidieren.<br />

An<strong>der</strong>s bei dieser Betonung:<br />

(3b) Der CHEFarzt untersucht den Patienten. Der ist nämlich Herzspezialist.<br />

Hier ist keine nachträgliche Korrektur <strong>der</strong> Deutung des Pronomens nötig,<br />

was die Subjekt/Objekt-Vermutung ebenfalls nicht zu erklären vermag.<br />

Die überarbeitete Hypothese von Bosch & Umbach, dass Personalpronomen<br />

das Diskurstopik bevorzugen und Demonstrativpronomen mit starker Präferenz<br />

auf ein nicht-thematisches Bezugsobjekt verweisen, liefert hingegen auch<br />

für die genannten Gegenbeispiele eine Erklärung: In (2b) ist Peter das Topik,<br />

Paul steht im Fokus. Die Lesart von (3a) identifiziert den Patienten als Fokus,<br />

wodurch <strong>der</strong> garden path-Effekt entsteht; in (3b) hingegen wird durch die Betonung<br />

<strong>der</strong> Chefarzt fokussiert, sodass Weltkenntnis und Präferenz des Demonstrativpronomens<br />

übereinstimmen. Das Demonstrativpronomen übernimmt<br />

hier eine emphatische Funktion, ähnlich wie in Beispiel (4),<br />

(4) Peter war gerade hier. Der hat mir von Marie erzählt.<br />

in welchem ebenso die Verwendung des Demonstrativpronomens durch die<br />

Topik/Fokus-Hypothese, nicht aber durch die Subjekt/Objekt-Hypothese erklärt<br />

wird.<br />

Ich werde in dieser Arbeit untersuchen, wie sich die <strong>französischen</strong> Demonstrativ-<br />

und Personalpronomina bezüglich dieser Erkenntnisse verhalten, insbeson<strong>der</strong>e<br />

in Hinblick darauf, dass im Französischen, neben den beiden genannten<br />

Kategorien die disjunktiven Personalpronomina existieren, die vielleicht am<br />

ehesten mit dem betonten deutschen Personalpronomen vergleichbar sind,<br />

sich aber in ihrer Funktion von diesem unterscheiden.<br />

10


2. Demonstrativ- und Personalpronomina im Französischen – ein kurzer<br />

Überblick<br />

Ebenso wie im Deutschen unterscheidet man im Französischen Demonstrativ-<br />

und Personalpronomina; letztere glie<strong>der</strong>n sich allerdings weiter in konjunktive<br />

und disjunktive Formen (pronoms personnels conjoints et disjoints), auch<br />

unbetont (atone) und betont (tonique) genannt.<br />

Das folgende Kapitel soll dazu dienen, einen groben Überblick über ihre<br />

Formen und Funktionen als Subjekt, mit Bezug auf eine Person, zu verschaffen,<br />

wie diese in verschiedenen Grammatiken und Artikeln beschrieben sind.<br />

Hierbei werde ich nicht alle dort genannten Fälle aufgreifen, da dies den Rahmen<br />

dieser Ausarbeitung sprengte, und mich hauptsächlich auf die Punkte<br />

beziehen, die für meine Analyse von Belang sind.<br />

2.1. Die konjunktiven Personalpronomina<br />

Je, tu, <strong>il</strong>, elle, nous, vous, <strong>il</strong>s und elles 1 nennen sich konjunktive Formen 2 , da sie<br />

in <strong>der</strong> Regel nur durch ein Objektpronomen o<strong>der</strong> die Negation ne vom Verb<br />

getrennt werden dürfen (vgl. Riegel et al., 2009: 369; Sandfeld, 1965: 1; Grevisse,<br />

2007: 859). Sie korrespondieren in etwa mit den deutschen Personalpronomen,<br />

können aber im Gegensatz zu den deutschen Formen im Allgemeinen<br />

nicht emphatisch verwendet werden (vgl. Sandfeld, 1965: 1, 86; Grevisse, 2007:<br />

840f).<br />

In nachfolgendem Beispiel<br />

(5) Paul war gerade hier. {Er/ER} hat mir erzählt, dass nebenan neue Nachbarn<br />

einziehen.<br />

lässt sich das Personalpronomen betonen, um Paul in den Fokus zu rücken,<br />

wohingegen bei <strong>der</strong> unbetonten Variante die Aussage des Nebensatzes diese<br />

Position einnimmt. Im Französischen ist dies mit <strong>il</strong> nicht möglich.<br />

(5a) Paul a été ici tout à l’heure. {Il/*IL} m’a dit que des nouveaux voisins s’emménageaient<br />

à côté.<br />

Hier steht eindeutig die Tatsache, dass nebenan neue Nachbarn einziehen im<br />

Fokus.<br />

1 Das Pronomen on, vergleichbar mit dem deutschen man, lasse ich an dieser Stelle außer<br />

Acht.<br />

2 auch pronoms atones o<strong>der</strong> clitiques genannt<br />

11


In Y a-t-<strong>il</strong> un IL ostensif? (Anaphores et Pronoms, 1994) untersucht Georges<br />

Kleiber desweiteren, ob das konjunktive Personalpronomen eine demonstrative<br />

Funktion einnehmen kann und argumentiert, dass selbst in Situationen wo<br />

dies scheinbar <strong>der</strong> Fall ist, <strong>il</strong> dennoch nicht als ostensiv bezeichnet werden<br />

könne, son<strong>der</strong>n die Hervorhebung seines Antezedens durch an<strong>der</strong>e Faktoren<br />

bewirkt werde. Um dies zu verdeutlichen analysiert er sowohl die Funktion<br />

<strong>der</strong> geste d’ostension als auch die des Personalpronomens.<br />

Eine zeigende Geste sei nur dann adäquat, wenn das Bezugsobjekt für den<br />

Gesprächspartner bisher noch nicht hervorstechend war und die Salienz des<br />

Referenten entstehe zudem allein durch die Geste, nicht aber durch seine Eigenschaften.<br />

Il hingegen könne sich nur auf einen Referenten beziehen, <strong>der</strong> sich durch den<br />

Kontext o<strong>der</strong> die gegebene Situation bereits in hervorgehobener Position befindet,<br />

bzw. ein Hauptakteur ist.<br />

Entsprechend seien konjunktives Personalpronomen und demonstrative Geste<br />

inkompatibel (vgl. Kleiber, 1994a).<br />

Die Funktion <strong>der</strong> Hervorhebung übernehmen indessen die disjunktiven Personalpronomina.<br />

2.2. Die disjunktiven Personalpronomina<br />

Die disjunktiven o<strong>der</strong> betonten Personalpronomina, bestehen aus den Formen<br />

moi, toi, <strong>lui</strong>, elle, nous, vous, eux, elles, wobei für die 3. Person Singular und<br />

Plural im Femininum, sowie für die 1. und 2. Person Plural konjunktive und<br />

disjunktive Form identisch sind.<br />

Sie finden als Subjekt immer dann Verwendung, wenn ihr Antezedens in irgendeiner<br />

Form hervorgehoben werden soll, sei es zum Beispiel durch Dislokation<br />

(6), durch adverbiale Ergänzungen, die das Pronomen vom Verb trennen<br />

(7) o<strong>der</strong> auch durch Ergänzungen zum Personalpronomen wie aussi (auch),<br />

même (selbst) o<strong>der</strong> seul (allein) (8).<br />

(6) {Moi/*Je}, je n’ai pas été invité.<br />

ICH, ich bin nicht eingeladen worden.<br />

(7) {Lui/*Il} cependant n’a jamais été à Paris.<br />

ER allerdings ist noch nie in Paris gewesen.<br />

(8) {Eux/*Ils} aussi viendront dîner ce soir.<br />

SIE werden auch heute Abend zum Essen kommen.<br />

12


Auch wenn das Personalpronomen zu einer komplexen, aus mehreren Substantiven<br />

bestehenden Nominalphrase gehört, steht im Französischen das pronom<br />

disjoint (9), außerdem in Sätzen ohne Verb (10), als Parenthese zur Betonung<br />

des Subjekts (11), im Relativsatz (12), o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> mise en relief (13) (vgl.<br />

Riegel, 2009: 370f; Sandfeld, 1965: 71ff).<br />

(9) Mes parents et {moi/*je} partirons en vacances la semaine prochaine.<br />

Meine Eltern und ich werden nächste Woche in die Ferien fahren.<br />

(10) Qu’est-ce que tu as préparé pour repas ? – {Moi/Je*}, rien.<br />

Was hast du zum Essen vorbereitet? – ICH, nichts.<br />

(11) Paul, {<strong>lui</strong>/*<strong>il</strong>}, a toujours la flemme d’écrire.<br />

PAUL ist immer schreibfaul.<br />

(12) {Lui/*Il} qui s’est tellement acharné sur son trava<strong>il</strong> a bien réussi aux examens.<br />

ER, <strong>der</strong> so verbissen gearbeitet hat, hat die Prüfungen gut bestanden.<br />

(13) C’est {<strong>lui</strong>/*<strong>il</strong>} qui a cassé le vase.<br />

ER ist es, <strong>der</strong> die Vase zerbrochen hat.<br />

In vielen Fällen wird das disjunktive Pronomen verwendet, um einen Kontrast<br />

zwischen verschiedenen Personen im Kontext zu etablieren. Der Referent<br />

soll durch eine bestimmte Eigenschaft von an<strong>der</strong>en abgegrenzt werden,<br />

manchmal auch zum Zweck eines Vorwurfs. So könnte <strong>der</strong> Sprecher von Beispielsatz<br />

(12) implizieren, dass sein Gesprächspartner seine Prüfungen bestanden<br />

hätte, wäre er auch etwas fleißiger gewesen. Auch in (14), wo offensichtlich<br />

<strong>der</strong> Kontrast im Vor<strong>der</strong>grund steht, kann nur das disjunktive Pronomen<br />

stehen:<br />

(14) Moi, j’ai nettoyé toute la maison, tandis que {<strong>lui</strong>/*<strong>il</strong>} n’a fait que regar<strong>der</strong> la<br />

télé.<br />

ICH habe das ganze Haus geputzt, wohingegen ER nichts getan hat als fernzusehen.<br />

Eine Beson<strong>der</strong>heit bei den pronoms disjoints besteht darin, dass die Formen<br />

moi und toi nicht allein als direktes Subjekt stehen können, son<strong>der</strong>n wie in Beispiel<br />

(6) durch die konjunktive Form wie<strong>der</strong>aufgenommen werden müssen<br />

(reprise) (vgl. Caddéo, 2004), welche sich in <strong>der</strong> Position des Subjekts befindet<br />

13


(vgl. Cappeau, 2004). Dies ist bei den übrigen <strong>Pronomina</strong> optional (vgl. Grevisse,<br />

2007: 845; Sandfeld, 1965: 86f). Dabei ist es jedoch was die die erste und<br />

zweite Person Plural sowie die femininen Formen <strong>der</strong> dritten Person anbelangt,<br />

für die konjunktive und disjunktive Form identisch sind, nicht unproblematisch,<br />

in einem Fall ohne reprise zu entscheiden, welche <strong>der</strong> beiden Formen<br />

vorliegt.<br />

In Le bon usage (Grevisse, 2007: 844ff) finden sich viele Beispiele für Verwendung<br />

des pronom disjoint mit und ohne reprise, jedoch nur mit dem Hinweis,<br />

dass die Form ohne reprise in <strong>der</strong> gehobenen Sprache geläufig, in <strong>der</strong> gewöhnlichen<br />

Sprache dagegen eher selten zu finden sei. Eine Indikation, dass für die<br />

<strong>Pronomina</strong>, bei denen beides möglich ist, ein semantischer Unterschied zwischen<br />

den Varianten bestehen könnte, gibt es nicht. Auf diese Frage werde ich<br />

allerdings später zurückkommen.<br />

H. Nølke untersucht in Anaphoricité et focalisation: Le cas du pronom personnel<br />

disjoint das Verhalten konjunktiver und disjunktiver Personalpronomina bezüglich<br />

<strong>der</strong> Fokussierung. In Übereinstimmung mit den Ausführungen oben<br />

genannter grammatischer Werke bestätigt er, das pronom conjoint sei rein anaphorisch<br />

und spricht ihm eine fokussierte Stellung ab, welche stets vom pronom<br />

disjoint eingenommen werde. Letzteres sei, so Nølke, sowohl anaphorisch<br />

als auch deiktisch. Er bezieht sich an dieser Stelle auf Kleiber (1994a), an dessen<br />

Beispiel (15) sich verdeutlichen ließe, inwiefern konjunktives und disjunktives<br />

Personalpronomen verwandt sind und worin sich ihre Funktion unterscheidet:<br />

(15a) Paul est parti. LUI aurait pu me secourir.<br />

Paul ist gegangen. ER hätte mir helfen können.<br />

(15b) Paul est parti. Il aurait pu me secourir.<br />

Paul ist gegangen. Er hätte mir helfen können.<br />

Il sei hier eindeutig rein anaphorisch in seinem Bezug auf Paul; <strong>lui</strong> hingegen<br />

zeige zwei Aspekte. Zum einen sei es anaphorisch im gleichen Sinne wie <strong>il</strong>,<br />

zum an<strong>der</strong>en aber auch deiktisch, da es durch die Betonung eine neue Information<br />

liefere (vgl. Nølke, 1997; Kleiber, 1994a). Gerade diese Eigenschaft des<br />

pronom disjoint, Anaphorik und Deixis zu kombinieren, spiele eine wichtige<br />

Rolle in seinem Bezug zur Fokussierung.<br />

Darüber hinaus unterscheidet Nølke beim disjunktiven Pronomen das pronom<br />

focalisé und das pronom focalisateur. Ersteres sei selbst fokussiert, wie in<br />

Beispiel (16), nehme grundsätzlich die Position eines Arguments ein und sei<br />

eine Variante des pronom conjoint, wohingegen das pronom focalisateur (17)<br />

hauptsächlich eine intertextuell-deiktische Funktion innehabe, meist kein Ar-<br />

14


gument im Satz sei und ein an<strong>der</strong>es Element fokussiere. Zwischen diesen beiden<br />

Extremen siedelt Nølke ein Spektrum verschiedener Abstufungen an, gibt<br />

aber lei<strong>der</strong> keinen Aufschluss darüber, wo in dieser Spanne die Form mit reprise<br />

(<strong>lui</strong>, <strong>il</strong>…) einzuordnen ist (vgl. Nølke, 1997).<br />

(16) Lui n’a rien fait.<br />

ER hat nichts getan.<br />

(17) Pierre, <strong>lui</strong>, n’a rien fait.<br />

Pierre, ER, hat nichts getan.<br />

Ein Hinweis auf einen semantischen Unterschied zwischen <strong>der</strong> Form avec<br />

reprise und <strong>der</strong> sans reprise findet sich in « Bleu, je veux » – Remarques sur la focalisation<br />

en français (M. Krötsch & A. Sabban, 1990). Es liege eine Fokussierung<br />

des pronominalen Subjekts <strong>der</strong> 3. Person in Beispiel (18a) vor, welches aber<br />

nicht mit Satz (18b) zu verwechseln sei, <strong>der</strong> einer Segmentation entspreche<br />

(vgl. Krötsch & Sabban, 1990).<br />

(18a) Lui a dit ça.<br />

/CC/ /PARb/<br />

ER hat das gesagt.<br />

(18b) Lui, <strong>il</strong> a dit ça.<br />

/CT+/ /CC/<br />

ER, er hat DAS gesagt.<br />

(/CC/ steht hierbei für die Hauptbetonung des Satzes, „finalité―, /PARb/ für<br />

„parenthèse basse―, den unbetonten Te<strong>il</strong> des Satzes, und /CT+/ für „continuation―,<br />

eine schwächere Betonung mit steigen<strong>der</strong> Intonation, bezogen auf die<br />

Hervorhebung des links vorangestellten Themas (vgl. Krötsch & Sabban,<br />

1990).<br />

Weiterhin wird auf diese spezielle Unterscheidung zwischen <strong>lui</strong> und <strong>lui</strong>, <strong>il</strong><br />

jedoch nicht eingegangen. Da <strong>der</strong> Artikel sich im Übrigen hauptsächlich mit<br />

gesprochenem Französisch beschäftigt, wohingegen ich in dieser Arbeit ausschließlich<br />

Schriftsprache untersuche, erwähne ich diesen Hinweis hier nur am<br />

Rande und komme auf das zitierte Beispiel (18) in Zusammenhang mit Nølkes<br />

Kategorisierung des pronom disjoint in focalisé und focalisateur zurück.<br />

15


2.3. Die Demonstrativpronomina<br />

Ich werde an dieser Stelle lediglich die Formen ce<strong>lui</strong>-ci/-là, celle-ci/-là, ceux-ci/là,<br />

celles-ci/-là (formes composées) vorstellen und nicht auf die <strong>Pronomina</strong> im Relativsatz<br />

(z.B. ce<strong>lui</strong> qui) o<strong>der</strong> auf die mit Bestimmung durch Präpositionalphrase<br />

(z.B. ce<strong>lui</strong> de X) eingehen, da ich diese auch in meinen weiteren Untersuchungen<br />

nicht berücksichtigt habe und ihre Verwendung daher für diese Arbeit<br />

nicht weiter relevant ist. Überdies gehe ich, wie auch bei den Formen <strong>der</strong><br />

Personalpronomina, auf das Demonstrativpronomen als Subjekt ein.<br />

Gemäß <strong>der</strong> Darlegungen in Le bon usage (Grevisse, 2007: 892ff) und Grammaire<br />

méthodique du français (Riegel et al., 2009: 376f) kann das pronom démonstratif<br />

sowohl anaphorisch als auch deiktisch fungieren. In letzterer Verwendung<br />

begleite es oft eine demonstrative Geste, um eine Person o<strong>der</strong> ein Objekt zu<br />

benennen, welche o<strong>der</strong> welches in <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong> Äußerung präsent ist.<br />

Anaphorisch beziehe es sich auf einen Referenten, <strong>der</strong> im Kontext bereits erwähnt<br />

wurde. Die angefügten Morpheme -ci und -là kennzeichnen ein näher<br />

liegendes, bzw. ein weiter entferntes Bezugsobjekt, in etwa vergleichbar mit<br />

den deutschen Formen dieser und jener o<strong>der</strong> letzterer und ersterer. In diesem<br />

Sinne in <strong>der</strong> Satzstruktur kombiniert bewirken ce<strong>lui</strong>-ci und ce<strong>lui</strong>-là einen Gegensatz<br />

zwischen zwei Referenten (vgl. Grevisse, 2007: 895ff; Riegel et al. 2009:<br />

376).<br />

An dieser Stelle möchte ich noch kurz auf eine interessante Beobachtung<br />

hindeuten, dargelegt in Corblin (1998), Kleiber (1994b) und Zribi-Hertz (1991),<br />

die zwar nicht Thema dieser Arbeit sein wird, aber dennoch für meine Analyse<br />

relevant ist.<br />

In Grammaire et empathie trennt A. Zribi-Hertz eine Unterklasse des Pronomens<br />

ce<strong>lui</strong>-ci (bezeichnet als ce<strong>lui</strong>-ci°) von seinen übrigen Anwendungen. Ce<strong>lui</strong>ci°,<br />

welches Charakteristiken ähnlich dem Personalpronomen <strong>il</strong> aufweise, ersetze<br />

eine Nominalphrase (NP) und kein N’, wie es in an<strong>der</strong>en Verwendungen<br />

von ce<strong>lui</strong>-ci <strong>der</strong> Fall sei. So sei zu beobachten, dass ce<strong>lui</strong>-ci° nicht durch ce<strong>lui</strong>-là<br />

substituiert werden könne, was bei ce<strong>lui</strong>-ci (pro-N’) möglich sei; genauso wenig<br />

erlaube ce<strong>lui</strong>-ci° – im Gegensatz zu ce<strong>lui</strong>-ci (pro N’) – eine Ergänzung durch die<br />

dislocation à droite <strong>der</strong> Form de N (mit N gleich <strong>der</strong> Klasse des Bezugsobjekts<br />

von ce<strong>lui</strong>-ci°) (20b) o<strong>der</strong> ließe sich die Komponente <strong>lui</strong> von ce<strong>lui</strong>-ci° durch N<br />

ersetzen (20a). Dagegen könne ce<strong>lui</strong>-ci° aber mit einer nicht-pronominalen demonstrativen<br />

Nominalphrase <strong>der</strong> Form ce N alternieren (vgl. Zribi-Hertz,<br />

1991).<br />

F. Corblin unterscheidet in Ce<strong>lui</strong>-ci anaphorique: un mentionnel gleichermaßen<br />

zwei Formen des pronom démonstratif, das ce<strong>lui</strong>-ci anaphorique und das ce<strong>lui</strong>-ci<br />

mentionnel. Bei ersterer Form sei sowohl eine Substitution des Bestandte<strong>il</strong>s <strong>lui</strong><br />

von ce<strong>lui</strong>-ci durch die Klasse N möglich (ce N-ci, 19a), als auch genannte disloca-<br />

16


tion à droite (19b), wobei das ce<strong>lui</strong>-ci mentionnel keine <strong>der</strong> beiden Möglichkeiten<br />

zulasse (20a und b).<br />

(19) Pierre a acheté un livre sur l’aurore polaire. Moi, j’ai acheté ce<strong>lui</strong>-ci.<br />

Peter hat ein Buch über das Polarlicht gekauft. ICH, ich habe dieses (hier) gekauft.<br />

(19a) Pierre a acheté un livre sur l’aurore polaire. Moi, j’ai acheté ce livre-ci.<br />

Peter hat ein Buch über das Polarlicht gekauft. ICH, ich habe dieses Buch hier<br />

gekauft.<br />

(19b) Pierre a acheté un livre sur l’aurore polaire. Moi, j’ai acheté ce<strong>lui</strong>-ci, de livre. 3<br />

(20) Paul se rendit chez le directeur. Ce<strong>lui</strong>-ci refusa de le recevoir.<br />

Paul begab sich zum Direktor. Der weigerte sich ihn zu empfangen.<br />

(20a) Paul se rendit chez le directeur. *Ce directeur-ci refusa de le recevoir.<br />

Paul begab sich zum Direktor. *Dieser Direktor hier weigerte sich ihn zu empfangen.<br />

(20b) Paul se rendit chez le directeur. *Ce<strong>lui</strong>-ci, de directeur, refusa de le recevoir. 3<br />

Das ce<strong>lui</strong>-ci mentionnel sei dem pronom personnel <strong>il</strong> in seiner Funktionalität<br />

ähnlich, diene aber als contre-topique, als ein Gegenstück zum Thema des Diskurses,<br />

wohingegen <strong>il</strong> das Topik kontinuierlich fortsetze. Vergleichbar dazu<br />

bemerkt auch G. Kleiber in Anaphore et Pronom, ce<strong>lui</strong>-ci/-là richte, im Gegensatz<br />

zum Personalpronomen <strong>il</strong>, welches eine Kontinuität im Diskurs bewirke und<br />

das Thema weiterführe, die Aufmerksamkeit auf einen Referenten, <strong>der</strong> bereits<br />

im Fokus steht, aber von dem man nicht erwarte, dass er die Kontinuität wahre<br />

(vgl. Kleiber, 1994b).<br />

Laut Corblin habe ce<strong>lui</strong>-ci mentionnel die Charakteristik, im Diskurs einen<br />

Bruch zu bewirken, die Sichtweise zu än<strong>der</strong>n, allerdings nicht ausschließlich<br />

als Mittel, sein Antezedens aus dem Hintergrund in den Vor<strong>der</strong>grund zu rücken<br />

und als Thema fortzuführen, son<strong>der</strong>n es könne auch auf ein Bezugsobjekt<br />

verweisen welches im Kontext erwähnt wurde, um es kurzzeitig in den Fokus<br />

zu rücken, ohne es zum Topik werden zu lassen. An dieser Stelle son<strong>der</strong>t sich<br />

seine Analyse leicht ab von <strong>der</strong> G. Kleibers, welche hauptsächlich auf die in<br />

den Vor<strong>der</strong>grund hebende, themenwechselnde Funktion des pronom démonstratif<br />

hinweist.<br />

3 Da die dislocation à droite im Deutschen so nicht existiert, übersetzte man (19b) vermutlich wie<br />

(19a). Dasselbe g<strong>il</strong>t auch für (20a) und (20b).<br />

17


Diese Unterscheidung sei hier erwähnt, da ich mich in meiner Untersuchung<br />

ausschließlich auf ce<strong>lui</strong>-ci° bzw. ce<strong>lui</strong>-ci mentionnel beziehen werde.<br />

18


II. Beobachtungen zum Verhalten von <strong>il</strong>, <strong>lui</strong>, und ce<strong>lui</strong>-ci, im<br />

Vergleich zum Deutschen<br />

1. Topik und Fokus – allgemein<br />

Gestützt auf die Aussagen oben kurz vorgestellter Arbeiten lässt sich zunächst<br />

einmal feststellen, dass <strong>il</strong> und ce<strong>lui</strong>-ci in Bezug auf Topik und Fokus<br />

offensichtlich ähnlich funktionieren wie die deutschen Formen er und <strong>der</strong>. In<br />

<strong>der</strong> <strong>französischen</strong> Übersetzung von Beispiel (1)<br />

(1a) Peteri wollte mit Paulk Tennis spielen. Doch eri/k war krank.<br />

(1b) Peteri wollte mit Paulk Tennis spielen. Doch <strong>der</strong>*i/k war krank.<br />

(1a’) Pierrei voulait jouer au tennis avec Paulk. Mais <strong>il</strong>i/k était malade.<br />

(1b’) Pierrei voulait jouer au tennis avec Paulk. Mais ce<strong>lui</strong>-ci*i/k était malade.<br />

weist das Personalpronomen <strong>il</strong> eine ähnliche leichte Zweideutigkeit auf wie im<br />

Deutschen, bevorzugt aber das Subjekt des Satzes, Pierre, als Antezedens.<br />

Ebenfalls übereinstimmend mit dem Deutschen zeigt ce<strong>lui</strong>-ci eine noch stärkere<br />

Präferenz für das Objekt, Paul; eine Lesart mit Bezug auf Pierre ist nicht möglich.<br />

Man könnte also die Hypothese aufstellen – wie sie auch Kleiber (1994b)<br />

und Corblin (1998) beschreiben – das pronom conjoint beziehe sich auf das<br />

Thema des Diskurses, während ce<strong>lui</strong>-ci einen Bruch in <strong>der</strong> Kontinuität bewirke<br />

und ein rhematisches, fokussiertes Bezugsobjekt wähle.<br />

Auch an folgenden Beispielen (vgl. Bosch & Umbach, 2006) lässt sich für beide<br />

Sprachen ein ähnliches Verhalten feststellen:<br />

(21) Comment Pierrei le sait? Mariek le <strong>lui</strong>i a dit.<br />

{Ili / Luii / # Ce<strong>lui</strong>-cii} a été ici tout à l’heure.<br />

Woher Peteri das weiß? Mariak hat es ihmi gesagt.<br />

{Eri / ERi / # Deri} war gerade hier.<br />

(22) Comment Pierrei le sait? Ili l’a appris par Paulk.<br />

{Ili / # Ilk / ? Luii / ? Luik / # Ce<strong>lui</strong>-cii / Ce<strong>lui</strong>-cik} a été ici tout à l’heure.<br />

Woher Peteri das weiß? Eri hat es von Paulk gehört.<br />

{Eri / # Erk / ? ERi / ? ERk / # Deri / Derk} war gerade hier.<br />

In (21) gibt es für die Pronomen <strong>der</strong> dritten Phrase nur einen möglichen Referenten<br />

mit Übereinstimmung in Person, Numerus und Genus. Jedoch ist ein<br />

19


Bezug auf Pierre nur durch die beiden Formen des Personalpronomens, <strong>il</strong> und<br />

<strong>lui</strong>, möglich, ce<strong>lui</strong>-ci ist nicht akzeptabel. Ebenso sind im Deutschen sowohl die<br />

unbetonte als auch die betonte Variante des Personalpronomens er zulässig,<br />

nicht aber das Demonstrativpronomen.<br />

Aus (22) geht hervor, dass ce<strong>lui</strong>-ci, wie auch <strong>der</strong>, auf das <strong>Referenz</strong>-Objekt im<br />

Fokus verweist, <strong>il</strong> hingegen, analog zu er, auf das Topik. Auch an einem Beispiel<br />

aus La Peste von Albert Camus lässt sich dies beobachten:<br />

(23) Ramberti confiait au docteurk qu’<strong>il</strong>i avait établi, grâce aux deux petits gardes,<br />

un système de correspondance clandestine avec sa femmel. Ili recevait une<br />

lettre de loin en loin. Ili offrit à Rieuxk de le faire profiter de son système et<br />

ce<strong>lui</strong>-cik accepta. (S. 234)<br />

Rambert, Topik in diesem kurzen Abschnitt, wird durch das Personalpronomen<br />

wie<strong>der</strong>aufgenommen, le docteur bzw. Rieux, in Fokusposition, ist hingegen<br />

Bezugspunkt des Demonstrativpronomens.<br />

Interessant ist die Frage, wie sich das disjunktive Pronomen in Hinblick auf<br />

Topik und Fokus verhält. Dazu noch einmal Beispiel (22), sowie (22’) und (24):<br />

(22) Comment Pierrei le sait? Ili l’a appris par Paulk.<br />

{Ili / # Ilk / Luii/k / # Ce<strong>lui</strong>-cii /Ce<strong>lui</strong>-cik} a été ici tout à l’heure.<br />

Woher Peteri das weiß? Eri hat es von Paulk gehört.<br />

{Eri / # Erk / ERi/k / # Deri / Derk} war gerade hier.<br />

(22’) Comment Pierrei le sait? {Ili / Luii / # Ce<strong>lui</strong>-cii} l’a appris par Paulk.<br />

Woher Peteri das weiß? {Eri / ERi / Deri} hat es von Paulk gehört.<br />

(24) Comment Pierrei le sait? Paulk le <strong>lui</strong>i a dit.<br />

{Ili/k / Luik / ? Ce<strong>lui</strong>-cik} a été ici tout à l’heure.<br />

Woher Peteri das weiß? Paulk hat es ihmi gesagt.<br />

{Eri/k / ERk / Derk} war gerade hier.<br />

(22’) zeigt, dass sich <strong>lui</strong>, im Gegensatz zu ce<strong>lui</strong>-ci, auf das Diskurstopik beziehen<br />

kann. Der Unterschied zu einer <strong>Referenz</strong> durch <strong>il</strong> besteht darin, ausdrücken<br />

zu wollen, dass mehrere Personen auf irgendeine Weise von <strong>der</strong> Neuigkeit<br />

erfahren haben, Pierre aber es von Paul gehört hat.<br />

In (22) bewirkt <strong>lui</strong> eine Doppeldeutigkeit. Es lässt sich nicht klar feststellen,<br />

ob das Topik, Pierre, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Referent im Fokus, Paul, gemeint ist, allerdings<br />

besteht eine Tendenz zu Paul. Dennoch klingt das disjunktive Personalprono-<br />

20


men an dieser Stelle eher ungebräuchlich, da für beide Personen im Kontext<br />

deutlicher verweisende Pronomen möglich wären.<br />

An<strong>der</strong>s in Beispiel (24). Hier bezieht sich <strong>lui</strong> eindeutig auf Paul und verhält<br />

sich damit ebenso wie das deutsche betonte Personalpronomen ER. Eine eindeutige<br />

<strong>Referenz</strong> zu Pierre ist im Unterschied zu (22) nicht möglich – we<strong>der</strong> im<br />

Deutschen, noch im Französischen.<br />

Man könnte zusammenfassen, <strong>il</strong> verweise auf das Topik, ce<strong>lui</strong>-ci auf ein Antezedens<br />

im Fokus, und <strong>lui</strong> beziehe sich auf das Diskursthema um es zu betonen<br />

o<strong>der</strong> es in einen Kontrast zu stellen, es sei denn ein in Person, Numerus<br />

und Genus übereinstimmen<strong>der</strong> Referent steht in Fokus-Position. In letzterem<br />

Fall wähle <strong>lui</strong> dieses Bezugsobjekt als Antezedens.<br />

Diese Theorie erfasst allerdings noch nicht die unterschiedlichen Bezugsfunktionen<br />

von <strong>lui</strong> und ce<strong>lui</strong>-ci in (22) und (24). In beiden Beispielen steht Paul im<br />

Fokus, in (24) aber ist er durch die Subjektposition beson<strong>der</strong>s hervorgehoben,<br />

was darauf hinweist, dass Topik und Fokus womöglich nicht die einzigen Kriterien<br />

sind, nach denen sich die <strong>Referenz</strong> <strong>der</strong> beiden <strong>Pronomina</strong> richtet. Ebenso<br />

lässt sich aber auch einwenden, dass eine Beurte<strong>il</strong>ung anhand genannter<br />

Beispiele aufgrund des Fehlens eines ausreichenden Kontextes erschwert wird.<br />

Unter Heranziehung umfassen<strong>der</strong>er Kontexte 4 ließ sich feststellen, dass <strong>lui</strong><br />

meist entwe<strong>der</strong> das Topik selbst aufgreift o<strong>der</strong> zumindest eine in <strong>der</strong> Situation<br />

gegenwärtige o<strong>der</strong> bekannte Person, die keine nebensächliche Rolle spielt. Ce<strong>lui</strong>-ci<br />

hingegen kann sich sowohl auf Randfiguren in Fokusposition beziehen,<br />

als auch auf Hauptpersonen, sofern sie gerade nicht im Vor<strong>der</strong>grund stehen,<br />

nie aber auf das unmittelbare Topik. So beispielsweise in (25) bis (27):<br />

(25) Quant au sens que pouvaient avoir cet ex<strong>il</strong> et ce désir de réunion, Rieuxi n’en<br />

savait rien. Marchant toujours, pressé de toutes parts, interpellé, <strong>il</strong>i arrivait<br />

peu à peu dans des rues moins encombrées et pensait qu’<strong>il</strong> n’est pas important<br />

que ces choses aient un sens ou non, maisqu’<strong>il</strong> faut voir seulement ce qui est<br />

répondu à l’espoir des hommes.<br />

Luii savait désormais ce qui était répondu et <strong>il</strong>i l’apercevait mieux dans les<br />

premières rues des faubourgs, presque désertes.<br />

(Camus, La Peste, S. 271)<br />

4 Ich verweise hier auf mehrere Romane, die ich bezüglich <strong>der</strong> Vorkommen von <strong>lui</strong> und ce<strong>lui</strong>-ci<br />

als Subjekt untersucht habe, darunter L’Étranger und La Peste von Albert Camus und Les Impudents<br />

von Marguerite Duras. Indizes und Fettdruck nachträglich eingefügt, Übersetzungen ins<br />

Deutsche im Anhang.<br />

21


Lui verweist hier auf das Thema, Rieux, in hervorheben<strong>der</strong> Funktion. Eine<br />

Substitution durch <strong>il</strong> an dieser Stelle wäre unproblematisch; ce<strong>lui</strong>-ci dagegen<br />

wäre inakzeptabel.<br />

(26) Dans le jardin abrité et sans ombre, <strong>il</strong> faisait très chaud. Pendant que Jacquesi<br />

et Henrik allaient et venaient dans le petit chemin de ronde le long de la terrasse,<br />

Mme Taneranl et Maudm s’accoudèrent au petit mur qui surplombait la<br />

vallée. Lorsque Jacquesi arrivait à la hauteur de sa mèrel, <strong>il</strong>i proférait, les<br />

dents serrées :<br />

- C’est la <strong>der</strong>nière fois, tu entends, la <strong>der</strong>nière !<br />

Mme Taneranl ne répondait pas. Ellel essayait seulement de li’apaiser en <strong>lui</strong>i<br />

opposant un sourire contraint. La pauvre femmel n’avait jamais remarqué<br />

combien cette attitude exaspérait encore plus son f<strong>il</strong>si. Maudm, les yeux un<br />

peu éblouis par le sole<strong>il</strong> de midi, paraissait soucieuse. Pourquoi les paroles de<br />

son frèrei s’imprégnaient-elles ainsi en ellem ? Luii, martelait le chemin, nerveusement<br />

et tournait comme une bête en cage qui ne parvient pas à trouver<br />

une issue.<br />

(Duras, Les Impudents, S. 123)<br />

In diesem Beispiel bezieht sich das disjunktive Pronomen auf Jacques, <strong>der</strong> bereits<br />

als einer <strong>der</strong> Hauptakteure aufgetreten ist. Wie in (25) bezöge sich hier<br />

auch das konjunktive Pronomen auf Jacques, während ce<strong>lui</strong>-ci nicht möglich ist.<br />

Zwar ist in den vorhergehenden Sätzen mehrmals von ihm die Rede, in Objektposition,<br />

jedoch steht er nicht unmittelbar im Fokus, was eine Voraussetzung<br />

für die <strong>Referenz</strong> des Demonstrativpronomens zu sein scheint, nicht aber<br />

für die des pronom disjoint.<br />

(27) - Je vois, dit Ramberti, <strong>il</strong> faut tout recommencer.<br />

Le surlendemain, au coin d’une rue, Raoulk confirma l’hypothèse de Garcial ;<br />

les bas quartiers avaient été consignés. Il fallait reprendre contact avec<br />

Gonzalèsm. Deux jours après, Ramberti déjeunait avec le joueur de<br />

footballm.<br />

- C’est idiot, disait ce<strong>lui</strong>-cim. On aurait dû convenir d’un moyen de se retrouver.<br />

C’était aussi l’avis de Ramberti.<br />

- Demain matin, nous irons chez les petits, on tâchera de tout arranger.<br />

(Camus, La Peste, S. 148f)<br />

Das Demonstrativpronomen steht in Beispiel (27) für den Fußballspieler Gonzales,<br />

eine Nebenrolle, direkt zuvor in Fokusposition. Setzte man hier für ce<strong>lui</strong>-<br />

22


ci das konjunktive Personalpronomen ein, wechselte die <strong>Referenz</strong> von Gonzales<br />

zu Rambert.<br />

Die vermuteten Präferenzen <strong>der</strong> Pronomen hinsichtlich Topik und Fokus im<br />

Allgemeinen werden insofern also auch von komplexeren Beispielen bestätigt.<br />

In den folgenden Abschnitten soll nun untersucht werden, welche an<strong>der</strong>en,<br />

sublimeren Kriterien Einfluss auf die <strong>Referenz</strong> haben. Dazu wende ich mich<br />

zunächst Emphase und Selektion zu, anschließend beschäftige ich mich kurz<br />

mit dem Konzept <strong>der</strong> Empathie.<br />

23


2. Emphase und Selektion<br />

Auffällig an Beispiel (24) war, dass ce<strong>lui</strong>-ci eher unpassend klingt, wohingegen<br />

es im Deutschen absolut gebräuchlich ist, mit <strong>der</strong> auf Paul zu verweisen;<br />

an<strong>der</strong>s als in (22), wo zu diesem Zweck in beiden Sprachen intuitiv das Demonstrativpronomen<br />

gewählt würde. Noch deutlicher wird dieser Unterschied<br />

an den Beispielen (28) und (29):<br />

(28) Pierrei vient de parler à Paulk. Ce<strong>lui</strong>-cik était en route pour la fac.<br />

Peteri sprach gerade mit Paulk. Derk war auf dem Weg zur Uni.<br />

(29) Pierrei a été ici tout à l’heure. Luii m’a parlé de Mariek.<br />

Peteri war gerade hier. Deri hat mir von Mariak erzählt.<br />

In (28) wäre es möglich, mit <strong>lui</strong> auf Paul zu verweisen, um zu betonen, dass<br />

dieser auf dem Weg zur Uni war, nicht aber Pierre. Jedoch scheint mir diese<br />

<strong>Referenz</strong> abhängig von <strong>der</strong> Intonation. Ohne ausdrückliche Betonung entsteht<br />

eine Zweideutigkeit; mit Akzentuierung wie in (28a) bezieht sich <strong>lui</strong> auf Paul,<br />

in (28b) dagegen auf Pierre.<br />

(28a) Pierrei vient de parler à PAULk. Luik était en route pour la fac.<br />

Peteri sprach gerade mit PAULk. Derk war auf dem Weg zur Uni.<br />

(28b) PIERREi vient de parler à Paulk. Luii était en route pour la fac.<br />

PETERi sprach gerade mit Paulk. Deri/k war auf dem Weg zur Uni.<br />

In (29) wäre ce<strong>lui</strong>-ci anstelle von <strong>lui</strong> absolut inadäquat. Offenbar kann das<br />

deutsche Demonstrativpronomen sich sowohl selektiv auf ein rhematisches<br />

Element beziehen, als auch die Funktion <strong>der</strong> Emphase übernehmen, wohingegen<br />

im Französischen im ersten Fall ce<strong>lui</strong>-ci steht, zur Betonung aber <strong>lui</strong> verwendet<br />

wird.<br />

Dass die <strong>Referenz</strong> <strong>der</strong> Pronomen durch ein Zusammenspiel <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Hervorhebung<br />

und <strong>der</strong> Satzgliedfunktion des Antezedens im vorangehenden Satz<br />

beeinflusst wird, zeigen auch die etwas komplexer konstruierten Beispiele (30)<br />

und (31):<br />

24


(30) Ce jour-là, le médecin-chefi avait dur trava<strong>il</strong>lé et se sentit épuisé.<br />

i) Le soir, <strong>il</strong>i examina le cardiAQUEk et comme d’habitude, {<strong>il</strong>i / <strong>lui</strong>i/k / ce<strong>lui</strong>-cik}<br />

se voulait confiant.<br />

ii) Le soir, LUIi examina le cardiaquek et comme d’habitude, {<strong>il</strong>i / <strong>lui</strong>i / ce<strong>lui</strong>-cik}<br />

se voulait confiant.<br />

iii) Le soir, le cardiAQUEk passa la visite médicale chez <strong>lui</strong>i et comme<br />

d’habitude, {<strong>il</strong>i/k / <strong>lui</strong>k / # ce<strong>lui</strong>-cii / ? ce<strong>lui</strong>-cik} se voulait confiant.<br />

iv) Le soir, le cardiaquek passa la visite médicale chez LUIi et comme<br />

d’habitude, {<strong>il</strong>i/k / <strong>lui</strong>i/k / # ce<strong>lui</strong>-cii / # ce<strong>lui</strong>-cik} se voulait confiant.<br />

An diesem Tag hatte <strong>der</strong> Chefarzti hart gearbeitet und fühlte sich ausgelaugt.<br />

i) Abends untersuchte eri den HERZpatientenk und wie gewöhnlich gab<br />

{eri / ERi/k / <strong>der</strong>k} sich zuversichtlich.<br />

ii) Abends untersuchte ERi den Herzpatienten und wie gewöhnlich gab<br />

{eri / ERi / <strong>der</strong>k} sich zuversichtlich.<br />

iii) Abends ließ sich <strong>der</strong> HERZpatientk von ihmi untersuchen und wie gewöhnlich<br />

gab {eri/k / ERi / <strong>der</strong>k} sich zuversichtlich.<br />

iv) Abends ließ sich <strong>der</strong> Herzpatientk von IHMi untersuchen und wie gewöhnlich<br />

gab {eri / ERi / <strong>der</strong>k} sich zuversichtlich.<br />

(31) Ce jour-là, le cardiaquek n’avait pas quitté sa chambre car son état s’était aggravé.<br />

i) Le soir, <strong>il</strong>k passa la visite médicale chez le médecin-CHEFi et comme<br />

d’habitude, {<strong>il</strong>k / <strong>lui</strong>i/k / ce<strong>lui</strong>-cii} se voulait confiant.<br />

ii) Le soir, LUIk passa la visite médicale chez le médecin-chefi et comme<br />

d’habitude, {<strong>il</strong>k / <strong>lui</strong>k / ce<strong>lui</strong>-cii} se voulait confiant.<br />

iii) Le soir, le médecin-CHEFi lk’examina et comme d’habitude, {<strong>il</strong>i/k / <strong>lui</strong>i /<br />

# ce<strong>lui</strong>-cik / ? ce<strong>lui</strong>-cii} se voulait confiant.<br />

An diesem Tag hatte <strong>der</strong> Herzpatientk sein Zimmer nicht verlassen, da sein<br />

Zustand sich verschlechtert hatte.<br />

i) Abends ließ erk sich vom CHEFarzti untersuchen und wie gewöhnlich<br />

gab {erk / ERi/k / <strong>der</strong>i} sich zuversichtlich.<br />

ii) Abends ließ ERk sich vom Chefarzti untersuchen und wie gewöhnlich<br />

gab {erk / ERk / <strong>der</strong>i} sich zuversichtlich.<br />

iii) Abends untersuchte ihn <strong>der</strong> CHEFarzti und wie gewöhnlich gab {eri/k /<br />

ERi/k / <strong>der</strong>i} sich zuversichtlich.<br />

25


Folgende Tabelle zeigt, inwiefern sich <strong>der</strong> Bezug <strong>der</strong> <strong>Pronomina</strong> je nach Betonung<br />

und Satzgliedfunktion <strong>der</strong> möglichen Antezedenzien än<strong>der</strong>t.<br />

Bsp. Topik<br />

(Kontext)<br />

Subjekt<br />

(2. Satz)<br />

betont<br />

(2. Satz)<br />

26<br />

<strong>Referenz</strong><br />

von <strong>il</strong><br />

<strong>Referenz</strong><br />

von <strong>lui</strong><br />

<strong>Referenz</strong><br />

von ce<strong>lui</strong>-ci<br />

30 i) m m c m m / c c<br />

30 ii) m m m m m c<br />

30 iii) m c c m / c c 5 ? c<br />

30 iv) m c m m / c m / c # c<br />

31 i) c c m c m / c m<br />

31 ii) c c c c c m<br />

31 iii) c m m m / c m ? m<br />

Tabelle 1 m = médecin-chef; c = cardiaque<br />

Das pronom conjoint bevorzugt klar das Topik; auch wenn ein möglicher Referent<br />

in Objektposition steht behält <strong>il</strong> wenigstens eine starke Tendenz zum Diskursthema.<br />

Eine wesentliche Zweideutigkeit entsteht erst, wenn ein weiteres<br />

mögliches Antezedens in Subjektposition rückt. Wie ausgeprägt die Präferenz<br />

des konjunktiven Pronomens ist, zeigt Beispiel (30) iii), wo die bisher nicht<br />

genannte Figur sowohl in Subjektposition steht, als auch betont wird und dennoch<br />

nicht eindeutig von <strong>il</strong> aufgegriffen werden kann.<br />

Die Bedingungen <strong>der</strong> <strong>Referenz</strong> von ce<strong>lui</strong>-ci scheinen auf den ersten Blick fraglich.<br />

Zunächst wird deutlich, dass das Demonstrativpronomen, wie bereits<br />

festgestellt und auch in den zu Anfang vorgestellten Arbeiten bemerkt, das<br />

Topik meidet; in allen Varianten von (30) bzw. (31) wird, wenn eine <strong>Referenz</strong><br />

möglich ist, das rhematische Antezedens gewählt. Ob ce<strong>lui</strong>-ci sich in (30) auf<br />

den Herzpatienten (c) bzw. in (31) auf den Chefarzt (m) beziehen kann, i.e. auf<br />

die Person, die nicht zuvor im Kontext erwähnt wurde, scheint zudem davon<br />

abzuhängen, ob diese Person Subjekt o<strong>der</strong> Objekt des zweiten Satzes b<strong>il</strong>det. In<br />

erster Kondition, gegeben, dass das Subjekt durch Betonung fokussiert wird,<br />

scheint mir die <strong>Referenz</strong> von ce<strong>lui</strong>-ci fragwürdig 6 , ohne Hervorhebung sogar<br />

ausgeschlossen. Ich nehme an, dass hier die Art <strong>der</strong> Fokussierung eine Rolle<br />

spielt. In (30) iii) ist <strong>der</strong> Herzpatient zwar Subjekt, steht aber durch die Betonung<br />

im Fokus und b<strong>il</strong>det das Rhema des Satzes, wohingegen in (30) iv) durch<br />

die variierte Intonation <strong>der</strong> Eindruck erzeugt wird, er sei bereits eine bekannte<br />

o<strong>der</strong> kurz zuvor erwähnte Figur; im Fokus steht stattdessen die Tatsache, dass<br />

5 An dieser Stelle bin ich nicht ganz sicher, ob sich <strong>lui</strong> eindeutig auf den Herzpatienten bezieht;<br />

in jedem Fall besteht aber eine starke Tendenz.<br />

6 Auf diesen Punkt werde ich im nächsten Abschnitt noch einmal zurückkommen, mit Verweis<br />

auf ein Beispiel von Anne Zribi-Hertz, vorgebracht in Grammaire et empathie (1991).


er sich vom Chefarzt untersuchen ließ. Die Unangemessenheit von ce<strong>lui</strong>-ci in<br />

(30) iv) für beide Antezedenten spräche insofern für die Topik-Fokus Theorie:<br />

Der Chefarzt kann durch das Demonstrativpronomen nicht aufgegriffen werden,<br />

da er das Topik b<strong>il</strong>det und im zweiten Satz schon durch ein Personalpronomen<br />

ersetzt wurde; ein solches ist für das Demonstrativpronomen grundsätzlich<br />

nicht zugänglich. Der Herzpatient kommt gleichermaßen nicht in Betracht,<br />

da er nicht im Fokus steht.<br />

Für das pronom disjoint erweist sich die Relevanz einer Übereinstimmung mit<br />

Topik o<strong>der</strong> Fokus als weniger offenkundig. Während es sich in (28a) noch eindeutig<br />

auf die betonte Person, Paul, bezieht, und nicht auf das Thema, Pierre,<br />

neigt es, wie das pronom conjoint, in (30) und (31) dazu, auf das Thema des<br />

Diskurses zu verweisen, dies zudem bevorzugt dann, wenn dieses auch im<br />

nächsten Satz das Subjekt b<strong>il</strong>det und außerdem betont wird. Die Person im<br />

Fokus greift <strong>lui</strong> nur dann eindeutig (o<strong>der</strong> zumindest mit sehr starker Präferenz)<br />

auf, wenn sie auch Subjekt ist und man dementsprechend einen Topikwechsel<br />

erwarten könnte. An<strong>der</strong>nfalls scheint eine unmissverständliche <strong>Referenz</strong><br />

mit <strong>lui</strong> nicht möglich.<br />

Letzteren Punkt unterstützen auch die Beispiele (32) und (33) aus La Peste:<br />

(32) Sans sortir de l’ombre, le docteuri dit qu’<strong>il</strong>i avait déjà répondu, que s’<strong>il</strong> croyait<br />

en un Dieu tout-puissant, <strong>il</strong>i cesserait de guérir les hommes, <strong>lui</strong> laissant alors<br />

ce soin. Mais que personne au monde, non, pas même Panelouxk qui croyait y<br />

croire, ne croyait en un Dieu de cette sorte, puisque personne ne s’abandonnait<br />

totalement et qu’en cela du moins, <strong>lui</strong>i, Rieuxi, croyait être sur le chemin de la<br />

vérité, en luttant contre la création telle qu’elle était. (S. 120)<br />

(33) Rieuxi secoua la tête avec son mouvement habituel, et dit que c’était l’affaire de<br />

Rambertk, que ce <strong>der</strong>nierk avait choisi le bonheur et que <strong>lui</strong>i, Rieuxi, n’avait<br />

pas d’arguments à <strong>lui</strong> opposer. Ili se sentait incapable de juger de ce qui était<br />

bien ou de ce qui était mal en cette affaire. (S. 186)<br />

In beiden Textauszügen ist Rieux das Topik, wäre also das zu erwartende<br />

Antezedens von <strong>lui</strong>; nachdem aber ein zweiter Akteur gleicher Person, sowie<br />

mit gleichem Numerus und Genus erwähnt wird, in (32) Paneloux, in (33) Rambert,<br />

in beiden Fällen Subjekt eines eingeschachtelten Satzes, kann sich <strong>lui</strong> offensichtlich<br />

nicht mehr eindeutig auf Rieux beziehen, daher die Parenthese<br />

hinter dem Pronomen, die zur Disambiguierung dient. Lui hat demnach bezüglich<br />

Topik und Fokus keine selektive Funktion zwischen zwei Antezedenten,<br />

die sich in Person, Numerus und Genus nicht unterscheiden. An<strong>der</strong>s,<br />

wenn zwischen mehreren Figuren unterschiedlicher Person (z.B. je – <strong>lui</strong>), ver-<br />

27


schiedenem Numerus (z.B. eux – <strong>lui</strong>) o<strong>der</strong> divergentem Genus (z.B. elle – <strong>lui</strong>)<br />

im Diskurs gewechselt wird, wie in (34):<br />

(34) La jeune f<strong>il</strong>lei repartit. Maintenant, la lumière que versait le ciel sur la campagne<br />

ne lai blessait plus. En chemin, ellei se retournait de temps en temps<br />

afin de rassembler autour d’ellei tout le paysage.<br />

Alors ellei se trouva tout à coup en face de George Durieuxk.<br />

Ellei étouffa un cri, parce qu’ellei ne lk’attendait pas, et ne lk’avait pas entendu<br />

et <strong>lui</strong>k lai regarda, plein d’incertitude. Dans la lumière tamisée et douce, <strong>il</strong>k<br />

prit aux yeux de Maudi un relief qu’ellei ne <strong>lui</strong>k connaissait pas. Sa nature<br />

était celle d’un paysan et sa stature, celle d’une bête toujours prête à la lutte. Ilk<br />

ne faisait rien, comme toujours, et sa force si grande et si inut<strong>il</strong>e embarrassait<br />

son souffle et ses gestes.<br />

- Tu rentrais? Tu m’as fait peur, c’est idiot...<br />

S’étant reprise, ellei sourit et mit sa main à plat contre sa poitrine.<br />

De ce geste léger ellei se protégeait de la présence insolite qui rompait sa solitude.<br />

Luik s’empêtra dans son trouble, et brusquement, <strong>il</strong>k parla :<br />

- Tu fichais le camp encore une fois? Avoue...<br />

(Duras, Les Impudents, S. 195)<br />

Maud, bzw. la jeune f<strong>il</strong>le, ist hier das Topik, wie aus dem ersten Abschnitt hervorgeht,<br />

Georges Durieux steht, in dem Moment wo er im Kontext erscheint, im<br />

Fokus. Im darauffolgenden Satz aber rückt Maud wie<strong>der</strong> in den Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Lui, in Satz fünf, sorgt für eine Art „Kameraschwenk“ und lenkt die Aufmerksamkeit<br />

wie<strong>der</strong> auf Georges. Ab <strong>der</strong> ersten wörtlichen Rede b<strong>il</strong>det schließlich<br />

wie<strong>der</strong> Maud das Thema; im vorletzten Satz erfolgt durch <strong>lui</strong> erneut ein Wechsel<br />

zu Georges. Eine vergleichbare Funktion übernimmt das pronom disjoint<br />

auch in Beispiel (35):<br />

(35) Massoni et moik, nous avons attendu un peu. Luii parlait lentement et jk’ai<br />

remarqué qu’<strong>il</strong>i avait l’habitude de compléter tout ce qu’<strong>il</strong>i avançait par un « et<br />

je dirai plus », même quand, au fond, <strong>il</strong>i n’ajoutait rien au sens de sa phrase. À<br />

propos de Marie, <strong>il</strong>i mk’a dit : « Elle est épatante, et je dirai plus, charmante. »<br />

Puis jek n’ai plus fait attention à ce tic parce que jk’étais occupé à éprouver que<br />

le sole<strong>il</strong> mek faisait du bien. Le sable commençait à chauffer sous les pieds. Jk’ai<br />

retardé encore l’envie que jk’avais de l’eau, mais jk’ai fini par dire à Massoni :<br />

« On y va ? » Jk’ai plongé. Luii est entré dans l’eau doucement et s’est jeté<br />

quand <strong>il</strong>i a perdu pied.<br />

(Camus, L’Étranger, S. 79f)<br />

28


Der Ich-Erzähler richtet im zweiten Satz mit <strong>lui</strong> die Aufmerksamkeit des Lesers<br />

auf die Handlung seines Gegenübers, Masson. Erst im vierten Satz (Puis…)<br />

b<strong>il</strong>det er selbst wie<strong>der</strong> das Thema; im letzten Satz fungiert das pronom disjoint<br />

erneut als Umbruch in <strong>der</strong> Betrachtung.<br />

Ob dies nun als selektive Funktion anzusehen ist, insofern als dass <strong>lui</strong>, in einem<br />

Kontext, in dem mehrere Figuren abwechselnd ins Augenmerk rücken,<br />

das (einzige) Antezedens <strong>der</strong> ersten Person Singular maskulin auswählt, o<strong>der</strong><br />

als emphatische Funktion, hinsichtlich <strong>der</strong> Überlegung, dass die wechselnde<br />

Darstellung <strong>der</strong> Handlung verschiedener Personen eine Art Kontrast zwischen<br />

ihnen b<strong>il</strong>det und es daher auch einer gewissen Betonung bedarf, lasse ich an<br />

dieser Stelle offen.<br />

29


3. Empathie<br />

Im oben bereits erwähnten Artikel Grammaire et empathie : à propos du pronom<br />

français ce<strong>lui</strong>-ci stellt Anne Zribi-Hertz die Hypothese auf, ce<strong>lui</strong>-ci 7 müsse einen<br />

höheren Grad an Empathie haben als sein Antezedens, an<strong>der</strong>nfalls sei eine<br />

<strong>Referenz</strong> nicht möglich.<br />

Empathie sei dabei als Identifikation mit einer am Geschehen bete<strong>il</strong>igten Person<br />

zu verstehen (vgl. S. Kuno, 1976). Um den Grad zu bestimmen, werde dem<br />

präeminenten nominalen Argument eines nicht eingebetteten Satzes die Kennzeichnung<br />

+E, als Mittelpunkt <strong>der</strong> Empathie (foyer d’empathie), zugewiesen,<br />

alle an<strong>der</strong>en erhielten die Markierung –E. Desweiteren sei die Präeminenz eines<br />

Arguments A relativ zu B syntaktisch gegeben wenn A B c-kommandiere,<br />

sowie in <strong>der</strong> Konstruktion le B de A, semantisch, wenn für A die Eigenschaft<br />

+menschlich, bzw. +definit und für B entsprechend –menschlich, bzw. –definit<br />

gelte. Thematisch sei A präeminent in Bezug auf B, wenn A eine θ-Rolle innehabe,<br />

die die θ-Rolle von B dominiert. Der Grad an Empathie ergebe sich<br />

durch die Anzahl <strong>der</strong> zutreffenden Merkmale (vgl. Zribi-Hertz, 1991). 8<br />

Zribi-Hertz weist darauf hin, im Gegensatz zur Topik-Fokus Theorie könne<br />

das Kriterium <strong>der</strong> Empathie erklären, weshalb ce<strong>lui</strong>-ci als Verweis auf Paul in<br />

(36b) einwandfrei ist, in (36a) aber inkorrekt:<br />

(36a) Jeanne raconta alors à Marie la soirée du 31 décembre. *Pauli avait téléphoné à<br />

huit heures : ce<strong>lui</strong>-cii avait attrapé la grippe et ne pourrait pas sortir. 9<br />

Jeanne berichtete Marie also vom Abend des 31. Dezembers. Pauli hatte um<br />

acht Uhr angerufen: Deri hatte sich die Grippe eingefangen und konnte nicht<br />

ausgehen.<br />

(36b) Jeanne raconta alors à Marie la soirée du 31 décembre. Carmen avait téléphoné<br />

à Pauli à huit heures : ce<strong>lui</strong>-cii avait attrapé la grippe et ne pourrait pas sortir.<br />

9<br />

Jeanne berichtete Marie also vom Abend des 31. Dezembers. Carmen hatte um<br />

acht Uhr mit Pauli telefoniert. Deri hatte sich die Grippe eingefangen und<br />

konnte nicht ausgehen.<br />

Paul sei in beiden Varianten rhematisch, als neu in den Kontext eingebrachte<br />

Information, könne aber in (36a) dennoch nicht durch das Demonstrativpronomen<br />

wie<strong>der</strong>aufgenommen werden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass<br />

7 Sie bezieht sich hierbei wie oben erwähnt auf ce<strong>lui</strong>-ci°.<br />

8 Die Autorin verweist in ihrer Analyse selbst auf die Kriterien <strong>der</strong> Empathie, die S. Kuno<br />

(1976) beschreibt.<br />

9 vgl. Zribi-Hertz (1991)<br />

30


hier sowohl Paul als auch ce<strong>lui</strong>-ci jewe<strong>il</strong>s im foyer d’empathie stünden, ce<strong>lui</strong>-ci<br />

damit also keinen höheren Grad an Empathie haben könne, was aber notwendig<br />

sei. 10<br />

Die gleiche Argumentation ließe sich hinsichtlich ce<strong>lui</strong>-ci auch auf Beispiel<br />

(24) anwenden (sowie auf (30) iii) und (31) iii)).<br />

(24) Comment Pierrei le sait? Paulk le <strong>lui</strong>i a dit.<br />

{Ili/k / Luik / ? Ce<strong>lui</strong>-cik} a été ici tout à l’heure.<br />

Woher Peteri das weiß? Paulk hat es ihmi gesagt.<br />

{Eri/k / ERk / Derk} war gerade hier.<br />

Im zweiten Satz ist die Person im Fokus, Paul, auch das Subjekt und steht<br />

gemäß oben gesch<strong>il</strong><strong>der</strong>ter Kriterien im foyer d’empathie, wäre also Zribi-Hertz’<br />

Hypothese zufolge für das pronom démonstratif nicht zugänglich.<br />

Dazu eine Bemerkung: Meiner Einschätzung nach muss man zwischen (36)<br />

und (24) insofern differenzieren, als dass es in erstgenanntem Beispiel zwei<br />

Diskursebenen gibt, zum einen die Situation in <strong>der</strong> Jeanne Marie vom S<strong>il</strong>vesterabend<br />

berichtet, zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> S<strong>il</strong>vesterabend, i.e. Jeannes Erzählung. Paul<br />

ist in beiden Varianten von (36) für die erste Ebene sicherlich ein rhematisches<br />

Element, stellt eine neue Information dar. In (36b) b<strong>il</strong>det er auf <strong>der</strong> zweiten<br />

Ebene gleichfalls das Rhema, und Carmen das Topik, in (36a) ist er jedoch<br />

selbst das Thema <strong>der</strong> untergeordneten Ebene. In (24) hingegen existiert nur<br />

eine Diskursebene. Dementsprechend erachte ich Paul in (36a) als „weniger<br />

rhematisch“ im Vergleich zu Paul in (24) o<strong>der</strong> in (36b). Aus diesem Grund habe<br />

ich die <strong>Referenz</strong> von ce<strong>lui</strong>-ci in (24), wie auch in (30) iii) und (31) iii), zunächst<br />

mit ‚?‘ und nicht mit ‚#‘ versehen.<br />

Auf den ersten Blick scheint das Konzept <strong>der</strong> Empathie zur Erklärung <strong>der</strong><br />

<strong>Referenz</strong> des Demonstrativpronomens plausibel. S. Kuno und E. Kaburaki<br />

vergleichen den Begriff <strong>der</strong> Empathie auch mit einem „Kamerawinkel“: Die<br />

10 Eine kurze Anmerkung zum Verständnis <strong>der</strong> Theorie: Da Paul in Beispiel (36a) das einzige<br />

nominale Argument im Satz ist, steht er zwangsläufig im foyer d’empathie; <strong>der</strong> Grad lässt sich<br />

so allerdings nicht bestimmen. Ce<strong>lui</strong>-ci hingegen erfüllt drei Kriterien in Hinblick auf la grippe<br />

(c-Kommando, dominante θ-Rolle und +menschlich).<br />

Ich deute die Theorie so, dass die Merkmale <strong>der</strong> Präeminenz dazu dienen innerhalb eines<br />

Satzes das Element im foyer d’empathie zu bestimmen und für die übrigen nominalen Argumente<br />

eine Hierarchie zu erstellen. Anne Zribi-Hertz bezieht ihre Hypothese neben ce<strong>lui</strong>-ci als<br />

Subjekt auch auf an<strong>der</strong>e Satzgliedfunktionen des Demonstrativpronomens (z.B. Dativ- o<strong>der</strong><br />

Genitivkomplement), so kann es also nötig sein den genauen Grad zu bestimmen um zu entscheiden,<br />

ob ce<strong>lui</strong>-ci einen höheren Grad hat als sein Antezedens. B<strong>il</strong>det dieser aber selbst bereits<br />

den foyer d’empathie, kann ce<strong>lui</strong>-ci keinen höheren Grad erreichen. Da ich nur ce<strong>lui</strong>-ci als<br />

Subjekt in Betracht ziehe, könnte ich die Hypothese für meine Analyse dahingehend abwandeln,<br />

dass ce<strong>lui</strong>-ci (als Subjekt) sich nicht auf einen Referenten beziehen kann, <strong>der</strong> im foyer<br />

d’empathie steht.<br />

31


Kamera sei nahe <strong>der</strong> handelnden Figur platziert, mit <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Sprecher am<br />

meisten identifiziere, i.e. <strong>der</strong> Person im foyer d’empathie (vgl. Kuno & Kaburaki,<br />

1977).<br />

Tatsächlich tritt das pronom démonstratif (beson<strong>der</strong>s in Camus’ La Peste) auffallend<br />

häufig in <strong>der</strong> Form „Xi regarda Yk. Ce<strong>lui</strong>-cik…“ auf; somit besteht zweifellos<br />

eine gewisse Ähnlichkeit zu einer Kamera, die sich nahe bei Person X befindet,<br />

die Situation also aus <strong>der</strong>en Perspektive darstellt, <strong>der</strong>en Blick zu Y folgt<br />

und schließlich den Winkel zur Sichtweise von Y hin dreht, sodass Y zum foyer<br />

d’empathie wird. Verkörperte ce<strong>lui</strong>-ci als Subjekt nun den Baustein, <strong>der</strong> zu diesem<br />

Zweck eingesetzt wird, spräche dies entschieden für Zribi-Hertz’ Theorie,<br />

denn eine Person die bereits im foyer d’empathie steht müsste nicht mehr dorthin<br />

gerückt werden; eine <strong>Referenz</strong> mit ce<strong>lui</strong>-ci wäre entsprechend unpassend.<br />

Es g<strong>il</strong>t allerdings zu bedenken, ob die von Kuno vorgebrachten und von Zribi-Hertz<br />

übernommenen Kriterien zur Bestimmung des foyer d’empathie bzw.<br />

des Empathiegrades spezifisch genug sind. Diesen zufolge müsste das Subjekt<br />

eines Satzes (sofern es nicht die Form le B de A, z.B. la mère du docteur, die Mutter<br />

des Arztes hat) immer foyer d’empathie sein. Nach meiner Mutmaßung kann<br />

in einem komplexen Kontext wie einem Roman eine Figur durchaus das Subjekt<br />

eines Satzes sein – und nach besagten Kriterien im foyer d’empathie stehen –<br />

ohne dass dies de facto <strong>der</strong> Fall ist.<br />

(37) Rieuxi se retourna. Par-dessus le masque, ses yeux se plissèrent en apercevant<br />

le journalistek.<br />

— Que faites-vous ici ? dit-<strong>il</strong>i. Vous devriez être a<strong>il</strong>leurs.<br />

Tarroul dit que c’était pour ce soir à minuit et Rambertk ajouta : « En principe.<br />

»<br />

Chaque fois que l’un d’eux parlait, le masque de gaze se gonflait et s’humidifiait<br />

à l’endroit de la bouche. Cela faisait une conversation un peu irréelle, comme<br />

un dialogue de statues.<br />

— Je voudrais vous parler, dit Rambertk.<br />

— Nous sortirons ensemble, si vous le voulez bien. Attendez-moi dans le bureau<br />

de Tarroul.<br />

Un moment après, Rambertk et Rieuxi s’installaient à l’arrière de la voiture<br />

du docteuri. Tarroul conduisait.<br />

— Plus d’essence, dit ce<strong>lui</strong>-c<strong>il</strong> en démarrant. Demain, nous irons à pied.<br />

(Camus, La Peste, S. 190)<br />

Der Arzt Bernard Rieux ist <strong>der</strong> Hauptakteur <strong>der</strong> Geschichte, mit <strong>der</strong> sich <strong>der</strong><br />

Erzähler, bzw. <strong>der</strong> Leser, am ehesten identifiziert. Auch im vorliegenden Auszug<br />

ist er die Person, an <strong>der</strong>en Seite man das Geschehen verfolgt, was unter<br />

an<strong>der</strong>em auch davon gestützt wird, dass <strong>der</strong> Sprechakt nach <strong>der</strong> zweiten wört-<br />

32


lichen Rede („Je voudrais vous parler, dit Rambert.“), ohne weitere Angabe wie<br />

beispielsweise „répondit le docteur“, Rieux zugeordnet wird. Tarrou spielt hingegen<br />

eine untergeordnete Rolle; <strong>der</strong> Satz „Tarrou conduisait.“ scheint mir<br />

nichts weiter als eine Beschreibung <strong>der</strong> Hintergrundhandlung zu sein, ohne<br />

dass Tarrou im foyer d’empathie steht. 11 Dies erklärte die offensichtliche Eignung<br />

von ce<strong>lui</strong>-ci im Folgesatz für den Verweis auf Tarrou und wi<strong>der</strong>spräche auch<br />

nicht <strong>der</strong> Theorie des Demonstrativpronomens als Mittel zum „Kameraschwenk“.<br />

Lediglich die Präeminenz-Kriterien zur Bestimmung des foyer<br />

d’empathie bedürften einer Revision, mit <strong>der</strong> ich mich aber in dieser Arbeit<br />

nicht weiter befassen werde.<br />

Wie bereits im vorherigen Kapitel festgestellt kann auch <strong>lui</strong> unter bestimmten<br />

Konditionen die Funktion des „Kameraschwenks“ übernehmen; es wäre also<br />

interessant zu klären, ob das Konzept <strong>der</strong> Empathie ebenfalls die <strong>Referenz</strong> des<br />

pronom disjoint zu erläutern vermag.<br />

Es lässt sich allerdings we<strong>der</strong> konstatieren, dass das Antezedens den foyer<br />

d’empathie b<strong>il</strong>den muss, wie (38) zeigt,<br />

(38) Mais, naturellement, on ne peut pas être toujours raisonnable. D’autres fois,<br />

par exemple, jei faisais des projets de loi. Jei réformais les pénalités. Ji’avais<br />

remarqué que l’essentiel était de donner une chance au condamnék. Une seule<br />

sur m<strong>il</strong>le, cela suffisait pour arranger bien des choses. Ainsi, <strong>il</strong> mei semblait<br />

qu’on pouvait trouver une combinaison chimique dont l’absorption tuerait le<br />

patientk (jei pensais : le patientk) neuf fois sur dix. Luik le saurait, c’était la<br />

condition.<br />

(Camus, L’Étranger, S. 166f)<br />

noch, dass er dies nicht darf, wie aus etlichen diskutierten Beispielsätzen hervorgeht.<br />

Demzufolge schließe ich an dieser Stelle, dass <strong>lui</strong> als Subjekt sein Antezedens<br />

zwar (auf entsprechen<strong>der</strong> Diskursebene) in den Mittelpunkt <strong>der</strong> Empathie<br />

rückt, es aber nicht nach Kriterien <strong>der</strong> Präeminenz auswählt. Denn wie<br />

aus (38) hervorgeht, kann das pronom disjoint auf ein Bezugsobjekt verweisen,<br />

das nicht den foyer d’empathie b<strong>il</strong>det; (25) hingegen ließ erkennen, dass ebenso<br />

Umgekehrtes <strong>der</strong> Fall sein kann. Eine Revision dieses Fazits infolge einer Spezifizierung<br />

<strong>der</strong> Präeminenz-Merkmale zur Bestimmung des foyer d’empathie ist<br />

dabei durchaus denkbar.<br />

Zum Abschluss dieses Kapitels möchte ich zusammenfassend noch einmal<br />

den wesentlichen Unterschied eines „Kameraschwenks“ durch <strong>lui</strong> und eines<br />

solchen mittels ce<strong>lui</strong>-ci herausstellen:<br />

11 Hier g<strong>il</strong>t zu bedenken, dass eine entsprechende Passiv-Konstruktion wie „la voiture était conduite<br />

par Tarrou“ im Französischen recht ungebräuchlich ist.<br />

33


Während <strong>lui</strong> sich hauptsächlich zwischen Figuren unterschiedlicher Person,<br />

bzw. mit verschiedenem Numerus o<strong>der</strong> Genus bewegt, dabei einen kontrastierenden<br />

Effekt haben kann und dies in einer Reichweite geschieht, die sich relativ<br />

weit über den Kontext erstrecken kann, wechselt ce<strong>lui</strong>-ci von einem thematischen<br />

Akteur zu einer rhematischen Figur und seine Reichweite spannt sich<br />

ausschließlich bis zum Fokus des vorangehenden Satzes, was zudem dadurch<br />

beschränkt ist, dass fraglicher Fokus sofort aufgenommen werden muss. Demgemäß<br />

wäre eine <strong>Referenz</strong> mit ce<strong>lui</strong>-ci anstelle <strong>der</strong> Vorkommen des pronom disjoint<br />

in (34) nicht möglich.<br />

Zugleich können bei den Anwendungsbereichen <strong>der</strong> <strong>Pronomina</strong> aber auch<br />

Überschneidungen bestehen, was eine präzise Bestimmung <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />

für ihre <strong>Referenz</strong> zu einem Antezedens erschwert. So wäre beispielsweise<br />

in (38), an Stelle von <strong>lui</strong>, ce<strong>lui</strong>-ci als Verweis auf le patient durchaus nicht ausgeschlossen;<br />

in (25) könnte man das pronom disjoint auch durch <strong>il</strong> ersetzen.<br />

34


III. Zum Unterschied des disjunktiven Personalpronomens<br />

avec reprise und sans reprise<br />

In diesem letzten Kapitel folgt eine Anmerkung zu zwei möglichen Formen<br />

<strong>der</strong> Anwendung des pronom disjoint als Subjekt.<br />

Wie in <strong>der</strong> Einführung kurz gesch<strong>il</strong><strong>der</strong>t, kann <strong>lui</strong> sowohl selbst als direktes<br />

Subjekt stehen (sans reprise), als auch vom pronom conjoint wie<strong>der</strong>aufgenommen<br />

werden (avec reprise), ein Unterschied, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Literatur kaum behandelt,<br />

wenn überhaupt als ein solcher angesehen wird. Dazu noch einmal das<br />

Beispiel (18) aus M. Krötsch & A. Sabban (1990):<br />

(18a) Lui a dit ça.<br />

/CC/ /PARb/<br />

ER hat das gesagt.<br />

(18b) Lui, <strong>il</strong> a dit ça.<br />

/CT+/ /CC/<br />

ER, er hat DAS gesagt.<br />

Ohne im Folgenden näher darauf einzugehen, weisen die Autorinnen darauf<br />

hin, dass (18a) und (18b) nicht zu verwechseln seien. Die Diskrepanz gehe hier<br />

aus <strong>der</strong> Intonation hervor: Lui sei in (18a) fokussiert, durch die Hauptbetonung<br />

(/CC/) auf dem pronom disjoint, wohingegen a dit ça als unbetonter Te<strong>il</strong> des<br />

Satzes dem Thema entspricht; was gesagt wurde ist bereits bekannt. (18a)<br />

könnte man entsprechend als Antwort auf die Frage Qui a dit ça? (Wer hat das<br />

gesagt?) verstehen.<br />

In (18b) dagegen b<strong>il</strong>det nicht das pronom disjoint den Fokus, son<strong>der</strong>n ça, das,<br />

was gesagt wurde, auf dem diesmal die Hauptbetonung liegt; <strong>lui</strong> ist schwächer<br />

akzentuiert. Dieses Beispiel wäre also eine Antwort auf die Frage Qu’est-ce<br />

qu’<strong>il</strong> a dit? (Was hat er gesagt?). Um dies weiter zu veranschaulichen, zwei Varianten<br />

von (29):<br />

(29a) Pierrei a été ici tout à l’heure. Luii m’a parlé de Mariek.<br />

(29b) Pierrei a été ici tout à l’heure. Luii, <strong>il</strong>i m’a parlé de Mariek.<br />

Peteri war gerade hier. Deri hat mir von Mariak erzählt.<br />

Im zweiten Satz von (29a) entspräche, mit entsprechen<strong>der</strong> Betonung, die Tatsache,<br />

dass jemand dem Sprecher von Marie erzählt hat, dem Thema, dem Bekannten.<br />

Als neue Information im Diskurs wird Pierre als <strong>der</strong>jenige identifiziert,<br />

<strong>der</strong> von Marie gesprochen hat.<br />

35


An<strong>der</strong>s in (29b): Hier besteht die alte Information darin, dass Pierre etwas<br />

getan, bzw. von jemandem gesprochen hat; das Rhema des Satzes b<strong>il</strong>det die<br />

Nachricht, dass er von Marie gesprochen hat.<br />

Henning Nølke differenziert wie anfangs beschrieben zwischen pronom focalisé<br />

und pronom focalisateur, wobei er die <strong>Pronomina</strong> in Sätzen wie (18a) und<br />

(29a) erster Kategorie zuordnete. Diese seien Abwandlungen <strong>der</strong> konjunktiven<br />

<strong>Pronomina</strong> hinsichtlich ihrer anaphorischen Eigenschaft, mit dem Unterschied,<br />

dass sie betont, i.e. fokussiert werden können. Das pronom focalisateur stehe<br />

indes nicht selbst im Fokus, son<strong>der</strong>n lenke als deiktische Komponente diesen<br />

auf ein an<strong>der</strong>es Element im Satz (vgl. Nølke, 1997).<br />

Gestützt auf gerade betrachtete Beispiele ließe sich meiner Einschätzung nach<br />

das pronom conjoint avec reprise, über dessen Klassifizierung Nølke keine Auskunft<br />

gibt, dem Typus des pronom focalisateur zuweisen. In (18b) wie auch in<br />

(29b) steht, wie festgestellt, nicht das Pronomen im Fokus, son<strong>der</strong>n die Aufmerksamkeit<br />

wird auf den weiteren Inhalt des Satzes gelenkt. Dies geschieht<br />

zwar nicht im gleichen Sinne wie in Nølkes Beispiel (17) für ein pronom focalisateur,<br />

in dem das Pronomen die Person Pierre fokussiert und nicht den Fakt,<br />

dass er nichts getan hat;<br />

(17) Pierre, <strong>lui</strong>, n’a rien fait.<br />

Peter, ER, hat nichts getan.<br />

beide Fälle sind aber dennoch insofern vergleichbar, als dass, wie in Nølkes<br />

Definition, ein an<strong>der</strong>es Satzelement als das Pronomen im Fokus steht. Für das<br />

pronom disjoint avec reprise ließe sich demnach festhalten, dass es nicht die Person<br />

auf die es sich bezieht in den Fokus rückt, son<strong>der</strong>n die Aussage, die im<br />

Satz über diese Person getroffen wird.<br />

Es g<strong>il</strong>t jedoch zu bemerken, dass das pronom focalisé durch geeignete Intonation<br />

wie das pronom disjoint avec reprise gelesen werden kann, i.e. <strong>der</strong>art, dass die<br />

Hauptbetonung nicht auf <strong>lui</strong> liegt, son<strong>der</strong>n wie in (18b) am Satzende, sodass<br />

die Aussage über die Person das Rhema des Satzes b<strong>il</strong>det. Umgekehrt besteht<br />

für das pronom disjoint avec reprise diese Möglichkeit zur Verschiebung des Fokus<br />

durch Akzentuierung nicht; hier steht grundsätzlich die Aussage und<br />

nicht die Person im Fokus.<br />

Für die bisher nicht näher betrachtete sogenannte mise en relief ist eine <strong>der</strong>artige<br />

Verlagerung mittels Intonation ebenfalls nicht möglich:<br />

(18c) C’est <strong>lui</strong> qui a dit ça.<br />

/CC/ /PARb/<br />

ER ist es, <strong>der</strong> das gesagt hat.<br />

36


Hier liegt die Hauptbetonung und somit auch <strong>der</strong> Fokus immer auf <strong>lui</strong>; dem<br />

Topik entspricht die weitere Information im Satz. So ebenfalls in (39), einem<br />

Beispielsatz aus La Peste:<br />

(39) C’est <strong>lui</strong> qui m’a parlé des premiers cas de cette fièvre surprenante dont on<br />

commence à s’inquiéter. (S. 33)<br />

Folglich lässt sich eher die mise en relief als Pendant zum pronom disjoint avec<br />

reprise ansehen, wohingegen das pronom disjoint sans reprise eine flexiblere Stellung<br />

hat und beide Funktionen übernehmen kann, das heißt, beide Arten <strong>der</strong><br />

Akzentuierung zulässt.<br />

Dies lieferte im Übrigen auch eine Erklärung dafür, dass Camus die Form<br />

avec reprise nicht ein einziges Mal verwendet, we<strong>der</strong> in La Peste, noch in<br />

L’Étranger; wenn das pronom disjoint sans reprise in beiden Varianten genutzt<br />

werden kann, ist es nicht unbedingt erfor<strong>der</strong>lich auf die Form avec reprise zurückzugreifen.<br />

Auch die Darlegung in Le bon usage hinsichtlich <strong>der</strong> Frage des St<strong>il</strong>s, i.e. die<br />

Variante sans reprise eher in <strong>der</strong> gehobenen Sprache anzusiedeln, würde von<br />

obiger Interpretation <strong>der</strong> Formen nicht ausgeschlossen; es ist durchaus möglich,<br />

dass im gehobenen St<strong>il</strong> eher die Variante sans reprise verwendet wird.<br />

Gleichermaßen ließe sich auch die Tatsache, dass dem Unterschied zwischen<br />

den Formen avec und sans reprise, in <strong>der</strong> Literatur bisher kaum Beachtung geschenkt<br />

wurde, darin begründen, dass die Intonation bei <strong>der</strong> Unterscheidung<br />

eine bedeutende Rolle spielt, bzw. dass sich die semantische Diskrepanz durch<br />

die Vielseitigkeit des pronom disjoint sans reprise verlieren kann.<br />

Eine letzte Bemerkung den Gegenstand <strong>der</strong> reprise betreffend bezieht sich auf<br />

eine 1971 durchgeführte Untersuchung <strong>der</strong> Präferenz für die Wie<strong>der</strong>aufnahme<br />

des pronom disjoint durch das pronom conjoint bei den verschiedenen Personen,<br />

Genera und Numeri. Dabei wurden zudem auch adverbiale Ergänzungen<br />

durch aussi, même und seul berücksichtigt, mit welchen ich mich nicht näher<br />

beschäftigt habe.<br />

An <strong>der</strong> Studie nahmen insgesamt 201 Schüler und Studenten te<strong>il</strong>, von denen<br />

nur einer aufgrund schlechten Verständnisses des Tests von <strong>der</strong> Auswertung<br />

ausgeschlossen wurde; untersucht wurde für welche disjunktiven <strong>Pronomina</strong><br />

(allein sowie mit adverbialer Ergänzung) die reprise bevorzugt wird und für<br />

welche nicht. Die Te<strong>il</strong>nehmer bewerteten 20 schlichte Sätze ohne Kontext und<br />

sollten anhand einer Skala von eins bis fünf einschätzen, mit welcher Präferenz<br />

sie die reprise wählten; eins entsprach dabei „in jedem Fall mit reprise“, drei<br />

„gleichgültig ob mit o<strong>der</strong> ohne reprise“, fünf letztlich „in jedem Fall ohne reprise“.<br />

37


Die Ergebnisse <strong>der</strong> Untersuchung sind zwar für meine Analyse nicht weiter<br />

relevant, jedoch möchte ich im Zusammenhang mit dieser Studie darauf hinweisen,<br />

dass <strong>der</strong> von mir beschriebene Unterschied in <strong>der</strong> Funktionsweise <strong>der</strong><br />

beiden Varianten des pronom disjoint durch ein ähnliches Experiment überprüft<br />

werden könnte. Dazu wäre es notwendig nicht nur einzelne Sätze in Betracht<br />

zu ziehen, son<strong>der</strong>n kurze Texte zu erstellen. In einer Kondition enthielte <strong>der</strong><br />

Kontext dabei eine Information wie beispielsweise – zur Veranschaulichung<br />

anhand (29) – dass jemand dem Sprecher von Marie erzählt hat; im Zielsatz<br />

(Lui(, <strong>il</strong>) m’a parlé de Marie. / C’est <strong>lui</strong> qui m’a parlé de Marie.) könnte diese Aussage<br />

also nicht mehr das Rhema b<strong>il</strong>den. Entsprechend meiner Auslegung <strong>der</strong><br />

Varianten des pronom disjoint müsste die reprise in diesem Fall gemieden werden.<br />

In <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Kondition stünde die Proposition, dass von Marie gesprochen<br />

wurde, im Fokus des Zielsatzes; es sollten demnach sowohl avec reprise<br />

als auch sans reprise anwendbar sein, nicht aber die mise en relief.<br />

Doch dies nur abschließend als Anregung, inwieweit meine Beobachtung in<br />

Praxis näher erforscht werden könnte.<br />

38


Fazit<br />

Zusammenfassend lässt sich für die Personalpronomina feststellen, dass <strong>il</strong> im<br />

Allgemeinen auf das Diskurstopik verweist und stets unbetont ist, <strong>lui</strong> hingegen<br />

akzentuiert ist und neben <strong>der</strong> <strong>Referenz</strong> zum Thema auch den Bezug auf<br />

ein rhematisches Element zulässt. Dies vermute ich in Zusammenhang mit<br />

einer gemeinsamen Eigenschaft von pronom disjoint und Fokus: auf das Rhema<br />

ebenso wie auf <strong>lui</strong> wird mittels Betonung die Aufmerksamkeit gelenkt.<br />

Ce<strong>lui</strong>-ci meidet indes das Topik und bezieht sich grundsätzlich auf den Fokus.<br />

Es bewirkt eine Art „Kameraschwenk“ auf einen nicht salienten Referenten,<br />

scheint dabei aber ein Subjekt als Antezedens meist auszuschließen. Dies<br />

ließe sich mit <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Empathie erklären, wie Zribi-Hertz vorschlägt,<br />

was insofern überzeugt, als dass es eine an<strong>der</strong>e Methode des „Kameraschwenks“<br />

ist, ein rhematisches Element hervorzuheben indem man es in Subjektposition<br />

rückt. Da ce<strong>lui</strong>-ci letzteres ansonsten im folgenden Satz übernähme,<br />

wird es dementsprechend überflüssig. Die Kriterien zur Bestimmung des<br />

foyer d’empathie bzw. des Grades an Empathie bedürfen allerdings einer Spezifizierung.<br />

Es ließ sich zeigen, dass die für die deutschen <strong>Pronomina</strong> aufgestellte Topik-<br />

Fokus Hypothese auch im Französischen, hinsichtlich <strong>il</strong> und ce<strong>lui</strong>-ci, in gewisser<br />

Weise Anwendung findet, die <strong>Referenz</strong> von <strong>lui</strong> hingegen lässt sich we<strong>der</strong><br />

mit Topik und Fokus, noch mit Empathie zufriedenstellend erklären. Es ist<br />

vielfältiger als das pronom conjoint und das pronom démonstratif, indem es sich<br />

sowohl – ähnlich wie <strong>il</strong> – rein anaphorisch auf das Topik beziehen, als auch –<br />

vergleichbar mit ce<strong>lui</strong>-ci – als „Kameraschwenk“ fungieren kann, jedoch nicht<br />

von Topik zu Fokus, son<strong>der</strong>n zwischen Figuren verschiedener Personen, Numeri<br />

und Genera. Aufgrund dessen bezweifle ich, dass sich für die <strong>Referenz</strong><br />

des pronom disjoint ein ähnlich markanter Leitsatz aufstellen lässt wie für <strong>il</strong> und<br />

ce<strong>lui</strong>-ci, dies wäre aber sicherlich ein interessantes Thema, das noch genauer<br />

analysiert werden könnte.<br />

Ich hoffe, in dieser Arbeit einen Überblick über die verschiedenen Funktionsweisen<br />

des disjunktiven Pronomens verschafft und mögliche Gründe dafür<br />

herausgestellt zu haben, weshalb es den genannten Theorien zu entweichen<br />

scheint.<br />

39


Eine zusammenfassende Übersicht über die Funktionen <strong>der</strong> <strong>Pronomina</strong> bei<strong>der</strong><br />

Sprachen findet sich noch einmal in Tabelle 2:<br />

Topik Nicht-Topik<br />

/ Fokus<br />

Emphase Selektion<br />

dt. er <strong>der</strong> <strong>der</strong>, ER <strong>der</strong><br />

frz. <strong>il</strong>,<br />

<strong>lui</strong> (emphatisch)<br />

Tabelle 2<br />

ce<strong>lui</strong>-ci,<br />

<strong>lui</strong> (emphatisch)<br />

40<br />

<strong>lui</strong> ce<strong>lui</strong>-ci (rhematische Figur),<br />

<strong>lui</strong> (einzige anwesende Figur 3.<br />

Person Singular maskulin) 12<br />

Den Unterschied zwischen pronom disjoint avec reprise und pronom disjoint sans<br />

reprise sehe ich desweiteren in <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Fokussierung. Nølkes pronom focalisé,<br />

<strong>lui</strong> als direktes Subjekt, ohne reprise, kann abhängig von <strong>der</strong> Intonation zum<br />

einen selbst im Fokus stehen, zum an<strong>der</strong>en lässt sich aber auch die Aussage<br />

des Satzes an diese Position rücken. Die Variante avec reprise dagegen lenkt als<br />

eine Art focalisateur die Aufmerksamkeit ausschließlich auf die Aussage. Gegenstück<br />

dazu ist die mise en relief, die grundsätzlich die Person fokussiert.<br />

Diese Theorie ließe sich wie angesprochen in weiteren Analysen noch genauer<br />

überprüfen.<br />

12 Eine Unterscheidung zwischen Selektion einer rhematischen Figur und Selektion <strong>der</strong> einzigen<br />

Figur 3. Person Singular maskulin im Kontext ließe sich auch für das Deutsche feststellen;<br />

im ersten Fall steht <strong>der</strong>, im zweiten das betonte Personalpronomen ER.


Danksagung<br />

Ich danke vor allem Peter Bosch für seine fachkundige Betreuung und Anleitung<br />

sowie für die guten Ratschläge und Hinweise, die mich ermutigt und<br />

beim Aufbau meines Konzepts unterstützt haben.<br />

Mein Dank g<strong>il</strong>t außerdem Carla Umbach, Stefan Hinterwimmer und den<br />

Te<strong>il</strong>nehmern des Demonstratives Research Seminars für nützliche Beiträge,<br />

Fragen und Anmerkungen.<br />

Ebenso möchte ich auch meiner Fam<strong>il</strong>ie und meinen Freunden danken, für<br />

liebe Aufmunterung und einfallsreiche Motivationsversuche während verzweifelter<br />

Phasen <strong>der</strong> Schreibblockade, und beson<strong>der</strong>s Sylvie Rousseau-<br />

Kohlberg für ihr Engagement und die sehr h<strong>il</strong>freiche Unterstützung mit muttersprachlicher<br />

Intuition.<br />

41


Literaturverzeichnis<br />

<strong>Referenz</strong>en<br />

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The Computational Treatment of Anaphora.<br />

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parlé, n° 18, pp. 107-125.<br />

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erarbeitet auf <strong>der</strong> theoretischen Grundlage <strong>der</strong> „Grundzüge einer<br />

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43


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Champion (ed.).<br />

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In: Tasmowski & Hertz 1991, pp. 568-582.<br />

Quellen <strong>der</strong> Romanauszüge<br />

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Camus, A. (1942). L’Étranger. Éditions Gallimard.<br />

Duras, M. (1943). Les Impudents. Éditions Gallimard.<br />

44


Anhang<br />

Übersetzungen <strong>der</strong> Romanauszüge<br />

(23) Ramberti vertraute dem Arztk an, dass eri, dank <strong>der</strong> beiden kleinen Wächter,<br />

ein heimliches Briefwechselsystem mit seiner Fraul hergestellt hatte. Eri bekam<br />

von Zeit zu Zeit einen Brief. Eri bot Rieuxk an, ihn von seinem System<br />

profitieren zu lassen und <strong>der</strong>k ließ sich darauf ein.<br />

(25) Was den Sinn betraf, den dieses Ex<strong>il</strong> und dieser Wunsch nach Zusammenkunft<br />

haben konnten, Rieuxi kannte ihn nicht. Rastlos, allerorts in E<strong>il</strong>e, beschäftigt,<br />

erreichte eri nach und nach weniger überfüllte Straßen und dachte, dass es<br />

nicht wichtig sei, ob diese Dinge einen Sinn hatten o<strong>der</strong> nicht, son<strong>der</strong>n dass<br />

nur galt, das zu sehen, was <strong>der</strong> Hoffnung <strong>der</strong> Menschen entgegnet wurde. ERi<br />

wusste nunmehr was entgegnet wurde und eri erkannte es deutlicher in den<br />

ersten, fast verlassenen Straßen <strong>der</strong> Vororte.<br />

(26) Im windgeschützten Garten ohne Schatten war es sehr heiß. Während Jacquesi<br />

und Henrik kamen und gingen, über den kleinen Wehrgang entlang <strong>der</strong> Terrasse,<br />

stützten sich Mme Taneranl und Maudm mit den Ellenbogen auf die<br />

kleine Mauer die über das Tal ragte. Als Jacquesi auf <strong>der</strong> Höhe seiner Mutterl<br />

ankam, stieß eri mit zusammengebissenen Zähnen hervor:<br />

- Das ist das letzte Mal, hörst du, das letzte!<br />

Mme Taneranl antwortete nicht. Siel versuchte nur ihni zu besänftigen indem<br />

siel ihmi ein unnatürliches Lächeln entgegnete. Die arme Fraul hatte nie bemerkt,<br />

wie sehr dieses Verhalten ihren Sohni umso mehr erboste. Maudm, die<br />

Augen leicht durch die Mittagssonne geblendet, schien besorgt. Warum hatten<br />

die Worte ihres Bru<strong>der</strong>si eine <strong>der</strong>artige Wirkung auf siem? ERi stampfte voller<br />

Kraft über den Weg, lief im Kreis wie ein Tier im Käfig, dem es nicht gelingt<br />

einen Ausweg zu finden.<br />

(27) - Ich verstehe, sagte Ramberti, alles muss von vorne begonnen werden.<br />

Am übernächsten Tag, an einer Straßenecke, bestätigte Raoulk Garciasl<br />

Hypothese; über die unteren Stadtviertel war eine Ausgangssperre verhängt<br />

worden. Es galt Kontakt mit Gonzalesm aufzunehmen. Zwei Tage später aß<br />

Ramberti mit dem Fußballspielerm zu Mittag.<br />

- Es ist idiotisch, sagte <strong>der</strong>m. Man hätte einen Weg vereinbaren sollen, sich<br />

wie<strong>der</strong>zutreffen.<br />

Ramberti war <strong>der</strong>selben Ansicht.<br />

- Morgen früh werden wir zu den Kleinen gehen. Man wird versuchen, alles zu<br />

arrangieren.<br />

45


(32) Ohne aus dem Schatten herauszutreten sagte <strong>der</strong> Arzti, eri habe bereits<br />

geantwortet, dass eri, wenn eri an einen allmächtigen Gott glaubte, aufhörte<br />

die Menschen zu he<strong>il</strong>en, und ihm diese Sorge überließe. Aber dass niemand auf<br />

<strong>der</strong> Welt, nicht einmal Panelouxk, <strong>der</strong> glaubte daran zu glauben, an einen<br />

<strong>der</strong>artigen Gott glaubte, da niemand sich völlig gehen ließ und dass darin<br />

wenigstens, ERi, Rieuxi, glaubte, auf dem Weg <strong>der</strong> Wahrheit zu sein, während<br />

eri gegen die Schöpfung kämpfte, wie sie auch aussehen mochte.<br />

(33) Rieuxi schüttelte den Kopf mit seiner üblichen Geste und sagte das dies<br />

Rambertsk Angelegenheit sei, dass letztererk das Glück gewählt habe und<br />

dass ERi, Rieuxi, ihm keine Argumente entgegenzusetzen hatte. Eri fühlte sich<br />

nicht imstande darüber zu urte<strong>il</strong>en, was in dieser Sache gut und was schlecht<br />

war.<br />

(34) Das junge Mädcheni brach wie<strong>der</strong> auf. Jetzt blendete siei das Licht, das <strong>der</strong><br />

Himmel über das Land fließen ließ, nicht mehr. Auf dem Weg wandte siei sich<br />

von Zeit zu Zeit um, um die gesamte Landschaft, die siei umgab, zu sammeln.<br />

Dann fand siei sich plötzlich gegenüber von Georges Durieuxk.<br />

Siei erstickte einen Schrei, denn siei erwartete ihnk nicht und hatte ihnk nicht<br />

gehört und ERk sah siei an, voller Unsicherheit. Im gedämpften, weichen Licht<br />

fand erk in Maudsi Augen ein Prof<strong>il</strong>, das erk von ihri nicht kannte. Sein Wesen<br />

war das eines Bauers und seine Statur die eines Tieres je<strong>der</strong>zeit bereit zum<br />

Kampf. Erk tat nichts, wie immer, und seine so große und so unnütze Kraft behin<strong>der</strong>te<br />

seinen Atem und seine Gesten.<br />

- Du kommst zurück? Du hast mir Angst gemacht, das ist albern…<br />

Sich wie<strong>der</strong> gefasst, lächelte siei und legte ihre Hand flach gegen ihre Brust.<br />

Mit dieser unbeschwerten Geste schützte siei sich gegen die ungewöhnliche<br />

Anwesenheit, die ihre Einsamkeit brach. ERk verfing sich in seiner Unruhe<br />

und plötzlich sagte erk:<br />

- Du haust schon wie<strong>der</strong> ab? Gib es zu…<br />

(35) Massoni und ichk, wir hatten kurz aufeinan<strong>der</strong> gewartet. ERi sprach langsam<br />

und ichk bemerkte, dass eri die Angewohnheit hatte, alles, was eri anging mit<br />

einem „und mehr noch― zu beenden, selbst wenn eri, im Grunde, seinem Satz<br />

nichts hinzuzufügen hatte. Was Mariel betraf sagte eri zu mir: „siel ist<br />

fantastisch, und mehr noch bezaubernd.― Daraufhin schenkte ichk diesem Tick<br />

keine Beachtung mehr, da ichk damit beschäfigt war zu spüren, dass die Sonne<br />

mirk guttat. Der Sand begann sich aufzuheizen unter den Füßen. Ichk hielt<br />

meine Lust auf das Wasser noch zurück, sagte aber schließlich doch zu<br />

Massoni: „Gehen wir?― Ichk machte einen Kopfsprung. ERi ging behutsam<br />

ins Wasser und warf sich hinein als eri nicht mehr stehen konnte.<br />

46


(37) Rieuxi wandte sich um. Über <strong>der</strong> Maske kniff er die Augen zusammen und<br />

erkannte den Journalistenk.<br />

- Was machen Sie hier? sagte er. Sie sollten woan<strong>der</strong>s sein.<br />

Tarroul sagte, an diesem Abend um Mitternacht sei es soweit und Rambertk<br />

fügte hinzu: „Im Prinzip.― Jedes Mal, wenn einer von ihnen sprach, blähte sich<br />

die Maske aus Mull auf und wurde in <strong>der</strong> Gegend des Mundes feucht. Das<br />

bewirkte eine leicht unwirkliche Unterhaltung, wie ein Zwiegespräch von<br />

Statuen.<br />

- Ich würde Sie gerne sprechen, sagte Rambertk.<br />

- Wir gehen gemeinsam hinaus, wenn Sie das möchten. Warten Sie auf mich in<br />

Tarrousl Büro.<br />

Einen Moment später setzten sich Rambertk und Rieuxi hinten in den Wagen<br />

des Arztesi. Tarroul fuhr.<br />

- Kein Benzin mehr, sagte <strong>der</strong>l als erl den Motor anließ. Morgen werden wir zu<br />

Fuß gehen.<br />

(38) Aber, natürlich, kann man nicht immer vernünftig sein. Zu an<strong>der</strong>en Zeiten<br />

befasste ichi mich zum Beispiel mit Gesetzesprojekten. Ichi än<strong>der</strong>te die Strafen<br />

ab. Ichi hatte bemerkt, dass das Wesentliche darin bestand, dem Verurte<strong>il</strong>tenk<br />

eine Chance zu geben. Eine unter tausend, das genügte, um einiges zu regeln.<br />

Folglich schien es miri, als könne man eine chemische Verbindung finden <strong>der</strong>en<br />

Einnahme den Patientenk (ichi dachte: <strong>der</strong> Patientk) in neun von zehn Fällen<br />

tötete. Derk wüsste es, das war die Bedingung.<br />

(39) ER ist es, <strong>der</strong> mir von den ersten Fällen dieses überraschenden Fiebers erzählt<br />

hat, über das man beginnt sich Sorgen zu machen.<br />

47


Erklärung<br />

Hiermit bestätige ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst<br />

und keine an<strong>der</strong>en als die angegebenen Quellen und H<strong>il</strong>fsmittel verwendet<br />

habe.<br />

_____________________________________________________________________<br />

Hannah Rütten<br />

Osnabrück, Mai 2011<br />

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