13.07.2013 Aufrufe

Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science

Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science

Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Falls ein Sprecher nicht bilingual aufwächst – ein Fall, der an dieser Stelle aus<br />

Platzgründen nicht erörtert werden kann – verfügt er zum Zeitpunkt des<br />

Zweitsprachenerwerbs bereits über ein ausgeprägtes Weltwissen <strong>und</strong> damit über ein<br />

weitgespanntes konzeptuelles Netzwerk. Außerdem hat er mit der Muttersprache sowohl<br />

allgemeines als auch spezielles Sprachwissen erworben. Bei der Aneignung der<br />

hinzukommenden Sprache können diese Bedingungen nicht ausgeblendet werden. Im<br />

Zusammenhang mit den neurobiologischen Überlegungen dieser Arbeit wurde schon darauf<br />

hingewiesen, dass neue Wissenselemente immer dadurch verarbeitet werden, dass sie mit<br />

bestehendem Wissen interagieren. 143<br />

Auf welche Weise die unterschiedlichen Sprachen letztendlich miteinander vernetzt<br />

werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Von zentraler Bedeutung ist hierbei der Input.<br />

In einem nicht zielsprachlichen Umfeld ist er vor allem durch qualitative <strong>und</strong> quantitative<br />

Armut gekennzeichnet. Je weniger authentische sprachliche Äußerungen analysiert werden<br />

können, desto weniger kann sich ein Lerner über die Eigenheiten der Fremdsprache bewusst<br />

werden. Eine derartige Analyse wird zusätzlich durch das Vorhandensein des bereits<br />

bestehenden konzeptuellen Systems der Muttersprache behindert. Da die Bedeutung neuer<br />

Wörter auch auf dem Wege der Übersetzung in einem meist ausreichenden Maß erschlossen<br />

werden kann, achtet ein Lerner viel weniger auf kontextuelle Hinweise. Es besteht die Gefahr,<br />

dass fremdsprachliche Wörter stärker mit muttersprachlichen verknüpft werden, als<br />

untereinander. 144<br />

Eine starke Anbindung des Wortschatzes an die Muttersprache kann vor allem im<br />

Anfangsstadium des Fremdsprachenerwerbs beobachtet werden. Sie erfolgt aufgr<strong>und</strong> einer<br />

praktischen Notwendigkeit. Solange nämlich keine ausreichende Anzahl an Wörtern<br />

vorhanden ist, kann der fremdsprachliche Wortschatz, nur schlecht in sich strukturiert werden.<br />

Da Kommunikation mit wenigen Vokabeln ohnehin schwierig ist, fällt auch der Aufwand des<br />

Umwegs über die Erstsprache kaum ins Gewicht. Mit der Zeit verändert sich die Situation<br />

jedoch. Zum einen machen immer neue Wörter, einen effektiveren, sprich: direkteren,<br />

Zugang zum Vokabelinventar notwendig <strong>und</strong> zum anderen nimmt der Lerner immer mehr<br />

wahr, dass die Wörter in der Fremdsprache teilweise in einem genuin anderen Verhältnis<br />

zueinander stehen als in der Muttersprache. Man denke nur an die unterschiedlichen<br />

Synonyme, Antonyme, Polysemien, Kollokationen <strong>und</strong> metaphorischen Potenzen von<br />

scheinbar bedeutungsgleichen Wörtern. Das fremdsprachliche Vokabular wird deshalb mit<br />

143 Vgl. Scherfer (1997), S. 195.<br />

144 Vgl. Jiang (2000), S. 49f.<br />

60

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!