Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science
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eschreibt. 97 Da die Wortauswahl hiernach auf einem hirnbiologisch plausibel erscheinenden<br />
interaktiven Aktivierungsprinzip beruht, hat das Modell ein relativ hohes Erklärungspotential.<br />
Allerdings hält es nicht auf alle Fragen eine Antwort bereit. Aitchison selbst räumt ein, dass<br />
im Modell nicht berücksichtigt werde, wie aus der Vielzahl von aktivierten Wörtern<br />
letztendlich nur eines zur Auswahl gelange. Dieses Defizit beruht meiner Meinung nach auf<br />
einem gr<strong>und</strong>legenden Makel. Das Modell vernachlässigt die Dimension der Zeit. Vor allem<br />
eine mündliche sprachliche Äußerung muss in gewisser Weise flüssig sein, um überhaupt<br />
verstanden werden zu können. Ich habe das Modell daher durch explizite Einbeziehung der<br />
Zeit sowie eine klarere Unterscheidung zwischen Semantik, Lautung <strong>und</strong> Wort modifiziert <strong>und</strong><br />
in Abbildung 2.8 schematisch veranschaulicht.<br />
Am Beispiel des weiter oben zitierten Versprechers „Look at this badger* (beaver)“<br />
möchte ich das Prinzip deutlich machen. Zunächst wird auf der semantischen Ebene die<br />
Wortwahl auf ein grobes Feld eingegrenzt, möglicherweise auf den Bereich der Nagetiere.<br />
Hierdurch erfolgt eine Aktivierung der phonologisch relevanten Merkmale von Worten aus<br />
diesem Bereich. Das könnten badger, muskrat <strong>und</strong> marden sein. Da jedoch die lautliche<br />
Gestalt eines Wortes prinzipiell unabhängig von seiner Bedeutung ist, werden neben diesen<br />
Tiernamen in schwächerem Maße wahrscheinlich jedoch auch noch ähnlich klingende,<br />
semantisch aber nicht verwandte Wörter, wie z.B. beggar, musket <strong>und</strong> mutton mitaktiviert.<br />
Alle diese Worte werden dann auf ihre semantische Adäquatheit hin überprüft. Die<br />
Bedeutungskomponente wurde im Zuge weiterer Sprachplanung aber mittlerweile genauer<br />
spezifiziert. Somit werden auch einige Nagetierbezeichnungen deaktiviert. Über die<br />
phonologische Ebene können jedoch auch zusätzliche Wortkandidaten, wie z.B. skunk, für die<br />
Sprachplanung verfügbar werden. Theoretisch könnte das beliebig fortgesetzt werden,<br />
praktisch jedoch muss zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Entscheidung zugunsten eines<br />
Kandidaten getroffen werden. Das beim Erreichen eines Zeitlimits am stärksten aktivierte<br />
Wort wird deshalb vermutlich artikuliert. Im Beispielfall ist das eben das Wort badger.<br />
Verfolgt man die Darstellung jedoch über den tatsächlichen Artikulationsmoment hinaus, wird<br />
klar, wie mit etwas mehr Zeit auch das Wort beaver hätte ausgewählt werden können.<br />
97 Ibid, S. 268-271.<br />
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