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Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science

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menschliche Gehirn Erfahrungen bewertet. Es schien klar, dass schon die Art der<br />

Informationsverarbeitung einen Einfluss ausübt. Um die ungeheure Flut von eingehenden<br />

Reizen überhaupt bewältigen zu können, muss der Input im Sinne einer Selektion<br />

vorstrukturiert werden. Das menschliche Gehirn erbringt diese Leistung nicht nur mit Hilfe<br />

von Bottom-up-, sondern in starkem Maße auch durch Top-down-Prozesse (Vgl. Punkt<br />

2.1.6.). „Ein wesentlicher Aspekt dieser Leistung besteht“, wie man herausfand, „darin, dass<br />

unser Gehirn kontinuierlich damit beschäftigt ist, das Geschehen um uns herum<br />

vorherzusagen.“ 63 Ein konkretes Beispiel aus dem Bereich der Sprache wäre das Verstehen<br />

eines Satzes: Während des Hörens ist unser Gehirn andauernd damit beschäftigt, den weiteren<br />

Verlauf des Satzes vorauszuberechnen. Je näher er dem Ende kommt, desto einfacher ist dies<br />

natürlich. Untersuchungen haben dementsprechend einen deutlichen Abfall des allgemeinen<br />

Aufmerksamkeitsniveaus zwischen Satzanfang <strong>und</strong> Satzende ergeben. 64<br />

Wenn die Prognosen, die das Gehirn errechnet hat, tatsächlich eintreten, wird das<br />

Wahrgenommene als irrelevant für die Weiterverarbeitung eingestuft. Es scheint schließlich,<br />

als beinhalte der Input nichts Neues mehr. Dies geschieht jedoch nicht immer. Manchmal<br />

nämlich hebt sich das reale Resultat einer Handlung oder einer Wahrnehmung positiv vom<br />

vorherberechneten ab. In einem solchen Fall kommt es zur Ausschüttung des<br />

Neurotransmitters <strong>und</strong> Neuromodulators Dopamin. Dieser Vorgang signalisiert dem Gehirn,<br />

dass etwas besser als erwartet verlaufen ist <strong>und</strong> bringt dadurch einen Lernprozess in Gang.<br />

„Nur so“, konstatiert Spitzer, „kann ein Organismus im Laufe der Zeit sein Verhalten<br />

optimieren. Gelernt wird nicht einfach alles, was auf uns einstürmt, sondern das, was positive<br />

Konsequenzen hat.“ 65<br />

Schon seit langem wusste man, dass es mehrere Dopaminsysteme im Gehirn gibt. Eines<br />

ist an der Regelung von Bewegungsabläufen beteiligt, ein zweites beeinflusst die Produktion<br />

bestimmter Hormone <strong>und</strong> ein drittes hat Anteil an der Steuerung von Erleben <strong>und</strong> Verhalten.<br />

Über das Funktionieren des dritten Systems herrschte bis vor einer Weile weitgehend<br />

Unklarheit. In jüngster Zeit jedoch sind Neurobiologen zu einem genaueren Verständnis<br />

darüber gelangt, welche Rolle der Botenstoff Dopamin bei höheren geistigen Leistungen<br />

spielt, insbesondere wie er an Motivations- <strong>und</strong> Lernprozessen beteiligt ist. Grob vereinfacht<br />

hat man folgendendes festgestellt. Dopamin wird von hierzu spezialisierten Zellen, den<br />

dopaminergen Neuronen, in einem als A10 bezeichneten Areal des Stammhirns produziert.<br />

Seine Ausschüttung „führt zu einer Aktivierung des ventralen Striatums, was wiederum in<br />

63 Ibid, S. 176.<br />

64 Vgl. Maher <strong>und</strong> Spitzer (1993)<br />

65 Spitzer (2002), S. 177.<br />

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