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Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science

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subjektiven Aneignung eines Lerngegenstandes. Das Vorhandensein eines zu lösenden<br />

Problems spiele dabei eine wesentliche Rolle als Impulsgeber. Erst wenn der<br />

Lerngegenstand als nützlich bewertet werde, komme es zu einem Lernprozess. 55<br />

Da jeder Lernprozess als subjektive Konstruktion verstanden werden muss, repräsentiert<br />

sein Ergebnis immer nur einen vorläufigen hypothetischen Wirklichkeitsentwurf. Durch<br />

Kommunikation <strong>und</strong> soziale Interaktion wird er immer wieder überprüft gegebenenfalls auch<br />

ausgehandelt <strong>und</strong> modifiziert. Die Konstruktivisten sprechen vom sogenannten Prozess der<br />

Viabilisierung. 56 Bei der starken Fokussierung des Individuums darf diese Dimension im<br />

Hinblick auf das Verständnis von Lernen nicht übergangen werden. Wolff weist ausdrücklich<br />

darauf hin, dass eine Gemeinschaft aus konstruktivistischer Sicht nur existieren könne, wenn<br />

ihre Mitglieder ihr individuelles Wissen miteinander teilen <strong>und</strong> zum Wissen der Gemeinschaft<br />

machen könnten. „In der Zusammenarbeit <strong>und</strong> im Austausch [...] bauen sie eine Welt auf, in<br />

der sich alle orientieren können.“ 57<br />

Da alle diese Erkenntnisse natürlich auch für den Zweitsprachenerwerb gelten, lässt sich<br />

eine Reihe konkreter Schlussfolgerungen ableiten, die möglichst auch im Tool berücksichtigt<br />

werden sollten. (a) Wenn man Lernen als autonome Wissenskonstruktion versteht, die in ihrer<br />

Effektivität weniger von Außen als vielmehr von Innen durch Strategien beeinflusst werden<br />

kann, dann sollten Möglichkeiten gef<strong>und</strong>en werden, den Lerner strategisch an die<br />

Selbständigkeit heranzuführen. (b) Wenn ein Konstruktionsprozess immer eine Interaktion<br />

zwischen eingehenden Informationen <strong>und</strong> vorhandenem Wissen ist, so sollte vernetzendes<br />

<strong>und</strong> strukturbildendes Denken unterstützt werden. (c) Berücksichtigt man ferner, dass jedem<br />

Lernprozess ein subjektives Interesse zu Gr<strong>und</strong>e liegt, so sollte versucht werden, das<br />

Bedürfnis des Lerners nach einer besseren Beherrschung der Fremdsprache zu wecken. (d)<br />

Um der individuellen Verschiedenartigkeit der Interessen, des Vorwissens aber auch des<br />

Konstruktionsprozesses, Rechnung zu tragen, sollte dem Lerner außerdem so viel Freiheit wie<br />

möglich eingeräumt werden. (e) Wenn man als letztes auch die Bedeutung des<br />

Viabilisierungsprozesses nicht vernachlässigt, so sollte das Tool dem Benutzer auch die<br />

Möglichkeit bieten, in Bezug auf den Lerngegenstand oder den Lernprozess mit anderen<br />

Benutzern zu kommunizieren. 58<br />

Von Bedeutung für diese Arbeit ist der Konstruktivismus vor allem deshalb, weil er im<br />

Einklang zum gegenwärtig verfügbaren Wissen über die Funktionsweise des Gehirns steht.<br />

55<br />

Vgl. Schlemminger (2002), S. 89f.<br />

56<br />

Ibid, S. 51.<br />

57<br />

Wolff (1999), S. 44.<br />

58<br />

Blei (2003) formuliert einige z.T. ähnliche Schlussfolgerungen als Fragen hinsichtlich der Aufgaben einer<br />

konstruktivistischen Lernkultur; Vgl. Blei, S. 221.<br />

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