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Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science

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Inputschicht übertragen, was zunächst ein zufälliges Aktivierungsmuster der Outputschicht<br />

zur Folge hatte. Dieses wurde nun mit dem gewünschten Output verglichen, der ebenfalls<br />

nach klanglichen Kriterien kodiert dargeboten wurde. Die festgestellte Abweichung wurde<br />

dazu verwendet, die Synapsengewichte zwischen Input- <strong>und</strong> Outputschicht neu einzustellen.<br />

Nach insgesamt 79900 Durchgängen hatte das Netzwerk auf diese Weise die<br />

Synapsengewichte so verändert, dass es in der Lage war, bei Aktivierung der Inputneuronen<br />

mit dem phonetischen Code eines Wortstamms, den korrekten phonetischen Code der<br />

Vergangenheitsform dieses Verbs hervorzubringen. Am Ende konnte es sogar noch mehr.<br />

Präsentierte man ihm nun unbekannte Verbstämme, so vermochte es dennoch nahezu ohne<br />

Fehler die entsprechende Vergangenheitsform zu generieren. Lag die Erfolgsquote bei<br />

regelmäßigen Verben bei 92 % , betrug sie selbst bei unregelmäßigen immerhin 84 %.<br />

Mindestens ebenso interessant sind auch die Beobachtungen zum Verlauf des Lernens<br />

im Netzwerk. Schon seit langem war aus der Erstsprachenerwerbsforschung bekannt<br />

gewesen, dass Kinder die Vergangenheitsform in Schritten erwerben. Zunächst benutzen sie,<br />

vermutlich auf der Gr<strong>und</strong>lage von Immitation, vor allem häufige starke Verben. Im nächsten<br />

Schritt erlernen sie die Regel für die Bildung der Vergangenheitsform bei regelmäßigen<br />

Verben. Indem sie diese auch auf die starken, also unregelmäßigen Verben anwenden, kommt<br />

es zu einem vorübergehenden Einbruch bei der Korrektheit in diesem Bereich. Erst in einem<br />

dritten Stadium können Kinder dann in gleichem Maße die Vergangenheit von regelmäßigen<br />

wie unregelmäßigen Verben korrekt bilden. Bei einem Vergleich der für Kinder typischen<br />

Lernverlaufskurven mit denen des Netzwerks, trat eine auffällige Übereinstimmung zu Tage.<br />

Diese kann als starkes Argument dafür gewertet werden, dass in beiden Fällen ein ähnlicher<br />

Mechanismus am Werk ist. „Gesteht man das jedoch zu“, folgert Spitzer, „ergeben sich<br />

weitreichende Konsequenzen. Man bedenke: Zu keiner Zeit wurde eine Regel explizit gelernt.<br />

Mehr noch, es gibt diese Regel auch nirgends außer als Beschreibung dessen, was gelernt<br />

wurde.“ 22 Experimente, wie dieses, widerlegen damit letztlich die Annahme, dass sprachliche<br />

Regeln irgendwie als Regeln im Gehirn repräsentiert sein müssten.<br />

Hinsichtlich der Konzeption des Tools sollte festgehalten werden, dass sich allein auf<br />

der Gr<strong>und</strong>lage häufigen korrekten Inputs die Synapsengewichte zwischen den Neuronen<br />

richtig eingestellt haben. Minimalforderung für das Tool muss daher sein zu gewährleisten,<br />

dass der Lerner während der Benutzung ausreichend mit authentischem zielsprachlichem<br />

Input konfrontiert wird.<br />

22 Spitzer (2000), S. 33.<br />

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