Kognitionslinguistische und lernpsychologische ... - Cognitive Science
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Indem sie viele Eingangssignale in ein Ausgangssignal umwandeln, fungieren Neuronen<br />
als Schaltelemente der Informationsverarbeitung. Jedes Neuron der Grohirnrinde kann<br />
Signale von 1000 bis 10000 anderen Neuronen empfangen. Deren Aktionspotentiale werden<br />
jedoch nicht eins zu eins übertragen. Die Stärke des jeweiligen Inputs ist abhängig von der<br />
Signalübertragung an den Synapsen, welche gut oder weniger gut sein kann. Mathematisch<br />
vereinfacht ließe sich die Qualität einer solchen Verbindung mit einer Zahl zwischen 1 <strong>und</strong> –1<br />
beschreiben. Multipliziert man diese Zahl nun mit dem Wert des eingehenden Signals,<br />
welcher im einfachsten Fall durch 0 oder 1 (vorhanden oder nicht vorhanden) repräsentiert<br />
werden könnte, so erhält man den durch die Synapsenverbindungsstärke gewichteten Input.<br />
Daraus folgt, dass ein Aktionspotential vollständig übertragen wird, wenn das<br />
Synapsengewicht 1 beträgt; bei einem Wert zwischen 0 <strong>und</strong> 1 wird es entsprechend<br />
abgeschwächt. Ein Synapsengewicht von 0 bewirkt gar keinen Effekt, wohingegen ein<br />
negatives Synapsengewicht einer Hemmung gleichkommt.<br />
Aufsummiert haben die einlaufenden, gewichteten Aktionspotentiale eine mehr oder<br />
weniger starke Erregung zur Folge. Wird dadurch der Schwellenwert für die<br />
Aufrechterhaltung des Ruhepotentials unterschritten, sendet das Neuron seinerseits ein<br />
Aktionspotential aus. Der Vorgang wird auch als Aktivierungsfunktion bezeichnet. „Durch<br />
die Inputstärken, die Synapsengewichte <strong>und</strong> die Aktivierungsfunktion“, so stellt Manfred<br />
Spitzer zusammenfassend fest, „lässt sich die Funktion eines Neurons beschreiben.“ 12<br />
Aus dem, was hier skizzenhaft über die Funktionsprinzipien einzelner Neuronen<br />
angeführt wurde, lassen sich unmittelbar auch einige Einsichten zur Funktionsweise des<br />
Gehirns als Ganzem ableiten. Da in der Regel offenbar Signale von mehreren Neuronen,<br />
welche ihrerseits auch erst erregt werden müssen, gleichzeitig daran beteiligt sind, ein anderes<br />
Neuron zur Aussendung eines Aktionspotentials zu veranlassen, liegt es auf der Hand<br />
anzunehmen, dass das Gehirn Informationen nicht seriell, sondern parallel verarbeitet. 13 Und<br />
genau dieses Prinzip spielt auch eine wichtige Rolle bei der Erklärung von Lernen. Da<br />
scheinbar die Qualität der synaptischen Verbindung dafür verantwortlich ist, wie stark ein<br />
eingehendes Signal ein Neuron erregt, sollten sich Lernprozesse in erster Linie in einer<br />
Veränderung der Synapsengewichte niederschlagen.<br />
Auf welche Weise Lernen funktionieren könnte, wurde bereits im Jahre 1890, also noch<br />
vor der Entdeckung der Neuronen, vom amerikanischen Psychologen William James richtig<br />
vermutet. Eine bis heute gültige Regel konnte jedoch erst 1949, nachdem genauere<br />
12 Spitzer (2000), S. 23. Meine Erläuterungen zur Funktionsweise von Neuronen basieren auf selbigem Werk.<br />
Für eine detailliertere Darstellung vergleiche S. 19-23.<br />
13 Für eine ausführlichere Begründung vergleiche Spitzer (2000), S. 12-14 <strong>und</strong> 28f.<br />
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