Religiöse Organisation im Islam - Universität Bielefeld
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Unser fremder Nachbar: Wer sind<br />
Sunniten,<br />
Aleviten, Yeziden?<br />
Ina Wunn<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />
Studieren ab 50 – SoSe 2011
Der Religionsstifter<br />
∗ um 570 als Sohn Abdallahs, Sippe<br />
Hash<strong>im</strong>, Stamm Qurais<br />
um 610 erste Visionen und Auditionen am<br />
Berge Hira<br />
622 Hidjra nach Medina<br />
630 Öffnung der Kaaba<br />
632 Tod des Propheten
Die vier rechtgeleiteten Kalifen<br />
632-634 Abu Bakr sichert die arabischen<br />
Eroberungen<br />
634-644 Oumar erobert Syrien (635), Ägypten<br />
(639-641), Persien (640-644)<br />
644-656 Uthman stellt den Koran zusammen<br />
656-661 Ali
Ali<br />
Alī ibn Abī Tālib (* um 598 in der Kaaba!; † 24.<br />
Januar 661 in Kufa)<br />
vierter Kalif <strong>im</strong> sunnitischen <strong>Islam</strong>, letzter der<br />
Rechtgeleiteten Kalifen und erster Imam aller<br />
Linien der schiitischen und alevitischen Imame.<br />
Vetter und Schwiegersohn des Propheten<br />
Mohammed und der erste Mann, der sich zum<br />
<strong>Islam</strong> bekannte
Ali<br />
17. Juni 656 Ernennung Alis zum neuen Kalifen<br />
Bürgerkrieg (fitna), darunter auch die berühmte<br />
Kamelschlacht bei Basra (9. Dezember 656), in der Aischa<br />
ein mekkanisches Heer gegen Ali anführte und von Ali<br />
besiegt wurde.<br />
Während der Schlacht von Siffin am Euphrat (657) lässt<br />
sich Ali zu Verhandlungen umst<strong>im</strong>men<br />
Spaltung seiner Anhängerschaft und zum Abfall der<br />
egalitären Charidschiten<br />
Verschiebung des politischen Zentrums des Kalifats nach<br />
Kufa bzw. Richtung Irak und Syrien.<br />
661 (15. Ramadan 40) Mord an Ali in Kufa durch Ibn<br />
Muldscham
Sunniten und Shiiten<br />
Am 10. Muharram 680 Schlacht bei Kerbela<br />
Tod Husains<br />
Schiiten: Glaube an den Imam als Träger<br />
esoterischen Wissens bzw. Inkarnation einer<br />
göttlichen Lichtsubstanz<br />
Fünfer-, Siebener-, und Zwölferschia<br />
Sunniten: Richtschnur rechtgeleiteten Lebens sind<br />
Koran und die Sunna des Propheten<br />
Politisch: Sunniten sind Anhänger des jeweiligen<br />
Kalifen, Shiiten warten auf den Imam Mahdi
Der Ardabiler Orden<br />
Ordensgründer in Ardabil war der vom Buddhismus zum<br />
sunnitischen <strong>Islam</strong> konvertierte Safi ad-Din Ardabili (1252 -<br />
1334)<br />
Nachfolger des Sufigeistlichen Zahed Gilani als Leiter der<br />
Zahediyya<br />
später umbenannt in Safawiyya<br />
Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts: politisches<br />
Vakuum in Aserbeidschan / Unruhen <strong>im</strong> T<strong>im</strong>uridenreich<br />
Einsickern volkstümlicher Glaubenselemente<br />
gekennzeichnet: Wunderglaube, Heiligenverehrung und die<br />
Verehrung Alis<br />
Batinismus: esoterische Gegenströmung gegen die<br />
islamische Orthodoxie
Das dynamische mystische Weltbild<br />
Durch Askese und mystische Versenkung<br />
… kann der Mensch die irdischen Sphären<br />
verlassen<br />
… seine materiellen (Erde, Wasser, Luft) ich-<br />
Anteile hinter sich lassen<br />
… und sein von der Materie freier reiner<br />
Geist kann sich zuletzt mit haqq / Gott in der<br />
unio mystica vereinigen
Safawiden 1501-1722<br />
Safī al-Dīn Abdul Fath Is'haq Ardabilī (* 1252; †<br />
1334) gründet 1301 einen Sufi-Orden in Ardabil<br />
Ismail I. (1484 – 1524) erobert 1501-1510 Persien,<br />
…unterliegt aber 1514 den Osmanen bei Çaldiran<br />
Zwölfer-Schia wird Staatsreligion<br />
Kisilbash ziehen sich nach Anatolien zurück<br />
Abbas I. der Große (1587 – 1629) konsolidiert das<br />
Reich
Osmanen I<br />
1299 unabhängiges Beylik des Osman I.<br />
1453 Eroberung Konstantinopels<br />
1475 Eroberung der Kr<strong>im</strong><br />
1516/17 Eroberung des Mameluckenreiches, damit<br />
Übernahme des Khalifentitels<br />
1529 Belagerung von Wien<br />
1534 Mesopotamien und Aserbaidschan
Der Bektashi-Orden<br />
Hacı Bektaş Veli († 1270) gründet einen Orden in<br />
Anatolien<br />
Aufnahme heterodoxen Gedankengutes und<br />
volksfrommer Elemente<br />
Hierarchische Ordensstruktur; Initiation und<br />
Schweigegebot<br />
Geistige Leitung der Janitscharen (Devschirme-System)<br />
1826 Auflösung der Janitscharen durch Mahmud II:
Aleviten<br />
Versprengte Kisilbash und Bektashianhänger formieren<br />
sich zu alevitischen Gemeinschaften mit<br />
hierarchischen (Ordens-)Strukturen<br />
Cem-Gottesdienste mit heterodoxen Inhalten<br />
Kein Befolgen der “Fünf Säulen”<br />
Intensive Ali-Verehrung<br />
Betonung der Gemeinschaft
Aleviten in der Türkischen Republik<br />
Staatlicher Druck <strong>im</strong> Sinne der nationalistischislamischen<br />
Synthese<br />
Binnenwanderung der Aleviten in die Städte<br />
Verfolgung und Pogrome<br />
Gezielte Auswanderung <strong>im</strong> Zuge der Arbeitsmigration<br />
1986 Gründung der „Alevitische Gemeinde Deutschland<br />
e.V.“
Yeziden<br />
Sufi-Sheik Adi ben Musafiz (1075 - 1160) gründet den Awiya-<br />
Orden<br />
Aufnahme heterodoxer Elemente: des Mithraismus<br />
(Kosmogonie),<br />
des Zoroastrismus (Engellehre), des Sufi-lslam (religiöse<br />
<strong>Organisation</strong>), des Judentums (strikter Monotheismus) und des<br />
orientalischen Christentums (rites de passage)<br />
Parallelisierung der indoarischen Kastengesellschaft mit der<br />
Ordenshierarchie<br />
Strikt endogame ethnische Religion
Yeziden heute<br />
Verfolgung und Marginalisierung <strong>im</strong> Verbreitungsgebiet<br />
Gezielte Migration nach Westeuropa<br />
Traumatisierung, betonte Ethnizität und<br />
Analphabetentum führen zu Marginalisierung<br />
Zur Zeit: Gründung erster yezidischer Zentren und<br />
Theologisierung der yezidischen Religion
Fazit<br />
Probleme der Gruppen untereinander sind politischer<br />
und nicht religiöser Natur<br />
Integrationsprobleme ergeben sich aus der jeweiligen<br />
Geschichte der Gruppierung und werden durch<br />
religiös motivierte Verhaltensweisen beeinflußt<br />
In der Migration verändert sich die entsprechende<br />
Religion nachhaltig (aus Lebensform wird<br />
Glaubensreligion)